No Dream Can Heal A Broken Heart von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Er brauchte einen Moment um zu begreifen, dass die Stimme Dai gehörte. Dem rothaarigen Tierpfleger, der sich um das Affenhaus kümmerte, der vorwitzige, immer gut gelaunte Möchtegernheld, der immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hatte und mit Flachwitzen nur so um sich warf. Deshalb wunderte ihn die Ernsthaftigkeit auch im ersten Moment, die so gar nicht zu dem Bild passte, dass er sich von diesem Kerl gemacht hatte. Aber in den dunklen Augen glitzerte auch nicht wie sonst der Schalk, was Kyo noch ein wenig mehr verunsicherte und ihn zu der Annahme bewog, dass Dai die Worte wohl wirklich ernst meinte. Er wusste nicht, wie lange Dai schon dort gestanden und ihn beobachtet hatte, aber der Beisatz des Rothaarigen passte ihm überhaupt nicht und wenn er ehrlich war, hätte er jetzt lieber ein verschmitztes Lachen auf den Lippen des Älteren gesehen. Hätte das doch bedeutet, dass er sich nur lustig über ihn machte. Aber so… Seine Unsicherheit währte aber nicht lange, dann schnaubte er leise. „Als wenn ich das nicht wüsste… ich habe mich lediglich davon überzeugt, dass sie die Operation gut überstanden hat, mehr nicht“, erklärte er mit kühler Stimme. Auch wenn es eine einzige Lüge war, die in seinem Inneren brannte. „Ach so…“, war alles, was der Rothaarige nun herausbrachte und Kyo nutzte diesen Moment der, um an ihm vorbeizugehen. „Bis später zum Rundgang“, war alles, was er noch sagte, ehe er die Tür aufstieß. Kurz blieb er geblendet stehen. Die Sonne war inzwischen aufgegangen und schickte ihre Strahlen über den Rand der Bäume, trieb die morgendliche Frische auf den Boden. Fröstelnd rieb der Blonde die Hände aneinander und betrachtete einen Moment das Schattenspiel, das sich ihm bot, ehe er sein Fahrrad nahm und zurück zur Praxis radelte. Als er es in den Ständer schob, brannte schon Licht. Kaoru war also schon da. Er presste die Lippen aufeinander und seufzte innerlich. Er war noch nie zu spät gekommen. Und eigentlich war er das jetzt auch nicht, aber das würde Kaoru denken. Und es ihm zu erklären wäre zu umständlich. Würde Gefühlsäußerungen von ihm verlangen, die er heute wirklich nicht mehr zeigen wollte. Und so straffte er die Schultern und öffnete die Tür, machte sich bereit auf ein kleines Donnerwetter. Kaoru hasste Unpünktlichkeit. Sein Chef stand über seinen Koffer gebeugt und inspizierte ihn, ohne Kyo zu bemerken und auch als der leise grüßte, reagierte der Ältere nur mit einem leisen Brummen. „Haben wir noch Ketamin im Schrank?“, fragte er und strich sich die langen Haare nach hinten. Sofort eilte Kyo zum Schrank, um ihm das Fläschchen mit dem Narkosemittel zu reichen. „3 Ampullen sind noch da… soll ich welches bestellen?“, fragte er, aber Kaoru blieb ihm eine Antwort schuldig, verstaute lediglich das Medikament in seinem Koffer, kontrollierte jenen noch ein weiteres Mal, ehe er ihn endlich zuklappte. „Du bist zu spät…“ „Ich weiß“, erwiderte Kyo leise. Diese einfache Feststellung war fast noch schlimmer als die Standpauke, die er erwartet hatte. „Nächstes Mal arbeitest du jede Minute ab, die du zu spät kommst!“, grollte Kaoru leise, aber als Kyo seinen Blick erwiderte, sah er ein leichtes Lächeln auf dessen Lippen und atmete auf. Sein Chef war nicht sauer auf ihn. „Wir haben heute neben dem Rundgang auch noch die Flamingos auf dem Programm… Flugfedern stutzen, Ringe kontrollieren, auf etwaige Verletzungen achten und natürlich die beiden Jungtiere beringen “, betete Kaoru nun herunter und Kyo versuchte sich alles so gut wie er konnte zu merken. Immerhin war er dafür zuständig, dass alles, was sie an Instrumenten, Geräten und Materialien brauchten, bereit und vor allem vor Ort war. „Das mit den Flamingos machen wir nach dem Rundgang… und wenn wir damit fertig sind kannst du noch mal ins Affenhaus, Dai meinte einer der Schimpansen hat eine Verletzung an der Hand. Ich will das Tier nicht unbedingt in Narkose legen, also schau dir das genau an…vielleicht geht’s ja auch ohne…“ Kyo nickte und auch wenn ihn seine Aufgabe ins Affenhaus und direkt zu Dai führen würde, freute er sich darauf. Es kam noch nicht oft vor, dass er eigene Aufgaben bekam, die er komplett ohne Kaoru zu erledigen hatte und es war für ihn ein Beweis für seine gute Arbeit. „Gut… dann lass uns los“, holte Kaoru ihn aus der kurzen Träumerei und er nickte, nahm den Koffer und den dicken Aktenordner, in dem alle Tiere verzeichnet waren und den er zu führen hatte. Mit dem Fahrrad ging es quer durch den Zoo, in dem das Leben nach und nach erwachte. Nun liefen überall die Pfleger herum, schoben Schubkarren voller Mist oder Futter durch die Gegend. Kaoru nickte einigen von ihnen zu, beachtete aber den Großteil nicht und Kyo tat es ihm gleich. Zum Glück hatte er mit vielen Pflegern gar keinen Kontakt, das verringerte die Zahl, mit denen er kommunizieren musste. Wie immer begann Kaoru seine morgendliche Visite im neuen Afrikahaus, ließ sich von den beiden Pflegern schildern, was es an Auffälligkeiten und Neuigkeiten gab, während Kyo sich die Kladde nahm und sich Notizen machte. Meistens war nichts Besonderes zu notieren und den Tieren ging es gut, nur hin und wieder mussten sie schon bei ihrem Rundgang einzelne Tiere ansehen. Heute aber war alles in Ordnung und nachdem sie auch dem Raubtierhaus einen Besuch abgestattet hatten, fuhr der Blonde seinem Mentor hinterher zum Affenhaus. Ein leichtes Brennen breitete sich in seinem Inneren aus, als sie das Haus auf der Suche nach Dai durchquerten und dabei am Gibbon-Gehege vorbeikamen. Dana und ihr Partner hatten inzwischen ihr Futter bekommen, doch während das Männchen voller Appetit zuschlug und sich das kleingeschnittene Obst schmecken ließ, saß sie neben ihm und drückte noch immer das kleine Bündel aus Stoff an ihre Brust. Doch bevor er sich zu sehr in diesem Anblick verfangen konnte, kam Dai um die Ecke und lächelte entschuldigend. „Tut mir leid, ich war noch bei den Schimpansen“, erklärte er und Kaoru nickte verstehend. „Wie geht es ihr?“, fragte er und deutete auf das Gibbonweibchen. Das Lächeln auf den Lippen des Rothaarigen verschwand, wie Kyo bemerkte und Dai seufzte leise. „Nicht ganz so gut… sie frisst nur wenig und ist noch immer apathisch… das Tuch lässt sie nicht einmal beim Schlafen los…“; erklärte er und Kyo machte sich Notizen, während sein Mentor prüfend in das Gehege blickte und den Affen beobachtete. „Der Tod des Kleinen ist jetzt 5 Tage her…wenn sie in 2 Tagen noch nicht von selber aufhört zu trauern, geben wir ihr ein leichtes Antidepressivum… das sollte ihr helfen“, diktierte er Kyo, der auch dies vermerkte. Eigentlich war er gegen die Gabe von Medikamenten, die sich stimulierend auf die Affen auswirkten, aber in diesem Fall musste er seinem Mentor zustimmen. Wenn Dana nicht von alleine wieder auf die Beine kam, musste man ihr helfen. Das war wie bei den Menschen. Nur würde Dana niemand fragen, ob sie diese Hilfe auch wollte. Genauso, wie sie niemand gefragt hatte, ob sie dieses Leben wollte. Kyo seufzte innerlich. Ihn hatte auch niemand gefragt. Bevor er sich aber in diesen trüben und zu Nichts führenden Gedanken verlieren konnte, bugsierten ihn Dais laute und ausholende Ausführungen über die anderen Affen wieder in die Wirklichkeit zurück. Genau diese Art hasste er. Man konnte auch mit vielen Worten nichts sagen. Vielleicht stand der Rothaarige deshalb in seiner Gunst nicht sehr weit oben. „Hast du alles notiert?“ Kaoru. Er nickte hastig und füllte die letzten Zeilen aus, ehe er Dai zunickte, das breite Lächeln des Älteren gekonnt ignorierte und seinem Mentor hinterher eilte. Irgendwie war heute nicht sein Tag. Er hatte Mühe, sich zu konzentrieren und der sonst so spannende Rundgang war für ihn heute eher ein Spießrutenlauf. Überall waren Menschen, die ihm Fragen stellten, die ihm etwas erzählten und denen er Aufmerksamkeit schenken musste. Mehr als froh kehrte er schließlich mit Kaoru zur Praxis zurück, nachdem sie auch das Raubtierhaus besucht hatten. Kenya, dem trächtigen Ozelotweibchen ging es gut, auch wenn die Trächtigkeit nun deutlich an ihren Kräften zu zehren begann. Aber wenn alles so lief wie erwartet, würde sie Anfang der nächsten Woche in ihre Wurfbox einziehen und dort ihre Jungen zur Welt bringen. Bei seiner Frühstückspause verlor sich Kyo wieder in seinen Gedanken, während Kaoru ihm gegenüber wie gewohnt die Zeitung studierte. Doch dieses Mal drehten sie sich nicht um Dana, Dai oder den Zoo, sondern um seine berufliche Zukunft. Um seinen Traum, endlich Tierarzt mit einer eigenen kleinen Praxis in irgendeinem kleinen Zoo zu werden. 8 Semester hatte er schon geschafft und seinem Traum standen nur noch dieses Jahr und die Prüfung im Weg. Und danach… er lächelte kurz. Er würde sich selbstständig machen. Er würde von Niemandem mehr abhängig sein, der über ihn und seine Zukunft entschied. Er würde sich nur noch mit den Menschen umgeben, die ihm gut taten, die ihn nicht einengten, ihn nicht mit unwichtigen Dingen nervten. Die Gedanken steigerten seine Laune merklich und als Kaoru die Zeitung zur Seite legte, räumte er kurz die Kaffeetassen weg und holte aus dem Lagerraum die nun benötigten Ringe für die Flamingos. Zwar waren das nicht unbedingt seine Lieblingstiere, aber die Arbeit würde bedeuten, dass er sich mit Niemandem, außer Kaoru unterhalten musste. Ganz so einfach, wie er es sich vorgestellt hatte, war die Arbeit mit den Flamingos dann doch nicht. Und auch wenn er mit Gummistiefeln ausgestattet in das Gehege stiefelte, dauerte es keine Minute, bis er zum ersten Mal im Dreck landete und der Vogel ihm kreischend entkam. Kaoru besah sich die Show eine ganze Zeit lang grinsend, ehe er ihm zur Hilfe kam und mit dem richtigen Handgriff ging es dann doch viel besser. Die Klamotten waren trotzdem hin und allzu gut riechen tat er nun auch nicht mehr, dafür verging die Zeit mehr als schnell und als Kaoru endlich den letzten Ring um den Fuß des Jungvogels schloss, war es schon kurz nach 2. Noch etwas mehr als 2 Stunden trennten Kyo von seinem Feierabend und dieses Mal freute er sich wirklich darauf. Seine Knochen schmerzten nach dem Fangen der flinken Vögel, er war nass und voller Matsch und hatte erst zuhause die Möglichkeit wieder zu duschen, wollte er nicht die Gemeinschaftsdusche im Mitarbeiterhaus benutzen. Also wusch er sich in der Praxis nur kurz den Dreck von Gesicht und Händen und wechselte den Pullover, ehe er wieder aufs Rad stieg und seiner letzten Aufgabe für heute entgegenfuhr. Die Schimpansen waren alle im Außengehege verstreut und Kyo atmete erleichtert auf. Das bedeutete zwar, dass er die Besucher um sich hatte, aber nicht Dai. 2 Begegnungen reichten ihm heute definitiv, vor allem, da er den Älteren heute überhaupt nicht einschätzen konnte. Dieses warme Lächeln zum Abschied hatte ein Gefühl in ihm ausgelöst, das er nicht einordnen konnte und er wollte auch nicht darüber nachdenken müssen. Nach kurzer Zeit fand er einen geeigneten Platz nahe des Zauns, von dem aus er das gesamte Schimpansengehege überblicken konnte, kletterte über die Absperrung, die die Besucher davon abhielt, zu nah an das Gehege zu kommen und ließ sich im Schneidersitz nieder. Lange brauchte er nicht zu suchen. Das verletzte Tier saß inmitten der Gruppe und ließ sich von einem der älteren Tiere lausen. Und auch wenn er von hier sehen konnte, dass der Affe seine Hand schonte, sah die Verletzung nicht allzu schlimm aus. Und mit ein wenig Antibiotika im Essen würde auch die Gefahr einer Infektion gemindert werden. Noch einen Moment länger als nötig blieb er sitzen, genoss die warme Sonne in seinem Rücken und die Laute der Affen, die das ständige Rauschen der menschlichen Geräusche übertönten. Erst als die Sonne ihm den Nacken zu verbrennen drohte, erhob sich der Blonde wieder, streckte sich kurz und machte sich dann auf den Weg zurück. Kaoru war nicht in der Praxis, aber das wunderte Kyo nicht. Oftmals machte der Ältere früher Schluss und so schrieb er nur kurz seinen Bericht über den verletzten Schimpansen, schloss dann die Praxis ab und rieb sich den Nacken, ehe er sich auf den Weg nach Hause machte. Er brauchte unbedingt eine heiße Dusche. Und Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)