Ride the Rockers 8 - Love Revolution von raphael_asdrai (6. Sequel zu Ride the Rockers und Fortsetzung von Love Education mit Teilen von SCREW in neuer Hauptrolle) ================================================================================ Kapitel 14: ------------ Kapitel 14 In einem Krankenbett herumzuliegen stand definitiv nicht auf der Liste von Kais Lieblingsbeschäftigungen. Als er sich als Kind den Arm gebrochen hatte, war er nach drei Tagen schon wieder durchs Haus gehüpft und hatte den Spielplatz unsicher gemacht; als er einmal bei einem Live von der Bühne gefallen und sich beim Versuch, sich vor einem Genickbruch zu retten, den Oberschenkel gezerrt hatte, hatte er zwei Tage überhaupt nichts gesagt, bis Ruki es schließlich bemerkt und ihn mit einem Drumstick zum Arzt gejagt hatte. Das Schlimmste waren die zwei Wochen gewesen, in denen ihn eine Magen-Darm-Grippe ans Bett gefesselt hatte, so dass sich selbst der kurze Weg zur Kloschüssel wie die Befreiung aus einer Zwangsjacke angefühlt hatte. Es war nicht so, dass Kai seine Gesundheit egal war – er mochte es schlichtweg nicht, pflegebedürftig und vollkommen nutzlos herumzuliegen, während alle anderen um ihn herumwuselten und ihre Zeit für ihn opferten. Es ließ ihn sich schuldig, gelangweilt und nicht zuletzt hilflos fühlen, und das gehörte sich einfach nicht für einen Leader. Diesmal war es nicht anders. Doch als hätten seine Bandkollegen geahnt, dass er früher oder später versuchen würde, zu türmen, hatten sie sich bei der ersten Gelegenheit, in der er halbwegs zurechnungsfähig war, mit ernsten Gesichtern an seinem Bett versammelt und ihm eine zehnminütige Standpauke gehalten, dass er der Band und vor allem sich selbst mehr schadete als nützte, wenn er sich nicht an die Regeln hielte, und dass sie für diesen Fall ihr Einverständnis gegeben hätten, ihn am Bett zu fixieren. ›Nur für den Fall der Fälle, dass du planst, den Ärzten eine schnellere Heilung vorzuschwindeln, um hier rauszukommen‹, hatte Reita mit warnendem Blick gemeint, und Kai konnte schlecht leugnen, dass er ihn ertappt hatte. Auch die Krankenschwestern schienen trotz seines umwerfenden Lächelns, das ihm von Rabatten im Café bis hin zu einer kostenlosen Reinigungsfrau schon einiges ergaunert hatte, nicht auf seiner Seite zu sein und wendeten lediglich errötend den Blick ab, während sie nichtsdestotrotz seinen Morphium-Nachschub auffüllten. Und irgendwann gab Kai es auf. Denn Menschen, die im Besitz von Spritzen waren, mit denen sie früher oder später in seinem Körper herumstechen würden, wollte er lieber in Vollbegriff derer geistiger Fähigkeiten um sich haben. Reitas und Rukis Gesichter tauchten öfter in seinem Gesichtsfeld auf, Uruha schwirrte ebenso oft um ihn herum und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, seine Besucher zu koordinieren, die zu Kais Erleichterung abgesehen von seinen Bandkollegen und deren Mitbewohnern nur aus einigen wenigen Personen des Labels bestanden, die über seinen Zustand informiert worden waren. Aoi war fast die ganze Zeit bei ihm und hielt seine Hand, so dass Kai die vertraute Wärme seiner Finger schon fast körperlich vermisste, wenn der Gitarrist kurz den Raum verließ oder – noch schlimmer – abends nach Hause ging. Dann war er wieder allein mit den blinkenden Maschinen und der Nachtschwester, einer resoluten älteren Dame, die sich für Visual Kei genauso viel interessierte wie für das Brutverhalten von Kanarienvögeln und ihm keine Extrawünsche durchgehen ließ. Die meiste Zeit fühlte er sich so matt, dass er gar nicht in der Lage war, einen vernünftigen Plan zu entwickeln, sich dem tristen Krankenzimmer zu entziehen. Sein Kopf war wie in Watte gepackt, abgeschirmt von allen Geräuschen der Umwelt, die nur gedämpft zu ihm hindurch drangen, und in den wenigen klaren Momenten, die er hatte, war ihm so übel, dass er den Tropf, der an seinem Arm hing, beinahe anflehte, ihn schnell wieder ins Reich der medikamenteninduzierten Träume zu katapultieren. Wenn er dann aufwachte, fühlte er sich wie erschlagen und sein Geist brauchte einige Minuten, um sich dem normalen Tempo der Realität anzupassen. Und als schließlich die Übelkeit soweit abgeklungen war, dass er sich wieder halbwegs menschlich fühlte, kam der Schmerz. Es war nicht der Schmerz, den er in seiner Kehle verspürte und der ihn seit Tagen davon abhielt, etwas anderes als ein zartes Flüstern von sich zu geben, sondern ein unangenehmes Ziehen und Pochen in seinem Kopf. Platzwunde und leichtes Schädeltrauma, vermutlich durch einen Sturz, als er durch den Rauch ohnmächtig geworden war – das war die offizielle Erklärung, die ihm der Arzt gegeben hatte. Kai ersparte sich den Kommentar, dass es eher daran lag, dass er sich nach seiner Trennung halb ins Koma gesoffen und an einem Türrahmen ausgeknockt hatte. Erneut wurde er mit Schmerzmitteln zugepumpt und irgendwann fand er das Gefühl, wie er den Zahnrädern in seinem Gehirn dabei zusehen konnte, wie sie sich immer schwerfälliger drehten bis sie ganz erlahmten, sogar recht angenehm. Denn da war noch etwas ganz anderes, das ihm keine Ruhe ließ. Er wusste, dass er gegen die Tür gerannt war, er wusste, dass er sich vorher mit einer Flasche Tequilla die Kante gegeben hatte; er wusste, dass er die zwei Stunden davor vergeblich durch die Straßen gerannt war, um Aoi zu finden, und er wusste, dass es deshalb gewesen war, weil Aoi sich von ihm getrennt hatte. Aber er konnte sich nicht erinnern, wieso. Und noch mehr war in der watteweichen Wolke verschwunden, in der sich sein Kopf befand. Teils kleine Dinge, teils komplette Tage. Anfangs hatte es Panik in ihm ausgelöst, dann Verunsicherung, schließlich ein quälendes Gefühl von ständiger unterschwelliger Unruhe. Nicht zu wissen, was zwischen ihm und Aoi vorgefallen war, war das Schlimmste von allem. Denn so etwas sprach man nicht einfach an. Vor allem dann nicht, wenn es bereits wieder gelöst schien und Aoi mit zärtlichen Fingern durch seine Haare kraulte anstatt ihn mit Missachtung zu strafen. Kai hatte auf Aois Fragen nicht gelogen. Er liebte ihn. Er wollte sich nicht von ihm trennen. Und er betrog ihn nicht. Zumindest traute er es sich nicht zu. Vor allem in den Momenten, in denen sie komplett allein waren, belastete es ihn. Uruha, der anfänglich beinahe ebenso oft in seiner Nähe gewesen war, war von Ruki aus dem Krankenzimmer verbannt und mit dem Auftrag belegt worden, in Kais Wohnung nach dem Rechten zu sehen, nachdem er auch nach Tagen noch wie ein aufgescheuchtes Huhn von einem Mitglied des Krankenhauspersonals zum nächsten gelaufen war und diese mit Fragen zu Kais Zustand beinahe verrückt gemacht hatte. Nach zwei weiteren Tagen sinnlosem Rumliegen und Grübeln, in denen er sich eigentlich schon wieder gesund fühlte, hatte Kai den Höhepunkt der Frustration erreicht. Doch ab da schien es tatsächlich langsam besser zu werden. Die ersten Erinnerungen kamen zurück; er wusste wieder, welche Leute er nach der Party nach Hause gefahren hatte, dass er vergessen hatte, die halbe Platte Sushi aus seinem Kofferraum in den Kühlschrank zu räumen und welche Straßen er auf der Suche nach Aoi abgelaufen war. Langsam aber sicher fügten sich die Puzzlestücke in seinem Kopf wieder zusammen, so dass es ihm nicht mehr ganz so schwer fiel, sich damit zu beruhigen, dass es lediglich eine Frage der Zeit sein würde, bis sein Kopf wieder normal funktionsfähig war. Bis dahin galt es lediglich, das Thema so gut wie möglich zu umschiffen – keine große Kunst, wenn man einen Tropf am Arm, einen dekorativen Verband um den Kopf und eine rauchgereizte Kehle hatte. Und so kam es, dass Kai zum ersten Mal in seinem Leben anderen Menschen vorspielte, kränker zu sein als er eigentlich war. ~*~ Es war etwa eine Woche nach seinem Unfall als Kai wie schon so oft aus seinem unruhigen Schlaf aufschreckte – doch diesmal war etwas anders. Er brauchte einen Moment, bis er erkannte, dass die Stimmen auf dem Gang, die ihn geweckt hatten, zu Uruha und Aoi gehörten. Und beide waren sichtlich aufgebracht. »Er hat mir einfach leid getan!«, hörte Kai Uruha sagen, und sein bissiger Tonfall ließ deutlich erkennen, dass er sich in eine Ecke gedrängt fühlte. »Und deshalb erfahre ich erst jetzt davon? Wenn du nichts zu verbergen hättest, hättest du es mir einfach sagen können!« Diesmal war es Aoi. Die Unterhaltung schien also schon eine Weile zu gehen und Kai ärgerte sich, dass er nicht schon früher aufgewacht war, denn er hatte keine Ahnung, um wen es überhaupt ging. »Es tut mir leid, wenn ich solche Kleinigkeiten vergesse, wenn mein Freund ins Krankenhaus eingeliefert wird!« »Und das ist jetzt wie viele Tage her?« Einen Moment war es ruhig und Kai spitzte die Ohren, um festzustellen, ob sie eventuell einfach leiser sprachen. Vorsichtig erhob er sich aus seinem Bett und griff den Tropf, um ihn hinter sich herzuziehen, ehe er auf Zehenspitzen zur Tür schlich. Er hatte schon die letzten Tage kleinere Wege zurückgelegt und es war nicht mehr wirklich anstrengend. »Wir hatten schon Glück genug, dass er mich nicht verpfiffen hat«, sagte Uruha schließlich, diesmal ein wenig ruhiger. »Denk mal drüber nach, was er anrichten könnte, wenn wir ihn gegen uns aufbringen. Da ist es sicherer, ich behalte ihn im Blick und warte, bis er von selbst keine Lust mehr hat.« Erneut wurde es still, dann erklangen Schritte und Kai schrak zusammen, als sich die Tür zu seinem Zimmer unerwartet öffnete. Aoi sah ihn einen Moment genauso erschrocken an wie Kai ihn, ehe sich eine Mischung aus Sorge und Empörung auf seinem Gesicht ausbreitete. »Bist du verrückt?!«, begann er zu schimpfen und packte Kai am Oberarm, um ihn zurück zu seinem Bett zu schieben. »Du weißt ganz genau, dass du nicht aufstehen sollst!« Kai hob eine Augenbraue, die sehr deutlich zeigte, dass sie beide wussten, dass ein angeschlagener Kopf kein Hindernis war, seinen Bewegungsapparat zu bedienen, doch Aoi streifte seinen Einwand mit einem knappen »Fang gar nicht erst an zu argumentieren« ab, ehe er ihn zurück unter seine Decke packte. Er schüttelte das Kissen auf und schob es unter Kais Rücken, ehe er wie schon so oft in den letzten Tagen zu ihm unter die Bettdecke kroch und den Kopf mit einem tiefen Stoßseufzer in den Nacken fallen ließ. Kai drehte leicht den Kopf, um ihn zu beobachten, denn er wusste, er brauchte nichts sagen. Aoi würde schon von selbst antworten. »Kazuki ist wieder bei Uruha eingezogen«, sagte der Gitarrist tatsächlich nach ein paar Momenten und selbst wenn Kai den Streit nicht belauscht hätte und sein Kopf völlig außer Kraft gesetzt wäre, hätte ihm spätestens der frustrierte Tonfall des anderen verraten, das Aoi wütend war. Wütend und enttäuscht. Er selbst runzelte die Stirn und spielte in Gedanken den letzten Abend durch, an dem er Uruha vor seinem Unfall gesehen hatte, doch abgesehen davon, dass noch immer an einigen Stellen weiße Flecken auf seiner Erinnerungslandkarte waren, wollte ihm nichts einfallen, das diese Entwicklung erklären könnte. »Keine Ahnung wieso«, beantwortete Aoi seine unausgesprochene Frage. Der Gitarrist hatte es in den letzten Tagen perfektioniert, zu erraten, was Kai ihm sagen wollte. »Er sagt, er täte ihm leid, weil er niemanden hätte, zu dem er gehen könnte – als ob ich ihm das abkaufen würde; und zudem hat das Kind genug Geld für ein Hotel! Was auch immer…« Aoi seufzte schwer und ließ seinen Kopf von Kai auf dessen Schulter schieben, wo schlanke Finger in seinen Haaren zu kraulen begannen. »Ich hab gesehen, du hast eine neue Krankenschwester bekommen«, sagte er nach einer Weile. Kai stockte irritiert in seiner Bewegung, ehe er sie fortsetzte und stumm nickte. Wenn Aoi das Thema wechseln wollte, dann würde er sich nicht dagegen wehren. Irgendetwas löste bei dem Gedanken an Uruha und Kazuki ein unangenehmes Ziehen in seinem Bauch aus, doch erneut klaffte an dieser Stelle in seinem Gehirn eine Lücke, so dass das Gefühl zu vage war, um daraus schlau zu werden. So lachte er nur tonlos und verdrehte verzückt die Augen, als er sich das Bild seiner neuen Krankenschwester ins Gedächtnis rief, die gar nicht so unglaublich hübsch war, doch Aois empörtes Schnauben und der eifersüchtige Blick, den er ihm zuwarf, waren Entlohnung genug. »Hey, kein Anbandeln mit dem Personal, nur weil es sexy Uniformen trägt!«, wies Aoi den Drummer zurecht und stieß ihn spaßend mit der Schulter an, so dass Kai begann, an ihrem Spiel Gefallen zu finden und breit grinste, ehe er mit den Händen ein Herz formte und in Richtung der mit Milchglas verkleideten Tür warf, hinter der die Schatten der Krankenschwestern auf und ab liefen. »Ich muss mir wohl diesmal was einfallen lassen, damit ich dich wieder nach Hause kriege. Wer hätte das gedacht«, fuhr Aoi fort, der sich nicht im Geringsten an ihren inzwischen schon gewohnt einseitigen Unterhaltungen störte, und an dem kleinen Schmunzeln auf seinen Lippen, das er erfolglos zu überspielen versuchte, war deutlich erkennbar, dass seine schlechte Laune langsam aber sicher zu verschwinden begann. Kai legte theatralisch die Stirn in Falten und verzog das Gesicht, als würde er angestrengt darüber sinnieren, mit welchen Mitteln Aoi ihn wohl am ehesten von diesem ungeliebten Ort weglocken könnte, ehe er die Lippen schürzte und mit den Augenbrauen wippte. Aoi kniff skeptisch die Augen zusammen und folgte seinem Blick Richtung Tür, hinter der der Schatten des Häubchens einer Krankenschwester zu sehen war, und als Kai eine kurze Kopfbewegung zurück zu Aoi machte und an seinem T-Shirt zupfte, das Grinsen so breit wie schon lange nicht mehr, klappte diesem für einen kurzen Augenblick die Kinnlade runter, ehe er zu lachen begann. »Hentai!«, sagte er nur vorwurfsvoll und zwinkerte verschmitzt, ehe er Kai einen Kuss auf die Lippen drückte und sich aus dem Bett erhob. Der erwartungsvolle Blick des Drummers folgte ihm, und er lachte erneut, als er ihn sah. »Ich hole dir lediglich Pudding! Komm nicht auf falsche Gedanken!« Und damit war er aus der Tür und Kai lehnte sich mit einem Schmunzeln zurück in sein Kissen, nicht im geringsten beleidigt über den schnellen Aufbruch. Er hatte Aoi aufgeheitert, alles andere war unwichtig. Abwesend ließ er seinen Blick über die vereinzelten Makel auf der weiß getünchten Decke wandern, wo die Farbe zu kleinen Tropfen erhärtet war, ehe er erneut auf die Tür sah, durch die Aoi verschwunden war. Für einen kleinen Augenblick fragte er sich, ob er vielleicht träumte oder halluzinierte, ob die Verletzung an seinem Kopf so stark war, dass er sich lediglich einbildete, Aoi hätte ihm verziehen und alles wäre wieder so wie vorher. Es war beinahe zu perfekt, um wahr zu sein, und in jeder Sekunde, die es andauerte, ließ es ihn an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Und doch musste etwas vorgefallen sein, etwas in einem der weißen Flecken in seinem Kopf. Der bloße Gedanken daran, was es sein könnte, zog seinen Brustkorb zusammen und ließ ihn frösteln, so dass er die Decke bis zu seiner Nasenspitze zog. Aus dem Augenwinkel sah er eine Schwester hereinkommen und etwas in den Schlauch an seinem Arm spritzen, und er wusste, dass es nun nur noch wenige Momente dauern würde, bis die Zahnräder in seinem Kopf, die vergeblich ratterten und die Lücken zu füllen versuchten, sich langsamer zu drehen beginnen würden, bis sie schließlich ganz stoppten. Und vielleicht war es gerade besser so. ~*~ Es war mitten in der Nacht, als sich die Tür zu Kais Zimmer öffnete. Der Raum war in ein tiefes Zwielicht getaucht. Nur durch die zugezogenen Vorhänge schimmerte entfernt das Licht der Straßenbeleuchtung herein und abgesehen von den winzigen bunten Leuchtanzeigen an den medizinischen Geräten waren alle Lichtquellen im Zimmer schon seit Stunden erloschen, so dass Kai ein leichtes Brummen von sich gab, als der helle Lichtstrahl der Flurlampen auf sein Gesicht fiel und ihn aus seinem flachen Schlaf aufschreckte. Doch dann hatte sich die Tür auch schon wieder geschlossen. Müde öffnete er ein Auge und schloss es sogleich wieder, als er das Häubchen der Krankenschwester zu erkennen glaubte. Nachtkontrolle. Als ob es nicht schon schlimm genug war, dass er tagsüber kaum Privatsphäre hatte! Wenn er hier noch länger eingesperrt bleiben musste, würde er vermutlich den Verstand verlieren, mit einem Beatmungsgerät bewaffnet Amok laufen und sich dann- Sein Gedanke stoppte abrupt, als die Bettdecke von ihm gezogen wurde. Erschrocken fuhr er in die Höhe und riss die Augen auf, doch er konnte im Halbdunkel nichts erkennen, und ehe er sich auch nur halb aufrichten konnte, hatten ihn zwei Hände an den Schultern gepackt und wieder zurück aufs Kissen gedrückt. Kai schnappte nach Luft, als ihn die andere Person ohne die geringste Mühe mit einer Hand in Schach hielt, während die andere Hand die Bettdecke komplett von ihm zog, und sein Herz schlug für einen Augenblick panisch schneller, als ihm klar wurde, dass dies auf keinen Fall seine normale Nachtschwester war! Für einen kurzen Schreckensmoment zogen die wildesten Fantasien vor seinem inneren Auge vorbei – von Stalker-Fangirls und Krankenhausmonstern bis hin zu verrückten Axtmördern – bis ihn ein gedämpftes Lachen erstarren ließ. »Aoi?«, krächzte er, vollkommen vergessend, dass er eigentlich nicht reden durfte, und schnappte nach Luft, als die andere Person nichts erwiderte, lediglich den Druck der Hand verstärkte, um seine Versuche, sich aufzurichten, zu verhindern. Weiche Finger wanderten den Stoff seines Pyjamas hinauf, bis sie die warme Haut kurz unter seinem Hals erreicht hatten und dort verharrten. Kais Augen weiteten sich ungläubig, als sich ihm das hübsche Gesicht des Gitarristen so weit näherte, dass er ihn im Zwielicht erkennen konnte, und das diabolische Grinsen, das auf den geschwungenen Lippen lag, ließ ihm ganz anders werden. Eine heiße Welle schwappte durch seinen Körper und ließ ihn erschaudern, und als sich die Fingernägel der Hand auf seinem Brustkorb leicht krümmten und in seine Haut gruben, raste eine Gänsehaut über seinen gesamten Leib. Und dann sah er, was Aoi anhatte. »Oh Gott«, formten seine Lippen tonlos und er hatte alle Mühe, seine Gesichtsmuskeln soweit zu kontrollieren, dass er seine Kinnlade wieder hochklappen konnte. Hatte er gedacht, allein der verruchte Gesichtsausdruck des anderen würde reichen, um ihm ordentlich einzuheizen, nahm er dies auf der Stelle zurück. Das… Es… Er konnte es noch nicht einmal in Worte fassen. Sein Gehirn fühlte sich an, als wäre er erneut alkoholisiert gegen einen Türrahmen gerannt und für einen kurzen Augenblick fragte er sich ernsthaft, ob ihm jemand Halluzinogene in den Tropf gemixt hatte. Das passierte gerade nicht wirklich! »Aoi?«, flüsterte er erneut und streckte vorsichtig die Hand aus, um über den Stoff des weißen Kittelkleids zu fahren und sich davon zu überzeugen, dass er nicht tatsächlich gerade halluzinierte und in Wirklichkeit seine behäbige Nachtschwester vor ihm stand. Fast erwartete er, eine schallende Ohrfeige zu bekommen und aus seinem bizarren Traum zu erwachen, doch alles, was er fühlte, war der weiche Stoff der Krankenschwesteruniform, der sich über Aois wohldefinierten Brustkorb spannte. Oh Gott, es war real! »Schwester Aoi für Sie, Herr Patient«, antwortete der Gitarrist und seine Stimme war so dunkel und verrucht, dass Kai von einer Hitzewelle in die nächste geworfen wurde. Seine Augen saugten sich an der Gestalt des anderen fest, fuhren über das weiße Kleid, unter dem die schlanken straffen Schenkel hervorblitzten, und er fühlte, wie sich in seiner Lendengegend etwas schneller zu regen begann, als ihm lieb war. Es bestand kein Zweifel, dass dies kein Kostüm aus einem Online-Shop war, sondern echt. Es war perfekt. Perfekt zu knapp und perfekt zu kurz. Perfekt. Der Drummer hatte keine Ahnung, was an ihrem Gespräch von vor ein paar Stunden Aoi zu dieser verrückten Aktion bewegt hatte, und sein Kopf brauchte einen Moment, um zu verarbeiten, dass sich der Gitarrist, der ihm normalerweise schon einen Tritt gegens Schienbein verpasste, wenn sich seine Hand auch nur ganz unschuldig unterm Tisch auf seinen Oberschenkel verirrte, gerade dazu hinreißen ließ, in einem öffentlichen Krankenhaus eine der größten Fetisch-Fantasien jedes Mannes auszuleben. Herrgott, beschweren würde er sich sicher nicht! Und nur Wimpernschläge später war die Frage wie weggefegt, als Kai erneut das Kleidungsstück auffiel, das er als erstes bemerkt hatte und das mit Abstand das Verruchteste des gesamten perfekten Outfits war – das Häubchen. Es saß keck auf Aois Kopf, an jeder Seite mit einer Spange feststeckt, so dass es Aois Haare ein wenig zurückschob. Das schwarze Pony, das sonst wild in Aois Stirn fiel, war ordentlich gescheitelt und an der einer Seite festgesteckt, und Kai schluckte, als er sah, dass die Augen des anderen schwarz umrandet und seine vollen Lippen mit einem schimmernden Gloss geschminkt waren. Langsam hatten sich seine Augen an die Düsternis gewöhnt und jedes neue Detail, das er entdeckte – der geöffnete oberste Knopf am Halsausschnitt; die gebundene Schwesternschürze, die Aois schmaler Taille einen beinahe femininen Touch gab; der feine Reißverschluss an der Seite, mit der man das Kleid öffnen konnte; und nicht zuletzt die kleinen Erhebungen der Brustwarzen, die sich durch den zu engen Stoff drückten – ließ sein Blut so heiß kochen, dass er sich innerhalb von Sekunden wie in einer Sauna fühlte. Und als er schließlich auch noch bemerkte, dass Aois Beine unter dem für ihn viel zu kurzen Röckchen in einer durchsichtigen Strumpfhose und weißen High Heels steckten, glaubte er, den platzenden Äderchen in seinem Gehirn, die ihn vermutlich irgendwann in den nächsten Sekunden umbringen würden, beinahe zuhören zu können. Und es würde ein schöner Tod werden. Ein verschämter Ausdruck schlich sich auf Aois Gesicht, und er senkte die Augen, als er Kais hungrigem Blick nicht mehr standhalten konnte. Für einen kurzen Moment war deutlich zu sehen, wie schwer es ihm fiel, in diesem Rollenspiel die nötige Selbstsicherheit zu bewahren, doch dann straffte er die Schultern und setzte ein charmantes Lächeln auf, das Kai das Blut in die Wangen trieb. »Wie geht es Ihnen heute, Herr Patient?«, fragte Aoi und seine rauchige Stimme ließ sich Kai wie in einem Porno fühlen. Er wusste nicht genau, ob er antworten sollte (oder wie er seinen Sprechapparat bediente), doch Aoi nahm ihm die Entscheidung ab. »Ich bin die Vertretung für Ihre Nachtschwester«, fuhr er mit sanfter Stimme fort und ließ seine Fingerspitzen über Kais Brustkorb streifen, der sich ein klein wenig schneller hob und senkte als noch vor ein paar Minuten. »Sie musste schnell nach Hause, um ihrer Tochter eine CD mit einer persönlichen Widmung ihrer Lieblingsband zu bringen, und ich werde sie die nächsten zwei Stunden vertreten.« Kai schluckte und sein Blick huschte zu der Milchglastür. Die Nachtschwester war ihm vom Krankenhaus auf Wusch der PS Company speziell zugeteilt worden, während es allen anderen Schwestern strikt untersagt war, sein Zimmer zu betreten, nachdem in der ersten Nacht eine von ihnen dabei erwischt worden war, wie sie ein Foto von ihm hatte machen wollen. »Ich bin ein wenig beunruhigt über Ihren Gesundheitszustand«, sprach Aoi weiter und seine schlanken Finger fuhren über seinen Hals hinab zu seinem Ausschnitt und spielten mit dem offenen Knopf. »Ich habe einige bedenkliche Ergebnisse in ihrem Krankenblatt gelesen. Aber keine Angst«, ein anstößiges Lächeln schlich sich auf seinen Mund und für einen kurzen Moment kratzten seine Zähne über seine vollen, glänzenden Lippen, ehe er sich so nah an Kai heranbeugte, dass dieser seinen Atemhauch an seinem Ohr fühlen konnte, »ich werde herausfinden, welche Krankheit Sie haben. Dann können Sie bald zurück nach Hause zu ihrem Freund, der schon sehnsüchtig auf Sie wartet. Bis dahin begeben Sie sich einfach in meine fachkundigen Hände und lassen sich von mir ›untersuchen‹.« Ein heißer Schauer fuhr über Kais Rücken, als Aoi das letzte Wort so obszön betonte, dass es selbst einer Pornodarstellerin die Schamesröte auf die Wangen getrieben hätte. In einer anderen Situation hätte er sich gewundert, wie der andere so etwas überhaupt über die Lippen bringen konnte, doch er war viel zu angeturnt, um auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Schweißperlen traten auf seine Stirn, während seine Atmung so flach wurde, dass er sich tatsächlich fühlte, als wäre sein Zustand kritischer als je zuvor. Der verschwindend kleine Teil in ihm, der noch halbwegs zurechnungsfähig war, fragte sich, wie er das, was Aoi auch immer mit ihm vorhatte, überleben sollte – und als dieser mit einem verruchten Augenzwinkern in die Schürzentasche seines Kleids griff und nur Sekunden später das hauchzarte Material durchsichtiger Latexhandschuhe mit einem markanten Geräusch über seine Hände schnappte, wäre Kai fast auf der Stelle in seine Pyjamahose gekommen. Halleluja! Er hatte den leisen Verdacht, dass dies die Nacht seines Lebens werden würde. Tbc. *********** Ein wenig später diese Woche, weil ich aus dem Wochenendurlaub kam und erst mal feststellte, dass mein Internet tot war. Nooooo~ Aber jetzt geht alles wieder. Meine medizinischen Kenntnisse stammen von Wikipedia und aus dem Fernsehen. Nuff said. Ihr ahnt, was im nächsten Kapitel kommt? XD Eigentlich sollte es mit diesem Kapitel zusammen kommen, aber wo kämen wir hier hin, wenn ich Krankenschwester Aoi auf einer halben Seite abarbeiten würde! No way, ich verspreche einige interessante Zweckentfremdungen diverser Krankenhausutensilien, thihihi~ Doktorspielchen *O* Und wenn ihr das gelesen habt und gerade Tag ist: geht raus und legt euch in die Sonne! Hach, die Sonne *O* Ich rollte heute schon mit meinem Kater um die Wette auf dem Balkon herum. Wohnt eigentlich jemand in Cottbus? ENS me! Ich bin die komplette nächste Woche wegen Arbeit da und würde mich allein zu Tode langweilen! Oh, noch eine abschließende Frage: Mir ist in den Sinn gekommen, dass ich vielleicht am Anfang jedes Kapitels eine kurze Zusammenfassung schreiben könnte, was im letzten passiert ist, weils doch schon zwei Wochen her war. Wollt ihr das? Nützt euch das was? o.O Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)