Ein zweiter Versuch von maidlin (Luke Castellan-Rick Riordan) ================================================================================ Kapitel 21: Mit allen Mitteln ----------------------------- Mit allen Mitteln Fassungslos sah er Thalia an. Er war davon ausgegangen, dass dies ein fairer Kampf sein sollte, doch offenbar hatte er sich geirrt. Jetzt nutzte sie ihre Fähigkeiten, um ihn zu schlagen. Gegen einen Blitz hatte er keine Chance. Würde er getroffen werden, wäre er innerhalb von Sekunden tot – schon wieder. Darauf konnte er verzichten. Auch wenn ihm klar war, dass auf dem Schlachtfeld jeder Gegner versuchen würde seinen Vorteil auszunutzen, wurde er wütend. Er hatte einfach mehr von ihr erwartet. Warum wusste er nicht, aber das war Thalia. Sie war gerecht und fair. Wollte sie ihm nicht einmal mehr das zugestehen? Luke wurde wütend. Es war fast egal, was er nun tat, er konnte kaum noch gewinnen. Sie würde sehr viel schneller sein. Er brauchte Zeit, dachte er abermals. Nur eine Sekunde mehr und er... Plötzlich hielt er in seinen Gedanken innen. Wie dumm war er eigentlich?! Er konnte die Zeit, die er brauchte haben – zumindest wenn es so klappte, wie er sich das vorstellte. Erneut blickte er zu den Wolken nach oben. Die Blitze waren heller und größer geworden. Das Gewitter kam näher. Schon bald würde sie damit angreifen. Luke konzentrierte sich auf das Gefühl, welches er gespürt hatte, bevor er das Camp betreten hatte: dieses Ziehen, diese Wunde, in ihm. Er war da, klar und deutlich, gefangen in seinem Inneren. Tief atmete er durch, versuchte all seine Kräfte und Konzentration aufzubringen. Er musste ihn loslassen und doch... durfte er nicht. Wie sollte er das richtige Maß finden? Der erste Blitz schlug dicht neben ihm ein. Er würde es einfach versuchen müssen. Noch einmal atmete er tief durch, dann rannte er auf sie zu. Er stellte sich vor, wie das weiße, helle Licht, dass er in seinem Traum gesehen hatte, das goldene, kleinere wieder freigab. Nur wenig… Thalia ließ ihr Schwert fallen, als bräuchte sie es ohnehin nicht mehr. Langsam hob sie die Hand. Sie brauchte sie, um die Blitze zu lenken. Lukes Schwertspitze zeigte direkt auf ihr Herz, doch auch das schien sie nicht zu beunruhigen. Sie machte keinerlei Anstalten sich zu verteidigen. Sie wusste, dass sie gewinnen würde. Stauend betrachtete Chiron die Szene und seine Augen wurden größer und größer. Er hatte in seinem langen Leben schon so vieles Gesehen, unglaubliche Dinge, die ihm immer noch unwirklich vorkamen, doch das hier war etwas ganz anderes. Als hätte sich ihm eine neue Welt geöffnet. Es war nicht der Kampf, der ihn überraschte oder dass Thalia ihre Gabe einsetzte. Damit hatte er von Anfang an gerechnet. Ihre Enttäuschung und Hass waren groß genug. Nein, es war Luke der ihn überraschte. Er hatte angenommen, dass Luke wenigstens jetzt unsicher wurde. Er hatte den Blitzen nichts entgegenzusetzen. Es war unmöglich ihnen zu entkommen. Und doch hatte er scheinbar seelenruhig dagestanden und überlegt. Als er dann plötzlich losgerannt war, wusste der Zentaur überhaupt nicht mehr, was er davon halten sollte. Noch im Rennen hob Luke plötzlich die linke Hand. Chiron wagte es nicht zu blinzeln. Diese Geste kannte er und ihm wurde schlagartig eiskalt. Luke schnippte mit den Fingern. Es war eine kurze, kaum wahrzunehmende Bewegung gewesen, aber sie war da. Thalia verharrte mitten in ihrer Bewegung. Ihre Hand blieb auf halber Höhe in der Luft hängen. Nur unendlich langsam bewegte sie sich weiter. Vor Erstaunen riss Thalia die Augen auf. Ebenfalls sehr. Langsam. Als hätte jemand die Zeit angehalten. Im nächsten Augenblick drehte sich Luke halb um sich selbst und stieß Thalia seinen Schwertgriff in die Brust. Ruckartig taumelte sie nach hinten und fiel zu Boden. Die Zeit floss wieder normal. Luke packte sein Schwert mit beiden Händen und ließ die Spitze blitzschnell auf Thalias Hals niedersausen. Nur wenige Millimeter, bevor die Klinge ihren Hals durchbohrte, hielt er inne. Niemand sagte ein Wort, niemand wagte auch nur zu atmen. Auf Thalias Gesicht standen Entsetzen und Fassungslosigkeit. Sie konnte einfach nicht glauben, was geschehen war. Sie konnte nicht glauben, dass es ihr passiert war. Chiron starrte Luke an. Davon hatte er kein Wort gesagt! Wie konnte er?! Was er getan hatte, darüber brauchte der Zentaur nicht nachdenken. Das wusste er nur zu genau. Luke hatte die Zeit angehalten. Oder sie zumindest verlangsamt. Der Zentaur ging wütend auf die beiden Kontrahenten zu. Doch jetzt bewegte sich Luke wieder. Er wich von Thalia zurück, die ihn immer noch anstarrte, und ging einige Schritte rückwärts. Er schien unsicher auf den Beinen zu sein, denn er schwankte heftig. Sein Gesicht hatte die Farbe eines Toten. „Was passiert da?“, hörte Chiron Annabeth mit zitternder Stimme fragen. Sie und Percy folgten ihm in gewissen Abstand. Was passierte mit ihm?, dachte Luke. Panik schlich sich in seinen Körper. Ihm war unglaublich schlecht. Alles um ihn herum drehte sich so wahnsinnig schnell, dass die Bilder verschwammen und einen einzigen bunten Fluss ergaben. Luke versuchte etwas zu fixieren, Thalia, von der er wusste, dass sie irgendwo vor ihm war, doch auch sie verlor er in dem Karussell aus Farben. Zur gleichen Zeit spürte er, wie sich der Schmerz unter seinem Arm intensivierte, wie er sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. Das Feuer verschlang ihn von innen und nährte sich von seiner Angst. Sein Kopf fühlte sich schwer an, dann durchfuhr ihn ein solch heftiges Stechen, dass er aufschrie. Luke konnte das Schwert nicht länger in seiner Hand halte und ließ es los. Seine Beine gaben nach und er sackte zu Boden. Er musste würgen, doch nichts geschah. Kampfhaft versuchte er Halt im Sand zu finden. Er grub die Fingernägel so tief hinein, bis er dort den Schmerz spüren konnte. Doch der Schwindel hielt an. Er konnte nicht länger dagegen ankämpfen. Luke gab auf und ließ sich von dem Strudel mitreisen. Seine Umgebung wurde erst braun, aber schnell immer dunkler. Irgendwann war alles schwarz. Da war nun nichts mehr: Keine Farben, keine Geräusche, keine Gefühle: nur noch Dunkelheit und Stille. Genauso, wie beim ersten Mal, als er gestorben war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)