Digimon Savers: Relaunch von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 18: Familie ------------------- >>Keine Sorge, es ist nur erschöpft«, sagte Suguru liebevoll, als er die Tür des Nebenzimmers leise schloss und zu den anderen ins Wohnzimmer zurücktrat. Chika atmete erleichtert aus und ließ sich zurück in die Sofalehne sinken. »Was ein Glück, ich habe wirklich Angst bekommen.« Suguru setzte sich neben seine Tochter und legte ihr eine Hand auf den Kopf. Dann strubbelte er ihr einmal durch das Haar, so dass dieses in sämtliche Richtungen abstand. »Hey«, rief sie empört aus und riss sich beleidigt los. Schließlich wuchs sie langsam zu einer richtigen Frau heran, da sollte ihr Vater doch nicht solch alberne Sachen mit ihr machen. Zumal sie sich nun wieder die Haare würde kämmen müssen. Chikas Blick fiel auf Impmon, welches stumm und mit verschränkten Armen am Fenster des geräumigen Wohnzimmers stand. Wortlos blickte es hinaus, mittlerweile war es bereits dunkel draußen und die Sterne funkelten hell und klar. »Impmon …«, sagte sie leise und schaute daraufhin zu ihrem Bruder, der – ebenso wie Agumon – ziemlich fies zu dem armen Teufelsdigimon hinüberschaute. Chika hätte sogar schwören können, dass Masaru und dessen Partner versuchten so wenig wie möglich zu blinzeln, damit sie das Digimon auch ja keine Sekunde aus den Augen lassen mussten. Wie albern, fand das Mädchen. »Hey, Masaru!« Sie tippte ihren großen Bruder an der Schulter an. Allerdings war dieser so in der Impmonspionage vertieft, dass er sie nicht hat kommen sehen und folglich wie von der Tarantel gestochen gut vier Meter in die Luft sprang. »Verdammt, Chika!«, blaffte er seine Schwester böse an. Die 15-jährige allerdings musste kichern, da ihrem supercoolen Bruder buchstäblich alle Haare zu Berge standen und er um die Nasenspitze herum errötete. »Was sollte das denn?« »Aniki?«, fragte Agumon mit schräg geneigtem Kopf und einem Finger am Mund. Dann nahm es die freie Pranke und begann damit in Masarus Haar herumzufummeln. »Sag mal, geht’s noch? Lass das gefälligst!« Mit einer ruckartigen Handbewegung schlug er Agumons Arm weg. »Ihr habt doch alle einen an der Waffel …« Als Chika sah, wie Agumon beleidigt auf der Unterlippe kaute und das Digimon so etwas wie »wollte doch nur helfen« murmeln hörte, beugte sie sich zu ihm herüber und tätschelte ihm den Kopf. »Kopf hoch, Agu-chan, Masaru-niichan ist einfach blöd.« Da grinste das Digimon wieder und nickte entschlossen. »Bäh«, winkte Masaru ab und stand auf. Die Backen aufblasend vertiefte er die Hände in den Hosentaschen und schritt zu Impmon hinüber. Kurz beobachtete er es genau, bis er sich dazu entschied das Digimon anzusprechen. »Hey, du.« »… Mit dir rede ich nicht, du Stalker«, gab Impmon lässig zurück, ohne seinen Blick von der Scheibe abzuwenden. »Was, Stalker?!« Während Masaru entsetzt die Kinnlade herunterfiel, ließ sich Impmon endlich dazu herab, sich umzudrehen. Zunächst war seine Miene ausdruckslos, doch als er vernahm, dass Masaru – alias die Straßenpatrouille der Digiwelt – buchstäblich die Fassung verloren zu haben schien, entschloss das Digimon sich ein hochmütiges Grinsen aufzusetzen. »Ja, Stalker. Oder willst du etwa abstreiten, dass du und diese gelbe Eidechse da drüben mich bis hierher in die reale Welt verfolgt haben?« »Ähm, na ja …« Masaru kratzte sich etwas verlegen am Kopf. »Eidechse?«, fügte nun auch Agumon hinzu und trat zu seinem menschlichen Bruder heran. »Jawohl«, antwortete Impmon. Wie ein fieser Wissenschaftler begann es nun auf und ab zu schreiten und beäugte seine zwei Angeklagten dabei äußerst kritisch. Natürlich war dem Digimon klar, dass es von Masaru und Chika hierher gebracht wurde, damit es Fragen beantworten konnte. Tatsächlich jedoch hatte Impmon vor den Spieß noch umzudrehen, solange es dies noch konnte. »Das grenzt ja schon an Verfolgungswahn. Wo bleibt da die freie Entscheidungswahl?« Während sich über der selbsternannten Straßenpatrouille bereits die Fragezeichen über den Köpfen sammelten, warf das kleine Teufelsdigimon einen raschen Blick zu Chika und Suguru. Das Mädchen sah etwas müde von ihrem Bruder zu dessen Partner immer wieder hin und her. Daimon Suguru hingegen verfolgte das ganze Spektakel mit einer gewissen Belustigung in den Augen. Ui, vor dem muss ich mich in Acht nehmen, der hat mehr als sein Sohn drauf, dachte Impmon. »Hey, jetzt hör mir mal zu.« Der 19-jährige war aus seiner perplexen Starre erwacht. »Ich bin dir nicht hinterher, weil ich ja sonst nichts zu tun gehabt hätte.« Impmon zückte eine Augenbraue. »Das heißt also, du streitest es nicht ab, du wahnsinniger Verfolger?« »Verf- hey! Hör auf, mir die Worte im Munde umzudrehen!« »Genau, hör auf, Aniki wie einen Deppen aussehen zu lassen!«, erwiderte auch Agumon. Masaru verrollte die braunen Augen. »Das ist nicht sehr hilfreich, Gelbfuß.« »Ich verdrehe hier gar nichts«, meinte Impmon schließlich. »Ehrlich gesagt weiß ich noch nicht einmal, was ich hier eigentlich soll.« Der hitzköpfige Masaru biss sich auf die Unterlippe und neigte sich zu dem Digimon hinab. Dann packte er es am Kragen und zog es dicht vor sein Gesicht, so dass sie sich direkt in die Augen schauen mussten. »Ach, das weißt du nicht? Dann helf ich dir mal auf die Sprünge.« »Nur zu. Ach, übrigens; was ist mit deiner Rapunzelmatte passiert? So erkennt man dich ja kaum wieder.« Spitzbübisch setzte Impmon ein feines Grinsen auf. Unweigerlich wurde Masarus Griff ein wenig strenger. »Warum bist du -« »Masaru«, sagte Suguru sanft und legte seinem Sohn eine Hand auf die Schultern. Als sich der 19-jährige mit finsterem Blick umdrehte, schüttelte der Ältere nur langsam den Kopf. »Sei nicht immer so ungeduldig. Lasst uns doch erst mal etwas essen.« Zunächst verwirrt ließ Masaru Impmon wieder los und runzelte die Stirn. »Aber …« Als er sah, wie sein Vater kaum merklich zu der Türe schaute, hinter der das erschöpfte Patamon lag, und dann kurz zu Impmon, verstand er letztendlich und seufzte. »Also schön.« »Oh ja, Hunger«, trällerte Chika fröhlich und sprang auf. Sie drehte sich zu Impmon und lächelte es an. »Na, komm, Kaa-chan kann ganz toll kochen!« Sie hielt dem Digimon ihre zierliche Hand hin, die es allerdings nicht ergriff. »Pah, den Teufel wird ich tun … Ist bestimmt eh vergiftet oder so …«, gab es kleinlaut von sich und hoffte, dass sein Magen es nicht mal wieder verraten würde. Auch Masaru erinnerte sich an das kleine Déjà-vu und schnalzte mit der Zunge. »Hatten wir das nicht schon mal? Jetzt beweg deinen Hintern oder ich trete dich in die Küche.« Sehr zu Ungunsten des Teufelsdigimon wartete dieser aber keine Antwort, geschweige denn eine Reaktion ab und trat direkt zu. Bei dieser gemeinen Aktion konnte er sich das hinterhältige Lachen nicht verkneifen. »Oh Mann, ich hoffe es gibt Rührei!«, sang Agumon mit kleinen Herzchen in den Augen, als es mit großen Sprüngen in die Küche hüpfte. Als sie alle in der Küche waren, konnten sie sehen, wie hübsch Sayuri den Tisch gedeckt hatte. »Oh, da seid ihr ja alle schon«, grüßte sie liebevoll in die Runde und wies mit einer einladenden Geste auf den Tisch, dass alle Platz nehmen sollten. Natürlich ließen sich Masaru und dessen Partner das nicht zweimal sagen und sie stürmten zu den Stühlen. Als sich Agumon neben seinen großen Bruder setzen wollte, zog dieser ihm den Stuhl unter dem Allerwertesten weg. Der gelbe Dino strauchelte, konnte sich aber gerade noch so halten. »Hey, Aniki, warum machst du das?« Masaru stellte den Stuhl wieder an seinen vorherigen Platz. »Warum? Damit ich Impmon besser im Griff habe, was für eine Frage natürlich.« Plötzlich traten Agumon Tränen in die großen grünen Augen. »Aber … aber ich wollte neben dir sitzen.« Der 19-jährige schreckte ein wenig zurück. »Was bist du? Ein Mann oder eine Maus? Jetzt setz dich einen Stuhl weiter, verdammt nochmal, und behalte Impmon mit mir im Auge!« »Ach ja, richtig«, sagte Agumon nun etwas motivierter und tat wie ihm geheißen. Mittlerweile hatte sich auch Chika an die andere äußere Ecke des Tisches neben Masaru niedergelassen, damit ihre Eltern sich auf die andere Seite setzen konnten. Nur Impmon stand noch etwas verloren in der Türangel. Trotzig hatte es die Backen aufgeblasen und schüttelte vehement den Kopf. Wütend warf ihm Masaru böse Blicke zu, denn das ganze Theater hielt ihn selbst vom Essen ab und Agumon würde sich bestimmt nicht deswegen zurückhalten – eher im Gegenteil. Also drohte er Impmon schließlich mit einer schwenkenden Faust und das Digimon gab endlich nach. »Na schön. Aber Essen werde ich trotzdem nichts.« Als Sayuri es neugierig beobachtete, versuchte Impmon nicht allzu verlegen auszusehen. »Nichts für ungut, Ma’am.« Sie lachte glockenhell. »Aber das macht doch nichts! Hier vergeht sowieso nichts«, sagte sie noch vergnügt, ehe sie die Essstäbchen wieder in die Hand nahm. Wieder setzte Impmon ein hochmütiges Lächeln auf. »Nun ja, ich muss ohnehin auf meine schlanke Linie achten«, posaunte es aus und strich sich dabei einmal über den Bauch. Nun war es wieder an Masaru zu seufzen und er schüttelte kurz den Kopf. »Solange du nicht so einen Wanst wie Agumon kriegst, ist alles paletti.« Dann packte er Impmon im Genick und stopfte ihm mit der anderen Hand den halben Teller in den Mund. »So … und jetzt schön kauen und schlucken!« »Masaru!« Empört sprangen Sayuri und Suguru gleichzeitig auf, weil sie beide in jenem Moment dachten, ihr Sohn würde das fremde Digimon umbringen. Als Impmons Gesicht jedoch wieder eine normale Farbe annahm, atmeten sie synchron aus und sanken wieder auf ihre jeweiligen Stühle zurück. Auch Impmon hatte als erstes gedacht, es müsste jeden Augenblick ersticken. Nun spielte es keine Rolle mehr, ob das Essen vergiftet war oder nicht, denn der dämonische Masaru hatte ihm den Teller so weit in den Mund gerammt, dass es ohnehin sehr viel Nahrung aufgenommen hatte und weil es die gutmütige Sayuri mit den lieben Augen nicht verletzen und alles wieder ausspucken wollte, dachte es sich, dass es nun auch auf dem Essen drauf herumkauen konnte. Konterminiert war es ja sowieso schon. Auf einmal hielt es in der Bewegung inne, seine Augen weiteten sich und seine Wangen nahmen einen zartrosa Farbton an. »Hehe«, lachte Masaru und nahm selbst einen großen Bissen. »Schmeckt ziemlich gut, ne?«, fragte nun auch Chika sehr zuversichtlich. »Das ist ein Gedicht«, wollte Impmon gerade rufen, doch es verkniff es sich im allerletzten Moment, zu groß würde diese Schmach doch sein. Auch wenn es sich ziemlich sicher war, dass es schon bereits enttarnt genug war. Den letzten Funken Würde wollte es dennoch behalten. »Na ja, man kann es zumindest essen.« Das Abendessen verlief ohne weitere große Zwischenfälle. Impmon musste feststellen, dass diese Gruppe Menschen samt Agumon so innig miteinander agierten, dass sie sehr zusammenhielten und sich auch für einander interessierten. So fragten sie die anderen, wie deren Tag verlaufen sei und wie es ihm gerade ging. Auch Impmon wurde von Suguru und Chika befragt, doch es gab nur patzige Antworten, für die es von Masaru unter dem Tisch getreten wurde. Als Suguru daraufhin einmal seinen Sohn zurücktrat, war nicht nur dieser sprachlos, auch Impmon war hochgradig überrascht deswegen. Alles in allem lernte es hier eine Harmonie kennen, die es nie zuvor gekannt hatte. Und es wusste absolut nicht, wie es damit hatte umgehen sollen. Später, als die Familie noch gemeinsam Zeit vor dem Fernseher verbrachte, fand sich Impmon letztendlich gänzlich fehl am Platze. Zunächst war da diese merkwürdige Gerätschaft, in der sich winzige Menschen zu befinden schienen. Als dann eine Serie anlief, die sich Takeshi’s Castle nannte, musste Impmon sofort an seine zwei Trottel von heute Mittag denken und dieser Gedanke wiederrum führte es unweigerlich zu Patamon. Wie es ihm wohl ging? Kaum merklich neigte es den Kopf in Richtung der Türe, hinter der das orangefarbene Digimon untergebracht war. Plötzlich spürte Impmon einen kleinen Widerstand auf seinen Kopf, als dieser sanft nach unten gedrückt wurde. »Hey, Kopf hoch, Kleiner. Dem geht’s bald wieder gut«, sagte Masaru leise, ohne dass er den Blick vom Fernseher abgewandt hatte. Impmon sog die Wangen ein, damit er an diesen knabbern konnte. Wie hatte dieser Mensch das nur gemerkt? Dabei hatte es doch so aufgepasst. »Fahr zur Hölle, du Querulant.« Statt zu antworten, lächelte Masaru nur leise. So saßen sie noch ein wenig beisammen und letztendlich entschieden sich alle, zu Bett zu gehen. Impmon wollte sich schon eines der besonders flauschig aussehenden Sofakissen schnappen, doch Masaru hatte ihn mal wieder im Genick gepackt – wie ein kleines, wehrloses Kätzchen. »Oh nein, du kommst mit mir.« »Ganz bestimmt nicht, mit dir schlaf ich nicht in einem Zimmer und mit dem da«, es zeigte auf Agumon, dem es die Zunge herausstreckte, »mit dem da auch nicht. Der pupst doch alles voll!« »Tja, damit musst du wohl leben. Nacht allerseits!«, winkte Masaru noch einmal und ging mit Impmon im Schlepptau nach oben. »Wie gemein«, murmelte Agumon sichtlich verletzt und trottete den beiden hinterher. Als sie im Zimmer angelangt waren, warf Masaru das Digimon mit einem kleinen Ruck auf dessen Bett, auf dem es kurz auf und ab wippte. »Hey, das ist doch kein Service«, beschwerte sich der Teufel sofort, hielt aber inne, als es die weiche Decke unter seinen Händen spüren konnte. Also sowas hatte er ja noch nie als Schlaflager gehabt. »Mach’s dir nicht zu bequem, du schläfst mit Agumon auf dem Boden in einem Schlafsack«, sagte Masaru leicht vergnügt, während er sich auszog und ein altes Shirt zum Schlafen anzog. »Was?« Agumon wurde ein wenig blass um die Nase. »Ich will nicht mit dem da meinen Schlafsack teilen.« »Aha und warum nicht?«, fragte der 19-jährige teilnahmslos und warf seine alten Klamotten in eine Ecke. »Na weil …« Agumons Blick fiel auf Impmon. Als dieses bemerkte, dass es von dem Dino angestarrt wurde, setzte es ein diabolisches Grinsen auf und Agumon hatte sogar das Gefühl, dass dessen grüne Augen dämonisch aufblitzen. Rasch trat es an Masarus Seite und flüsterte diesem ins Ohr: »Weil ich dann bestimmt Alpträume bekomme!« Agumons Unterlippe bebte ein wenig. »Weia, wenn’s weiter nichts ist … Und jetzt aus dem Weg, du hältst den Betrieb auf.« Mehr oder minder galant schob er sich an seinem Partner vorbei und ließ sich neben Impmon auf das Bett plumpsen. Himmel! Die Decke war wirklich extrem weich. »Was hast du denn, Agu-chan?«, spottete Impmon gleich los, als es das bibbernde Agumon ansah. »Hast du Angst, das böse, teuflische Digimon kommt dich holen?« »Gar ni-« Doch weiter kam es nicht, denn auf einmal ging die Tür knirschend auf und Chika erschien in einem hellblauen Pyjama. Sie hatte sich jedoch so sehr vor Agumon erschreckt, das sie angeschrien hatte, dass auch sie schrie und dem Dinodigimon ihr großes, weißes Kissen um die Ohren schlug. »Hey, jetzt mal Gemach ihr beiden«, sagte Masaru in üblicher Großer-Bruder-Manier. Fast sofort sprangen Chika und das Digimon wieder auseinander. »Tut mir echt leid, Agu-chan«, sagte sie aufrichtig. Agumon nickte. »Verdammt, Nee-chan, was willst du hier? Das ist eine Männerrunde.« Chika zuckte mit den Schultern. »Komm schon, das ist doch Kindergartenkram«, meinte sie und rollte ihren mitgebrachten Schlafsack auf dem Boden aus. Sie ließ sich darauf im Schneidersitz nieder. »Außerdem bin ich hier, damit du das arme Impmon nicht fertigmachen kannst, Nii-chan.« »Pah, eher mache ich ihn fertig«, sagte das Digimon und nickte andächtig. Masaru grunzte. »Träum weiter. Also schön, von mir aus, aber wehe du nervst.« Chika nickte. So cool sie ihren Bruder auch manchmal fand … umso postpubertärer kam er ihr in jenem Moment vor. »Also, Impmon«, sie klopfte auf den Platz neben sich, damit Agumon sich dort niederließ, »erzähl mal. Warum bist du hier in unserer Welt?« Impmon riss die Augen auf. Wie konnte dieses Gör es wagen …? Doch so wie es in die strahlend grünen Augen des jungen Mädchens blickte, fand es nur auf große Güte und Verständlichkeit. Vielleicht war es gar nicht so verkehrt sich jemandem anzuvertrauen? »Ich hatte einfach mal Lust auf etwas Neues.« Es schaute zur Seite. So arg gelogen war das ja gar nicht gewesen. Da die Digiwelt unerträglich zu werden drohte, hatte es sich für einen Tapetenwechsel entschieden. »Ach, einfach so?« Skeptisch zückte der junge Mann eine Augenbraue. »Ist doch egal, oder?«, blaffte Chika ihren Bruder an. »Wenn Impmon nicht drüber reden will, ist das doch in Ordnung.« Impmons Blick wurde glasig. Wieso setzte sich dieses Menschenmädchen so sehr für es ein? Plötzlich erinnerte sie es an Rina, die ihm den gleichen aufrichtigen Blick geschenkt hatte. »…« Masaru stieß die Luft aus und ließ sich auf sein Kissen fallen. »Also schön … Impmon, ich glaube nicht, dass du so böse bist, wie du tust. Aber lass mich dir eines sagen; irgendwie bist du in all die Zwischenfälle mit den Digimon, die hier erscheinen, verwickelt.« Er richtete sich wieder auf und umklammerte sein rechtes Bein. Dann guckte er zu Impmon, welches begann auf der Unterlippe zu nagen. »Und ich weiß von der Sache mit Gomamon.« Entsetzt riss Impmon die Augen auf. Aber natürlich. Das würde erklären, warum ihm die Straßenpatrouille gefolgt war. Chika spürte die Anspannung der beiden und warf einmal ihr Kissen in die Luft, damit sie es wieder auffangen konnte. »Es ist okay«, sagte sie leise. »Morgen sieht die Welt schon anders aus, vielleicht magst du ja dann reden?« Impmon sagte nichts, doch es wirkte sichtlich erleichtert. Und es wägte sogar ernsthaft diesen Gedanken ab. »Also schön«, rief Masaru enthusiastisch aus und klatschte zweimal in die Hände. »Du, Impmon, nimmst Chikas Schlafsack, damit der Angstfuß da drüben seinen eigenen hat. Und du, Chika-chan, schläfst bei mir im Bett.« »Was? Du spinnst wohl, wie peinlich ist das denn! Außerdem machst du dich immer voll fett und du bist ein chronischer Deckendieb!« Das Gezeter ging noch ein wenig weiter, doch letztendlich nahm jeder seinen Schlafplatz ein. Rasch hörte Impmon das vertraute Schnarchen von Masaru und Agumon und knirschte mit den Zähnen. »Ist ja kaum auszuhalten«, flüsterte es, versuchte dennoch die Augen zu schließen. Plötzlich war ihm, als würde es beobachtet. Sofort saß es kerzengerade auf und sah zu dem Fenster. Davor hing zwar ein Vorhang, doch das Fenster war auf und die Luft verformte den Stoff in gruselige Figuren. Außerdem wurde das lilafarbene Digimon noch immer sein ungutes Gefühl nicht los. Auch wenn es bei diesen Vollpfosten hier eigentlich absolut sicher war. Masaru und Agumon mochten Idioten in seinen Augen sein, aber auf die Leistungen, die es von den beiden gehört hatte, hielt es große Stücke. Und dennoch wollte es sie potentiell nicht in Gefahr bringen. Also stand es leise auf und schlich sich aus dem Zimmer. Als es auf dem Treppenansatz angekommen war atmete es tief aus. Auf einmal spürte es etwas an der Schulter streifen und drehte sich ruckartig um. Ihm gegenüber stand Chika, sie sah nicht so aus, als hätte sie geschlafen gehabt. »Geh nicht weg«, sagte sie leise mit einem Anflug von Trauer in der Stimme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)