Ein zweiter Versuch von maidlin (Luke Castellan-Rick Riordan) ================================================================================ Kapitel 1: Unsanfte Ankunft --------------------------- Unsanfte Ankunft Es war eine laue Sommernacht, die nichts von den Gefahren erahnen ließ, die sich unaufhaltsam näherten. Jeder war angespannt: Götter, Halbgötter, Satyrn, Nymphen und all die anderen, die auf ihrer Seite kämpfen würden. Sie fürchtete einen weiteren, heftigen Schlag von Gaia, noch bevor sie selbst bereit waren. Etwas, bevor die sieben Demigods zusammen waren und nach Griechenland segeln konnten. Auch das Schiff war noch nicht beendet. Ein paar Wochen würde es noch dauern. Ja, sie hatten einige Schlachten gewonnen, hatten Gaia für den Moment aufhalten können, doch damit hatten sie lediglich Zeit gewonnen. Zeit, die sie zweifellos brauchten, die die letzte Schlacht jedoch nicht verhinderte. Schon jetzt hatten die Kämpfe einigen von ihnen das Leben gekostet, Halbgöttern, wie Satyrn und anderen. Doch es hielt sich in Grenzen, es war ertragbar und noch lange nicht so schlimm, wie im Krieg gegen Kronos. Aber es würden noch mehr werden, sehr viel mehr. Und allein dieser Gedanke ließ Chiron beinah verzweifeln. Jeden Tag sah er all diese Kinder, wie sie trainierten und entschlossen waren zu kämpfen und wenn er hin und wieder nicht aufpasste, fragte er sich, welcher von ihnen das nächste Jahr erleben würde. Es war ein grausiger Gedanke, doch er hatte schon zu lange gelebt, schon zu viel gesehen, um sich ihn nicht zu stellen. Das war der Krieg, er forderte Opfer. Alles was sie tun konnten war lediglich dafür zu sorgen, dass die Gegenseite ebenso verwundet wurde, wenn sie sie nicht ganz vernichten konnten. Wenigstens war Percy zurückgekehrt. Auch er hatte im Camp, der römischen Kinder, viel erlebt, hatte eine Mission von ungeheurer Gefährlichkeit gemeistert und hatte sich Lupas Respekt verdient. Seine Unverwundbarkeit hatte er jedoch eingebüßt. Mit Sorge dachte Chiron daran, wie unvorsichtig sein Schützling war, wenn er mit Leib und Seele einen Kampf kämpfte. Mit Percy hatten sie vier der Sieben gefunden, fehlte nur noch drei. Doch wie würden sie sie erkennen? Möglicherweise kannten sie sie schon längst und erkannten sie nur nicht. Oder wurden die verbliebenen drei noch immer von ihrem göttlichen Elternteil verborgen, so wie Piper und Leo einst? Rachel würden ihm bei ihrem nächsten Besuch vielleicht ein paar Antworten geben können, dachte Chiron. Aber sie würde erst kommen, wenn sie ihre Abschlussprüfungen für dieses Schuljahr geschrieben hatte, eher nicht. Bei ihrem letzten Gespräch hatte sie ihm jedoch versichert, dass sie noch keinerlei Hinweise auf die anderen drei Kinder hatte. Sie mussten sich also weiterhin gedulden. Inzwischen würden sie den trügerischen Frieden genießen, der doch erholsam war. Sie mussten ihre Kräfte sammeln, um für den nächsten Angriff bereit zu sein. Chiron rollte in seinem Rollstuhl vom Fenster weg, hinüber zu seiner Musikanlage. Rechts daneben stand ein Regal das überquoll mit CDs. Chirons Finger glitten über die CD-Rücken und seine Augen lasen die Titel, die er doch auswendig kannte. Er hatte sie alle, Klassiger wie Mozart und Bach, Hayden und Beethoven, ebenso wie Frank Sinatra oder Elvis Presley und noch sehr viel mehr. Doch an diesem Abend entschied er sich für eine CD von Yiruma. Während er die CD einlegte, fragte er sich einmal mehr, wie es sein konnte, dass dieser talentierte, junge Musiker kein Halbgott war. Zumindest sagte Apollo das. Aber in seiner Großartigkeit war er natürlich davon überzeugt, dass einer von Yirumas Vorfahren zweifelsohne eines seiner Kinder gewesen sein musste. Chiron schüttelte einmal mehr den Kopf, wenn er an das Ego des Gottes dachte, musste gleichzeitig aber lächeln. Das war eben typisch Apollo. Wenige Augenblicke später erklangen die ersten sanften Töne von „ The River Flows In You“ und Chiron lehnte sich entspannt in seinem Rollstuhl zurück. Er versuchte sich nur auf die Musik, das Klavierspiel, zu konzentrieren und nicht an all die anderen Sorgen zu denken, die sonst seinen Geist beschäftigten. Diesen Abend wollte er genießen. Das Wetter und die Stimmung waren einfach perfekt dazu und niemand konnte ihm garantieren, dass es morgen noch einmal so sein würde. Seine Sorgen aber, das wusste er leider nur zu gut, würden am nächsten Morgen immer noch die gleichen sein. Er atmete tief ein und aus und für einen kurzen Moment gelang es ihm wirklich, alles um sich herum zu vergessen und sich von der Musik forttragen zu lassen. Leider währte dieser Augenblick nicht lange. Plötzlich spürte er ein Kribbeln im Nacken. Unruhe und Anspannung machten sich in ihm breit. Jemand oder etwas näherte sich, dachte er und schlug die Augen auf. Er schaute sich im Raum um, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen. Das Gefühl jedoch hielt an und wurde stärker. Er griff an die Räder des Rollstuhls und bewegte sich weiter durch den Raum. Es schien aus dem Nebenraum zu kommen, dachte er während er eine Hand bereits an den Türgriff legte und ihn langsam nach unten drückte. Es war kein Gott, der sich da ankündigte. Nein, diese Macht war größer. Die Tür schwang auf und ein weißes, helles Licht schwebte im Raum. Es war so hell, dass es Chiron blendete und er schützend die Hand vor die Augen hob. Es wurde unaufhaltsam größer und größer. Durch seine Finger hindurch versuchte Chiron etwas zu erkennen, während er glaubte, dass das Licht ihn gleich verschlingen würde. Langsam ließ Chiron die Hand sinken. Er traute seinen eigenen Augen nicht. Eine Gestalt schien sich in dem Licht zu manifestieren. Zumindest glaubte der Zentaur ein paar Beine zu erkennen. Dann zog sich das Licht zusammen und schloss sich um einen Körper herum. Keine Sekunde später explodierte es in einem grellen Lichtblitz und verschwand genauso plötzlich, wie es gekommen war. Vor Chirons Augen tanzen gelbe und weiße Punkte, so dass er nichts sehen konnte. Doch er hörte eindeutig wie etwas schwer zu Boden fiel und schmerzhaft aufstöhnte. Ein Mensch, dachte er, denn die Präsenz eines Gottes war es gewiss nicht. Es dauerte einen Moment ehe sich seine Augen wieder an die Umgebung gewöhnt hatten. Vor ihm auf dem Boden lag tatsächlich ein Mensch. Es war ein Mann, recht jung vielleicht und er krümmte sich von Schmerzen. In dem Dämmerlicht des Zimmers konnte er nicht viel mehr ausmachen. Viele Fragen schossen Chiron gleichzeitig durch den Kopf: Woher kam er? Wer war er? Was machte er hier? Was war mit ihm geschehen? Mit der Hand tastete Chiron nach dem Lichtschalter und betrachtete den Fremden näher. Der Mann war blond, schlank und groß gebaut. Sein Gesicht konnte er nicht erkennen, denn es war dem Boden zu gewandt. Er ahnte mehr, als das er es sah, dass es vor Schmerz verzerrt war. Mit der rechten Hand hielt sich der Mann eine Verletzung unter seinem linken Arm, die stark blutete. Eine kleine Blutlache bildete sich bereits unter ihm. Gerade wollte er nach Argus rufen, als die Gestalt vor ihm ganz auf den Boden sackte. Dabei drehte er den Kopf ein wenig und sah ihn aus blauen Augen an. Chiron hielt den Atem an und sein Herz setzte für einen Moment aus. Er hatte schon viel in seiner langen Existenz gesehen. Dinge, die er niemals für möglich gehalten hätte, erstaunliches und beängstigendes. Aber noch niemals hatte es etwas gegeben, was ihn so erschüttert hatte. „Hilf... mir.“, krächzte der Ankömmling heißer und kaum hörbar. „Bitte... Chiron...“ Dann stöhnte er abermals vor Schmerz auf und Chiron sah für einen Moment das Weiß in seinen Augen. Dann verlor er das Bewusstsein und bewegte sich nicht mehr. Dennoch konnte Chiron nichts anderes tun, als ihn weitere Sekunden einfach nur anzustarren. Ihn. Luke Castellan. Kapitel 2: Jede Menge Fragen und keine Antworten ------------------------------------------------ Ich mag meine "Spielwiese" und ich kann euch sagen, es wird immer verrückter. *lol* Aber das ist mir egal. Hier wird das unmögliche möglich gemacht und es gefällt mir. >.< ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Jede Menge Fragen und keine Antworten Chiron starrte noch immer auf das Bett. Wie lange mochte er das schon tun?, fragte er sich dumpf. Er drehte den Kopf ein wenig, um den Blickwinkel zu ändern, doch das Bild blieb gleich. Mit Daumen und Zeigefinger rieb er sich über die Augen, aber es änderte nichts. Es blieb immer noch die gleiche Person, die da in seinem Gästebett lag: Luke Castellan. Es war unverkennbar er. Die Narbe auf seinem Gesicht reichte ihm als Beweis. Er war es wirklich: Der Luke, der vor Monaten im Kampf gegen Kronos gestorben war, indem er sich selbst opferte und Kronos damit aufhielt. Percy hatte es ihm erzählt und er hatte es in Hermes Gesicht gesehen. Die drei Parzen hatten Lukes toten Körper mitgenommen. Er ist tot. Wie konnte es dann aber sein, dass er vor ihm im Bett lag?, dachte Chiron seufzend. In seinem Rollstuhl näherte sich Chiron dem Bett und hob vorsichtig die Decke an. Lukes Burstkorb hob und senkte sich ein wenig zu schnell und er hatte ein leichtes Fieber. Das war wohl nichts ungewöhnliches, wenn man bedachte, wo Luke herkam. Mehr Sorgen machte ihm die Wunde unter seinem linken Arm. Sie blutete immer noch und die Verbände hatten sie in den letzten fünf Stunden dreimal wechseln müssen. Ambrosia und Nektar zeigte nur schwach Wirkung, aber er wagte es auch nicht ihm mehr zu geben. Zum ersten Mal in seinem langen Leben wusste Chiron nicht so recht, was er tun sollte. Gleichzeitig versuchte er sich zusammenzureimen, was geschehen war, wie es möglich sein könnte, dass Luke wieder lebte. Als Antwort darauf kamen für ihn nur die drei Parzen in Frage. Sie hatten schließlich seinen Körper mitgenommen und sie wären auch in der Lage gewesen seine Seele aus der Unterwelt zurückzuholen. Vielleicht war seine Seele auch von allein entkommen, mutmaßte er weiter. Die Tore des Todes standen weit offen. Aber das beantwortete noch lange nicht das große „Warum?“, dass ihm unaufhörlich durch den Kopf ging. Dazu wollte ihm nichts einfallen. Nur die Verwunderung darüber, was die drei Parzen überhaupt mit seinem Körper gewollt hatten, drängte sich wieder nach oben. Das hatte er sich schon damals gefragt. Luke hätte eine Feuerbestattung, wie alle anderen Halbgötter, erhalten sollen. Warum haben sie seinen Körper mitgenommen? Unter all diesen Fragen, überlegte er auch, ob er den anderen davon berichtet sollte. Es wäre seine Pflicht die Götter zu informieren, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Sollte er aber nicht wenigstens Hermes davon berichten? Er würde es sicher sofort wissen wollen. Als würde er sich selbst antworten schüttelte der Zentaur den Kopf. Er würde abwarten, was weiter geschah. Wenn die Wunde weiterhin so blutete, konnte es gut möglich sein, dass er es ein weiteres Mal nicht überlebte. Es musste die Stelle sein, an der seine Seele saß. Außerdem war es gut möglich, dass Luke seinen Vater gar nicht bei sich haben wollte. Nein, er würde warten bis Luke wenigstens wieder erwacht war. Es war möglich, dass dieser ja ein paar Antwortete auf seine Fragen hatte. Den nächsten Tag verbrachte Chiron so, wie all die anderen Tage auch. Das Training ging weiter, doch er mied es länger mit Percy oder gar Annabeth allein zu sein. Diese beiden kannten ihn inzwischen ein wenig zu gut, als dass sie seine Sorgen nicht bemerkt hätten. Natürlich würde er ihnen irgendwann alles erzählen, nur wusste er noch nicht so ganz, wie er es anstellen sollte. Besonders Annabeth würde die Nachricht von Lukes plötzlicher Wiederauferstehung sehr verstören. Percy hingegen würde wohl mehr wütend sein, womit er leben konnte, allerdings wollte er sich damit noch nicht auseinandersetzen. Er hatte sich entschieden abzuwarten und im Moment gab es keine Anzeichen einer Verbesserung oder Verschlechterung von Lukes Zustand. Es war noch genauso wie am Abend zuvor. Dennoch schaffte es Percy ihn nach dem Abendessen abzupassen. „Stimmt etwas nicht?“, fragte er ihn ohne Umschweife und sah ihn mit seinen meerblauen Augen direkt an. „Nein, es ist alles in Ordnung, wie kommst du darauf?“, antwortete er und lächelte ihn entschuldigend an. Skeptisch hob Percy eine Augenbraue, nickte aber nur. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Wenn ich irgendetwas wüsste, was uns weiterhelfen könnte oder Gefahr bedeutete, würde ich es euch sagen.“ „Mmh.“, brummte Percy missmutig und Chiron konnte es ihm nicht einmal verübeln. Er hatte schon oft ein paar wichtige Details ausgelassen, einfach weil der Zeitpunkt noch nicht reif dafür gewesen war. Genauso, wie jetzt auch. Nach dem Essen wurde noch gesungen und getanzt und das Feuer loderte in satten, strahlenden Farben, die die Stimmung der Camper wiederspiegelten, hoch. Die jungen Leute lachten und scherzten miteinander und Chiron war es eine Freude ihnen dabei zuzusehen. Das würde ihm wohl nie langweilig werden. In diesem Moment dachte niemand an die drohenden Gefahren und es war schön zu sehen, dass sie noch so unbeschwert sein konnten. Trotzdem waren seine Gedanken an diesem Abend nicht richtig bei der Sache und da Percy ihn immer wieder misstrauisch musterte wusste er, dass er es nicht gut verbergen konnte. Vielleicht sollte er sich einfach zurückziehen, überlegte er gerade als Argos an ihn herantrat. Der Zentaur beugte sich ein wenig nach unten und nickte kurz, als Argos seine Nachricht überbracht hatte. Ohne sich zu verabschieden wandte Chiron sich von seinen Schützlingen ab, wissend dass ihm dies erst recht Misstrauen einbrachte und ging ins Haupthaus zurück. Dort setzte er sich in seinen magischen Rollstuhl, so dass seine langen Pferdebeine darin verschwanden und rollte schließlich ins Haus zurück. Im Gästezimmer brannte ein Licht und er klopfte an, um sich anzukündigen, bevor er es betrat. Luke lag eigentlich noch immer so da, wie er ihn am Morgen verlassen hatte, nur dass er dieses Mal die Augen geöffnet hatte und zur Decke sah. Argos hatte berichtet, dass die Blutung gegen Mittag aufgehört hatte. Es wurde einfach immer unglaublicher. Als Chiron in sein Sichtfeld kam drehte Luke den Kopf ein wenig und sah ihn aus blutunterlaufenen Augen an. Tiefe, schwarze Ringe saßen unter den Augen, als hätte er tagelang nicht geschlafen. Seine Haut wirkte grau und fahl, wie die eines Toten. Nur seine Augen leuchtete noch in dem gleichen Blau, wie eh und je. „Was...“, formte Luke mit rissigen Lippen und befeuchtete sie dann mit der Zunge. Jedes Wort fiel ihm offenbar schwer und dennoch zwang er sich dazu zu reden. „Was ist passiert?“, krächzte er. Chiron verstand ihm kaum. „Ich hatte gehofft, du könntest mir das sagen.“, antwortete er ruhig und leise. Er hatte das Gefühl, dass jedes laute Wort Luke schwächen könnte. Obwohl diese Überlegung natürlich vollkommen widersinnig war, gestand er sich. Aber von dem Ausnahmetalent, das vor so vielen Jahren ins Camp gekommen war, von dem Jungen der immer einen passenden Spruch auf den Lippen hatte, sich den jüngeren angenommen und ja, auch verbitterte gewesen war, weil er geglaubt hatte sein Vater würde ihn nicht lieben, war nicht mehr viel übrig. Er war zerbrechlich und schwach, anders konnte es Chiron nicht in Worte fassen. Luke drehte den Kopf wieder, so dass er abermals zur Decke sah und schluckte heftig. „Es war kein Traum gewesen. Dafür... dafür tut es zu sehr weh.“, brachte er hervor und wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Er versuchte seinen Körper nicht zu viel zu bewegen, doch der Schmerz in seiner linken Körperhälfte war unerträglich und sogar Tränen traten ihm in die Augen. „Die Tore sind offen.“, wisperte Luke schließlich, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. „Mein Körper war... war unversehrt. Aber ich weiß nicht,... Ich kann mich nicht ... erinnern...“ „Das musst du auch nicht, zumindest jetzt nicht. Es wird lange dauern, bist du dich erholt hast.“ Daraufhin nickte Luke leicht und schloss die Augen wieder. Kurz überprüfte Chiron das Fieber. Es war leicht gestiegen. Kapitel 3: Real or not real? ---------------------------- Ich bin immer noch glücklich, diese FF zu schreiben und das werte ich mal als gutes Zeichen. >.< Es geht voran, auch mit weiteren Kapiteln. Und bald werde ich „The Son of Neptune“ endlich in den Händen halten. Aber das wird mich nicht daran hindern, hier weiter zu schreiben. XD Fühl mich auf meinem Spielplatz gerade so wohl. *lol* PS: Der Titel kann einigen vielleicht bekannt vorkommen. Ich habe ihn aus „The Hunger Games“ Book 3 entliehen. Er passte einfach zu diesem Kapitel und beschreibt es ganz treffend.^^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Real or not real? Auch am darauffolgenden Tag schwankte das Fieber. Es fiel und stieg kurz darauf wieder an. Luke war ansprechbar und er antwortete Chiron auch auf Fragen, genauso wie er wusste, wo er sich befand und was geschehen war, dennoch behagte Chiron dieser Zustand gar nicht. Es schien keine richtige Ursache für das Fieber zu geben. Die Wunde unter Lukes Arm hatte vollständig aufgehört zu bluten und heilte schnell, viel zu schnell. „Es wird nicht besser oder?“, fragte Luke schließlich, als Chiron erneut ein Fiberthermometer aus seine Mund nahm. „Wie kommst du darauf?“, fragte Chiron, während er die Zahl ablas. 39,5°C, es war wieder gestiegen. „Naja, ich fühl mich nicht gerade, wie das blühende Leben.“ „Du warst tot.“, erwiderte er etwas schroffer als beabsichtigt. „Was für ein Wortspiel.“, feixte Luke zurück und zuckte dann vor Schmerz zusammen. „Wenn du deinen Sarkasmus wieder gefunden hast, kann ich auch die Götter informieren.“ Luke drehten den Kopf und sah ihn verwundert an. „Das hast du noch nicht getan?“ „Nein, ich wollte warten bis...“ „Ich es überlebe, richtig.“, beendete er den Satz für ihn. „Es weiß niemand dass ich hier bin?“, fragte er leise und etwas ungläubig. „Nein.“ „Was haben sie mit mir vor?“, fragte er schließlich und sprach mehr zu sich selbst, als mit dem Zentaur. „Warum ich?“ „Das wüsste ich auch gern und die Götter sicher auch, wenn sie davon erfahren.“ „Wie viel Zeit ist vergangen?“, wollte Luke plötzlich wissen. „Was ist passiert?“ „Etwas mehr als ein Jahr und naja... es ist noch nicht vorbei.“ In kurzen Worten erzählte Chiron von den Ereignissen um Gaia und Heras Verschwinden. Das römische Camp und welche Rolle es inzwischen spielte, ließ er dabei aus. Er hatte noch nicht entschieden, wie weit er Luke vertrauen konnte. Luke antwortete nicht, sondern starrte eine Weile vor sich hin. Schließlich schloss er die Augen und Chiron glaubte bereits, dass er wieder einschlief, als er noch einmal mit brüchiger Stimme sprach: „Was ist mit meiner Mutter?“ Darauf war Chiron nicht vorbereitet gewesen und er zögerte, ehe er ihm antwortete: „Ich weiß es nicht.“ „Weiß sie es? Dass ich gestorben bin, meine ich.“ „Ich denke ja, sie...“ „Sag es mir. Was ist wirklich passiert. Warum war sie so... Ich hätte nicht... “ Er atmete zitternd aus. Allein die Vorstellung ihrer leuchtend grünen Augen machte ihm immer noch Angst. Sie hatte es ihm erzählt, aber es... Der Gedanke zerriss, wie ein spröder Faden und er versank abermals in Schlaf. Das Fieber stieg noch ein wenig mehr und da sich Chiron einfach nicht erklären konnte, Lukes Körper schwächer statt stärker wurde, sandte er an den darauffolgenden Tag schließlich eine Nachricht. Er würde nicht gleich kommen, dessen war sich Chiron bewusst, aber bis es so weit war, würde er sich inzwischen überlegen, wie er es ihm am besten beibrachte. Doch schon am Nachmittag erhielt er Antwort. Sie waren in der Arena beim Schwertkampftraining und Percy zeigte wieder einmal sein außergewöhnliches Können. Es gab kaum jemanden, der ihm gewachsen war und für die Jüngeren war er inzwischen ein ausgesprochen guter Lehrer. Wie wohl ein Kampf zwischen ihm und Luke enden würde? Luke war seit 300 Jahren der besten Kämpfer überhaupt gewesen und Percy hatte zweifelsohne das gleiche Können erreicht. Aber auch er brauchte jemanden mit dem er sich Messen konnte. Es würde sicher interessant werden. Nur würde es kein reiner Übungskampf sein, dachte Chiron. Gerade hatte Percy einen Neuankömmling vor sich, der gerade einmal drei Tage im Camp war und erklärte diesem die Grundhaltung. Plötzlich spürte Chiron hinter sich eine Präsenz, die er sofort erkannte. Er drehte den Kopf und blickte in das Gesicht des Götterboten. „Du wolltest mich sprechen?“, fragte dieser und ignorierte die Blicke, die ihn die Kinder zuwarfen. Chiron sah, wie sich Hermes Kinder erhoben hatten, als erwarteten sie, dass er ihretwegen da war. Was würden sie wohl denken, wenn sie die Wahrheit kannten? Aber auch Percy hatte mit dem Training aufgehört und musterte Chiron gespannt. Er erwartete wohl schlechte Neuigkeiten. Warum sonst sollte ein Gott im Camp erscheinen? Hermes selbst, war wie ein gewöhnlicher Mensch gekleidet, der während des Joggens zufällig an ihrem Camp vorbei gelaufen war. Dieses Mal war sein Trainingsanzug dunkelblau und passte zu der Farbe seiner Augen. Das dunkle, lockige Haar hing ihm leicht in die Stirn und auf seinem Gesicht lag das schelmische Grinsen, welches auch seine Kinder auszeichnete. „Ja, ich muss dir etwas zeigen.“, antwortete Chiron ihm kurz. „Ihr macht weiter wie bisher. Percy, ich verlass mich auf dich!“, rief Chiron seinem Schützlingen zu. Doch bevor er sich umdrehte sah er wie Percy Annabeth einen fragenden Blick zu warf. Er würde sich bald etwas einfallen lassen müssen, um ihn vor weiteren Fragen abzuhalten. Hermes nickte sowohl Percy, als auch seinen eigenen Kindern kurz zu, sprach aber nicht mit ihnen. „Was gibt es? Du weißt, dass ich nicht viel Zeit habe.“, sagte Hermes an Chiron gewandt, während sie den Weg zum Haus zurückgingen. „Und dann machst du es auch noch so spannend und verlangst, dass ich den Anderen nichts sage.“ Neugier klang in seiner Stimme mit und in seinen Augen lag ein Glitzern. Er konnte nicht verbergen, dass es ihm Freude machte, mehr zu wissen, als die anderen Götter. „Wart’s ab.“, murmelte Chiron bloß. „Ich hätte nicht gedacht, dass du schon so bald reagierst.“ Ihm war bisher noch nichts Passendes eingefallen, wie er die Sache erläutern könnte. Er hatte ja nicht einmal eine eigene Erklärung. Chiron wollte ihn gern vorwarnen, doch jedes Wort schien ihm unpassend und er bezweifelte, dass er ihm überhaupt glauben würde. Als er wieder in seinem magischen Rollstuhl saß führte Chiron Hermes geradewegs in das Zimmer, in dem Luke lag. Vor der Tür blieb er schließlich stehen und sah seinen alten Freund an. „Vor drei Tagen hat sich etwas sehr merkwürdiges ereignet.“, begann er schließlich. „Jemand ist plötzlich einfach im Gemeinschaftsraum aufgetaucht, schwer verletzt. Am Anfang sah es so aus, als würde er sich erholen, aber jetzt... Ich dachte, du solltest es dir mal ansehen.“ „Solltest du dann nicht eher Apollo holen?“, fragte Hermes skeptisch. „Das habe ich auch überlegt, aber naja... Sagen wir mal, es wäre keiner so richtig von dem Patienten begeistert.“ „Aber ich?“ „Sieh es dir an.“, sagte Chiron und stieß die Tür auf. Er ließ Hermes den Vortritt und wartete im Türrahmen. Der Raum war dunkel und nur spärlich drang Licht durch die verschlossenen Vorhänge. Im Bett, welches an der Wand stand, lag eine Gestalt, eingehüllt in Decken und mit dem Rücken zu Hermes gedreht. Noch immer verstand der Götterbote einfach nicht, was vor sich ging. Die Person krümmte sich ein wenig, so dass sein Gesicht verborgen im Schatten lag. Hermes trat noch einen Schritt näher. Langsam fragte er sich immer mehr, was das eigentlich sollte. Was bezweckte Chiron damit? Er hatte keine Zeit für solche Spielchen. Nur leicht beugte sich Hermes über die Person und runzelten die Stirn. Es war ein Mann und? Fragend sah er Chiron an. „Ich verstehe immer noch nicht, was das Ganze soll. Ich kenne ihn nicht.“, sagte er ungeduldig. Chiron atmete scharf aus. „Sieh genauer hin.“, forderte er ihn auf. Noch einmal beugte sich Hermes über die Gestalt, dieses Mal tiefer und betrachtete das Gesicht des Mannes intensiver. Auch, wenn es im Schatten lag, so kam es ihm jetzt doch seltsam vertraut vor, fast so wie... Er erstarrte. Nein! Das war unmöglich!, dachte er. Sein Blick fuhr zu den Haaren des Jungen, Sandblond. Das war nichts ungewöhnliches, dachte er, doch nun erkannte er die einzelnen grauen Strähnen. Mit einem Satz nach hinten wich Hermes zurück und starrte doch ungläubig auf den Menschen vor sich. „Mach das Licht an.“, forderte er den Zentaur mit trockenem Mund auf. Dieser seufzte, betätigte dann aber den Lichtschalter. Erst jetzt rollte Chiron ins Zimmer und stellte sich neben seinen Freund. Im gleichen Moment zuckte Lukes Körper zusammen. Das Licht musste ihn wohl geweckt haben. Dann drehte er sich auf den Rücken. Langsam öffnete Luke die Augen und blinzelte ein paar Mal. Er strich sich mit der Hand über das Gesicht, als wollte er den Schlaf vertreiben. Kraftlos ließ er den Arm sinken und sein Blick fiel zur Seite. Ein paar Sekunden lang starrte er auf die beiden Männer und blinzelte erneut. Anschließend formte sich ein bitteres Lächeln auf seinen Lippen. „Ich bin schon wieder gestorben.“, murmelte er anteilnahmslos und wandte den Kopf ab. „Nein, das bist du nicht.“, erwiderte Chiron und legte eine Hand auf Lukes Stirn. Das Fieber schien ein wenig gesunken zu sein. „Wie kann es dann sein, dass ich ihn sehe?“, wiedersprach Luke schwach. „Er würde niemals kommen.“ Daraufhin blickte Chiron Hermes wortlos an. Es war an ihm etwas zu sagen oder tun, wenn er das denn wollte. „Wie kann das sein?“, flüsterte Hermes schließlich atemlos. Chiron zuckte mit den Schultern und beobachtete Luke weiterhin. Er schien schon wieder in den Schlaf abzudriften. „Ich weiß es nicht. Er tauchte einfach auf, in gleißendes Licht gehüllt. Er hatte die Wunde unter dem linken Arm, die aber verheilt. Dafür geht das Fieber einfach nicht weg.“, erklärte Chiron kurz. „Er ist es wirklich?“, fragte Hermes unsicher. „Du hast ihn doch gehört.“ Jetzt nickte der Gott stumm und wagte sich wieder einige Schritte nach vorn. Vorsichtig streckte er eine Hand nach Luke aus und berührte ihn an der Stirn, genau an jener Stelle, an der er ihn zum Schluss gesegnet hatte. Zu spät war er da gewesen, wie so oft in Lukes Leben. Kaum hatte seine Hand seinen Kopf berührt schlug Luke abermals die Augen auf und blickte ihn an. „Es ist anders.“, krächzte Luke. Es strengte ihn an sich zu konzentrieren oder bloß Worte zu formen. „Was ist anders?“, flüsterte Hermes leise und konnte nicht verhindern, dass seine Stimme bebte. „Nicht dunkel... ich kann dich sehen...“, sprach er in nicht zusammenhängenden Sätzen und am Ende brach seine Stimme ganz. Sein Atem ging gleichmäßig und als Hermes ihn ein weiteres Mal berührte und er nicht darauf reagierte, wusste er, dass er wieder eingeschlafen war. Hermes richtete sich auf und verließ wortlos das Zimmer. Chiron folgte ihm genauso schweigend. Kopfschüttelnd stand Hermes im Aufenthaltsraum und fuhr sich anschließend mit der Hand durch die Haare. „Ich begreife das nicht!“, stieß er schließlich aus und sah Chiron mit feurigen Augen an. „Er ist tot! Ich habe es gesehen!“ „Die Tores des Todes sind geöffnet.“, antwortete Chiron. „Sein Körper war unversehrt gewesen. Vielleicht ist seine Seele so dem Hades entkommen und... Ich kann es mir selber nicht richtig erklären und er hat offenbar auch keine Ahnung.“ „Aber...“, setzte Hermes an, hob die Hände und ließ sie wieder sinken. Dabei schüttelte er nochmal mit dem Kopf. „Was wirst du jetzt tun?“, wollte Chiron wissen. „Was?“, fragte seine Gegenüber und klang ehrlich verwirrt. „Es wäre deine Pflicht die anderen Götter zu unterrichten. Genau genommen hätte ich das schon längst tun sollen, aber... Ich wollte sehen, was passiert.“ „Du musst dich bei mir nicht rechtfertigen.“, sagte Hermes nun ruhiger und überlegte einen Moment. „Ich weiß es nicht, ganz ehrlich. Das Fieber sinkt nicht, sagtest du?“, war schließlich seine Antwort. „Nein, aber es gibt keinerlei Hinweise für eine Ursache.“ Der Götterbote ging an dem Zentaur vorbei, noch einmal in das Zimmer hinein in dem sein totgeglaubter Sohn schlief. Noch immer kopfschüttelnd betrachtete Hermes Luke. Sein Gesicht war blass und er hatte tiefe Ringe unter den Augen, aber bis auf das Fieber schien es ihm gut zugehen. Offenbar hatte er gerade einen Traum. Seine Augenlider flatterten heftig und darunter huschten seine Augen hin und her. „Er träumt oft so stark.“, sagte Chiron von der Tür aus. Hermes sah ihn an. „Es muss wohl nichts Gutes sein. Aber wenn ich ihn danach frage, antwortete er bloß, dass er sich nicht mehr erinnern kann.“, beantwortete Chiron, die unausgesprochene Frage. „Glaubst du ihm?“ Chiron zuckte mit den Schultern. „Er hat uns alle schon einmal sehr getäuscht.“ Stumm nickte Hermes. „Finden wird es heraus.“, murmelte er schließlich. Es sah so aus, als wollte er Lukes Stirn berühren, hielt dann aber inne und griff in seine Hosentasche. Er holte ein Handy hervor, um dessen Antenne sich zwei Schlangen wandten. „Wow, ich glaub’s nicht.“, flüsterte Martha. „Sollte er nicht mausetot sein?“, sagte George und lachte zischend. „Scht!“, fuhr Martha ihn an. „Wie kannst du nur so respektlos sein?!“, fragte sie. Doch Hermes achtete gar nicht auf die zwei Schlagen. Stattdessen reichte er das Handy Chiron. Es kam fast nie vor, dass er seinen wertvollsten und mächtigsten Besitzt aus der Hand gab, aber für diese Sache wollte er ungestört sein. Im Moment gab es etwas, was ihm noch wertvoller war. „Ich bin beschäftigt.“, gab er Chiron kurz als Anweisung und dieser verließ nickend den Raum. „Hast du eine Ratte für uns?“, fragte George sofort. „Du bist unmöglich!“, zischte Martha zurück. „Manchmal wünsche ich echt, wir würde nicht dauern zusammenhängen.“ „Du musst sie ja nicht essen.“, antwortete George. „Also, hast du?“ „Eine Ratte nicht, aber ich werde sehen, was ich finden kann.“, hörte Hermes Chiron antworten. Dann schloss er die Tür. Hermes ging zum Bett und dieses Mal zögerte er nicht, bevor er seine Hand auf Lukes Stirn legte. Er schloss selbst die Augen und versuchte in das Unterbewusstsein seines Sohnes vorzudringen. Kapitel 4: Innerer Kampf ------------------------ Ich habe „The Son of Neptune“ gelesen und bin hin und weg von dem Buch. *_* Und ich habe schon wieder jede Menge neue Ideen für weitere FFs, aber im Moment belass ich es erst mal bei dieser hier (und den zwei anderen, die ich noch schreibe). Das reicht erst Mal. Bis zum dritten Band der „Heroes of Olympus“ hab ich ja noch ein Jahr Zeit. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Innerer Kampf Es gab nichts. Wo immer er sich befand, dieser Ort war leer. Der Ort war in die Farben von schwarz und braun gehüllt, die sich endlos erstreckten. In der Ferne konnte Hermes ein Donnergrollen hören. Es klang, als würden immer wieder zwei Kräfte oder Dinge aufeinander prallen und ihr Zusammenstoß dieses Geräusch erzeugen. Und mit jedem Mal schien der Wucht des Aufpralls heftiger zu werden, denn das Grollen wurde beständig lauter. Hermes ging ein paar Schritte in dieser seltsamen Umgebung. Er achtete nicht darauf, wie weit er ging oder wohin. Nichts um ihn herum änderte sich. Doch das Grollen kam näher und auf einmal konnte er in etwas weiterer Entfernung zwei Lichter ausmachen, die sich schnell voneinander entfernten, um dann mit aller Kraft zusammenzustoßen. Gezielt näherte sich Hermes diesen Lichtern und dieses Mal schien er sich ihnen wirklich näher zu kommen. Sie wurden größer. Ein Licht war weiß, größer als Hermes selbst und so hell strahlend, dass es ihn blendete und er nicht länger als nur wenige Sekunden hineinsehen konnte. Dennoch flackerte es hin und wieder, als würde es an Kraft verlieren. Das andere Licht, war zwar kleiner, in seiner Farbe golden, aber um ein vielfaches machtvoller. Es war so machtvoll, dass es den Götterboten erzittern ließ. Abermals trafen die beiden Lichter aufeinander und Hermes gewann den Eindruck sie würden miteinander kämpfen. Aber warum und worum? Warum sah er so etwas Merkwürdiges in den Träumen seines Sohnes? Und dann konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass ihm das goldene Licht irgendwie bekannt vorkam. Der Götterbote ging in dieser kahlen Landschaft weiter. Er suchte nach Luke, doch er konnte ihn nirgends sehen. Was für ein seltsamer Traum, dachte er. Es war gewiss nicht das erste Mal, dass er in die Träume eines Halbgottes vordrang, doch noch nie war es so befremdlich gewesen. Die Lichter schienen sich mit ihm mit zubewegen und Hermes wollte sich gerade umdrehen und zurücklaufen, um seine Vermutung zu bestätigen, als er plötzlich weiter hinten ein Kind mit in diesen Nirgendwo sitzen sah. Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er dem Kind näher kam und sich bewusst wurde, wen er da sah. Es war ein Junge von ungefähr sieben Jahren, der sandblondes Haar hatte. Seine blauen Augen beobachteten müde die zwei Lichter, die noch immer ihren nicht enden wollenden Kampf ausfochten. Immer wenn sie aufeinander trafen zuckte er zusammen und verzog schmerzhaft das Gesicht. Mit zögerlichen Schritten trat Hermes an das Kind heran. Es war Luke, der dort saß. Luke als Kind. Der Traum wurde immer seltsamer. Wie konnte Luke jetzt erst vor ihm erscheinen? Er war es doch, der in seinem Traum war. Er sollte ihn lenken können. Unsicher stand Hermes vor seinen Sohn. Sollte er etwas sagen oder warten bis Luke sich zu ihm wandte? Bemerkt hatte er ihn doch sicher, dachte Hermes. Doch noch während er darüber nachdachte, trafen die Lichter dieses Mal so heftig aufeinander, dass sich selbst das Schwarz und Braun auflösten und alles in ein grelles Weiß tauchte. So schnell es aber auch geschehen war, so schnell verschwand es auch wieder. Dann begann das Spiel von vorn. „Was machst du hier?“, fragte ihn nun der junge Luke und Hermes sah ihn überrascht an. Er hätte nicht damit gerechnet, dass er überhaupt noch mit ihm sprach. Selbst in seinem Traum war sein Gesicht blass und von Anstrengung gekennzeichnet. „Was passiert hier?“, stellte Hermes die Gegenfrage und hielt weiter nach den Lichtern Ausschau. Doch plötzlich waren sie verschwunden. „Du wirst sie nicht sehen.“, kam Luke ihm zuvor und Hermes richtete seinen Blick fragend auf ihn. „Im Moment ist Ruhe.“, sprach Luke weiter und starrte abermals nach vorn. „Was für Ruhe? Was waren das für Lichter?“, fragte der Gott verwirrt. „Warum träumst du ausgerechnet von so etwas?“ „Ist es ein Traum?“, fragte Luke leise. „Ich wünschte es wäre so.“ „Luke?“ „Sie kämpfen.“, sagte das Kind weiter. Seine Stimme war monoton und beinah Gleichgültig, dennoch konnte Hermes hören, wie sehr es ihn mitnahm. „Worum?“, fragte der Gott und wurde immer verwirrter. Das alles ergab keinen Sinn. „Um den Körper.“, antwortete Luke einsilbig. „Luke, ich verstehe dich nicht. Was wollen diese Lichter? Was für ein Körper? Und warum ist hier alles so... “ „Nein, tust du nicht?“, fragte Luke ihn und sah ihn abermals an. Sein Blick war anklagend. Hermes kannte diesen Blick. Oft schon hatte er ihn im Gesicht seines Sohnes gesehen und jedes Mal verdient. Aber jetzt... „Erkennst du es nicht? Sind es wirklich nur Lichter für dich? Erkennst du ihn nicht? Erkennst du... mich nicht?“, wisperte Luke und ein verletzter Ausdruck trat in sein Gesicht. Hermes runzelte die Stirn und sah in die Richtung in der zuvor die beiden Lichter zu sehen gewesen waren. Gleichzeitig hörte er Lukes Worte noch einmal. Nicht nur das goldene Licht war ihm vertraut vorgekommen, sondern auch das weiße, überlegte er. Nein, korrigierte er sich selbst. Das waren keine einfachen Lichter. Niemals konnten sie solche Empfindungen in ihn Auslösen. Vielmehr waren sie... als würden sie für etwas, für jemand anderen stehen, als seien sie Abbildungen... Nein, das war ebenso falsch. Keine Abbildungen, sondern das, was ein Abbild ausmacht, der Kern – eine Seele. Rasch sog er den Atem ein, als ihn die Erkenntnis traf. In der Unterwelt nahmen sie die Gestalt des Menschen an, der sie im Leben waren, doch im Grunde konnten sie jede Gestalt haben. Die Lichter sah er auch nur, weil Luke sie so sehen wollte. Das hier war nicht bloß ein Traum, sondern Lukes Inneres. Das weiße der beiden Lichter musste Lukes Seele sein, führt er seine Gedanken fort. Er konnte nicht genau sagen, woher er das wusste, aber er war sich nun sicher. Das goldene hingegen, dessen war er sich nicht gewiss. Er kannte es ohne Zweifel und er spürte auch, dass es alt war, sehr viel älter als er selbst. „Er hat sich festgeklammert.“, hörte er Luke plötzlich sagen und sah ihn an. Dieser senkte jedoch den Kopf und vermied es so ihn direkt anzusehen. „Als ich ihn... als ich ihn aufhielt, klammerte er sich... fest. Deswegen ist er noch hier.“ Lukes Stimme wurde immer leiser und zögerlicher. Es musste ihn unheimlich viel Überwindung gekostet haben, es auszusprechen und vor allem sich ihm anzuvertrauen. Mit diesen Worten traf Hermes die Erkenntnis, wie ein Schlag. Das goldene Licht war Kronos selbst. Es war nur ein Bruchstück, ein winzig kleiner Teil seiner Existenz, aber selbst dieser war noch unglaublich machtvoll. Aber warum war er noch hier? Er war in so viele Teile zersprungen, dass es Äonen dauern sollte, bis er sich regeneriert hätte. Wie konnte er... Sein Gedanke wurde zerrissen, als Lukes Körper vor ihm zu verschwimmen begann. Das Kind verschwand und der erwachsene Luke saß auf einmal vor ihm, nur um im nächsten Augenblick wieder als Kind zu erscheinen. „Was will er von dir?“, fragte Hermes noch einmal, obwohl er die Antwort kannte. Angst machte sich in ihm breit. „Du weißt es.“, antwortete Luke. „Das was er schon einmal wollte. Ich versuche ihn aufzuhalten... wirklich... aber ich... ich bin, ich weiß nicht, ob ich stark genug bin. Ich weiß nicht... warum.“ Verwirrt beugte sich Hermes zu Luke. Im Moment hatte er wieder die Gestalt eines siebenjährigen Jungen, der sich ängstlich hin und her wiegte. Ein wenig zögerlich legte Hermes eine Hand auf Lukes Schulter und dieser zuckte unter der Berührung zusammen, reagierte aber sonst nicht weiter. „Was meinst du damit, du weißt nicht warum?“, fragte Hermes mit sachter Stimme. „Warum sollte ich für meine Seele kämpfen? Warum für meinen Körper? Ich sollte tot sein. Es wäre besser, wenn ich tot geblieben wäre. Ich habe... nicht... Ich... Ich habe so vieles getan...“, sagte er wirr und schien selbst nicht zu wissen, wo er beginnen sollte. „Luke, du wurdest benutzt und manipuliert. Du warst nicht...“ „Nein, das wurde ich nicht.“, wiedersprach er nun heftiger. „Vielleicht am Ende, doch vieles habe ich getan, weil ich es so wollte. Warum also hat man mich zurück geschickt? Was wird von mir erwartet? Was wird geschehen? Ich weiß es nicht... und... und... Du...“, stammelte er und verbarg das Gesicht hinter den Händen. Hilflos sah Hermes ihn an. Es gab nichts, was er sagen oder tun konnte, um seinem Sohn zu helfen. Auf all seine Fragen hatte er keine Antworten. Er war ja so naiv gewesen zu glauben, dass Luke ihm die Antworten geben könnte. „Du solltest gehen... Für den Moment wird es ruhig sein.“, wies Luke ihn plötzlich von sich und sein Gesichtsausdruck verschloss sich zu einer Maske. Im nächsten Augenblick verschwammen seine Konturen abermals, nur verschwand er dieses Mal gänzlich. Für einen kurzen Augenblick fand sich Hermes in der merkwürdigen Umgebung wieder, in der er auch zu Anfang gewesen war. Dann wurde er hinaus gestoßen und stand wieder im Gästezimmer. Luke lag im Bett und Hermes hatte noch immer die Hand auf seiner Stirn. Langsam und ein wenig zitternd zog er sie zurück und betrachtete ihn noch einen Moment. Sein Gesichtsausdruck war entspannter, als schliefe er im Moment traumfrei. Nachdenklich verließ Hermes das Zimmer und im Gemeinschaftsraum wartete Chiron auf ihn. „Hast du etwas herausgefunden?“, fragte dieser ihn gleich und reichte ihm das Handy zurück. „Wie geht es ihm?“, fragte Martha besorgt, doch auch auf sie reagierte Hermes nicht. Sein Körper begann zu glühen und er verschwand. Kapitel 5: Besuch ----------------- Obwohl ich mir vorgenommen habe die Kapitel in dieser FF nur kurz zu halten, werden sie trotzdem immer länger. O.o Warum? Ich kann mir das nicht erklären.... Auf jeden Fall hab ich das Ende schon geschrieben und es wird offen, sehr offen. Und ausnahmsweise gefällt mir das sogar mal selber. Ich bin etwas überrascht... Wünsche euch erst mal viel Spaß auf meinem Spielplatz und wir lesen uns beim nächsten Mal. Maidlin ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Besuch Er saß im Central Park. Hin und wieder, wenn es sein voller Terminkalender und seine Aufgaben erlaubten, kam er hierher, setzte sich auf eine Bank und beobachtete die Leute, die an ihm vorbei gingen. Es machte ihn Spaß sie zu beobachten. Dann überlegte Hermes, welches Leben sie wohl führte, wo sie gerade herkamen und wo sie hingingen. Manchmal sah er hier auch schöne, junge Frauen. Es war immer ein leichtes für ihn sie anzusprechen und mit ihnen auszugehen. Wenn er wollte, wäre jedes Mal mehr daraus geworden, doch nicht immer faszinierten sie ihn dauerhaft. Heute jedoch hatte er kein Interesse daran eine neue Bekanntschaft zu schließen. Sein Blick war nach unten gerichtet. Seine Finger hatte er miteinander gekreuzt und seine Stirn lag in Falten. Immer noch versuchte der Götterbote zu verstehen, was er gesehen hatte, was mit seinem Sohn geschehen war und vor allem was im Moment mit ihm geschah. Warum Luke?, fragte er sich zum wiederholten Male. Er hatte sein Schicksal erfüllt. Er hätte in Frieden die Unterwelt durchlaufen und die Chance auf eine Wiedergeburt bekommen sollen. Aber nicht das. Sollten die Parzen wirklich ihre Finger im Spiel haben? Aber warum? Noch nie hatten sie sich eingemischt und er konnte nicht so recht glauben, dass sie das jetzt tun würden. Dennoch mussten sie es gewesen sein, die Lukes Körper zu Chiron geschickt hatten. Warum haben sie ihn damals mitgenommen? Er hatte sie danach gefragt, doch nie eine Antwort erhalten. Wussten sie, was noch geschehen würde, dass Lukes Seele aus der Unterwelt entkommen und einen Körper benötigen würde? Und was war mit Kronos selbst? Die Teile seiner Seele waren in aller Welt zerstreut. Es sollte Äonen dauern, ehe sie wieder vollständig war und dann würden sie sie in den Tartarus zurückschicken. Doch nun war ein Teil untrennbar mit Lukes Seele verbunden. Einmal davon abgesehen, dass Hermes immer noch nicht verstand, wie das überhaupt sein konnte, wie Lukes Körper überhaupt noch am Leben sein konnte, fragt er sich, welchen Schaden Lukes eigene Seele davon nahm. Hermes Gedanken drehten sich unablässig, obwohl er wusste, dass er nie eine Antwort erhalten würde. Er sollte die anderen Götter informieren, dachte er und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Genau genommen hätte er es schon längst tun sollen. Sie würden außer sich sein. Zweifellos würden sie Lukes sofortigen Tod fordern. Der Götterbote brauchte nicht einmal darüber nachzudenken, um zu wissen, dass dies genau der Grund für sein Stillschweigen war. Er konnte allein die Vorstellung daran nicht ertragen. „Aphrodite versucht dich schon eine ganze Weile zu erreichen.“, hörte er Martha aus seiner Tasche flüstern und George sagte: „Sie ist richtig anstrengend. Es geht um so einen Kerl, den sie unbedingt haben will und dem du etwas von ihr bringen sollst.“ Hermes atmete hörbar aus. Selten hatte er es sich so gewünscht wie in diesem Moment auch mal Urlaub nehmen zu können. Gerade wollte er in seine Hosentasche greifen und die verpassten Anrufe abhören, als plötzlich ein Regenbogen mitten vor ihm auftauchte und kurz darauf Chirons Gesicht sichtbar wurde. „Wir haben ein Problem. Du musst kommen.“, sagte dieser nur kurz und die Iris-Nachricht verschwand wieder. Augenblicklich kehrte Hermes ins Camp zurück. Es konnte schließlich nur einen Grund für diese Dringlichkeit geben. Er landete genau an der Stelle, an der er zuvor verschwunden war. „Was ist mit Luke?“, fragte Hermes sofort und wandte sich bereits zu dem Zimmer, in dem sein Sohn schlief. „Es ist nicht Luke.“, beeilte sich Chiron zu sagen. Verwirrte blickte Hermes ihn an. „Wir haben Besuch. Schon wieder.“, erwiderte sein Gegenüber bloß und bedeutet ihn, ihm nach draußen zu folgen. Auf der Veranda zeigte Chiron dann in die Richtung der Pinie, die den Eingang zum Camp markierte. Dort konnte Hermes ein Auto erkennen und eine Gestalt, die unsicher vor der Grenze auf und ablief. Einen Menschen, eine Frau, erkannte er und ihre Silhouette war ihm nur zu vertraut. Er hatte schon einiges in seinem langen Leben erlebt, doch dies war selbst ihm unbegreiflich. Inzwischen hatten sich auch einige Halbgötter vor dem Hügel versammelt, die den Unbekannten interessiert beobachten. Hermes Blick traf auf zwei seegrüne Augen, die sich sogleich aus der Menge lösten. „Was macht sie hier?“, fragte Percy, dicht gefolgt von Annabeth. „Sie sollen verschwinden.“, raunte Hermes dem Zentaur zu. Ohne Percy eine Antwort zu geben, lief der Gott den Hügel nach oben. Er hatte sie vorher bereits erkannt, doch je näher er ihr kam, desto seltsamer wurde ihm. Gleich zweimal an einem Tag holte ihn ein Teil seiner Vergangenheit ein, in dem er so viele schwere Fehler begangen hatte. Als sie ihn sah, blieb sie stehen und blickte ihn direkt an. Ihre Augen waren grau-blau und denen ihres Sohnes sehr ähnlich. Ihr einstmals blondes Haar war weiß und der Wind wehte es sacht um ihren Körper. Sie war schlank und trotz all den Dingen, die sie erlebte und ertragen musste, noch immer schön. Voller Erwartung sah sie ihn an, als wüsste sie bereits, was er gesehen hatte. Hermes durchschritt die Grenze und noch bevor er etwas sagen konnte, war sie zu ihm gerannt und schloss ihn in seine Arme. Er war überrascht und irritiert zugleich. Noch immer war ihm ihr Erscheinen ein einziges Rätsel. „May.“, flüsterte er leise und erwiderte ihre Umarmung sanft. „Was...“ Sie ließ ihn nicht ausreden, sondern lösten sich von ihm und er erkannte die Anspannung in ihren Augen. „Er ist hier, nicht wahr?“, flüsterte sie mit zitternder Stimme. „Luke...“ Ein Ausdruck vollkommener Fassungslosigkeit legte sich auf sein Gesicht. Er hatte selbst erst davon erfahren, wie konnte sie es bereits wissen? „Bitte, sage mir, ob es stimmt, ob ich recht habe.“, flehten sie ihn an und ihre Finger verkrampften sich in dem Ärmel seines Anzuges, den er noch immer trug. „Woher...“, stammelte er und konnte es einfach nicht glauben. Kaum hatten diese Worte seine Lippen verlassen, wich all die Anspannung aus ihr und Erleichterung durch strömte sie. Tränen traten ihr in die Augen, die schon bald ihre Wange hinab rollten. „Ich kann es nicht glauben...“, flüsterte sie heißer. Ihre Tränen vermischten sich mit einem Lachen und abermals umarmte sie ihn. „Er ist zurück...“ Sanft löste Hermes ihre Hände von seinem Körper und sah sie eindringlich an. Er konnte nichts von dem entdecken, was sie die letzten Jahre gequält hatte. Das Orakel hatte ihren Körper gänzlich verlassen, nachdem der Fluch gebrochen und es einen neuen Körper gefunden hatte. Wie also war es dann möglich? „Woher weißt du es May?“, fragte er sie und strich eine Träne von ihren Wangen. Sie schüttelte den Kopf, ließ ihre Hand aber nicht sinken. „Ich wusste es einfach. Vor drei Tagen hatten ich... dieses Gefühl, nein, es war eher so, als wüsste ich es. Ich... ich habe ihn gesehen, hier... Ich weiß nicht, ob es ein Traum war oder... etwas anderes. Ich wollte es zuerst nicht glauben. Zu oft habe ich mir vorgestellt, wie er zurückkommen würde. Aber es ließ mich einfach nicht los. Ich war mir so sicher. „Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären kann. Ich weiß es einfach. Also habe ich mir gestern einen Wagen geliehen und bin hierher gefahren.“, antwortete sie und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Erst jetzt bemerkte Hermes, wie müde sie aussah und doch funkelten ihre Augen. „Wie geht es ihm?“ „Er hat Fieber und...“, er stockte. Wie viel sollte er ihr erzählen? „Was?“ „Es ist... Er sollte nicht hier sein.“ Ihr Blick wurde ernst und dieses Mal schienen ihre Augen nicht vor Freude zu funkeln, sondern vor Wut. „Ich weiß.“, sagte sie scharf. „Aber er ist es und ich will ihn sehen.“, verlangte sie. „May...“ „Nein.“, sagte sie entschieden. „Er ist mein Sohn und ich will ihn sehen. Du kannst mich nicht wegschicken, wenn ich weiß, dass er hier ist. Ich werde nicht gehen.“, sagte sie fast ein wenig trotzig. „Bitte, vielleicht kann ich ihm helfen.“, fügte sie unsicher an. „Ich bin seine Mutter. Auch, wenn er wünschte es wäre nicht so.“, wisperte sie. Er blickt sie an und wusste, dass er sie nicht würde wegschicken können. Und Luke hatte ja auch nach ihr gefragt. Vielleicht wollte er sie ja sehen. „Die anderen Kinder wissen nicht, dass er da ist. Niemand weiß es außer Chiron und Argos.“, informierte Hermes sie. „In Ordnung.“, erwiderte sie. „Sie werden wissen wollen, warum ich hier bin.“ „Das wird Chiron ihnen später erklären. Du hattest eine Vorahnung oder so was. Das ist nicht einmal gelogen.“, sagte er. „Aber May, wenn du ihn gesehen hast, wirst du nach Hause fahren. Es weiß wirklich niemand von ihm und ich will mir gar nicht vorstellen, wie der Rest meiner Familie reagiert, wenn sie davon erfahren. Ich will nicht, dass du dazwischen gerätst. Ich verspreche, ich werde dich über alles Weitere auf den laufenden halten, aber du musst dann gehen.“ Sie sahen sich stumm an und schätzen die Reaktionen des anderen ab. „Einverstanden.“, sagte May schließlich, wenn auch nicht sehr glücklich darüber. Sie würde ihn nicht umstimmen können. Hermes nahm ihre Hand und führte mit der anderen eine Bewegung in der Luft aus. Dann führte er May durch die unsichtbare Grenze und mit der gleichen Handbewegung wie zuvor, schloss er sie auch wieder. Kapitel 6: Das erste Mal zusammen --------------------------------- Das erste Mal zusammen Blicke folgten ihnen, als sie durch das Camp gingen. Hermes hörte die Halbgötter flüstern: „Wer ist das?“ und Annabeth antwortete darauf: „Lukes Mutter.“ Es ging ein Raunen durch die Menge und das Wispern und Fragen stieg an, bis es wie ein einziges Summen klang. Er führte sie in die Hütte, ohne jedoch auf die Kinder zu reagieren oder einen von ihnen nur näher anzuschauen. Dabei spürte er, wie besonders Percys Blick ihn verfolgte. Chiron schloss die Tür hinter ihnen. „Hallo May.“, begrüßte der Zentaur sie höflich. Sie erwiderte seine Begrüßung mit einem freundlichen Lächeln. Ihre Augen huschten jedoch sofort zu den verschlossenen Türen. Sie wusste, dass sich hinter einer davon ihr Sohn verbarg. „Woher wusstest du es?“, fragte Chiron sie. Nur schwer löste sie denn Blick von den Türen und sah Chiron direkt an. „Ich... wusste es einfach.“, antwortete sie schlicht und zuckte leicht mit den Schultern. Fragend sah Chiron von ihr zu Hermes, doch dieser schüttelte nur den Kopf. Er konnte nichts anderes sagen. Er verstand es ja genauso wenig. „Ich möchte zu ihm.“, sagte May. Ihre ganze Körperhaltung sprach von ihrer Anspannung, von ihrer Nervosität und vielleicht auch von ihrer Angst. Noch bevor Chiron ihr geantwortet hatte, war sie bereits einen Schritt voraus gegangen. „Er ist schwach und wird vielleicht nicht auf dich reagieren.“, warnte Chiron sie. „Doch das wird er - auf die ein oder andere Weise.“, antwortete sie und klang dabei schon nicht mehr ganz so zuversichtlich. Hermes öffnete die Tür und ließ May eintreten. Er sah Chiron kurz an und erwartete, dass der Zentaur ihnen folgen würde, doch dieser blieb wo er war. „Das geht mich nichts an.“, sagte er kurz und wandte sich dann ab. Als Hermes die Tür leise hinter sich schloss, kniete May bereits vor dem Bett und strich mit einer Hand ihrem Sohn über die Stirn. Dabei zuckten ihre Schultern verräterisch. Sie weinte. Langsam ging er zu ihr, kniete sich rechts neben sie und legte den Arm um ihre Schulter. Sanft zog er sie an sich und sie ließ es geschehen. „Wie ist das möglich?“, flüsterte sie gegen seine Brust und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. Er wusste nur zu genau, wie sie sich fühlte und doch kannte er keine Antwort auf ihre Frage. Nachdem sie sich wieder etwas beruhig hatte, löste sie sich von ihm und beugte sich noch einmal über Luke. Vorsichtig berührte sie seine Wange und fuhr anschließend durch seine Haare. Einen Moment länger verweilte ihr Blick auf der Narbe, die er im Gesicht trug. „Luke?“, flüsterte sie leise. „Kannst du mich hören?“ Er reagierte nicht und May atmete zitternd aus. Dann legte sie ihre Stirn gegen die ihres Sohnes und küsste ihn sanft darauf. „Es tut mir leid.“, wisperte sie. „Ich konnte dich nicht beschützen, obwohl ich wusste, was geschehen würde. Ich habe so vieles falsch gemacht. Vor mir hattest du die meiste Angst. Das tut mir leid, so schrecklich leid.“ Eine Träne tropfte von ihrem Kinn und landet auf seinem Gesicht. Von dort rollte sie seine Wange hinab und es sah aus, als wäre es seine eigene Träne gewesen. Behutsam zog Hermes May nach oben und schloss sie abermals in die Arme. Er strich über ihren Rücken und versuchte ihr so Trost zu spenden. „Es ist meine Schuld.“, begann er schließlich. „Ich hätte dich damals nicht her bringen dürfen.“ „Scht.“, brachte May ihn zum Schweigen und legte einen Finger auf seinen Mund. „Ich bereue nichts, gar nichts.“, sagte sie und dabei erinnerte sie ihn so sehr an Luke, dass ihr beider Schicksal gleich doppelt schwer auf seiner Seele lastete. „Bitte sage mir, wenn es etwas Neues gibt, wie es ihm geht. Ich war töricht gewesen zu hoffen, dass er mit mir sprechen würde. Ich habe nichts anderes verdient. Beschütze ihn, bitte. Ich bitte dich nicht Gesetzte zu brechen, aber... lass ihn nicht wieder...“ Sie brach ab und konnte die Worte die noch immer in ihren Gedanken hingen nicht aussprechen. „Nein, das werde ich nicht.“, erwiderte er, ohne dass sie es sagen musste. „Ich werden den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal begehen.“ Es war besser, wenn sie nichts von Lukes innerem Kampf wusste, entschied er. Es würde sie sonst gänzlich in Kummer versinken lassen. „Ich hätte früher sterben und wieder auferstehen sollen, wenn ich gewusst hätte, dass ich euch so zusammen mal zu Gesicht bekomme.“, hörten sie eine krächzende Stimme hinter sich und May wirbelte herum. „Oh...“ Augenblicklich war sie an der Seite ihres Sohnes und strich ihm über die Wange. Dabei füllten sich ihre Augen erneut mit Tränen. „Es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid. Ich habe dich im Stich gelassen. Ich...“ „Mum, nein.“, unterbrach Luke sie und erschrocken blickte May ihn an. Sie hatte große Angst, dass er sie abermals zurückweisen würde. Sie erinnerte sich nur zu gut an den gequälten Ausdruck in seinen Augen, als er sie das letzte Mal aufgesucht und um ihren Segen gebeten hatte. Es war ihr Anblick gewesen, ihr Verhalten, dass ihn so gequält hatte. „Es war nicht deine Schuld. Du hast getan, was du für richtig hieltest, genauso wie ich.“ Er schluckte und schloss die Augen erneut. Dabei höre May nicht auf, ihm durch die Haare zu streicheln und man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass er diesen Moment genoss. Als er die Augen wieder öffnete, sah er seinen Vater an und sagte dann: „Ich glaube wir haben alle etwas getan, was uns leid tut, selbst wenn es das richtig war.“ „Ja.“, flüsterte May und Hermes nickte stumm. Luke hatte ihm mit diesen Worten verziehen und es berührte ihn tief. „Luke, komm mit mir nach Hause.“, sagte May plötzlich. Hermes sah sie besorgt an. „Klingt verlockend, aber ich denke nicht, dass es so einfach ist. Ich wurde nicht grundlos zurückgeschickt und...“, er stockte. „Du hast nicht zufällig eine Ahnung, warum ich wieder lebe?“, fragte er seine Mutter gerade heraus und May schüttelte den Kopf. „Ich wünschte, es wäre so. Ich wusste nur, dass du hier bist.“ Fragend runzelte Luke die Stirn und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. „Aber warum?“ Dann schien er über etwas anderes nachzudenken. „Was ist damals passiert? Warum warst du so... und warum jetzt nicht mehr?“, fragte er schließlich. Verwundert Blicke May ihn an. „Du kennst die Geschichte Luke.“ „Erzählt sie mir noch mal.“, wisperte Luke mit dünner Stimme. „Dieses Mal werde ich zuhören.“ Als die beiden nicht antworteten, sah er sie noch einmal an. Seine Augen waren müde. „Bitte.“, flehte er sie fast an. Wie viel Kraft kostete es ihn zu sprechen und wach zu bleiben, wenn in seinem Inneren der Kampf weitertobte? May und Hermes tauschten einen kurzen Blick, dann nickte May schließlich und sie begann die Geschichte noch einmal zu erzählen. Er hatte die Augen geschlossen und wusste, es nur noch Sekunden dauern würde, bis der Schlaf ihn wieder einholte. Dann würde es von neuem beginnen. Nur würde dieses Mal eine Entscheidung getroffen werden. Luke wusste, dass er kämpfen musste. Er musste verhindern, dass Kronos seinen Körper ein weiteres Mal benutze, er musste verhindern, dass er stärker wurde. An das goldene Fließ hatte Luke ebenfalls gedacht. Es würde seinen Körper heilen, ihn gesund machen, aber es würde gleichzeitig auch Kronos stärken. Er konnte nicht garantieren, dass er ihn dann noch kontrollieren konnte. Nur einen Moment der Schwäche und Kronos würde frei sein. So lange jedoch, wie ein Teil von Kronos Seele im Körper eines Sterblichen gefangen war, so lange wie er selbst es kontrollieren konnte, würde Kronos vielleicht nur schwer die Gelegenheit haben vollständig zu werden. Dieses Mal würde er stärker sein, dachte Luke. Es würde ihm leichter fallen. Ein Teil seiner Antworten hatte er bekommen und er fühlte sich dadurch ruhiger und stärker. Er wusste nun wofür er kämpfen konnte. Außerdem waren noch so viele Fragen unbeantwortet. Er wollte diese Antworten haben. Nur durfte er nicht zu sehr über die Konsequenzen seiner Wiederauferstehung nachdenken. Denn er war sich nur zu sehr bewusst, dass es noch 11 weitere Götter gaben, die seine zweite Chance nicht so wohlwollend sahen, wie sein Vater. Sobald er eingeschlafen war, sah er es wieder vor sich. Das gleiche Bild, wie immer: Seine Seele, die mit Kronos kämpfte. Er würde Kronos niemals vertreiben oder gar auslöschen können. Dafür waren beide Seelen inzwischen zu sehr mit einander verwoben. Es gab also nur eine andere Möglichkeit und Luke hoffte, dass sein Vater nur dieses eine Mal seine Gebete erhörte und ihm die Kraft gab, die er brauchen würde. Kapitel 7: Ein Teil von mir --------------------------- Ich möchte nur mal erwähnen, dass das Kapitel am Anfang 900 Wörter hatte. >.> Es klappt einfach nicht mit dem „kurzfassen“.^^° ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ein Teil von mir Ein Zischen. So hörte es sich zumindest an, obwohl es das auch nicht ganz traf, nur fiel Luke kein passenderes Wort ein, das das es beschreiben könnte. Da war dieses Geräusch, kurz und scharf, eindringlich und fast wie ein Zischen. Immer und immer wieder drang es in sein Bewusstsein, dass irgendwie tief in ihm begraben schien. Die Stimme zog es vorwärts, lockte es aus seinem Versteck. Sie zog es so weit nach vorn, bis er verstehen konnte, was sie sagte. Sie rief seinen Namen. „Luke? Luke...“ Immer und immer wieder, ständig, ohne Unterlass. Er versuchte herauszufinden, wie sie klang und es dauerte einen Moment bis er erkannte, dass es Sorge war, die er heraushörte. Tiefe Sorge. Warum? Er versuchte die Augen zu öffnen. Waren seine Lider schon immer so bleischwer gewesen? Es war als würde etwas sie mit aller Kraft geschlossen halten wollen. Die Stimme verschwand. Sein Bewusstsein wollte sich wieder zurückziehen. Dorthin wo es nichts gab, wo er nichts empfand. Dann spürte er plötzlich etwas Eiskaltes. Anschließend ein heftiges Rütteln an seinen Schultern. Er konnte nicht mehr zurückgehen. Er versuchte die Augen erneut zu öffnen. Seine Augenlider flatterten. Er kämpfte sich zurück. Luke konnte nichts klar erkennen und es dauerte noch einmal eine ganze Weile, es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, bis er Chiron wirklich wahrnahm. Dessen Gesicht lag in tiefen Sorgenfalten. „Luke?“, fragte Chiron noch einmal. „Luke, kannst du mich hören?“ Schwach nickte er mit dem Kopf. Er hörte ihn, wenn auch nur undeutlich. „Den Göttern sein Dank.“, stieß Chiron aus und sofort wurden die Sorgenfalten weniger. „Was...“, krächzte Luke. Seine Kehle war trocken, als hätte er ein Glas voll Sand getrunken. Das Innere seines Kopfes fühlte sich wie Watte an. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. „Du warst ganz zweieinhalb Tage weggetreten und einfach nicht wach zu bekommen. Das Fieber war gestiegen, ist gestern aber wieder runtergegangen. Trotzdem wolltest du nicht aufwachen. Wenn es heute nicht passiert, wäre hätte ich dich in ein Krankenhaus bringen müssen. Du musst endlich etwas trinken und essen.“, erklärte Chiron. Gleich darauf hob er Luke sacht an und hielt ihm mit der anderen Hand einen Becher an die spröden Lippen. Nektar war darin und begierig Trank Luke ihn in einem Zug leer. Nur unbewusst nahm er wahr, dass er anders schmeckte. Nicht mehr nach Peanut- Butter, sondern... er konnte den Geschmack nicht richtig benennen. Ihm kam nur der Ausdruck „flüssiges Gold“ in den Sinn. Obwohl er natürlich gar nicht wissen konnte, wie das schmeckte. „Hey, immer langsam.“, mahnte Chiron ihn, doch er hörte gar nicht darauf. Er fühlte sich regelrecht ausgebrannt. Als der Becher leer war, holte Luke keuchend Luft und sah sich dabei im Raum um. Alles kam ihm so viel heller und schärfer vor, als er es in Erinnerung hatte. Lag es daran, dass das Fieber verschwunden war? Nur langsam erinnerte er sich daran, wo er war und warum er an diesem Ort war. Er war gestorben und lebte doch wieder. Kronos war... Er hatte sich an seiner Seele festgehakt. Und jetzt... jetzt war er ein Teil von... Erst als sein Blick wieder auf Chiron fiel, bemerkte er, dass dieser ihn seltsam ansah. „Was ist?“, fragte Luke. „Deine Augen... Sie sind...“, stockte er und sah ihn ungläubig an. „Was ist damit?“, seine Stimme zitterte und nur mit Mühe konnte er die Panik zurückhalten. „Sie haben... goldene Sprenkel.“ Jegliche Farbe wich aus Lukes Gesicht. Seine Müdigkeit, die Schwere seines Körpers war auf einmal vergessen. Er schlug die Decke zurück und sprang förmlich aus dem Bett. Seine Beine konnten sein Gewicht jedoch nicht tragen und er knickte zusammen. Der Zentaur fing ihn auf. „Du sollst im Bett liegen bleiben!“, fuhr er ihn etwas schärfer an, als beabsichtigt. Luke hörte nicht auf ihn und wartete darauf, bis sein Körper sich an sein Gewicht gewöhnt hatte. Er stand auf und ging nun langsamer in das Badezimmer. Schwer atmend stand er vor dem Spiegel und zwar so nah, dass seine Nase fast das Glas berührte. Seine Hände hielten sich verkrampft an dem Waschbecken fest, so dass die Knöchel weiß hervortraten. Tatsächlich. In seinen Augen, rund um seine Pupille herum, konnte er goldene Sprenkel erkennen, die zuvor definitiv noch nicht da gewesen waren. War das also der Beweis dafür? Der Beweis, dass es wirklich geschehen war und nicht nur ein wahrlich lebhafter Traum. Luke beugte den Körper nach vorn und lehnte die Stirn gegen die kalte Keramik des Waschbeckens. „Weißt du es?“, flüsterte er schließlich und wandte sich damit an Chiron, der in seinem Rollstuhl im Türrahmen wartete. „Ja. Hermes hat es mir gesagt, für den Fall, dass...“ „Ich verlieren sollte.“, beendete er den Satz. Inzwischen war er richtig gut darin geworden. „Ist er fort?“, fragte Chiron weiter und dieses Mal drehte sich Luke um, um ihn direkt anzusehen. „Nein.“, erwiderte er. „Er ist ein Titan, man kann ich nicht töten. Ich glaube, ich habe ihn zu einem Teil von mir gemacht.“, sagte er leise. „Du hast was?!“, fragte Chiron fassungslos und starrte ihn genauso an. Sein Anblick war Luke so fremd, dass er gelacht hätte, wenn die Situation in Wirklichkeit nicht so beängstigend für ihn gewesen wäre. „Ich... weiß es nicht... Also ich... bin mir nicht sicher.“, sagte er verwirrt. „Ich dachte nur... Keine Ahnung. Ich kann dir nur erzählen, was ich gesehen habe.“ „Dann mach das!“, forderte Chiron ihn barsch auf. „Es war irgendwie, meine Seele war dieses weiße Licht und Kronos das goldene und...“ Er sah das Chiron nickte. Soviel hatte Hermes ihn offenbar auch erzählt. „Ich wollte stärker sein als er. Ich wollte ihn kontrollieren. Ich hatte einen Grund zu kämpfen. Es war als hätte meine Seele, das goldene Licht verschluckt.“, wisperte er und umschlang mit beiden Armen seiner Oberkörper, als wollte er sich vor etwas schützen. Vor sich selbst? Chiron beobachtete ihn genau. Im Moment war nichts von dem selbstsicheren Luke zu sehen, den er kannte. Vielmehr gewann der Zentaur den Eindruck, als wäre ihm die Sache selbst nicht ganz geheuer und vor allem als könnte er sie selbst nicht verstehen. Das würde niemand verstehen können. „Hast du die anderen Götter schon informiert?“ „Nein und dein Vater hat auch nichts gesagt. Aber Dionisios wird heute zurückkehren. Er wird dich also noch früh genug sehen.“, beantwortete Chiron seine Frage. „Was... was soll ich jetzt machen?“, fragte Luke weiter. „Warum bin ich hier? Warum ich?“ „Ich weiß es nicht.“ „Soll ich einfach wieder ins Camp gehen und... so tun als sei nie was gewesen?“, wollte Luke weiter wissen und sank nun auf den Boden des Badezimmers. Sein Gesicht war noch immer blass und er verbarg es hinter seinen Händen. „Ich denke nicht, dass du besonders willkommen wärst.“, erwiderte der Zentaur ehrlich. Luke lachte bitter. „Nein, das denke ich auch nicht.“ „Aber du bist der Sohn Hermes, dir steht keine andere Behandlung zu als den anderen. Sobald wir sicher sein können, dass du wieder genesen bist, wirst du in Hütte elf zurückkehren.“ Chiron seufzte bevor er weiter sprach: „Das wird sicher interessant.“ „Verstehe.“, antwortete Luke schlicht. Er konnte nicht wiedersprechen. „Hat sich das Camp verändert?“ „Das wirst du noch früh genug sehen.“ „Es war nicht umsonst, oder?“, fragte Luke und sah ihn beinah bittend an. „Ich mein, das alles, die Toten...“ „Nein, das war es nicht.“ Chiron sah, wie er erleichtert ausatmet. Ihm war als würde er einen vollkommen neuen Luke kennenlernen. Er war nicht mehr der verbitterte und enttäuschte Teenager, sondern ein junger Mann, der zu seinen Fehlern stand. Nur wohin sein Weg ihn führen sollte, war ihnen beiden unklar. Auf einmal vernahmen sie ein Klopfen an der Tür. Chiron wandte den Kopf, machte aber keine Anstalten zu öffnen. „Geh schon. Ich komm für den Moment allein zurecht. Ich würde erst einmal duschen. Ich glaube, ich habe es bitter nötig.“ „Dem kann ich nicht wiedersprechen.“, gab Chiron spitz zurück. Seine Mundwinkel zogen sich dabei aber leicht nach oben. Chiron ließ Luke allein im Bad zurück. Einen Moment blieb Luke noch auf dem Boden sitzen und hörte wie Chiron die Tür öffnete. Der Zentaur blickte direkt in Percys aufgebrachtes Gesicht und hatte nicht einmal die Chance etwas zu sagen. „Würdest du mir jetzt bitte sagen, was eigentlich los ist?“, fragte der Halbgott sofort. „Percy, ich sagte doch, dass du das noch früh genug erfahren wirst. Es ist nichts besorgniserregendes.“, erwiderte Chiron leicht ungeduldig. „Zumindest glaube ich das.“ Entschlossen sah Percy seinen Mentor an und dieser wusste, dass er dieses Mal nicht ohne eine Antwort gehen würde. „Percy, ich verspreche dir, dass du es erfahren wirst. Spätestens morgen, wenn Dionisos zurück ist. Ich denke jedoch nicht, dass du besonders erfreut darüber sein wirst.“ „Was meinst du damit?“, fragte er verwirrt. Luke hörte ihr Gespräch. Die Dusche war vergessen. Er stand in der Tür und zögerte ein wenig. Was sollte das Versteckspiel noch?, fragte er sich. Ob morgen oder heute schon, war doch vollkommen egal. Die Reaktion würd die gleiche bleiben. Das wollte er sich gern einreden, dennoch schlug sein Herz laut und heftig in seiner Brust, als er durch den Flur schritt und zur Tür ging. Chiron wollte gerade antworten, als er sah, wie das Gesicht seines Schützlings plötzlich ganz blass wurde und er Augen und Mund weit aufriss. Dann erst hörte er Schritte hinter sich und er musste sich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, warum Percy so ein Gesicht machte. Ein Gesicht, als hätte er einen Toten gesehen. „Hi, Percy.“, sagte Luke, der nun hinter Chiron stand. Kapitel 8: Abendessen --------------------- Abendessen Chiron atmete schwer aus. „Musste das sein?“, fragte er gereizt und drehte den Kopf in Lukes Richtung. „Früher oder später sowieso.“, antwortete Luke knapp und zuckte scheinbar gleichgültig mit den Schultern. „Prima, wenn es dir also wieder so gut geht, dann kannst du heute Abend ja schon in Hütte elf zurückkehren und auch ganz normal am Abendessen teilnehmen.“ Luke musterte ihn einen Moment und für einen kurzen Augenblick schien das Gold in seinen Augen heller zu leuchten, als zuvor. Doch er nickte nur kurz. „Du bist tot!“, rief Percy plötzlich laut. Er hatte den ersten Schock überwunden. Die Camper, die gerade am Haupthaus vorbei gegangen waren, drehten sich um. Unter ihnen erkannte Luke blondes Haar, zu einem Pferdeschwanz gebunden. Das Mädchen sah nach oben, doch ihr Blick schweifte seinen nicht. Aber er konnte nicht verhindern, dass sein eigener Herzschlag schneller wurde. Es war eine Sache Percy gegenüberzustehen, aber eine ganz andere bei ihr. Annabeth sagte etwas zu dem Mädchen, mit dem sie sich gerade unterhalten hatte und kam dann geradewegs auf das Haus zu. Als sie sich ihnen näherte, sah Luke deutlich wie ihre Augen immer größer wurden. Mit einem Ausdruck blanken Entsetzens auf dem Gesicht blieb sie kurz hinter Percy stehen und begann zu zittern. So hatte er sich das ehrlich nicht vorgestellt. „Hallo, Annabeth.“, flüsterte Luke nun nur noch und sah sie unsicher an. „Luke...“, hauchte sie und mit einem Mal schien auch Percy wieder bei sich zu sein. „Wie ist das möglich? Ich hab dich sterben sehen! Es ist über ein Jahr her!“, verlangte Percy zu erfahren. Seine Stimme war immer noch sehr laut. „Kommt erst mal rein.“, erwiderte Chiron kurz und betrachtete die Ansammlung vor seinem Haus missbilligend. Lukes Auftauchen würde noch genug für Aufsehen sorgen. Der Zentaur machte ihnen in der Tür Platz. Luke drehte sich um und ging in den Gemeinschaftsraum, gefolgt von Percy und Annabeth. Er konnte ihre Blicke deutlich in seinem Rücken spüren und es verursachte ein Kribbeln in seinem Nacken. Als er sich umdrehte, schloss Chiron gerade die Tür. Percy und Annabeth waren neben der Tür stehen geblieben und sahen ihn immer noch fassungslos an. Dabei fiel Luke auf das ihrer beider Hände ineinander verschlungen waren. Irgendwie war er nicht einmal überrascht. Er fühlte einen leichten Stich in seinem Herzen, aber auch Erleichterung. Es war gut so, sagte er sich. Er hatte keinen Platz mehr in ihrem Leben verdient. Doch ihr Blick ruhte nur auf ihm. „Also, wie ist das möglich?“, wiederholte Percy seine Frage. Er kam sich dumm vor, zwei Mal die gleiche Frage zu stellen, aber er konnte immer noch nicht glauben, was er mit eigenen Augen sah. Der tote Luke Castellan stand leibhaftig vor ihm. Er wusste, dass die Tore des Todes noch immer geöffnet waren, Gaia sorgte dafür, aber dass ausgerechnet Luke dadurch zurückkommen würde, war einfach... Er konnte es nicht einmal in Worte fassen. „Die Tore des Todes sind offen.“, sagte auch Chiron. „Mehr wissen wir nicht. Sein Körper war bei den Parzen, wir glauben, dass sie etwas damit zu tun haben. Luke tauchte vor ein paar Tagen hier auf, mit einer Fleischwunde unter dem Arm.“ Chiron machte eine kurze Pause und Luke wusste, dass er überlegte, wie viel er Percy wirklich schon erzählen wollte und konnte. „Am Anfang sah es nicht so aus, als würde er es überleben. Das Fieber ist erst heute zurückgegangen.“ Fasste er schließlich kurz zusammen. „Deswegen waren May und Hermes da.“, sagte Percy und ärgerte sich im gleichen Moment, über diese dumme Bemerkung. „Schlaues Kerlchen.“, konnte sich Luke nicht verkneifen, was ihm von Chiron aber nur einen warnenden Blick einbrachte. „Was willst du?!“, zischte Percy daraufhin. In seinem Kopf kreiste es. Er dachte an all die Dinge, die Luke getan hatte und an den Moment in den er starb. Wut und Mitleid mischten sich in ihm. Luke setzte sich auf einen der Stühle und fuhr sich müde über das Gesicht. „Ich weiß es nicht.“, sagte er und jede Spur von Sarkasmus war aus seiner Stimme gewichen. „Ich meine, ich weiß nicht mal warum ich hier bin. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die offenen Tore des Todes die einzige Antwort sind. Es wäre so... Ach, was weiß ich.“, sagte er und warf die Hände in einer hilflosen Geste in die Luft. „ Glaub mir, ich wäre lieber tot geblieben.“ „Das hättest du wirklich bleiben sollen! Du bist nicht willkommen. Verschwinde von hier!“, erwiderte Percy heftig. „Percy!“, sagte Chiron warnend. „Es liegt nicht an dir so etwas zu sagen. Er ist ein Halbgott und hat ein Recht hier zu sein, wie jeder andere auch. Die Götter werden schon bald ihre Entscheidung treffen.“ „Chiron, wir haben im Moment andere Sorgen, als uns auch noch um ihn zu kümmern. Was, wenn Kronos immer noch in ihm ist? Er könnte Luke Körper nur benutzen, um uns weiszumachen, dass...“ „Was ist?“, fiel ihm Annabeth ihm ins Wort, die beobachtet hatte, wie Luke und Chiron einen Blick ausgetauscht hatten. Luke atmete hörbar aus. „Ich bin ich.“, sagte er dann. „Kronos manipuliert nicht meinen Körper.“ „Ja, klar und das glauben wir dir natürlich auch einfach so.“, sagte Percy spöttisch. „Das erwarte ich gar nicht. Du musst meine Worte so hinnehmen, ob du nun willst oder nicht.“ „Nein, das muss ich nicht. Niemand wird dir je wieder glauben oder vertrauen.“ „Ich weiß.“, erwiderte Luke und Percy meinte fast so etwas wie bedauern aus seiner Stimme hören zu können. „Er bleibt also hier?“, fragte Percy noch einmal an Chiron gewandt. „Ja, das wird er. Zumindest so lange, bis die Götter nichts anderes entschieden haben.“ „Ich werde dich nicht aus den Augen lassen.“, warnte Percy Luke. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Haus und zog Annabeth hinter sich her. Sie drehte sich noch einmal um und blickte ihn verwirrend an. Luke versuchte zu lächeln, doch es gelang ihm nicht richtig. „Das lief doch gar nicht so schlecht.“, sagte Luke, nachdem die beiden gegangen war. „Immerhin hat er mir kein Schwert an die Kehle gehalten. Nicht, dass es funktionieren würde, aber trotzdem.“ „Das kommt noch, verlass dich darauf.“ „Ich weiß und ich freu mich schon.“ Er klang erheitert und Chiron sah ihn skeptisch an. „Was ist?“, wollte Luke wissen. „Ich frage mich nur viel davon echt ist und wie viel nur Fassade.“ Wieder umspielte ein bitteres Lächeln Lukes Mund. „Von letzterem eine ganze Menge.“, antwortete er leise. Das Horn blies zum Abendessen und die Camper versammelten sich um die Tische. Die Teller füllten sich mit Speisen und nacheinander standen sie auf und warfen einen kleinen Teil ihres Essens in das Feuer, das hell in der Mittel brannte. Jeder von ihnen murmelte ein paar Worte an seinen Vater oder Mutter und dann begann das schwatzhafte Essen. Immer wieder sah Percy zu dem Platz an dem Chiron gewöhnlich saß und dessen Stuhl noch leer geblieben war. Dann traf sein Blick auf Annabeth und sie blickte zum Tisch der Hermes Kinder. Percys Magen zog sich zusammen. Er wusste sehr genau, nach wem sie suchte und die Eifersucht fraß ihn fast auf. Dabei war das vollkommener Unsinn, sagte er sich selbst. Annabeth liebte ihn. Sie hatte in Luke immer nur einen Bruder gesehen, dass hatte sie ihm sogar selbst gesagt. Trotzdem konnte er das hässliche Gefühl nicht abschalten. Percy wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als Chiron endlich den Platz erreichte. Er hob die Hände. Nach und nach verstummten die anwesenden Camper und sahen ihn erwartungsvoll an. Wollte er Luke wirklich jetzt ankündigen, wunderte sich Percy. Das wäre, als würde er ihn Wölfen zum Fraß vorwerfen. Nicht, dass er Mitleid mit Luke hatte, aber ob das wirklich sein musste? „Camper, wir haben einen Neuzugang.“, sagte Chiron und alle schauten nun aufmerksam in seine Richtung und versuchten die Person, die in einigem Abstand hinter ihm hergegangen war, zu erkennen. „Wurde er schon anerkannt?“, rief jemand vom Tisch Apollo. Chiron räusperte sich, offenbar nicht sehr erfreut über die Unterbrechung. „Ja, das wurde er. Schon vor langer Zeit. Er gehörte bereits schon einmal in unsere Reihen und...“ Chiron brach ab und suchte nach den richtigen Worten. Aber wie wollte man so etwas auch erklären?, dachte Percy und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Es war einfach zu verrückt. „Ach was soll’s.“, murmelte Chiron und winkte den jungen Mann zu sich. Lukes Gestalt trat aus der Dunkelheit in den hellen Schein des Feuers und augenblicklich schien die Temperaturen schlagartig zu sinken. Die Camper, die Luke noch kannten, verstummten vor Entsetzen. Die anderen taten es ihnen gleich, als sie realisierten, dass die Ankunft dieser Person etwas ungewöhnliches sein musste. „Einigen von euch muss ich ihn nicht mehr vorstellen, für die anderen: Das hier ist Luke Castellan, ein Sohn das Hermes.“ Kapitel 9: Angespannte Unterhaltung ----------------------------------- Angespannte Unterhaltung Augenblicklich brach lautes Getuschel aus. Jeder von ihnen hatte von Luke Castellan, dem Verräter und doch irgendwie Helden des letzten Krieges gehört – und von seinem Tod. Ungefähr 50 Augenpaare waren auf ihn gerichtet. Kurz ließ Luke seinen Blick über die Menge schweifen. Einige kannte er noch von früher. Am Tisch Hermes hatte sich nicht viel verändert. Nur drei neue Gesichter konnte er ausmachen. Drei Gesichter, die ihn nicht mit unverhohlenem Hass anstarrten, aber auch nicht gerade mit Begeisterung. Er hatte nichts anderes erwartete, dachte er, während er schweigend zu Hermestisch ging. Er setzte sich an das äußerte Ende der Bank. Nymphen brachte ihm einen Teller mit Hähnchenstreifen, als wäre er auch nur ein weiteres Halbblut, doch an ihren Gesichtern sah Luke, dass sie ihn sehr wohl erkannten. Der Becher vor ihm füllte sich mit Coca Cola. Die anderen Camper starrten ihn noch immer an, als hätten sie einen Geist gesehen. Selbst Conner und Travis waren sprachlos und das, so wusste Luke, hieß bei ihnen schon sehr viel. Aber sie würde ihre Sprache sehr bald wiedergefunden haben und dann würde er wohl nicht mehr zum Essen kommen, überlegte er. Also lieber die Chance nutzen. Sein Magen knurrte, als er auf seinen Teller blickte. Doch vorher musste er noch etwas anderes erledigen. Es wusste noch nicht alle von seiner wundersamen Auferstehung. Er stand auf und ging zu dem Feuer, dessen Flammen heftig hin und her schlugen, genauso wie die Gefühle der Camper. Luke nahm ein paar Hähnchenstreifen und warf sie in das Feuer: „Für Hermes.“, flüsterte er und dann fügte er hinzu: „Und an die anderen: Ich lebe wieder.“ Doch kaum hatte er das gesagt, schrie plötzlich eine Stimme: „Du bist Tod!“ Ein Blick in die Richtung aus der die Stimme gekommen war, sagte ihm, dass es Conner war, der auch mit dem Finger auf ihn zeigt. Das hatte ja ziemlich lange gedauert. Im nächsten Augenblick begann über ihm der Himmel zu grollen, gefolgt von heftigen Blitzen. Die Wolken waren pechschwarz und sofort fing es an zu regnen. Natürlich blieb das Camp davon verschont, dennoch wusste Luke nun, dass seine Nachricht angekommen war und offensichtlich nicht besonders gut aufgenommen wurde. Er ging zum Tisch zurück und setzte sich an seinen Platz. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Conner aufsprang, zu ihm lief und anschließend am Kragen packte. Luke seufzte leicht und warf einen kurzen Blick auf sein Abendessen. Damit war es wohl vorbei. Nun stand auch Travis auf und stellte sich hinter seinen Bruder. Optisch hatten sich beide nicht verändert, dachte Luke, ließ Conner aber nicht aus den Augen. „Ich rede mit dir!“, fauchte Conner ihn an. Seine Augen blitzen und Luke sah Verwirrung und Angst darin und jede Menge Hass. Es war so viel Hass, dass Conner nicht wusste, wie er ihn am besten entladen sollte. Nein, das stimme nicht, dachte Luke. Er wusste es schon, aber er wollte auch Antworten. „Offenbar bin ich es nicht mehr.“, erwiderte Luke und packte Conner am Handgelenkt. Dieser zuckte bei der Berührung zurück und ließ ihn los. Sein ganzer Körper zitterte. „Warum ausgerechnet du?“, fragte nun auch Travis, dem die Gefühle ebenso deutlich ins Gesicht geschrieben standen, wie seinem Bruder. Luke schüttelte den Kopf. Sie hatten ja keine Ahnung, wie oft er sich diese Frage selbst schon gestellt hatte. „Ich weiß es nicht.“, erwiderte Luke kurz und wollte sich dann wieder seinem Essen widmen. Doch er konnte nicht einmal die Gabel in die Hand nehmen. Conner fegte mit einer Handbewegung den Teller vom Tisch. „Wir sind noch nicht fertig.“, knurrte er. Noch einmal seufzte Luke. „Hör zu, ich weiß es nicht.“, sagte er schließlich. „Ich kann dir keine deiner Fragen beantworten. Ich kenne die Antworten selbst nicht, aber wenn ich sie kenne, bist du der Erste, dem ich es erzähle, versprochen. „Aber wahrscheinlich liegt es daran, dass die Tore des Todes geöffnet sind.“ „Thanatos sorgt dafür, dass Monster die Grenze nicht überqueren können! Also auch du nicht!“, spie Travis fast aus. „Ich...“, wollte Luke ansetzten doch ein Kribbeln in seinem Nacken warnte ihn vor etwas und er drehte sich rechtzeitig um, um einen Schlag von Clarisse auszuweichen. „Wir schicken ihn dorthin, wo er herkam.“, sagte sie mit feuerrotem Gesicht. Abwehrend hob Luke die Hände. Er hatte zwar keine Ahnung, warum er lebte, aber er wollte auf keinen Fall so schnell wieder sterben. So angenehm war das Gefühl nun nicht gewesen. „Schluss jetzt.“, befahl Chiron bevor Clarisse auf ihn losgehen konnte. „Wir haben das alles besprochen und sind zu keiner Antwort gekommen.“ „Sie glauben ihm?!“, fragte Travis ungläubig. „Nun, er fiel genau vor meine Füße, mit einer blutenden Wunde und mehr tot als lebendig.“, erwiderte Chiron. „Niemand will ihn hier haben!“, rief Conner wütend. „Ich stehe neben dir, du musst nicht schreien.“, sagte Luke bissig. „Sei still!“, fauchte Clarisse. „Deinetwegen sind so viele gestorben! Für jeden von ihnen müsstest du extra bestraft werden und im Tartarus brennen.“ „Ich erwarte nicht, dass ihr mir glaubt und schon gar nicht, dass ihr mir verzeiht!“, wurde nun auch Luke lauter. „Ich habe nicht um das hier gebeten, niemals! Ich wollte eine ehrliche, faire zweite Chance und nicht sowas!“ „Ja, sicher und das glauben wir dir natürlich aufs Wort.“, kam es von Travis. Luke verdrehte genervt die Augen. Jedes Wort war doch Verschwendung. „Ich muss hier bleiben, bis ich weiß, was-“ „Bis was? Bis du dir wieder eine neue Armee aufgebaut hast? Bis du Gaia die Füße küssen kannst?“, fiel Clarisse ihm ins Wort. „Bis ich weiß, was ich hier mache! Warum ich durch das Tor gelassen wurde! Warum die Parzen meinen Körper hierher geschickt haben!“ „Das Schicksal selbst soll das gemacht haben?! Dein Ego ist ja noch größer geworden!“ „Mein Körper war bei ihnen und sie müssen mich hierher geschickt haben. Eine andere Erklärung finden wir nicht.“ „Wir?“ „Chiron, Hermes und ich.“, antwortete Luke unüberlegt. Conners Gesichtsausdruck wurde noch ein wenig wütender. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt um zu gehen, überlegte Luke und wollte sich bereits abwenden. „Natürlich, kaum bist du zurück, kommt er auch schon zu dir! Warum? Warum bevorzugt er dich? Das hat er schon immer getan! Vielleicht sollten wir auch eine Armee aus Monster aufstellen und uns zu Sklaven eines Titanen machen. Vielleicht würde er uns dann genauso viel Beachtung schenken!“, sprach Conner sarkastisch und gehässig. Luke musterte ihn kühl. Er überlegte, ob er dem wirklich antworten sollte. Nichts davon konnte er abstreiten. Er verstand ja selbst nicht, warum ihr Vater gerade ihm so viel Beachtung schenkte. Der Vorfall von damals konnte doch nicht der einzige Grund sein. „Lass ihn doch Conner, wir wissen nicht warum er so handelt und wir werden es wohl nie erfahren. Wahrscheinlich hat er nur Mitleid mit ihm.“ Fragend sah Conner seinen Bruder an und auch Luke wunderte sich über diese Aussage. „Der Wahnsinn lässt sich schließlich nicht leugnen.“, fuhr Travis unerbittlich und mit zischender Stimme fort. Einen Moment blicke Luke seinen Halbgeschwistern noch in die Augen, dann wandte er sich endgültig ab. Sie hatten keine Ahnung wovon sie sprachen. „Und wo soll der Wahnsinn herkommen?“, stieg Conner auf Travis Aussage ein. Sie wollten ihn provozieren, dessen war sich Luke nur zu bewusst, nur würden sie kein Glück damit haben. Er würde in Hütte elf gehen und sich dort einen Platz zum Schlafen suchen. Es würde sicher keine besonders friedvolle Nacht, dabei fühlte er sich jetzt bereits, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Würde das von nun an immer so sein?, fragte er sich dumpf. „Das ist doch offensichtlich“, sagte Travis laut, „Von seiner Mutter. An dem Vater kann es nicht liegen, sonst wären wir wohl alle übergelaufen.“ „Conner! Travis!“, rief Chiron warnend. Sie gingen eindeutig zu weit und normalerweise genügte schon ein Blick von ihm, um sie alle zu maßregeln, doch nicht dieses Mal. Dafür waren Conner und Travis zu aufgebracht. Sie hatten gesehen, wie Luke stehen geblieben war. „Sieh mal, wir haben sogar recht.“, spottete Conner. Die anderen Camper rührten sich nicht. Niemand traute sich einzugreifen oder etwas zu sagen. Diese Sache wollten Conner und Travis allein austragen und das spürten sie. „Was ist Luke?, War deine Mutter verrückt? Das würde so einiges -“, stimmte Travis ein. Doch noch bevor er den Satz überhaupt zu Ende gesprochen hatte, stürzte sich Luke auf Conner, der ihm am nächsten stand. Kapitel 10: Wut --------------- Ach der Titel ist ja mal wieder genial einfallsreich... -.-° Ich entschuldige mich dafür. Vielleicht habt ihr aber trotzdem noch Lust zu lesen.^^° ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wut Luke riss Conner zu Boden und schlug blind auf ihn ein. Er konnte viel aushalten, viel ertragen. Er war auf alles vorbereitet gewesen - hatte er gedacht. Doch nicht darauf. Nie hätte er damit gerechnet, dass sie ausgerechnet seine Mutter zur Zielscheibe nehmen würden und dann auch noch ins Schwarze trafen. Wie konnte sie es wagen so zu reden? Sie hatte keine Ahnung! Sie wusste nicht, wie es war, mit ihr aufzuwachsen, mit diesen glühenden Augen und dieser furchtbaren Stimme. Sie kannten nur Spaß und Albernheiten. Alles war für sie lustig! Keiner von den beiden wusste, wie es war vollkommen allein zu sein! Sie hatte immer einander gehabt! Lukes Fäuste trafen Conner immer wieder ins Gesicht. Er schlug ihn auf das Kinn, die Wange und Augen. Er schaute nicht wohin er traf, es genügte ihm zu wissen, dass er traf. Er war so in seiner Wut und seinem Hass gefangen, dass er Travis, der an seinen Sachen zerrte und auf seinen Rücken einschlug, keinerlei Beachtung schenkte. Er würde seine Fäuste zu spüren bekommen, sobald er mit seinem Bruder fertig war, dachte Luke zornig. Im ersten Augenblick waren die Umstehenden zu erschrocken, um reagieren zu können. Percy war schließlich der Erste, der zu den Kämpfenden rannte. Aus den Augenwinkeln sah er Chiron, der im schnellen Galopp zu ihnen ritt und sie wohl noch vor ihm erreichte. Warum hatte auch Chiron gezögert, wunderte sich Percy ein wenig. Doch noch bevor einer der beiden überhaupt etwas tun konnte, hörten sie plötzlich eine Stimme, die einem Donnergrollen gleich kam. „Genug!“, befahl sie scharf und die drei Kämpfenden erstarrten augenblicklich. Auch Percy blieb stehen und schaute in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Alle Nackenhaare hatten sich ihm aufgestellt und ein Schauer war durch seinen Körper gefahren. Der Besitzer der Stimme war eindeutig wütend. Percy hatte ihn schon einmal wütend erlebt und war nicht versessen darauf ihm so noch einmal gegenüber zu stehen, auch wenn es nicht ihm galt. Einzig Chiron schien unbeeindruckt zu sein und half erst Travis, dann Luke und schließlich Conner auf. Travis hatte keinerlei Verletzungen, Luke war wohl nur am Kinn getroffen worden und er wischte sich mit den Handrücken Blut aus dem Mundwinkel. Conner jedoch hatte es richtig erwischt. Er hatte eine aufgeplatzte Lippe, ein blaues Auge, eine Wunde an der Augenbraue und eine blutende Nase. Außerdem würden auch sein Kinn und Wange bald blau werden. Sie alle drei atmeten schwer und sahen zu Hermes, der machtausstrahlend und gefährlich vor ihnen stand. Dieses Mal nicht als einfacher Jogger, sondern in seiner göttlichen Form: mit dem geflügelten Hut und Schuhen und dem Caduceus, um den sich Martha und George wandten und deren Augen glühten. Er selbst schien golden zu leuchten und sein Blick war so zornig, als wäre er kurz davor jemanden in Staub zu verwandeln. Wahrscheinlich war er das auch. „Was sollte das?“, fragte Hermes und seine Stimme war noch immer ungewöhnlich laut. Die anderen Camper saßen an ihren Plätzen und rührten sich nicht. Entweder weil sie sich schlicht nicht trauten oder weil sie unbedingt wissen wollten, was noch geschehen würde. Luke tippte auf letzteres. Ohne eine Antwort zu geben trat Luke hervor und ging geradewegs an seinem Vater vorbei. Für ihn gab es dazu nichts zu sagen. Dennoch fing er Hermes Blick auf und er wusste, was der Götterbote darin sah. Luke konnte sein Erstaunen sehen, aber vielleicht auch so etwas wie Erleichterung. „Luke!“, mahnte Hermes ihn dennoch, als er wortlos an ihm vorbeigehen wollte. „Ich habe dazu nichts zu sagen.“, erwiderte dieser kühl und drehte ihm den Rücken zu. „Ich bin in der Arena, wenn du mich suchst.“, fügte er an. Kurz sah Hermes ihm noch hinterher, wandte sich dann aber an Conner und Travis. Diese starrten ihn wütend an und der Götterbote seufzte kurz unhörbar. Er hätte sich nicht einmischen sollen, dachte er. „Conner? Travis?“ Als sie auch nicht antworteten, blicke Hermes zu Chiron. „Sie haben darüber gestritten, warum du-“ „Warum du ihn immer bevorzugt hast!“, beendete Conner den Satz und seine Augen funkelten vor Zorn. Einen Moment musterte Hermes seine beiden anderen Söhne und schüttelte den Kopf. „Ich will es nicht abstreiten.“, sagte er schließlich. „Aber ich liebe euch nicht weniger.“ „Ja, klar.“, erwiderte Travis bissig, doch Hermes ging nicht darauf ein. Er konnte ihnen keinen Beweis erbringen, das würde er nie können. Es gab Regeln an die er sich zu halten hatte, auch wenn er bereits vor mehr als einem Jahr beschlossen hatte, sie nicht mehr ganz so eng zu sehen. Doch die Vergangenheit würde es nicht ändern können. „Deswegen hat Luke dich geschlagen?“, fragte er ruhig weiter. Unter Hermes bohrendem Blick hielt Conner nicht lange stand und er sah schließlich weg. „Nein.“, murmelte er. Weiterhin sah der Götterbote die beiden Jungs an. Sein Blick war stechend und es war deutlich, was er wissen wollte. Travis war es, der antwortete: „Wir haben... etwas über seine Mutter gesagt.“ Fragend hob Hermes eine Augenbraue. Diese Antwort schien ihn nicht zufrieden zu stellen. „Wir haben gesagt, dass sie verrückt war und nur das seinen eigenen Wahnsinn erklären kann.“ Hermes sog scharf die Luft ein. An der Angespanntheit seines Kiefers konnte jeder sehen, dass diese Worte ihn ebenso wütend machten, wie zuvor Luke. Annabeth zuckte innerlich zusammen. Würde er die beiden bestrafen? Und wie würde diese Bestrafung aussehen? „Ihr werdet euch bei ihm entschuldigen.“, sagte plötzlich Chiron und Hermes sah seinen Freund kurz an. Dann nickte er schlicht. Sein Blick duldete eigentlich keinen Wiederspruch. Trotzdem versuchte es Conner. „Warum?“, fragte Conner scharf. „Er hat es verdient!“ „Ihr werdet euch entschuldigen. Ihr habt kein Recht so über die Mutter eines anderen zu reden.“, erwiderte Chiron gelassen. „Das ist nicht dein ernst!“, rief Travis Fassungslos. „Das kannst du nicht ernst meinen?!“, sagte er an seinen Vater gewandt. „Ihr werdet euch entschuldigen.“, sagte dieser schlicht und wandte um. Sofort brauch ein Murmeln los. Conner und Travis fluchten lautstark, doch es kümmerte ihn nicht. Chiron folgten ihm. „Glaubst du es ist richtig?“, fragte Hermes den Zentaur plötzlich und dieser sah ihn einen Moment verwirrt an. „Dass sie sich entschuldigen sollen?“, fragte er deswegen nach. Kurz nickte der Götterbote. „Natürlich! Das ist das mindeste!“ „Woher wussten sie es?“ Chiron seufzte. „Ich denke nicht, dass sie es wussten, sondern einfach nur gut geraten haben. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass es Luke wirklich so nah geht.“ Darauf antwortete Hermes nicht. Würde er seinen Sohn jemals verstehen? „Was will er in der Arena?“, fragte nun Chiron und Hermes entwich ein Schnauben. Das hingegen konnte er sich nur zu gut vorstellen. „Ich nehme an, dass er ausprobieren will, wie fit er ist.“ „Er ist erst seit heute wieder auf den Beinen. Er kann doch nicht wirklich erwarten, dass er schon wieder zu seiner alten Form zurückgefunden hat.“ „Seine Augen...“ „Ich verstehe es auch nicht, frag mich also erst nicht. Er sagte irgendwas von zwei Lichtern und das er Kronos... Oh, das ist einfach Wahnsinn! Er hätte Kronos zu einem Teil von sich gemacht!“, rief Chiron aus und machte damit zum ersten Mal seiner Verwunderung und Unglauben Luft. „Weißt du, was es bedeutet, wenn die anderen davon erfahren?“, fragte Hermes, doch Chiron spürte, dass er eigentlich keine Antwort darauf haben wollte. Denn darauf gab es nur eine Antwort. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Mit der Bezeichnung vom Hermesstab habe ich mich etwas schwer getan. Im englischen heißt er so, aber im deutschen eben Hermesstab, aber das war irgendwie seltsam. Deswegen hab ich es dabei belassen. Weitere Vorschläge werden jedoch gern angenommen.^^ Kapitel 11: Testkampf --------------------- Ich schreibe die FF nicht nur um mich auszutoben, sondern auch um Kämpfe zu üben. >.< Nein, ich meine damit nicht den Kampf mit Word oder den Figuren, sondern wirklich Kämpfe zu beschreiben. Bisherige Erkenntnis: Ich muss noch seeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeehr viel üben. Gar nicht so einfach... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Testkampf Bevor Hermes und Chiron die Arena erreichten, kamen sie am Waffenlager vorbei. Dort stand die Tür offen und Licht brannte. Außerdem war ein Kirren zu hören. „Was machst du da?“, fragte Chiron, als sie in der Tür standen und sahen, wie Luke ein Schwert nach dem anderen in die Hand nahm, es kurz hielt, schwang und dann achtlos zur Seite warf. „Bevor ich irgendwas in der Arena anfangen kann, brauch ich erst einmal eine Waffe.“, antwortete er ihnen ohne sie jedoch anzusehen. „Das wirst du nachher alles wieder aufräumen.“, stellte Chiron klar. „Mmh.“, brummte Luke, schien ihnen aber nur halb zuzuhören. Während er die Schwerter ausprobierte, beobachteten Hermes und Chiron ihn. Nach ein paar Minuten fragte Chiron schließlich: „Ist das richtige nicht dabei?“ Seine Stimme klang ein wenig bissig, aber es tat ihm nicht leid. Er wusste sehr genau wonach Luke suchte. Nur würde er kein zweites wie dieses finden. „Nein.“, bekam er als knappe Antwort. „Wie muss denn das richtige sein?“, hörte Chiron nicht auf. Jetzt hielt Luke inne und sah ihn an. Sein Blick verriet keinerlei Anzeichen von Wut, sondern er schien eher genervt zu sein. „Backbiter.“ „Du weißt, dass dieses Schwert nicht deines war.“, sagte Hermes. „Es wurde für mich gemacht.“, erwiderte Luke. Gleichzeitig nahm er ein längeres Bronzeschwert in die Hand. Dann schwang er es durch die Luft und drehte den Griff in der Hand. „Jetzt das richtige gefunden?“, fragte Chiron weiter und Hermes neben ihm schüttelte bereits den Kopf. Sein Blick schien zu sagen: „Muss das sein?“ „Nein, aber das kommt am ehesten hin. Am Ende muss man mit allem kämpfen können, um zu überleben.“, antwortete Luke und machte Chiron damit etwas sprachlos. Dann ging Luke an den beiden vorbei und schaltete das Licht aus. „Muss ich dich fragen, ob du mit mir trainierst oder machst du es auch so?“, fragte er im Gehen an Chiron gewandt. „In diesem Ton sprichst du nicht mit mir!“ „Tut mir leid. Also, was ist nun?“, murmelte er. „Ja.“, seufzte Chiron. Diese Kinder hatte kein Respekt mehr vor dem Alter, sinnierte er. Er würde ihm eine Lektion erteilen, die er so schnell nicht vergessen wird. „Sie werden sich bei dir entschuldigen.“, sprach Hermes nun. Er lief ein Stück hinter Luke und beobachtet dessen Gang und Haltung. Er hatte sich verändert. Er war kein enttäuschter und verbitterter Junge mehr, sondern ein erwachsener Mann, der wusste was er wollte, aber auch was ihn erwartete. Doch kam hatte der Götterbote die Worte ausgesprochen blieb Luke stehen und sah ihn wütend an. „Was? Warum?“ „Sie hatten kein Recht so über May zu sprechen.“ „Sicher hatten sie das nicht, aber das wissen sie nicht. Sie haben keine Ahnung, warum sie sich entschuldigen sollen oder? Ich weiß, dass du es für meine Mutter tust und vielleicht auch für mich, aber du hast kein Recht dazu.“ „Was? Luke, hüte deine Zunge!“, mahnte Chiron. „Lass ihn ausreden.“, unterbrach Hermes ihn. Er war sehr interessiert daran zu hören, was Luke zu sagen hatte. Es klang nicht wütend, sonder eher so, als würde er ganz sachlich darüber reden. „Du hast dich all die Jahre nicht um unsere Erziehung gekümmert, du hast nie danach gefragt, wenn einer den anderen beleidigt hat oder was weiß ich... gerade bei Conner und Travis, die wirklich sehr... anstrengend sei können. Also fang jetzt nicht damit an. Ich verzichte dankend.“ „Luke, du weißt, dass...“, setzte Chiron an, doch Hermes unterbrach ihn. „Schon gut, er hat recht. Das lässt sich nicht anders in Worte fassen.“ „Was ist nun?“, wandte sich Luke an Chiron. „Stellst du dich für einen kleinen Testkampf zur Verfügung.“ „Ich werde dich nicht schonen.“ „Sollst du auch nicht.“ Chiron zog sein Schwer aus der Scheide und schritt in die Mitte der Arena. Luke ging ihm wenige Schritte hinterher. „Was haben sie gesagt?“, fragte Luke, während er und Chiron begannen sich mit erhobenen Schwertern zu umkreisen. „In drei Tagen wirst du auf den Olymp kommen.“ „Ach, sie wollten dass ich zu ihnen komme? Ich dachte, sie lassen mich nicht mal mehr in die Nähe.“ Mit diesen Worten machte er einen Ausfallschritt nach vorn und zog das Schwert nach oben. Es war ein leichtes für Chiron diesen Angriff zu parieren. Die Vibration, die entstand, breitete sich Lukes Arm aus und verursachte ein unangenehmes Kribbeln. Offenbar konnte man nicht einfach so von den Toten auferstehen und alles war wie zuvor, dachte er kurz. Chiron wartete nicht auf seinen nächsten Angriff, sondern griff selbst an. Sein Schwert sauste von oben auf Luke herab, der es gekonnt abwehrte. Dabei zuckte er kurz zusammen. Für einen winzig kurzen Augenblick hatte er unter seinem linken Arm wieder diesen stechenden Schmerz gespürt. Es machte ihn sofort unsicherer, denn jede Verletzung und Schwäche seinerseits würde Kronos Seele stärker machen. „Wir werden uns dir nicht beugen.“, antwortete Hermes ihm nun. Spöttisch stieß Luke die Luft aus, während er Chiron abermals angriff. „Das ist so typisch. Mir scheint ihr habt das letzte Mal nichts gelernt. Lasst den Feind lieber in eure Reihen, als zu ihm zu kommen.“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Chiron stieß seine Klinge unerbittlich nach ihm und Luke war so damit beschäftigt, sich zu verteidigen, dass er keine Gelegenheit mehr bekam selbst anzugreifen. Er suchte nach einer Lücke in Chirons Bewegungen. Mit dem Schwert holte er aus und versuchte ihn an der Flanke zu treffen. Er durfte dem Zentaur nicht zu nah kommen. Seine Hufe hätten ihm leicht einen großen Schaden zufügen können. Gleichzeitig stieß Chiron das eigene Schwert wieder nach vorn und nur mit einem Satz nach hinten, konnte Luke ausweichen. Sein Atem ging schwer und der Schmerz wurde stärker. Sein Arm begann zu zittern. Luke spürte, dass er nicht mehr lange durchhalten würde, aber eine Niederlage kam nicht in Frage. „Wir haben sehr wohl daraus gelernt.“, antwortete Hermes ihm nun. „Du brauchst dich nur im Camp umzusehen.“ „Dazu hatte ich noch keine Gelegenheit.“, keuchte Luke. Noch einmal gelang es ihm Chirons Schwert abzuwehren, doch er hatte nicht mehr genügend Kraft in den Armen, um sein eigenes zu halten. Mit einem leisen Aufschlag viel es zu Boden und er spürte Chirons Klinge an seiner Kehle. „Verdammt!“, fluchte er laut und hielt sich die Stelle unter seinem linken Arm. Sein Körper krümmte sich vor Schmerzen nach vorn. „Was ist los?“, fragte Chiron augenblicklich. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn zu stützen. „Gleich vorbei.“, antwortete Luke gepresst. Er versuchte den Schmerz wegzubeißen und verfluchte sich innerlich für seine Schwäche. Was nützte es ihm, wenn er wieder lebte, aber nicht seine alte Stärke hatte? „Es war wohl doch zu viel für heute. Du bist heute Nachmittag erst aufgewacht.“ „Ja, ja.“, erwiderte Luke genervt. „So eine Scheiße!“ Langsam richtete er sich wieder auf und schüttelte Chirons Hand ab. „Und habt ihr schon eine Idee, was ihr mit mir macht?“, wandte sich Luke nun an seinen Vater. Sein Gesicht war noch blass und kleine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, doch seinem Mund schien es gut zu gehen, dachte Hermes. Trotzdem muss sein Blick etwas anderes gesagt haben, denn Luke sprach weiter: „Es geht mir gut. Ich muss mich nur daran gewöhnen.“ „Wie fühlt es sich an?“, wollte er wissen. Luke zuckte schwach die Schulter. „Ich kann es nicht beschreiben. Fremd, seltsam und unheimlich, aber es ist besser als vorher. Die Anspannung ist weg.“ „Wir wollen wissen, wie du es geschafft hast.“, sagte der Götterbote. Luke schüttelte den Kopf. „Dann kannst du den Anderen jetzt schon ausrichten, dass ich es euch nicht erklären kann. Ich verstehe es ja selber nicht. Genauso wenig, wie ich verstehe, warum ausgerechnet ich das Tor passieren konnte.“ „Aber Luke, es muss eine Antwort geben!“ „Natürlich gibt es die!“, erwiderte er schon etwas heftiger. „Ich kenne sie nur nicht! Warum fragt ihr sie nicht selbst?!“ „Sie sagen du wüsstest es!“ Überrascht sah Luke seinen Vater an. „Was?“, fragte er ungläubig. „Warum... Nein, ich weiß es nicht.“ Er fuhr sich durch die Haare. Der Schmerz in seinem Arm war fast abgeklungen und er fühlte sich unendlich müde – wieder einmal. „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“, wiederholte er und schüttelte den Kopf. Hermes glaubte ihm. Er wollte ihm glauben. Alles in seiner Körperhaltung und Ausdrucksweise sprach dafür, doch wie Chiron bereits gesagt hat: Er war sein Sohn und er hatte sie alle schon einmal sehr getäuscht. Hermes und Lukes Blicke trafen sich für einen Moment und der Gott erkannte, dass er durchschaut war. Sofort verschloss sich Luke ihm wieder und sein Gesichtsausdruck wurde hart. „War klar, auch du glaubst mir nicht.“, sagte Luke schließlich. Er ging zu dem Schwert, das noch immer auf dem Boden lag und hob es auf. Abermals drehte er es in seiner Hand, besah sich die Klinge und marschierte aus der Arena. „Wo willst du damit hin?“, fragte Chiron. „Ich soll doch heute in Hütte 11 schlafen, dann kann ich es sicher gebrauchen!“, sagte Luke etwas lauter, so dass sie ihn verstehen konnten, aber er drehte sich nicht noch einmal um. Stumm sahen sie ihm hinterher. Kapitel 12: Gefangen -------------------- Gefangen „Du hast kein Recht uns unser Misstrauen zum Vorwurf zu machen.“, sagte Chiron, der dieses Gespräch nicht mit Lukes Worten beenden wollte. Luke seufzte hörbar auf und drehte sich schließlich wieder um. Sie konnten noch sehen, wie er die Augen verdrehte. „Das sagtet ihr bereits.“, sagte Luke spitz. „Nur so aus Neugier, spielt es eigentlich eine Rolle, ob ich euch überhaupt eine eurer Fragen beantworten kann?“ Hermes verzog schmerzhaft das Gesicht. Die anderen waren wütend gewesen, allen voran natürlich Zeus. Allein die Tatsache, dass er die anderen Götter des Olymps nicht sofort von Lukes... Wiederauferstehung unterrichtet hatte, hatte ihren Zorn wachsen lassen. Als er ihnen dann auch noch erzählt, dass Kronos immer noch in Lukes Körper war, waren sie einer Meinung gewesen. Sofort hatten sie Lukes erneuten Tod verlangt. Hätte er nicht den Einwand gebracht, dass es wohl die Parzen selbst gewesen sein müssen, die Luke ins Camp geschickt haben müssen, hätten sie ihr Vorhaben wohl augenblicklich in die Tat umgesetzt. Dabei hatte er sie nicht einmal über die neusten Vorkommnisse informiert. Außerdem hatte Hades bestätigt, dass Luke plötzlich verschwunden war. Wie alle anderen Seelen hatte er auf sein Urteil gewartet und war dann ganz plötzlich verschwunden. Obwohl Thanatos an die Pforten zurückgekehrt ist, geschah es immer noch, dass Seele durch die Tore in die Welt der Lebenden und ihre Körper zurückschlüpften. Es war ein Beweis, dass Gaia immer mächtiger wurde, ganz gleich wie sehr sie sie auch bekämpften. Hermes wusste, dass er Luke auf seine Frage nicht direkt antworten musste. Er würde ihn auch so verstehen. Deswegen sagte er nur: „Du hast schon einmal versucht uns auszulöschen.“ „Ja, das habe ich, aber das hat nichts mit dem hier zu tun.“, erwiderte Luke. Dann winkte er mit der Hand ab. „Was soll’s, ich habe für heute genug. Wird sicher eine interessante Nacht.“, murmelte er und drehte sich um. Er spürte Chirons und Hermes Blick im Rücken, die ihn noch beobachteten, dann sah er in den Augenwinkeln ein Leuchten und Luke wusste, dass sein Vater gegangen war. Luke wählte den direkten Weg zur Hütte elf, doch als er sich den Häusern näherte, verlangsamten sich seine Schritte. Vom Haupthaus aus, hatte er es bereits erahnen können, doch diese acht neuen Hütten, ließen ihn inne halten. Ihr Anblick berührte etwas tief in ihm. Luke atmete ein und als er wieder ausatmete war es ihm, als wäre eine weitere Last von ihm gefallen. Der Krieg war nicht umsonst gewesen. Egal, wie schrecklich die Dinge gewesen waren, die er oder Kronos getan hatten, dies war ein durchaus positiver Effekt. In sieben dieser Hütten brannte Licht und jede zeichnete sich durch etwas aus, was den Gott, dem sie gewidmet war, kennzeichnete. Zuerst lief Luke die Häuser auf der rechten Seite ab. Dort fand er die Hütten von Nike, Hebe, Tyche und Hekate. Letztere war ganz außen und stand direkt vor Dionysos Hütte. Hinter den Fenstern sah er einige Kinder im Schein der Fackeln mit einander reden. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Percy hatte sein Versprechen gehalten. Er lief die Häuser wieder zurück und dann die linke Reihe entlang. Dort standen die Hütten von Nemesis, Hypnos, Iris und zuletzt die von Hades. Hades Hütte wurde von Geisterfeuer erleuchtet, obwohl Nico im Moment nicht im Camp war. Es verlieh dieser letzten Hütte mitten in der Dunkelheit etwas Gespenstisches. Trotzdem verspürte Luke eine tiefe Zufriedenheit. Sie alle hatten schließlich hier ein zu Hause gefunden, einen Ort an dem sie sicher waren und nicht jeden Tag aufs Neue um ihr Überleben kämpfen mussten. So war es richtig, dachte er. Nein, er bereute nichts. Nachdem er Hades Haus umrundet hatte, ging er geradewegs zur Hütte für die Hermes Kinder. Auch dort herrschte reges Treiben, das aber augenblicklich verstummte, sobald die anderen ihn bemerkten. Ungefähr zehn Kinder sahen ihn an. Sie alle waren unterschiedlichen Alters und Hautfarbe. Das jüngste war ungefähr 12, dachte Luke. Er wollte gar nicht daran denken wie viel mehr vielleicht noch auf der ganzen Welt verstreut waren und erst später ihren Weg ins Camp fanden – wenn sie ihn denn fanden. Ohne ein Wort zu sagen, wollte er an ihnen vorbei gehen, doch Conner und Travis traten hervor. Luke stellte sich auf eine erneute Auseinandersetzung mit ihnen ein. „Es tut uns-“, begann Travis. „Nein! Hör bloß auf dich zu entschuldigen.“, unterbrach Luke ihn sofort. Sprachlos sahen die beiden Brüder ihn an. „Hör mal, wir versuchen uns hier uns zu entschuldigen und du wirst uns gefälligst zuhören.“, sagte Travis aufgebracht. „Spart euch die Mühe. Ihr macht das nur, weil Hermes es so will. Darauf kann ich verzichten. Außerdem hätte ich vielleicht nicht so reagieren sollen.“ „Ach ja?“, fragte Conner ungläubig. „Ja. Ihr habt beide keine Ahnung von mir oder meinem Leben bevor ich hierhergekommen bin. Also belassen wir es einfach dabei.“ Beide waren sprachlos und Luke ging achtlos an ihren vorbei. „Ist noch ein Bett frei?“, fragte er im vorübergehen, sprach aber zu niemand bestimmten. „Nein.“, antwortete eines der Kinder, ein Mädchen mit roten Haaren und Sommersprosen. „Luke.“, sagte Conner und der Angesprochene drehte sich um. Was denn jetzt noch?, dachte er bloß und verkniff es sich, es laut auszusprechen. Er war müde und wollte nur noch schlafen. Es war alles gesagt worden. „Du bist keiner mehr von uns. Du bist hier nicht willkommen.“ „Ts, das weiß ich. Und wenn ich es nach mir ginge, wäre ich jetzt auch ganz wo anders. Aber da ich nun mal hier bin, werden ihr mich ertragen müssen, ob es euch nun gefällt oder nicht.“ Mit diesen Worten ging er zu dem Schrank, der in der Ecke des Raumes stand. Wenn er Glück hatte waren dort noch ein paar Schlafsäcke drin. Das Glück war ihm tatsächlich hold und so nahm er sich einen und zog sich damit in eine Ecke der Hütte zurück. Dort breitete er ihn aus und legte sich mit dem Rücken darauf. Seine Augen starrten noch einen Moment zur Decke, doch schon bald wurden seine Lider schwerer. Die anderen sahen ihn weiterhin an, doch Luke kümmerte dies nicht. Sobald seine Augen sich ganz geschlossen hatten, schlief er ein. Er fand sich in einer tiefen, alles verschlingenden Finsternis wieder. Sie lag schwer auf seiner Seele, engte ihn ein und erdrückte ihn. Es gab kaum Luft zu atmen. Es war stickig und heiß. Überall war diese Hitze, die sich durch seinen gesamten Körper zu brennen schien. Doch wusste er nicht, ob sie von außen kam oder aus seinem Inneren. Er verbrannte langsam und qualvoll. Und doch fühlte es sich gleichzeitig so an, als würde jemand ihm die Haut bei lebendigem Leibe abziehen und ihn in Stücke hacken. Dennoch konnte er nicht sterben. Es nahm kein Ende, ganz gleich wie klein die Teile seines Körpers zerstückelt wurden, immer fanden sie zueinander zurück, bis er wieder vollständig war. Und dann begann alles von vorn. Er war gefangen in einem Strudel von Schmerz und Pein. Mit jedem Mal mit dem es begann, schien es nur noch heftiger zu werden und langanhaltender. Die Qualen waren endlos und unerträglich. Schlimmer als, alles was er erlebt hatte. Schlimmer als alles was er sich vorstellen konnte. Es war, als wäre er in Tatarus selbst gefallen und für immer dort gefangen. Kapitel 13: A place to rest --------------------------- A place to rest „Wir sollten Chiron holen.“, sagte Celine, das Mädchen mit dem roten Haaren und Sommersprosen. Ihre Stimme zitterte bei diesen Worten leicht. Ängstlich stand sie hinter Conner und sah auf Luke. Dieser wälzte sich seit Minuten im Schlaf hin und her und schrie, scheinbar vor Schmerzen. Chris kniete neben ihm und versuchte ihn aufzuwecken, indem er ihn an den Schultern schüttelte und laut seinen Namen rief. „Luke! Luke!“ Sein Versuch blieb erfolglos. „So einen festen Schlaf kann er doch gar nicht haben.“, murmelte Travis, der sich nun an Lukes andere Seite kniete. „Luke! Hey, Luke! Wach auf, Mann!“, sprach Travis ihn an und schlug ihn mit der flachen Hand gegen die Wange. Wieder zeigte er keine Reaktion. „Okay, dann eben fester.“, sagte Travis mehr zu sich selbst und holte noch einmal aus. „Travis, nich-“, wollte ihn Chris abhalten, doch da war es bereits zu spät. Dieses Mal legte er mehr Kraft in seinem Schlag. Und tatsächlich sog Luke kurz scharf die Luft ein und hielt den Atem an. Dann krümmte er sich abermals vor Schmerzen. „Ich gehe und hole Chiron.“, sagte Conner und wollte sich gerade abwenden, als Travis noch einmal ausholte und Luke dieses Mal fest mit der Faust ins Gesicht schlug. Endlich riss dieser die Augen auf und starrte seinen Halbbruder verschreckt an. Seine Augen waren glasig und seine Pupillen riesig schwarz. Lukes Atem ging keuchend und kurz, ganz so als würde er nicht genügend Luft bekommen. „Endlich.“, sagte Chris und war ehrlich erleichtert und auch Travis stieß einen Seufzer aus. Es hatte ihnen allen Angst gemacht Luke so zu sehen. Irgendetwas hatte ihn gequält, das war ganz offensichtlich gewesen. Es war zwar normal, dass Halbgötter andere, intensiviere Träume hatten als gewöhnliche Menschen, doch das war Travis schon beinah zu intensiv. „Du hast uns allen einen riesen Schrecken eingejagt.“, sagte Chris und faste Luke an der Schulter. Luke starrte ihn kurz, an schien aber durch ihn hindurchzusehen. Dann sprang er plötzlich auf und rannte an den anderen vorbei, nach draußen. Die Bewohner von Hütte elf rannten ihm hinterher, doch noch an der Tür sahen und hörten sie den Grund für Lukes Verhalten: Er übergab sich in einem Busch, der neben Hütte elf stand. Keiner seiner Halbgeschwister wagte es ihm zu nahe zu kommen oder gar etwas zu sagen. Mit dem Handrücken wischte sich Luke den Mund ab. Sein Kopf schien zu explodieren und seine Wange tat weh. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was er zuvor im Schlaf erlebt hatte. Luke wusste genau, was geschehen und es ließ ihn immer noch zittern. Sein Körper bebte so sehr, dass er sich nicht einmal mehr auf den Beinen halten konnte. Langsam setzte er sich auf den Treppe und schlag die Arme um seinen Körper, als könnte er das Zittern dadurch stoppen. Er versuchte gleichmäßige, tiefe Atemzüge durch den Mund zu machen, um den Schwindel loszuwerden. Gleichzeitig rasten seine Gedanken. War das der Preis?, fragte er sich. Würde es von nun an immer so sein? „Wie... Wie lange hab ich geschlafen?“, fragte er schließlich die anderen, die noch immer in seinem Rücken standen. Seine Kehle war trocken und noch immer schmeckte er das Erbrochene. Ihm drohte erneut schlecht zu werden. Dieses Mal war es Conner, der ihm antwortete: „Keine Ahnung, vielleicht zwei Stunden.“ „Hier.“, sagte plötzlich jemand neben ihm und reichte ihm einen Kelch mit Wasser. Es war Chris. „Danke.“, flüsterte Luke mit brüchiger Stimme. Hastig leerte er den Kelch. Gleich darauf füllte er sich noch ein zweites Mal auf. Dieses Mal trank er langsamer. Er fühlte sich, als wäre er noch einmal von den Toten auferstanden, als wäre er zwei Wochen ununterbrochen wach gewesen und hätte nicht gerade erst zwei Stunden geschlafen. Er fühlte sich, als wäre all dies, was er im Traum gesehen und erlebt hatte, wirklich mit ihm geschehen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte das Mädchen, dessen Name Luke immer noch nicht kannte. „Nein.“, antwortete er ehrlich, weil er nicht einmal zum Lügen genug Kraft hatte. In seinen Kopf drehte sich alles. „Wir sollten Chiron holen. Ich gehe.“, sagte ein anderer. „Nein.“, widersprach Luke, noch bevor sich der Junge in Bewegung gesetzt hatte. „Ich gehe selber zu ihm.“ Er erhob sich und wankte einen Moment. Misstrauisch sah Conner ihn an. „Sieht nicht so aus, als würdest du besonders weit kommen.“, merkte er an. „Geht schon.“, erwiderte Luke, der die Spitze nicht einmal bemerkt hatte. „Ihr könnt wieder ins Bett gehen.“ Äußerst langsam und Schritt für Schritt entfernte er sich von Hütte elf in Richtung des Haupthauses. Seine Finger umklammerten den Kelch, den er immer noch in der Hand hielt. Die anderen sahen noch einen Moment hinterher. „Sollen wir ihn wirklich allein gehen lassen?“, fragte Celine. „Du hast es doch gehört.“, erwiderte Conner, der nicht vergessen hatte, dass er immer noch wütend auf Luke war. „Gehen wir wieder rein. So weit ist es ja nicht bis zum Haupthaus.“, erwiderte Travis und damit kehrten sie Luke den Rücken zu. Chiron würde ihm auch nicht helfen können, dass wusste Luke. Er hatte Kronos Erinnerungen zu einem Teil seiner eigenen gemacht, in dem Moment, in dem er dessen Seele... zu einem Teil seiner eigenen gemacht hatte. Luke schüttelte den Kopf. Er konnte es nicht einmal denken, ohne dass es lächerlich klang und doch war es die Wahrheit. Warum gerade er? Warum war gerade ihm so etwas Unmögliches gelungen? Aber er hätte es wissen müssen oder zumindest ahnen. Im Schlaf konnte er seine Gedanken und Gefühle nicht steuern, er hatte keinen Einfluss auf seine Träume, so dass Kronos Erinnerungen ungehindert auf ihn einströmen konnten. Er war müde. Nicht nur sein Körper war geschwächt, sondern auch seine Seele. In drei Tagen würden die Götter über ihn entscheiden und ihr Urteil stand bereits fest, wenn er ihnen nicht sagen konnte, warum die Parzen ausgerechnet ihn ausgesucht hatten. Warum? Sollte er etwas für sie tun? Für jemand anderen? Welchen Nutzen brachte er ihnen? Er war es leid ständig nach Antworten zu suchen, von anderen benutzt zu werden, für alles die Schuld oder Verantwortung zu tragen. Darauf würde es doch hinaus laufen oder nicht? Luke blieb auf halben Weg stehen und rieb sich über das Gesicht. Schmerzhaft zuckte er zusammen, als er seine Wange berührte. Er konnte sich nicht erinnern, dass Travis oder Conner ihn bei der Rangelei so heftig erwischt hatten. Bei den Göttern, er brauchte Ruhe! Er wollte sie so sehr, wie zuvor, in einem anderen Leben, die Liebe seines Vaters. Luke blickte zurück auf die Hütte der Hermeskinder und dann zum Haupthaus. Es waren Orte, die ihm vertraut waren und die er einst sein zu Hause nannte. Doch wirklich wie ein zu Hause angefühlt hatten sie sich nie für ihn. Die Personen, die ein zu Hause für ihn ausmachten, waren nicht da gewesen, auch wenn er sich noch so sehr vor ihnen gefürchtet und sie verleumdet hatte. Jetzt jedoch, wünschte er sich nichts sehnlicher, als in seinem wahrem zu Hause zu sein. Dann traf er eine Entscheidung. Er wandte sich ab und ging weder zum Haupthaus, noch zur Hütte elf zurück. Kapitel 14: Verschwunden ------------------------ Verschwunden „Warum ist Luke nicht mit euch gekommen?“, fragte Chiron an die Hermeskinder gewandt, die sich um den Frühstückstisch versammelt hatten. Sofort hörten sie auf zu essen und sahen ihn entgeistert an. „Was soll dieser Blick?“, fragte Chiron und ein ungutes Gefühl beschlich ihn. „Er wollte zu dir.“, sagte Travis tonlos. „Nun, ist er aber nicht. Würde ich sonst nach ihm fragen? Ich habe ihn die ganze Nacht nicht gesehen.“, antwortete der Zentaur ungehalten. Luke war nicht mehr im Camp. Es musste nicht einmal jemand aussprechen. Er wusste es einfach. Mit aufgerissenen Augen sahen sie ihn an, während Chiron in Gedanken schon Orte durchging, zu denen Luke gegangen sein könnte. Nur am Rande seines Bewusstseins nahm er wahr, wie Percy an ihn herantrat. Offenbar hatte er alles mitbekommen. „Luke ist weg? Ich sagte doch, man kann ihm nicht trauen.“, stieß Percy wütend aus. Daraufhin erwiderte Chiron nichts. Es war riskant gewesen, ihn so mit offenen Armen zu empfangen. Dennoch hatte Chiron seinen Worten geglaubt. Er hatte seinen Gesten geglaubt. Sollte er sich so geirrt haben? Sollte er ihn so getäuscht haben? Ein zweites Mal? „Ist gestern Abend noch etwas anderes vorgefallen?“, fragte er weiter an den Hermestisch gewandt. Betreten schauten einige nach unten. Das reichte ihm schon fast als Antwort. „Conner? Travis?“, hakte er nach. „Wir wollten uns entschuldigen, aber er wollte das nicht.“, begann Conner zerknirscht. „Und?“ „Er sagte etwas davon, dass wir keine Ahnung hätten, wie sein Leben aussah, bevor er ins Camp kam.“, erzählte Travis. „Weiter.“, forderte Chiron auf. „Mehr geschah nicht.“, war es nun Chris Rodirguez, der sprach. „Luke fragte, ob noch ein Bett frei wäre und als Celine sagte, dass dem nicht so ist, nahm er sich einen Schlafsack und legte sich hin. Er ist gleich darauf eingeschlafen.“ „Das ist alles?“, fragte Chiron. Er hörte sich für ihn so an, als sei die Geschichte damit beendet. „Und keinem von euch ist aufgefallen, wie er in der Nacht verschwunden ist?“ „Naja...“, begann Travis abermals zögerlich. „Was? Lasst euch doch nicht alles aus der Nase ziehen!“ „Luke hatte einen ziemlich heftigen Albtraum.“ „Einen Traum?“ Conner und die anderen nickten. „Er wälzte sich regelrecht auf dem Boden und krümmte sich vor Schmerz. Hin und wieder hat er sogar geschrien und gefleht, dass es aufhören möge. Es war richtig unheimlich. Es hat lange gedauert, bis wir ihn aufwecken konnten.“, gestand Conner. „Und keiner von euch hat es für nötig gehalten mir Bescheid zu sagen?“, fragte der Zentaur wütend. „Das wollten wir, aber er wollte es nicht! Als er endlich wach war, ist er nach draußen gerannt und hat sich übergeben. Wir wollten dich holen, aber Luke meinte, er wolle allein zu dir gehen. Das war’s. Mehr ist da wirklich nicht.“ „Wann war das?“ „Nach Mitternacht.“, antwortete Chris. „Das heißt er könnte überall sein.“, murmelte Chiron. „Stimmt es? Luke ist wirklich abgehauen?“ Chiron sah neben sich und blickte in Annabeths blasses Gesicht. Percy legte einen Arm um sie und streichelte ihre Schulter zum Trost. „Er ist nicht mehr der gleiche.“, versuchte er sie zu beruhigen. „Das weiß ich, Percy.“, fuhr sie ihn etwas zu schroff an. „Bist du schon mal auf die Idee gekommen, dass er selbst nicht weiß, wer er ist?!“ Percy ließ sie los und blickte sie erschrocken an. Gleichzeitig kam die Eifersucht wieder in ihm hoch. Warum musste sie bei Luke auch jedes Mal so reagieren? „Wie meinst du das?“, fragte er und versuchte möglichst ruhig zu klingen. „Percy, überleg doch mal. Wie würdest du dich fühlen, wenn dich jemand aus der Unterwelt reist und wieder in deinen Körper steckt? Ohne, dass du weißt warum. Außerdem... Es dürfte nicht so schwer sein ihn zu finden.“ „Ach nein?“ „Nein, ich habe das Videoschild und Luke wird nicht mehr von Kronos Macht beschützt. Es sollte nur ein paar Minuten dauern. Ich komme ins Haupthaus.“, sagte sie zuversichtlich und wandte sich auch schon ab. „Warum schaust du so besorgt?“, fragte Percy seinen Mentor. „Nichts. Ich hoffe sie hat recht. Wenn die Götter mitbekommen, dass er nicht mehr hier ist, wird es ihm erst recht schlecht ergehen.“ „Machst du dir etwa Sorgen um ihn?“ Percy konnte es nicht fassen. Wieso vertrauten sie ihm immer noch? „Er ist einer meiner Schützlinge.“, erwiderte Chiron schlicht. Percy wusste, dass er sich damit zufrieden geben musste. Zusammen gingen sie ins Haupthaus. „Gibt es einen Ort an dem Luke sich vor den Göttern verstecken könnte?“, überlegte Percy laut. „Ich denke nicht, dass er sich vor den Göttern verstecken will.“ „Wie kommst du darauf?“ „Es hat sich gestern nicht so angehört, als Hermes ihn von dem Treffen unterrichtet hat.“ Chiron seufzte. „Andererseits kann Luke sich auch sehr gut verstellen.“ „Mmh.“, brummte Percy zur Antwort. Als sie die Stufen nach oben stiege und Chiron sich in seinen Rollstuhl setzte, kam Annabeth auf sie zu und hatte das goldene Schild in der Hand. Gemeinsam gingen sie in den Gemeinschaftsraum und Annabeth stellte das Schild auf das Sofa, damit sie besser sehen konnten. Außerdem fiel das Sonnenlicht so direkt darauf. Gerade als sie nach Luke fragen wollte, wurde es plötzlich unerträglich hell im Raum. Percy und Annabeth mussten den Kopf wegdrehen und sich die Augen zuhalten, sonst wären sie zu Staub zerfallen. Ein Gott erschien. „Du weißt es also schon?“, fragte Chiron Hermes, der in der Mitte des Raumes stand. „Ich bin der Gott der Boten und Nachrichten, außerdem es geht um Luke. Natürlich weiß ich es schon.“, antwortete Hermes schlecht gelaunt. „Was denkt er sich nur dabei?!“ „Glaubst du, er wollte davon laufen?“ „Nein, ich denke eher nicht. Es muss einen anderen Grund geben.“ „Travis und Conner sagten, er hätte einen Albtraum gehabt. Das kann unter den gegebenen Umständen alles bedeuten.“ „Was für Umstände?“, wollte Percy wissen. Chiron schüttelte kurz den Kopf. Oh, wie er es hasste, wenn er keine Antworten bekam, dachte Percy wütend. Annabeth stellte sich wieder vor der Schild und sprach: „Zeige mir Luke Castellan.“ Die Oberfläche wurde milchig und verschwamm. Dann wurden erste Konturen und schließlich Möbelstücken sichtbar: ein Bett mit einem Nachttisch davor, ein Schrank am Fußende. Die Tapete war grau oder ein verblichenes Blau, ebenso der Teppich. Das ganze Zimmer sah so aus, als hätte es Jahre leer gestanden. Doch von Luke war nichts zu sehen. Stattdessen lag der Fokus auf dem Bett. Unter der Bettdecke schien eindeutig jemand, Luke, zu schlafen. „Warum kann man ihn nicht richtig sehen?“, fragte Percy. „Er liegt unter der Bettdecke, offenbar ganz. Man sieht nur den Ort auf den natürliches Licht fällt. Unter der Bettdecke gibt es kein Licht. Aber wo soll das sein?“, erklärte Annabeth. „Das könnte überall sein. Es gibt in ganz Amerika haufenweise verlassene Häuser.“ „Es ist nicht verlassen.“, sagte Hermes auf einmal. „Das Zimmer wurde nur seit fast 20 Jahren nicht mehr betreten.“ „Sie wissen wo es ist?“, fragte Annabeth erstaunt. Der Gott schwieg und Chiron sah ihn stirnrunzelnd an. Abermals schien eine stumme Unterhaltung zwischen ihnen stattzufinden. „Wo ist es? Dann können wir dort hin und ihn zurückholen.“, sagte Percy mit Nachdruck. „Nein, ich gehe selbst.“ „Bist du sicher?“, fragte Chiron seinen alten Freund. „Ja. Ich frage mich nur, warum er ausgerechnet dorthin gegangen ist.“ Mit diesen Worten verschwand der Götterbote im gleißenden Licht. Kapitel 15: Zu Hause -------------------- Zu Hause Hermes stand im Flur des Hauses, in dem er einmal fast ein ganzes Jahr verbracht hatte. Das Zimmer, in dem sich Luke aufhielt, lag direkt hinter der Tür vor ihm. Was hatte sich Luke nur dabei gedacht? Waren Mays Worte wirklich so verlockend gewesen? Er musste doch wissen, dass er sie damit ebenso in Gefahr brachte. „Hey.“, sagte eine leise Stimme plötzlich. Als Hermes den Kopf wandte, sah er in Mays Gesicht, die an der Treppe stand. Eine Hand hatte sie noch am Geländer und auf ihren Lippen lag ein Lächeln, das er zaghaft erwiderte. May kam zu ihm und nahm seine Hand in ihre und drückte sie sanft. „Nachdem ich ihn in seinem Zimmer fand, dachte ich mir schon, dass du kommen wirst.“, flüsterte sie und beantwortete seine unausgesprochene Frage. „Lass uns nach unten gehen und reden.“ Noch einmal sah Hermes zur Tür, nickte dann aber. Gleichzeitig fragte er sich, was er eigentlich tat. Er hatte genügend anderen Dinge zu tun und Zeus hatte ihn sehr deutlich davor gewarnt, sich May oder Luke wieder zu nähern. Trotzdem ging er mit ihr. In der Küche war es aufgeräumt und sauber, wie es Hermes schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. „Möchtest du etwas trinken?“, fragte May ihn und nahm bereits eine Tasse aus dem Schrank. „Nein.“, antwortete er einsilbig. „May, warum ist er hier?“ Sie nahm sich einen Teebeutel als eine Packung und hängte ihn in die Tasse. Dann goss sie heißes, dampfendes Wasser auf. „Ich weiß es nicht. Ich dachte du könntest mir das beantworten. Ich weiß nicht mal seit wann er hier ist. Ich geh manchmal in sein Zimmer und denke an früher. An die Zeit, kurz nachdem er geboren wurde. Weißt du noch? Wir waren fast so etwas wie eine Familie. Ich erinnere mich gern daran. Jedenfalls wollte ich das heute Morgen auch wieder tun. Die Tatsache, dass er wieder lebt ist einfach so überwältigend und kommt mir so unwirklich vor, dass...“ May brach ab. Sie fand die richtigen Worte nicht. „Jedenfalls kannst du dir nicht vorstellen, wie erschrocken ich war, als er dann plötzlich in seinem Bett lag.“ „Und? Was hat er gesagt?“, wollte Hermes gleich wissen. „Nichts. Er war noch nicht einmal munter.“, erwiderte sie. „Warum hast du hier nach ihm gesucht?“, war es nun sie, die ihn fragte. In kurzen Worten erzählte Hermes ihr, was geschehen war und was Annabeth in dem Schild gesehen hatte. „Er hat schlecht geträumt?“, fragte May etwas ungläubig. „Du weißt, dass es bei Halbgöttern sehr intensiv sein kann.“ „Ja, natürlich, aber... was für ein Traum war es, dass er sich hier versteckt?“ „Versteckt? Glaubst du wirklich das tut er?“ May zuckte mit den Schultern und seufzte. „Ich wünschte, ich würde das nicht denken, aber... Das hier ist der Ort, an den er am wenigsten zurückkehren wollte. Du hast seinen Gesichtsausdruck auf mein Angebot gesehen, auch wenn er etwas anderes gesagt hat. In diesen Haus gibt es keine schönen Erinnerungen für ihn.“ Hermes war von ihrer inneren Stärke beeindruckt. Sie wusste genau was Luke dachte, was er fühlte und akzeptierte es, auch wenn es sich eigentlich verletzten sollte und ganz sicher traurig stimmte. Aber sie sah dem gefasst entgegen. Luke war ihr darin nicht einmal unähnlich. „Er hat es getan.“, sagte Hermes schließlich. Verwirrte sah May ihn an. „Ich glaube ich nehme doch einen Tee.“, erwiderte er darauf und setzte sich. Er würden den anderen schon eine Erklärung geben, mit der sie zufrieden sein konnten. Aber May hatte es einfach verdient die Wahrheit zu erfahren. Er konnte sie nicht im Unklaren lassen. Sie würde es verstehen. Sie würde damit umgehen können. Nachdenklich drehte May ihre Tasse in der Hand. Hermes hatte gerade geendet und sie wusste ehrlich nicht, was sie davon halten oder darüber denken sollte. Ihr Blick glitt nach oben an die Decke und sie dachte an Luke, der in seinem alten Kinderzimmer schlief. „Hast du nun Angst vor ihm?“ Entrüstet sah sie den Götterboten an. „Natürlich nicht.“ Hermes nickte. „Dennoch ist es... seltsam. Niemand anderes wäre dazu in der Lage gewesen. Warum er?“ May atmete tief aus. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ihm gelungen ist. Aber von Geburt an, war sein Schicksal ein besonderes gewesen.“, sagte May nachdenklich. „Es muss ihn eine Menge an Kraft gekostet haben und noch immer abverlangen. Du sagst, er hatte einen Albtraum. Vielleicht ist er dann deswegen hier. Er will Ruhe finden.“ „Aber warum heimlich? Er war doch abzusehen, dass man es als Flucht auslegen würde.“ „Hätte man ihn denn gehen lassen, wenn er sich abgemeldet hätte?“, fragte sie ein wenig spitz. Hermes schüttelte als Antwort nur den Kopf. Natürlich hätten sie das nicht. Einen Moment schwiegen beide. May stand auf und stellte die Tassen in die Spüle. Nachdenklich sah sie auf das Bild von Luke, welches auf ihrem Küchenschrank stand. Dann sagte sie langsam: „Ich glaube in dem, was du mir erzählt hast, hast du deine Antwort für die Träume gefunden.“ „Wie meinst du das?“ „Die Menschen verarbeiten in ihren Träumen, dass was sie erleben, sich wünschen oder fürchten. Warum sollte es bei Luke anders sein? Seine Seele verarbeitet das erlebte und da Kronos nun ein Teil von ihm ist, könnte es doch gut sein, dass eben auch das verarbeitet, was Kronos erlebt hat.“ Der Götterbote runzelte die Stirn. Sollte das möglich sein? Einen Moment dachte er darüber nach, dann erhob er sich mit einem Ruck. Es war Zeit das heraus zu finden. In schnellen Schritten ging er die Treppe nach oben und öffnete die Zimmertür leise. Innerlich bereitete er sich darauf vor, dass Luke seine Anwesenheit bemerkt hatte und wieder verschwunden war. Doch er lag noch genauso im Bett, wie er es im Videoschild von Annabeth gesehen hatte: komplett in Decken eingehüllt und zusammengerollt. Als wollte er sich vor der Welt verstecken. May war ihm gefolgt und blieb nun in der Zimmertür stehen. Hermes begann vorsichtig die Decke zur Seite zu ziehen. Doch selbst als er die Bettdecke von Lukes Kopf zog rührte sich dieser nicht. Dann legte er erneut eine Hand auf Lukes blonden Haarschopf und war im nächsten Moment in dessen Traum. Kapitel 16: Hide ---------------- Hide Hermes fand sich im gleichen Zimmer wieder. Es war die gleiche hellblaue Tapete an den Wänden, der gleiche dunkelblaue Teppichboden, die gleiche Anordnung der Möbelstücke. Aber die Vorhänge waren geöffnet und die Strahlen der warmen Sommersonne fielen hinein. Auf dem Bett saß Luke in seinem jetzigen Alter, den Körper an die Wand gelehnt, die Beine im Schneidersitz und die Augen geschlossen. Der Götterbote trat einen Schritt heran und Luke begann leise zu sprechen: „Du hast mich also schon gefunden.“ „Was ist das für ein Traum?“ Luke schüttelte den Kopf und öffnete dann die Augen. „Ist es ein Traum? Ich weiß nicht... Kommt mir eher so vor, als hätte meine Seele oder mein Kopf sich einen eigenes Versteck eingerichtet.“ „Wovor?“, fragte Hermes, obwohl er die Antwort bereits erahnte. Luke sah ihn kalt an. „Glaubst du man kann einen Titanen zu einem Teil von sich machen, ohne dass es Spuren hinter lässt?“, fragte er bissig. Sein Vater störte sich nicht an Lukes Ton und er wusste auch, dass er gar nicht erst nach dem ‚Wie?‘ zu fragen brauchte. Luke würde es nicht wissen und wenn doch, würde er es ihm nicht sagen, dessen war er sich sicher. Stattdessen fragte er: „Warum ausgerechnet hier?“ „Ts, hier hätte mich niemand gesucht, das ist doch offensichtlich. Zumindest nicht als erstes. Außerdem dachte ich, dass ich hier vielleicht zur Ruhe kommen könnte, wenigstens für ein paar Stunden.“ „Jeder glaubt du seist davon gelaufen.“ „Ja, ich weiß, das ist mir egal. Ich... konnte einfach nicht mehr.“, gestand Luke und schloss die Augen erneut. „Nach letzter Nacht, da... musste ich einfach weg und irgendwohin, wo... Ich werde aber da sein. In drei Tagen, meine ich. Ich werde kommen. Ich werde nicht davon laufen. Du hast mein Wort.“ „Was hast du geträumt?“, wollte Hermes nun wissen. „Oh das...“, stieß Luke aus und schlug die Augen wieder auf. Doch statt seinen Vater anzusehen, schien er mehr durch diesen hindurchzusehen. „Es war... sehr intensiv.“, sagte er dann langsam. „Ich haben einen kleinen Einblick darin bekommen, wie es sich anfühlt in Tartarus für Jahrhunderte gefangen zu sein. Ich konnte sehen, was Kronos erlebt hat, ich konnte es... spüren, jede verdammte Qual, die auch er erlitten hat.“ Luke presste die Lippen aufeinander und konnte nicht weiter sprechen. Allein daran zu denken und sei es auch nur im Traum, ließ die Bilder und Gefühle wieder lebendig werden. Er würde es nie vergessen können und das schlimmste war wohl, dass es immer wieder kehren würde, wenn er schlief. Zumindest so lange, wie er noch lebte. Aber wenn die Götter wirklich so handelten, wie er es sie einschätze, würde das ja nicht mehr allzu lange sein. Der Gedanke hatte nichts Tröstendes. Stumm starrte Hermes seinen Sohn an und hoffte, dass der Schock, welchen er empfand nicht zu deutlich auf seinem Gesicht zu lesen war. Er hatte schon oft von Hades gehört, was diejenige erwarteten, die in Tartarus geschickt wurden, doch noch nie hatte er jemanden direkt darüber sprechen gehört. Und noch nie hatte ein Mensch diese Qualen erleidet. „Warum haben sie mich zurückgebracht?“, flüsterte Luke. „Warum? Ich kann es mir nicht erklären. Ich kann nicht richtig kämpfen und jede Erinnerung von Kronos macht mich fast wahnsinnig. Was sollte das? Warum? Sag es mir.“ „Ich wünschte, ich wüsste es.“, erwiderte der Gott fast genauso leise. „Kannst du jetzt gehen? Bitte.“, bat ihn Luke und hatte den Blick wieder abgewendet. Selbst im Traum wirkte sein Sohn unendlich müde, dachte Hermes. Man sah die Augenringe und Schatte auf seinem Gesicht nicht, doch schien es jeder einzelne Muskel in seinem Körper zu sagen. „In drei Tagen? “, vergewisserte sich Hermes noch einmal. Er wusste noch nicht, wie er die Götter davon überzeugen konnte, dass Luke solange bei May bleiben durfte. Er würde sich etwas einfallen lassen müssen. „Ja, ich schwöre es sogar bei Styx, wenn es dir das Ganze leichter macht. Ich werde kommen. Irgendeine besonders Uhrzeit oder ist es egal?“, fragte er noch und seine Stimme klang fast schon wieder ein wenig bissig. „Du wirst es sehen, wenn Zeus dich empfängt.“ Luke seufze und schluckte die Antwort herunter, die ihm auf der Zunge lag. Stattdessen sagte er nur „Natürlich.“ Schützend legte er die Arme um seinen Körper und senkte den Kopf. Mit einem einzigen Lidschlag war Hermes verschwunden. In Lukes Zimmer stand May bereits neben dem Bett und schien auf ihn gewartet zu haben. „Und was hast du gesehen?“, fragte sie ihn nervös und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Er ist müde und erschöpft, nicht nur körperlich sondern auch geistig. Auch wenn er es nicht gesagt hat, so glaube ich, dass er Angst hat. Niemand hat eine Antwort auf seine Fragen, nach dem ‚Warum‘. Und er hat einen Teil von Kronos Erinnerungen. Ich kann mir nicht vorstellen, was das bedeutet.“ „Einen Teil seiner Erinnerungen?“, fragte May und ihre Stimme war dünn. Das Entsetzen war ihr deutlich anzusehen. Hermes nickte knapp. Sie setzte sich auf das Bett und strich Luke über den Kopf. „Es ist alles gut.“, wisperte sie. „Hier kann dir nichts geschehen. Ich verspreche es.“ Als könnten diese simplen Worte alles Böse abwenden. Der Götterbote wünschte es wäre wirklich so einfach. Zum ersten Mal in seinem langen Leben fühlte er sich hilflos. Er konnte mit dieser Situation nicht umgehen. Was wurde von Luke erwartet? Was würde ihn erwarten? Er liebte dieses Kind so sehr, dass es ihm selbst unheimlich war. Es gab wenige Kinder, für die er je so empfunden hatte. Dabei liebte er die anderen auch, nur was dieses Gefühl nicht so stark wie bei Luke. „Er kann doch bleiben oder?“, fragte May nun und sah ihn an. „Er hat bei Styx geschworen, dass er in drei Tagen auf den Olymp sein wird. Ich denke, dass wird den anderen reichen.“ „Er wäre auch so gekommen.“, erwiderte sie schlicht. Hermes sah sie einen Moment an, dann streckte er eine Hand nach ihr aus und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Was denkst du wirklich May?“,fragte er sie sanft. Sie wich seinem Blick aus und heftete ihn stattdessen auf ihren Sohn. „Es ist... schwer... Es hat so lange gedauert, bis ich wieder ich selbst war und bis ich akzeptiert hatte, dass er wirklich für immer gegangen war. Ich weiß, ich habe vieles davon euch zu verdanken, aber ich habe furchtbare Angst, dass ihr ihn mir wieder wegnehmt. Ich kann ihn nicht noch einmal verlieren. Das würde ich nicht ertragen. Ich würde nicht mehr leben wollen.“, sagte sie ehrlich. „May... Ich...“ „Du hast mir etwas versprochen.“, erinnerte sie ihn. „Ja, das habe ich und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um ihn zu schützen, aber am Ende...“ „Am Ende ist es Zeus der entscheidet, ich weiß. Trotzdem, versuche es.“, erwiderte sie gefasst. „Das werde ich. Ich muss gehen.“ Als Antwort lächelte sie schwach und nickte. „Es tat gut, dich zu sehen.“ Wortlos strich ihr Hermes noch einmal über die Wange, dann verließ er das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Im Flur griff er in seine Hosentasche und holte das Handy hervor. Martha und George blinzelten ihn an. „Irgendwas wichtiges?“, fragte er die beiden. „Kommt drauf an, was du als wichtig empfindest.“, zischte George zurück. Hermes verdrehte die Augen. Er musste dieser Schlange endlich mal beibringen, wer das Sagen hatte. Ihm kam es so vor, als hätte George das schon seit geraumer Zeit vergessen und müsste dringend daran erinnert werden. Dann verließ er das Haus im goldenen Licht. Kapitel 17: Dinner time ----------------------- Dinner time Ein sanftes Rütteln an der Schulter weckte ihn irgendwann. Luke blinzelte und versuchte Umrisse zu erkennen, sich zu orientieren. Schnell merkte er, dass es dafür zu dunkel war. Erst dann überlegte er, wo er sich eigentlich befand. Verschlafen drehte er sich um und sah seine Mutter, die ihn besorgt musterte. „Alles in Ordnung?“, fragte sie ihn und berührte ihn sanft an der Schulter. Mit der rechten Hand fuhr sich Luke grob über das Gesicht und rieb sich die Augen, um den Schlaf zu vertreiben. Es kam ihm vor, als hätte er eine Ewigkeit geschlafen. Gleichzeitig kehrten die Erinnerungen zurück. Er war an diesen Ort gekommen, um Ruhe zu finden vor Kronos Erinnerungen und den Dingen, die ihn sicher noch erwarten würden. Offenbar hatte es funktioniert. Luke konnte sich nicht erinnern schon jemals so tief und vor allem lang geschlafen zu haben. Als er angekommen war, war es gerade erst hell geworden. Nun hatte sich Dunkelheit über das Zimmer gelegt. „Wie spät ist es?“, fragte er und merkte, dass sein Hals ganz trocken war. „Nach zehn Uhr abends. Ich wollte dich gar nicht wecken, aber... du hast den ganzen Tag geschlafen ohne etwas zu Essen oder Trinken.“, sagte sie entschuldigend, als hätte sie Angst damit etwas falsch gemacht zu haben. „Woher wusstest du, dass ich hier bin. Ich dachte, ich wäre leise genug gewesen.“ „Das warst du, aber...“ „Ach ja, eine Ahnung.“, unterbrach er sie spitz und bereute es gleich darauf. „Nein.“ Überrascht sah er sie an. „Ich gehe hin und wieder in dein Zimmer und denke an früher. Nur warst du heute tatsächlich hier.“, erklärte sie weiter und lächelte leicht. Luke wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Dieses Thema war ihm unangenehm. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. All die Jahre hatte er es gehasst an diesen Ort, an sie zu denken. Es hatte zu sehr wehgetan. „Dad war hier?“, fragte er stattdessen, um das Thema zu wechseln. Er war nicht sicher, ob er es nicht auch nur geträumt hatte oder ob es Wirklichkeit gewesen war. „Ja.“, antwortete May schlicht. „Okay...“, Er rieb sich noch einmal die Augen. Luke fühlte sich, als wäre er vor eine Tür gelaufen. Er hatte nicht das Gefühl aufstehen zu können oder etwas zu Essen. Viel lieber würde er weiterschlafen. Warum konnte er einfach nicht genug Schlaf bekommen? Woran lag es? Konnte sein Körper, diese... fremde Seele einfach nicht verkraften? „Luke, du musst wirklich etwas Essen und wenn es nicht viel ist. Aber du musst zu Kräften kommen. Danach wird es dir ganz sicher besser gehen.“ „Ich hab keine Hunger.“, erwiderte er leise. „Wann war das letzte Mal, dass du etwas Richtiges gegessen hast?“ „Gestern, ein...“ Luke hielt inne und runzelte die Stirn. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal wirklich eine ganze, vollständige Mahlzeit zu sich genommen hatte. Er hatte Ambrosia und Nektar bekommen und am Tag zuvor ein wenig gegessen, bevor Conner ihn provoziert hatte, aber sonst... Er konnte es wirklich nicht sagen. Er schloss die Augen und zwang sich dazu, sich zu erheben. „Du hast recht.“, sagte er schließlich. Abermals nickte May leicht, erleichtert über seine Einsicht. „Ich hoffe, ich habe das richtige gemacht. Ich wusste nicht ganz was du wolltest.“ Erstarrt hielt Luke inne. Er erinnerte sich daran, was seine Mutter immer für ihn gemacht hatte - jeden verdammten Tag. „Kommst du?“, fragte sie und sah ihn aus grauen, gesunden Augen an. „Ja.“ Er würgte das Gefühl herunter und machte sich innerlich auf alles gefasst. Doch als er sich der Küche näherte, roch er gebratenes Fleisch. „Was hast gemacht?“ Neugierig ging er zum Herd und schaute durch die Glasdeckel in die Töpfe. „Vorsicht.“, mahnte May ihn und Luke trat zu Seite. Als sie den Deckel der Pfanne hob, lagen ein paar saftige Steaks darin. Sofort lief Luke das Wasser im Mund zusammen. „Ich hoffe sie sind nicht zu durch. Sie sollte Medium werden, so wie du es magst, aber ich war jetzt wohl zu lange oben.“, sagte sie, während sie zwei Teller anrichtete. „Schon gut, Mom.“, sagte Luke und schluckte heftig. „Es schmeckt sicher wunderbar.“ „Magst du so etwas jetzt überhaupt essen?“, fragte May zweifelnd. „Ja, ich freue mich schon.“, antwortete er ehrlich. „Ich dachte mir, du kannst ein paar Proteine und Kohlenhydrate gebrauchen.“, sprach sie fröhlich. Zu dem Steak legte sie noch Kartoffeln und Gemüse und übergoss am Schluss alles reichlich mit Soße. Es duftete herrlich. Luke holte Besteck und Gläser. „Hast du etwas zu trinken?“, fragte er und kam sich bei der Frage merkwürdig vor. Als wäre er ein Fremder in diesem Haus. Genau genommen war er das auch, überlegte er. „Cola?“, fragte sie ihn, während sie noch mit den Töpfen beschäftigt war. „Perfekt.“ „Unten im Schrank steht eine Flasche oder im Kühlschrank.“ Ohne lange zu überlegen ging Luke zum Kühlschrank und nahm eine volle, große Flasche heraus. Er öffnete sie und schenkte ihnen beiden ein. Er roch den süßlichen Duft und konnte die Kohlensäure förmlich auf seiner Zunge spüren. Und er konnte nicht warten, bis sie mit Essen begonnen hatten. Sobald er auch seiner Mutter eingeschenkt hatte, trank er sein eigenes Glas in einem Zug leer. Wieder lächelte May. „Es freut mich, dass es dir schmeckt.“ „Wie ich es vermisst habe.“, murmelte Luke und trank noch einen großen Schluck. Das Koffein und der Zucker schienen direkt durch seine Adern zu fließen und ihn zu beleben. Warum hatte er das nicht viel früher getan? Ihm waren zwei Tage ohne Cola entgangen, eine Schande! Die erste Portion des Essens schlang er regelrecht her runter. Er ließ sich kaum Zeit zum kauen. Erst jetzt merkte er, wie ausgehungert er tatsächlich war. Das Fleisch war schön saftig und in der Mitte noch leicht rosa, das Gemüse noch bissfest und die Soße sämig, wie er es mochte. Luke wollte seiner Mutter gern sagen, wie gut es ihm schmeckte, doch er hatte immer wieder etwas im Mund. „Es scheint dir zu schmecken.“, sagte May, als Luke seinen Teller fast leer gegessen hatte. Er nickte nur und brachte die letzte volle Gabel zum Mund. „Möchtest du noch etwas?“ Ohne zu überlegen, nickte er. May musste lachen. „Ich habe dich noch nie so hungrig gesehen.“, gestand sie. „Ich habe auch nicht gewusst, dass ich so hungrig bin.“, erwiderte Luke. „Es schmeckt sehr gut.“, konnte er das Lob endlich aussprechen. „Das freut mich. Ich weiß gar nicht, wann es das letzte Mal war, das ich für uns gekocht habe.“, überlegte sie laut. Sofort fühlte er sich wieder unwohl, erinnerte es ihn doch an die Zeit, die er am liebsten vergessen wollte. „Warum hast du... warum hast du keine Erdnussbuttersandwich gemacht? Oder Kool Aid?“, wagte er zu fragen. Ohne zu antworten stellte sie ihm den Teller wieder an den Platz und setzte sich. „Ich nahm an, das wäre das letzte was du essen oder trinken möchtest.“, erwiderte sie ehrlich. „Ja.“ „Luke, ich... Ich war-“ „Hör auf.“, unterbrach er sie gleich. „Ich will nicht darüber reden.“ „Bist du sicher? Gibt es nicht etwas, was du wissen willst?“ Luke schüttelte den Kopf. „Nein, ich mein, ja, ich bin sicher. Wir können es nicht ändern, also belassen wir es dabei. In Ordnung?“ „Das ist mir ehrlich gesagt auch lieber.“ Noch einmal nickte er und aß dann weiter, dieses Mal langsamer und genoss das Essen auch. Nach dem er auch die zweite Portion und noch eine halbe weitere verspeist hatte, ließ Luke Messer und Gabel sinken und streckte seine Beine unter dem Tisch aus. Er seufzte tief. „Fühlst du dich besser?“ „Ja, naja... jetzt werd ich wieder müde, weil ich so viel gegessen habe.“, antwortete er und schüttelte über sich selbst den Kopf. „Du brauchst Zeit, dich zu erholen. Deine Seele hat viel durchgemacht und... wenn du ihm Schlaf wirklich Kronos Erinnerungen siehst, dann... Ich weiß nicht. Ich frage mich, wie du es auf Dauer ertragen kannst.“ Ihre Stimme klang voller Sorge. Sie räumte den Tisch ab und begann die Teller abzuspülen. Luke schüttelte erneut den Kopf. „Vielleicht muss es ja nicht einmal für die Dauer sein.“ Ein Scheppern ließ ihn aufsehen. May hatte die Teller in die Spüle fallen lassen und sah ihn aus großen Augen an. Erst da wurde ihm bewusst, wie seine Worte geklungen haben müssen. Nun, wie die Wahrheit, dachte er. „Tut mir leid“, entschuldigte sie sich, „Ich war nur... überrascht, dass du es so sagst.“ „Wie soll ich es denn sonst ausdrücken? Aber ich hätte auf dich Rücksicht nehmen sollen.“ „Sie nicht albern. Ich weiß schließlich, worum es geht.“, erwiderte seine Mutter und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Was denkst du darüber?“, fragte er weiter. Sie hatte ihm nun den Rücken zugewandt und sah ihn auch nicht an, aber aus ihrer Stimme konnte er hören, wie schwer es ihr fiel darüber zu reden. „Muss ich das wirklich in Worte fassen? Der Gedanke dich noch einmal zu... zu verlieren, ist unerträglich. Ich weiß nicht, was ich tun würde. Das erste... Mal wusste ich darum und es hat mich um den Verstand gebracht und jetzt diese Ungewissheit, es ist schrecklich. Wenn ich könnte, wenn du noch ein kleiner Junge wärest, würde ich dich wahrscheinlich nehmen und mit dir davon laufen. Ich würde versuchen dich zu verstecken, vor den Göttern und deinem Schicksal. Aber du bist kein kleiner Junge mehr. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als zu hoffen und zu beten, dafür dass sie ein Einsehen haben und dein Vater dich beschützen kann.“ Luke saß wie festgefroren auf seinem Stuhl. Er hätte ihre Antwort erahnen können und doch wusste er nicht, was er darauf antworten sollte. Glaube sie wirklich Hermes würde ihm helfen können? Er hatte schon lange aufgehört, etwas von ihm zu erwarten. „Kannst du dir Kronos nicht irgendwie zu nutzen machen?“, sprach May weiter und sah ihn nun auch wieder an. Von dieser Frage war er etwas überrascht und musste erst einmal einen Moment darüber nachdenken. „Ich weiß nicht recht. Das Risiko wäre glaube ich sehr hoch.“ Fragend blickte sie ihn an. Luke zögerte. Wie konnte er es ihr am besten beschreiben? „Im Moment ist Kronos wie ein tollwütiger Hund, den ich gerade so an der Leine halten kann. Um ihn mir zu nutzen zu machen, müsste ich ihn locker lassen und das... könnte schnell sehr schief gehen.“ „Kannst du nicht auf sein Wissen zurückgreifen, ich meine... wenn du seine Erinnerungen hast und...“ „Auf sein Wissen?“ „Kronos ist mehrere Tausend Jahre alt und ein Titan. Vielleicht kann dir sein Wissen helfen Antworten zu finden.“ Doch kaum hatte sie zu Ende gesprochen schüttelte sie den Kopf. „Entschuldige, ich rede wirres Zeug.“ „Nein, eigentlich nicht. Ehrlich gesagt, war das der erst vernünftige Rat, den ich in den letzten Tagen gehört habe.“, antwortete Luke. Gleichzeitig überlegte er, ob es wirklich möglich war und wenn ja, wie er es schaffen könnte. Hatte Kronos sein Wissen gehabt?, fragte er sich selbst. Er glaube ja, aber es hatte ihn nicht sonderlich interessiert. Warum auch? Er war nur ein Werkzeug gewesen. Nur, wenn er es gegen seine Feinde nutzen konnte, hatte Kronos darauf zurückgegriffen. Ansonsten hatte der Titan Lukes Leben oder seine Erinnerungen nicht einmal für lebenswert empfunden oder gar wichtig. Für Kronos musste es ein leichtes gewesen sein. Doch würde er das auch können? Luke war nicht sicher, ob er das bisschen, was von den Titanen in ihm war, lange genug würde kontrollieren können. „Vielleicht sollten wir einfach logisch an die Sache heran gehen.“, fuhr May weiter fort. „Mom...“ Sie sollte sich keine Hoffnungen machen, die er nicht erfüllen konnte. „Luke, ich weiß, was du sagen willst. Aber versuch doch zu verstehen, dass ich... nach jedem Strohhalm greifen würde, der die Götter für dich gewinnen könnte. Es tut mir weh zu sehen, dass du dich schon fast aufgegeben hast.“ „Ich denke nur nicht, dass sie überzeugt werden wollen.“ „Luke...“ „Sicher könnte man sie überzeugen, wenn ich für sie von irgendeinem Nutzen wäre. Nur will ich nicht... Ich will nicht schon wieder für jemand anderen handeln, nicht für sie. Ihr würde wieder tun müssen, was sie von mir erwarten. Ich würde nicht mehr als eine Spielfigur sein, die sie nach Belieben einsetzten konnte, genauso wie alle anderen Helden vor mir auch.“ „Auch, wenn du das nicht hören willst oder glaubst, aber das würde er nie über dich denken und das hat er auch nie.“ Darauf erwiderte Luke nichts und trank noch einen Schluck von seiner Cola. „Kann ich... kann ich noch hier bleiben?“, fragte er seiner Mutter schließlich. Er war einfach in ihr Haus gekommen, ohne zu fragen. Dabei hatte er nicht einmal vorgehabt ihr überhaupt zu begegnen. Ach, wem wollte er eigentlich etwas vormachen? Natürlich hatte er darauf gehofft, sie zu sehen und tief in seinem Inneren hatte er sich genau das gewünscht, ein ganz normales Zusammensein. Er hoffte bleiben zu dürfen. Aber nach all dem was geschehen war, war das keine Selbstverständlichkeit. „Ja, das weißt du doch.“, sagte sie ohne zu zögern. Erleichtert atmete er aus. „Danke.“, flüsterte er. Dann erhob er sich. „Sei mir bitte nicht böse, aber ich glaube, ich leg mich wieder hin.“ Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es bereits halb zwölf war. Er hatte den ganzen Tag geschlafen und war schon wieder müde. Wann würde das aufhören? May erhob sich ebenfalls und trat an ihn heran. Mit einer Hand strich sie ihm über die Wange und betrachtete sein Gesicht liebevoll. In ihren Augen sah er all die Liebe, die sie für ihn empfand und zum ersten Mal in seinem Leben verstand Luke wirklich, was er seiner Mutter bedeutete. Er war ihr ein und alles, ihr Licht. Nach allem was er getan hatte, liebte sie ihn immer noch genauso bedingungslos. Was wollte er mehr erwarten? Was sollte er sich mehr wünschen? Und er hat ihr nie gesagt, dass auch er... „Du kannst dir nicht vorstellen, wie es sich anfühlte, als-“, begann sie. Plötzlich umarmte er sie fest. Er konnte sich nicht einmal erinnern, wann er das das letzte Mal getan hatte. Hatte er es überhaupt schon einmal getan? Er konnte es nicht mit Sicherheit sagen. „Danke, für alles.“, flüsterte er heißer. Da war noch mehr was er sagen wollte, doch die Worte wollten nicht über seine Lippen springen. Er hoffte, sie würde es so wissen. May erwiderte seine Umarmung und strich ihm zärtlich über den Rücken. Er hatte es endlich begriffen, auch wenn es eine zweite Chance gebraucht hatte. Kapitel 18: Wünsche ------------------- Wünsche Luke schlief nicht gleich ein, sondern lag wach in seinem Bett und starrte auf die Raufasertapete seiner Zimmerdecke. Es wunderte ihn ein wenig, dass noch keiner von den Göttern gekommen war, um ihn zum Camp oder gleich zum Olympus zu bringen. Sein Verschwinden war als Flucht ausgelegt worden. Sollte sein Vater sie wirklich überzeugt haben oder lag es doch nur an seinem Schwur? Dabei war sein Leben doch ohnehin verwirkt. Dennoch wollten ihm die Worte seiner Mutter nicht aus dem Kopf gehen. Aber wollte er wirklich nur wieder nach ihren Wünschen handeln? Nein, dessen war er sich sicher. Alles was er konnte war kämpfen. Nicht mehr. Er war der beste Schwerkämpfer seit 300 Jahren gewesen und war es vielleicht noch. Gut möglich, dass Percy ihn inzwischen überholt hatte. Luke musste zugeben, dass der Sohn des Poseidon durchaus sehr talentiert war. Immerhin würde er auch nach Griechenland reisen, um dort persönlich gegen Gaia kämpfen zu können. Ein wenig beneidete Luke ihn darum. Was war eigentlich mit den Kämpfen, die hier in Amerika stattfinden würden?, überlegte Luke weiter. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Gaia diesen Teil der Erde, den aktuellen Sitz des Olymp unangetastet lassen würde, dass sie nicht versuchen würde, die Götter an mehreren Stellen gleichzeitig anzugreifen und zu schwächen. Das wäre zumindest das, was er tun würde, was Kronos getan hatte. Ganz sicher würde Gaia auch hier nicht ruhen. Und selbst wenn... so sind genügend andere Monster durch die Tore entwischt, die eigentlich in die Unterwelt gehörten. Luke hielt in seinen Gedanken inne und runzelte die Stirn. Ihm war gerade eine Gedanke gekommen, der ihm leicht verrückt vorkam im ersten Moment, bei näherem Nachdenken, dann aber doch nicht mehr so sehr. War das vielleicht sein Auftrag? Sollte er die Monster zurückschicken? Sollte er die Helden im Krieg führen? Hatten die Parzen ihn deswegen zurückgeschickt? Aber warum... Es gab mit Sicherheit genügend anderen fähige Helden, die das genauso gut tun könnten. Warum sollte er einen Unterschied machen? Seine Fähigkeiten im Schwertkampf konnten sicherlich nicht der einige Grund sein. Aber was dann? Was war an ihm anders, als an all den anderen Halbgöttern, als an denen die in der letzten großen Schlacht gestorben waren? Denn genauso gut hätten die Parzen auch einen von ihnen wählen können. Luke biss auf die Innenseite seiner Wange, als die Antwort klar und deutlich in seinem Kopf wiederhallte: Keiner von ihnen hatte Kronos in sich getragen. Keiner hätte es überhaupt so weit geschafft, dachte er. Natürlich hatte er Hilfe von Kronos gehabt. Schließlich war es der Titan gewesen, der ihm gesagt hatte, was zu tun war. Nie wäre er freiwillig in den Styx gestiegen. Dennoch waren viele Pläne auch von ihm selbst durchdacht gewesen. Er war ein Sohn des Hermes: Tricks und Täuschungen lagen in seiner Natur, es war also nicht verwunderlich, dass er ebenso ein gutes Händchen für Strategien hatte. Und nun war er auch noch mit einem Teil von Kronos Seele untrennbar verbunden. Konnte ihn das wirklich stärker machen? Selbst wenn, wollte er denn wirklich für die Götter kämpfen? Hatten sie eine Rettung verdient? Doch Gaia als Alternative, erschien ihm ebenso wenig verlockend. Luke atmete tief ein und aus und drehte sich auf die Seite. Er schloss die Augen und noch bevor er auch nur eine Antwort auf all seine Fragen finden konnte, war er wieder eingeschlafen. Nach Stunden erwachte er und sah alles klar und deutlich vor sich. Er wusste ganz genau, welchen Weg er gehen würde. Es war als hätte er in der Nacht, während seines Schlafes unbewusst eine Entscheidung getroffen. Vielleicht hatte er das auch schon vorher, nur ließ er sie jetzt offen zu. Es war egal, sagte er sich. Es war auch egal, ob er es tun würde oder nicht. Das Ende würde wahrscheinlich das Gleiche sein, also konnte er auch noch das Beste daraus machen. Ohne Schwierigkeiten stand er auf und fühlte sich nach dieser Nacht tatsächlich ausgeruht. Vielleicht war es die Gewissheit des nächsten Schrittes, die ihn ruhiger werden ließ. Luke verließ sein Zimmer und hörte aus der Küche leise ein Radio spielen. Kurz überlegte er, ob er herunter gehen und seine Mutter begrüßen sollte, entschied sich aber schnell dagegen. Erst hatte er das dringende Bedürfnis zu duschen. Noch immer trug er das orange Camp-Half-Blood T-shirt und die Jeans, die er von Chiron bekommen hatte. Einen inneren Drang folgend, musste er die Sachen ausziehen und würde am liebsten etwas anderes anziehen. Aber was? In seinem alten Kleiderschrank brauchte er nicht zu schauen, die Sachen würden ihm ganz bestimmt nicht passen. Resignierend seufzte Luke. Dann würde er es eben noch anbehalten müssen. Vielleicht konnte er ja unterwegs etwas Neues auftreiben, egal ob auf legale Art und Weise oder nicht. Doch als er die Badezimmertür im Ende des Flures öffnete, hielt er überrascht inne. Dort auf dem kleinen Schränkchen lagen vollkommen neue Kleidungsstücke für ihn. Nicht nur eine neue Jeans und ein schlichtes, nachtblaues T-shirt sondern auch Unterwäsche und Strümpfe. Gleich daneben lag ein frisches Handtuch, sowie Duschgel für Männer. Erstaunt betrachtete Luke die Dinge. Nur seine Mutter konnte diese Dinge dahin gelegt haben, aber warum? Woher wusste sie, dass er sich nach anderer Kleidung sehnte? Luke schüttelte den Kopf. Er würde sie später danach fragen. Er blieb länger als nötig unter der Dusche und ließ seinen Rücken von dem heißem Duschstrahl massieren. Schließlich wusste er nicht, ob er überhaupt noch einmal in den Genuss dieses Luxus kommen würde. Mit noch nassen Haaren und frischer Kleidung ging er schließlich in die Küche. Dort saß seine Mutter mit einem Glas Wasser und der Zeitung in der Hand am Tisch. „Morgen.“, murmelte Luke und griff nach der Cola und einem Glas aus dem Schrank. May lächelte ihn an. „Mahlzeit triff es wohl eher.“, sagte sie. Dann betrachtete sie ihn eine Weile schweigend. „Die Sachen scheinen zu passen, das freut mich.“ „Woher wusstest du es?“, fragte er sie, als er sich zu ihr setzte. „Woher wusstest du, dass ich die Camp Sachen nicht mehr tragen wollte.“ „Oh, das wusste ich nicht, ich hab einfach nur angenommen, dass du nach zwei Tagen gern frische Kleidung anziehen würdest. Ich war heute Morgen einkaufen und hab es mitgebracht, war aber nicht sicher, ob es dir passt oder dir gefällt. Das letzte Mal als ich für dich Kleidung gekauft habe, warst du neun.“ „Sie passen gut, wirklich.“, erwiderte Luke und umging damit den letzten Satz. „Ich habe mich ein wenig an-“ May brach ab und er sah sie argwöhnisch an. „Was ist?“ Sie seufzte hörbar. „Ich habe mich ein wenig an dem Körperbau deines Vaters orientiert.“ „Du meinst bei einem 10 Meter hohen Gott. Na vielen Dank auch.“, sagte Luke spitz und ignorierte, die aufkeimende Wut. May verdrehte die Augen. „Ich weiß, du willst das nicht hören, aber ihr seid euch doch ähnlich, in vielen Dingen. Aber genug davon.“, fügte sie an, bevor Luke auch nur etwas erwidern konnte. „Was möchtest du essen? Willst du erst einmal frühstücken?“ „Das ist mir eigentlich egal, ich will-“ Als würde May die nächsten Worte ahnen, sie aber nicht hören wollen, unterbrach sie ihn. „Dann mache ich uns Pancakes. Ich habe noch Ahornsirup und Schokoladensoße, einverstanden?“ „Ja, sicher.“, fügte sich Luke ganz wie ein braver Sohn. Es konnte auch noch bis nach dem Essen warten. Die Pancakes waren schnell zubereitet und Luke übergoss seine mit reichlich Ahornsirup und anschließend noch mit Schokoladensoße. Er musste dieses Essen genießen, im Camp würde es so etwas nicht mehr geben. Doch noch bevor er den ersten Bissen genommen hatte, legte er die Gabel wieder zurück und sah seine Mutter an, die jetzt zur Melodie des Liedes, welches gerade im Radio lief, pfiff. „Ich werde noch heute zum Camp zurückgehen.“, sagte er dann unvermittelt. May hielt inne und sah ihn überrascht an. „Bist du dir sicher?“, fragte sie ihn und er nickte daraufhin nur kurz. May drehte sich wieder zum Herd um und nahm den letzten Pancake aus der Pfanne, um ihn auf ihren Teller zu legen. Dann setzte sie sich zu ihm. „Mir scheint du hast deine Antworten heute Nacht noch gefunden.“, sagte sie dann. „Ich denke schon, ich glaube es zumindest und bevor ich mich morgen den Göttern stelle, will ich wissen, ob es wirklich so ist.“ May nickte stumm. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Das wusste sie. Es war seine Entscheidung und die hatte sie zu akzeptieren. In Schweigen aßen sie gemeinsam und auch wenn May Luke nicht bei sich behalten konnte, so wollte sie ihn doch wenigstens wissen lassen, was sie wirklich darüber dachte. „Ich vertraue dir und weiß, dass du das richtige tun wirst.“, sagte sie und Luke sah sie an. Die Gabel halb erhoben. „Du bist mutig und stark und ich bin sehr stolz auf dich, dennoch wünschte ich, du würdest hier bleiben, dich aus all dem raushalten und das Leben leben, welches du verdient hast, welches du dir wünscht. Ich weiß, ich kann dich nicht aufhalten, aber ich musste es dir wenigstens sagen.“ „Welches Leben wünsche ich mir denn?“, fragte Luke neugierig. Den Rest ihrer Worte hatte er sehr wohl gehört, aber sie hatte recht. Sie konnte ihn nicht aufhalten und würde es auch nicht. „Ich glaube du wünscht dir ein Leben ohne all das, ohne die Götter, die Monster und Kämpfe.“, erwiderte sie. „Aber es gehört zu mir.“, sagte er und bemerkte selbst, wie verteidigend seine Stimme klang. „Und Kämpfen ist ja wohl das einzige was ich kann.“ May schüttelte den Kopf und fast gewann Luke den Eindruck, dass sie dabei traurig aussah. „Du unterschätzt dich selbst. Du kannst weit mehr und du kannst weit mehr sein, als nur ein Halbgott, ein Held, der im Kampf stirbt. Du hast es gestern doch selbst gesagt, du willst selbst entscheiden was du tust und warum. Ich glaube du wünscht dir Beständigkeit, Treue und vielleicht auch Liebe. Gegen ein paar Enkelkinder irgendwann hätte ich auch nichts einzuwenden.“ Luke war gerade dabei gewesen ein weiteres Stück Pancake zu essen, als May diese Worte sagte. Er verschluckte sich daran und hustete heftig. Mit Mühe konnte er das Stück herunterschlucken, aber der Husten hielt an. Selbst Tränen stiegen ihm in die Augen und er merkte, wie er rot wurde. Erst ein paar Schlucke Cola konnten ihn beruhigen. Als er zu seiner Mutter sah, lächelte diese ihn an. „Ich habe dich noch nie so verlegen gesehen.“, sagte sie glücklich. „Mom!“ Mehr konnte er dazu nicht sagen, sondern starrte weiterhin auf seinen Teller. „Schmeckt es dir?“, fragte May unschuldig und wechselte damit das Thema. Luke aß schneller als nötig, um ihr bloß nicht antworten zu müssen oder sie gar anzusehen. May lachte leise in sich hinein und aß ebenfalls weiter. In Gedanken jedoch erinnerte sich Luke an die Wünsche eines ungefähr zehnjährigen Jungen, der sich eben nichts mehr wünschte, als das von dem seine Mutter gesprochen hatte. Kapitel 19: Der erste Kampf --------------------------- Der erste Kampf Erst am späten Nachmittag erreichte Luke das Camp. Seine Mutter hatte ihm Geld für den Schnellzug nach New York und das Taxi gegeben. Sie fand die Idee nicht gut, dass er schon wieder ein Auto stahl. Also hatte er sich ihrem Willen gebeugt. Wenn es nur das war, was sie von ihm verlangte, sollte es ihm recht sein. Außerdem gab sie ihm noch zu Essen und zu Trinken mit. Luke fühlte sich für einen kurzen Moment wieder wie in Kind. Er konnte nicht behaupten, dass es ihm nicht gefiel. In New York hatte er sich noch schnell etwas anderes zum Anziehen gekauft. Es war lächerlich, sagte er sich selbst. Er hatte nie besonders viel Wert auf Kleidung gelegt und die Camp T-shirts auch nie in Frage gestellt, aber er wollte es einfach nicht mehr anziehen. Allein die Vorstellung bereitete ihm Unbehagen. Er gehört einfach nicht mehr dazu. Das wusste er, dass ließen ihn die anderen spüren. Also wollte er es auch nach außen zeigen. Das Taxi setzte ihn mitten auf der Landstraße ab und Luke ignorierte den fragenden Blick des Fahrers, als er bezahlte. Er wartete noch bis das Taxis wendete und wieder davon fuhr, erst dann drehte er sich um. Die Pinie stand immer noch da und mit einem bitteren Geschmack im Mund erinnerte sich Luke daran, warum sie da stand. In ihren Ästen hing das goldschimmernde Fließ. Der Drache lag darunter und bewachte es. Entschlossen betrat Luke das Camp. Die Grenze spürte er kaum, als er sie passierte und er ging sicher den Weg den Hang hinab. Die wenigen Kinder, denen er begegnete sahen ihn mit großen Augen an, sagten aber nichts. Sie ließen ihn unbehelligt. Luke musste niemanden fragen, wo Chiron und die anderen waren. Wenn so wenige Halbgötter im Camp herumliefen, dann waren sie entweder alle beim Essen oder in der Arena. Und da es noch nicht Zeit für das Essen war, ging er zielstrebig auf die Arena zu. Schon von weiten konnte er hören, dass ein Übungskampf ausgetragen wurde. Er hörte das Klirren von Schwertern und anschließend Percys Stimme, der erklärte, was er getan hatte und warum. Bevor er die Arena betrat ging Luke zum Waffenlager und nahm dort das erstbeste Schwert, was ihm in die Hände fiel. Er hatte Chiron gesagt, dass es keine Rolle spielte, womit man kämpfte. Es war Zeit das zu beweise. Und die Klinge, die ihm am besten in der Hand lag, besaß noch immer Hestia, wenn sie sie nicht zerstört hatte. Doch irgendwie konnte er sich das nicht vorstellen. Selbst die Tochter Kronos konnte seine eigene Waffe nicht zerstören. Am Eingang der Arena, zwischen den Tribünen blieb er einen Moment stehen. Natürlich waren nicht alle Reihen besetzte, selbst jetzt mit den anerkannten Halbgöttern. Alle sahen auf den Kampf, der sich ihnen bot. Chiron stand nur wenige Meter vor ihm und Annabeth neben ihm. Selbst sie hatten ihn noch nicht bemerkt. An der Bewegung von Percys Gegner erkannte Luke, dass der Kampf bald vorbei sein würde. Der Junge war vielleicht dreizehn und kein Anfänger, aber auch kein Fortgeschrittener. Er konnte mit Percy nicht mithalten und war bereits müde. Percy hingegen hatte noch sehr viel Energie übrig. Umso besser für ihn, dachte Luke. Im nächsten Augenblick entwaffnete Percy seinen Gegner und Luke zog spöttisch die Mundwinkel nach oben. Es war eben jene Technik gewesen, die er ihm beigebracht hatte. Nun, bei dem Jungen hatte es vielleicht funktioniert, aber bei ihm würd es das ganz sicher nicht. Percy half dem Jungen auf und dieser klopfte sich den Staub von der Hose. Luke horchte in sich hinein, versuchte seinen Körper genau wahrzunehmen. Er konnte Kronos in sich spüren, klar und deutlich war er da. Als hätte er eine Wunde, die nicht heilen wollte. Doch ansonsten fühlte er sich noch genauso gut, wie nach dem Aufwachen. Seine linke Körperhälfte schmerzte nicht und er war auch nicht müde. Das Schwert halb erhoben rannte er in die Arena direkt auf Percy zu. Dieser Stand vor den Tribünen und erläuterte den anderen etwas. Eine Camper, die Luke sahen, rissen vor Schreck die Augen auf. Percy drehte sich kurz um und konnte Lukes Angriff geradeso abwenden. Dennoch war die Überraschung auf Lukes Seite und deutlich in Percy Gesicht zu lesen. Luke genoss diesen Anblick. „Was soll das Luke?!“, fragte Chiron wütend und wollte dazwischen gehen. „Keine Angst, das hier ist nur ein Test.“, beruhigte er den Zentaur, während er schon wieder nach Percy ausholte. Percy griff von der Seite an, doch Luke schaffte es ihn zu parieren. „Wofür?“, donnerte Chirons Stimme durch die Arena. „Was ich noch kann.“, erwiderte Luke und konzentrierte sich weiter auf Percy. „Außerdem haben wir noch eine Rechnung offen, nicht wahr?“, fragte er seinen Kontrahenten mit einem Funkeln in den Augen. „Worauf du dich verlassen kannst.“, zischte Percy. Dieser hatte Lukes unausgesprochene Herausforderung angenommen und machte einen Ausfallschritt nach vorn. Mit der Spitze zielte er direkt auf Lukes Mitte. Luke hielt sein eigenes Schwert fast quer und somit schützend über seine Brust. Mit Kraft stieß er Percy zurück. Sein Gegner ließ sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen und griff von unten an. Luke sprang über Percys Klinge und landete sicher auf den Füßen. Dann stieß er sein eigenes Schwert nach vorn, und zielte auf seine Brust. Percy rollte sich zur Seite und Lukes Klinge traf ins Leere. Blitzschnell richtete sich Percy wieder auf und sprang nach vorn, direkt auf Luke zu. Nur knapp konnte dieser reagieren und wehrte den Angriff ab. Das Metall klirrte aufeinander. Für Luke klang es wie Musik in den Ohren. Schwer atmend standen sich die beiden Kontrahenten einen Moment gegenüber. „Respekt, du bist gut geworden.“, sagte Luke anerkennend. „Hatte viele Gelegenheiten zum üben.“, antwortete Percy. „Dann sag brav danke.“ Natürlich hatte Luke den Seitenhieb verstanden. Damit war alles gesagt worden. Erneut griff Percy an und schwang sein Schwert in einem Bogen von rechts nach links. Luke hob sein eigenes Schwert, duckte sich kurz und zielte abermals auf Percy. Dieser hielt seine Klinge dagegen. Abermals trafen die Klingen aufeinander. Luke konnte die Vibration in seinem Arm spüren. Schnell zog er sein Schwert zurück, um erneut anzugreifen. Chiron beobachtete die beiden. Er spürte mehr, als dass er es sah, wie einige tuschelten, man sollte den Kampf beenden. Doch keiner von ihnen hatte es bisher gewagt sich einzumischen. Er blickte aus den Augenwinkeln zu Annabeth und erkannte, dass es sie sehr mitnahm. Sie hatte ja noch nicht einmal verarbeitet, dass Luke wieder lebte. Und zu all dem wussten sie ja noch nicht einmal, was mit Luke überhaupt war. Genau deswegen beendete er den Kampf auch nicht. Er wollte wissen, er wollte sehen, ob Luke durch Kronos stärker geworden war. Bisher hatte er das nicht beurteilen können, aber Lukes Verfassung war bedeutend besser, als noch vor wenigen Tagen. Damals hatte er kaum das Schwert halten können und war bereits nach wenigen Minuten gescheitert. Doch jetzt kämpfte er so, als wäre er nie verletzt gewesen, als wäre er nie gestorben. Chiron konnte allerdings auch nicht sagen, welchen Anteil die Zeit bei seiner Mutter und welchen Anteil Kronos dabei hatte. Das Ganze war einfach verrückt. Hermes hatte ihm erzählt, was Luke noch von Kronos bekommen hatte, was es bedeutete ein Stück eines Titanen in sich zu tragen. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er auch nur daran dachte. Er konnte und wollte sich das eigentlich auch nicht vorstellen. In Anbetracht dessen, war es ein Wunder, dass Luke so normal wirkte. Ein gleichzeitiges Luftanhalten ließ ihn aufschauen. Die Schwerter kreuzten sich erneut und Percy sah Luke dabei direkt ins Gesicht. Unerwarteter Weise hielt Percy plötzlich wie erstarrt inne. Sein Blick war erschrocken. Genau in dem Moment ließ Luke die Klinge an Percys Schwert herunter gleiten. Mit der flachen Seite schlug er auf Percys Fingerknöchel. Wie von selbst öffnete sich seine Hand und das Schwert fiel zu Boden. Kapitel 20: Alte Freunde ------------------------ Alte Freunde Ungläubig starrte Percy sein Schwert, Springflut, an. Er konnte einfach nicht begreifen, was geschehen war. Er kannte diesen Trick, er hatte ihnen anderen beigebracht und wusste ebenso gut, wie man ihn verhinderte. Wie hatte es Luke also geschafft ihn gerade damit zu entwaffnen?, überlegte er krampfhaft. Dann riss er den Kopf nach oben, als ihn die Erkenntnis traf. Etwas in Lukes Augen hatte ihn einen Moment zögern lassen. Nein, das stimmte nicht. Es hatte ihn erschrocken. Er sah Luke fest in die Augen und als er es sah, schnappte er hörbar nach Luft. Warum war ihm das nicht schon vorher aufgefallen? Diese goldenen Sprenkel in Lukes Augen, waren neu. Luke hatte strahlend blaue Augen gehabt. Doch nun... Das Gold war es gewesen, das ihn so erschrocken hatte. Es konnte nur eines bedeuten: Kronos. Allein der Gedanken ließ ihn erzittern. Nicht noch einmal, dachte er. Nicht schon wieder. Und gleichzeitig flüsterte eine Stimme in ihm: Ich wusste es. Die Klinge, die Luke ihm noch immer an den Hals hielt, war vergessen. „Was...“, setzte er an, doch genau in dem Moment ließ Luke das Schwert sinken und schüttelte leicht den Kopf. Mit den Augen blickte er zu Chiron und nickte dann leicht. Percy verstand nicht recht. Was sollte das? Was wollte er ihm damit sagen? „Guter Kampf.“, sagte Luke schließlich. Er reichte Percy die Hand und ohne zu warten, nahm er sie in seine und drückte sie kurz. Dann kam er Percy näher, so dass dieser seine geflüsterten Worte verstehen konnte. „Chiron weiß schon lange Bescheid, ich wäre dir also dankbar, wenn du den Mund hältst.“ „Was?!“, zischte Percy. „Oh, aber ich hätte dich auch so geschlagen.“, fügte Luke selbstbewusst an, ohne weiter auf das andere einzugehen. Dabei grinste er schief. „Davon träumst du vielleicht. Wie ist das möglich?“, sagte er weiter. Inzwischen hatte Luke seine Hand losgelassen und deutete zum Ausgang der Arena. Er wollte es ihm dort erklären. Doch gerade als er sich umdrehte, zischte ein silberner Pfeil an seinem Ohr vorbei und blieb in der Erde hinter ihm stecken. Luke wirbelte herum und sah im Eingang eine ihm sehr wohlvertraute Person. Doch statt Pfeil und Bogen hatte sie nun Schwert und Schild in der Hand. „Begrüßt man so etwa einen alten Freund, Thalia?“, fragte Luke und ein Lächeln umspielte seinen Mund. „Du bist schon lange nicht mehr mein Freund. Ich werde dich dahin zurückschicken, wo du hingehörst.“ „Bedauere, ich muss leider ablehnen.“, antwortete er und sein Blick glitt kurz über Thalias Schild. Es war furchteinflößend. Der Medusenkopf sah einfach schrecklich aus und flößte jedem, der es sah unheimlich viel Angst ein. Doch Luke atmete einmal tief durch und erinnerte sich an den ersten Traum, den er seit seiner Auferstehung in Hütte elf gehabt hatte. In diesem Traum hatte er weitaus grauenhaftere Dinge gesehen und ja auch gespürt, so dass ihm Thalias Schild nur noch einen leichten Schauer über den Rücken jagte, der aber schnell verklang. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, griff Thalia an. Percy sprang zur Seite und sah unentschlossen zwischen Thalia, Luke und Chiron hin und her. Dann ging er zu dem Zentauren, jedoch ohne den Kampf aus den Augen zu lassen. „Chiron solltest du nicht etwas machen?“, hörte er Annabeth gerade sagen, als er sich neben sie stellte. Der Zentaur runzelte die Stirn. Thalia war es durchaus zuzutrauen, dass sie mit ihrer Drohung ernst machte, ohne Fragen zu stellen oder zu zögern. Sie hatte die Kraft dazu, das stand außer Frage. Dennoch wollte er sehen, wie gut Luke war, ob er auch diesen Kampf durchhalten würde. Percy hatte er geschlagen und schien noch recht fit zu sein, doch es war auch auf dem Schlachtfeld nicht so, dass man immer nur einen Gegner hatte. Chiron beobachtete die gekonnten Schwerthiebe von Luke, die von großem Talent und Können zeugten. Während er die wenigen und kleinen Lücken in Thalias Verteidigung hin und wieder nutzen konnte, wich er gleichzeitig geschickt ihren Angriffen aus. Dabei hätte er eigentlich im Nachteil sein müssen, denn schließlich besaß er kein Schild, das ihm zusätzlichen Schutz verlieh. Anders als Thalia konnte er Angriffe nicht einfach blocken, sondern musste ihnen tatsächlich mit dem gesamten Körper ausweichen. Luke war also viel mehr in Bewegung als Thalia und das Grinsen auf ihrem Gesicht verriet ihm, dass sie es ebenso wusste. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis er ermüdete. Es war für Chiron interessant zu sehen, wie weit Luke wirklich gehen konnte und welche Rolle Kronos eventuell spielen könnte. Würden sie es überhaupt merken? „Chiron?“, fragte Annabeth noch einmal, doch er schüttelte nur mit dem Kopf. „Du willst wissen, wie weit er gehen kann.“, sagte Percy neben ihm. „Es hat dir wohl nicht gereicht, dass er mich geschlagen hat.“ „Du warst abgelenkt.“, stellte Chiron klar. Percy sah ihn überrascht an. Er hatte nicht erwartete, dass es überhaupt einer bemerkt hatte. „Warum?“, wandte sich nun Annabeth an Percy. Dieser sah sie einen Moment prüfend an, entschied sich dann aber ehrlich zu sein. Er vertraute ihr. Trotzdem würde er noch einmal unter vier Augen mit Luke sprechen, von Mann zu Mann. „Seine Augen haben goldene Sprenkel.“, erwiderte er ausdruckslos. Ihr Mund öffnete sich zu einem erstauntem „Oh. Wie-“ „Das wird er uns später noch sagen müssen oder Chiron?“ „Natürlich. Nur bitte ich euch, den anderen noch nichts zu sagen.“ „Warum? Weil die anderen ihn sonst fertig machen würden?“ „Ja. Er wird morgen sowieso zum Olymp gehen. Was danach geschieht, wissen nur die Götter. Ich denke nicht, dass wir uns deswegen noch Unruhen bereiten sollten.“ Alle drei wandten ihren Blick wieder zu den beiden Kontrahenten und sahen gerade, wie Luke mit seinem Schwert Thalias parierte und sie dann nach hinten drückte. Seine Bewegungen waren schon nicht mehr ganz so flüssig und zeugten von Anstrengung. Das Schild vor ihrer Brust, das Schwert hoch erhoben – so stürmte Thalia abermals auf ihn zu. Luke sprang nach links und riss gleichzeitig sein eigenes Schwert nach oben, so dass er Thalias noch abwehren konnte. Sie hatte viel Kraft in ihren Schlag gelegt und er spürte die Vibration durch seinen ganzen Körper fahren. Blitzschnell zog Luke seine Klinge zurück und wollte ihre ungedeckte Seite angreifen. Thalia änderte ihre Armhaltung ein wenig und hielt das Schild schützend an die entsprechende Stelle, so dass Lukes genau darauf traf und ein schepperndes Geräusch entstand. Mit zwei großen Schritten wich Luke zurück, doch sie folgte ihm ebenso schnell und ließ ihm keine Ruhe. Erneut trafen die Metalle unerbittlich aufeinander. Jeder versuchte eine Lücke in der Abwehr des Anderen zu entdecken und so einen entscheidenden Treffer zu erlangen. Luke wusste, dass Thalias Körper gut geschützt war, ihre Beine jedoch weniger. Er musste versuchen sie dort zu treffen. Er musste ihr zeigen, dass er ihr ebenbürtig, wenn nicht sogar besser war als sie. Erst dann würde sie ihn anhören und die Entscheidung der Götter akzeptieren. Verzeihen würde sie ihm nie. Sein Schwert schoss nach vorn, doch Thalia ließ sich zur Seite fallen und rollte sich geschickt ab. Schwert und Schild hielt sie sicher in der Hand und war sofort wieder auf den Beinen. Sie griff erneut an. Luke versuchte diesen Angriff abzuwehren, indem er sein Schwert senkrecht nach unten hielt. Dabei ließ er jedoch eine zu große Lücke in seiner Verteidigung. Doch als er es bemerkte, war es bereits zu spät. Mit aller Kraft stieß Thalia ihm das Schild in die Brust. Mit einem Keuchen entwich die Luft aus seinen Lungen und er taumelte ein paar Schritte rückwärts. Sein Blick war nach unten gerichtet, um nicht zu stolpern. Sein Unterbewusstsein sagte ihm, dass Thalia mit dem nächsten Angriff nicht warten würde. Instinktiv riss er sein Schwert nach oben und sofort hörte er Metall klirren. Er stand noch gebeugt, doch sein Körper versteifte sich, um Thalia keine Chance zu geben, ihn zu übertrumpfen und weiter zurückzudrängen. Thalia war es schließlich, die ihre Haltung ein wenig verlagerte. Ihre Schwertspitze zeigte direkt auf Lukes Brust. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich die Sehnen ihres linken Armes spannten, in dem sie den Schild hielt. Luke wusste sofort, was sie als nächtest vorhatte. Die Gedanken rasten in seinem Kopf. Würde er versuchen dem Schild auszuweichen, würde sie ungehindert mit dem Schwert zustoßen können. Ein Treffer mit dem Schild würde ihn auch verletzten, vielleicht nicht ganz so schädlich. Er könnte den Schild mit dem linken Arm abwehren und gleichzeitig dem Schwert entgehen. Wenn er es wirklich gut machte, könnte er selbst angreifen und Thalia überraschen. Sobald er den Gedanken beendet hatte, tat Thalia auch genau das: Mit dem Schild griff sie seine Seite an. Luke hob den linken Arm und wehrte mit dem Ellenbogen das Schild ab. Gleichzeitig drehte er sich von der Schwertspitze weg und holte mit der Klinge blitzschnell aus. Dieses Mal war es Thalia, die Mühe hatte den Abgriff abzuwehren und nach hinten auswich. Schwert atmend standen sich die beiden gegenüber. Luke spürte den Schmerz in seinem linken Arm, wie Feuer. Es breitete sich über seine Schulter aus, die Seite hinab und doch schien sich alles unter dem linken Arm zu sammeln. An der Stelle, an der er die große Narbe hatte. Er musste diesen Kampf beenden, dachte er. Würde er sie nicht bald besiegen, konnte es noch Stunden so weiter gehen. Nur eine Sekunde. Wenn er nur eine Sekunde hätte, in der er schneller wäre als sie, der Kampf wäre entschieden. An Thalias gespannter Haltung glaubte Luke zu erkennen, dass sie ähnliche Gedanken hatte. Sie blicke ihn konzentriert an und rührte sich nicht. Plötzlich zogen sich die Wolken über ihnen zusammen und der Himmel verdunkelte sich. Luke schaute nach oben und erwartete eine schlichte Wolke, die sich vor die Sonne geschoben hatte. Stattdessen sah er dunkle, schwarze Wolkenberge, die sich direkt über ihm aufgetürmt hatten. Im nächsten Moment grollte ein Donner über ihn hinweg und die ersten Blitze zuckten auf. Kapitel 21: Mit allen Mitteln ----------------------------- Mit allen Mitteln Fassungslos sah er Thalia an. Er war davon ausgegangen, dass dies ein fairer Kampf sein sollte, doch offenbar hatte er sich geirrt. Jetzt nutzte sie ihre Fähigkeiten, um ihn zu schlagen. Gegen einen Blitz hatte er keine Chance. Würde er getroffen werden, wäre er innerhalb von Sekunden tot – schon wieder. Darauf konnte er verzichten. Auch wenn ihm klar war, dass auf dem Schlachtfeld jeder Gegner versuchen würde seinen Vorteil auszunutzen, wurde er wütend. Er hatte einfach mehr von ihr erwartet. Warum wusste er nicht, aber das war Thalia. Sie war gerecht und fair. Wollte sie ihm nicht einmal mehr das zugestehen? Luke wurde wütend. Es war fast egal, was er nun tat, er konnte kaum noch gewinnen. Sie würde sehr viel schneller sein. Er brauchte Zeit, dachte er abermals. Nur eine Sekunde mehr und er... Plötzlich hielt er in seinen Gedanken innen. Wie dumm war er eigentlich?! Er konnte die Zeit, die er brauchte haben – zumindest wenn es so klappte, wie er sich das vorstellte. Erneut blickte er zu den Wolken nach oben. Die Blitze waren heller und größer geworden. Das Gewitter kam näher. Schon bald würde sie damit angreifen. Luke konzentrierte sich auf das Gefühl, welches er gespürt hatte, bevor er das Camp betreten hatte: dieses Ziehen, diese Wunde, in ihm. Er war da, klar und deutlich, gefangen in seinem Inneren. Tief atmete er durch, versuchte all seine Kräfte und Konzentration aufzubringen. Er musste ihn loslassen und doch... durfte er nicht. Wie sollte er das richtige Maß finden? Der erste Blitz schlug dicht neben ihm ein. Er würde es einfach versuchen müssen. Noch einmal atmete er tief durch, dann rannte er auf sie zu. Er stellte sich vor, wie das weiße, helle Licht, dass er in seinem Traum gesehen hatte, das goldene, kleinere wieder freigab. Nur wenig… Thalia ließ ihr Schwert fallen, als bräuchte sie es ohnehin nicht mehr. Langsam hob sie die Hand. Sie brauchte sie, um die Blitze zu lenken. Lukes Schwertspitze zeigte direkt auf ihr Herz, doch auch das schien sie nicht zu beunruhigen. Sie machte keinerlei Anstalten sich zu verteidigen. Sie wusste, dass sie gewinnen würde. Stauend betrachtete Chiron die Szene und seine Augen wurden größer und größer. Er hatte in seinem langen Leben schon so vieles Gesehen, unglaubliche Dinge, die ihm immer noch unwirklich vorkamen, doch das hier war etwas ganz anderes. Als hätte sich ihm eine neue Welt geöffnet. Es war nicht der Kampf, der ihn überraschte oder dass Thalia ihre Gabe einsetzte. Damit hatte er von Anfang an gerechnet. Ihre Enttäuschung und Hass waren groß genug. Nein, es war Luke der ihn überraschte. Er hatte angenommen, dass Luke wenigstens jetzt unsicher wurde. Er hatte den Blitzen nichts entgegenzusetzen. Es war unmöglich ihnen zu entkommen. Und doch hatte er scheinbar seelenruhig dagestanden und überlegt. Als er dann plötzlich losgerannt war, wusste der Zentaur überhaupt nicht mehr, was er davon halten sollte. Noch im Rennen hob Luke plötzlich die linke Hand. Chiron wagte es nicht zu blinzeln. Diese Geste kannte er und ihm wurde schlagartig eiskalt. Luke schnippte mit den Fingern. Es war eine kurze, kaum wahrzunehmende Bewegung gewesen, aber sie war da. Thalia verharrte mitten in ihrer Bewegung. Ihre Hand blieb auf halber Höhe in der Luft hängen. Nur unendlich langsam bewegte sie sich weiter. Vor Erstaunen riss Thalia die Augen auf. Ebenfalls sehr. Langsam. Als hätte jemand die Zeit angehalten. Im nächsten Augenblick drehte sich Luke halb um sich selbst und stieß Thalia seinen Schwertgriff in die Brust. Ruckartig taumelte sie nach hinten und fiel zu Boden. Die Zeit floss wieder normal. Luke packte sein Schwert mit beiden Händen und ließ die Spitze blitzschnell auf Thalias Hals niedersausen. Nur wenige Millimeter, bevor die Klinge ihren Hals durchbohrte, hielt er inne. Niemand sagte ein Wort, niemand wagte auch nur zu atmen. Auf Thalias Gesicht standen Entsetzen und Fassungslosigkeit. Sie konnte einfach nicht glauben, was geschehen war. Sie konnte nicht glauben, dass es ihr passiert war. Chiron starrte Luke an. Davon hatte er kein Wort gesagt! Wie konnte er?! Was er getan hatte, darüber brauchte der Zentaur nicht nachdenken. Das wusste er nur zu genau. Luke hatte die Zeit angehalten. Oder sie zumindest verlangsamt. Der Zentaur ging wütend auf die beiden Kontrahenten zu. Doch jetzt bewegte sich Luke wieder. Er wich von Thalia zurück, die ihn immer noch anstarrte, und ging einige Schritte rückwärts. Er schien unsicher auf den Beinen zu sein, denn er schwankte heftig. Sein Gesicht hatte die Farbe eines Toten. „Was passiert da?“, hörte Chiron Annabeth mit zitternder Stimme fragen. Sie und Percy folgten ihm in gewissen Abstand. Was passierte mit ihm?, dachte Luke. Panik schlich sich in seinen Körper. Ihm war unglaublich schlecht. Alles um ihn herum drehte sich so wahnsinnig schnell, dass die Bilder verschwammen und einen einzigen bunten Fluss ergaben. Luke versuchte etwas zu fixieren, Thalia, von der er wusste, dass sie irgendwo vor ihm war, doch auch sie verlor er in dem Karussell aus Farben. Zur gleichen Zeit spürte er, wie sich der Schmerz unter seinem Arm intensivierte, wie er sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. Das Feuer verschlang ihn von innen und nährte sich von seiner Angst. Sein Kopf fühlte sich schwer an, dann durchfuhr ihn ein solch heftiges Stechen, dass er aufschrie. Luke konnte das Schwert nicht länger in seiner Hand halte und ließ es los. Seine Beine gaben nach und er sackte zu Boden. Er musste würgen, doch nichts geschah. Kampfhaft versuchte er Halt im Sand zu finden. Er grub die Fingernägel so tief hinein, bis er dort den Schmerz spüren konnte. Doch der Schwindel hielt an. Er konnte nicht länger dagegen ankämpfen. Luke gab auf und ließ sich von dem Strudel mitreisen. Seine Umgebung wurde erst braun, aber schnell immer dunkler. Irgendwann war alles schwarz. Da war nun nichts mehr: Keine Farben, keine Geräusche, keine Gefühle: nur noch Dunkelheit und Stille. Genauso, wie beim ersten Mal, als er gestorben war. Kapitel 22: Schonungslos Ehrlich -------------------------------- Schonungslos Ehrlich Luke konnte das Gewicht der gesamten Welt wieder spüren. Doch dieses Mal fühlte er es nicht auf seinen Schultern, sondern auf seinen Augenlidern. Sie waren so schwer, dass er sie nur einen Spaltbreit öffnen konnte. Umrisse und dunkle Farben lagen verschwommen vor ihm - doch wo er eigentlich war, erkannte er nicht. Er versuchte den Kopf zu heben, doch sein Körper fühlte sich ebenso schwer an wie seine Augen. Luke sackte zurück und glaubte auf einmal eine Stimme zu hören. Aber er verstand nicht, was sie sagte. Er kämpfte darum, wach zu bleiben, zu erkennen wem die Stimme gehörte, versuchte bei Bewusstsein zu bleiben, dennoch fielen ihm gegen seinen Willen die Augenlider wieder zu und er sank sofort in den Schlaf zurück. „Und?“, fragte Annabeth Chiron, der gerade aus dem Gästezimmer gekommen war, in dem Luke lag. „Er hatte die Augen kurz offen, aber ich glaube nicht, dass er mich überhaupt erkannt hat.“, antwortete Chiron. „Gleich darauf ist er wieder eingeschlafen.“ „Geht es ihm denn besser?“ „Er glüht nicht mehr vor Fieber und der Schmerz scheint nachgelassen zu haben.“, antwortete der Zentaur nachdenklich. „Wir können nur abwarten und auch du solltest vielleicht gehen. Heute wird sich sein Zustand sicher nicht mehr ändern.“ „Kann er dann morgen überhaupt zum Olymp?“ „Das wird sich zeigen. Ich denke jedoch nicht, dass sie eine Ausnahme machen werden. Da müsste sein Zustand schon so bleiben und das hoffe ich ehrlich gesagt nicht.“ „Wenn sich etwas verändert, geben sie mir bescheid?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Ich verspreche es.“, erwiderte er kurz. Annabeth nickte daraufhin und verließ das Haus. Nachdenklich sah Chiron ihr hinterher. Seit sie Luke hierher gebracht hatten, hatte sie gewartet und sich nach seinem Zustand erkundigt. Chiron konnte sich nicht vorstellen, wie hin und her gerissen sie sein musste. Der Zentaur war fest überzeugt, dass Annebeth Luke irgendwann vergeben würde. Doch noch war es zu früh dafür. Als Percy und Thalia noch da gewesen waren, hatten sie sich immer wieder gegenseitig versichert, dass das, was sie gesehen hatten, auch wirklich passiert war. Doch sie alle hatten das gleiche gesehen. Besonders Thalia war immer noch außer sich gewesen. Sie hatte geschworen, dass die Zeit fast stehen geblieben war und sie sich deswegen nicht hatte rühren können. Dennoch konnte Chiron noch immer nicht verstehen, wie es möglich sein sollte, wie es Luke geschafft hatte. Und noch viel weniger, warum er kein Wort darüber verloren hatte. Hatte er es nicht gewusst? Das konnte er sich nicht vorstellen. Grübelns blickte Chiron auf die Tür und war in seinen Gedanken versunken. „Oh, bitte!“, stieß Dionysus aus und knabberte an seinem Donut. Er war er vor wenigen Stunden vom Olymp zurückgekommen, wusste aber schon über alles Bescheid. Sie alle wussten bereits, was geschehen war. „Jetzt tut nicht so, als müsste man sich ernsthaft Sorgen machen. Er wird den nächsten Tag eh nicht überleben, wenn es nach Zeus und den anderen geht.“ „Lass das bloß nicht Hermes hören.“, erwiderte Chiron ärgerlich. Der Gott des Weines hatte noch nie viel Mitgefühl gezeigt und Chiron wünschte sich, er würde stattdessen einfach den Mund halten. „Ach, der sollte sich langsam damit abfinden. Es ist vollkommen wiedernatürlich, dass überhaupt jemand auf diese Art von den Toten zurückkehrt und dann auch noch er.“, sagte er abfällig. Der Zentaur schüttelte nur den Kopf. In gewisser Weise konnte er ihn verstehen. Sicher wünschte er sich, dass es sein Sohn gewesen wäre. „Ja, er.“, ertönte eine Stimme. Dionysus war nicht einmal überrascht und aß unbeirrt weiter. Im nächsten Augenblick materialisierte sich Hermes in goldenem Licht. „Du willst dir nur etwas einreden, damit er seiner Strafe entgeht.“, fuhr Dionysus gnadenlos fort. „Er sollte nicht leben und egal welchen Grund die Parzen hatten, dass sie ausgerechnet ihn zurückschickten, es wird ihn nicht schützen. Mal davon abgesehen, dass er nicht mal selbst Ahnung hat, warum er hier ist. “ „Ich glaube, die Dinge liegen jetzt anders.“, widersprach Hermes und öffnete gleichzeitig die Gästezimmertür. „Was meinst du damit?“, fragte Chiron leise. Hermes antwortete ihm nicht gleich, sondern betrat das Zimmer und strich vorsichtig über Lukes Stirn. Er reagierte nicht darauf und der Götterbote merkte, dass er darüber enttäuscht war. Ebenso leise, wie er das Zimmer betreten hatte, verließ Hermes es auch wieder. „Ich habe mit May gesprochen.“, antwortete er schließlich. „Sie sagte, Luke sei diesen Morgen aufgewacht und verändert gewesen. Selbstsicher und vollkommen davon überzeugt, dass er den Grund für seine... Rückkehr kennt.“ „Und er hat ihr natürlich nicht gesagt, was das für ein Grund ist. Das ist doch Humbug.“, sagte Dionysus zynisch. „Nein, das hat er nicht. Er sagte, er wollte vorher nur ganz sicher gehen.“ „Mmh.“, brummte Chiron unzufrieden. „So etwas Ähnliches hat er auch zu uns gesagt. Er hat es als Test bezeichnet.“ „Dennoch hat das ganze eine Richtung eingenommen, mit der niemand gerechnet hat.“, fuhr Dionysus weiter fort. „Man sollte ihn gleich vernichten, bevor er uns weiter schaden kann.“ „Er wird uns nicht schaden.“, sagte Hermes fest und sah sein Gegenüber entschlossen an. „Im Moment kann er sich nicht mal bewegen. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass er uns irgendwie schaden kann.“, fügte der Götterbote, nun schon etwas genervt, hinzu. „Du musst jedoch zugeben, dass das einfach nicht normal ist.“, wiedersprach Chiron sacht. „Es ist ja schon nicht normal, dass er es überhaupt geschafft hat, sich Kronos Seele anzueignen, aber dann auch noch einen Teil seiner Kraft zu nutzen ist schon fast wahnsinnig. Noch nie zuvor hat es so was gegeben! Und auch du wirst keine Erklärung dafür haben.“ „Ich gebe dir mit allem recht und ich habe keine Erklärung. Die werden wir wahrscheinlich auch nie bekommen. Aber ich habe May versprochen auf ihn acht zu geben und ich will, dass er wenigstens eine faire Chance erhält. Man wird ihm morgen anhören und erst dann entscheiden und nicht schon vorher. Auch wir können uns nicht einfach über die Parzen hinwegsetzen.“ „Ja, ja.“, sagte Dionysus und wedelte abwehrend mit der Hand. Es war deutlich, dass er nicht richtig zugehört hatte und es ihn auch nicht interessierte. „Dieser Philipp wird ihn begleiten und aufpassen, dass er nicht doch noch verschwindet. Es waren alle einverstanden.“ „Warum weißt ich nichts davon?“, fragte Hermes und Ärger klang in seiner Stimme. Er als Gott der Nachrichten und Botschaften, hatte nichts von diesem Entschluss mitbekommen. Dafür würde er sich irgendwann rächen. „Du warst nicht da. Außerdem sind wir einstimmig der Meinung, dass du im Moment nicht gerade in der Lage bist objektive Entscheidungen zu treffen. Du verstehst schon.“, sagte Dionysus, wie nebenbei. Hermes schüttelte nur mit dem Kopf, während seine Wut innerlich weiter wuchs. Gegen die Entscheidungen seiner Familie konnte er nicht ankommen. Man würde ihm sowieso nicht zuhören. „Ich finde es gut, dass Percy ihn begleitet. Lasst Luke bis morgen schlafen und weckt ihn nicht zwischendurch. Um neun, soll er im Empire State Building sein – wenn es ihm entsprechend gut geht.“ Chiron nickte kurz und wollte gerade antworten, als im nächsten Augenblick, Hermes Handy klingelte. „Aphrodite schon wieder.“, sagte Martha dumpf aus seiner Hosentasche. „Der Kerl ist ziemlich resistent gegen ihre Annäherungsversuche. Du sollst ihm nun etwas Besonderes bringen.“ „Und was?“, fragte der Gott genervt und hielt das Handy in der Hand. „Sie selbst.“, antwortete George und zischte dabei verärgert. Selbst Chiron konnte sich ein genervtes ausatmen nicht verkneifen und Hermes sprach aus, was er dachte: „Als hätten wir im Moment keine anderen Sorgen.“ Er begann auf seinem Handy zu tippen und noch bevor er wieder verschwunden war, hatte er das Handy schon wieder am Ohr. Er hätte nicht damit gerechnet, dass er so schnell Gelegenheit für seine Rache bekommen würde, dachte Der Götterbote. Ein schiefes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Trotz allem würde er sich diesen Spaß nicht nehmen lassen. Schon nach dem zweiten Klingeln ging Aphrodite an ihr Telefon und begann von ihrer Idee zu erzählen. Selbst als Hermes gegangen war, schüttelte Chiron noch mit dem Kopf. „Sie hat vollkommen recht.“, sagte Dionysus und der Zentaur sah ihn fragend an. „Man muss das Leben genießen! Die Sorgen werden von Grübeln auch nicht weniger.“, sprach er und stopfte sich noch einen weiteren Donut in den Mund. Chiron verzichtete auf ein weiteres Kommentar und zog sich in sein eigenes Zimmer zurück. Er wusste, dass es für ihn eine kurze Nacht werden würde. Zu sehr gingen ihm noch die Geschehnisse des Tages durch den Kopf. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~+ Mal wieder Zeit, dass ich was sage… nur was… o.O Erst einmal entschuldige ich mich dafür, dass es so lange nichts Neues gab. Also vor den letzten beiden Kapiteln. Ich hatte zwar Ferien, aber da es so heiß war, habe ich mich lieber im Freibad getummelt, als vor dem Rechner. Jetzt geht das neue Schuljahr aber bald wieder los und der Alltagstrott kehrt zurück. Wenigstens hab ich dann aber wieder meine geregelten Zeiten. Yeah… >.> In gut einem Monat erscheint auch „Mark of Athena“ (Jippih!) Bis dahin will ich die FF beenden. Ich streng mich also an, dass das klappt, aber bisher sieht es gut aus. So viel ist es nämlich nicht mehr. Und da kann ich auch gleich sagen, dass ich mich jetzt für ein seeeeehr offenes Ende entschieden habe. XD Das wollte ich von Anfang an und werde es auch dabei belassen. Soll sich jeder selber denken, wie es weiter gehen könnte. Bis dahin verabschiede ich mich erst mal und versuche das nächste Kapitel so bald wie möglich hochzuladen. LG maidlin Kapitel 23: Unfair ------------------ Unfair Licht vor seinen Augen weckte ihn. Zumindest glaubte Luke dass es Licht war. Sicher war er sich nicht. Aber er war sich auch nicht sicher, wer er selbst war. Zögernd öffnete er die Augen. Noch immer waren seine Lider bleischwer und er sah unscharf. Am liebsten hätte er weiter geschlafen, doch irgendwas in ihm, sagte ihm dass er das nicht konnte. Was war heute?, fragte er sich dumpf. In seinem Kopf schien nur noch eine einzige Wolke zu existieren, dort an der Stelle, an der eigentlich sein Hirn sein sollte. Die Tür ging auf und Luke hob schwach den Kopf. Chiron kam in seinem Rollstuhl herein und musterte ihn besorgt. Noch einmal schloss Luke die Augen und versuchte sich daran zu erinnern, warum Chiron wohl so schauen könnte. Nur langsam sickerte die Erinnerung durch. Gestern hatte er gegen Percy und Thalia gekämpft und heute würde man über sein Leben entscheiden, ob er leben würde er nicht. Schon wieder. Aber da war noch etwas. Was war noch geschehen? „Es ist gut, dass du schon wach bist. Allzu viel Zeit bleibt dir nicht mehr.“, sagte Chiron ohne jegliche Emotion in der Stimme. „Ich freue mich auch dich zu sehen.“, krächzte Luke. Er drehte sich auf den Rücken und räusperte sich. Er fühlte sich nicht wie er selbst. Genau genommen fühlte er im Moment gar nichts mehr. Er dachte auch nichts mehr. Es war wahrscheinlich besser so. „Woran kannst du dich erinnern?“, fragte Chiron weiter, ohne auf sein Kommentar einzugehen. Mit den Händen rieb sich Luke über die Stirn, als könnte das seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. „Ich habe mit Percy und Thalia gekämpft. Thalia hat ihre Blitze gerufen, richtig?“, wollte er sich vergewissern. „Was noch?“ Luke leckte sich über die trockenen Lippen. Er hatte großen Durst und auch Hunger. „Ich... fand es ... unfair.“, antwortete er dann. „Du fandest es unfair!?“, fragte Chiron ungläubig und seine Stimme wurde dabei laut. „Ich habe angenommen, dass es ein Kampf unter gleichberechtigten war. Aber ihren Blitzen hatte ich nicht mehr viel entgegen zu setzen.“ „Und deswegen hast du die Zeit angehalten? Oder willst du mir erzählen, dass warst du nicht?!“, fragte der Zentaur wütend. Luke senkte den Blick. Er wusste doch, dass da noch was gewesen war. Er konnte Chirons laute Stimme nicht ertragen. Jedes Wort war wie ein Stoß mit einem Presslufthammer hinter seinen Augenlidern. Doch Chiron ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. „Ich habe dich gefragt! Dein Vater hat dich gefragt! Wir wollten wissen, ob Kronos einen Einfluss auf dich hat und du hast es nicht für nötig befunden uns zu sagen, dass du einen Teil seiner Kraft mit übernommen hast?! Dass du sie einsetzen kannst?!“ Chiron schrie nun fast. „Es war keine Absicht!“, verteidigte sich Luke und wurde dabei fast genauso laut. Kopfschmerzen machten sich in ihm breit. Er hatte es so satt, sich ständig irgendwelche Anschuldigungen anhören zu müssen! Man ließ ihm ja nicht einmal die Chance sich zu erklären. „Was meinst du damit?“, fragte Chiron weiter und bemühte sich um einen ruhigeren Tonfall. „Ich wusste es nicht.“, begann Luke zu erklären. „Ich wusste nicht, dass ich seine Gaben nutzen kann. Gestern früh kam mir nur kurz der Gedanke, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich es so schnell herausfinden würde. Als Thalia ihre Blitze auf mich abfeuern wollte, sah ich darin die Gelegenheit es auszuprobieren. Ich hatte jedoch keine Ahnung, ob es auch funktionieren würde. „Es hat mich fast umgebracht.“ „Ein paar Stunden sah es tatsächlich danach aus. Du hast nicht einmal Nektar trinken können.“, sagte Chiron, erwartete aber keine Antwort. Luke legte eine Hand auf seinen Brustkorb. Er spürte sein Herz schlagen, vielleicht etwas langsamer als es sollte, aber immerhin. „Ich kann mir Kronos Erinnerungen, Wissen und Gabe zu Nutze machen. Genauso wie er es gekonnt hätte, wenn er gewollt hätte. Aber meine Erinnerungen waren für ihn nicht wichtig. Aber was nützt mir das, wenn ich es nicht mal überlebe? Das mit Thalia war nur eine Sekunde, das ist nichts.“ Chiron entschied nicht direkt darauf zu antworten. Er wusste auch nicht, was er dazu sagen sollte. Es gab nichts, was er Luke raten konnte. Er war auf sich allein gestellt. „Den Göttern wird das noch weniger gefallen. Ihre Entscheidung stand bereits vorher fest und nun werden sie erst recht dafür Stimmen dich zu vernichten.“ Luke nickte kurz. „Ich weiß.“, erwiderte er schlicht. „Ich hoffe trotzdem, dass ich sie anders überzeugen kann. Ich glaube, ich weiß nun, warum die Parzen mich ausgewählt haben.“ „Und warum?“ „Ich trage Kronos in mir.“ Chiron brummte kurz. Das konnte nun wirklich keiner von sich behaupten. „Du musst aufstehen, wenn du noch frühstücken willst. Percy wird dich zum Olymp begleiten. Dein Verschwinden, wurde nicht besonders gut aufgenommen - von keinem. Außerdem haben alle gesehen, was du getan hast.“ „Sicher.“, erwiderte Luke müde und versuchte sich aufzurichten. Der Schmerz in seiner linken Körperhälfte war noch immer spürbar. Seine Kopfschmerzen hielten an und als er aufrecht saß, wurde ihm auch noch schlecht. „Geht es?“, fragte Chiron, der bemerkte, wie blass Luke auf einmal geworden war. Nicht, dass er vorher viel Farbe im Gesicht gehabt hatte. Luke nickte und stand schließlich auf. Seine Körperhaltung war gebeugt und es war offensichtlich, dass er noch immer Schmerzen hatte. „Kann ich erst duschen gehen?“, fragte Luke. „Meinetwegen. Nach Frühstück siehst du im Moment wohl eher nicht aus.“ „Seltsamerweise hab ich trotzdem hunger.“ Chiron beobachtete ihn. Der Sohn des Hermes hatte den Gang eines gebrochenen, alten Mannes und nicht den eines Vierundzwanzigjährigen. Was würde wohl aus ihm werden, fragte sich der Zentaur. Würde er ihn am Ende des Tages wieder sehen? Bevor Luke im Badezimmer verschwand, drehte er sich noch einmal um. „Wie hat Thalia ihre Niederlage eigentlich aufgenommen?“ „Oh, du kannst froh sein, dass wir sie davon abhalten konnten dich zu töten, nachdem du bewusstlos warst. Du solltest Annabeth dafür danken.“ „Mach ich.“ Luke schloss die Tür hinter sich und hob geradewegs den Deckel der Toilette an. Sobald er oben war, übergab er sich direkt in die Kloschüssel. Es war ein widerwärtiger Geschmack, de ihn noch mehr würgen ließ, doch es geschah nichts mehr. Mit zitternden Händen, betätigte er die Spülung und stützte sich am Waschbecken ab. So verharrte er einen Moment, dann öffnete er den Wasserhahn, hielt die Hände darunter und spritze sich anschließend das eiskalte Wasser ins Gesicht. Es half tatsächlich gegen den anhaltenden Schwindel. Als nächstes beugte Luke den Kopf nach unten und trank ein paar große Schlucke des fließenden Wassers. Er fühlte sich danach besser. Erst dann wagte er es sich seinem eigenen Spiegelbild zu stellen. Er sah scheiße aus. Er fühlte sich nicht nur so, sondern er sah auch so aus. Seine Augen waren rot unterlaufen, was aufgrund seiner blassen Haut noch mehr hervorstach. Unten den Augen prangten dunkle Schatten und selbst aus seinen Lippen war jegliches Blut gewichen. Kein guter Tag um sich ein paar verärgerten Göttern zu stellen und sie dazu zu bringen seinem Vorschlag zuzustimmen. Luke fragte sich, ob er wirklich bereit dafür war. Die Antwort war eindeutig nein. Aber das würde er wohl nie, ganz egal, wie lange er darüber nachdachte. Es war die einzige Möglichkeit, die er sah, um nicht noch einmal zu sterben – egal, ob durch die Götter oder Kronos Macht. Das volle Ausmaß dieser Entscheidung würde ihm wohl erst mit den Jahren klar werden. Kapitel 24: Angst ----------------- Angst Wie auch schon zuvor verstummten plötzlich alle Gespräche, als er sich zum Frühstück einfand. Doch da er die Blicke gewöhnt war, setzte er sich an den Hermestisch und nahm sich ein Brötchen. Er hatte keinen Appetit, wusste aber, dass er etwas essen musste. Es wunderte ihn nur, dass bisher noch niemand etwas gesagt hatte oder dass sie ihn überhaupt an den Tisch gelassen haben. Gerade von Clarisse oder seinen Brüdern hätte er das erwartet. Hatte Chiron vielleicht etwas gesagt? Er hätte ihn vorher danach fragen sollen, überlegte er und zerpflückte mit den Fingern sein Frühstück. Doch die Fragen, die den anderen zweifellos auf der Zunge lagen, konnte er förmlich mit den Händen greifen. Aber er war auch froh, dass niemand fragte. Er hatte ja ohnehin keine Antworten. Kaum hatte er dies jedoch gedacht, sprach ihn eine Stimme von der Seite an: „Kann ich dich was fragen?“ Verwundert hob Luke den Kopf und blickte direkt Chris an. Dieser betrachtete ihn ehrlich interessiert und nicht feindlich. „Sicher, ich kann dir aber keine Antwort versprechen.“, erwiderte Luke und bemühte sich seine Worte klar zu formulieren. Selbst das Sprechen empfand er als anstrengend. „Warum bist du abgehauen?“, fragte er ihn gerade heraus. „Wo warst du? Das würden wir wirklich alle gern wissen.“ Fragend ob Luke eine Augenbraue? Das war es, was sie wissen wollten? Er glaubte ihm kein Wort. Trotzdem sahen ihn alle an und auch von den anderen Tischen konnte Luke die Blicke spüren. Sie taten zwar weiterhin so, als würden sie frühstücken, doch die Aufmerksamkeit lag bei ihm. Selbst Chiron tat so, als würde er sich mit Dionysus unterhalten. „Ich war bei meiner Mutter.“, antwortete Luke und sofort setzte ein Tuscheln ein, bei dem seine Worte von Ohr zu Ohr weiter getragen wurden. „Und warum... tja... weil...“ Er zögerte. Sollte er es wirklich laut aussprechen? Sollte er es alle wissen lassen? Andererseits was war schon dabei? Er war nicht der erste der je so empfunden hatte und gewiss nicht der letzte. Vielleicht würden sie ihm dann endlich glauben oder ihn zumindest in Ruhe lassen. Das würde ihm ja schon reichen. Ruckartig stand er auf und ging in die Mitte des Platzes, dort wo das Feuer brannte. „Ihr wollt also wissen, warum ich verschwunden bin? Bitte, ich sage es euch. Dann könnt ihr euch das Tuscheln sparen.“, rief er nun so laut, dass alle ihn hören konnten. Das Flüstern war mit seinen Worten augenblicklich erstorben. „Es interessiert uns nicht!“, sagte Clarisse laut. „Von uns aus kannst du sofort wieder in Gras beißen. Es gibt genug, die dir gern dabei helfen würden, mich eingeschlossen!“ „Danke, aber ich verzichte.“ , erwiderte Luke. „Und du weißt, dass du mich nicht töten darfst, nicht bevor sie nicht die Chance dazu hatten.“ Clarisse machte ein säuerliches Gesicht und Luke wusste, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Er blickte sich in der Runde um, bis seine Augen schließlich bei Annabeth hängen blieben. Er hatte sich noch nicht bei ihr bedankt, schoss es ihm kurz durch den Kopf. Aber legte sie wert darauf? Er wusste es nicht. Doch ihr Blick mit dem sie ihn ansah, war nicht feindlich, nein, vielmehr traurig und irgendwie… bittend. Als wollte sie Antworten von ihm. „Ich habe Angst.“, sagte er schließlich. Das Zittern in seiner Stimme konnte er nicht ganz unterdrücken, aber was sollte er sich noch dafür schämen? Alle sahen ihn mit großen Augen an, als wäre das das letzte gewesen, was sie erwartet hatten. Selbst Dionysus schien einmal das Essen vergessen zu haben. Nur Percy hatte misstrauisch eine Augenbraue nach oben gezogen. „Ich habe keine Ahnung, warum ich wieder hierher geschickt wurde. Ich habe keine Ahnung, wie lange es anhalten wird. Werden mich die Parzen wieder aus dem Weg räumen, weil sie feststellen, dass es nur ein Versehen war? Vielleicht sind die Götter aber auch schneller?! Sie warten ja nur darauf, dass sie mich endlich beseitigen können!“, sagte er schnell hintereinander und sprach damit das aus, was ihn seit Tagen durch den Kopf ging. „Und selbst, wenn sie warten, selbst wenn sie mich in den Kampf ziehen lassen, was wird hinterher sein? Werde ich vielleicht im Kampf sterben? Warten sie nur darauf? Und wenn ich es wie durch ein Wunder überlebe, räumen sie mich dann aus dem Weg? Oder heben die Parzen den Zauber auf, der mich zurückgebracht hat und ich stehe wieder vor den Richtern? Ich weiß es nicht! „Und dann gibt es da noch diesen kleinen, dummen, naiven Teil in mir, der immer noch hofft nach all dem vielleicht die Chance auf ein normales Leben zu bekommen. Für euch gibt es ja nur zwei Möglichkeiten, entweder Leben oder Sterben und dann ins Elysium zu gelangen. Ich kann das abschreiben! Denn neben all dem anderen, darf ich mich noch mit Kronos Seele rumschlagen, die sich an meine festgebissen hat! Wiedergeburt ist damit also auch gestrichen. Mal davon abgesehen, dass jede Sekunde ein ständiger Kampf um meinen Körper ist und ich im Schlaf auch noch von Tartarus träume! „Ich habe also eine Scheißangst und war bei meiner Mutter um wenigstens für ein paar Stunden Ruhe zu finden! Und von meiner Mutter will ich hier gar nicht erst anfangen. Es ist also alles Bestens!“, zischte er. Schwer atmend stand er vor dem gesamten Camp. Jeder einzelne von ihnen starrte ihn mit großen Augen an, aber niemand sagte ein Wort. Bevor sie ihre Sprache doch noch wieder fanden, entschied sich Luke zu gehen. Kurz wandte er sich noch an Percy und sagte: „Ich warte vor dem Camp. Beeil dich.“, dann drehte er sich rum und ging mit großen Schritten davon. „Luke…“, setzte Chiron an, doch mit einer Handbewegung bedeutet ihm Luke, dass er ihn in Ruhe lassen sollte. Auch er konnte ihm nicht helfen. Das konnte niemand. Während seines Weges aus dem Camp, versuchte Luke seinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen. Er hatte nicht erwartete, dass es so sein würde, wenn er den Gedanken erst einmal freien Lauf ließe. Seine Wangen brannten. Er hätte sich einiges verkneifen sollen, dachte er. Andererseits wollten sie die Wahrheit doch wissen, sollte sie zusehen, was sie nun damit anfingen. Zumindest hatten sie jetzt einen guten Grund ihn anzustarren. Als er die Grenzen des Camps verließ, wartete Argos bereits am Auto auf ihn. Er lief noch ein paar Schritte hin und her. Wenn er den Göttern gegenüberstehen würde, brauchte er einen klaren Kopf. Er konnte es sich nicht leisen durcheinander zu sein oder verängstigt. Es würde ihn nur durcheinander bringen. In Gedanken ging Luke noch einmal all die Argumente durch, die ich sich am Tag zuvor während der Zugfahrt zurechtgelegt hatte. Wenige Minuten später trat Percy aus dem Wald heraus. „Und habt ihr euch noch prächtig amüsiert?“, fragte Luke bissig und hatte sich immer noch nicht abreagiert. Percy antwortete ihm nicht, sondern stieg in den Wagen ein, der sie bis zur nächsten Busstation bringen würde. Von dort aus würden sie mit dem Bus nach Manhattan zum Empire State Building fahren. Kapitel 25: Unter Männern ------------------------- Es schein eine Ewigkeit zwischen dem letzten Kapitel und diesem vergangen zu sein. Aber es ist einfach so, dass die Schule wieder begonnen hat und ich nur noch abends zum Schreiben komme. Und letztes Wochenende war ich „mal schnell“ auf einer Hochzeit in Österreich, was super anstrengend war und ich erst mal zwei Tage zum erholen braucht. (Die Fahrt war anstrengender als die Feier selber.) Ich hoffe aber, dass es jetzt wieder etwas regelmäßiger voran geht, obwohl ich es schon aufgebe, bis Oktober fertig zu werden. ^^° ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Unter Männern Bis sie zur Haltstelle kamen, sprachen sie kein Wort. Luke war das ganz recht. Er schloss die Augen und versuchte seine Nerven zu beruhigen, denn auch wenn er sich seiner nächsten Schritte sicher war, so wusste er doch wie wahnsinnig allein der Gedanke daran war. Aber immerhin hatte es so etwas vorher schon mal gegeben. Dennoch war die Chance, dass sie auf sein Angebot eingingen etwa so gering, wie die von den Toten aufzuerstehen. Aber das hatte er ja immerhin auch schon geschafft. Luke spürte, wie sich Percy plötzlich neben ihm aufrichtete und er öffnete blinzelnd die Augen. Sie hatten die Haltestelle erreicht. Hinter Percy stieg Luke aus und beide nickten Argos zum Abschied kurz zu. Dann fuhr dieser auch schon wieder zum Camp zurück. „Wie lange müssen wir warten?“, fragte Luke und schritt auf den Fahrplan zu, der an der Haltestelle aushing. „15 Minuten.“, erwiderte Percy, als er einen Blick darauf geworfen hatte. „Du sprichst wieder mit mir.“, merkte Luke an. Ein eisiger Blick von Percy war die Antwort. „Das war ein versehen.“, fügte er an. Beide setzten sich und Luke hätte nichts dagegen gehabt, wenn sie sich wieder angeschwiegen hätten, doch offenbar wollte Percy noch etwas wissen. Immer wieder sah er ihn von der Seite an und atmete tief durch. „Sag es, danach geht es dir sicher besser.“ „Stimmt es?“, stieß Percy schließlich aus. „Was?“, fragte Luke und sah ihn verwirrt an. „Was du vorhin gesagt hast, dass du Angst hast.“ „Ja. Warum sollte ich lügen? Offenbar glaubt man mir doch sowieso kein Wort. Also muss ich mir nicht mal die Mühe machen.“ „Und das mit Kronos?“ „Ja, das auch.“ „Und du kannst wirklich einen Teil seiner Kraft nutzen? Sein Wissen?“ Luke konnte den Unglauben aus seiner Stimme hören und unwillkürlich verzogen sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln. „Du hast es doch gesehen.“ „Ja und dass du danach zusammengeklappt bist, wie ein abgebrochenes Streichholz.“ Luke nickte kurz. „Nochmal muss ich das nicht haben.“ „Aber du könntest es nochmal machen?“ „Ich weiß nicht, vielleicht. Die Frage ist wohl eher, ob ich es überleben würde.“ „Und? Auf welcher Seite stehst du dieses Mal?“, fragte Percy plötzlich spitz. „Percy, hör auf damit.“ Luke strich sich müde über das Gesicht. Das brachte doch nichts. „Was?“, fragte er sarkastisch, dabei wusste er sehr genau, was Luke ihm damit sagen wollte. „Ich habe jetzt einfach nicht die Nerven dafür. Du glaubst mir ja doch nicht.“ „Nenn mir nur einen Grund, warum ich das tun sollte.“ „Nichts würde dich überzeugen können, ganz egal was ich sage. Aber wenn ich es versuchen würde, würde ich wohl sagen, dass ich am Ende doch die richtige Entscheidung getroffen habe.“ Percy biss sich auf die Zunge, um nicht auszusprechen, was schon darauf lag. Er wusste ganz genau, dass es kindisch klingen würde und verdammt eifersüchtig und das wollte er Luke auf keinen Fall zeigen. Trotzdem schienen die Worte wie von selbst aus seinem Mund zu purzeln. „Du hast es nur für Annabeth getan.“ Einen Moment sah Luke ihn stumm an. Der scharfe Unterton in Percys Stimme war ihm nicht entgangen. „Ihr seid ein Paar.“, sagte er dann. Es war mehr eine Feststellung, denn eine Frage. Percy funkelte ihn böse an. „Stört dich das?“, zischte er. Luke zuckte mit den Schultern. „Solange du sie glücklich machst, hast du meinen Segen.“ „Pah, als ob ich dich wohl danach fragen würde.“ „Stimmt auch wieder.“ „Warum hast du sie damals gefragt, ob sie dich geliebt hat?“, wollte Percy jetzt wissen. Die Frage beschäftigte ihn schon ein Jahr. Aber wollte er die Antwort überhaupt wissen? Eigentlich sollte es ihn nicht stören. Immerhin hatte Annabeth sich für ihn entschieden. Aber da war Luke ja auch tot gewesen. Er sollte nicht an ihr zweifeln, schimpfte er sich innerlich. Schließlich tat sie das auch nicht. Aber bei ihm gab es auch keinen Grund eifersüchtig zu sein. Es war ja nicht so, dass ihm die Frauen ständig hinterher schauten. Luke atmete scharf aus und senkte den Kopf. Eine Weile sagte er gar nichts und Percy glaubte schon er würde ihm gar nicht antworten. Aber das war immer noch besser, als wenn er ihn auslachte. Wie hatte er auch nur so was fragen können? Noch schlimmer ging es wohl nicht. Dabei dachte Luke wirklich über seine Frage nach. Was sollte er darauf antworten? Ehrlich sein? Was war eigentlich die Wahrheit. Wie gern wäre er an einem anderen Ort, überall nur nicht hier und nicht auf den Weg zu den Göttern. Aber selbst, wenn er die Augen schloss, konnte er sich nicht vorstellen, wo anders zu sein. „Annabeth ist ein Teil meiner Familie.“, begann er schließlich. „Seit Thalia und ich sie fanden, habe ich mich für sie verantwortlich gefühlt. Ich sah mich als eine Art Vaterersatz, zumindest am Anfang. Ich weiß nicht, ob ich sie geliebt habe, so wie du es tust. Aber sie mir sehr, sehr wichtig. Als ich sie damals fragte, wollte ich wissen, ob… es einen Menschen gab, der mich liebte, dem ich noch wichtig war. Und vielleicht wollte ich nur sicher gehen, dass die Wunden, die ich ihr zugefügt habe, nicht für immer waren.“ Mehr wollte er dazu nicht sagen. Er wusste ja selbst nicht einmal, ob seine Worte einen Sinn ergaben. Sein Kopf begann schon wieder zu hämmern und er fühlte sich immer noch schwach. Dabei hatte er am Tag zuvor noch geglaubt, dass alles gut würde. Percy dachte kurz darüber nach, entschied aber, dass es besser für ihn war, es nicht zu tun. Stattdessen war es nun Luke, der ihn ansprach. „Jetzt bin ich dran. Was ist passiert in dem einen Jahr? Chiron hat mir einiges erzählt, von der neuen Prophezeiung und Jason und dass du verschwunden warst, dass es ein römisches Camp gibt. Wie ist es dort? Hast du Gaia gesehen? Was ist genau passiert? So ganz habe ich es immer noch nicht verstanden.“ „Oh Mann, das ist eine so lange Geschichte, da bräuchte ich den ganzen Tag dazu.“, stieß Percy aus. An seine Zeit ohne Gedächtnis erinnerte er sich nur sehr ungern. Noch nie war er sich so verloren vorgekommen. „So wie es aussieht werden wir den Tag miteinander verbringen und ich habe nicht vor irgendwohin zu gehen. Mal abgesehen davon, dass du mich auch nicht lassen würdest.“ Percy runzelte die Stirn. Es war ihm ein Rätsel wie Luke selbst in solch einer Situation noch so scharfe Bemerkungen machen konnte. Doch noch bevor er antworten konnte, fuhr der Bus vor. Sie stiegen ein und kauften sich jeder eine Fahrkarte beim Fahrer. Sie setzte sich ganz hinten hin, Percy einen Sitz vor Luke. Dieser lehnte erneut die Stirn gegen die kalte Scheibe und genoss das beruhigende Gefühl, dass ihn sogleich durchströmte. Er wollte allein sein und doch war er froh über Percys Gesellschaft. Er würde noch früh genug wieder auf sich gestellt sein. Bisher hatte Percy ihm noch nicht geantwortet, aber das störte ihn auch nicht weiter. Wenn dieser Tag schlecht für ihn endete, war es ohnehin egal, ob er noch Antworten auf seine Fragen bekommen würde. „Wie geht es deiner Mum?“, fragte Percy unerwartet, vermied es aber Luke dabei anzusehen. „Du weißt davon?“, fragte Luke und ließ die Augen geschlossen. Offenbar wusste ja jeder Bescheid. „Ich hab sie kennengelernt.“ „Wann?“ Seine Stimme blieb ruhig, aber er runzelte die Stirn, weil er überlegte, wann das wohl gewesen sein könnte. „Wir, Nico und ich, haben sie besucht, um zu erfahren, ob du... ob du wirklich um ihren Segen gebeten hast, um im Styx schwimmen zu können.“ Jetzt öffnete Luke die Augen und sah auf die vorbeiziehenden Häuser. „Warum willst du das wissen?“, fragte Luke und seine Stimme klang ärgerlich. Er wollte Percys Neugier nicht befriedigen. Hatte er nicht schon genug zum tuscheln? „Weil es mich interessiert.“, erwiderte dieser. „Sie tat mir damals leid. Aber als sie im Camp war, war sie vollkommen verändert. Sie wirkte… gesünder und glücklicher.“ „Ach ja? Dann solltest du dir ja denken können, dass es sie umbringen würde, wenn sie mich noch einmal verliert.“ Percy nickte kurz. Auch, wenn er sonst Zweifel an Lukes Worten hatte, so glaubte er ihm das sofort. Kapitel 26: Wartezeit --------------------- Wartezeit Das letzte Stück zum Empire State Building liefen sie. Luke fühlte sich, als würde er träumen. Er erinnerte sich daran, wie er das letzte Mal diese Straße entlang gegangen war. Nein, das stimmte nicht. Nicht er war diese Straße entlang gegangen, sondern Kronos - in seinem Körper. Luke wusste nicht, ob es seine eigenen Erinnerungen waren oder die von Kronos, die er sah. Kronos hatte es nicht sonderlich interessiert, wie die Spuren seiner Verwüstung ausgesehen hatten. „Da wären wir.“, sagte Percy, als sie direkt vor dem Eingang standen. Touristen strömten durch die Türen hinaus und hinein. Sie beide fielen in der Menge gar nicht auf. „Na dann kann der Spaß ja beginnen.“, sagte Luke und mit beiden Armen stieß er die Türen auf. Percy folgte ihm, als er voraus zum Tresen ging. Dort saß ein einziger Wachmann, der vor sich ein paar Monitore auf dem Tisch stehen hatte. Kurz ließ Luke seinen Blick durch den Raum schweifen. Er sah einige Sicherheitskameras. Die anderen Leute, die sich angeregt unterhielten und in die Fahrstühle stiegen, um nach oben zu fahren und dann entweder die Aussicht genossen oder einfach nur zur Arbeit gingen, würdigten sie keines Blickes. Er wusste nicht einmal warum er danach Ausschau hielt. Vielleicht nur eine alte Angewohnheit. Sicher gab es noch einen weiteren Raum mit mehr Bildschirmen, um wirklich das ganze Gebäude überwachen zu können. Und vielleicht übertrug eine Kamera auch direkt zum Olymp. Das konnte er sich sogar sehr gut vorstellen. „Ich will in den 600. Stock.“, sagte Luke mit leicht gesenkter Stimme zu dem Wachmann. „Es gibt keinen 600.Stock.“, erwiderte dieser gelangweilt, als hätte er ihm nicht richtig zugehört. Er sah nicht einmal von seinen Monitoren auf. „Doch den gibt es!“, erwiderte Luke scharf. Auf dieses Spiel hatte er jetzt absolut keine Lust. „Also geben sie mir jetzt die Karte, sonst hole ich sie mir selber.“ „Luke.“, mahnte Percy, der hinter ihm stand. „Ach, das ist doch wirklich albern.“, erwiderte Luke genervt. „Sie haben doch gesagt, ich soll um neun da sei! Es ist um neun, also kann ich ja auch erwarten, dass ich nach oben gelassen werde.“ Die ganze Sache zerrte an seinen Nerven, das merkte er selbst und er hasste es. Es ließ ihn unkonzentriert und fahrig werden. „Luke Castellan?“, fragte der Wachmann auf einmal. „Ja!“ „Sie sind noch nicht dran.“ Genervt atmete Luke aus, schaute einmal nach oben an die Decke und versuchte sich zu beruhigen. „Was soll das heißen?“ „Sie können noch nicht nach oben. Sie sind noch nicht dran.“ „Das kann nicht wahr sein! Muss ich hier warten?“, fragte er weiter und versuchte sich nicht noch mehr darüber aufzuregen. Jetzt endlich sah der Wachmann ihn an. „Wie meinen Sie das?“ „Muss ich hier unten warten oder kann ich auch nach oben fahren?“ „Sie warten bis sie dran sind.“ „Ich meinte, ob ich auf die Aussichtsplattform rauf kann oder ob ich mir hier unten den Hintern plattsitzen soll?“, präzisierte er seine Frage. Der Wachmann fixierte ihn und Luke starrte unerschrocken zurück. „Was nun?“, fragte er ungeduldig. „Sie warten hier unten.“, antwortete er Mann schließlich und sah dann wieder auf seine Monitore. „War so klar.“, stöhnte Luke und setzte sich auf eine Bank, die dem Tresen gegenüber stand. Nach einigem Zögern, setzte sich Percy neben ihn. „Was? Sollst du mich immer noch bewachen? Ich laufe nicht weg, das habe ich schon gesagt.“, sagte Luke gereizt. „Ich soll bleiben, bis du im Thronsaal bist.“, erwiderte Percy schlicht. „Ich hätte mir denken können, dass es so kommt. Selbst jetzt können sie es nicht lassen, ihre Überlegenheit zu demonstrieren.“, redetet er mehr mit sich selbst, als mit Percy. Und weil dieser nicht, wusste, was er darauf erwidern sollte, schwiegen sie sich fast eine Stunde an. In dieser Zeit geschah nichts Nennenswertes. Immer wieder sah Luke auf die Uhr, die über den Tresen hing und atmete dann schwer aus, weil die Zeit so langsam verstrich. Er würde wahnsinnig werden, bevor er oben war, dachte er. Irgendwann begann er statt der Uhr die Leute zu beobachten, di e ein und aus gingen. Neben den Touristen sah er auch Angestellte in schicken Anzügen, die eilig das Gebäude verließen oder es betraten, oft eine Aktentasche oder das Netbook unter dem Arm. Meist telefonierten sie auch noch gleichzeitig. Doch eine der vielen Familien fiel ihm eine besonders auf. Sie unterhielten sich ein einer Sprache, die er nicht verstand und so wusste er auch nicht, was genau sie sagten, aber durch ihre Gestik und Mimik glaubte er den Inhalt dennoch erahnen zu können. Der Sohn war vielleicht 14, trug Jeans die ihm viel zu weit waren, ein T-shirt dass ihm ebenfalls zu groß war und eine Basecap, dass er falsch herum auf hatte. Auf seinen Ohren saßen große Kopfhörer und um seinen Hals hingen lange, silberne Ketten. Sein Blick war genervt und gelangweilt gleichzeitig. Der Junge blieb immer ein paar Schritte hinter seinen Eltern, als wäre es ihm peinlich mit ihnen gesehen zu werden. Kurz bevor die Mutter den Fahrstuhl erreicht hatte, drehte sie sich um und rief nach ihrem Sohn. Dieser kam nur wiederwillig und sie schienen eine kurze Auseinandersetzung zu haben. Am Ende legte der Vater einen Arm um den Jungen und klopfte ihm auf die Schulter. Dieser schien sich in sein Schicksal zu fügen und nickte knapp. Die Mutter strahlte über das ganze Gesicht und schließlich verschwanden die drei im Fahrstuhl. „Woran denkst du?“, fragte Percy ihn, der ihn beobachtet hatte. „Nichts.“, antwortete Luke knapp und drehte den Kopf wieder. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass gerade einmal vier Minuten vergangen waren. Es konnte noch Stunden dauern. Deswegen entschied er sich Percy richtig zu antworten. Er wusste sowieso schon zu viel über ihn, da kam es darauf auch nicht mehr an. „Früher habe ich mir so etwas gewünscht.“ Diese Antwort kam für Percy völlig unerwartete, genauso wie Lukes Stimme, die plötzlich voller Sehnsucht klang. „Was? So eine Hose?“, fragte Percy und hätte sich am liebsten selbst dafür getreten. Natürlich, in so einer Situation musste er dumme Witze machen, dachte er. Doch Luke grinste ihn kurz an. „Nein, aber so ein Leben.“, begann er zu erklären. „Ich wollte zwei ganz normale Eltern, mit ihnen verreisen, mich zu Dingen schleppen lassen, die mich eigentlich nicht interessierten und mich dann für sie schämen. Aber vor allem, wollte ich diese Nähe zu ihnen.“ Luke holte kurz Luft und fügte dann trocken hinzu: „Immerhin das mit dem Schämen hab ich bekommen. Aber das verstehst du sicher nicht.“ „Nicht richtig.“, erwiderte Percy zu seiner eigenen Überraschung. „Ich habe mich immer für den Exmann meiner Mutter geschämt und wenn meine Mom und ihr neuer Mann turtelnd durch die Straßen laufen, möchte ich sie am liebsten nicht kennen.“ Luke lachte kurz auf. Es war ein bitteres Lachen. Zum einen weil die Vorstellung wirklich lustig war, zum anderen, weil es eben das war, was er nicht hatte. „Als ich weggelaufen bin, wollte ich dann irgendwann eine eigene Familie.“, sprach Luke weiter, allerdings so leise, dass Percy hin kaum verstand. „Thalia und Annabeth waren eine Zeit lang Ersatz. Doch als ich meine erste Aufgabe bekam und dann auch noch von meinem Vater, war mir das alles egal. Wie du weißt, war ich furchtbar enttäuscht und dann hab ich es auch noch vermasselt. Ich war nur noch wütend: auf die Götter, auf meinen Vater, meine Mutter und mich selbst.“ Luke schüttelte den Kopf und damit die Erinnerungen ab. „Ich weiß gar nicht, warum ich dir das erzähle.“, sagte er dann. Percy wusste nicht, was er darauf sagen sollte, also fragte er Luke das nächste Beste was ihm einfiel: „Glaubst du sie werden dich, naja, zurück schicken?“ „Sie wollen mich Tod sehen“, antwortete Luke gerade heraus. „Aber das können sie nicht.“ „Ach und warum nicht?“ „Weil ich hier bin, um für sie zu kämpfen. Die Parzen haben mich als ihre Chance ausgewählt in Amerika zu überleben.“ „Ich verstehe nicht was du meinst?“, sagte Percy verwirrt „Die Götter werden in Griechenland sein, zusammen mit ihren sieben stärksten Kriegern. Wer glaubst du wird den Kampf hier austragen?“ Percy starrte ihn stumm an. Was wollte er ihm damit sagen? Wollte er sich etwa allein, all den anderen Gegnern stellen? „Jemand muss die Truppe führen.“, erläuterte Luke weiter. Skeptisch hob Percy eine Augenbraue. „Du? Du willst das machen? Warum sollte sie dich das tun lassen? Warum sollte dir jemand folgen? Niemand vertraut dir!“ „Wenn es ein Befehl von ihnen ist, werden sie mir folgen.“ „Mag sein, aber es wird kein Befehl von ihnen werden!“, antwortete Percy heftig und mit Wut in der Stimme. Lukes Ego hatte unter seiner Auferstehung definitiv nicht gelitten. „Lass das meine Sorge sein.“, erwiderte er schlicht. Er hatte keine Lust mehr darüber zu reden, also versuchte er das Thema zu wechseln. „Du und Annabeth? Hätte nicht gedacht, dass du ihr Typ bist. Ich habe angenommen, sie findet eher was an cleveren Jungs.“ „Das geht dich ja wohl überhaupt nichts mehr an.“ Luke merkte, dass er Percy damit am Haken hatte. „Oh doch, ich fühle mich immer noch für sie verantwortlich. Sollte es dir also einfallen in Griechenland zu sterben, werde ich dir persönlich in den Hades folgen und dir das Leben dort unten buchstäblich zur Hölle machen.“, erwiderte Luke und seine Stimme war todernst. Percy schluckte. Bisher hatte er versucht nicht darüber nachzudenken, was in Griechenland geschehen könnte und er hatte auch nicht mit Annabeth darüber gesprochen. Dabei war die Wahrscheinlichkeit, dass er sterben würde nicht einmal so unwahrscheinlich. Er war nicht mehr unverwundbar und es war immerhin Gaia gegen die sie kämpften und gegen 12 Giganten. Die Chancen standen also nicht besonders gut. „Glaub mir, wenn ich wirklich sterben sollte, darfst du das gern tun.“, sagte er schließlich und meinte es auch so. „Wie lange sitzen wir noch hier, was meinst du?“, fragte Luke weiter. „Es sind erst zwei Stunden, kann also noch dauern. Du regst dich ja gar nicht mehr auf.“ „Würde ich, wenn ich die Kraft und Nerven dazu hätte.“ „Du klingst, wie in alter Mann.“ „Dann weißt du ja, wie ich mich fühle. Langsam krieg ich Hunger.“ „Ich besorg uns was.“, sagte Percy und stand auf. Sein Magen protestierte ebenfalls schon seit einiger Zeit. Er nahm seinen Rucksack und schwang ihn sich über die Schulter. „Was, du lässt mich einfach allein? Unbewacht? Du bist ja mutig.“ „Erstens hast du gesagt, du würdest nicht weglaufen und zweitens kannst du davon ausgehen, dass sie sich garantiert beobachten und sich einen Spaß daraus machen, dich so lange warten zu lassen.“ „Ja.“, erwiderte Luke und verdrehte erneut die Augen. „Wenn es keine Umstände macht, hätte ich gern ein paar Pommes und eine große Cola. Wenn man mal tot war, lernt man das Zeug ganz neu zu schätzen.“ „Ich bin nicht dein Dienstmädchen.“, stellte Percy klar und verließ dann das Gebäude. Kapitel 27: Der 600. Stock -------------------------- Der 600. Stock Nach einer halben Stunde kam Percy zurück und hatte zwei braune Tüten in der Hand. „Ich sehe, du sitzt immer noch hier.“, sagte er zu Luke, während er ihm gleichzeitig ein der Tüten reichte. „Gut erkannt. Es ist so interessant Leute zu beobachten und was Besseres hab ich eh nicht vor. Ist ja nicht so, als würde eine verrückte Muttergöttin versuchen uns zu vernichten.“, erwiderte er bissig. „Deine Stimmungsschwankungen sind furchtbar.“, erwiderte Percy trocken. Er griff in seine eigene Tüte und holte einen eingewickelten Cheeseburger hervor. „Ich nerve mich selbst am meisten, wenn dich das tröstet.“, erwiderte Luke und tat es ihm gleich. Kurz warf er dem Wachmann einen Blick zu und dieser musterte sie säuerlich. Dann zeigte dieser auf ein Schild neben dem Eingang: „Essen verboten.“ Luke zuckte mit den Schultern und grinste breit. Dann formte er tonlos mit den Lippen: „Wirf uns doch raus.“ Daraufhin schaute der Wachmann noch säuerlicher und Luke bis herzhaft in seinen Burger. „Danke.“, sagte er zwischen zwei Bissen. Percy sah ihn schweigend an und kaute aus. „Das ist verrückt.“, sagte er schließlich. „Was? Mein Leben? Deins? Kannst du wohl laut sagen.“ „Nein, ja... Ich meine, dass wir hier sitzen und reden und essen, als wären wir die besten Freunde. Dabei vertraue ich dir kein Stück.“ Luke leckte sich die Finger und sah ihn erst dann an. „Wir wären Freunde gewesen.“ „Nein, wären wir nicht und werden wir auch nicht. Du hast versucht mich umzubringen. Mehrmals.“, erinnerte ihn Percy. „Das war nichts persönliches.“, erwiderte Luke ruhig und nahm sich die Tüte Pommes heraus. „Bitte?!“ „Nein, es war egal, wer du bist. Du warst im Weg und musstest beseitig werden. Gut, vielleicht hat es mich auch genervt, dass du plötzlich ‚everybody's darling“ warst und ja, ich war auch eifersüchtig, dass du bei deiner Mutter aufgewachsen warst, aber im Grunde….“, sagte Luke gerade heraus. „Du hast mich nie gemocht.“, sagte Percy und kam sich dumm vor. Luke klang so abgeklärt, als wäre es das Wetter über das er sprach und nicht sein Leben. „Wer weiß. Ich mochte wie du kämpfst und ich wusste, dass du kein schlechter Kerl warst. Wie gesagt, du warst halt nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Es hätte auch Conner sein können oder Clarisse, vollkommen egal. War halt Pech, dass du der Sohn von einem der mächtigen drei bist.“ Stumm sah Percy ihn an und wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Also aß er einfach weiter. Lukes Worte sollten ihm aber noch lange im Kopf bleiben. „Du könntest mir aber jetzt endlich von Gaia erzählen.“, sagte Luke. „Wie es aussieht, wird es noch etwas länger dauern.“ Nur kurz dachte Percy darüber nach. Er sah weder einen Vorteil noch einen Nachteil darin, wenn er es Luke erzählte. Es waren schließlich keine Informationen, die Luke irgendwann noch gegen sie verwenden könnte. Sie wartete noch ein paar Stunden. Es war drei Uhr am Nachmittag, als der Wachmann sich schließlich erhob und zu ihnen kam. Percy klopfte Luke auf das Bein, der sich inzwischen auf der Bank ausgestreckt hatte und scheinbar wieder eingeschlafen war. „Wach auf.“, sagte Percy schroff, der schon seit längerem selbst genervt war von der ganzen Sache. Langsam wurde das ganze wirklich lächerlich. „Ich bin wach.“, murmelte Luke. „Passiert was Interessantes?“ „Er kommt her.“ Luke öffnete ein Auge und späte in die Richtung, aus der der Wachmann zu ihnen kam. „Wird auch endlich Zeit.“, sagte er etwas lauter und erhob sich. „Das war nicht besonders bequem.“ „Du kannst dich ja bei Zeus beschweren.“, sagte Percy bissig. „Mach ich auch.“, gähnte Luke und fuhr sich durch die Haare. Dann stand er auf und ging auf den Wachmann zu. „Sie können jetzt nach oben und werden erwartet.“, sagte dieser nur und rechte ihnen eine goldene Karte. „Danke sehr.“, erwiderte Luke, aber der Spott war aus seiner Stimme zu hören. „Wie viel davon ist echt?“, fragte Percy ihn plötzlich unvermittelt, während sie auf den Fahrstuhl zugingen. Sie mussten aufpassen, dass sie allein waren. „Von was?“ Sie betraten den Fahrstuhl und Luke führte die goldene Karte in den dafür vorgesehen Schlitz. Ein weiterer Knopf erschien mit der Zahl 600 darauf. Er drückte ihn und der Knopf leuchtete golden auf. „Ich meine deine Art. Du tust so, als wäre dir das alles egal oder als wäre es keine große Sache. Ich wundere mich, ob das wirklich echt ist.“ „Seltsam.“, sagte Luke. „Das hat mich Chiron auch erst gefragt.“. „Ach und was hast du ihm geantwortet?“ „Percy, glaube mir, es ist mir keineswegs gleichgültig. Ich sagte doch, dass ich eine Scheißangst habe. Das ist eben meine Art damit umzugehen. Wenn ich das nicht tun würde, wäre ich entweder davon gelaufen oder hätte selbst einen Weg in die Unterwelt zurückgefunden, wenn du verstehst was ich meine.“ Kurz nickte Percy. Richtig in Luke hineinversetzen konnte er sich nicht, aber das hatte er auch keineswegs vor. Vielleicht wären sie unter anderen Umständen wirklich Freunde geworden. Aber in dieser Realität hatte Luke all seine Freunde verraten. Schweigend fuhren sie bis nach oben. Irgendwann seufzte Luke und verdrehte die Augen. „Was ist?“, fragte Percy, dem das nicht entgangen war. „Was ist das für eine Musik? Das wird jedes Mal schlimmer?“ „Mmh?“, wunderte sich Percy und hörte jetzt erst richtig hin. Er war so in seinen Gedanken versunken gewesen, dass er darauf gar nicht geachtet hatte. Sie spielten irgendeinen neuen Song, den er selbst nicht kannte. Es ging um Liebe und Herzschmerz und um Rache an dem Kerl, der es verursacht hatte. „Keine Ahnung, aber offenbar haben sie ihren Geschmack gewechselt.“ „Vielleicht war Aphrodite dran mit aussuchen.“, mutmaßte Luke. Das Lied verstummte und ein neues setzte an, dass genauso von Liebe sang wie das vorherige. Percy hob fragend die Augenbraue. „Wir haben früher darüber unsere Witze gemacht, Conner, Travis und ich. Immer wenn wir den Olymp besuchen durften, haben wir uns gefragt wer eigentlich die Musik aussucht und sind schließlich zu der Überlegung gekommen, dass die Götter am Anfang des Jahres ausknobeln, wer wann in welchem Monat die Musik bestimmen darf. Sie spielen vielleicht Stein, Schere, Papier und Ares ist der schlechteste Verlierer.“ Percy konnte nicht anderes und musste grinsen. Die Vorstellung war einfach so absurd. Danach schwiegen sie weiterhin, doch irgendwie war die Atmosphäre nicht mehr ganz so angespannt und es war nicht unangenehm. Schließlich kam der Fahrstuhl zum Halt und mit einem leisen Pling öffneten sich die Türen. Die beiden traten heraus. Doch als Luke den Berg Olymp vor sich sah und den Weg dorthin, stockte ihm der Atem. Kapitel 28: Ein Mahnmal ----------------------- Ein Mahnmal Percy sah Luke an und erkannte Erstaunen und Bewunderung in seinem Blick. „Beeindruckend, nicht wahr?“, fragte er Luke und dieser nickte. „Ich habe mir schon gedacht, dass einiges umgebaut wurde, nach dem... Krieg, aber das hier ist so viel... größer und … Wow, einfach nur wow.“ Und das war es wirklich. Die Sonnenstrahlen fielen auf die Straße, die bis zum Sitz der Götter führte. Sie liefen die Straßen entlang. Die Häuser waren komplett saniert und erstrahlten in weißem Marmor und Kalk. Bäume, Büsche und andere Pflanzen säumten ihren Weg und wuchsen zwischen den Häusern. Sie waren nicht versetzt wurden, sondern es hatte vielmehr den Anschein, als wären die Häuser ihnen angepasst worden. Einige Pflanzen waren alt und hatten die letzte Schlacht überlebt, andere waren noch jung und zart. Sie alle hatten eine prächtige, leuchtend grüne Farbe. Trotzdem waren sie nichts im Vergleich zum Olymp, der egal wo man sich befand, oder welche Kurve man ging aus allen Blickwinkeln erstrahlte und auf Luke noch prächtiger wirkte als je zuvor. Man hatte sich beim Wiederaufbau nicht zurückgehalten und zeigte alles, was man zu bieten hatte. „Auch, wenn es mir wiederstrebt es zuzugeben, aber es sieht wirklich toll aus. Der Architekt kann wirklich was.“ Percy musterte ihn einen Moment, entschloss sich dann aber für die Wahrheit. „Es war Annabeth.“ Luke wandte den Kopf ruckartig um. „Was?!“ „Als Dank für ihre Hilfe, durfte sie den Olymp neu designen. Sie haben ihr freie Hand gelassen.“ Auf Lukes Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, das echt und auch voller Stolz war. „Das wollte sie immer machen.“, sagte er schließlich und schüttelte immer noch stauend den Kopf. „Sie hat es wirklich geschafft.“ Sie gingen weiter und nach ungefähr weiteren 15 Minuten gelangten sie zu einem größeren Platz. In der Mitte stand ein Brunnen aus hellbraunem, gelblichem Marmor, so dass die Farbe fast wie Gold in der Sonne wirkte. Das Wasserbecken war ein Zwölfeck und an jeder Ecke war das Symbol eines der zwölf Götter des Olymps in Gold eingeprägt. Das Wasser war strahlend blau und hatte die Farbe des Himmels, der sich darin spiegelte. In der Mitte befand sich ein großer Sockel, der sieben Statuen trug: ein Satyr, ein Zyklop, eine Waldnymphe, ein Wassergeist, ein Zentaur, ein Pegasus und die Abbildung eines Halbgottes. Sie alle hatten im letzten Kampf für die Götter gekämpft und dies war Annabeths Art ihnen die entsprechende Anerkennung zukommen zu lassen. Aus der Panflöte des Satyrs, dem Horn der Waldnymphe und dem Krug des Wassergeistes floss Wasser in das große Becken. „Wow.“, konnte sich Luke nur noch selbst wiederholen. Noch einmal sah er zum Sockel des Brunnens. Jetzt erkannte er weitere Namen, die darin eingraviert waren. Er ging in die Knie um sie besser lesen zu können. In größerer Schrift las er all die Namen der Nebengötter, unabhängig von Rang oder Bedeutung. Die Namen der Nebengötter spannten sich um das gesamte Zwölfeck. Darunter, etwas kleiner eingraviert, waren die Namen der Halbgötter und anderen Wesen, die gefallen waren – ebenfalls vermischt. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte er und musste heftig schlucken. Im Grunde war es ihm bereits klar, aber er konnte es nicht glauben. Seine Augen blieben auf dem Namen Ethan Nakamura hängen, den er gerade gelesen hatte. Doch noch ein viel größerer Schauer überkam ihn, als er seinen eigenen Namen schräg darunter las. „Sie wollte nicht, dass auch nur einer vergessen wird. Sie wollte sie ehren, aber ich glaube es sollte auch ein Mahnmal für die Götter sein, was sie an das Geschehene erinnert – und an den Auslöser.“ „Das verstehe ich, aber warum stehe ich auch mit darauf? Warum all die anderen, die mit mir gekämpft haben?“, fragte Luke mit belegter Stimme. „Ihr hattet einen guten Grund zu kämpfen.“, antwortete er schlicht. Luke versuchte sich vorzustellen, wie die Götter dem hatten zustimmen können, doch es gelang ihm nicht. „Lass uns weiter gehen.“ Luke warf noch einen Blick auf den Brunnen und folgte Percy. Den Rest des Weges sprachen sie kein Wort mehr, aber Luke bestaunte mit offenem Mund was Annabeth entworfen hatte. Nun waren die Seiten der Straßen von riesigen Götterstatuen gesäumt, alle aus weißem, feinem Marmor gehauen und ihre jeweiligen Attribute glänzten in strahlendem Gold. Nach dem Brunnen sahen sie die untergeordneten Götter wie Morpheus, Janus und Hecate. Erst als sie den Berg Olymp schon fast erreicht hatten und er sich in seiner ganzen Pracht vor ihnen erhob, standen Statuen der 12 olympischen Götter. Vor ihnen jedoch standen Hestia und Hades, ebenfalls in weißem Marmor. Darauf folgten Hermes und Dionysus, Artemis und Apollo, Aphrodite und Demeter, Athene und Hephaistos, Poseidon und Ares. Ganz vorn standen Hera und Zeus. Bevor sie die große Halle betraten, von der man aus in den Thronsaal führte blieb Luke stehen und atmete noch einmal tief durch. Jetzt erst erkannte Percy in seinem Gesicht wirklich so etwas wie Angst und Beklommenheit. Luke war blass und wirkte erschöpft. „Musst du mit kommen?“, fragte Luke Percy. Percy zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ Wie auf ein Stichwort öffneten sich die übergroßen Türen. „Tretet ein.“, erklang eine donnernde, weibliche Stimme. Überrascht sah Percy Luke an. Damit hatte sich die vorherige Frage erledigt und fast glaubte er so etwas, wie Erleichterung auf Lukes Gesicht zu sehen. Die beiden jungen Männer traten ein. Lukes Augen huschten durch den Raum und er vermied es die Götter anzuschauen, die ihn bedrohlich musterten. Das konnte er sagen, ohne dass er überhaupt hinzusehen brauchte. Die Erinnerungen, die mit diesem Raum verbunden waren, trafen ihn wie ein Donnerschlag. Sein Puls und Atem beschleunigte sich, Bilder zuckten vor seinem inneren Auge auf und unter seinem linken Arm begann ein dumpfer Schmerz zu pulsieren. Das Feuer im Kamin flackerte hoch und für einen Moment sah er Hestia darin. Ihre dunklen Augen blickten ihn an und schienen ihn zu durchdringen. Zu ihren Füßen sah Luke etwas aufblitzen und er glaubte einen Moment, dass es Backbiter war. Dabei war er sicher gewesen, dass es zerstört worden war. „Luke.“, zischte Percy neben ihm und stieß ihn mit dem Ellenbogen an. Erschrocken zuckte Luke zusammen und richtete den Blick erst jetzt auf die Götter. Sie alle waren anwesend und saßen in ihren vollen Größen auf den Thronen. In jedem ihrer Blicke lag Misstrauen, Verachtung, Hass aber auch Neugier, bei einigen auch Desinteresse. Nur ein paar Augen enthielt nichts von alle dem, sondern stattdessen Sorge. Nur kurz sah Luke seinen Vater an, dann blickte er wieder zu Zeus. Er hätte sich verbeugen sollen oder ihnen irgendeine andere Form von Respekt zollen sollen, doch er tat nichts. Stattdessen sah er fast trotzig in Zeus funkelnde Augen. Kapitel 29: Vor den Göttern --------------------------- Vor den Göttern „Name?“, fragte Zeus mit donnernder Stimme. Luke seufzte innerlich. Als ob sie das nicht alle wüssten, als ob sie nicht alle wüssten, warum er hier war. Aber gut, er würd ihr Spiel mitspielen müssen, wollte er am Ende sein eigenes Anliegen vorbringen. „Luke Castellan.“ „Abstammung?“, fragte Poseidon mit gleichfalls lauter Stimme. „Der Name meiner Mutter ist May Castellan, mein Vater ist Hermes.“, antwortete er. „Verbündeter von Kronos, half diesem den Olymp zu zerstören und hatte die Absicht uns zu stürzen. Bevor Kronos vollständig auferstehen konnte, tötete er sich selbst und beendete damit den Krieg. In der Unterwelt stand er vor den drei Richtern und erwartete sein Urteil, als er plötzlich verschwand. Ist das korrekt?“, sprach nun Hera. „Ja.“ „Seine Seele kehrte in den Körper zurück, den die Parzen verwahrten. Diese schickten dich ins Camp Half-Blood.“ Dieses Mal war es Athena gewesen, die zu ihm gesprochen hatte. „Ja. … Ich nehme es an.“, fügte er nach kurzen zögern hinzu. „Wie ist deine Seele der Unterwelt entkommen?“, fragte Zeus als nächstes. Luke überlegte einen Moment und versuchte sich daran zu erinnern. Es war das erste Mal, denn bisher hatte er es vermieden zu genau darüber nachzudenken. So richtig begriff er auch noch immer nicht, was sich dort unten abgespielt hatte. „Ich stand vor den Richtern und erwartete mein Urteil.“, begann er schließlich. „Auf einmal war da dieses Licht direkt neben mir. Ich habe erst nicht verstanden was es war, bis ich das Notausgangsschild darüber gesehen habe. Sobald ich es gesehen hatte, wusste ich was es bedeutete. Das Licht war hell und warm, als riefe es nach mir. Ich drehte mich zu den Richtern um, doch sie sahen noch immer in meine Akte und diskutierten über meine Seele. Ich glaube nicht, dass sie es überhaupt gesehen haben.“ „Dann bist du einfach hindurchgegangen.“, sagte Apollo. Er erwartete keine Erklärung, sondern ging davon aus, dass es so gewesen war. „Ich... Ich wollte nicht.“, sagte Luke zögern. „Was soll das heißen?!“, fuhr Ares ihn wütend an und sprang auf. „Du hast eine Chance gesehen deiner Bestrafung zu entgehen und hast sie genutzt. Wage es nicht uns anzulügen!“ „Das ist nicht wahr!“, wiedersprach Luke – vielleicht etwas zu heftig, denn er sah, wie die meisten der Götter ihn nun noch misstrauischer musterten. „Ich wollte mein Urteil annehmen, ich wollt eine Wiedergeburt, aber ich konnte mich dem Licht auch nicht entziehen. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber es war, als hätte meine Seele selbst den Ausgang gefunden.“ Percy sah ihn skeptisch an. Das war eine ganze neue Version der Geschichte, die Luke bisher erzählt hatte. Er hatte doch behauptet er wüsste nicht, wie er zurückgekommen war oder warum. Er hatte wieder gelogen. „Hermes sagte, du wüsstest nicht, was geschehen war. Offenbar erinnerst du dich jedoch sehr gut daran.“, stellte nun auch Athene fest. „Ja, nein... Ich konnte mich nicht daran erinnern. Aber jetzt glaube ich zu wissen, was meine Seele so angezogen hat. Es ist eigentlich logisch.“ „Und was soll das gewesen sein?“, fragte Dionysius gelangweilt. „Mein Körper.“, erwiderte Luke kurz und sah wieder zu Zeus. „Mein Körper war noch bei den drei Parzen und als das Tor aufgegangen ist, da... wollte meine Seele zurück zu ihrem Körper?“, mutmaßte er. Er wusste es doch selbst nicht! Das waren alles nur Vermutungen, die er äußerte. War denn die Frage seiner Rückkehr wirklich so wichtig? Ging es nicht vielmehr darum, was nun mit ihm geschehen sollte? „Aber die Tore des Todes sind verschlossen. Thanatos ist zurück und sorgt dafür.“, warf nun Percy ein. „Das Stimmt, aber hin und wieder gelingt es Gaia doch, die Tore zu manipulieren. Wir können froh sein, dass zumindest die Monster in der Unterwelt bleiben – meistens.“, erwiderte nun Hermes. Es waren die ersten Worte, die er gesprochen hatte. „Also hat Gaia ihn zurückgeschickt?“, fragte Aphrodite und sah von ihren Fingernägeln auf. „Nein.“, entgegnete Luke entschieden. „Ich kann mir nicht vorstellen, was sie davon hätte. Ich denke eher, meine Rückkehr war entweder ein versehen oder aber von den Parzen gewollt.“ „Von den Parzen? Warum sollte ausgerechnet dich auswählen? Warum sollte sie sich überhaupt einmischen? Noch nie haben sie das getan und es würde gegen all unsere Gesetze verstoßen, die auch sie mit geschaffen haben.“, wiedersprach Artemis heftig. „Es gäbe so viele andere, die es mehr verdient hätten! Ich habe einige meiner besten Kriegerinnen verloren! Auf sie wäre sehr viel mehr Verlass, als auf einen heuchlerischen Mann, der uns schon einmal verraten hat.“ „Ich denke, ich weiß, warum ich zurückgekommen bin.“, sagte Luke leise. Es genügte um alle anderen verstummen zu lassen. „Dann hast du wirklich gelogen.“, sagte Hermes kühl und Luke blickte kurz zu seinem Vater. Die Enttäuschung stand ihm offen ins Gesicht geschrieben. „Nein.“, erwiderte er kopfschüttelnd. „Als du mich danach gefragt hast, wusste ich es wirklich nicht. Ich bin mir auch jetzt nicht sicher, ich vermutet es nur.“ „Und was?“, donnerte Zeus. „Welchen Grund sollte es geben, dich nicht gleich wieder in die Unterwelt zurückzuschicken?“ „Ihr braucht mich.“ Von Ares ertönte ein lautes Lachen. „Ich kann dich so schnell töten, dass selbst deine Seele in tausend Stücke zerspringt.“ „Es ist mir gestern erst klar geworden, als ich gegen Thalia gekämpft habe. Ihr wisst doch, was passiert ist oder nicht?“, fragte Luke mit ruhiger Stimme und ging gar nicht erst auf Ares ein. „Deswegen habt ihr auch Angst vor mir.“, sprach Luke weiter und nun standen auch Athene und Artemis auf. Drohend blickte sie auf ihn herab. „Ihr habt Angst.“, sagte er noch einmal und konnte die Selbstzufriedenheit in seiner Stimme nicht ganz verbergen. „Ihr befürchtet, dass ich Kronos noch einmal erwecken könnte, dass ich die Teile seiner Seele finden könnte und er erneut aufersteht. Er und Gaia gleichzeitig als eure Gegner, wären euer endgültiger Untergang.“ „Ich dachte, du wolltest nicht sterben.“, murmelte Percy neben ihm und wich einen Schritt zurück. Die Gesichter der Götter waren alles andere als freundlich und sogar sein Vater sah ihn wütend an. Und das, so wusste Luke inzwischen, bedeutete viel. „Keine Angst, mit Kronos bin ich fertig und ich habe auch vor meine Körper noch einmal für ihn zu opfern. Ich hänge doch zu sehr an ihm.“, sagte er und wandte sich damit gleichzeitig an die Götter. „Ich will für euch kämpfen. Dadurch das Kronos Seele mit meiner... ver... bunden ist, kann ich einen Teil seiner Erinnerungen nutzen, ich kann einen Teil seiner Kraft nutzen.“ „Luke, es hätte dich gestern fast umgebracht.“, unterbrach Hermes ihn. „Danke, daran musst du mich nicht erinnern.“, erwiderte dieser bissiger als beabsichtigt. „Ich will nicht sterben.“, fuhr er dann fort. „So toll das ist das nämlich nicht. Ich habe eine zweite Chance bekommen und die will ich auch nutzen.“ „Elysium ist nur für die wahren Helden.“, erwiderte Athene. „Habt ihr mir nicht zugehört? Ich will nicht noch einmal sterben. Und wenn schon, dann will ich nicht ins Elysium, sondern auf die Insel der Gesegneten.“ „Mit Kronos wirst du das niemals bekommen.“, stellte Zeus klar und dieses Mal hatte Luke keine bissige Antwort parat. Er nickte schlicht. Dessen war er sich nur zu bewusst. Deswegen hatte er sich bereits von diesem Wunsch verabschiedet. „Was wollt ihr also dann mit mir machen? Mich für euch kämpfen lassen und dann töten? Mich jetzt töten? Meine Seele in den Tartaros schicken, zusammen mit all den anderen Monstern, obwohl ihr meine Hilfe mehr als gebrauchen könntet?“ „Wir brauchen deine Hilfe nicht!“, brüllte Zeus und Funken stoben um ihn herum auf. „Doch, das werdet ihr.“, erwiderte Luke so ruhig wie möglich. „Wie ich schon sagte, werden euch Kronos Erinnerungen sehr nützlich sein. Aber auch mir selbst ist es lange genug gelungen euch an der Nase herum zuführen. Ich habe deinen Herrscherblitz gestohlen, fall du es schon vergessen haben solltest.“, erinnerte er Zeus und zuckte nicht einmal mit der Wimper, als direkt über ihnen das erste Donnergrollen zu hören war. Es war ein gefährliches Spiel, was er spielt, das war ihm nur zu klar, aber es nützte nichts. Anders würde es auch nicht gehen. „Außerdem habe ich Ares manipuliert, mit Kronos Hilfe zwar, aber trotzdem. Mal davon abgesehen, dass ich es geschafft haben Kronos zu befreien und ein Bad im Styx zu überleben. Ich bin nicht nur ein guter Stratege, sondern auch der beste Schwertkämpfer seit 300 Jahren. Und wenn ihr in Griechenland seid und gegen Gaia und eure 12 Gegenstücke kämpfen werdet, werdet ihr jemanden brauchen der hier für euch die Stellung hält. Jemand muss die anderen führen, jemand der weiß, was da auf sie zukommt. Ihr könnte sie nicht wie unschuldige Lämmer zur Schlachtbank führen.“ Als er geendet hatte atmete er schwer. Er hatte sich beinah in Rage geredet. Irgendwie hatte er sich das anders vorgestellt, dachte Luke. In seinem Kopf hatte das alle eine andere Reihenfolge, es klang besser, nicht so kindisch und ängstlich und vor allem nicht so eingebildet. Er hatte Demut zeigen wollen. Aber darin war er schließlich nie gut gewesen. Man hätte es ihm vielleicht nicht einmal geglaubt. In seiner Vorstellung hatten die Götter allerdings auch einen anderen Gesichtsausdruck gehabt. Es herrschte eisiges Schweigen in dem riesigen Raum und Luke wartete eigentlich nur darauf, dass man ihn gleich tötet. So wie er sich angehört hatte, konnte er es sogar verstehen. „Luke, warum willst du für uns kämpfen?“, fragte Hermes noch einmal. „Ist es wirklich nur, weil du nicht sterben willst?“ „Ich habe es euch erklärt, für mich gibt es keine andere Möglichkeit. Ein normales Leben werde ich so nie haben können. Aber... ich will auch meine alten Freunde beschützen und meine Mutter.“, fügte er ehrlicherweise an. „Du hast keine Freude mehr, schon vergessen?“, fragte Dionysus gerade heraus. „Nein, das habe ich nicht. Deswegen sind sie mir aber nicht weniger wichtig.“ „Du magst zwar ein Teil von Kronos Macht haben, aber du kannst sie nicht nutzen und ohne dem bist du nutzlos für uns.“, sagte Apollo. „Ja, das ist richtig. Ich bin bereit für euch zu kämpfen, mit aller Kraft die ich habe, doch dafür verlange ich etwas. Bevor ich es auch sage und ihr es ablehnt – was ihr zweifellos tun werdet – gibt es noch etwas anderes, dessen ihr euch bewusst sein solltet. Kronos und ich sind für immer miteinander verbunden. Ich unterdrückte ihn im Moment, verhinderte dass er sich meines Körpers bemächtigt und wieder zu neuer Kraft gelangt. Aber das schwächt mich zusätzlich. Wenn ihr mich jetzt tötet und ich meine Chance auf Wiedergeburt bekomme wird sich jede Reinkarnation von mir immer wieder mit Kronos auseinander setzen müssen. Doch sie werden nicht so stark sein wie ich, sie werden nicht wissen, was es ist, was ihren Körper und ihren Geist zu beherrschen versucht. Sie werden verlieren und es wird von neuem beginnen.“ „Nun sag schon, was du willst!“, forderte Ares ihn ungeduldig auf. „Ich will etwas, was meinen Körper so stark macht, dass er Kronos aushalten kann ohne dabei jedes Mal fast zu sterben. Ich will kämpfen, für euch und an eurer Seite. Ich will diejenigen führen und leiten, die für euch in die Schlacht ziehen. Ich will sie beschützen. Ich will alles tun, was in meiner Macht steht, um das zu erreichen, doch mein Körper ist zu zerbrechlich. Er kann Kronos nicht standhalten und würde innerlich verbrennen, wenn ich versuchte seine Kraft zu nutzen.“ Hermes hörte Lukes Worte und konnte sie nicht glauben. Seine Augen wurden größer und größer, je mehr ihm deren Bedeutung bewusst wurde. Das konnte nicht sein ernst sein! Und dann sprach er es doch aus: „Macht mich zu einem Gott.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Eigentlich sollte die Story an dieser Stelle zu Ende sein. ^^° Aber da ich wirklich selber dran geknubbert habe und ich so ein Ende als Leser einfach hassen würde, kommen noch ein paar Kapitel. Ob dann das Ende allerdings befriedigender ist… keine Ahnung. Kapitel 30: Diskussion um ein Leben ----------------------------------- Diskussion um ein Leben Es war als wäre die Welt erstarrt. Niemand bewegte sich. Niemand sagte etwas. Niemand atmete. Alle zwölf olympischen Götter sowie Percy starrten ihn mit weitaufgerissenen Augen an. Ungefähr fünf Herzschläge lang schien dieser Zustand anzuhalten. Dann sprachen und schrien sie Luke gleichzeitig an. Ares lachte sogar schallend. Gleichzeitig sprang Hermes von seinem Thron auf und machte einen riesigen Schritt nach vorn. „Pass auf!“, schrie Luke und wich entsetzt zurück. Sein Dad hatte wohl vergessen, dass er ungefähr zehnmal so groß war, wie er. Erschrocken hielt Hermes inne. Dann begann er Gold zu glühen. „Das war knapp.“, murmelte Percy, der plötzlich direkt neben Luke stand. Sie beide drehten den Kopf weg, um dem Licht zu entgehen. Vielleicht hätte er Percy sagen sollen, was er vorhat, dachte Luke. Dann wäre er nicht zwischen die Fronten geraten. Hinter sich hörte Luke die Götter heftig diskutieren. „Was denkst du dir dabei?!“, hörte er nun Hermes wütende Stimme. Luke drehte sich um und stand seinem Vater nun auf gleicher Größe gegenüber. „Darüber macht man keine Scherze!“, knurrte dieser. Sein Gesicht war eine Maske des Zorns. „Das war auch nicht als Schmerz gemeint. Lasst es mich doch wenigstens erklären!“ „Was denkst du dir eigentlich?!“, fragte ihn nun auch Percy. „Du bist ja größenwahnsinnig!“ „Nein, bin ich nicht, ich versuche nur das richtige zu tun!“, verteidigte sich Luke. Gleichzeitig wusste er, dass es wohl nichts bringen würde. „RUHE!“, herrschte Zeus Stimme durch den Raum und augenblicklich verstummten alle. Das Donnergrollen war erneut zu hören und aus den Funken wurden kleine Blitze. „Auf deinen Platz!“, befahl er Hermes knapp. Dieser beugte sich nur wiederstrebend und auch nur so weit, dass er zu seinem Thron ging. Seine wahre Größe nahm er nicht wieder an, sondern er blieb vor dem Stuhl stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann heftete er seinen Blick auf Luke. „Wie kannst du es wagen so eine unverschämte Forderung zu stellen?!“, donnerte Zeus Stimme. „Allein dafür sollten wir dir die Möglichkeit auf das Elysium und eine Wiedergeburt für immer verweigern und dich auf die asphodelischen Felder schicken!“ Luke atmete tief durch. An die asphodelischen Felder hatte er kaum gedacht und es war keine Vorstellung, die ihm gefiel. Jetzt kam es darauf an, dass er es richtig machte. So sachlich wie möglich, begann er zu erklären: „Kronos würde erst freiwillig von meiner Seele lassen, wenn die Teile, die jetzt geschwächt in der Welt verstreut sind, wieder an Kraft gewonnen haben um zueinander zu finden oder aber, wenn er jemanden anderen gefunden hat, den er als Gefäß nutzen kann. Das kann Jahre oder Jahrhunderte dauern, solange aber, wird er von meiner menschlichen Seele oder meinen Körper nicht lassen. Beides gibt ihm Kraft. Im Schlaf erlebe ich Kronos Zeit im Tartaros, als wäre ich selbst dort gewesen. Mein Körper und meine Seele können das nicht auf Dauer verkraften. Ich kann ihn in keiner Weise für mich nutzen, ohne dass es mich beinah umbringt. „Selbst wenn ich sterben sollte, wen ihr mich umbringen würdet, würde seine Seele weiter an meiner kleben. Sollte meine Seele jemals wieder geboren werden, würde sie sich immer wieder mit diesem fremden Teil herumschlagen müssen. Ich weiß allerdings nicht, wie er nach Leth sein würde.“, fügte er stirnrunzelnd an. „ Ich schätze, er würde immer noch versuchen den Körper zu manipulieren. Es würde wohl so oder so von vorn beginnen und das kann ja wohl nicht euer Ziel sein. „In die asphodelischen Felder würde ich wohl nicht geschickt werden, weil ich doch mehr Gutes getan habe, als Schlechtes – hoffe ich zumindest. Im Elysium würde Kronos wohl das Gleichgewicht stören. So viele Möglichkeiten bleiben also nicht.“, erklärte er schulterzuckend. „Dann wird es doch der Tartarus sein, dort gehörst du meiner Meinung nach sowieso hin.“, sagte Demeter. Luke sah sie kalt an. „Versucht es…“, zischte er drohend. Als er wieder aufsah, sprach er weiter: „ Ich glaube, dass wenn ihr mich zu einem Gott machen würde, ich genug Kraft hätte, um ihn für mich zu benutzen, so wie er es zuvor mit mir getan hat. Außerdem könnte ich so vielleicht verhindern, dass Kronos je wieder zu seiner vollen Größe gelangt.“ „Aber du hast Kronos schon in dir getragen und seine Macht benutzt. Ich muss es wissen, ich hab es am eigenen Leib gespürt.“, warf Percy ein. Luke warf ihm einen Blick zu, der sagte: Auf wessen Seite stehst du eigentlich? Antwortete jedoch: „Du weißt, warum das möglich war.“ Es dauerte einen Moment, eh Percy die Antwort fand. Danach schämte er sich ein wenig, dass er nicht gleich daran gedacht hatte. „Styx.“, murmelte er. „Ich hab daran auch schon gedacht, allerdings glaube ich nicht, dass es noch mal funktionieren würde und ehrlich gesagt sind mir die glücklichen Erinnerungen ausgegangen.“ „Töten wir ihn.“, sagte Ares plötzlich. „Dann haben wir es hinter uns. Was wir mit seiner Seele machen können wir uns immer noch überlegen. Vielleicht braucht Zerberus ein neues Spielzeug.“ Er grinste breit, als bereitete ihm bereits allein die Vorstellung höchstes Entzücken. „Nein!“, rief Hermes sofort. „Schweig still, du wirst in dieser Entscheidung keinen Einfluss haben, da deine Gefühle an ihn gebunden sind.“, maßregelte ihn Zeus streng und Hermes verzog angewidert das Gesicht. Percy wartete eigentlich nur darauf, dass der Gott sich offen gegen seine Familie stellte und gegen sie rebellierte. Es wäre wohl nicht das erste Mal, dass dies zwischen den Göttern geschah, aber er wollte nicht unbedingt direkt daneben stehen. „Ihr solltet darüber nachdenken, was er gesagt hat. Schließlich war es die Entscheidung der Parzen, seinen Körper zu verwahren und nicht zu verbrennen, wie es eigentlich üblich ist. Sie wussten was geschehen würde und haben Lukes Lebensfaden wieder zusammengefügt. Auch für sie ist das nicht einfach.“, versuchte Hermes nun vernünftig zu argumentieren. Luke sah in diesem Moment zu Percy und sah wie dieser die Stirn runzelte. Er ging ein paar Schritte zurück und flüsterte: „Lass mich raten, du hast dir gerade vorgestellt, wie sie einen Knoten in meinen Lebensfaden gemacht haben.“ Ein wenig ertappt sah Percy ihn an. „Woher wusstest du das?“ Luke unterdrückte ein Lachen. „Ich habe das gleiche gedacht.“ „Wir sollten nicht ausschließen, dass auch Gaia ihre Finger im Spiel hat.“, sagte nun Apollo und seine Stimme klang eisig. „Sie hat Kronos schon einmal benutzt, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen.“ Luke zuckte die Schultern. „Vielleicht wollte sie Kronos, aber solange ich stark genug bin, wird sie ihn nicht bekommen.“ „Ich stimme Hermes zu.“, sagte Athene plötzlich unerwartet. Kapitel 31: Ein Opfer --------------------- Oh je… da hab ich gestern schon Kapitel 32 hochgeladen und das hier hat noch gefehlt. >.> Na so was ist mir auch noch nicht passiert… ich hoffe es hat niemand gemerkt. Dafür gibt es jetzt also gleich mehrere… naja… zwei… Aber morgen dann schon das nächste. ^^° ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ein Opfer „Ach wirklich?“, fragte Hermes überrascht. Den anderen ging es wohl ähnlich, denn die gesamte Aufmerksamkeit lag nun auf Athene. „Ich habe genauso wenig vergessen wie ihr, was er getan hat, dennoch wäre es unklug die gegebenen Umstände unberücksichtigt zu lassen. Gaia ist auf dem Vormarsch und ich denke nicht, dass wir es uns leisten können, auf erfahrene Krieger zu verzichten.“ „Dennoch… Sollten wir uns einverstanden erklären, muss seine Loyalität auf ewig an uns gebunden sein und nichts kann uns das garantieren.“, sagte nun Hepheistos. „Er müsste ein Opfer bringen, einen Beweis, dass es ihm ernst ist.“, sagte Ares und es war ihm anzumerken, dass ihm die Vorstellung gefiel. „Aber ihm erlauben einer der unseren zu sein? Niemals.“, sprach Dionysus hitzig. „Man kann einem Mann nicht trauen!“, sagte Artemis innbrünstig. „Sie sind verschlagene Wesen, die einem nur das erzählen, was man hören will.“ Aphrodite seufzte hörbar auf. „Du aber auch immer wieder.“, erwiderte sie und wedelte gelangweilt mit der Hand. „Wann wirst du endlich verstehen, dass Männer durchaus ihre Vorteile haben?“ „Ich denke nicht, dass wir das jetzt besprechen müssen.“, sagte Hera mit kalter Stimme. „Er könnte diese Annabell opfern.“, sagte Dionysus auf einmal. „Sie bedeutet ihm doch viel.“ „WAS?! NEIN!!!“ Das war Percy gewesen. Er trat nach vorn und die Wut war deutlich in seinen Augen zu lesen. Luke packte ihn am Arm und zog ihn zurück. „Lass mich los! Das kann doch wohl nicht sein Ernst sein! Und du würdest es wahrscheinlich auch noch tun!“, schrie Percy Luke an. Bevor er jedoch noch etwas anderes sagen konnte, sah er Lukes Gesichtsausdruck und verstummte. „Du solltest wissen, dass ich das nie tun würde!“, zischte Luke. Erst jetzt merkte er, dass Luke genauso wütend war, wie er. „Ihr habt überhaupt nichts begriffen.“, wandte sich Luke an die Götter. Seine Stimme klang gepresst. „Gar nichts. Nicht nur, dass ich euch so ganz bestimmt nicht helfen würde, nein ihr würdet euch auch noch Percy und das ganze Camp Half-Blood zum Feind machen. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Athene besonders begeistert wäre.“ Zeus, der sich die ganze Zeit leise mit Poseidon unterhalten hatte, hob den Kopf. Offenbar hatten die beiden ihre eigene Diskussion geführt und waren nun zu einer Übereinkunft gekommen. „Hermes, nimm die Sterblichen und geh nach draußen.“, ordnete Zeus plötzlich an. „Ich soll was?“, fragte der Götterbote und glaubte sich verhört zu haben. Fragen sahen sich Luke und Percy an. Beide zuckten fast gleichzeitig mit den Schultern. „Du bist in dieser Sache nicht in der Lage eine objektive Entscheidung zu treffen.“, dröhnte Zeus Stimme. „Außerdem macht deine Stimme keinen Unterschied.“ Stumm sah Hermes seinen Vater an. „Das werdet ihr bereuen.“, sagte er scharf und wandte sich zum gehen. Mit großen Schritten verließ er den Thronsaal. Unschlüssig blieben Luke und Percy stehen. Damit hatte keiner der beiden gerechnet. Wahrscheinlich vor allem nicht damit, dass Hermes sich einfach beugen würde. „Dad?“, fragte Percy seinen Vater unsicher. „Wartet draußen, Percy.“, sagte Poseidon und seine Stimme klang nicht ganz so streng, wie die der anderen. Da Luke sich immer noch nicht rührte, fasste Percy ihn am Handgelenk und zog ihn nach draußen. Er atmete erleichtert auf. „Man, was war das denn?“, fragte er laut. Eine Antwort erwartete er nicht. „Hast du wirklich geglaubt, dass ich Annabeth irgendwas antun könnte?“, fragte Luke auf einmal und seine Stimme klang ein wenig beleidigt. „Tut mir leid. Ich war nur so geschockt.“, erwiderte Percy und meinte es auch so. Er wusste, dass Luke ihr nie schaden würde. Als sie ein paar Schritte gegangen waren, sahen sie Hermes, der neben der Säule stand, die sein eigenes Abbild zeigte und etwas in sein Handy tippte. Dieses Mal blieb Percy unschlüssig stehen und Luke ging auf ihn zu. Er stellte sich neben seinen Vater und schaute ihm über die Schultern. Plötzlich hörte ihn Percy auflachen. Verstört sah er die beiden an. Was konnte in so einer Situation lustig sein. Luke drehte sich zu ihm um und in seine Augen blitzten verschlagen. „Was?“, fragte Percy und kam einen Schritte näher. „Er löscht alle Mails und Nachrichten, die die Götter und Sterblichen in den letzten 24 Stunden geschrieben haben. Und er kappte alle Verbindungen. Niemand ist mehr per Telefon, Handy oder Internet zu erreichen.“ Percy versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn plötzlich weltweit keine einzige Verbindung mehr funktionieren würde. Es wäre das reinste Chaos.. „Aber das ist…“, begann er… „Gerecht? Klever? Brillant? Das Beste was du machen konntest?“, half Hermes ihm auf die Sprünge. Percy schluckte heftig. Er hielt es nicht für ratsam einen wütendem Gott zu wiedersprechen. Doch selbst von George und Martha kam ein Zischen, dass wie Lachen klang. Percy betrachtete Hermes und Luke wie sie so nebeneinander standen und sah zum ersten Mal die Ähnlichkeit zwischen den beiden. Sie ging weit über das typisch verschlagen Grinsen hinaus, was alle Hermeskinder hatten. Sie hatten den gleichen Körperbau – zumindest war Lukes dem ähnlich, den Hermes im Moment hatte. Sie beugten den Kopf auf gleich weiße und bewegten sich ganz ähnlich. „Ich bin gespannt, wie sie ohne jegliche Kommunikation auskommen, zumindest für die nächsten paar Stunden.“, murmelte Hermes. „Das wird ihnen eine Lehre sein.“ Noch einen Moment tippte er auf seinem Handy herum, dann ließ er es wieder in seiner Hosentasche verschwinden. „Und nun zu dir.“, wandte er sich anschließend an Luke und sein Gesicht verfinsterte sich augenblicklich. Kapitel 32: Der Preis --------------------- Der Preis Hermes sah ihn noch immer zornesfunkelnd an. „Was denkst du dir dabei? Hast du überhaupt darüber nachgedacht, was es bedeutet ein Gott zu sein?!“, fragte er ihn scharf. „Ja, habe ich!“, wehrte sich Luke etwas zu heftig und merkte selbst, dass er wie ein kleines Kind klang. „Das glaube ich dir nicht!“, erwiderte Hermes prompt. „Luke, du würdest ewig leben! Hast du eine Vorstellung, wie lang das ist? Du hast keine Ahnung, wie einsam die Ewigkeit sein kann. Selbst mit all den anderen Göttern! Irgendwann wird er Punkt kommen an dem sie dir gewaltig auf die Nerven gehen! Und Beziehungen zu Menschen dürfen niemals auf Dauer sein, sie werden nicht auf Dauer sein. Irgendwann werden die Menschen, die dir etwas bedeuten, sterben. Du wirst sie sterben sehen, ob aus Altersgründen oder anderen Ursachen. Sie werden dich verlassen, während du zurück bleibst. So wird es immer wieder sein, denn es gibt kein Ende für uns. Du hast es doch selbst gesagt, die Geschichte wiederholt sich!“ Luke sah seinen Vater einen Moment schweigend an. Es war nicht so, dass er seine Worte nicht hören wollte. Er wusste, dass sie gut gemeint waren, doch sie kamen zu spät. „Wenn ich dich daran erinnern darf, habe ich bereits Menschen sterben sehen, die mir etwas bedeutet haben.“, presste Luke hervor. Seine Stimme klang wütender als beabsichtigt und Hermes verzog kurz schmerzhaft das Gesicht. „Außerdem bin ich fest entschlossen nicht so wie ihr zu werden. Ich weiß nicht, ob ich es schaffen werden, aber ich werde ganz bestimmt nicht vergessen, was geschehen ist.“ In Lukes Gesicht sah Hermes dessen Bestimmtheit. Er würde ihn von seinem Vorhaben nicht mehr abbringen können. Daher versuchte er es auf anderem Weg: „Sie werden etwas von dir verlangen und es wird schmerzhaft für dich sein.“ „Ich weiß, aber so lange sie nicht Annabeth wollen, bin ich zu fast allem bereit.“ „Sag das nicht. Du wirst es bereuen.“, schüttelte Hermes den Kopf. „Was meinst du?“ „Ich weiß nicht, was sie vorhaben, aber… ich kenne sie nun mal länger.“ Plötzlich öffnete sich die Tür hinter ihnen wieder und Heras Stimme befahl: „Kommt herein.“ Hermes ging vor und Luke und Percy folgten ihm. Die Götter lehnten sich allesamt in ihren riesigen Thronen nach vorn und Luke fiel auf, dass sie ihn anders ansahen. Nicht mehr ganz so feindlich und hasserfüllt, sondern eher… interessiert. Konnte das wirklich sein? Bildete er sich das nicht nur ein? Hermes verwandelte sich in seine richtige Größe und nahm auch wieder seinen Platz zwischen den anderen ein. Sein Blick schweifte über seine Familie und er legte die Stirn in Falten. Er konnte nicht einschätzen, was sie erdacht hatten und das beunruhigte ihn zutiefst. „Wir sind bereit auf deinen Vorschlag einzugehen.“, begann Poseidon. Luke, Percy und Hermes rissen gleichzeitig die Augen erstaunt auf. Doch bevor einer von ihnen etwas sagen konnte fuhr Hera fort. „Jedoch nicht ohne einen Pfand für deine Treue.“ „Opfere etwas, das dir lieb und teuer ist und du sollst unsterblich sein.“, sprach nun Aphrodite. „Bring uns eine Seele, die wir verwahren, um dich an uns zu binden.“, sagte Hepheistos. „Schwöre auf diese Seele, dass du dich nie gegen uns wenden wirst.“, sprach Demeter. „Solltest du es tun, wirst du es bitter bereuen.“, drohte Ares. „Und die Seele, dein Pfand, wird auf ewig in den Tatarus verbannt.“ Als letztes hatte Athene gesprochen. Als Schweigen darauf folgte, nahm Luke an, dass sie nun fertig waren und er ihre Worte überdenken sollte. Dabei wusste er sehr genau, was sie ihm damit sagen wollten. Sollte er es irgendwann einmal wagen, sich gegen sie zu stellen, würden sie nicht nur ihn vernichten, sondern auch die Seele, die er opfern muss. Eine Seele, die er opfern muss… Luke schüttelte den Kopf. Er würde dieses Angebot niemals annehmen, ganz gleich, wen sie von ihm verlangten. Durch Kronos hatte er erfahren, wie grauenvoll Tartarus war, wie viel Qualen man dort erlitt. Nie würde er das einer anderen Seele zumuten und schon gar nicht einer unschuldigen. Außerdem hatte er bereits für genug Opfer gesorgt. Niemand mehr sollte wegen ihm leiden. Und er selbst hatte schon genug Opfer gebracht. Dennoch wollte er wissen, wen sie für seine Treue verlangten. Sie dachten doch nicht wirklich an Annabeth? „Ich habe verstanden.“, sagte er schließlich. „Meine Entscheidung steht fest. Verratet mir, wen ihr als Pfand verlangt.“ „May Castellan.“, sprach nun Zeus. Luke stand der Mund vor Entsetzen offen. Sein Kopf war wie leer gefegt, während Zeus Worte darin nachhalten. Er schloss den Mund und öffnete ihn wieder. Sekunden vergingen, während er nach vorn starrte. Dann sah er einen Gott nach dem anderen an. Er begann links und ließ seinen Blick über ihre Gesichter schweifen. Sie waren voller Erwartung und Neugier, aber auch Überheblichkeit und Stolz. Wie sehr er sie verachtete. „Luke? Luke, mach keine Dummheiten.“, sagte jemand plötzlich neben ihm und etwas berührte ihn am Arm. Er sah auf und blickte direkt Percy in die Augen. Dann sah er sofort zu seinem Vater. Luke wusste nicht, was er getan hätte, wenn er bei ihm den gleichen selbstgefälligen Ausdruck, wie bei den anderen gesehen hätte. Doch Hermes schien ebenso schockiert, wie er selbst zu sein. Mühevoll schloss Luke die Augen und versuchte sich zu beruhigen, während es in ihm brodelte. Er hätte damit rechnen müssen, sagte er sich selbst. Wen sonst, außer Annabeth, konnten sie auch gegen ihn verwenden? Thalia würden sie niemals nehmen, dafür würde Artemis sorgen und aus den beiden gab es bis auf seine Mutter niemanden mehr, der ihm so viel bedeutet. „Niemals.“, sagte er schließlich und erkannte seine eigene Stimme nicht mehr. Sie klang tiefer und zischend. Als wäre nicht seine eigene, sondern aus seinem Inneren gekommen. „May?! Warum May?!“, erhob plötzlich Hermes die Stimme. Luke wandte den Kopf und sah seinen Vater erneut an. Er hatte sich halb erhoben und schaut noch immer ungläubig, als könnte er ebenso nicht begreifen, was sie gerade verlangt hatten. „Luke und May hatten nie ein gutes Verhältnis. Warum glaubt ihr, dass sie ihm etwas bedeuten würde?“ „Du hältst uns wohl für dumm? Natürlich haben wir ihn den letzten Tagen genau beobachtet. Er hat sich prächtig mit ihr verstanden.“, sagte Dionysus leichthin und zuckte mit den Schultern. „Ihr habt überhaupt nichts verstanden, gar nichts.“, spie Luke fast aus. Die Worte fühlten sich wie Gift auf seine Zunge an. „Nicht einmal das, was ich euch vorhin gesagt habe. Es wäre besser für euch, ihr macht euch mehr Freunde statt noch mehr Feinde. Ich habe schon einmal alles geopfert, was mir wichtig war und noch mal, mache ich das ganz bestimmt nicht. Ich werde mit euren Kindern kämpfen, damit sie wenigstens eine Chance habe und ich werde für sie sterben. Was dann mit Kronos geschieht, soll nicht mehr mein Problem sein.“ Er war so wütend. Er musste weg von ihnen, sonst könnte er für nichts garantieren. Zu bleiben würde sowieso nichts bringen. Mit diesen Worten wandte er sich ruckartig ab und verließ den Raum ohne sich auch noch einmal umzusehen oder auf Percy zu warten. „Wage es nicht zu gehen!“, drohte Athene mit kräftiger Stimme, aber Luke reagierte nicht einmal darauf. Kapitel 33: Goldenes Licht -------------------------- Hach… ich habe Mark of Athena heute gelesen und es war toll… Jeder hasst das Ende, mich eingeschlossen. ;_; Wie kann man auch nur! *grr* Noch ein Jahr auf Band 4 warten… *buhuhu* ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Goldenes Licht Luke hatte das Gebäude bereits verlassen und lief mit schnellen Schritten voraus, als er Percy hinter sich hörte. „Du kannst nicht einfach gehen!“, sagte dieser, als er ihn eingeholt hatte. „Lass es!“, sagte Luke noch immer zornig und schlug Percys Hand weg, die dieser nach ihm ausgestreckt hatte. Er musste weg von diesem Ort, sonst würde er innerlich explodieren. „Luke, du…“ „Nein!“ Jetzt blieb er stehen und sah Percy geradewegs an. „Es gibt nichts mehr zu sagen, absolut nichts! Hast du das verstanden? Wie kannst du immer noch-“, er brach ab, weil er nicht einmal darüber reden konnte. Erneut drehte er sich um und ging mit wütenden Schritten davon. „Ich bin nicht ihrer Meinung!“, verteidigte sich Percy nun, weil er das Gefühl hatte das tun zu müssen. Wie konnte Luke von ihm denken, dass er so etwas gutheißen würde? „Ich denke nur, dass es nicht klug ist, einfach zu gehen. Du hast sie damit beleidigt.“ „Was? Sonst töten sie mich? Sollen sie doch, dann hat der ganze Scheiß endlich ein Ende.“, stieß verbittert aus. Er war so wütend. Er wollte am liebsten Schreien oder etwas zerstören, irgendetwas um seinen Zorn abzubauen. Seine Seele war in Aufruhr und er konnte Kronos nun so stark spüren, als würde er jeden Moment hervorbrechen. Wie konnten die Götter nur so dreist sein! Es war alles umsonst gewesen! All die Toten sind umsonst gestorben! Sie hatten nichts gelernt, aber auch gar nichts. „Es ist alles gesagt. Sie kapieren es einfach nicht! Sie wollen es nicht verstehen! Wie kann man nur so…“ Ihm fehlten die Worte. Kein Ausdruck reichte aus, um zu beschreiben, was er fühlte. Der Himmel über ihnen wurde jetzt tiefschwarz und große Blitze zuckten am Himmel. Schluckend drehte sich Percy um. Zeus war mehr als sauer. Sie verließen den Berg Olympus und Luke legte noch immer dabei ein ordentliches Tempo vor. Auch Percy wollte nun nur noch weg von diesem Ort. Er wollte nicht länger auf dem Olymp sein, solange die Götter in dieser Stimmung waren. Luke und Percy hatten schon mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt, als hinter ihnen plötzlich ein helles Licht erstrahlte. Gleichzeitig drehten sie sich um, doch als ihnen klar wurde, was es für ein Licht war, drehten sie den Kopf hastig weg und hielte sich die Augen zu. Sie hatte gerade in das goldene Licht eines Gottes gesehen. Ihre Augen brannten wie Feuer und Schmerzen breiteten sich in ihrem Kopf aus. Doch dann war das Licht genauso schnell verschwunden, wie es gekommen war und es dauerte einige Sekunden, bis beide wieder sehen konnten. Trotzdem tanzten bunte Punkte vor ihren Augen. „Weg hier.“, sagte Luke. Percy nickte kurz. Er rieb sich über die schmerzenden Augen. Jetzt wusste er wovon alle gesprochen hatten. Sie rannten nun den Rest des Weges. Hinter sich merkten sie, wie das Licht erneut erschien. Dieses Mal verzichteten sie darauf sich umzudrehen, aber sie sahen sich fragend an. „Was sollte das?“, fragte Percy. „Keine Ahnung, aber ich glaube ich will es auch nicht wissen.“ Ein ungutes Gefühl beschlich Luke. Vielleicht hätte er wirklich nicht gehen sollen, doch für Reue war es zu spät. Und er hätte nicht garantieren können, was dann geschehen wäre. Beide rannten weiter. Die Tür war nur noch wenige Meter entfernt. Sobald sie im Fahrstuhl waren, wären sie in Sicherheit, wollte sich Luke einreden. Dabei wusste er sehr genau, dass das Unsinn war. Sie konnten ihn überall finden. Und etwas in ihm sagte ihm auch, dass sie den Fahrstuhl nie erreichen würden. Vor ihnen erschien ein heller, goldener Punkt, der rasch größer wurde. Ein Gott kündigte sich an. Zumindest hoffte Luke, dass es nur einer war. Mit einem konnten sie vielleicht zu zweit fertig werden, bis sie Chance zur Flucht bekämen. Schnell sahen beide zur Seite und hielten sich die Augen zu. Erst als das Licht verloschen war, blickten sie wieder auf. Vor ihnen stand Hermes. Aber bevor Luke seinen Vater fragen konnte, was er wollte, hielt ließ ihn etwas in Hermes Gesichtsausdruck inne halten. Das Gesicht des Götterboten war verschlossen, fast eine Maske, doch seine Augen schienen unendlich traurig zu sein. „Du hättest nicht einfach gehen sollen.“, sagte Hermes so leise, dass Luke und Percy Mühe hatten ihn zu verstehen. „Es war alles gesagt.“, erwiderte Luke trotzig. Hermes schüttelte betrübt den Kopf. „Sie sind noch immer bereit dich zu einem Gott zu machen.“, sagte er schlicht, doch seine Stimme verriet keine Emotion. „Warum? Ich habe doch deutlich gesagt, dass ich nicht bereit bin irgendein Opfer zu bringen.“ Luke sah zu Percy und dieser war genauso verwirrt. „Das musst du auch nicht mehr. Jemand anderes hat es getan.“ „Ich versteh kein Wort.“, sagte Luke ehrlich und runzelte die Stirn. Wer sollte für ihn ein Opfer bringen wollen. Es gab niemanden der das freiwillig tun würde. Das Gesicht seiner Mutter schien vor seinen inneren Augen. Niemand außer ihr- Entsetzt hielt er in seinen Gedanken inne und sah seinen Vater an. Das Licht! Jemand war gegangen und zurückgekommen. NEIN! „Das ist nicht wahr.“, flüsterte er. Ihm wurde schlecht und seine Beine drohten nachzugeben. Hermes nickte kaum merklich. Aber es reichte. „Nein! Das kann nicht wahr sein!“, schrie Luke und dreht sich um. So schnell er konnte rannte er zurück. Das musste ein Irrtum sein. Das konnten sie unmöglich getan haben! „Was-“ Percy sah Hermes fragend an. Er verstand immer noch nicht worum es ging. „Sie habe May geholt.“, erwiderte dieser schlicht und jetzt verstand Percy endlich. Ohne darüber nachzudenken folgte er Luke so schnell er konnte. Jemand musste ihn aufhalten. Kapitel 34: Stummes Gebet ------------------------- Frisch aus dem Urlaub zurück geht es weiter und soooo viele Kapitel sind es auch nicht mehr - und ich freu mich schon! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Stummes Gebet Luke stürmte in den Thronsaal und tatsächlich – dort in der Mitte, wo zuvor er und Percy noch gestanden hatten, kniete nun seine Mutter vor den Göttern. Sie kniete auf einem Bein, einen Arm hatte sie auf die Stelle ihres Herzens gelegt, mit dem anderen hielt sie ihr Gleichgewicht. Den Kopf hatte sie ehrfürchtig und demütig gesenkt. Als Luke dieses unterwürfige Bild seiner Mutter sah, verschwand die Wut, die er gerade noch empfunden hatte, und hinterließ nackte Angst. Das durfte sie nicht tun! „Mom!“, rief Luke und rannte zu ihr. Überrascht drehte sich May um, doch noch bevor sie etwas sagen konnte, hatte er sie an den Armen gepackt und zog sie nach oben. „Was machst du hier?“, fragte er sie, obwohl er die Antwort doch genau kannte. Er drehte sich zu den Göttern um: „Wie konntet ihr das tun? Ihr schreckt vor nichts zurück! Ich wünschte, Kronos hätte-“ „Luke, nicht!“, unterbrach ihn May mit fester Stimme. Schwer atmend sah er sie an. Es war ihm unbegreiflich, wie sie so ruhig bleiben konnte. Seine Mutter berührte ihn an der Wange, wie sie es als Kind oft getan hatte und blickte ihn sanft an. „Sie haben mich geholt und mir von deinem Vorschlag sowie ihrer Forderung erzählt. Wenn ich meine Seele opfere, sind sie bereit dich zu einem… der ihren zu machen. Das ist gut. Du musst nicht länger mit Kronos kämpfen, denn du wärest stärker. Du könntest seine Macht uneingeschränkt nutzen. Du müsstest keine Angst mehr haben, was nach dem Krieg werden soll, du könntest die anderen beschützen, auf ewig. Das ist es doch, was du willst und dafür tue ich es ohne zu zögern und mit Freuden.“ Luke starrte sie fassungslos an. Er war überwältig von der Liebe, die sie ihm entgegen brachte. „Mom…“, setzte er noch einmal an, doch seine Stimme brach am Ende. Er räusperte sich heftig. „Nicht, bitte.“, mehr schaffte er nicht zu sagen. Wie konnte er sie nur dazu bringen, ihre Meinung zu ändern? „Luke, auf so eine Gelegenheit habe ich lange gewartet und du auch. Du kannst zeigen, wie du wirklich bist, wer du wirklich bist. Die anderen brauchen dich und du könntest endlich so leben, wie du es wolltest. Ich weiß, dass du nicht einverstanden bist, aber in diesem Fall ist es mir egal. Es ist das Beste für dich.“ „Nein, bitte, Mom. Du würdest mir damit keinen Gefallen tun, verstehst du das denn nicht?“, fragte er sie verzweifelt. „Du wärest ihre Gefangene und ich würde nur auf ihrer Seite stehen, weil sie dich haben. Es würde nicht funktionieren, nicht für immer. Irgendwann würde ich versuchen deine Seele zu befreien und mich somit gegen sie stellen. Ich weiß, dass es so sein wird. Es würde zu einem neuen Krieg kommen. Davon bin ich überzeugt Außerdem verdienst du etwas Besseres als das!“, versuchte er seinen Worten Nachdruck zu verleihen. „Ich habe es so entschieden und dabei bleibe ich. Ich will es und bin mir sicher.“, erwiderte sie mit fest. „Weil das beim letzten Mal ja auch schon so gut funktioniert hat.“, sagte Luke spitz, doch Tränen traten ihm in die Augen. „Mom, ich flehe dich an, tu das nicht.“, versuchte er es noch einmal. Hilfesuchend wandte er sich zu seinem Vater, der wieder auf seinem Platz war. „Dad! Sag doch was!“ Hermes schüttelte traurig den Kopf. „Ich habe es versucht. Sie lässt nicht mit sich reden. Ich habe ihr gesagt, dass du es nie auf Dauer akzeptieren könntest, genauso wenige wie ich das könnte, aber sie will es nicht hören.“ „Genug!“, brüllte nun Zeus. Offenbar war ihm das Schauspiel nun doch zu langweilig geworden. Verzweifelt blickte Luke sich in dem Thronsaal um. Keiner der Götter war ihm wohl gesonnen. Ihre Gesichter zeigten entweder keine Regung, Desinteresse oder unverhohlene Freude. Er brauchte eine Waffe, schoss es ihm durch den Kopf. Er würde sie niemals besiegen können, aber mit Percys Hilfe und vielleicht der seines Vater, konnte er seine Mutter fortschaffen und sie verstecken. Was danach geschah, würde er dann sehen. Es war ein dünner Strohhalm, aber er war verzweifelt genug um nach allem zu greifen, was sich ihm bat. Aber wo sollte er eine Waffe herbekommen? Erneut sah er sich um und dieses Mal blieb sein Blick in den Flammen des Feuers hängen. Dort hatte er zu Beginn Backbiter gesehen. Doch jetzt sah er mitten in dem Feuer ein ungefähr achtjähriges Kind stehen, dass ihn interessiert zu mustern schien. Erschrocken hielt er die Luft an und riss die Augen auf. Natürlich!, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn jemand seine Mutter retten konnte, dann sie. Hestia! Hestia, bitte, beschütze meiner Mutter, rette meine Familie!, betete er stumm. Sie kann nicht mein Pfand sein! Das hat sie nicht verdient! Seine Gedanken klangen in seinem Kopf, wie ein Echo. Es war nicht gerade das originellste Gebet, aber mehr war ihm auf die Schnelle nicht eingefallen und auf den Inhalt kam es an, dachte er. Doch nachdem einige Sekunden verstrichen waren und nichts geschah, sank seine Hoffnung genauso schnell, wie sie gewachsen war. Warum auch sollte sie ihm helfen?, dachte er wütend. Niemand hatte das je von ihnen getan. „Bringen wir es endlich hinter uns.“, sagte Hera und klang ungeduldig. „Es ist alles gesagt und die Entscheidung gefallen.“, stimmte Poseidon zu. „May Castellan, bist du bereit deine Seele im Tausch für die Untersterblichkeit und Göttlichkeit deines Sohnes auf alle Ewigkeit zu opfern?“, fragte Zeus mit erhabener Stimme. May kniete sich erneut vor die Götter und Luke konnte nur mit stummen Entsetzten zusehen. Es war zu spät. May nickte kurz und öffnete den Mund zum Sprechen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, ertönte eine weitere Stimme. „Nein, das wird sie nicht!“ Alle drehten sich zu ihr um. Das Mädchen, welches Luke zuvor noch im Feuer gesehen hatte, stand nun direkt daneben. Sie trug eine schlichte braune Kutte und ihr Kopf war von einem braunem Schal eingehüllt. Dennoch konnte man die hellen, braunen Haare sehen, die ihr in die Stirn hingen. Ihre Augen hatte die Farbe flüssigen Feuers. Hestia hatte gesprochen. Kapitel 35: Der mir am ähnlichsten ist -------------------------------------- Der mir am ähnlichsten ist „Misch dich nicht ein. Es ist zu spät.“, sagte Zeus knurrend. In den Gesichtern der Anderen war zu lesen, dass niemand über ihr Auftauchen begeistert war, doch nur Zeus hatte das Recht dies auszusprechen. Luke hingegen erfasste unbändige Erleichterung. „Der Junge hat zu mir gebetet und um meine Hilfe gefleht. Ich kann dies nicht ignorieren, denn sein Gebet war ehrlich und aufrichtig.“, antwortete Hestia mit ruhiger Stimme. Die gesamte Anspannung entwich auf einmal aus Lukes Körper. Seine Schultern sackten nach unten und er atmete auf. „Danke.“, wisperte er. „Aber, ich…“, setzte May an, doch Hestia unterbrach sie sofort. „Nein. Schon einmal hat dich der Übermut in das Verderben gestürzt und auch jetzt weißt du nicht, worauf du dich einlässt. Nur würde dich dieses Mal niemand retten können.“ „Ich bin mir dessen sehr wohl bewusst.“, wiedersprach May, doch mit einer einzigen Handbewegung brachte Hestia zum Schweigen. Dann wandte sie sich an Luke. „Bevor ich für dich spreche, Luke Castellan, will ich dass du ehrlich bist. Der Grund, warum du darum gebeten hast ein Gott zu werden, war nicht der, dass du Kronos dann besser kontrollieren kannst und für uns kämpfen willst.“ Aus Hestias Stimme war eindeutig zu hören, dass sie keine Vermutungen äußerte, sondern Tatsachen. Schweigend starrte sie ihn an und in Luke zog sich alles zusammen. Wie konnte sie das wissen? Leiste stöhnte er auf. „Was? Du hast schon wieder gelogen?!“, fragte Percy und auch ohne das Luke es sah, konnte er sich den enttäuschten Gesichtsausdruck bei ihm vorstellen – und bei seinem Vater. Die anderen Götter sahen ihn zornfunkelnd an. „Ich habe nicht gelogen. Ich kann Kronos so sicher besser kontrollieren und er wird auch keine Gelegenheit mehr haben je wieder zu seiner ursprünglichen Macht zurückzugelangen. Und ich will in diesem Krieg für die Götter kämpfen.“, sagte er ernst und ehrlich. „Aber es stimmt, dass dies nicht die einzigen Gründe waren.“, gab er weiterhin zu. „Ich will auch die Halbgötter beschützen, die ebenfalls in diesen Krieg ziehen.“ „Das ist noch nicht alles.“, sagte Hestia klar. Luke zögerte einen Moment, dann flüsterte er schließlich: „Ja. „Ich will eure Kinder beschützen, auch nach dem Krieg - denn egal was für Gesetze ihr habt, es ist einfach falsch sie da draußen allein zu lassen und abzuwarten, wer von ihnen es allein schafft. Selbst jetzt, nachdem sie mit 13 anerkannt werden, gibt es noch zu viele die auf dem Weg ins Camp sterben oder nicht gefunden werden. „Außerdem lebt ihr schon so lange, dass ihr es irgendwann vergessen werdet. Vielleicht nicht mit Absicht, aber es wird irgendwann wieder so sein, wie zuvor. Die Geschichte wiederholt sich immer.“ Hermes setzte sich gerade auf. Er hatte ähnliche Worte zu Percy vor mehr als einem Jahr gesagt. Luke ahnte nicht, wie recht er damit hatte. Auch wenn die Götter es wirklich wollten, würde sie es nicht für alle Ewigkeit einhalten können. So war nun einmal der Lauf der Dinge. Nun etwas unsicherer, wie Hermes bemerkte, fuhr Luke fort: „Eure Gesetze gelten schließlich nur für die eigenen Kinder, nicht wahr? Ich will ihnen helfen, weil ihr es wegen irgend so einem alten Gesetzt nicht könnt. Ich würde zu niemandem gehören, ich wäre mit niemandem verbündet. Es wäre eine reelle Chance für sie.“ Obwohl er eigentlich nur mit Hestia gesprochen hatte, waren ihm die Blicke der anderen durchaus bewusst. Einige sahen ihn überrascht an, Percy, sein Vater und auch Apollo sowie Athene. Die anderen eher skeptisch. „Du willst also die Kinder der Götter beschützen.“, fasste Apollo seine Worte zusammen. „Ja.“ Luke leckte sich über die trockenen Lippen. „Ich finde es wird nach alle den Jahrtausenden Zeit, dass jemand auch einmal sie beschützt. Immer haben sie für die Götter gekämpft oder haben Aufgaben für sie erledigt und so gut wie alle erlitten einen qualvollen Tod. Es ist an der Zeit etwas zu ändern. Das wolltet ihr doch oder nicht? Es ist an der Zeit etwas zurückzugeben.“ Keiner der Götter erwiderte etwas darauf. Sie alle sahen sich schweigend an. Seine Mutter betrachtete ihn mit zärtlichem Blick und sein Vater schien sogar Stolz zu sein. „Deine Worte klingen nobel. Schon vorher hast du bewiesen, wie wichtig die Familie dir ist.“ Hestia drehte sich zu ihrem Bruder herum. Lukes Herz schlug heftig gegen seinen Brustkorb. Er wusste nicht, ob seine Worte sie überzeugt hatten. Er hoffte es. Er wollte wirklich für die Kinder der Götter kämpfen, dann hätte das alles doch noch einen Sinn. „Ich beanspruche ihn für mich.“ Luke glaubte sich verhört zu haben. Überrascht riss er die Augen auf und auch die Götter waren ebenso erstaunt. Hatte Hestia den Männern nicht schon vor Jahrtausenden abgeschworen? Athene war die erste die wieder sprach. „Woher kommt dieser Sinneswandel?“ „Du hast den Männern abgeschworen, auf ewig.“, erinnerte sie Zeus mit unfreundlicher Stimme. Hestia zog eine Augenbraue nach oben und schaffte es gleichzeitig beleidigt auszusehen. „Ich habe nicht die Absicht mit ihm das zu tun, was du mit deinen Frauen tust.“, wies sie ihn scharf zurecht. „Doch ich denke, es ist auch für mich an der Zeit einen Krieger zu wählen.“ Sie wandte ihren Blick an die zwölf versammelten Götter. „Jeder von euch hat im kommenden Kampf jemanden, der für ihn kämpf. Die meisten haben ihre eigenen Kinder, selbst wenn es nur eines ist. Sogar Athene, die sie aus ihrem Geiste geboren hat. Artemis hat ihre Jäger und Hera hat von dir selbst Bruder, Jason versprochen bekommen. So beanspruche auch ich jemanden, der in meinem Namen kämpfen wird.“ „Und da willst du ihn?!“, fragte Demeter ungläubig. „Da gibt es sicher andere, die weitaus kräftiger und wohlgenährter sind, als er.“ Unbewusst sah Luke an sich herab und bereute es sogleich. Das war doch einfach verrückt und Demeter schon lange. „Also so schlecht sieht er nicht aus und als Gott…“, gurrte Aphrodite und zwinkerte ihm plötzlich zu. Vor Schreck sprang Luke einen Schritt rückwärts und rempelte gegen Percy. Was war das denn?! Kalte Schauer liefen ihm den Rücken herunter. „Ja, macht nur. Mit ihm habe ich sowieso noch eine Rechnung offen. Niemand manipuliert mich und kommt ungestraft davon.“, sprach Ares und schien bei der Vorstellung schon ganz aufgeregt. „Das ist jetzt wohl nicht das Thema!“, sagte Hermes und der Zorn war in seiner Stimme deutlich zu hören. „Warum ihn?“, fragte er dann an Hestia gewandt? „Demeter hat recht, du könntest jeden anderen haben.“ „Er ist der richtige.“, erwiderte sie. „Die Familie ist für ihn das höchste Gut. Er weiß, was es bedeutet sie zu verlieren und wie tief der Schmerz einer Enttäuschung sitzt. Dennoch hat er ebenso gelernt zu vergeben. Ich glaube ihm, wenn er sagt, dass er die anderen Kinder beschützen will, denn er weiß, wie es ist allein zu sein. Verzweiflung und Einsamkeit sind ihm nicht unbekannt. Außerdem ist er der erste Halbgott, der mir ähnlich ist.“ Kapitel 36: Ewige Jungfrau? --------------------------- Ewige Jungfrau? Fragend starrte Luke sie an. Er hatte keine Ahnung, was sie meinte. Warum sollte er ihr ähnlich sein? Er hatte sie jetzt erst das zweite Mal gesehen. „Was meinst du? Geht dein Interesse vielleicht doch tiefer?“, fragte Dionysus spitz, offenbar ebenso verwundert wie Luke. Auch die übrigen Götter sahen sich verwirrt an oder tuschelten miteinander. Hestia schien Dionysus Kommentar gar nicht gehört zu haben. Ruhig antwortete sie: „Ein Teil seiner Seele ist älter als wir alle, doch sein Körper ist der jüngste.“ Luke blinzelte ein paar Mal. Dann erinnerte er sich daran, wie Chiron einmal erzählte, dass Hestia das älteste Kind von Rea und Kronos war. Als Kronos dann aber seine Kinder verschlang, wurde sie als letztes befreit und seitdem auch als jüngstes bezeichnet. Betrachtete man es unter diesen Umständen, hatte sie vielleicht gar nicht einmal unrecht, überlegte er. Die Götter schwiegen und schienen wohl die gleichen Gedanken zu haben. „Wirst du mir diesen Wunsch abschlagen?“, fragte Hestia und legte den Kopf ein wenig schief. Mit ihrem achtjährigen Körper hatte diese Geste etwas Unschuldiges. Wenn Kinder sich so verhielten, kann man ihnen kaum etwas abschlagen, dachte Luke. Nur allzu oft hatte Annabeth ihn auf diese Art und Weise um den Finger gewickelt. „Woher willst du wissen, dass er dich nicht hintergehen wird, wie seinen Vater und seine Freunde einst?“, fragte Poseidon. Jetzt sah Hestia zu Luke und dieser schluckte heftig. Am Morgen hatte er gedacht, es gäbe nur ein ja oder nein, doch das hier war vollkommen… er fand nicht einmal mehr Wörter dafür. Auf Percys Gesicht sah er den gleichen Ausdruck. Als würde ihnen ein Zug entgegen kommen, den sie nicht ausweichen konnten. Dabei stand Percy doch neben den Gleisen. „Weil es das ist, was er tun will.“ „Aber unsere Gesetzt gelten ewig. Unsere Kinder müssen sich allein durchschlagen. Nur so können sie wachsen und stärker werden!“, sagte Ares heftig. „Wir brauchen starke Krieger!“ „Und wenn jemand nicht kämpfen kann, ist er nutzlos oder was?!“, fragte Luke wütend. Genau dieses Denken hasste er so. Als wäre jemand Schwächeres weniger Wert. „Damals hatten die Gesetzte ihre Berechtigung, doch die Zeiten ändern sich und auch wir sollten das tun.“, sprach Hestia noch immer mit ruhiger Stimme. „Dennoch wird auch er Einschränkungen unterlegen sein. Er wird erst helfen, wenn die Situation am aussichtslosesten ist und es muss um Hilfe gefragt werden. Allein darf auch er nicht einschreiten.“ „Aber würde das nicht bedeuten, dass du nicht mehr gebraucht wirst?“, fragte Apollo gerade heraus. Hestias Augen schienen noch heller zu brennen, als sie antwortet: „Er wird nur ein Gott für die Halbgötter sein, nichts weiter.“ Ihre Stimme war fest und sicher. Die Familie würde noch immer das höchste Gut sein und darauf würde auch Luke keinen Einfluss nehmen. Und das wollte er auch gar nicht. So viel Ahnung hatte er von Familien nun wirklich nicht. Es schien als hätte Hestia das alles schon lange durchdacht und hatte auch keinen Zweifel an der Entscheidung der anderen. „Und seine eigenen Kinder?“, wollte nun Demeter wissen. „Es wäre doch reichlich ungerecht, wenn er sich in das Leben seiner Kinder einmischen könnte und wir dürfte das immer noch nicht.“ Luke öffnete den Mund, schloss ihn gleich darauf aber wieder. Das war schon das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass ihn jemand auf eigene Kinder ansprach. Beinah fühlte er sich bedrängt. „Im Bezug auf seine eigenen Kinder werden für ihn die gleichen Regeln gelten, wie für euch auch.“ „Was genau soll das heißen?“, fragte Luke, obwohl er es sich denken konnte. Es gefiel ihm ganz und gar nicht. „Das weißt du.“, erwiderte Hestia schlicht. Luke presste den Kiefer zusammen. Ares lachte plötzlich laut. „Damit bin ich einverstanden. Ich werde seinen Kindern das Leben zur Hölle machen, denn er kann ihnen ja nicht helfen!“ Seine Augen blitzten böse. „Das ist ja noch besser als ihn persönlich auseinander zu nehmen.“ „Ich schwöre, dass wird auf Gegenseitigkeit beruhen.“, sagte Luke heftig. Seine Worte klangen, als hätte er sie Ares vor die Füße gespuckt. Hestia blickte Luke kalt an. „Deine Aufgabe wird es sein ihnen zu helfen und nicht das Leben schwer zu machen. Solltest du dagegen verstoßen, wird dich eine Strafe erwarten.“ „Aber das…“ Hilflos blickte Luke zu seiner Mutter und Percy, doch die sahen ihn genauso ratlos an. Dann blickte er zu seinem Vater und dieser erwiderte seinen Blick fest. Ja, er durfte seine Kinder nicht beschützen, aber das galt nicht für Andere. Schon oft hatten sich die Götter in das Leben anderer Halbgötter eingemischt. Es war eine Lücke in ihren vielen Regeln. „Er könnte natürlich auch erklären, dass er niemals Kinder haben wird. Noch eine ewige Jungfrau und so.“, sagte Dionysus und klang reichlich abgeklärt. Das riss Luke aus seinen eigenen Gedanken und er starrte den Gott des Weines mit weit aufgerissenen Augen an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Sollte er vor allem Göttern über sein Liebesleben diskutieren? „Es wäre eine Möglichkeit.“, sagte Athene und ihre Augen schienen ihn zu durchdringen. „Ich bin dafür! Dann bräuchten wir uns darum keine Sorgen zu machen, was seine Kinder irgendwann anstellen könnten!“, stimmte Demeter zu. Luke sah sie kalt an. Seine potentiellen Kinder würden allein deswegen verurteilt, weil er ihr Vater wäre. Das ist doch Wahnsinn!, schrie es in Luke. Was er überhaupt darüber nachdachte! „Nein.“, erwiderte Luke und schüttelte gleichzeitig den Kopf um seinen Worten noch mehr Nachdruck zu geben. „Ich… Ich sage nicht, dass ich unbedingt Kinder haben will, aber ich werde keinen Schwur leisten, von dem ich nicht weiß, dass ich ihn auch halten kann. Das hat bei euch ja auch nicht sonderlich gut funktioniert.“, konnte er sich nicht verkneifen hinzuzufügen und sah Zeus und Poseidon direkt in die Gesichter. Poseidons Blick wanderte zu Percy und sagte: „Ich bereue es nicht.“ Zu Dionysus gewandt jedoch sagte Luke: „Außerdem würde das mit der ewigen Jungfrau sowieso nicht mehr gehen.“ Für einen kurzen Augenblick entglitten dem Gott die Gesichtszüge und auch wenn das eine Information war, die niemanden etwas anging, so war Luke trotzdem froh es getan zu haben. Allein um dieses Gesicht zu sehen. „Gut, dass wir das auch geklärt haben.“, sagte Apollo und schien nichts Unnormales an dieser Unterhaltung zu finden. „Bist du mit diesen Bedingungen einverstanden?“, fragte Hestia ihn noch einmal. Luke sah zu Boden und atmete zitternd ein. Er war mit dem Gedanken hergekommen unsterblich zu werden, nicht unverwundbar. Er hatte es sich anders vorgestellt, aber Hestia machte ihm jetzt dieses Angebot. Er konnte es nicht ablehnen, er durfte es nicht ablehnen. Wenn er so die Chance erhielt anderen zu helfen und verhindern konnte, dass sie jemals das durchmachten, was er durchmachen musste und unzählige andere Halbgötter vor ihm, dann – ja, dann würde er es tun. „Ja.“, antwortete er schließlich und sah wieder auf. Hermes sog scharf die Luft ein. „Ich habe mich noch nicht einverstanden erklärt.“, erwiderte Zeus. Die ganze Zeit hatte er geschwiegen und zugehört. Er hatte keine Einwände angebracht. Ohne seine Zustimmung würde Hestias Vorschlag nichtig sein. So schnell sie gekommen war, sah Luke seine Hoffnungen schwinden. Doch wieder überraschte ihn Hestia. „Ich erinnere dich daran, dass ich meinen Platz im Rat der zwölf für deinen Sohn aufgab.“, sagte sie schlicht. Zeus wurde so wütend, dass erneut die Funken um ihn herum stoben. Aber er widersprach ihr nicht. „Wir sind hier noch nicht fertig.“, sagte er schließlich. „Die Frau und der andere Junge können gehen.“, sagte er. Es war ein eindeutiger Befehl und doch dauerte es einen Moment, bevor Percy begriff, dass er gemeint war. Unsicher sah er zu seinem Vater und dieser nickte ihm aufmunternd zu. May ging zu ihrem Sohn und umarmte ihn fest. „Was immer geschieht, ich liebe dich.“, wisperte sie ihn ins Ohr. „Werde ich dich wiedersehen?“, fragte Luke und versuchte seine Stimme zu kontrollieren. Den Abschied von seiner Mutter hatte er dabei nicht bedacht. „Ich weiß es nicht.“, flüsterte sie. „Aber auch wenn nicht, sollst du wissen, dass es mir gut geht, denn ich weiß, dass es du in Ordnung bist.“ Luke drückte sie einen Moment fest an sich. „Ich liebe dich, Mom. Danke für alles.“ Dann ließ er sie gehen. Seine Mutter wandte sich noch einmal an seinen Vater. „Vergiss dein Versprechen nicht.“, sagte sie leise und doch lächelte sie. Hermes schüttelte als Antwort kurz den Kopf. Das würde er nicht, wollte er ihr damit sagen. „Ähm…“, setzte Percy an, doch er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Er wusste ja nicht einmal, ob Luke nun wirklich… Und erst recht wusste er nicht, was er darüber denken sollte. „Percy.“, wandte sich stattdessen Luke an ihn. „Mach sie glücklich“, sagte er, „und denke daran, was ich heute Früh gesagt habe. Es war mein ernst.“ „Das werde ich.“, erwiderte Percy. Wortlos verließen er und May Castellan den Thronsaal. Luke blieb allein zurück und sah Zeus direkt ins Gesicht. Was immer nun geschehen sollte, er war bereit dafür. Die Türen hinter Percy und May schlossen sich und Stille herrschte auf dem Olymp. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Das ist schon das vorletzte Kapitel. >.< Nur noch eines und die Story ist wirklich abgeschlossen. Und nein es kommt nicht plötzlich, zumindest nicht für mich. ^^° Und ich freu mich schon darauf. Kapitel 37: Wetterleuchten -------------------------- Wetterleuchten Die Sonne ging gerade unter als Percy das Camp erreichte. May hatte sich noch am Empire State Building von ihm verabschiedet. Als Percy sie fragte, was sie jetzt tun würde, hatte sie geantwortet: „Ich werde mir ein Beispiel an meinen Sohn nehmen und mich ebenfalls nützlich machen.“ Als Percy sie genauer danach fragte, hatte sie nur geheimnisvoll gelächelt. „Werde ich sie wiedersehen?“, wollte er noch wissen. „Ich würde mich freuen.“, war ihre Antwort, dann hatte sie sich umgedreht und war gegangen. Während er den Hügel hinunter ging, gingen ihm die Bilder und Gespräche von diesem Tag nicht mehr aus dem Kopf. Es schien alles durcheinander zu schwirren und über allem stand die große Frage, wie und was er den Anderen erklären sollte. Durfte er es ihnen den überhaupt sagen? Wusste es Chiron vielleicht schon? Und, oh bei den Göttern, wie würde er es Annabeth erklären? De Camper saßen noch beim Feuer zusammen und sangen wie sooft gemeinsame Lieder. Das Feuer loderte hell und hatte eine leuchtend rote Farbe. Als er in die Reihe trat, verstummten sie sofort alle. „Percy!“, rief Annabeth als erstes und fiel ihm um den Hals. Anschließend überschüttete sie ihn mit Vorwürfen. „Wo warst du so lange? Konntest du dich nicht einmal melden?! Bist du vielleicht mal auf die Idee gekommen, dass ich mir Sorgen mache? Wusste ich, ob Hera dich nicht schon wieder irgendwohin gesteckt hat!“ „Tut mir leid.“, nuschelte Percy in ihr Haar. „Wir… mussten so lange warten.“ Kaum hatte er es ausgesprochen, ließ Annabeth ihn wieder los und sah ihn ängstlich an. „Wo ist er? Wo ist Luke?“ Sie blickte über seine Schulter, als ob sie ihn hinter ihm finden konnte. „Annabeth…“, begann er zögerlich. Ihre Augen füllten sich bereits mit Tränen. „Sie haben es getan oder?“, schluckte sie. „Sie haben ihn…“ „Nein.“, antwortete er ehrlich. „Er…“ Er sah zu Chiron und erhoffte sich von ihm Hilfe, doch an dessen Gesicht sah er, dass er noch nichts wusste. Auch die anderen Camper sahen ihn neugierig an. „Als ich gegangen bin, ging es ihm gut.“, erwiderte er ausweichend. „Er ist noch dort?“ „Ja?“ „Warum?“ „Ich… Sie…“ „Percy!“, zischte sie ungeduldig. „Ich weiß nicht, ob ich es sagen darf!“, platzte er schließlich heraus. Jetzt sah ihn Annabeth noch verwirrter an. „Ich verstehe kein Wort.“ „Sie waren gerade dabei etwas zu entscheiden, als sie mich und May wegschickten.“ „May? Warum war seine Mutter anwesend?“, fragte Chiron verwundert. „Ich…“, hilflos zuckte er mit den Schultern. „Ich… Ich denke es ist besser, wenn ich den Mund halte. Sie… haben noch über ihn diskutiert.“ Schweigend musterte ihn Annabeth einen Moment. „Aber Luke geht es gut?“, fragte sie noch einmal. „Ja, es ging ihm gut, als ich gegangen bin. Wenn alles gut geht, wird er uns helfen… wenn wir ihn darum bitten.“ „Ts, warum sollten wir das tun?“, mischte sich nun Conner ein. „Weil er uns helfen kann… könnte, wenn sie…“ Er presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Er sollte wirklich besser den Mund halten. „Percy, ich würde gern allein mit dir sprechen.“, sagte Chiron nun und deutet zum Haus. Kurz nickte Percy. Er war froh, von all den fragenden Blicken wegzukommen. Inzwischen war die Sonne ganz unter gegangen. Es würde eine klare Nacht werden. Der Zentaur und Percy waren gerade auf dem Weg zum Haupthaus, als der Himmel plötzlich aufleuchtete. Es war fast taghell und das Leuchten hielt an. Alle Halbgötter sprangen von ihnen Sitzen auf und starrten nach oben. „Was ist das?!“ „Ein Angriff?!“ „Gaia!!!“ Sie riefen wild durcheinander und starrten nach oben. Die Sekunden verstrichen, die Luft jedoch blieb friedlich. „Es kommt aus New York.“, sagte einer und zeigte in die Richtung, in der die Metropole lag. Fassungslos beobachtete Percy das Licht. „Oh…“, brachte Percy hervor. „Ich habe solch ein Licht schon einmal gesehen.“, sagte Chiron auf einmal. Alle Augen richteten sich auf ihn. Als sie sahen, dass er scheinbar ruhig blieb, beruhigten auch sie sich langsam. Dennoch fühlten sie sich unsicher und wusste nicht, was sie tun sollten. „Was… was bedeutet es?“, fragte Annabeth. In Percys Magen flatterte es nervös. Er ahnte es. „Die Geburt eines Gottes.“ *** Am nächsten Tag berichteten die Zeitungen im ganzen Staat New York von einem außergewöhnlichen Wetterleuchten, dass direkt über der Spitze des Empire State Buildings zu entspringen schien. Niemand konnte sich dessen Herkunft erklären oder die seltsame Farbe, die es hatte: In der Mitte war es golden gewesen und war nach außen hin heller geworden, bis es am Rand ganz weiß war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Das war’s! >.< Damit ist meine kleine Spielpause beendet und ich hatte wirklich groß Spaß daran, diese FF zu schreiben und mit den Charakteren zu spielen. Nachdem Rick sagte, dass Luke nicht mehr in seinen Büchern auftauchen wird, weil er schon ein neues Leben hat, lag mir die FF noch mehr am Herzen. (Aber auch damit habe ich schon wieder eine Idee im Kopf, ob die jedoch realisiert wird… keine Ahnung. Vielleicht später irgendwann, jetzt will ich mich erst einmal wieder meinen eigenen Lieblingen widmen.) Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit der FF – besonders, wie sich die Story entwickelt hat und die Charaktere verhalten haben. Sicher gibt es vom schreibtechnischen her, noch einiges was ich verbesser kann, aber das geht eben nur in dem man sich ab und an mal austobt. Ich hoffe ihr hattet beim Lesen so viel Spaß, wie ich beim Schreiben und wir lesen uns irgendwann wieder. Ich würde mich freuen. LG maidlin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)