Ride the Rockers 8 - Love Revolution von raphael_asdrai (6. Sequel zu Ride the Rockers und Fortsetzung von Love Education mit Teilen von SCREW in neuer Hauptrolle) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 »Uruha, morgen wird Kazuki bei dir einziehen!« Einen kurzen Augenblick war es vollkommen still. Aoi war sich nicht sicher, ob er sich gerade verhört hatte, und scheinbar ging es den anderen nicht besser. »Bitte was?«, war das erste, was Uruha sagte und seine Stimme klang seltsam schrill, als würde er im gleichen Moment, in dem er die Worte aussprach, nach Luft japsen. Er klang hörbar entsetzt und Aoi konnte dies sehr gut nachvollziehen. Die Managerin antwortete nicht, stattdessen drehte sie abwesend einen der Flyer in ihren Händen. Hatten sie für einen kurzen Moment die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass alles nur ein Scherz war, war diese Hoffnung nun zunichte gemacht – ihre Körpersprache war eindeutig. Und langsam erschien eine tiefe Falte auf Uruhas Stirn. »Da spiele ich nicht mit, auf keinen Fall!«, protestierte er und hob die Faust, um damit auf den Tisch zu schlagen, doch ein scharfer Blick von ihr ließ ihn innehalten. »Das zu entscheiden steht leider nicht in deiner Macht – und in meiner auch nicht, falls es dich interessiert!«, antwortete sie und schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort im Mund ab. »Du kannst es tun oder du kannst es lassen, aber ich würde dir von letzterem dringend abraten!« Die Drohung in ihren Worten war nur allzu deutlich. Uruha schnappte nach Luft, die Augen zwischen ihr und Kai hin und her huschen lassend, doch sein Leader reagierte nicht. Seine Stirn war in tiefe Falten gezogen und er hielt den Flyer in seiner Hand so fest, dass er tiefe Knicke bekam. »Also ich würde ihn bei mir wohnen lassen!«, meldete sich auf einmal Reita zu Wort und hob abwehrend die Hand, als Uruha ihm einen tödlichen Blick zuwarf, der sehr genau sagte, was er davon hielt, dass ihm der Bassist so in den Rücken fiel. »Ja, das war mir klar, dass du das würdest!«, zischte er wütend und diesmal schlug er wirklich mit der Faust auf den Tisch. »Hey, ich sag ja nur!«, verteidigte sich der Bassist und wich ein Stück in Rukis Richtung zurück. »Es ist ja nicht so, als solltest du ihn heiraten! Seit wann sträubst du dich dagegen, einen hübschen Fanboy zu bespaßen? Wenn dich der Junge anbetet, sollte das doch ein Kinderspiel sein!« Er nickte, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, doch die einzige Reaktion, die er aus Uruha hervorbrachte, war ein verächtliches Schnauben, bevor sich der Gitarrist von ihm abwendete, einen der Flyer griff und ihn in kleine Schnipsel riss. »Nur über meine Leiche!«, fauchte er wütend und warf die Papierstückchen auf den Boden, so dass sie sich über den Teppich verteilten. Die Managerin warf ihm einen missbilligenden Blick zu, aber sie kommentierte seine Geste nicht. »Wir sollten das in den nächsten Minuten klären«, sagte sie stattdessen und deutete auf die Tür. »Sie warten schon auf euch. Sie würden euch gern kennen lernen, also benehmt euch und macht einen guten Eindruck! Macht mir keine Schande!« »Keine Schande, tse …« Uruha schnaubte leise und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Blick fiel auf Aoi und dieser schluckte trocken, als er sah, dass der andere deutlich gekränkt darüber war, dass ihm keiner seiner Bandkollegen zur Hilfe eilte. Hätte er ihm denn zur Hilfe kommen sollen? Wie denn bitteschön? Wenn nicht einmal Kai etwas sagte, was könnte er dann schon erreichen? »Wenn Uruha Kazuki bekommt, können wir uns dann auch einen aussuchen?«, fragte Ruki plötzlich in die Stille hinein und alle Blicke schnellten zu ihm. Uruha blies empört die Backen auf und Kai hob eine Augenbraue, doch der blonde Sänger bemerkte es nicht einmal. Er studierte eingehend einen der Flyer, den er gegriffen hatte, und tippte schließlich auf den jungen Mann in der Mitte. »Solange sich noch niemand einen ausgesucht hat, ich hätte gerne den hier!« »Dann will ich den!«, fuhr Reita fort und deutete auf einen anderen, ehe er kurz sein Handy checkte und das Bild darin mit dem Flyer abglicht. »Manabu. Bekomme ich den?« »Ihr kleinen miesen Ratten!« Uruhas Stimme war nur noch ein leises Fauchen, als er Ruki am Kragen packte und ihn schüttelte. »Das war ja klar, dass ihr mir in den Rücken fallt. Kai, sag was dazu!« Der Drummer sah überrascht auf, als Uruha ihn plötzlich ansprach, und seufzte dann tief. »Was soll ich sagen? Du musst wohl in den sauren Apfel beißen, ob du willst oder nicht!«, antwortete er und zuckte dann mit den Schultern. »Und mal ehrlich, denkst du nicht, du spielst dich ein bisschen zu sehr auf? Es ist wie Reita gesagt hat, kein Mensch verlangt von dir, dass du ihn heiratest!« »Dann nimm du ihn doch in deine Wohnung!« »Schluss jetzt!« Ein lauter Knall ließ alle zusammenzucken, und als sie sich zu der kleinen Managerin umdrehten, hatte diese den Karton Flyer, den sie soeben auf den Tisch geknallt hatte, erneut drohend erhoben. »Was denkt ihr euch eigentlich, euch hier so aufzuspielen?! Das ist eine Order des Labels! Wenn sie euch nicht passt, könnt ihr gern euren Vertrag kündigen!« Das hatte gesessen. Ruki und Reita schluckten trocken, obwohl ihr giftiger Blick nicht einmal auf sie gerichtet war, und trollten sich zurück auf ihre Couch. Kai schloss den Mund und selbst Uruha wirkte sichtlich eingeschüchtert. Einen Moment lang spielten sich die unterschiedlichsten Emotionen auf seinem Gesicht ab und sein Mund öffnete sich, doch er schien sich anders zu besinnen und murmelte nur ein paar unverständliche Worte zu sich selbst, ehe er sich mit verschränkten Armen an die Wand lehnte. Aoi saß einfach nur wie versteinert da und wusste nicht, was er tun sollte. Er fühlte sich gerade unglaublich dumm und nutzlos, doch er hatte nicht den leisesten Schimmer, was er hätte sagen sollen. Geschäftliches hatte er bis jetzt immer Ruki und Kai überlassen und meistens Scherze darüber gerissen, dass er in Meetings nur hübsche Deko war. Er war nicht sehr überzeugt davon, dass er etwas Sinnvolles beitragen konnte und deshalb hielt er lieber den Mund. Und überhaupt, jetzt noch etwas zu sagen, wäre vollkommen unpassend und würde vielleicht mehr schaden als helfen. Doch Uruhas gekränkter Gesichtsausdruck ließ ihn nicht los. Und auf einmal fühlte er sich wie ein ganz furchtbarer Freund. Am liebsten wäre er zu Uruha gegangen und hätte sich schützend vor ihn gestellt oder ihn in den Arm genommen oder irgendetwas getan, damit dieser sich besser fühlte – doch stattdessen blieb er sitzen. Er würde es wieder gut machen! Das nahm er sich fest vor. »So kommen wir nicht weiter«, ließ sich auf einmal die Managerin vernehmen und ihr Tonfall war wesentlich freundlicher als noch vor ein paar Sekunden. »Reita, Ruki, Aoi – bitte wartet draußen! Kai, Uruha – ihr bleibt hier! Wir haben noch einiges zu besprechen. Keine Widerrede, Jungs!« Ihr Blick war warnend, und diesmal wagte niemand, etwas zu erwidern. Ruki und Reita erhoben sich ohne Murren von der Couch und Aoi folgte ihnen nach ein paar Momenten. Reita klopfte Uruha beim Vorbeigehen auf die Schulter, doch dieser ignorierte ihn. Es versetzte Aoi einen kleinen Stich, als er es sah, doch er hoffte, dass sich Uruha wieder fangen würde. Alle wussten, dass der brünette Gitarrist schnell beleidigt wurde und zu Melodramatik neigte, aber meistens hielt dieser Zustand nur wenige Stunden an, wenn überhaupt. Vielleicht würde sich alles von selbst wieder geben. Allerdings war auch noch nie ein Mitglied einer Indie-Band bei ihm zu Hause eingezogen… Als Ruki die Tür öffnete, hielt er überrascht inne, als die Mitglieder von SCREW schon vor der Tür warteten. Zwei von ihnen saßen auf den Stühlen in dem kleinen Vorraum, zwei weitere waren weiter entfernt auf dem Gang und einer lehnte direkte neben der Tür an der Wand. Er lächelte die Gazette-Mitglieder an, ehe er ein wenig scheu den Blick senkte, als würde er sich nicht trauen, seinen Idolen zu lange in die Augen zu sehen. Es war der Gitarrist mit den roten Haaren, Kazuki. Aoi erkannte ihn sofort. Er musterte ihn von Kopf bis Fuß, den schmalen Oberkörper in einem einfachen weißen T-Shirt, hinab zu seinen Händen, die in einer verlegenen Geste in den Taschen seiner stonewashed Jeans vergraben waren, in der zwei lange Beine steckten. Obwohl er an der Wand lehnte, erkannte Aoi, dass er ein wenig größer als er selbst war. Sein Blick wanderte wieder hinauf zu seinem Gesicht, zu der hübschen Nase, den hohen Wangenknochen, den rosigen Lippen mit einem Piercing an jeder Seite bis zu seinen noch immer nach unten gerichteten Augen, die wie die perfekt getrimmten Augenbrauen von roten Ponysträhnen leicht verdeckt wurden. Welche leichte Antipathie sich auch immer in Aoi zuvor bei dem Gedanken gebildet hatte, dass ein Fremder bei Uruha einziehen würde – eines konnte er nicht leugnen: Kazuki war bildhübsch. Aoi lächelte höflich, als er bemerkte, wie sich die Augen des anderen weiteten und sich die vollen Lippen zu einem hörbaren Atemzug teilten. Irritiert blickte er sich um und sah zurück in das Büro. Als er die Schnipsel des zerrissenen Flyers auf dem Boden sah, verstand er. Kazuki hatte sie gesehen. Und er hatte auch Uruha gesehen, der noch immer mit verschränkten Armen und grimmigem Blick an der Wand lehnte. Die Situation ließ nicht viel Spielraum für Spekulationen. Und plötzlich tat ihm der junge Gitarrist leid. »Hey, ich bin Aoi«, sagte er und hielt ihm die Hand hin, ehe er ihm selben Atemzug mit dem Fuß die Tür hinter sich zuschob und sie ins Schloss drückte. Ohne darauf zu warten, dass der andere reagierte, griff er nach dessen Hand und schüttelte sie, ehe er ihm ein breites Lächeln schenkte und ihm auf die Schulter klopfte. »Willkommen in der PSC!« »Yeah, Willkommen in der PSC! Hier wo’s richtig abgeht!«, stimmte Reita mit ein und grinste einen der beiden, die auf den Stühlen saßen, an, ehe er die Hand zum High Five hob und mit ihm einschlug. Außer Aoi und Kazuki hatte scheinbar niemand etwas gesehen. Ruki neben ihm lachte und boxte ihm gegen die Schulter, um seinen Enthusiasmus ein wenig zu dämpfen, ehe er den beiden die Hand reichte und auf die Schulter klopfte. »Hey, reinkommen!«, rief er grinsend in Richtung des Gangs und winkte den beiden anderen zu, die noch draußen standen, so dass diese ein wenig überrascht von seiner Herzlichkeit aber sichtbar erfreut hereinkamen. Aoi sah amüsiert zu, wie Ruki und Reita sie beinahe überfielen, kameradschaftlich auf die Schultern klopften und sofort in ein Gespräch verwickelten, so dass die Neuen kaum Luft zum Atmen bekamen. Irgendjemand hatte ihm einmal erzählt, dass vor allem Ruki der Ruf nachhing, mysteriös und wenig zugänglich zu sein. Wer den blonden Sänger jedoch kannte, wusste, dass zumindest der Teil mit dem ›wenig zugänglich‹ nichts als pure Erfindung war. Wenn jemand gern neue Leute kennen lernte und mit diesen umging, als würde er sie schon seit Jahren kennen, dann war es Ruki. Leider, sehr zu Aois Missfallen, lernte der Sänger neue Leute gern sehr viel intensiver kennen, als ein normaler Mensch es tun würde. Und Reita war nicht ganz unschuldig an der Sache. Aoi musste schmunzeln, als er sah, wie der Bassist sich neben einem der Neuen auf einem Stuhl niedergelassen und lässig seinen Arm um dessen Schultern drapiert hatte, was dieser etwas irritiert hinnahm, sichtlich unsicher, ob er sich über so viel Zuneigung freuen sollte oder nicht. Aoi kannte seinen Namen nicht, aber so wie er den Flyer in Erinnerung hatte, könnte es der andere Gitarrist sein, auf den Reita schon seine Besitzansprüche angemeldet hatte. In Gedanken sprach er ihm sein Beileid aus, hoffend, dass die beiden Blonden ihm wenigstens halbwegs eine Wahl lassen würden, ob er sich an ihren etwas gewöhnungsbedürftien Spielen beteiligen wollte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Kazuki als einziger recht still war und seit seiner Begrüßung nichts gesagt hatte. Stattdessen lächelte er nur scheu, als Ruki und Reita ihn begrüßten, rührte sich aber nicht von der Wand weg. Aoi war ein klein wenig irritiert von seinem Verhalten, doch zumindest schien er schon mal nicht das verwöhnte unangenehme Söhnchen zu sein, für das man ihn nach der Beschreibung der Managerin hätte halten können. Vielleicht war er sogar ganz umgänglich und wollte Uruha einfach nur ein wenig anbeten. Nicht dass er sich freute, wenn ein weiterer Fanboy seines Freundes auftauchte, diesmal innerhalb ihres eigenen Labels, aber es hätte wesentlich schlimmer kommen können! »Hey, wir sollten das Label dazu bringen, für alle Neuen eine Party zu schmeißen!«, ließ sich Reita aus dem Hintergrund vernehmen und Aoi rollte leicht mit den Augen, als er sah, dass die Hand des Bassisten am Arm seines Opfers hinunterglitt und ihn in der selben Bewegung näher an ihn heranzog. Für einen Unbeteiligten hätte es wie eine zufällige Bewegung aussehen können, doch Aoi kannte den blonden Schwerenöter nur zu gut. »Party klingt gut!«, pflichtete Ruki ihm bei und die anderen nickten erfreut, diesmal sogar Kazuki. »Kommt Uruha?«, platzte er heraus und biss sich sogleich auf die Lippen, als habe er die Worte gar nicht laut sagen wollen. Eine leichte Röte legte sich auf seine Wangen, als Ruki breit grinste und Reita zu kichern begann. Selbst seine eigenen Bandkollegen grinsten, ehe der Sänger – Byou, so viel hatte Aoi aus dem Gespräch der anderen herausgehört – auf ihn zuging und ihm in die Seite knuffte. »Kazuki-chan, kein Grund, rot zu werden! Wenn du jetzt noch Angst hast, dich vor ihnen zu outen, dann hättest du nicht verlangen sollen, dass du bei ihm wohnen kannst! Soweit können sie noch mitdenken«, stichelte er mit einem breiten Grinsen und piekte dem Gitarristen mit den Zeigefingern in den Bauch, so dass dieser an die Wand zurückwich und noch ein wenig röter wurde als vorher. Aoi runzelte die Stirn, sichtlich nicht begeistert, dass sein Verdacht bestätigt wurde, doch außer ihm und Kazuki schienen alle anderen die Situation eher amüsant zu finden. »Wobei ich echt nicht verstehe, was du gerade an dem findest!«, ließ sich Ruki vernehmen und lachte leise. »Unser hypersensibles, zu sehr von sich selbst überzeugtes Partyopfer!« »Hey, als ob wir dich noch nie nach einer durchzechten Nacht in einer Ecke gefunden hätten«, sprang Reita unerwartet für Uruha in die Presche und quiekte auf, als Ruki ihn als Antwort in den Schwitzkasten nahm und theatralisch würgte. Hatte die Managerin nicht noch vor ein paar Minuten gesagt, sie sollten sich benehmen? Und einen guten Eindruck hinterlassen? »Glaub mir, du willst gar nicht bei ihm wohnen, es sei denn, du spielst gern Haushaltshilfe!«, sagte Aoi, sich innerlich ins Gedächtnis rufend, warum sie lieber bei Kai als bei Uruha nächtigten. Der Gitarrist hatte ein deutlich gestörtes Verhältnis zu leeren Pizzaschachteln und anderem unnützen Kram, den er in seiner Wohnung auftürmte. Mit Grauen erinnerte er sich an das erste Mal, wo er in Uruhas Wohnung gewesen war, damals, als er mit Kai nach dem verschollenen Video gesucht hatte. Selbst Messies lebten ordentlicher! Und er war sich nicht sicher, ob sich an diesem Zustand etwas geändert hatte. Langsam konnte er verstehen, warum sich der Gitarrist so sehr gegen seinen neuen Mitbewohner sträubte. »Also ich finde ihn toll«, sagte Kazuki und sein Gesicht war ernst. Ruki entließ Reita aus seinem Schwitzkasten und sah ihn perplex an. Auch Aoi stutze einen Augenblick und wusste nicht wirklich, was er darauf erwidern sollte. Der kurze Moment der unangenehmen Stille wurde erst gebrochen, als sich die Tür zum Büro öffnete und Kai und Uruha herauskamen. Erst jetzt fiel Aoi auf, dass sie doch eine recht lange Zeit dort drin gewesen waren. Als er das Zimmer verlassen hatte, hatte er eigentlich damit gerechnet, dass der Streit weitergehen und er zumindest laute und in Uruhas Fall schimpfende Stimmen hören würde – doch jetzt, wo er darüber nachdachte, war es die ganze Zeit seltsam ruhig gewesen. Uruha marschierte mit einem finsteren Gesichtsausdruck an ihm vorbei, sah nicht nach links und nicht nach rechts, ehe er auf den Knopf des Fahrstuhls drückte und nur Sekunden später darin verschwand. Das Licht, das anzeigte, in welche Richtung sich der Fahrstuhl bewegte, blinkte nach oben, Richtung Dach. Uruha fuhr nie in Richtung Dach. Dort oben war nicht mal etwas! »Was zum…«, begann Ruki und starrte wie alle anderen auch auf die geschlossenen Fahrstuhltür, vollkommen verstört von dem Verhalten des anderen. Erst als Kai die Bürotür mit einem hörbaren Klicken hinter sich schloss, fuhren alle zusammen und drehten sich fast synchron zu ihm um. Ein Mundwinkel des Drummers zog sich nach oben, doch die Geste wirkte eher hilflos als fröhlich. Er behielt die Türklinke noch einige Sekunden schweigsam in der Hand, als würde er überlegen, was er als nächstes tun sollte, dann startete er erneut den Versuch, zu lächeln, und diesmal war er erfolgreicher. »Entschuldigt bitte«, sagte er und nickte den Neuen freundlich zu. »Ich bin Kai! Freut mich, dass wir ab jetzt Kollegen sind! Beachtet die beleidigte Leberwurst gar nicht! Er ist nur sauer, dass wir ihn nun zum Putzen des Saustalls, den er seine Wohnung nennt, zwingen!« Er schüttelte reihum allen die Hand, sichtlich bemüht, das Thema so banal wie möglich klingen zu lassen, doch Aoi sah den Blick, den er Ruki und Reita zuwarf. Diese sahen sich einen Moment verwirrt an, dann verstanden sie und begannen darüber zu scherzen, mit welchen Mitteln sie alle schon daran gescheitert waren, Uruha zu mehr Ordnungsliebe zu erziehen, und spätestens in dem Moment, in dem Reita die Geschichte zum Besten gab, wie Uruha in ihrer WG zu Indie-Zeiten einmal auf dem Weg ins Bad auf einer Bierdose ausgerutscht war und sich nur deshalb nicht den Hals gebrochen hatte, weil der Haufen von Konbini-Sushischachteln seinen Sturz abgefedert hatte, hatte sich die Stimmung deutlich gehoben. Zumindest bei vier der SCREW-Mitglieder schien es zu wirken. Kazuki starrte auf den Boden und hatte die Hände in seinen Hosentaschen zu zwei Fäusten geballt. »Er hasst mich, oder?«, sagte er leise. Aoi wusste nicht einmal, ob es eine Frage an ihn gewesen war. Doch beinahe automatisch schüttelte er den Kopf. »Ach Quatsch, ihr werdet super miteinander auskommen! Mach dir keine Sorgen!« Ermutigte er tatsächlich gerade seinen neuen Konkurrenten? Noch bevor er den Gedanken vollständig greifen konnte, summte sein Handy in seiner Hosentasche, und als er die Nachricht las, die er bekommen hatte, runzelte er überrascht die Stirn. Sie war von Uruha. ›Komm her.‹ Das war alles. Aoi starrte auf die Worte, für einen Moment unfähig, irgendetwas zu tun, dann setzte er sich in Bewegung. »Klo«, sagte er erklärend auf Rukis fragenden Blick, und steuerte die Tür zur Treppe an, obwohl der Fahrstuhl schneller gewesen wäre. Er wusste selbst nicht, warum er die anderen soeben angelogen hatte, doch er wollte nicht, dass sie wussten, dass er zu Uruha ging. Ein unangenehmes Gefühl formte sich in seinem Brustkorb, als er die Stufen zum Dach hinauf sprintete. 4 Stockwerke, was hatte er sich eigentlich dabei gedacht?! Sein Herz klopfte unangenehm schnell, als er endlich oben angekommen war und die Tür aufriss, die auf das flache Dach führte. Es überraschte ihn beinahe, dass sie überhaupt offen war, denn normalerweise kam niemand hierher. Im Sommer war es zu heiß ohne die Möglichkeit von Schatten, und im Winter kalt und windig. Nicht einmal zum Rauchen oder frische Luft schnappen kamen sie hier herauf. Dafür hatten sie den kleinen Hinterhof mit den gemütlichen Bänken und dem Getränkeautomaten. Hastig sah er sich um, noch immer mit klopfendem Herzen, nicht wissend, ob es an den 4 Stockwerken Treppe oder an dem unguten Gefühl lag, dass nur noch stärker wurde, als er Uruha nicht gleich entdeckte. Kurz stieg eine undefinierbare Panik in ihm auf, dann atmete er jedoch durch, als er den Gitarristen neben einem Lüftungsrohr hocken sah, das aus dem Boden ragte. Er schien die Tür nicht gehört zu haben, denn er bemerkte Aoi erst, als sich dieser ihm raschen Schrittes näherte. Seine Augen waren besorgniserregend gerötet, als habe er darin herumgerieben, doch noch bevor Aoi fragen konnte, was seine kryptische Nachricht zu bedeuten hatte, sprang Uruha auf und schloss seine Arme um Aoi. Der Schwarzhaarige holte überrascht Luft, als sich zwei starke Arme um seine Taille legten und er an den warmen Körper des anderen gepresst wurde, so fest, dass er beinahe keine Luft mehr bekam. Im ersten Impuls wollte er sich wehren, doch Uruhas Griff war unbarmherzig, und als er spürte, wie der größere Gitarrist sein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub, fiel jegliche Gegenwehr von seinen Körper ab. Ein unsicheres Lächeln formte sich auf einen Lippen, als er die Umarmung erwiderte, und er konnte spüren, wie Uruha bei der Berührung schwerer zu atmen begann. In Aois Kopf begannen die Gedanken zu schwirren und er öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sogleich wieder. Was ging hier vor? Uruhas Hände auf seinem Rücken schienen sich durch sein Shirt in seine Haut zu brennen und der abgehackte Atem an seinem Nacken jagte ihm beinahe im Sekundentakt kalte Schauer über den Rücken. Er war es gewöhnt, dass Uruha ihn in den unmöglichsten Augenblicken an die Wäsche wollte, doch dies war keiner dieser Momente. Uruha hielt ihn einfach nur fest, so fest, als würde er ihn vollkommen in sich hineinziehen wollen. Etwas war absolut nicht in Ordnung. »Es tut mir leid«, hörte er auf einmal die Stimme des anderen nah an seinem Ohr, doch sie war so leise, dass er sich beinahe nicht sicher war. Doch nur Sekunden später wiederholte Uruha die Worte. »Es tut mir leid, es tut mir so leid«, flüsterte er mit erstickter Stimme und Aoi fühlte, wie eine kalte Hand in seinem Inneren in Richtung seines Herzens zu kriechen begann. Er japste nach Luft, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Uruhas Lippen berührten flüchtig seinen Hals, als sie die Worte erneut flüsterten, diesmal so leise, dass Aoi sie ohne die Bewegung nicht einmal wahrgenommen hätte. Er fühlte, wie seine Hände zu zittern begannen und krallte sie fester in Uruhas Rücken, doch noch bevor er auch nur ansatzweise daran denken konnte, einen Satz zu artikulieren, fiel die Umarmung ebenso schnell von ihm ab, wie sie gekommen war. Uruha wich einen Schritt von ihm zurück und Aoi taumelte leicht, bevor er sich umdrehte, um zu sehen, worauf der andere starrte. Kai stand an der Eingangstür zum Dach und drückte sie hinter sich ins Schloss. Sein Blick war ebenso undefinierbar wie Uruhas, jedoch wirkte er nicht so aufgelöst wie der brünette Gitarrist. Seine eine Hand hielt die Türklinke fest umschlossen und sein Kiefer wirkte seltsam verspannt, als würde er mit aller Kraft die Zähne zusammenbeißen. Der Blickwechsel zwischen ihm und Uruha dauerte nur ein paar Sekunden, doch Aoi kam es wie Stunden vor. Dann stürmte Uruha an ihm vorbei, riss Kai die Türklinke aus der Hand und verschwand in dem dunklen Treppenhaus. Das laute Geräusch, als die Tür ins Schloss fiel, riss Aoi aus seiner Starrte, in die er gefallen war, ohne es überhaupt zu merken. Sein Herz flatterte so schnell, dass er glaubte, jeden Moment ohnmächtig zu werden, und als Kai sich ihm näherte, zuckte er erschrocken zurück, sich im nächsten Moment dafür furchtbar albern vorkommend. Doch auch Kai schien ihm keine Zeit geben zu wollen, die Situation auch nur annähernd zu verarbeiten. Die Umarmung, in die er ihn zog, war ebenso eng und innig wie Uruhas, doch sie hatte nicht die gleiche besitzergreifende Brutalität. Doch die Worte waren die selben. »Es tut mir leid, Aoi«, flüsterte der Drummer in sein Ohr und schloss seine Arme fester um ihn. Aoi biss sich auf die Unterlippe. Diesmal war er nicht mehr so gelähmt wie noch vor ein paar Momenten. Und noch bevor er überlegen konnte, was er gerade tat, hatte er Kai von sich gestoßen und funkelte ihn wütend an. »Erklär mir sofort, was das alles soll!«, rief er aufgebracht, ein wenig lauter als er eigentlich vorgehabt hatte. Er ballte die Fäuste, als er sah, wie Kai den Blick senkte, und spürte erneut die Finger der kalten Hand in seinem Inneren. Was passierte hier? Was dachten sie sich dabei, ihm zu sagen, es täte ihnen leid?! Was zur Hölle tat ihnen leid?! Seine Beine zitterten und er merkte, wie seine Atmung hastig wurde, doch Kai antwortete ihm nicht. Und je mehr Zeit verstrich, in der der Drummer auf den Boden starrte, umso mehr schwand die Hoffnung in Aoi. Was ging hier vor … Ein Klingeln ließ ihn zusammenfahren. Er wollte protestieren, als Kai sein Handy aus der Tasche zog und auf das Display sah, wollte das verdammte Gerät packen und vom Dach auf den Asphalt schmettern, doch er konnte sich nicht bewegen. Endlich hob Kai seinen Blick und lächelte ihn an, das selbe mühsame Lächeln wie vor ein paar Minuten, als Uruhas aus dem Büro in den Fahrstuhl gestürmt war. »Entschuldige. Es könnte etwas Wichtiges sein.« Tbc. Ich gebe jetzt schon mal die Warnung raus, dass in dieser FF noch etliche Kapitel kommen werden! XD Es kommt noch einiges auf euch zu! Kazuki ist unerwartet schüchtern. Ob dieser erste Eindruck richtig ist? Ich habe ihn übrigens letztes Jahr in Tokyo in einer relativ kleinen Halle gesehen, deshalb ziemlich nah, und muss sagen: dieser Junge ist einer der hübschesten Menschen auf diesem Planeten. Gefällt es euch, dass ich wöchentlich update? Ich weiß nicht, wie lange ich das durchhalten kann, da bald sehr viele Termine haben werde, aber zur Zeit funktioniert es. ^^ Ich update meistens Sonntag, da ich am Wochenende nochmal ordentlich Korrektur lese, was ich vorher geschrieben habe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)