EX von Kuran ================================================================================ Kapitel 19: Turanithas - 1.0 ---------------------------- Diesmal hatte er mich nicht mehr um den Finger wickeln können - ich war standhaft geblieben und hatte ihm angewiesen, dass er mich nur auf seine Seite ziehen könnte, wenn er meine Forderungen eingehen würde, allerdings sprach er nun mit mir nicht mehr darüber und zog sich zurück, während er mich in meinem Zimmer eingeschlossen hatte, damit ich auch jah nicht hätte fliehen können. Ich brauchte ohnehin Zeit für mich, um mich erst einmal wieder zu sammeln. Der Tod meiner ehemaligen Kameraden war für mich nicht unbedingt leicht zu verkraften und meine Gedanken hingen ebenso noch an Lykratek und seinem Volk. Diese Bestie, die mich gefangen hielt, war im Endeffekt für all dies verantwortlich und ich konnte selbst kaum fassen, dass ich mit ihm zu verhandeln begann - aber es blieb mir ja nichts anderes übrig. Ich wollte nicht kampflos aufgeben und mich ihm als seinen Verbündeten hingeben, wo ich seine mir nicht nachvollziehbaren Ziele doch eh nicht teilen konnte. Wenig später schloss ein Bediensteter von ihm meine Türe auf und bat mich, ihm zu folgen. In Windeseile sollte ich mich noch umziehen, weil ich ordentlich hätte aussehen sollen, und folgte ihm dann ohne jegliche Widerworte. Er führte mich zu einem relativ großem Saal, ähnlich wie jener, in welchem ich vor einigen Tagen schon einmal gewesen war, dieser hier war aber um einiges prunkvoller und wies nicht so eine Kälte vor, wie es das restliche Schiff tat. Natürlich war er es gewesen, der mich erwartet hatte. Ich wartete, bis er sprach. "Wir werden in wenigen Stunden abreisen und unseren aktuellen Standort verlassen. Die aktuelle Position ist nicht unbedingt sicher und ich bekam den Befehl, abzureisen." Einen Befehl? Vom wem? "Du wirst also dazu gezwungen sein mit zu kommen. Eine andere Wahl bleibt dir nicht übrig.” Seine Miene wies nicht eine einzige Regung auf und er war so dermaßen emotionslos, dass es mir beinahe einen Schauer eingejagt hätte. Er wirkte wirklich so, als wäre er eiskalt. Ich wollte erst zu einem Protest ansetzen, biss mir dann aber auf die Unterlippe und schluckte all meine Wut schnell wieder herunter. Mir war wirklich keine andere Wahl geblieben - er hätte mich nun nicht ausgesetzt, auch wenn ich das wollte, und hatte wohl lieber sein Augenmerk weiterhin auf mir, immerhin schien ich wertvolle Ware zu sein. Ich nickte also nur stumm und verbeugte mich kurz, bevor ich mich wieder auf den Weg in mein Zimmer machte. Alles in mir brodelte. Das Einzige, was ich gerade wollte, war ihm an den Hals zu gehen und ihn zu würgen, so wütend war ich, aber im Endeffekt war ich machtlos. Und hilflos. Ich kannte mich auf dem Schiff nicht aus und konnte auch nicht einschätzen, wo sich die Raumkapseln befinden würden. Eine Suche war ausgeschlossen, dafür hatte man mich zu gut bewacht und man würde mir keinerlei Eintritt zu einigen Bereichen des Schiffes gewähren, also verwarf ich diesen Gedanken schnell wieder. Wer war es, von wem er einen Befehl bekommen hatte? Von einer Kommandozentrale? War sein Schiff also nur eines von mehreren oder gab es sogar jemanden, der über ihm stand? War er vielleicht also gar nicht der Drahtzieher all seiner Aktionen, sondern nur eine Marionette? Diese Vorstellung war für mich erst sehr unrealistisch, aber ausschließen konnte ich es nicht, immerhin verfügte ich nicht unbedingt über viele Informationen. Als das Schiff wenige Stunden später startete, wagte ich einen Blick aus einem der kleinen Fenster meines Zimmers. Dunkelblaue und ultraviolette Wolken schwirrten durch die Atmosphäre und zogen sich in wilde Kreise und Spiralen und unter uns konnte ich sehr deutlich kleinere Sterne erkennen. Einer von ihnen war sicherlich Lykratek gewesen und wieder fragte ich mich, was dort geschehen war... - Am Ziel angekommen konnte ich erst gar nicht erkennen, um was für eine Landeunterfläche es sich handelte, abschätzen, ob es eine Kolonie, Plattform oder ein Stern gewesen war, war schwierig gewesen. Ein Blick aus dem Fenster half nichts, da gar absolute Dunkelheit uns umgeben hatte, und ein Bediensteter holte mich aus meinem Zimmer heraus, sicherheitshalber legte man mir erneut Ketten an und zerrte mich hinter sich her, obwohl ich brav Schritt geleistet hatte. Alle um mich herum waren in einer seltsamen Aufregung und ich spürte eine seltsame Spannung in der Luft. Nirgends konnte ich ihn entdecken, die Bestie, und meine Augen suchten ständig nach ihm, konnten ihn allerdings nicht finden. Das Verlassen des Schiffes bereitete mir im ersten Augenblick Schwierigkeiten. Die Luft um mich herum war stickig und ein seltsamer Nebel schweifte über die Köpfe hinweg. Nun aber war es mir möglich zu erkennen, wo wir gelandet waren. Es war zweifelsohne ein Stern gewesen, wenn auch keiner, den ich zu kennen schien, aber eindeutig ein Stern. Vor uns baute sich ein gewaltiges, russ-schwarzes Monument auf, was nur der Beginn eines großen Imperiums darstellen sollte. Direkt dahinter erstreckten sich große, ebenso dunkle Bauten in den Himmel hinauf, die sich in einer unheimlichen Weise immer weiter nach oben schlängelten und sich dann miteinander verbanden - dann erinnerte ich mich an einen Moment aus meinem früheren Unterricht, an ein Bild, was ich aus einem Buch kannte, aber mir kam nicht mehr in den Sinn, um welchen Stern es sich handelte. Der Name... wie nannte man das Volk dieses schwarzen Planeten? Der Name war... ja, genau, es musste sich um den Stern Liverath handeln, und das Volk, dass diesen Stern bewohnte, wurden Liverans genannt! Man zerrte mich noch immer an der Kette hinterher und die Blicke, die auf mir weilten, bereiteten mir gar unschöne Gefühle. Mir wurde ganz schnell klar, dass man mich hier nicht willkommen hieß, jedoch griff mich noch niemand an. Wenn ich die Geschichte der Liverans richtig im Hinterkopf behalten hatte, waren sie ein nicht unbedingt soziales und sogar sehr unangenehmes Volk, die auf keinen Frieden aus waren. Und er war sicherlich einer von ihnen gewesen, auch wenn seine Gestalt eine ganz andere war - aber wie ich es bereits selbst erlebt hatte wusste ich, dass er seine Gestalt verändern konnte... Ein Ende nahm die Strecke erst am größten und imposantesten Gebäude. Übelkeit überkam mich, als ich die Tore durchschritten hatte und es kostete mich viel Mühe, mich auf den Beinen zu halten. Es schien so, als hätte dieser Ort eine ganz besondere Ausstrahlung, die nicht unbedingt etwas Gutes bedeutete. “Willkommen... Aterun. Ich hoffe, dass es dir keine Schwierigkeiten bereitet, hier zu weilen?” Ich folgte der mir unbekannten Stimme und traf dann den Blick eines Liverans, der mich mit einem schelmigen Grinsen von Kopf bis Fuß musterte. Sein Körper schien in einem Zwischenstadium zu verweilen, eine gestoppte Transformation vielleicht, oder eine Mutation, die ewig anhielt. Dunkelblaues, leuchtendes langes Haar erstreckte sich über seine schuppigen, glänzenden Schultern und massive Klauen trommelten an der Lehne des Throns, auf welchem er saß. In den Augen, mit welchen er mich fixiert hatte, konnte ich nur ein giftgrünes Schimmern vernehmen und sie wirkten alles andere als lebendig. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, dass der personifizierte Tod mir gegenüber saß. “Großartige Arbeit hast du da geleistet, Lexus! Ich hatte erst im Traum nicht mehr daran gedacht, dass du einen Aterun aufgabeln würdest - wo es doch ohnehin nicht mehr so viele von ihnen gibt! Wenn nicht sogar nur diesen einen...” Lexus? Dann verstand ich. Aus einer dunklen Ecke, mir vorher nicht sichtbar, trat er dann hervor. Er war es gewesen. Und nun kannte ich seinen Namen! Allerdings sprach er nicht, sondern wand den Blick ab. Seiner Körper war so angespannt und seine Lippen so fest aufeinander gedrückt, dass es mich in irgendeiner Weise beunruhigte. Dieser Liveran, der dort saß, musste tatsächlich eine Art Anführer gewesen sein und auch in der Rangordnung über ihm stehen, sonst hätte er sich nun nicht so verhalten. “Oh, ich vergaß mich vorzustellen.”, mit einer gar skurrilen Bewegung erhob der Blauhaarige sich nun aus seinem Thron und kam mit großen Schritten auf mich zu, riss die Kette einem der Bediensteten aus der Hand und zog mich ohne Scheu dann in die Luft hinauf, so, dass ich mit meinen Füßen nur knapp über dem Boden baumelte. “Mein Name ist Luranthan han Chem, und ich bin der Anführer meiner Rasse, kleiner Aterun... Seine Zunge schlängelte über seine blassblauen Lippen und mir entrann ein leises Keuchen, als sich das Band um meinen Hals tiefer in meine Kehle drückte. Er lachte amüsiert auf, riss die Kette nochmals höher und ließ mich dann achtlos auf den Boden fallen. “Lange ist’s her, dass ich einen Aterun verspeisen konnte... So wenig Fleisch auch an euren Körpern sein mag, umso köstlicher schmeckt es. Eine absolute Delikatesse.” Alles in mir zog sich zusammen, als ich seine Worte hörte, und versuchte mich aufzuraffen. Ein flüchtiger Blick zu Lexus, der mich allerdings nicht ansah, und ich spürte, wie sich auch das Organ in meiner Brust zusammen zog. War das der Grund dafür gewesen, dass man mich nicht entkommen lassen wollte? Weil ich als Leckerbissen für einen Liveran enden sollte, für den meine Rasse ein Gaumenschmaus gewesen war? Er trat zurück und machte es sich wieder in seinem Thron gemütlich, schnippte dann und befahl Lexus somit, näher an ihn heran zu treten. Nur mit langsamen Schritten trat er aus der dunklen Nische heraus und näherte sich ihm. “Für diesen Leckerbissen sollst du belohnt werden, mein Lieber.”, verkündete Luranthan ihn mit einem Grinsen und zog ihn grob am Haarschopf näher zu sich, “Aber erst... sollst du mir Rede und Antwort stehen, Lexus. Dieser Aterun riecht nach dir, ganz gewaltig, und sein Blut scheint nicht rein zu sein. Ich hab dich an ihm gerochen, heißt das also, dass du deine Klauen nicht bei dir behalten konntest? Hat dich dein unstillbarer Hunger überkommen und dir den Verstand geraubt?” Lexus’ Lippen verzogen sich und er schloss seine Augen gepeinigt, als Luranthan umso fester an seinem Haar zerrte, sodass er schon einiges heraus gerissen hatte. Eine kleine Blutspur suchte sich den Weg über seine Stirn und wurde kurz darauf von der Zunge des Anderen aufgefangen. “Ich hasse es, wenn du dich an meinem Essen vergreifst, Lexus. Bisher warst du immer standhaft geblieben und hast es nie gewagt, dich an meiner Beute zu vergreifen, diesmal aber scheinst du an deine Grenzen gekommen zu sein. Was ist das an dem kleinen Aterun, was dein Blut hat kochen lassen? Ist es der süßliche Geruch seines Fleisches, was dich schwach gemacht hat? Antworte mir...” Immer tiefer gruben sich Lexus’ Zähne in seine Unterlippe und es dauerte fast eine kleine Ewigkeit, bis er sie löste. “Ich kann es mir nicht erklären, mein Herr...”, wisperte er, “Es war nicht meine Absicht, ihn...-” Luranthan unterbrach ihn: “Und wie es deine Absicht gewesen war. Im Gegensatz zu vielen anderen deiner Rasse kannst du dich kontrollieren und beherrschen, und ich kaufe dir in keinster Weise ab, wenn du behauptest, dass du die Kontrolle über dich selbst verloren hättest. Du hast einen Narren an diesem Aterun gefressen und hast ihn dir genommen, sein Blut genommen, weil du dich unbedingt von ihm nähren wolltest, das war es! Aber nun, mein lieber Lexus... tu ich dir den Gefallen und sorge dafür, dass dieser ungebändigte Hunger nach diesem Aterun in dir stirbt.” Ich begriff erst nicht, was er damit meinte, zuckte dann aber augenblicklich zusammen, als er Lexus von sich staß, sich erneut erhob und auf mich zukam. Er würde mich in Stücke reißen und mich, vor Lexus’ Augen, bei lebendigem Leib fressen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)