Tödliches Spiel: Auftakt von UrrSharrador (Das Leben ist kein Spiel. Der Tod schon ...) ================================================================================ Prolog: Das allererste Spiel ---------------------------- Ein Schrei war das erste. Er eröffnete das allererste Spiel. Orochimaru sah zu, wie sich sein Opfer zu regen begann. „Hilfeeee!! Hört mich keiner?!“ Keuchend hielt Zaku mit dem Brüllen inne. Er spürte den dumpfen Schmerz in seinem Hinterkopf und schmeckte bittere Galle auf seiner Zunge. Wie war er hierhergekommen? Und wo war er überhaupt? Es war fast völlig finster, nur eine nackte Glühbirne über ihm spendete kaltes Licht. Stöhnend versuchte er sich zu bewegen. Er war mit eisernen Schnallen an einen niedrigen Tisch gefesselt. Nur seinen rechten Arm hatte er frei. Mit fahrigen Bewegungen tastete er seinen Körper ab, versuchte, die Schnallen zu öffnen. Vergeblich. Sie hatten nicht einmal Löcher für Schlüssel; allerdings sah er, dass dünne Kabel aus ihnen hervor wuchsen und unter dem Tisch verschwanden. Zakus Augen gewöhnten sich langsam an das Halbdunkel und er sah, dass um seinen freien Arm ebenfalls ein Kabel gewickelt war, ein dickeres diesmal, das mit dünnen Drähten so fest an seine Haut gezurrt war, dass es wehtat. Ein mieses Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus, und er erstarrte. Ein einzelner Schweißtropfen lief ihm von der Schläfe, kitzelte sein Ohr und fiel auf die hölzerne Tischplatte. „Haben Sie sich ein Bild von Ihrer Lage gemacht?“, ertönte eine raue, kratzige Stimme. Zakus Kopf ruckte herum. Geblendet schloss er die Augen, als vor ihm noch zwei Lampen aufflammten. Als er die Tränen aus seinen Augen geblinzelt hatte, erkannte er die Person, die keine drei Meter vor ihm stand. „Sie?“, keuchte er ungläubig. „Ich möchte ein Spiel spielen, Zaku“, sagte der Mann mit den Schlangenaugen ruhig, während Zaku weiter erfolglos an seinen Fesseln zerrte. „Geben Sie sich keine Mühe. Es gibt nur einen Weg, wie Sie frei kommen.“ „Was soll das, verdammt?“, schrie Zaku. „Ich hab für Sie gearbeitet! Machen Sie mich sofort los!“ „Sie sind ein schlechter Mensch, Zaku, und das wissen Sie“, fuhr der Mann ungerührt fort. „Ich hatte ausreichend Gelegenheit, um einiges über Sie in Erfahrung zu bringen. Ich habe Sie immer gut bezahlt, doch das dürfte Ihnen zu wenig gewesen sein.“ Zaku versuchte immer verzweifelter, sich zu befreien, wurde aber nur von einem stechenden Schmerz in seinem linken Handgelenk belohnt, der ihm Tränen in die Augen trieb. „Sie haben mit aller Macht versucht, Geld an sich zu reißen. Sie haben zusammengerafft, wo es ging, und sich nicht darum geschert, ob Sie Gesetze brechen oder anderen damit schaden. Heute erhalten Sie die Möglichkeit, mit alledem abzuschließen.“ „Was reden Sie da? Wo bin ich, verdammte Scheiße!?“, schrie Zaku. Orochimaru deutete vor sich auf den Tisch. Zaku folgte seinem Blick und riss die Augen auf. „Was … Was haben Sie vor …?“ An der Kante des Tisches standen zwei Kreissägen, eine kleinere und eine beängstigend große. „Wie ich schon sagte, ich werde Sie testen“, fuhr Orochimaru mit seiner rauchigen Stimme fort. „Um die heutige Nacht zu überleben, müssen Sie beweisen, dass Sie einige Grundsätze verstanden haben. Sie waren Ihr Lebtag nur auf Ihren Vorteil bedacht, ohne selbst ein Opfer dafür zu bringen. Geopfert haben Sie zu diesem Zweck das Glück anderer. Heute werden Sie lernen, dass auch Sie ein Opfer bringen müssen, um im großen Spiel des Lebens weiterzukommen.“ Zaku schwitzte. Sein Schweiß lief ihm in die Augen und brannte. Das konnte doch nur ein schlechter Traum sein … Orochimaru und … Orochimaru und die Sägen … „Sobald ich einen Schalter drücke, werden sich die beiden Sägen in Bewegung setzen. Wenn Sie den rechten Arm ausstrecken, wird die kleine Säge ihn in sechzig Sekunden erreicht und durchtrennt haben. Gleichzeitig wird auch das Kabel gekappt, das um Ihren Arm gewickelt ist. Somit wird ein Stromkreis unterbrochen und Ihre Fesseln werden aufspringen.“ „Du hast sie ja nicht mehr alle!“, stieß Zaku hervor. Seine brennenden Augen zitterten. Orochimaru ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Wenn Sie Ihren Arm allerdings nicht opfern wollen, wird die große Kreissäge Ihren Körper dreißig Sekunden später erreichen und ihn mittendurch sägen. Ich bete für Sie, dass Sie die Regeln, die Ihnen vorgegeben werden, wenigstens diesmal einhalten können. Das Spiel ist eröffnet.“ „Warte – das kannst du nicht machen! Hey!“, brüllte Zaku wie am Spieß, als Orochimaru sich vorbeugte. Zaku hörte in der folgenden, atemlosen Stille das Klicken eines Schalters, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Mit einem ohrenbetäubenden Kreischen erwachten die Sägeblätter zum Leben. Zaku stimmte in den schrillen Chor mit ein, als er sah, wie sie sich durch das Holz des Tisches fraßen und mit vernichtender Endgültigkeit auf ihn zuhielten, unaufhaltsam, unzerstörbar, die kleine knapp neben seinem Körper, während ihr Kurs die größere genau zwischen seine festgeschnallten Beine führen würde. In Sekunden der Panik zappelte Zaku wie verrückt und riss an seinen eisernen Fesseln, dann riss er den rechten Arm herum und versuchte mit seinen Zähnen das Kabel zu durchbeißen, das ihn wie eine Schlange umklammerte, doch er schaffte es nicht einmal, die Isolierung zu durchbrechen. Während er panisch nach Luft schnappte, versuchte er, die Drähte zu lockern oder zu zerbeißen, um das Kabel wegziehen zu können. Ein stechender Schmerzblitz fuhr in einen seiner Zähne und ließ ihn aufkeuchen. Es war zwecklos. Entmutigt und schweißüberströmt ließ er den Arm wieder sinken. Die kleine, schnellere Säge hatte fast die Hälfte ihrer Strecke zurückgelegt. Er musste seinen Arm opfern, um … Nein, niemals, er konnte doch nicht …! Orochimaru sah ihm mit ausdruckslosem Gesicht zu, wie er den Arm erneut hob und so weit wie möglich nach links streckte. Sein Schultergelenk schmerzte, als würde es gleich ausgekugelt werden, als Zaku mit seinem Chakra das Loch in seiner linken Handfläche öffnete und einen schneidenden Luftstrom entweichen ließ, der genau auf seinen rechten Arm gerichtet war. Er fühlte, wie er an seiner Nase vorbeipfiff, selbst auf die Entfernung noch unangenehm und schmerzhaft. Wie winzige, messerscharfe Klingen riss die eisige Luft seine Haut auf. Zaku schrie wie am Spieß. Blut sickerte aus den Wunden hervor und wurde von der Luftströmung weggerissen. Mit einem metallischen Pling riss einer der Drähte. Das Kabel lockerte sich. „Zaku, halten Sie sich an die Regeln!“, hörte er Orochimarus Stimme über das Sausen der Luftschleusen und das Kreischen der Sägen. „Fick dich!“, schrie er guttural. Der Schmerz war unerträglich. Ein zweiter Draht riss und schnalzte gegen seine wunde Haut. Sein Arm begann zu zittern. Das Geräusch der Säge wurde ohrenbetäubend laut, als sie eine Handbreit neben seinem Kopf ins Leere fuhr, sein Haar flatterte. Dann, endlich, sah er, wie eine winzige Kerbe in der Isolierung des Kabels erschien. Er zwang sich dazu, seinen schmerzenden Arm in dieser Stellung zu halten – und eine Sekunde später meinte er, einen blauen Blitz aufflammen zu sehen. Ein Stromstoß zuckte durch seinen Arm seine Schulter hoch und verebbte, als der Luftstrom das Kabel zerschnitten hatte. Fast im gleichen Moment ertönte ein Klicken, und die Schnallen sprangen auf. Zaku warf sich mit letzter Kraft zur Seite, rutschte über die Tischkante und polterte zu Boden. Über sich hörte er immer noch die Sägen, die größere nun genau da, wo er eben noch gelegen war. Zitternd atmend und den verletzten Arm fest gegen die Brust pressend, stand er wankend auf. Sein Sichtfeld verschwamm. Er tat einen taumelnden Schritt und stieß mit dem Fuß gegen etwas. Mit wackeligen Knien ging er in die Hocke und hob mit der Linken eine spitze Metallstange auf, die dort am Boden lag und nur auf ihn zu warten schien. In seinem schmerzverzerrten Gesicht zuckte ein Grinsen. „Jetzt … bist … du dran“, schnaufte er – und stürzte auf Orochimaru zu, der sich nicht von der Stelle bewegt hatte. „Du Schwein!“, brüllte Zaku und stieß zu. Genau in dem Moment, in dem beide Sägen verstummten und der Tisch polternd auseinanderfiel, bohrte sich der Eisenspieß in Orochimarus Brust wie in Butter. Zaku verharrte einen Moment so und musste sich dann sogar gegen den Schlangenmann lehnen, um nicht zu stürzen. „Das hast du davon … Niemand legt sich mit mir an, verdammt …“ Etwas tropfte auf seine Hand, die den Schaft der Eisenstange noch nicht losgelassen hatte. Er senkte erleichtert lächelnd den Blick. Das war kein Blut. Die Erkenntnis traf Zaku wie eine kalte Dusche. Seine Pupillen wurden winzig klein, als er zurücktaumelte und Orochimaru ins Gesicht sah. Genauer gesagt, er sah dorthin, wo sein Gesicht hätte sein müssen. Der Schlangenmann hatte keinen Kopf mehr. Von den Schultern abwärts zerfloss er zu braunem, zähflüssigen Matsch, der auf dem Boden eine Pfütze bildete. Zaku war einem Schlammdoppelgänger auf den Leim gegangen. Er sah sich zum ersten Mal genau in diesem Raum um. Er war perfekt quadratisch, die Wände waren aus massivem Beton. Eine schwere, metallene Tür war der einzige Ausgang – sie hatte allerdings kleine Klinke. Zaku versuchte sie mit der heilen Hand aufzudrücken. Nichts rührte sich. Er biss die Zähne zusammen und warf sich dagegen. Ein bohrender Schmerz durchzuckte seine Schulter, aber die Tür regte sich keinen Millimeter. Auch seine Luftschleusen konnten ihr keinen Kratzer zufügen. Entmutigt und immer nervöser werdend sah er sich erneut in dem Raum um. Es gab nichts, womit er sie hätte aufbekommen können … Da fiel sein Blick auf etwas Glänzendes, das in dem Matschhaufen lag, in den sich Orochimarus Doppelgänger verwandelt hatte. Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend zog er einen einfachen Kassettenplayer aus dem Schlamm. Sein Finger zitterte, als er auf den Knopf drückte, der ihn abspielen ließ. Orochimarus Stimme knarzte ihm entgegen. „Sie haben versagt, Zaku. Wieder einmal haben Sie die Regeln gebrochen und das von Ihnen erwartete Opfer nicht gebracht. Doch Sie werden eines lernen: Gier führt letztendlich zur kompletten Vereinsamung. Der Raum, in dem Sie sich befinden, ist luftdicht versiegelt. Ich sehe keinen Grund, die Tür für Sie zu öffnen.“ Zaku ließ das Gerät fallen. „Game Over, Zaku.“ Mit einem verzweifelten Wutschrei brach Zaku in die Knie. Sein Blick streifte eine winzige Kamera in der Ecke des Raumes, ehe das Licht ausging. „Hier sieht es aus wie in einer Grabkammer“, stellte Kisame fest. „Hier war wohl schon seit Ewigkeiten niemand mehr.“ Der Keller war so mit Gerümpel vollgeräumt, dass nur ein schmaler Gang von etwa einem Meter Breite übrig blieb, um die Tür auf der anderen Seite zu erreichen. „Ich glaube, wir sind hier falsch.“ Deidara verglich die Berichte mit der Beschaffenheit des Raumes. „Das ist ein anderer Keller. Außerdem – würde sich eine Jugendbande in so einem Loch verstecken? Wo ist das Graffiti? Wo sind die Dart-Scheiben, die Sofas, der ganze Kram?“ „Sie haben die leeren Heroin-Spritzen vergessen“, meinte Kisame humorlos grinsend und entblößte eine Reihe spitzer Zähne. Die beiden Akatsuki-Agenten hatten von ihrem Vorgesetzten Itachi den Auftrag erhalten, das Versteck der jugendlichen Junkies, die sie letzte Woche nach langem Ermitteln wegen Drogendealens und einer ganzen Reihe von Eigentumsdelikten dingfest gemacht hatten, auszuforschen, um Beweise sicherzustellen. Offenbar war dies jedoch nicht die richtige Adresse, der Keller des verlassenen Hauses konnte unmöglich das Bandenversteck sein. „Gehen wir wieder?“, schlug Deidara vor. „Nicht so hastig, Detective“, hielt Kisame seinen Kollegen zurück. „Hinter die Tür will ich noch sehen.“ Er deutete auf die Brandschutztür am anderen Ende des künstlichen Tals zwischen den Bergen aus Schrott, alten Fahrrädern und staubigen Möbeln. „Was wird schon dahinter sein?“, maulte Deidara, während Kisame an der Tür rüttelte, die klemmte. „Noch mehr Müll und – Vorsicht!“ Er warf sich zur Seite und drückte Kisames Kopf nach unten. Ein Knall ertönte, und etwas schoss so dicht über ihren Köpfen hinweg, dass sie den scharfen Luftzug spürten. Mit klopfenden Herzen warteten sie eine halbe Minute, ehe sie es wagten, sich wieder aufzurichten. Kisame hatte die Tür geöffnet und damit einen teuflischen Mechanismus ausgelöst: An der inneren Klinke war eine Schnur befestigt gewesen, die den Abzug einer an der Wand montierten Schrotflinte gezogen hatte. „Teufel noch eins“, entfuhr es Kisame. „Danke, Detective.“ „Ich glaube, ich nehme zurück, was ich vorher gesagt habe“, murmelte Deidara. Seine Stimme zitterte ein wenig. „Wir sollten diesen Keller auf jeden Fall unter die Lupe nehmen.“ Der Raum mit der Gewehrfalle maß keine zwei Meter, und auf der linken Seite war eine weitere Tür, diesmal aus Eisen, mit einer Gummiabdichtung an den Rändern. Die beiden Akatsuki-Agenten nickten einander zu. Diesmal zog Deidara die Tür auf. Sie hielten sich beide wohlweislich außerhalb der Schusslinie auf, sollte auch hier eine Falle auf sie warten. Die Tür war erstaunlich schwer aufzuziehen und öffnete sich mit einem saugenden Geräusch. Dahinter war es stockfinster. „Warten Sie, hier draußen ist ein Lichtschalter“, sagte Kisame. Rechts neben der Tür gab es außerdem noch einen Fernsehbildschirm, der allerdings längst tot war. Deidara blinzelte, als das Licht anging. „Was zum …“, entfuhr ihm, als er wieder sehen konnte. Die beiden traten in den Raum, nicht ohne sich zu vergewissern, dass nicht irgendwo doch noch eine Falle auf sie wartete. In der Mitte der Kammer lagen Trümmer eines zerteilten Tisches oder etwas in der Art, nicht weit davon entfernt lag eine Leiche: Ein junger Mann, dessen rechter Arm verletzt war, der aber nicht daran gestorben sein konnte. War er erstickt? „Sehen Sie sich das an, Detective“, sagte Kisame und deutete auf die Nachricht, die das Opfer mit seinem eigenen Blut auf den Boden gemalt hatte. Sie war schmutzig braun geworden und kaum noch zu entziffern, doch es handelte sich um ein einziges Wort. „Orochimaru“, las Deidara vor. „Was soll das heißen? Hat der ihm das angetan? Haben Sie von dem schon mal gehört?“ Kisame schüttelte den Kopf und besah sich noch einmal genau den Tatort. „Und dabei wollten wir nur ein Bandenversteck finden … Wir sollten die Spurensicherung rufen. Ich glaube, wir sind hier auf was sehr, sehr Heißes gestoßen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)