Heartbeat von Autumn (Kyman, Stenny, Creek, Tyde u. a. (KAPITEL 12 IST DA!!!)) ================================================================================ Kapitel 1: Ghost - Nachricht von Ken ------------------------------------ Kapitel 1: Ghost - Nachricht von Ken Hm. Mal schauen. Toter Körper? Check. Da liegt er - soll heißen, da liege ich, oder das, was von mir übrig ist, nachdem dieser verdammte Strommast mich zerquetscht hat. Durchsichtige Seelengestalt? Check. Aber komischerweise bin ich noch nicht damit beschäftigt, nach oben oder unten abzuwandern, ich geistere nur blöd in der Gegend herum und nichts tut sich, kein himmlischer Chor erklingt und Stimmen der Verdammnis sind auch keine zu hören. Offensichtlich bin ich schon wieder nur eine Art Gespenst, das zwischen den beiden Sphären herumirren darf, weil Himmel und Hölle gerade keinen Bock auf mich haben oder so. Es ist sowieso ein ständiges Glücksspiel, wo genau ich lande, wenn ich wieder einmal abgenibbelt bin. Manchmal steige ich schnurstracks in den Himmel auf, manchmal falle ich direkt in die Hölle und manchmal... tja, manchmal passiert nichts davon und ich bleibe als gestrandete Seele auf der Erde zurück. Warum? Leute. Nur so zur Info: Auch wenn man, so wie ich, mit Gott und Satan perdu ist, wollen die einen nicht unbedingt immer vor der Nase haben, also parken die mich ab und an gerne auf dem Zwischendeck, kapiert? Gut. Na, ich kann nicht sagen, dass mich das groß stört - ich meine, okay, Gott ist irgendwie schon schwer in Ordnung, es schwirren Milliarden von sexy Engeln durch die abgehobenen Hallen, man kriegt Milch und Honigbrot bis man platzt und man kann PSP spielen bis zum Abwinken, und bei Satan gibt‘s knackige Dämonen in Lack und Leder, fast jeden Abend ‘nen Tanz ums Fegefeuer und wenn Damien zu Hause ist, wackelt die ganze Unterwelt und man kann essen und saufen, bis man tot umfällt... wenn man‘s nicht bereits wäre... aber: Den meisten Spaß hat man, wenn man als Geist herumspuken darf. In diesem Zustand kann man alles sehen und hören, aber dich kann niemand wahrnehmen! Ehrlich, das ist wirklich richtig geil. Zum Beispiel kann ich die Mädchen in der Umkleidekabine besuchen und keine merkt es! Das wird auch nie langweilig. Titten werden mich nie langweilen, besonders nicht die von Bebe... oder, noch besser, ich beobachte sie beim Duschen! Und ja, ich mache das bei den Jungs genauso... Seit ich weiß, dass ich bi bin, genieße ich es, mich weder in meinen Fantasien noch sonst wie einschränken zu müssen. Ein heißer Arsch ist ‘n heißer Arsch, egal, ob er an ‘ner Frau oder ‘nem Kerl hängt. Das einzige, was mich im Moment ankotzt, ist die Tatsache, dass ich nicht bei It im Unterricht aufkreuzen werde - und It wird mir dafür ein Nachsitzen aufbrummen, das sich gewaschen hat, jede Wette. Aufgrund meiner „häufigen Abwesenheit", wie It das so hübsch formuliert (ich würde es ja „chronisches Ableben" nennen), halte ich den Rekord im Nachsitzen... bitte nicht nachmachen, liebe Kinder. Das mit dem Nachsitzen. Und natürlich das mit dem Ableben. Ich bin ja gespannt, wie lange ich diesmal tot sein werde. Hoffentlich lange genug, um den beschissenen Mathetest zu verpassen. Ich lasse also meine verstorbene Hülle zurück und schwebe Richtung Schule. Wieso schweben? Tse, seid Ihr tatsächlich so doof oder war das ein verzweifelter Versuch, witzig zu sein? Ich bin ein Geist, verdammt! Ich gehe nicht zu Fuß, ich schwebe, ist das klar!? Mann, Mann, Mann, was ist das für ‘ne beschissene Frage?! Idioten. So circa ‘ne halbe Stunde später taucht das altbekannte Gebäude der Marteranstalt vor mir auf. Neben der Grundschule gibt es nur eine einzige weiterführende Schule in diesem Kaff, eine Verbindung aus Senior- und Junior High School, die wegen des notorischen Lehrermangels regelmäßig Pauker aus der Grundschule herbeizitiert, damit ja keiner auch nur eine popelige Freistunde bekommt. Genau das ist der Grund, warum It uns immer noch mit seinen/ihren Launen quälen darf, die schlimmer schwanken als ich, wenn ich mir zwei Flaschen Wodka hinter die Binde gekippt habe. Das allgemeine Geschrei ist riesig. Die Mittelschüler (im Nachfolgenden das „Gemüse" genannt) in ihrer vollen pubertierenden Pracht bilden den Bodensatz dieser hochgeschätzten Bildungsstätte. Gemüse zwischen 12 und 14 hat hier rein gar nichts zu sagen, kapiert? Gemüse ist unwichtig. Gemüse wird erst wahrgenommen, wenn es zum High School-Freshman herangewachsen ist (für alle Unwissenden unter Euch: ab der neunten Klasse). Und selbst dann bleibt man möglicherweise ein Nichts. So funktioniert die High School - es ist die härteste Hierarchie der Welt. Bestes Beispiel: Ich. Mein Gesamtstatus an der Park School ist mittelprächtig. Wieso? Punkt 1: Ich bin ein armes Schwein. Ich habe nichts und leiste mir nur...in jeder Beziehung, und das geht selten gut aus. Ich kann niemanden mit coolen Markenklamotten oder technischem Schnickschnack beeindrucken; der Laptop, den ich mal hatte, ist inzwischen schrottreif und taugt nur noch als Staubfänger, ich besitze kein Handy und der einzige fahrbare Untersatz, der mir zur Verfügung steht, ist mein uralter vergammelter Roller. Wenn man die höchste Position in der Rangliste mit Zehn bewertet, bin ich wegen meiner Armut und meines Nicht-Angesagt-Seins im materiellen Bereich eine Null. So ziemlich. Aber: Laut Punkt 2 ist das eigentlich halb so schlimm. Weil ich nämlich heiß bin. Okay, ich sehe nicht besonders ordentlich aus, aber ich bin groß, schlank, an den wünschenswerten Stellen wohlgeformt (Yeah, Baby! Sex ist ein super Training!), mein Haar ist goldblond und meine Augen blau, und zwar so richtig himmelblau. Ich habe ‘ne Menge Erfahrung und genausoviel Charme. Soll heißen, (fast) alle Frauen liegen mir zu Füßen und etliche scharfe Typen auch, obwohl ich natürlich nicht mit unserem Idol mithalten kann (wer kann das schon?). Offiziell bin ich eine Acht (= äußerst attraktiv; wen‘s interessiert, es gibt tatsächlich eine Liste, mit der sich der Gesamtstatus errechnen lässt. Die hier ist für‘s Äußere: 0 = Hässlich, 1 = Erträgliches Aussehen, 2 = Mäßiges Aussehen, 3 = Bescheidenes Aussehen, 4 = Nettes Aussehen, 5 = Gutes Aussehen, 6 = Attraktiv, 7 = Sehr attraktiv, und 9 = Extrem attraktiv, 10 = Schön. Fabriziert wurde das Ding von den Mädchen der Schülerzeitung und es steht in jeder verdammten Ausgabe auf der letzten Seite, die aktuell heißtesten Jungs in Klammern!). Und nun zu Punkt 3: Sportlich betrachtet bin ich auch nicht gerade der Hit. Herkunft, Aussehen und Sportlichkeit sind so ziemlich die bedeutendsten Kriterien, um diese Scheiße namens High School einigermaßen unbeschadet zu überleben...oder eben nicht. Und der einzige Sport, in dem ich wirklich ein As bin, ist...öh...na ja, Sex. Dummerweise zählt das nicht (wieso nicht!?!). Ich bin nicht schlecht, aber auch nicht gut, also bloß Durchschnitt (um im System zu bleiben: Das ist eine 3) - und Durchschnittsware wird nicht in Sport-AGs und erst recht nicht in eine der Schulmannschaften aufgenommen. Mein Gesamtstatus (kurz GS) ist daher Vier (0+8+3 = 11, 11:3 = 3,66), was so viel heißt wie „einigermaßen beliebt". Und wenn Ihr jetzt denkt, dass niemand so eine gequirlte Kacke ernstnehmen kann, dann täuscht Ihr Euch, und zwar gewaltig! Ja, ich werde gnadenlos angebetet von allem, was wild und willig ist, aber jeder einzelne von denen hat selbst einen niedrigen Status (okay, nicht alle, aber die meisten). Die kommen an mich ran und ich an sie, aber von weiter oben kommt keiner runter zu mir und ich nicht rauf. Was ich damit meine? Puh. Also nochmal für Blöde, illustriert an jener Dame, die in dieser Sekunde um die Ecke biegt: Bebe Stevens. Ihre Markenzeichen sind ihre üppige blonde Löwenmähne und ihre beiden berühmt-berüchtigten echten D-Cup-Brüste. Sie ist der Kapitän der Cheerleader und eine Sechs oder Sieben (= sehr bis äußerst beliebt), genau weiß ich es nicht. Egal, worauf ich hinaus will, ist - ich hatte sie noch nie in der Kiste. Noch nie, nie, nie! Ich hab‘s versucht, ehrlich... schließlich hat meinereiner einen Ruf zu verlieren. Aber nix. Vermutlich hätte ich mit einer Schaufensterpuppe mehr Glück gehabt. Sie war nett und freundlich, als sie mir den Korb gegeben hat, aber, heilige Scheiße, wie oft passiert das MIR!?! Danach hab‘ ich es in einem Anfall von Größenwahn nochmal versucht, diesmal bei der Star-Reporterin (ich schwöre, demnächst wird sie Chefredakteurin oder sowas) unseres Käseblatts, the one-and-only Wendy Testaburger, ansprechendes B-Cup, langes schwarzes Haar, große braune Augen und eine gemeingefährliche Feder auf der Hand, vor der sich inzwischen sogar die Lehrer fürchten. Wen Wendy einmal in den Zeilen eines ihrer Artikel zerrieben hat, der ist tot und bleibt es. Sie war genauso nett wie Bebe (die nach wie vor ihre beste Freundin ist, wohlgemerkt, eine der wenigen Mädchenfreundschaften aus unserer Kinderzeit, die gehalten hat), ich war um einen Korb reicher und außerdem davon kuriert, Frauen aus der Oberliga flachlegen zu wollen. Hä? Was hat Stanley damit zu tun? Ach so, Ihr meint, weil er mal mit Wendy zusammen war und mich einen Kopf kürzer hätte machen können? Nein. Stimmt schon, er war mal mit ihr zusammen. In der Grundschule, Leute. Bevor sein Körper angefangen hat, Sexualhormone zu entwickeln (Ich bin eine Ausnahme, Ihr Trottel! Ich hatte immer schon Sexualhormone, weiß der Teufel, warum!) Als Mr. Marsh in die holde Zeit der Pubertät eintrat, war‘s aus und vorbei. Er ist schwul. Nicht mal bi, so wie ich. Schwul. Schwul wie in Gay. Queer. Homo. Ob er geschockt war? Ja, ziemlich. Okay, er hatte nicht viel Zeit, sich auf die Erkenntnis vorzubereiten, weil... Wendy hat in der achten Klasse endgültig mit ihm Schluss gemacht (vorher war das so ‘ne On-Off-Beziehung). Und ihre Begründung? „Stan... ich glaube, du bist schwul." Das fand er nicht besonders komisch. Er ist damals in Ohnmacht gefallen. Hinterher hatte er wieder eine Goth-Phase, in der er zu sowas ähnlichem wie dem neuen Anführer der Goths mutierte. Hat wegen seiner zweiten großen Liebe, der Musik, allerdings nicht lange gedauert. Und das mit dem Schwulsein bekam er auch unerwartet schnell auf die Reihe (ich persönlich war nicht sehr überrascht - er spielt Gitarre, singt doofe Liedchen und tanzt, seit er acht oder neun ist, er liebt Tiere und wird dabei zu ‘nem absoluten Hippie-Weichei...ach ja, und er ist im Grunde der emotionalste von meinen Kumpels. Schwul. Definitiv.). Vielleicht hat er sich das auch gedacht. Jedenfalls blieb er von da an bei der Gitarre und den doofen Liedchen. ...Tse. Schön. Ich bin nicht ganz ehrlich. Jetzt sind es keine doofen Liedchen mehr. Stanley spielt super. Obwohl ich das wirklich nur ungern zugebe. Seine Eltern haben ihm zu seinem fünfzehnten Geburtstag eine E-Gitarre geschenkt und auf dem Teil rockt er richtig ab, wenn er will. Und wie er singt... ah, ich hasse mich dafür, dass ich das sage, aber... seine Stimme geht runter wie Schokoladensirup. Tief und weich und sanft, wenn er Balladen singt, kräftig und klar und voller Power, wenn es was Flottes ist... Bisher hat er in seinem Repertoire leider noch keine Songs mit zweideutigen Texten, da er sein altes Problem noch nicht ganz unter Kontrolle hat. Welches Problem? Na, er musste doch früher ständig kotzen, wenn irgendwas auch nur annähernd sexuell war. Das mit dem Kotzen ist in den letzten Jahren weitgehend verschwunden, aber ihm wird immer noch übel, wenn es sich um sexuelle Dinge handelt. Also kann er nicht darüber singen, denn es könnte... unglücklich enden, wenn Ihr versteht. Was ich ein bisschen bedaure. Seine umwerfende Stimme, kombiniert mit einem mehr oder weniger schmutzigen Text? Ich gehe jede Wette ein, dass er sexy und sinnlich klingen würde, eben so richtig geil. Ernsthaft. Man würde vermutlich ‘nen Orgasmus kriegen, nur vom Zuhören. Ich zumindest. Aussehenstechnisch ist Stan genauso top. Er ist so groß wie ich (1 Meter 83 bitte! Ich lege Wert auf jeden Zentimeter - nicht nur in diesem Fall!) und hat auch blaue Augen, aber seine sind mehr dunkelblau, fast saphirfarben... und unergründlich, wie das Meer... man könnte in ihnen ertrinken...äh... wo war ich??? Ach ja: Und seine Haare sind schwarz, was zu seinen Augen wirklich außerordentlich gut aussieht... Er ist selbstverständlich eine Acht (wehe, es gibt irgend jemanden unter Euch, der über diesen Punkt zu diskutieren wagt!). Seine Superfigur nicht zu vergessen. Er spielt als Stürmer links außen in der Soccermannschaft und das ganze Herumgerenne macht sich echt bezahlt... diese Beine... und die Hüften... und dieser verdammte Knackarsch...! Und seine Nippel... Mein Gott, diese Nippel... ehem, klar, die bekommt er nicht durchs Rumrennen, aber sie sind trotzdem irre. Ich schwöre, ich hab‘ bei einem Kerl noch nie so perfekte Nippel gesehen! Eigentlich noch nich‘ mal bei ‘ner Frau... Sie sind perfekt rund, haben die perfekte Größe, die perfekte Farbe, die perfekte Festigkeit... zumindest sehen sie so aus, angefasst habe ich sie bisher noch nicht... leider... ... Jetzt hab‘ ich schon wieder den Faden verloren. Was wollte ich sagen? Genau: Also, nicht, dass Ihr glaubt, ich will was von ihm, oder so! Stanley ist einer meiner besten Freunde. Die sind tabu, soll heißen, kein Bettmaterial. Ich hab‘ wenige Prinzipien, aber doch Prinzipien. Ich will keine Beziehung. Ich will Sex. Basta und aus. Ich will in dieser Hinsicht keine Verpflichtungen eingehen. Bei Leuten, die man nicht kennt, funktioniert das. Bei langjährigen Freunden nicht, denn die Freundschaft an sich stellt bereits eine Verpflichtung dar. Freundschaften und Sex trenne ich sauber. Außerdem würde Stan, der arme Junge, schon bei der bloßen Erwähnung einer „Anfrage" grün anlaufen... He, dieses Auto, das sich gerade auf den Schülerparkplatz schiebt...das ist doch...? Jep, das ist Kyle, Kyle Broflovski, einer der wenigen, denen sämtliche Unis des Landes hinterher sabbern. Einer der wenigen, der weiß, dass jedes berühmte College ihn mit Kusshand nehmen würde. Obwohl es ihn so, wie er ist, eigentlich nicht geben dürfte. Wieso? Habt Ihr keine Augen im Kopf!? Er ist hochintelligent und sieht auch noch toll aus. Das setzt eine der wichtigsten High School-Regeln außer Kraft, nämlich Gute Noten+Bücher+Brille = Streber. Ein Streber darf nicht toll aussehen, das ist vorgeschrieben. Streber dürfen auch kein Selbstbewusstsein haben oder schlagfertig sein oder gar sportlich. Denkste. Auftritt Kyle, der wandelnde Widerspruch. Note A in sämtlichen Fächern? Check. Leidenschaftliche Leseratte? Check. Kultiviert, gebildet (viel mehr, als ich je sein werde)? Check. Auf dieser Seite schreit alles Streber. Und auf der anderen? Er ist Mitglied im Judoclub und zerlegt Rowdys innerhalb von Sekunden in mundgerechte Häppchen. Er hat rote Locken (und zwar richtig rot, nicht dieses lasche Orangerot, das viele andere Vertreter dieser Haarfarbe aufweisen), grüne Augen und eine Haut wie aus Porzellan. Sogar auf die traditionellen Sommersprossen muss man verzichten, sein Teint ist makellos. Und statt der eingangs erwähnten Brille trägt er Kontaktlinsen. Das ist mit seinen Streberqualitäten nicht zu vereinbaren. Seine 1,78 m machen ihn zum Kleinsten meiner drei Freunde, aber das besagt gar nichts. Eine Stange Dynamit ist auch nicht groß - und Kyles Temperament kann so anheimelnd sein wie ein Weltuntergang. Ansonsten ist er aber ein netter Kerl, auf den man sich immer verlassen kann. Uh oh. Ich muss mich korrigieren, Kyles Nettigkeit dürfte gleich im Klo runtergespült werden, er ist nämlich alles andere als nett, wenn sein persönlicher Erzfeind auftaucht. Und dieses Motorrad, das jetzt neben ihm einparkt... sieht verdächtig wie das von Eric aus. Nein, ich bin nicht krank. Ich bin bloß tot und daran gewöhnt man sich... nein, verrückt bin ich auch nicht, stellt Euch vor! Also hört auf, mich anzuglotzen wie‘n paar Kühe, wenn‘s donnert! Ich benutze seinen Vornamen schon ‘ne ganze Weile! Ich meine, schließlich sind wir tatsächlich mehr oder weniger sowas ähnliches wie beste Freunde und Eric findet es wider Erwarten durchaus nicht so toll, dass ihn jeder nur mit seinem Nachnamen anredet. Er steigt ab. Ich bin zu weit entfernt, um zu hören, was er sagt, aber es muss was Fieses gewesen sein, weil Kyle was Fieses zurück brüllt. „Halt die Schnauze, Blödarsch!!!" Okay, nicht so wirklich richtig fies - ich schätze, das war nur ihre übliche Routinebegrüßung. Daher der normale Umgangston (für Eric/Kyle-Verhältnisse). Höh? Ach so, das meint Ihr. Nein, nix Fettarsch. Es ist vorbei mit „Fettarsch", weil er keiner mehr ist. ... Ihr seht aus wie Hühner im Gewitterregen. Das schockt Euch total, oder? Kann ich verstehen. War für uns auch ein ziemlicher Schock. Da muss ich etwas weiter ausholen: Zu Beginn der sechsten Klasse hatte Eric es sich in den Kopf gesetzt, ins Footballteam der Schule aufgenommen zu werden. Ich habe keinen blassen Schimmer, was ihn plötzlich so besonders daran interessiert hat, weil für ihn bis dato jeder Sport eine bescheuerte und nutzlose Anstrengung war (obwohl ich zugebe, dass Football die einzige Sportart ist, die wirklich zu ihm passt - es ist ein sehr strategisches Spiel, was seinem verschlagenen Verstand vermutlich gefällt, man muss den Gegner austricksen können und die Bereitschaft, ein bisschen rücksichtslos zu sein, schadet nicht unbedingt. Tja...). Aber egal, jedenfalls wollte er es... und wir wissen alle, wie Eric Cartman drauf ist, wenn er sich erstmal was in den Kopf gesetzt hat. Er zieht es durch und zwar um jeden Preis. Und der Coach war gar nicht abgeneigt, denn Eric war für seine zwölf Jahre verhältnismäßig groß und schwer (keine Überraschung hier). Er wollte ihm die Position als Tackle in der Offense (Angriff) geben, der zu den Offensive Linemen gehört (ich erkläre das in meiner nicht unbegründeten Annahme, dass American Football nichts ist, mit dem Ihr Euch gut auskennt) und dessen Aufgabe es ist, den Quarterback vor der Defense (Verteidigung) der Gegner zu schützen und bei Laufspielzügen den Weg des Ballträgers frei zu blocken. Super, denkt Ihr? Nun, Eric war nicht damit einverstanden. Die Position ist wichtig und kräftezehrend, aber sie hat selten die Aufmerksamkeit des Publikums, was sie reichlich undankbar macht. Eindeutig nichts für unseren Möchtegern-Nazi, er wollte natürlich ins Rampenlicht - als Quarterback. Ihr bemerkt die Schwierigkeit? Nein? Urgh. Ihr fangt an, mir auf den Sack zu gehen, ehrlich! Nicht nur, dass Ihr Fangirls sowieso schon gemeingefährlich seid, Ihr habt unheimliche Fähigkeiten (zum Beispiel könnt Ihr mich sehen! Bitte, wie abgefuckt ist das denn!?!) und dass Ihr Euch freiwillig an einen Ort wie South Park begebt, das... na ja, das spricht für sich. Aber dann von Tuten und Blasen keine Ahnung haben... Worauf ich hinauswollte: Ein Quarterback ist der Kopf der Offense, der Spielemacher sozusagen. Er muss den nächsten Spielzug, der vom Trainer festgelegt wurde, seinem Team vermitteln und ihn dann umsetzen. Noch vor und auch während der Ausführung muss ein guter Quarterback in der Lage sein, den geplanten Spielzug an die Gegebenheiten und die Reaktionen der gegnerischen Defense anzupassen und die beste ihm zur Verfügung stehende Option auswählen. Das verlangt Köpfchen... deshalb ist es mir auch schleierhaft, warum gerade Quarterbacks in ihren High-School-Seifenopern-Verkörperungen immer als Trottel vom Dienst dargestellt werden. Vermutlich verkauft es sich besser, knietief in Klischees zu waten, was weiß denn ich... Um endlich zum Punkt zu kommen (ich schweife immer so leicht ab), abgesehen davon sollte ein Quarterback gute Pässe werfen, und, im Falle eines Scramblings (so nennt man es, wenn der QB zu rennen anfängt, anstatt den Ball zu passen), schnell genug laufen können, um einen Touchdown zu erzielen. Nun wirft es sich nich‘ so besonders, wenn der Arm vor allem aus Schwabbelmasse besteht und keine Kraft dahinter ist, und schnelle Sprints über mehrere Yards sind mit zu viel Gewicht auf den Rippen auch nich‘ unbedingt ein Klacks. Das hat der Coach Eric auch knallhart verklickert, und wem Coach Lanigan mal was verklickert hat, der kann froh sein, wenn er noch atmet, von daher hätte Eric seine Footballkarriere in den Sarg seiner übrigen verstorbenen Sportkarrieren legen können, aber nein... diese Sache war ihm ernst. So absolut richtig ober-mega-ich-bringe-das-notfalls-bis-zum-Obersten-Gerichtshof-ernst. Also hat er dementsprechend ernsthaft mit dem Abnehmen begonnen: Diät, Sport, Krafttraining, das volle Programm. Die meisten haben es als eine seiner Phasen abgetan (Stan und ich), oder haben darauf gewettet, dass er spätestens nach zwei Wochen das Handtuch schmeißt (Kyle), oder dass er frühzeitig ‘ne Herzattacke erleidet oder anderweitig zusammenbricht (Craig), oder haben es gleich ins komplette Extrem umgedeutet und prophezeit, dass er bald ein bulimiekranker Hungerhaken sein würde (Tweek mit seinem Hang zur Übertreibung). Keiner hat geglaubt, dass er tatsächlich zu einem vernünftigen Ergebnis kommen würde. Und da hat Eric uns wirklich alle drangekriegt. Aber sowas von. Ihr wollt es auch nicht glauben? Duh. Dann schaut hin, Ihr Blindschleichen! ... ... Nicht hyperventilieren, Ladys. Ja, das ist er. Natürlich hatte er auch ‘n bisschen Glück, nämlich mit seiner Größe. Sowas wie einen Wachstumsschub hatte er nie, weil er einfach immer weitergewachsen ist, bis er schließlich bei 1,95 m aufgehört hat. Auf einer gewissen Körperlänge verteilt sich Fett viel positiver. Obwohl da inzwischen kein Fett mehr ist, zumindest kein überflüssiges. Da sind jetzt Muskeln, breite Schultern und ein dazu passender breiter Brustkasten, weshalb das Etikett „fat" irgendwann von „big" abgelöst wurde. Über zwei Jahre lang hat Eric malocht wie ein Verrückter, bis er den Coach davon überzeugen konnte, ihn wenigstens probeweise ins Team zu nehmen und siehe da - die gesamte Park School erlebte eine Offenbarung (obwohl - wenn man bedenkt, wer sein Vater ist, ist das vielleicht doch nicht so erstaunlich)... Er kann es gut. Er kann es sogar ziemlich gut. Zu Beginn unseres Freshman-Jahres wurde er zum regulären Quarterback ernannt und damit auch zum Mannschaftskapitän. Das ist in der High School-Hierarchie die höchste soziale Position. Über ihm ist niemand mehr. Wenn das nicht nach etwas klingt, das Eric Cartman auf alle Fälle erreichen will, dann weiß ich auch nicht. Okay, eigentlich wäre da schon noch jemand über ihm, die berühmte Ausnahme von der Regel, soll heißen, unser schwules Idol, das der lebende Beweis für fleischgewordene Perfektion ist, aber wie gesagt, das ist nur eine Ausnahme, gegen die Eric im Grunde auch nichts einzuwenden hat, er ist nämlich selbst vom andern Ufer. So wie Kyle, falls ich das noch nicht erwähnt habe. Überrascht? Sowas passiert, wenn man in South Park aufwächst. Am besten hält man seine laute Klappe, klopft keine blöden Sprüche egal welcher Natur und Fortuna könnte ein Auge zudrücken. Wenn du nun aber so bescheuert bist wie die meisten Bewohner hier (mich eingeschlossen), dann scherst du dich einen Dreck um Fortuna und gibst pausenlos geistigen Dünnpfiff von dir. Und South Park ist vermutlich der einzige Ort auf der Welt, an dem es sich bitter rächt, Fortuna ans Bein zu pissen. Und es ist vermutlich auch der einzige Ort auf der Welt, an dem zu das Pech haben könntest, Fortuna im Realformat zu begegnen. So wie Jesus. Ich hätte also besser keine Schwulenwitze gerissen und meinen Sexismus für mich behalten, aber statt dessen bin ich jetzt bi und finde heiße Kerle genauso scharf wie heiße Girls, werde allerdings von anspruchsvollen, sozial höhergestellten Frauen (und Männern) gemieden wie das Sonnenlicht von den Goths. Na ja, bei Stan habe ich‘s irgendwie immer erwartet (das habe ich weiter oben schon erklärt), bei Eric wusste ich‘s schon ab der dritten Klasse (also bitte, der Junge war ein begeisterter Crossdresser, nicht zu vergessen die Sache mit einem bestimmten fragwürdigen Foto und einer ebenso fragwürdigen Wette... Ich sage nur: Suck my balls) und bei Kyle... da war ich zunächst nicht sicher, weil er in der Grundschule ‘ne Freundin hatte (ohne bereits vorhandene „Tendenzen", so wie Stan), aber da er selbst vor ein paar Jahren zugegeben hat, sich mehr für muskulös-männliche als kurvig-weibliche Körper zu interessieren, ist das Thema gegessen. Nur seine Mutter hat‘s noch nich‘ so ganz, äh, verarbeitet - sie weiß es, redet sich aber konsequent ein, dass es nur eine „pubertätsbedingte Phase" sei. Arme Frau. Nachdem ihr Sprössling schon sämtliche Kriterien des Vorbildschwiegersohns erfüllt, den alle Mütter mit behüteten Töchtern sofort einfangen würden (was ihn zu einer extrem gefährdeten Spezies macht), hätte es sie doch irgendwann wundern sollen, dass der Kerl nie auch nur den Rockzipfel einer festen Freundin nach Hause getragen hat. Aber Mrs. Broflovski hat eine sehr...wie hat Kyle das genannt? Ah ja, genau, „selektive Wahrnehmung". Wem nicht zu raten ist... Aha, und da brettert schon der nächste heiße Ofen heran, bremst haarscharf, mit einem Geräusch, dass es einem die Zähne zieht und Craig Tucker springt von seiner geliebten Maschine. Man erkennt ihn an den verschiedenen Mützen in sämtlichen Farben, die er immer trägt (im Sommer wechselt er zu Käppis, das ist aber auch sein einziges Zugeständnis an so unbedeutende Tatsachen wie unterschiedliche Temperaturen), die übrigens nicht zwingend mit dem Rest seines Outfits zusammenpassen müssen. Frauen haben eigene Schränke für Schuhe und Craig hat garantiert einen eigenen Schrank nur für seine Mützen - und für seine Lederjacken, da hat er nämlich auch ganze Schiffsladungen voll davon, jede Wette. Und was hab‘ ich? Einen Parka mit dreiviertellangen Ärmeln, eine graue Jeans mit abgewetztem Gesäß und zerfaserten Knien, halb vermoderte Turnschuhe, die vor langer Zeit einmal weiß waren und die kläglichen Überreste meiner braunen Handschuhe, die nach endlosem Erweitern und Flicken fingerlose Handwärmer abgeben. Hurra. Gehen wir lieber zurück zu Mr. Tucker, der gerade einem jüngeren Schüler den Stinkefinger zeigt, weil dieser so unvorsichtig war, ihm im Weg zu stehen. Wegen seiner Null-Bock-Attitüde ist sein GS nicht sehr viel höher als meiner, obwohl seine Herkunft besser ist (er ist ‘ne Fünf = überdurchschnittliches Vermögen). Aber weil er vor allem seine Ruhe und keinen Stress haben will, besteht seine sportliche Betätigung nur aus dem regulären Sportunterricht, den er mit einem so unglaublichen Elan absolviert, dass sogar der Dalai Lama bei seinen Andachtsübungen mehr Action zu bieten hat. Das entspricht etwa Stufe 1, unfähig. Daraus ergibt sich 5+1+8 (was wollt Ihr? Von außen ist er echt lecker!) = 14, 14:3 = 4,66, also Stufe Fünf als Gesamtstatus, beliebt. Energie entwickelt er meistens erst dann, wenn es um einen gewissen Blondschopf geht... oder nein, zwei gewisse Blondschöpfe, wenn ich unser schwules Idol mitzähle, weil auch ein Kerl wie Craig, für den „cool" überhaupt keine Beschreibung ist (nehmt den coolsten Typen, der Euch einfällt, addiert den Coolheitsfaktor des Zweitcoolsten und setzt das Ganze ins Quadrat - das Ergebnis ist Craig Tucker), nicht immun ist gegen engelsgleiche Schönheit. Das ist so. Eigentlich gilt er wie ich als Playboy, weil er jede Woche mit ‘ner anderen gesehen wird (auch wie ich), aber die ganze Schule weiß, dass da nichts läuft. Ehrlich, jeder hat inzwischen gepeilt, dass Craig Tucker, Machogetue hin oder her, stockschwul ist - jeder außer Craig. Er schwärmt unser Idol eher heimlich an, aber er ist ihm gegenüber viel zu nett und höflich, als dass es nicht auffallen würde (doch, Craig kann nett und höflich sein! Ich wollte es zuerst auch nicht glauben!), was auch auf den zweiten Blondschopf zutrifft, Tweek Tweak, der... „Ich komm‘ zu spät, nein, nein, nein!!" ...in wilder Panik durch mich hindurch rast (ja, durch mich hindurch. Ich bin immer noch ein Geist!). Zugegeben, er sieht unserem Idol ein bisschen ähnlich, aber trotzdem kapiere ich nicht, was Craig mit seiner Vorliebe für Stille und Langeweile bloß an diesem Nervenbündel findet. Gut, die wirren Haare, die braunen Augen und der verhuschte Blick machen ihn schon irgendwie süß, aber die beiden sind wirklich wie Tag und Nacht... die personifizierte Ruhe und der personifizierte Stress. Ich versteh‘s nicht. Ich versteh‘s einfach nicht. Seit Tweek im Laden seines Vaters arbeitet, ist er zwar ein wenig ruhiger als früher und wenn es um das Familiengeschäft und Kaffee geht, tritt der Junge überraschend souverän auf, aber leider nur da. Mich würde sowas nervös machen. Ich mag‘s lieber, wenn ein Mann in der Lage ist, etwas zu bewegen, wenn er weiß, was er will und wie er es erreichen kann...wie Stanley zum Beispiel. Ich kann seinen Umwelttick nicht nachvollziehen, aber ich finde es toll, dass er sich nicht reinreden lässt und fest für etwas eintritt, an das er glaubt. Außerdem ist er irre sexy, wenn er erst mal in Fahrt ist... ... ... Wieso denke ich jetzt schon wieder an Stan? Häufiges Ableben hat offensichtlich negative Auswirkungen auf‘s Gehirn, jedenfalls kommt es mir so vor. Huh? Na, sieh mal an, das Dynamische Duo ist auch wieder da! Nein, das ist durchaus nicht boshaft gemeint. Sie sind eben oft zusammen... so oft, dass es Anlass zu Spekulationen gegeben hat. Sie sind bi, alle beide, was mich nicht wundert. Man kann nicht jahrelang unser Idol im näheren Umfeld haben, ohne dass es abfärbt... für „ihn" würden nach eigener Aussage auch etliche Hetero-Kerle freiwillig schwul werden. Das heißt, wenn du ihn schon lange kennst und männlichen Geschlechts bist, bist du höchstwahrscheinlich nicht hetero, sondern schwul oder bi. Er würde vermutlich sogar Bruce Willis schwul machen. Nur für dreißig Sekunden natürlich, aber immerhin. Die zwei, von denen ich spreche, sind übrigens Clyde Donovan und Token Black, die man mittlerweile für eine untrennbare Einheit hält. Das eine erscheint nicht ohne das andere. Sie gehören irgendwie zu den Dingen, die man nur gemeinsam nennt, so wie Tim und Struppi, Hanni und Nanni, Siegfried und Roy, Hinz und Kunz... was eigentlich komisch ist, da Clyde Craigs bester Freund ist. Aber da Craig so große Probleme damit hat, zuzugeben, dass er attraktive Träger des y-Chromosoms weitaus anziehender findet als die mit dem Doppel-X, tut er sich schwer damit, Leute in seiner Gesellschaft zu dulden, die nicht in seine Weltordnung passen... verdammt schwer. Jedenfalls mutiert er immer mehr zum einsamen Wolf - was wohl auch besser so ist, sonst müsste er ja seine „Mir-geht-alles-am-Arsch-vorbei"-Einstellung hinterfragen und sich mal mit seinem Gefühlsleben beschäftigen. Und das geht nicht, denn Craig Tucker hat per definitionem kein Gefühlsleben (sarkastisch? Wer ist denn hier sarkastisch?). Er ist zu cool dafür. Da kann die Erde kurz vor der Apokalypse stehen, das kratzt ihn nicht. Und ich schätze, wenn er dann mal in sein Gefühlsleben eintauchen würde, würde er merken, dass es ein einziges Chaos ist... logisch, wenn nie Ordnung darin gemacht, sondern alles immer nur unter den Teppich gekehrt worden ist. Und das wiederum bedeutet Stress pur. Deswegen lässt Mr. Tucker die Finger davon. Dass er damit auf keinen grünen Zweig kommt, dürfte klar sein. Clyde und er haben angefangen, sich voneinander zu entfremden und Craig unternimmt nichts dagegen. Es interessiert ihn ja nicht. Sowas kann ich persönlich echt nich‘ ab. Ich meine, ich streite mich auch ab und zu mit Stan und Kyle und noch viel öfter mit Eric, aber ich würde sie niemals im Stich lassen, auch Mr. Ex-Fettarsch nicht. Es ist wirklich eigenartig, aber wir vier sind tatsächlich die einzigen, die noch regelmäßig zusammen abhängen. ... Was denn!?! Ist es so ungewöhnlich, dass gerade ich solche Sachen bemerke!? Im Ernst, Ladys, ich existiere nicht nur als Nebenfigur, ich bin einer der Protagonisten dieses durchgeknallten Universums namens South Park!! Und ich habe meinen Kopf nicht nur auf, damit es nicht in den Hals regnet, wisst Ihr!? Oh Mann. Ich bin ja vielleicht blond, aber nicht so blond. Was is‘? Oh. Ach so. Dieses kleine bescheidene Hybridauto mit den brechreizauslösenden Aufklebern „Ich liebe Delphine" (besteht aus dem Schriftzug „Ich", einem großen roten Herz und einem lächelnden Delphin) und „Schützt den Eisbär!" (besteht aus einer Familienidylle mit Bärenmutter und niedlichem Eisbärbaby... und sogar ich muss zugeben, dass es sehr süß gezeichnet ist... kann ich mal ‘ne Kotztüte haben?) gehört Stanley, wie sollte es auch anders sein. Er parkt ein, steig aus und... oh nein. Bitte, was habe ich bloß verbrochen, dass ich so gestraft werde?! Wie kann er es wagen, in dieser unsäglichen Jeans aufzutauchen?! Okay, es ist seine Lieblingsjeans, aber das ist keine Entschuldigung! Ich meine, das...das... das ist einfach unfair, genau! Hä? Wa-?! Ach Blödsinn, ich habe nicht das geringste gegen weiße Hosen! Hosen dürfen jede erdenkliche Farbe haben! Warum ich mich dann so aufrege? Ist das nicht offensichtlich?! Seht Ihr nicht, wie eng sie sitzt? Seht Ihr nicht, wie unglaublich gut sie diesen umwerfenden Knackarsch verpackt? Seht Ihr nicht, wie wunderbar sie seine langen Beine betont? Und darüber dieses blaue Hemd mit den kurzen Ärmeln, die seine Oberarme so perfekt umschließen? Er lässt immer die obersten zwei Knöpfe offen, was einem einen netten Ausblick auf seinen Brustansatz verschafft... vor allem, wenn man den auch sehen will. ... ... ... Nicht, dass ich das will, oder so... was gibt‘s da zu grinsen!?! Ach, habt mich doch gern. ...Jetzt bleibt Stan stehen und dreht sich um. Was ist los? Clyde und Token sind auch plötzlich festgewachsen und wenden sich in dieselbe Richtung. Craig verlangsamt seinen Schritt vor dem Zigarettenautomaten, tut so, als könne er seine bevorzugte Sorte nicht finden und linst immer wieder verstohlen zum Parkplatz. Tweek spitzt durch die Eingangstür, von seiner Panik ist nichts mehr zu spüren. Kyle, der schon längst in seinem Literaturkurs hocken müsste, ist ebenfalls mit von der Partie und Eric schiebt sich, eine Miene tiefster Gleichgültigkeit zur Schau stellend, hinterdrein. Wie aus dem Nichts versammelt sich die halbe Schülerschaft im Umkreis des Parkplatzes und alle führen sich auf, als wären sie rein zufällig da. Ich ahne etwas. Und wie ich ahne. Da nähert sich ein weiteres Auto. Es ist weiß, so wie Stans Jeans. Auf der Motorhaube hat irgendein freundlicher Lackierer ein „Hello Kitty"-Konterfei verewigt (zweifellos war das mein Bruder - ja, Kevin hat einen Job in der örtlichen Autowerkstatt.). Ihr ahnt auch was? Tse. An Eurer Stelle würde ich mir ein Sabberlätzchen besorgen, anstatt nur zu ahnen. Und ein Taschentuch für eventuell auftretenden Blutfluss aus der Nase. ... Ist es zwingend notwendig, dass Ihr mich jedesmal so fassungslos anstarrt, wenn ich etwas sage, das Ihr nicht unbedingt erwartet habt? Unser Idol ist eingetroffen, ob Ihr mir das nun glaubt oder nicht! Also haltet die Klappe, beobachtet und genießt! Das Auto gleitet formvollendet in eine Parklücke. Der Motor wird abgeschaltet. Die Tür geht auf. Erstmal passiert gar nichts. Dann kommen zwei schlanke makellose Beine zum Vorschein und in einer fließenden Bewegung, die an Anmut kaum zu übertreffen ist, entsteigt Leopold „Butters" Stotch dem Wägelchen, nimmt in filmreifer Manier seine Sonnenbrille ab und schüttelt mindestens genauso filmreif sein blondes Haar. Seine strahlenden blauen Augen registrieren den Massenandrang und die zahlreichen heißen Blicke, die sich auf ihn heften, er beachtet es jedoch nicht weiter. Seit seinem vierzehnten Lebensjahr ist er es gewohnt, dass heiße Blicke an ihm kleben. Das ist nicht mehr besonders erwähnenswert. Er trägt heute eines seiner Lieblingsoutfits: eine schwarze Tuchhose, die so verflucht eng sitzt (noch enger als Stans verdammte Jeans!), dass man sich unwillkürlich fragt, ob Butters sich morgens darin einschweißen lässt; auf alle Fälle kriegt man einen Hintern geboten, der fester und formschöner gar nicht sein könnte (wenn er je eine Neufassung von „What what in the butt" macht, dann sage ich Euch Bescheid, versprochen!). Darüber folgt ein elegantes Hemd (selbstredend in seiner Lieblingsfarbe Türkis) mit weit fallenden Ärmeln, die in eng anliegenden Manschetten enden. Das Hemd weist übrigens auch einen eklatanten Mangel an Knöpfen auf. Statt dessen hat es einen Brustausschnitt, der einen durchtrainierten, athletischen Oberkörper freilegt... und eine cremefarbene Haut, die sich verführerisch über feingliedrigen Muskeln spannt. Um den Hals hängt in dreifacher Windung ein schwarzes Lederband mit dem Buchstaben „L" daran, an beiden Ohren glitzern goldene Ohrstecker. Echtes Gold. Und wie er sich bewegt...! (Ach ja - und habe ich eigentlich schon seine geschmeidigen, ungemein agilen Hüften erwähnt?) Dazu muss man wissen, dass Butters nicht einfach nur geht. Er schreitet. Und er steht auch nicht auf oder setzt sich hin. Er erhebt sich und nimmt Platz. Seine Körpersprache ist der reine Wahnsinn. Die kommt aber auch nicht von ungefähr, er ist nämlich ein professioneller Tänzer (soll heißen, auf dem Weg dahin). Seit er sechs ist, macht er Stepptanz (zwischendrin hatte er die obligatorische Sinnkrise, aber die hat er später überwunden) und mit zehn hat er mit dem Klassischen Ballett angefangen. Ihr könnt Euch vorstellen, wie wir alle über den armen Jungen hergezogen sind, als das rauskam. Er galt ja seit der ersten Klasse als schwul und das war für uns sozusagen der Beweis (warum wird einem immer erst hinterher klar, was für ein Idiot man ist?). Butters hat unseren Spott allerdings gekonnt ignoriert. Ich glaube wirklich, dass es ihm egal war, nachdem er das Tanzen neu für sich entdeckt hatte. Seine große Leidenschaft gewissermaßen. Mit der Pubertät wurde es nicht besser (oder wir nicht klüger), und Unglücksrabe Butters hatte es auch noch ziemlich schlecht erwischt - mit elf wurde ihm eine Zahnspange aufs Auge gedrückt, sein Gesicht war von Pickeln übersät wie ein Streuselkuchen, sein Haar war stumpf und glanzlos und er kam als Letzter in den Stimmbruch. Das einzige, was er uns voraus hatte, war (wie bei Eric) seine Größe, denn er schoss unerwartet schnell in die Höhe. Trotzdem blieb er schlaksig und dürr, obwohl er zwischenzeitlich durch das Ballett ein bisschen Muskelmasse angesetzt hatte. Das genügte jedoch nicht, um unsere pubertäre Wahrnehmung zu durchdringen. Bis zu jenem ersten Tag nach den Sommerferien, als die Senior High School für uns begann. Butters wurde von seinem Vater gebracht und als er ausstieg, die Septembersonne im Rücken, in hautengen Jeans und hautengem Tank Top, das Haar wie aus einer Shampoowerbung, die Zähne von dem hässlichen Draht befreit, sein Teint absolut perfekt, der Körper großgewachsen und kraftvoll wie bei einem Spitzensportler, mit einer Stimme, die in einschmeichelndem Bariton „Hallo Jungs!" sagte und das Ganze garniert mit einem hinreißenden Lächeln...da hat uns alle kollektiv der Blitz getroffen. Ich weiß nicht mehr genau, was ich gemacht habe...Ich glaube, ich habe ihn dümmlich angestarrt, weil mir nichts Vernünftigeres eingefallen ist. Stanley hat den Mund auf und zu gemacht wie ein Fisch auf dem Trockenen, Kyle, der Eric gerade wegen irgend ‘ner blöden Bemerkung angebrüllt hatte, geriet ins Stottern, Eric selbst schaute ungefähr so intelligent aus der Wäsche wie ich, Tweek vergaß völlig, herum zu zappeln, Clyde verlor jegliches Interesse an dem Taco in seiner Lunchbox und Token, der sich mit Craig unterhalten hatte, unterbrach sich mitten im Satz. Craig sah natürlich aus wie immer, aber er ließ sich dazu herab, Butters‘ Begrüßung mit einem müden „Hi" zu erwidern (und dass Craig Tucker Butters Stotch begrüßt, das war vorher noch nie da!). Jimmy bekam ‘ne Erektion (nein, kein Witz - er hat auch heute noch Schwierigkeiten damit, dass sich seine Ausstattung so außerordentlich begeisterungsfähig zeigt!) und Timmy hatte außer „Timmeh!" nicht viel dazu beizutragen, obwohl er Butters zugewunken hat. Und ich schätze, wenn Pip nicht damals schon mit Damien zusammen gewesen wäre, hätten sie sich vielleicht wegen dieses verflixt süßen Schönlings in die Haare gekriegt... (Pip und Damien, ja. Zusammen. Das ist das Wort, das ich benutzte. Unser vornehmer Britenjunge und der Sohn Satans, ein Paar. Pip hat uns erzählt, dass er seine letzten Sommerferien vor dem Abschlussjahr in der Hölle verbringen würde. Ich hab ihn nich‘ gesehen, als ich vor einigen Wochen dort war, aber das muss nichts heißen. Damien hat ihm garantiert ‘ne schicke eigene Bude geschenkt, damit Daddy sie nicht ständig stört. Wegen seiner Beziehung zu Mr. Antichrist Junior traut sich auch keiner mehr, Pip blöd anzumachen, andernfalls hagelt‘s Feuerbälle oder Damien zückt gleich die Flammenpeitsche, das ist gar nicht nett. Wirklich nicht!) Bei den Mädels hat Butters ‘n Kreischkonzert ausgelöst. Nicht mal sein offizielles Coming Out ein paar Monate später konnte sie davon abbringen, ihn anzuschmachten (was mein vollstes Verständnis hat). Auf der Aussehensskala ist er die einzige Zehn der gesamten Schule. ... ... ... Ich entnehme den Speichelpfützen zu Euren Füßen, dass Ihr Euch der allgemeinen Anbetung anschließt. Wer hätte das gedacht. Nein, im Ernst, wer? Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass wir eines Tages den Boden vollsabbern würden, auf dem Butters geht (schreitet), dann hätte ich ihm den Vogel gezeigt und ihn in die geschlossene Abteilung verfrachtet. Butters war immer uncool, leicht reinzulegen, einfach zu ärgern und ein prima Sündenbock, bloß - warum? Er war ja im Grunde nur sehr naiv, lieb und treuherzig und hat keinem von uns je was getan... aber in unseren Augen war er eben ein Opfer, kein „ganzer Kerl". Da haben wir Fortuna alle gemeinsam kräftig ans Bein gepisst, das ist mal sicher. Jetzt lässt uns Fortuna büßen, und das nicht zu knapp. Weil ihm so viele hinterher hecheln, hat Butters mit der Zeit ein gutes Selbstbewusstsein entwickelt... und außerdem weiß er verdammt nochmal genau, wie sexy er ist (na ja, an sich ist das wohl nich‘ so schwer, er braucht ja nur in den Spiegel zu schauen). Und glaubt mir, er nutzt es aus. Wenn er jemanden gern hat, verhält er sich immer noch wie der kleine Butters von früher, er ist freundlich, hilfsbereit und fürsorglich, so richtig zum Knuddeln. Wenn‘s Streitereien gibt, taucht er sofort auf und glättet die Wogen mit seinem charmesprühenden Lächeln, bei dem er seine bezaubernden Grübchen sehen lässt - und bei diesem Anblick schmelzen alle Anwesenden (weibliche wie männliche) dahin wie Vanilleeis unter heißer Schokoladensoße. Er flirtet manchmal mit dem einen oder anderen, neckt und triezt uns ein bisschen (und wir springen, sobald er pfeift - freiwillig!), aber das bleibt alles im Rahmen. Ungemütlich wird‘s erst, wenn er jemanden nicht mag (und sosehr Butters angeschwärmt wird, es gibt Leute, die ihn mit der gleichen Begeisterung verabscheuen), denn dann packt er die Seite seiner Persönlichkeit aus, die in seiner Kindheit „Professor Chaos" hieß. Das Kostüm liegt inzwischen auf dem Müll, sein Temperament nicht. Man würde diese Seite auch nicht mehr Professor Chaos nennen, sondern eher... ich weiß nicht... vielleicht „Gay Diva"? Butters hat gelernt, sich zu wehren, mit Worten und Händen. Wenn er angefeindet wird, wird seine Zunge messerscharf, und sollte das nicht ausreichen (das kommt vor), verfügt er über Gelenke und Muskeln aus Stahl, die jeden Raufbold in seine Schranken weisen können. Dadurch haben die meisten von uns zum ersten Mal kapiert, dass Ballett kein gemütliches Vor-sich-hin-Tänzeln ist, sondern hartes körperliches Training. ... ... Oha. Okay, ja, ich gestehe, er ist nicht der einzige an der absoluten Spitze der Hierarchie. Prinzipiell wäre das Eric, Butters ist wie gesagt eine Ausnahme (sein GS ist Neun, „über alle Maßen beliebt"), aber da gibt‘s noch ‘ne andere Neun. „Korrekt. Ich hoffe, du vergisst es nicht wieder, McCormick.", zischt Damien und klettert aus seinem Streitwagen, mit dem er gerade herangebraust ist. Als Sohn Satans kann er natürlich Geister, soll heißen, gestrandete Seelen, sehen, das ist eine seiner leichtesten Übungen (damit wäre bewiesen, dass Eure Fangirl-Fähigkeiten teuflisch sind! Ich wusste es!). Und als Sohn Satans wäre er sehr ungehalten, wenn er nicht ganz oben stünde. Butters ist der Märchenprinz unserer Schule und Damien der Höllenprinz. ... He, hört Ihr mir zu? Also, was denn, habt Ihr noch nie einen antiken Streitwagen mit schwarzer Lackierung gesehen? Stilecht gezogen von sechs schwarzen Pferden...mit roten Augen... und rauchenden Nüstern... und Fledermausflügeln... und die Räder des Vehikels glühen noch...kein Wunder, sie haben sich mal wieder in den Asphalt gebrannt...‘Ne heiße Karre, oder? Und Pip ist mit von der Partie. Er sieht ein wenig missgestimmt aus. „Damien, da du mit der Luft sprichst, wage ich zu vermuten, dass du eine arme Seele vor dir hast. Du weißt genau, was ich von deinem zweifelhaften Hobby halte. Ich möchte, dass du den Unglücklichen in Frieden lässt. Ich bin überzeugt, dass er nicht als deine Mahlzeit zu enden wünscht." Da hat er recht. Die Sache ist nämlich die: Mr. Antichrist Junior kann normale menschliche Nahrung zu sich nehmen, aber da er ein Dämon ist, verspeist er am liebsten die Seelen von Menschen, die aus irgendwelchen Gründen noch auf der Erde festsitzen (und durch ihr illegitimes Herumgeistern ein heilloses Aktenchaos in Himmel und Hölle verursachen). Sein „Hobby" ist daher die Seelenjagd. Und Pip findet, dass das so gar nicht die feine englische Art ist. „Tse. Als ob... Das ist McCormick. Den kann ich nicht essen und du weißt verdammt noch mal genau, warum nicht!" „Er... würde dir sehr schwer im Magen liegen?" „...Ja, so kann man das auch ausdrücken..." Stimmt. So irgendwie. Ich bin nämlich... KENNETH!!! ...Uh? Hä? Da dröhnt eine Stimme in meinem Kopf... wer in Gottes Namen...? Na, wer wohl? Eben derjenige welche. Gott? Bist du das? Kenneth, wie viele Wesenheiten sind dir bekannt, die Telepathie beherrschen? ...Eine. Nämlich? ...Du? In der Tat. Daher wurde ich Zeuge deines groben Regelverstoßes. Es sei denn, du kannst mir einen vernünftigen Grund dafür nennen, dass du gerade deine Identität ausplaudern wolltest. ...Muss es unbedingt ein vernünftiger Grund sein? Wenn jeder in meinem Gefolge so unüberlegt wäre wie du, könnte ich den Laden bald dichtmachen. Sei bitte in Zukunft vorsichtiger. Derartige Dinge einfach mal in einem Nebensatz zu erwähnen, das geht nicht. Du bist nicht irgendwer. He, nur so zur Info: Ich bin momentan tot, falls du das nicht gemerkt hast. Außer Damien (und den Fangirls) sieht und hört mich keiner, und Satans Abkömmling weiß längst Bescheid. Schön, er hat‘s Pip weitererzählt, aber das ist doch halb so schlimm... hoffe ich. Deine Worte in meinem Gehörgang, Kenneth. Und nun werde ich dich wiederbeleben. Was!? Ist das wirklich nötig? Könntest du damit nicht noch warten, bis der beschissene Mathetest vorbei ist? Der Mathetest ist erst in zwei Wochen. Heißt das ‚nein‘? Wenn ich dich so spät wiederbelebe, verpasst du Butters‘ Geburtstagsparty. ... ... ... Dann leg ‘n Zahn zu, Alter. Ja, und das war das erste Kapitel!^^ Und ja, ich habe Butters eine ganz andere Rolle verpasst, als er sie in FFs normalerweise hat. Ich wollte den Spieß einfach mal umdrehen - und warum nicht innerhalb einer FF ein bisschen experimentieren? Dafür sind sie ja schließlich da!^^ Vielen Dank fürs Lesen, über Kommis würde ich mich freuen!^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)