Longing von Polysaccharid ([Hellkaiser Ryo x Fubuki]) ================================================================================ Kapitel 6: Hope --------------- >>Ryo... « Fubuki stand da wie eingefroren und beobachtete die dunkle Gestalt wie in Trance. Es war wie ein Wink des Schicksals, als würde es gerade zu wollen, dass er noch mal mit dem Älteren redete. Plötzlich, als hätte ihn eine unsichtbare Macht aus seiner Trance gerissen, hetzte der junge Mann los. Er rannte die Flure und Gänge entlang, stolperte die Stufen herab und kam schließlich nach gefühlten Stunden aus dem Eingang des Hauptgebäudes gestürmt. Ryo war längst nicht mehr zu sehen, doch nach unermüdlichem Nachfragen, ob er denn hier vorbeigekommen sein, stellte der Surfer fest, dass sein Freund wohl wirklich zum Wald wollte. Vermutlich auf die kleine Lichtung, wo er früher immer gelesen hatte, spann Fubuki weiter. Der Braunhaarige freute sich bei dem Gedanken, den das zeigte wie viel von Ryos altem Selbst noch in Hellkaiser steckte! ...vorrausgesetzt natürlich, er wollte tatsächlich dorthin. Bei der Lichtung angekommen, fiel Fubukis Blick sofort auf den einsamen Baum im Zentrum der Wiese. Im Gras sitzend, lehnte eine Person am Stamm und... döste? Der junge Mann erkannte sofort den schwarzen langen Mantel und die türkisen Haare. Es war wirklich Ryo, der hier saß und sich auszuruhen schien. Zumindest glaubte er, zu erkennen, dass seine Augen geschlossen waren. Um so besser für ihn, so konnten ihm die eisigen Augen nicht von Anfang an, den Mut nehmen. Hellkaiser lehnte mit dem Hinterkopf an der rauen Rinde des Baumes und genoss die Ruhe, die ihn umgab. Die Strahlen der Nachmittagssonne kämpften sich vereinzelt durch das Blattwerk und wärmten sein Gesicht, während die Schatten der Blätter vor seinen geschlossenen Augen tanzten. Der Wind fuhr sanft durch die Baumkronen und ließ das Laub leise rascheln, ab und zu zwitscherten ein paar Vögel im Geäst. Das hier war ein so unberührter, idyllischer Ort, fernab von Kampf und Hektik... Dem Duellanten war nicht ganz klar warum, doch in letzter Zeit fühlte er sich ausgelaugt und müde. Besonders nach mehreren oder längeren Duellen fühlte er sich überraschend kraftlos. Früher war er nicht so schnell zu schaffen gewesen, aber was interessierte ihn der Vergleich, mit der Vergangenheit hatte er eh abgeschlossen. Die Antriebslosigkeit kam bestimmt vom Wetter... komisches Klima oder so... In Gedanke versunken, merkte Ryo gar nicht, wie sich ihm jemand näherte. Erst als die Person schon fast bei ihm angekommen war, bemerkte er das leise Rascheln des Grases und sah auf. Ein braunhaariger junger Mann blickte ihm freundlich lächelnd entgegen und setzte sich dann ohne weitere Nachfrage mit etwas Abstand neben ihn. Stirnrunzelnd betrachtete er den Studenten, der nun, um Worte verlegen, an einem Grashalm zupfte. Nach ein paar Sekunden richtete er seinen Blick aber wieder nach vorne und ignorierte den ungebetenen Gast. Ryo überlegte zwar, was der Jüngere noch von ihm wollen könnte, aber fragen würde er ihn nicht. Wenn etwas war, konnte er alleine den Mund aufmachen! Schweigend blieben die beiden so nebeneinander sitzen und hingen ihren eigenen Gedanken nach, außer Stande, sie mit dem anderen zu teilen. Minuten vergingen, doch keiner bemühte sich zu einer gesprächsanregenden Aktion. Trotz der Anwesenheit Fubukis, entspannte sich Ryo und war für einen minimalen Augenblick sogar versucht, den Kopf an dessen Schulter zu lehnen. Dieses Bedürfnis unterdrückte er aber sofort, als es ihm bewusst wurde. Nein, seine Anwesenheit störte ihn nicht, im Gegenteil. Es erleichterte ihn sogar, dass ihn der Surfer anscheinend immer noch nicht hassen konnte. Er hatte ihm so viel angetan, doch hatte es nie Konsequenzen gegeben. Fubuki war demnach noch dümmer und naiver, als er manchmal vorgab zu sein, oder ihm lag wirklich etwas an ihm. Vielmehr, als er bereit war zuzugeben. Der Türkishaarige warf einen flüchtigen Blick auf die Finger seines Freundes, die begonnen hatten, Gräser zu verflechten. Schon beinahe interessiert sah er ihm zu, wie er geschickt die Pflanzen ineinander verwebte und hier und da eine Blume mit einflocht. »Was wird das?« Ohne es wirklich zu wollen, waren die Worte bereits Ryos Mund entwichen. Am liebsten hatte er sich geohrfeigt, er wollte doch vermeiden mit ihm zu reden! Fubuki lief ein warmer Schauer über den Rücken beim Klang der tiefen, dennoch sehr sanften Stimme. Er hielt kurz inne und betrachtete sein begonnenes Werk. »Das... wird ein Blumenkranz. Ich weiß, das ist Mädchenkram. « Langsam begann er seine Arbeit wieder aufzunehmen und flocht eine weiße Blüte mit ein. »Wenn’s dir Freude bereitet... « Ryo biss sich auf die Unterlippe. Er musste Hirn und Mundwerk endlich auf eine Wellenlänge bringen, irgendwas lief hier schief! »Yusuke hat es mir mal beigebracht... «, meinte der Braunhaarige noch einen Hauch schwermütiger und seufzte leise auf. »Fujiwara...?« Ryo runzelte die Stirn. »Nun... na ja, ja. « »Sieh einer an... « Betretenes schweigen trat ein, bis Fubuki leise zu lachen begann. Als Ryo ihm einen irritierten Blick zuwarf, riss er sich zusammen und schmunzelte nur noch leicht. »Er war schon irgendwie etwas seltsam,... aber lieb. Ich vermisse ihn... « »Ja, ziemlich seltsam... «, stimmte der Ältere leise zu und pflückte eine Blume, um sie nachdenklich zwischen Daumen und Zeigefinger zu drehen. »Komm, ich zeig’ es dir. «, sagte der Student plötzlich und lächelte seinen Freund herzlich an. »Geschickt genug, dürften deine Finger dafür wohl sein! « Er stand auf und setzte sich im Scheidehrsitz genau dem Älteren gegenüber. Skeptisch verfolgte Ryo den Platzwechsel und sah minder begeistert auf den Kranz, den Fubuki ihm entgegenhielt. »Ach, und was lässt dich das glauben? «, fragte er schließlich, dabei weiter die kurze Blumengirlande betrachtend. »ich hab’s am eigenen Leib erfahren, oder?«, antwortete der Student erst frech, hielt dann aber augenblicklich inne. Es sollte lediglich eine kleine Anspielung sein, doch nun schnürte ihm die bloße Erinnerung daran, die Kehle zu. Betrübt senkte Fubuki den Blick gen Boden und nahm die Girlande wieder zu sich. Hellkaiser rollte mit den Augen und sah leicht genervt auf den jungen Mann, der den angefangenen Blumenkranz langsam wieder zerpflückte. »Wenn du gekommen bist, um mich wieder voll zu heulen, dann verschwinde gefälligst gleich, klar? « Fubuki zuckte bei der plötzlichen Kälte, die in der Stimme des anderen lag und hob den Kopf. Kalte Augen bohrten sich in seine, als wollten sie ihn durch bloßes Anstarren umbringen. Der Student konnte nicht verstehen, wo Ryo den Hass auf einmal hernahm, der nun in seinem Blick lag. Er hatte ihm doch nichts getan! Oder reichte dieser kleine Kommentar, um ihn sofort in Abwehrhaltung zu versetzen? Endlich fand der Jüngere seine Sprache wieder und hob beschwichtigend die Hände. »N-nein, ich wollte dich nicht wieder damit belästigen! Entschuldige, wenn das so rübergekommen ist. « »Was willst du dann? « Gute Frage, jetzt musste er nur eine Antwort finden, die ihn nicht weiter verärgerte. Nach ein paar ziemlich armseligen Gedanken, gab der Braunhaarige allerdings auf und entschied sich für die altbewährte Wahrheit... Etwas abgewandelt aber... »Ich wollte einfach nur bei dir sein. Eben noch hat es dich doch gar nicht gestört. « --Hätte es aber sollen...—Ryo biss sich leicht auf die Unterlippe, während er über diese Tatsache nachdachte. »Wir müssen uns ja nicht unterhalten, wenn du es nicht möchtest.« Fubuki setzte sich wieder neben ihm und arbeitete weiter an seinem, nun etwas zerrupften Blumenkranz. Dabei überlegte er krampfhaft, wie er dem Älteren doch noch ein Gespräch aufdrängen konnte. Kritik oder ehemalige Freunde waren wohl ein schlechter Ansatz, das stimmte wohl. Er brauchte irgendwas, um ihn zu bestätigen, dazu eignete sich aber auch kaum das Duell mit seinem kleinen Bruder Sho. Schließlich fiel ihm nur eine Sache ein, die ihm zusagen könnte, solange er keine voreiligen Schlüsse zog. »Ryo...? «, begann er leise, um seine Aufmerksamkeit zurück zu bekommen. »Eines würde ich dir gerne noch sagen. Ich... ich fand es sehr schön... den Abend meine ich... « Statt der erhofften Antwort bekam der Student lediglich ein leises ‚Tse’ zu hören, was ihn nun wenig ermutigt fortfahren ließ: »Vielleicht- nein, ich kann es nicht einschätzen, da ich... noch nie mit jemandem geschlafen habe, aber... eine Steigerung kann ich mir nicht mehr vorstellen... « Schweigen... Ryo starrte beinahe etwas verwundert den kleineren von der Seite an. Er hatte seine Unschuld für jemanden gegeben, der so offensichtlich mit ihm spielen wollte? Der Profiduellant verstand das nicht. Was ging in dem Kopf seines Freundes vor, dass er sich so etwas freiwillig antat? »Du... hattest noch nie... « Der Student lächelte traurig und nickte. »Nein, ich hatte noch nie... klingt mit neunzehn etwas fremdartig, aber es hat sich halt nicht ergeben. Wäre mein erstes Mal mit fünfundzwanzig gewesen, wäre das auch okay. « »Jedem das seine... «, meinte Ryo leise und wandte seine Augen wieder von ihm ab. So hatte das wirklich nicht laufen sollen. Natürlich, es war Fubukis eigene Schuld, er hatte schließlich gewollt und nichts dagegen gehabt! ... doch was sollte nun dieses furchtbar schlechte Gewissen? Und wo kam dieses Gewissen so plötzlich her? »Das stimmt wohl. Zwar dachte ich nicht daran, dass es irgendwann mal mit einem Mann sein würde, doch ich wollte immer, dass es mit einer für mich ganz besonderen Person ist. Wenigstens ist das wahr geworden. « Fubukis Stimme war merklich in der Tonhöhe angestiegen und seine Augen wurden feucht. Um, das jedoch zu verbergen, neigte er etwas den Kopf nach vorne und seine langen braunen Strähnen fielen ihm wie ein Vorhang ins Gesicht. Er musste Ryo nicht schon wieder seine Tränen zeigen, schon alleine weil er sich selber dafür hassen könnte. Trotz seiner Beherrschungsversuche tropfte wenige Augenblicke später eine kleine Träne auf die Hand des Braunhaarigen direkt unter den Augen des anderen. Ryo fühlte sich immer unwohler in seiner Situation und als er den kleinen Tropfen sah, kippte in seinem Kopf entgültig der Schalter um. Mitleid keimte in ihm auf und seine Abwehr gegen jegliche Emotionen fiel. Was hatte er hier nur angestellt? Warum konnte er sogar seinen Bruder in den Boden rammen und ihm im Staub kriechen lassen, dem jungen Mann neben sich dafür aber nichts Ernsthaftes zu Leide tun? Besser gesagt, er tat es, er wusste auch, das Fubuki alles selbst verantwortete, doch Mitleid und ein schlechtes Gewissen hatte er trotzdem! Jedes verdammte Mal! Nun hatte er zwei Optionen. Er konnte entweder gehen, oder er... »Fubuki, sieh mal. Ich habe dich gefragt, ob du Sex willst oder nicht. Du wolltest, also heul’ mir bitte nicht vor. Dass dein erstes Mal so gelaufen ist, tut mir leid, aber das hast du dir selbst zuzuschreiben. « Ryos Stimme klang nicht tadelnd. Sie war eher eine Mischung aus verzweifeltem Erklären und sanftem Beschwichtigen. »Nach deiner Vorarbeit hätte ich wohl kaum -Nein- sagen können! «, empörte sich Fubuki und wischte sich seine Tränen von der Wange. »Du hättest dich auch vorher sträuben können! « »Tse... « Fubuki sah ihn vorwurfsvoll an. »Als hätte ich es jemals geschafft dir zu widerstehen... « »...als hätte ich es jemals geschafft dich lange traurig zu sehen... « Ohne genauer über diesen Satz nachzudenken, war er schon Ryos Mund entwichen. Da waren diese Augen, die er einfach nicht ertragen konnte, diese Augen, die er... doch so liebte. Der Kopf des Älteren war wie abgeschaltet, Nebel umwaberte seinen Verstand und sein Herz pochte wie wild, als er eine seiner Hände in Fubukis Nacken legte, ihn zu sich zog und seine Lippen fest auf die des Studenten presste. Überrumpelt riss dieser die Augen auf und hörte vor Schreck sogar auf zu weinen. Als er schließlich realisierte, was Ryo mit ihm tat, zögerte er nicht lange und schlang er seine Arme um den Nacken seines Freundes. Eng drückte er sich an den anderen und schloss dabei genießerisch die Augen. Er hatte es doch gewusst! Dem ehemaligen Spitzenschüler lag noch etwas an ihm, sonst würde er das hier niemals tun! Ryos weiche Lippen bewegten sich erst sanft gegen seine, wurden aber schnell fordernder und schon bald, bat er um Einlass. Fubuki folgte augenblicklich dieser stummen Aufforderung und öffnete bereitwillig den Mund. Die Zunge des Älteren strich erst einmal liebevoll über seine Unterlippe, bevor sie sich ihren Weg in die warme Mundhöhle suchte. Dort erforschte sie jeden Winkel, um schließlich seine Zunge sacht zu streifen. Der Student atmete schneller und sein Herz hämmerte heftig gegen seinen Brustkorb, als er auf das innige Spiel einging. Nach Minuten löste Ryo seine Lippen von denen seines Freundes und sah ihm mit einem undefinierbaren Blick in die großen braunen Augen. Diese strahlten ihn glücklich an, während Fubuki seine feste Umarmung löste und ihm zärtlich über die Wange strich. Der Duellant genoss jede Berührung des Studenten in vollen Zügen. Es half nichts, das musste er sich wohl eingestehen. Gefallen tat ihm dieser Gedanke trotzdem nicht. Er war nicht abhängig, von niemandem! Und nun kam er und machte ihm das alles wieder zu Nichte! Ja, genau das war es! Fubuki war daran schuld, dass er wieder so wurde wie damals! Gefühlsverblendet und respektvoll jedem niederen Wesen gegenüber, welche sie doch alle waren! Na schön, wenn das hier ein Test sein sollte, dann würde er schon zeigen, was er davon hielt! Mit Besorgnis betrachtete Fubuki das immer finsterer werdende Gesicht des Duellanten. Ein flaues Gefühl breitete sich in seinem Magen aus, während sein herz zu stechen begann. »R-Ryo? Ist alles okay bei dir?« Zaghaft lächelte der Jüngere und wollte seinem Liebsten gerade eine Strähne hinter das Ohr streichen, da wurde seine Hand festgehalten. »Lass mich endlich in Ruhe! Ich brauche niemanden klar? Die anderen nicht und ganz besonders dich nicht! « Mit einem Ruck stand Hellkaiser auf, warf dem am Boden Sitzenden noch einen eisigen Blick zu und... ging. »Aber... « Fubuki sah ihm um Fassung ringend hinterher. Was war denn DAS gewesen? Hastig rappelte sich der Braunhaarige auf und stolperte seinem freund hinterher. »Diesmal nicht Ryo!« Mutig baute er sich vor dem größeren auf und starrte ihm ernst in die Augen. »Hör mir mal zu! So kommst du mir diesmal nicht davon! Von wegen, du brauchst niemanden! Das tust du sehr wohl! Du genießt es, wenn sich jemand um dich kümmert, du genießt die Gefühle, die du hast wenn- wenn du bei mir bist! « Heftig atmend schloss der Student seinen beherzten Versuch, zu Ryo vorzudringen. Dieser blickte ihn mit leichter Verwunderung an, ehe er den Kopf leicht senkte und somit seinem Blick auswich. Seine Augen huschten unschlüssig über die Landschaft, wie bei einem Tier, das nach einem Fluchtweg suchte. »Ryo... du hast mich geküsst, nicht ich dich. Gefühle sind doch nichts Schlimmes, sie sind wichtig... auch für dich. Es ist doch okay so.« Hellkaiser schnaubte verächtlich und sah ihm noch für eine Sekunde verletzt in die Augen. Dann aber konnte er seine Beine zum Laufen bewegen und ging wortlos an dem Studenten vorbei. Er würde sich nicht noch einmal von ihm einwickeln lassen, gutes Gefühl hin oder her. Es war ihm einfach nicht bedeutsam genug, um seiner neuen Karriere zu entsagen. Verdammt, er war zufrieden so! Niemand würde ihn je wieder von diesem Weg abbringen, obwohl... das Bedürfnis bei Fubuki zu sein war in der letzten Woche öfters an die Oberfläche gekommen. Er hatte sich vorgestellt aufzuwachen und den jungen Mann in den Armen zu halten. Er wünschte sich oft, ihn nicht allein gelassen zu haben, nachdem er, wie er nun wusste, seine Unschuld genommen hatte. Sie wären erschöpft und eng umschlungen zusammen eingeschlafen und am nächsten Morgen von der Sonne geweckt worden Ryo kniff die Augen zusammen und versuchte diese, für ihn schon widerlich kitschige Vorstellung aus seinem Kopf zu vertreiben. Es blieb jedoch nur bei dem Versuch, denn diese Stimme, die hinter ihm seinen Namen rief brachte ihn fast um den Verstand. Er beschleunigte seine Schritte immer weiter, bis er die Lichtung weit hinter sich gelassen hatte. Fubuki schrie verzweifelt seinem besten Freund hinterher. Das durfte doch nicht wahr sein, er war so nah dran gewesen! Tottraurig sank der Student auf die Knie und begann erneut zu weinen. Ja, er hasste sich wirklich dafür! Wahrscheinlich verbrauchte er gerade alle Tränen, die er in der Vergangenheit versäumt hatte zu vergießen! Er hatte nie Grund zum Weinen gehabt und nun war es ausgerechnet sein eigener Freund, der ihm jedes Mal die Tränen in die Augen trieb. Aber er konnte einfach nicht anders, als sich den gesamten angestauten Schmerz jedes mal von der Seele zu weinen. So konnte er einfach nicht weitermachen, es würde ihn zerfressen. Vielleicht wäre es besser, ihn zu vergessen, auch wenn das schwer werden würde. Doch was blieb ihm anderes übrig, wenn er nicht wollte, dass sein Herz vollständig zu Bruch ging? Dieser innerliche Zwiespalt war kaum zu ertragen, dieses ewige hin und her zwischen Glück und unendlichem Leid machte ihn innerlich kaputt. Sein herz wollte bei ihm sein, bei seinem Ryo, sein verstand aber, verbot es ihm aber allmählich Gedanken an den Älteren zu verschwenden. »Du schaffst das schon... «, flüsterte sich der junge Mann selbst zu, erhob sich dann und klopfte sich halbherzig den Schmutz von der Kleidung. »Ich habe es verstanden Ryo. Ich werde dich nie wieder belästigen... « Leicht strich er sich über seine Lippen, auf denen vor ein paar Minuten noch die seines Freundes gelegen hatten. Betrübt schloss er die Augen und zwei Tränen, zwei letzte Tränen liefen ihm über die erhitzten Wangen. Fubuki atmete noch einmal tief durch, ehe er sich auf den Weg zurück zur Akademie machte. Ja, das würden die Letzten sein. Nie wieder würde er eine Träne für den Mann verlieren, der seine Gefühle so mit Füßen getreten hatte! Ryo hatte es irgendwie in sein Zimmer geschafft. Wie konnte er selbst nicht mehr sagen, denn er war den Weg fast blind gelaufen. Er war so durcheinander wie schon lange nicht mehr, nur die Situation in diesem Eisenkäfig damals mit Mad Dog war damit vergleichbar. Er hatte sich gegen seine eigenen Ideale und Grundsätze gewendet, alles woran er glaubte, hatte er verdrängt. Der junge Mann zog sich die Stiefel aus und schmiss sie unwirsch zur Seite, sein Mantel folgte, er selbst warf sich lustlos auf Bett. Mit leeren Augen starrte er ins Nichts, während in seinem Kopf Fetzen seiner nicht allzu weit entfernten Vergangenheit tobten. Selbst damals bei diesem Duell hatte er an seinen Grundsätzen festhalten wollen, aber eben das hatte doch nichts gebracht! Er hätte verloren! Schon wieder! Hier war er früher der Kaiser, doch da draußen war er nichts gewesen. Die Welt war kalt und grausam, nur der Stärkere gewann, so war es nun mal. Wer das nicht einsehen wollte oder konnte, der hatte schon verloren. Das Problem war nur die Einsamkeit, diese Kälte um einen herum, an die er sich, so dachte er, bereits gewöhnt hatte. Dem war aber nicht so... Seit diesem einen Abend war nichts mehr so wie es sein sollte. Ryo hatte es genossen, die Führsorglichkeit, die Nähe, die Wärme, die er gespürt hatte, all das vermisste er nun schrecklich. Seufzend setzte er sich auf und schlang die Arme locker um seine angezogenen Beine. Desinteressiert schweifte sein Blick durch den Raum, hinaus aus dem Fenster in den vom Sonnenuntergang rötlich gefärbten Himmel. Sein kopf arbeitete währenddessen weiter. Die Underground Duelle hatten ihn einmal komplett ungepolt, das stand fest, nun hatte er aber das ungute Gefühl, dass Fubuki mit ihm noch einmal genau das gleiche tat! Er wollte niemals wieder so lächerlich gemacht werden, wie in dem Duell mit Edo. Das war doch erbärmlich gewesen... Warum wollten bloß alle, dass er wieder so wurde wie damals? Ryo verstand das einfach nicht! Hin- und hergerissen stand der junge Mann auf und trat vor einem großen Spiegel, der an einer der Wände stand. Schweigend sah er sich selbst in die kalten, lustlosen Augen, die ihn abwertend anstarrten. Nachdenklich senkte er den Blick, weiterhin die stechenden Augen im Kopf. --Ist es das, was dich so zittern lässt, wenn ich dich ansehe? -- Ryo wandte sich gänzlich vom Spiegel ab und ging hinaus auf den Balkon, den er seit seiner Ankunft strikt gemieden hatte. Müde stützte er die Unterarme auf dem Geländer ab, eher er die Augen schloss. Eine kühle Brise, die vom Meer herkam, wehte sanft durch seine Haare und spielte mit ihnen. Es war nun schon über ein Jahr her, aber es hatte diese Zeit gegeben, da stand er jeden Abend unten am Leuchtturm. Dort hatte er jedes mal dafür gebetet, Fubuki möge doch noch am Leben sein endlich zurück kommen. Zurück zu ihm... Er hatte ihn nach seiner Rückkehr gefragt, was geschehe war, doch er konnte sich das selbst nicht erklären, ebenso wenig wusste er, was mit Yusuke geschehen war. Vielleicht war er wirklich gestorben... Er war überglücklich gewesen, auch wenn er bald wieder unter den verrückten Einfällen seines besten Freundes zu leiden hatte. Das hatte er aber gerne in Kauf genommen, dafür dass er sein strahlendes Lächeln wiedersehen durfte und diese ehrlichen, sanften Augen. Und gerade jetzt war er im Begriff beides kaputt zu machen. Er hatte es gesehen... Fubukis Augen wirkten müde und trüb, sein Lächeln hatte er verloren, auch wenn er sich oft um eines bemühte. Schwermütig öffnete Ryo die Augen und folgt dem Lauf ein paar kleiner Wolken. Ein wehmütiges Lächeln umspielte seine Lippen, als er einen Entschluss fasste. Sein Herz traute sich schon beinahe gegen den Verstand zu rebellieren, doch da seine Entscheidung diesmal nicht seinem Egoismus entsprang, fand sich dieses schließlich auch damit ab. Er wollte Fubuki einfach noch mehr Leid ersparen. Er würde nicht mehr auf ihn eingehen, ihm keinen Grund mehr geben, sich Hoffnungen zu machen. Auch wenn es ihnen beiden wehtat, so war es besser für sie. Möglicherweise bekam Fubuki auf diese Weise auch sein Lächeln zurück, welches er ihm so leichtsinnig genommen hatte. Am Besten würde es sein, wenn er ganz abreiste, hier hielt ihn schließlich nichts weiter. Dieses kindische Turnier war ihm eh egal gewesen, von Anfang an. Also würde er mit der Begründung gehen, dass das alles hier unter seiner Würde war. Den wahren Grund brauchte niemand wissen, es reichte schon, wenn er selbst es wusste. Fubuki würde vergessen, was zwischen ihnen war und er selbst würde so weiterleben wie bisher, ohne schlechtes Gewissen und ohne die ständige Erinnerung an das, was er doch so sehnlichst brauchte. //Boa! Endlich fertig >.< Das hat mich wirklich was gekostet, vor allem weil ich den Anfang noch mal schreiben musste, da das Speichern nicht geklappt hat! *Computer tret* Ich hab sehr versucht, es emotional auszuschmücken (das Fubuki wieder heult tut mir leid, der ist so -.-), hoffe mal, das ist geglückt~ Ebenso hoffe ich, das man Ryos wirre Gedankengänge etwas nachvollziehen kann o.O LG, Ruby// Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)