Ein zweiter Versuch von maidlin (Luke Castellan-Rick Riordan) ================================================================================ Kapitel 17: Dinner time ----------------------- Dinner time Ein sanftes Rütteln an der Schulter weckte ihn irgendwann. Luke blinzelte und versuchte Umrisse zu erkennen, sich zu orientieren. Schnell merkte er, dass es dafür zu dunkel war. Erst dann überlegte er, wo er sich eigentlich befand. Verschlafen drehte er sich um und sah seine Mutter, die ihn besorgt musterte. „Alles in Ordnung?“, fragte sie ihn und berührte ihn sanft an der Schulter. Mit der rechten Hand fuhr sich Luke grob über das Gesicht und rieb sich die Augen, um den Schlaf zu vertreiben. Es kam ihm vor, als hätte er eine Ewigkeit geschlafen. Gleichzeitig kehrten die Erinnerungen zurück. Er war an diesen Ort gekommen, um Ruhe zu finden vor Kronos Erinnerungen und den Dingen, die ihn sicher noch erwarten würden. Offenbar hatte es funktioniert. Luke konnte sich nicht erinnern schon jemals so tief und vor allem lang geschlafen zu haben. Als er angekommen war, war es gerade erst hell geworden. Nun hatte sich Dunkelheit über das Zimmer gelegt. „Wie spät ist es?“, fragte er und merkte, dass sein Hals ganz trocken war. „Nach zehn Uhr abends. Ich wollte dich gar nicht wecken, aber... du hast den ganzen Tag geschlafen ohne etwas zu Essen oder Trinken.“, sagte sie entschuldigend, als hätte sie Angst damit etwas falsch gemacht zu haben. „Woher wusstest du, dass ich hier bin. Ich dachte, ich wäre leise genug gewesen.“ „Das warst du, aber...“ „Ach ja, eine Ahnung.“, unterbrach er sie spitz und bereute es gleich darauf. „Nein.“ Überrascht sah er sie an. „Ich gehe hin und wieder in dein Zimmer und denke an früher. Nur warst du heute tatsächlich hier.“, erklärte sie weiter und lächelte leicht. Luke wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Dieses Thema war ihm unangenehm. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. All die Jahre hatte er es gehasst an diesen Ort, an sie zu denken. Es hatte zu sehr wehgetan. „Dad war hier?“, fragte er stattdessen, um das Thema zu wechseln. Er war nicht sicher, ob er es nicht auch nur geträumt hatte oder ob es Wirklichkeit gewesen war. „Ja.“, antwortete May schlicht. „Okay...“, Er rieb sich noch einmal die Augen. Luke fühlte sich, als wäre er vor eine Tür gelaufen. Er hatte nicht das Gefühl aufstehen zu können oder etwas zu Essen. Viel lieber würde er weiterschlafen. Warum konnte er einfach nicht genug Schlaf bekommen? Woran lag es? Konnte sein Körper, diese... fremde Seele einfach nicht verkraften? „Luke, du musst wirklich etwas Essen und wenn es nicht viel ist. Aber du musst zu Kräften kommen. Danach wird es dir ganz sicher besser gehen.“ „Ich hab keine Hunger.“, erwiderte er leise. „Wann war das letzte Mal, dass du etwas Richtiges gegessen hast?“ „Gestern, ein...“ Luke hielt inne und runzelte die Stirn. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal wirklich eine ganze, vollständige Mahlzeit zu sich genommen hatte. Er hatte Ambrosia und Nektar bekommen und am Tag zuvor ein wenig gegessen, bevor Conner ihn provoziert hatte, aber sonst... Er konnte es wirklich nicht sagen. Er schloss die Augen und zwang sich dazu, sich zu erheben. „Du hast recht.“, sagte er schließlich. Abermals nickte May leicht, erleichtert über seine Einsicht. „Ich hoffe, ich habe das richtige gemacht. Ich wusste nicht ganz was du wolltest.“ Erstarrt hielt Luke inne. Er erinnerte sich daran, was seine Mutter immer für ihn gemacht hatte - jeden verdammten Tag. „Kommst du?“, fragte sie und sah ihn aus grauen, gesunden Augen an. „Ja.“ Er würgte das Gefühl herunter und machte sich innerlich auf alles gefasst. Doch als er sich der Küche näherte, roch er gebratenes Fleisch. „Was hast gemacht?“ Neugierig ging er zum Herd und schaute durch die Glasdeckel in die Töpfe. „Vorsicht.“, mahnte May ihn und Luke trat zu Seite. Als sie den Deckel der Pfanne hob, lagen ein paar saftige Steaks darin. Sofort lief Luke das Wasser im Mund zusammen. „Ich hoffe sie sind nicht zu durch. Sie sollte Medium werden, so wie du es magst, aber ich war jetzt wohl zu lange oben.“, sagte sie, während sie zwei Teller anrichtete. „Schon gut, Mom.“, sagte Luke und schluckte heftig. „Es schmeckt sicher wunderbar.“ „Magst du so etwas jetzt überhaupt essen?“, fragte May zweifelnd. „Ja, ich freue mich schon.“, antwortete er ehrlich. „Ich dachte mir, du kannst ein paar Proteine und Kohlenhydrate gebrauchen.“, sprach sie fröhlich. Zu dem Steak legte sie noch Kartoffeln und Gemüse und übergoss am Schluss alles reichlich mit Soße. Es duftete herrlich. Luke holte Besteck und Gläser. „Hast du etwas zu trinken?“, fragte er und kam sich bei der Frage merkwürdig vor. Als wäre er ein Fremder in diesem Haus. Genau genommen war er das auch, überlegte er. „Cola?“, fragte sie ihn, während sie noch mit den Töpfen beschäftigt war. „Perfekt.“ „Unten im Schrank steht eine Flasche oder im Kühlschrank.“ Ohne lange zu überlegen ging Luke zum Kühlschrank und nahm eine volle, große Flasche heraus. Er öffnete sie und schenkte ihnen beiden ein. Er roch den süßlichen Duft und konnte die Kohlensäure förmlich auf seiner Zunge spüren. Und er konnte nicht warten, bis sie mit Essen begonnen hatten. Sobald er auch seiner Mutter eingeschenkt hatte, trank er sein eigenes Glas in einem Zug leer. Wieder lächelte May. „Es freut mich, dass es dir schmeckt.“ „Wie ich es vermisst habe.“, murmelte Luke und trank noch einen großen Schluck. Das Koffein und der Zucker schienen direkt durch seine Adern zu fließen und ihn zu beleben. Warum hatte er das nicht viel früher getan? Ihm waren zwei Tage ohne Cola entgangen, eine Schande! Die erste Portion des Essens schlang er regelrecht her runter. Er ließ sich kaum Zeit zum kauen. Erst jetzt merkte er, wie ausgehungert er tatsächlich war. Das Fleisch war schön saftig und in der Mitte noch leicht rosa, das Gemüse noch bissfest und die Soße sämig, wie er es mochte. Luke wollte seiner Mutter gern sagen, wie gut es ihm schmeckte, doch er hatte immer wieder etwas im Mund. „Es scheint dir zu schmecken.“, sagte May, als Luke seinen Teller fast leer gegessen hatte. Er nickte nur und brachte die letzte volle Gabel zum Mund. „Möchtest du noch etwas?“ Ohne zu überlegen, nickte er. May musste lachen. „Ich habe dich noch nie so hungrig gesehen.“, gestand sie. „Ich habe auch nicht gewusst, dass ich so hungrig bin.“, erwiderte Luke. „Es schmeckt sehr gut.“, konnte er das Lob endlich aussprechen. „Das freut mich. Ich weiß gar nicht, wann es das letzte Mal war, das ich für uns gekocht habe.“, überlegte sie laut. Sofort fühlte er sich wieder unwohl, erinnerte es ihn doch an die Zeit, die er am liebsten vergessen wollte. „Warum hast du... warum hast du keine Erdnussbuttersandwich gemacht? Oder Kool Aid?“, wagte er zu fragen. Ohne zu antworten stellte sie ihm den Teller wieder an den Platz und setzte sich. „Ich nahm an, das wäre das letzte was du essen oder trinken möchtest.“, erwiderte sie ehrlich. „Ja.“ „Luke, ich... Ich war-“ „Hör auf.“, unterbrach er sie gleich. „Ich will nicht darüber reden.“ „Bist du sicher? Gibt es nicht etwas, was du wissen willst?“ Luke schüttelte den Kopf. „Nein, ich mein, ja, ich bin sicher. Wir können es nicht ändern, also belassen wir es dabei. In Ordnung?“ „Das ist mir ehrlich gesagt auch lieber.“ Noch einmal nickte er und aß dann weiter, dieses Mal langsamer und genoss das Essen auch. Nach dem er auch die zweite Portion und noch eine halbe weitere verspeist hatte, ließ Luke Messer und Gabel sinken und streckte seine Beine unter dem Tisch aus. Er seufzte tief. „Fühlst du dich besser?“ „Ja, naja... jetzt werd ich wieder müde, weil ich so viel gegessen habe.“, antwortete er und schüttelte über sich selbst den Kopf. „Du brauchst Zeit, dich zu erholen. Deine Seele hat viel durchgemacht und... wenn du ihm Schlaf wirklich Kronos Erinnerungen siehst, dann... Ich weiß nicht. Ich frage mich, wie du es auf Dauer ertragen kannst.“ Ihre Stimme klang voller Sorge. Sie räumte den Tisch ab und begann die Teller abzuspülen. Luke schüttelte erneut den Kopf. „Vielleicht muss es ja nicht einmal für die Dauer sein.“ Ein Scheppern ließ ihn aufsehen. May hatte die Teller in die Spüle fallen lassen und sah ihn aus großen Augen an. Erst da wurde ihm bewusst, wie seine Worte geklungen haben müssen. Nun, wie die Wahrheit, dachte er. „Tut mir leid“, entschuldigte sie sich, „Ich war nur... überrascht, dass du es so sagst.“ „Wie soll ich es denn sonst ausdrücken? Aber ich hätte auf dich Rücksicht nehmen sollen.“ „Sie nicht albern. Ich weiß schließlich, worum es geht.“, erwiderte seine Mutter und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Was denkst du darüber?“, fragte er weiter. Sie hatte ihm nun den Rücken zugewandt und sah ihn auch nicht an, aber aus ihrer Stimme konnte er hören, wie schwer es ihr fiel darüber zu reden. „Muss ich das wirklich in Worte fassen? Der Gedanke dich noch einmal zu... zu verlieren, ist unerträglich. Ich weiß nicht, was ich tun würde. Das erste... Mal wusste ich darum und es hat mich um den Verstand gebracht und jetzt diese Ungewissheit, es ist schrecklich. Wenn ich könnte, wenn du noch ein kleiner Junge wärest, würde ich dich wahrscheinlich nehmen und mit dir davon laufen. Ich würde versuchen dich zu verstecken, vor den Göttern und deinem Schicksal. Aber du bist kein kleiner Junge mehr. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als zu hoffen und zu beten, dafür dass sie ein Einsehen haben und dein Vater dich beschützen kann.“ Luke saß wie festgefroren auf seinem Stuhl. Er hätte ihre Antwort erahnen können und doch wusste er nicht, was er darauf antworten sollte. Glaube sie wirklich Hermes würde ihm helfen können? Er hatte schon lange aufgehört, etwas von ihm zu erwarten. „Kannst du dir Kronos nicht irgendwie zu nutzen machen?“, sprach May weiter und sah ihn nun auch wieder an. Von dieser Frage war er etwas überrascht und musste erst einmal einen Moment darüber nachdenken. „Ich weiß nicht recht. Das Risiko wäre glaube ich sehr hoch.“ Fragend blickte sie ihn an. Luke zögerte. Wie konnte er es ihr am besten beschreiben? „Im Moment ist Kronos wie ein tollwütiger Hund, den ich gerade so an der Leine halten kann. Um ihn mir zu nutzen zu machen, müsste ich ihn locker lassen und das... könnte schnell sehr schief gehen.“ „Kannst du nicht auf sein Wissen zurückgreifen, ich meine... wenn du seine Erinnerungen hast und...“ „Auf sein Wissen?“ „Kronos ist mehrere Tausend Jahre alt und ein Titan. Vielleicht kann dir sein Wissen helfen Antworten zu finden.“ Doch kaum hatte sie zu Ende gesprochen schüttelte sie den Kopf. „Entschuldige, ich rede wirres Zeug.“ „Nein, eigentlich nicht. Ehrlich gesagt, war das der erst vernünftige Rat, den ich in den letzten Tagen gehört habe.“, antwortete Luke. Gleichzeitig überlegte er, ob es wirklich möglich war und wenn ja, wie er es schaffen könnte. Hatte Kronos sein Wissen gehabt?, fragte er sich selbst. Er glaube ja, aber es hatte ihn nicht sonderlich interessiert. Warum auch? Er war nur ein Werkzeug gewesen. Nur, wenn er es gegen seine Feinde nutzen konnte, hatte Kronos darauf zurückgegriffen. Ansonsten hatte der Titan Lukes Leben oder seine Erinnerungen nicht einmal für lebenswert empfunden oder gar wichtig. Für Kronos musste es ein leichtes gewesen sein. Doch würde er das auch können? Luke war nicht sicher, ob er das bisschen, was von den Titanen in ihm war, lange genug würde kontrollieren können. „Vielleicht sollten wir einfach logisch an die Sache heran gehen.“, fuhr May weiter fort. „Mom...“ Sie sollte sich keine Hoffnungen machen, die er nicht erfüllen konnte. „Luke, ich weiß, was du sagen willst. Aber versuch doch zu verstehen, dass ich... nach jedem Strohhalm greifen würde, der die Götter für dich gewinnen könnte. Es tut mir weh zu sehen, dass du dich schon fast aufgegeben hast.“ „Ich denke nur nicht, dass sie überzeugt werden wollen.“ „Luke...“ „Sicher könnte man sie überzeugen, wenn ich für sie von irgendeinem Nutzen wäre. Nur will ich nicht... Ich will nicht schon wieder für jemand anderen handeln, nicht für sie. Ihr würde wieder tun müssen, was sie von mir erwarten. Ich würde nicht mehr als eine Spielfigur sein, die sie nach Belieben einsetzten konnte, genauso wie alle anderen Helden vor mir auch.“ „Auch, wenn du das nicht hören willst oder glaubst, aber das würde er nie über dich denken und das hat er auch nie.“ Darauf erwiderte Luke nichts und trank noch einen Schluck von seiner Cola. „Kann ich... kann ich noch hier bleiben?“, fragte er seiner Mutter schließlich. Er war einfach in ihr Haus gekommen, ohne zu fragen. Dabei hatte er nicht einmal vorgehabt ihr überhaupt zu begegnen. Ach, wem wollte er eigentlich etwas vormachen? Natürlich hatte er darauf gehofft, sie zu sehen und tief in seinem Inneren hatte er sich genau das gewünscht, ein ganz normales Zusammensein. Er hoffte bleiben zu dürfen. Aber nach all dem was geschehen war, war das keine Selbstverständlichkeit. „Ja, das weißt du doch.“, sagte sie ohne zu zögern. Erleichtert atmete er aus. „Danke.“, flüsterte er. Dann erhob er sich. „Sei mir bitte nicht böse, aber ich glaube, ich leg mich wieder hin.“ Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es bereits halb zwölf war. Er hatte den ganzen Tag geschlafen und war schon wieder müde. Wann würde das aufhören? May erhob sich ebenfalls und trat an ihn heran. Mit einer Hand strich sie ihm über die Wange und betrachtete sein Gesicht liebevoll. In ihren Augen sah er all die Liebe, die sie für ihn empfand und zum ersten Mal in seinem Leben verstand Luke wirklich, was er seiner Mutter bedeutete. Er war ihr ein und alles, ihr Licht. Nach allem was er getan hatte, liebte sie ihn immer noch genauso bedingungslos. Was wollte er mehr erwarten? Was sollte er sich mehr wünschen? Und er hat ihr nie gesagt, dass auch er... „Du kannst dir nicht vorstellen, wie es sich anfühlte, als-“, begann sie. Plötzlich umarmte er sie fest. Er konnte sich nicht einmal erinnern, wann er das das letzte Mal getan hatte. Hatte er es überhaupt schon einmal getan? Er konnte es nicht mit Sicherheit sagen. „Danke, für alles.“, flüsterte er heißer. Da war noch mehr was er sagen wollte, doch die Worte wollten nicht über seine Lippen springen. Er hoffte, sie würde es so wissen. May erwiderte seine Umarmung und strich ihm zärtlich über den Rücken. Er hatte es endlich begriffen, auch wenn es eine zweite Chance gebraucht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)