Stille Wasser von GodOfMischief ================================================================================ Prolog: ...sind der Anfang -------------------------- Der Nachthimmel war pechschwarz. Dunkle Wolken verdeckten die Sterne und den Mond. Die Straßenlaternen spendeten wenig Licht. Es herrschte eisiger Wind, die Wellen des Meeres schlugen gegen die steinigen Hafenmauern. Das einzige Geräusch, nebst ihren klackernden Absätzen. Die Stille jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie hasste es nach ihrer Schicht durch die Dunkelheit zu laufen. Sie hasste es so nah am Meer zu sein. Der salzige Geruch stieg in ihre Nase und ließ sie fast schon würgen. Sie unterdrückte es und schlang die Arme um sich. Es war wirklich bitterlich kalt. Sie konnte fast ihren Atem sehen, der viel zu schnell ging. Ein lautes Klatschen. Abrupt blieb sie stehen, verängstigt glitt ihr Blick durch die Dunkelheit. Angst umklammerte ihr Herz, der Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus und Fragen überfluteten ihren Kopf. Was war das? Ist dort wer? Das Wasser... es war sicher nur das Wassser. Sie schluckte und rang sich dazu weiter zu gehen, je schneller sie gehen würde, umso eher wäre sie zu Hause. Ein weiteres Klatschen. Ein Fiepen kam über ihre zitternden Lippen und gehetzt sah sie sich um, während sie immer schneller wurde. Mit einem Mal spürte sie einen kräftigen Griff an ihrem Knöchel. Der Aufschrei blieb aus, Angst und Panik schnürten ihr die Kehle zu. Wankend verlor sie den Halt, hart schlug ihr Kopf auf den Boden auf. Jetzt konnte sie schreien, markerschütternd hallte es von den Wänden nieder. Sie trat und schlug um sich, konnte den Widerstand von etwas Weichem unter ihren Füßen spüren, als man sie über den Boden zog. Der harte Stein zerkratzte ihren Rücken, als sie sich stärker wehrte, die Wunde an ihrem Kopf hinterließ ein leichtes Rinnsal Blut. Sie versuchte zu erkennen, was sie zog, das einzige, was sie ausmachen konnte, waren gelbe Augen, die sie wütend, hungrig anfunkelten. Sie wollte schon Luft holen, um erneut zu schreien, doch mit einem Mal verlor sie jeglichen Halt, fühlte sich schwerelos, bis die kalte Klammer des Meeres sie in der Hand hatte. Das Wasser brannte in ihren Augen, sie war wie blind. Ihre Lungen füllten sich mit Wasser, nahmen ihr die Luft zum atmen. Sie paddelte, ruderte, kämpfte. Doch es nützte nichts. Man ließ sie nicht los. Der Griff wurde fester. Bleierne Schwere erfasste sie. Die Dunkelheit umgab sie. Die Kälte übermannte sie. Der Tod holte sie. Kapitel 1: ...sind tief ----------------------- Die Erschöpfung sah man Dean sofort an. Augenringe bis zu den Knien waren hier noch das geringste Problem, eher ließ das stetige Zittern seiner Hände nicht nach und der leicht grünliche Ton seines Gesichtes wollte auch nicht verschwinden. Doch sein Bruder musste ihm zu Gute halten, das sie den Flug bis nach Hamburg wenigstens überlebt hatten – mal abgesehen von der plötzlichen Panik, die seinen Bruder befallen hatte, nach dem er die Stewardess gefragt hatte, ob sie Beruhigungspillen hätte und sie dieses aber verneinte. Nun, was sie hier her führte? Bobby hatte ihnen diesen Auftrag auf den Hals gedrückt. Eines Tages, hatte er die Zeitung zusammengefaltet, sie angesehen und von dieser Sache hier erzählt. Danach hatte er sie brüllend von seinem Hof gejagt. Wusste der Geier warum – Sam vermutete stark, das es wegen Dean's vollkommen unpassenden Kommentar über dessen Alter und geistiger Umnachtung war. Und dann wollte der alte Griesgram sie eben nur noch aus den Augen haben. Weit, weit weg. Deutschland musste wohl ausreichend gewesen sein. Leute verschwanden. Am nächsten Tag fand man ihre ausgenommenen Leichen im Hafen von Hamburg. Das einzige, was man bislang feststellen konnte war, das sie vor wenigen Wochen das Hamburg Dungeon besucht hatten. Das lenkte sofort die Aufmerksamkeit auf dieses Geschäft, das bekanntlich durch das Horrorelement so gut lief. „Ich habe gedacht die laufen hier alle in Lederhosen herum.“, bemerkte der Ältere und sah zwei leicht bekleideten Frauen hinterher, hörte aber noch zu gut, wie sein Bruder seufzte und ihm erklärte: „Das tun sie vielleicht in Bayern, aber wir sind hier im Norden.“, als er wieder zu dem Großen sah, konnte er gerade noch das typische Augenrollen von ihm erkennen. Eigentlich wollte Dean daraufhin wieder etwas ansetzen, doch etwas Gutes fiel ihm nun auch nicht ein, so fragte er stumpf, wie ein kleines Kind: „Sind wir endlich da?“ Sam überlegte lange, ob er sich wirklich wieder so einer Tirade widmen sollte, doch stattdessen führte er sie stumm weiter durch die breiten Straßen und musterte interessiert die Bauten, hier am Hafen. Er fand es immer wieder interessant Neues zu entdecken und musste auch zugeben, dass die rötlichen Häuser schon einen eigenen Charme hatten. Dazu der salzige Geruch des Meeres in der Luft und für ein paar Augenblicke fühlte er sich, als hätten sie einen erholsamen Urlaub gebucht. Leider war dem nicht so, denn sie waren bekanntlich wegen eines Jobs hier. „Das Straßensystem ist verwirrend.“, merkte Dean an, als sie wieder um eine Ecke bogen, die, wie er fand, genauso aussah, wie alle anderen auch. Sam antwortete nicht. Er hielt sich an die Schilder mit den Straßennamen oder jeglichen anderen Informationen, die er aufgabeln konnte. Zwei Tage bevor ihr Flug ging, hatte er sich mit der Materie auseinander gesetzt, kam aber ohne das kleine, gelbe Wörterbuch auch nicht sehr weit. „Hier müsste es sein.“, sagte der Große schließlich und blickte an der Fassade des Backsteingebäudes hoch, an denen zusätzlich die vergoldeten Lettern Hamburg Dungeon prangten. Dean war schon am überlegen, ob er dazu einen Kommentar vom Stapel lassen sollte, doch fiel sein Blick just in diesem Moment auf den Käfig über den Eingang, in dem ein Skelett hockte und pikierte sich lieber darüber. Er konnte es nicht leiden, solche billigen Attrappen betrachten zu müssen, wo er doch wusste, das dort draußen der richtige Horror lauerte. Außerdem waren die Vorstellungen derer, die das Übernatürlich nicht kannten, ziemlich seltsam. Und diese Attrappen hier, waren wirklich billig. Doch Sam war bereits dabei sich hinter den wenigen anderen Besuchern einzureihen und blickte noch ein mal zu Dean, um ihn erneut zu verwarnen: „Wir werden so tun, als seien wir normale Besucher. Wenn irgendjemand uns komisch kommen sollte...“ „Ja, dann nehmen wir unsere Dienstausweise fürs FBI und dann-“, Dean verstummte urplötzlich während seiner genervten Antwort, als sein Bruder ihn finster ansah, „Was?“ „BKA.“ Der fragende Ausdruck verflüchtigte sich nicht. „BK-was?“ „Bundeskriminalamt.“, zischte Sam leise und rückte in der Schlange weiter vor, „Die haben hier kein FBI, also nehmen wir das BKA.“ Dean hob leicht den Kopf, bevor er langsam begann zu nicken, doch sein Ausdruck zeigte nicht, das er es auch nur im geringsten verstanden hatte. „Das was ich dir den ganzen Flug über erklärt hatte..?“, begann der Jüngere nun erneut. „Pff, denkst du ich hab zugehört, während ich um mein Leben gerungen habe?“ Ein leichtes Tippen an seinem Arm, brachte Sam aus der Fassung, als er gerade wieder ansetzen wollte. Sichtlich verwirrt drehte er sich um und blickte in die großen, rehbraunen Augen einer jungen Frau, die ihn zögerlich anlächelte. Stille machte sich breit, als sie nicht mit dem Reden begann, in der die beiden Brüder sie musterten. Dean eher mit dem verschlagenen Grinsen auf den Lippen, das sofort signalisierte, das ihm gefiel, was er dort sah. Sam stieß diesem in die Seite und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. „Yeah?“, kam es ihm nicht ganz deutlich über die Lippen und auch nicht gerade sehr typisch Deutsch, wie er vermutete. Doch die Fremde lächelte: „Meine Freunde und ich, wir haben noch einen Platz bei dem Gruppenticket frei und wollten fragen, ob einer von euch vielleicht mit will?“ Betretenes Schweigen. Man merkte sichtlich, wie Sam's Kopf begann zu qualmen, als er nach einer Übersetzung suchte. Glücklicherweise war er der Intelligente der Familie und konnte so schneller antworten, bevor Dean mit einem Date ankam. „Ähm... danke... nett.“, brachte er in seinen wenigen Deutschkenntnissen heraus, doch es schien seine Wirkung zu haben, als er charmant wie immer lächelte und nickte. Das Mädchen drehte sich wieder um und ging zu ihren Freundinnen zurück. „Was soll das? Kannst du mal das Hundeaugen-Ding lassen?“, entkam es Dean genervt und er boxte seinem Bruder in die Seite, der jedoch nur verständnislos hinunter blickte. „Was sollte ich denn sonst sagen?“, verzweifelt zuckte er mit den Schultern, so wirklich alles hatte er nun auch nicht verstanden und besser freundlich Ja sagen, als blöd gucken, oder nicht? Und anscheinend hatte es geklappt, denn sie kamen ohne weiteres direkt dran und konnten für den Eintritt bezahlen. Wieder wandte sich das Mädchen an sie und streckte ihnen die Hand entgegen: „Danke das ihr so kurzfristig eingesprungen seid. Mein Name ist übrigens Christie.“ Die ersten Worte, die er wirklich verstand und sofort schüttelte er euphorisch ihre schmale Hand: „Hey, ich bin Sam, das ist Dean“, er deutete auf seinen älteren Bruder, der nun mit mürrischem Ausdruck hinter ihnen her dackelte. Anscheinend gefiel es ihm gar nicht, das Sam so mit dieser Christie auf einer Wellenlänge war. Doch er brachte sie schnell wieder auseinander, indem er sich zwischen sie hindurch quetschte und begeistert rief: „Guck mal, die machen hier Fotos!“, sofort hatte er das unechte Henkersbeil in der Hand und bedeutete zu seinem Bruder, das er doch bitte seinen Kopf auf das hölzerne Gestell legen soll, damit sie beide posieren konnten. Im Stillen summte er schon Bring your daughter to the slaughter vor sich her. Ihre erste Idee war es gewesen, die Tour im Dungeon mit zu machen. Sam bereute es jetzt schon. „Ihr kommt gar nicht von hier, was?“, bemerkte Christie an seiner Seite und mit einem mal stellte er fest, das sie ja Englisch mit ihm sprach. Mit einem deutlichen britischen Akzent. Natürlich, Dean hatte soeben ja auch in seiner Heimatsprache herum geblökt. Sam schüttelte nur den Kopf, während er seinen Bruder mit dem falschen Beil in der Hand betrachtete und antwortete: „Nein, wir kommen aus Amerika. Das ist quasi unser Urlaub.“, der Große lächelte verschmitzt, froh darüber doch nicht das Wörterbuch benutzen zu müssen. Und gerade wollte er sich auch noch weiter unterhalten, als sie von einer Frau alle in die Richtung des Henkerplatzes geschoben wurden. „Los! Stellt euch auf!“, wies diese grob mit näselnder Stimme an, „Wir wollen endlich mit der Hinrichtung anfangen, los, los, los!“ Man erkannte sofort, das sie nur eine Statistin war. Ihr Gesicht war aschfahl geschminkt. Dicke Augenringe und zerzaustes Haar, dazu steckte sie in einem ausgeblichenem, mottenzerfressenem Kleid, das einen leichten, viktorianischen Touch aufwies. Sam verstand erst nicht, was sie genau wollte, doch langsam ergaben die Worte einen Sinn, als sich alle um das Schafott rotteten um für ein Foto zu posieren. Dean fand es gut, das Grinsen wollte gar nicht abschwächen, nachdem er seinem Bruder rein theoretisch den Kopf abgeschlagen hatte. Sam fand das ganze nur kindisch. „Du weißt, weswegen wir hier sind.“, merkte er noch ein mal streng an und folgte der kostümierten Frau durch einen dunklen Gang. „Ja, war doch nur ein Spaß.“, kam sofort die grummelnde Antwort, „Bitch“ „Jerk.“, kam es direkt wie aus der Pistole geschossen. Als wäre er in die Falle getappt, stöhnte er entnervt und verdrehte die Augen. Am besten wäre es, er würde einfach gar nichts mehr sagen und die Augen offen halten. Neben sich konnte er schon erkennen, wie Dean sein EMF hervor holte – oder eher den umgebauten Walk-Man. Aber ausschlagen tat das Ding nicht. Als sie in einen weiteren, dunklen Raum gelotst wurden, in dem höchstens zehn weitere Teilnehmer versammelt waren, blickte Sam sich kurz nach Christie um, doch er konnte sie kaum mehr erkennen. Nun gut, sie würden sich vermutlich spätestens am Ausgang wieder sehen. Mit einem endgültigen Geräusch fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss und man konnte hören, wie ein schwerer Riegel vor die Tür geschoben wurde. Die Frau von vorhin trat auf ein Podium. Neben ihr tauchte ein weiterer Mitarbeiter auf, der in seinem Kostüm an Frankenstein erinnerte. Sie begann wieder mit ihrer verstellten Stimme zu erzählen und Sam hätte zu gerne gewusst, was sie sagte, doch er verstand kaum ein Wort. „Und seid nicht der Letzte, der den Raum verlässt, sonst werdet ihr nie wieder das Tageslicht erblicken!“, ein gackerndes Lachen folgte auf ihre letzten Worte und schwungvoll öffnete sich die Tür zum nächsten Raum. Die beiden Winchester waren an der Tour nicht gerade interessiert. Dean hantierte noch immer mit seinem EMF herum und Sam musste zugeben, das es langsam ziemlich stickig wurde. Die Luftfeuchtigkeit hier war sicher auch um einiges höher, als es sollte. Und es war so dunkel, das er wirklich kaum etwas erkennen konnte. Wenn ein Licht der Spezialeffekte aufblendete, war es für den Moment wie ein Schock. Es brauchte nicht lange und er begann sich unwohl in seiner Haut zu fühlen. „Hey, verängstigte Mädchen sind bestimmt viel leichter aufzureißen.“ Dean blickte hoch zu Sam, welcher nur eine Augenbraue hob. „Dean, du wirst heute Nacht niemanden mitnehmen.“ „Vielleicht hätten wir zwei Zimmer buchen sollen.“ „Hast du dir mal die Preise angesehen?“ Dean wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Sam ihn an haute. Sie hatten wenig mitgekriegt, worum es hier ging, doch in dem Raum, in dem sie sich momentan befanden, wurde eine Besucherin auf eine Erhöhung gebeten, wo man sie an einen Stuhl fesselte, um ihr ein paar Fragen zu stellen. Konzentriert beobachteten die Jungs das Spektakel, bis man diese Frau schließlich in der kleinen Nische, in der dieser Stuhl stand einschloss und man den Rest weiter führte. „Wahrscheinlich gehört das zur Vorstellung.“, wimmelte Dean ab und blickte wieder auf seinen umfunktionierten Walk-Man. Sam antwortete nicht, vielleicht hatte Dean ja auch recht, doch in seinem Magen machte sich ein flaues Gefühl breit und unter seiner Kopfhaut begann es zu prickeln. Kopfschmerzen. Als wolle sich eine seiner seltsamen Visionen heran bahnen. Er verdrängte das Gefühl so gut es ging. Das alles hier war doch nur Show. Genauso wie in den weiteren Räumen durch die sie kamen. In dem so genannten Pestkrankenhaus behielten sie zwei Besucher ein, nachdem sie mit der Flüssigkeit einer aufgeschnittenen Pestbeule in Berührung kamen, die ein weiterer kostümierter Mitarbeiter an einem unechten Torso aufschnitt. Natürlich war es nur Wasser gewesen. Aber trotzdem, auch hier machte es den Winchester stutzig und er sah zu Dean, der sein Stirnrunzeln aufgesetzt hatte, das EMF noch immer teilnahmslos in der Hand und der Jüngere fragte sich für einen Moment, ob er damit noch immer Musik hören konnte. Sie folgten dem Strom weiter. Sam war fast dabei seinen Kopf abzuschalten und ein leises Seufzen kam ihm über die Lippen, als sie an eine mickrige Wasserbahn kamen, in die er sich nur widerwillig mit seinem Bruder setzte um an unechten Geistern und Monster vorbei geschleust zu werden. Überhaupt war dieses Boot ein wenig zu klein für seine langen Beine. Doch etwa auf der Hälfte der Fahrt, stieß Dean ihn an. „Was ist? Hast du was gesehen?“ Dean fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und nickte verhalten: „Guck dir die Blonde an, die zittert richtig vor Angst, wenn wir hier raus sind, werde ich-“ „Dean.“ „Ja, ja. Hier, sieh dir das an.“, er gab einen kurzen Blick auf das EMF frei. Die roten Lämpchen zeigten nicht mehr, als die normalen Frequenzen an. „Das ganze muss doch ein großer Scherz sein, hier ist weniger los, als in deinem Bett.“, ein direkter Schlag unter die Gürtellinie und eine eindeutige Anspielung auf ihn und Christe. Dean merkte einfach viel zu schnell, wenn jemand sich gut mit dem anderen Geschlecht verstand. Doch Sam reagierte gar nicht mehr auf diese Sticheleien seines Bruders. Er würde eh nicht weit mit seinen Erklärungen kommen und Gedanken an seine verstorbene Freundin wollte er auch nicht aufkommen lassen. Mit einem anderen Mädchen würde er auch nichts anfangen, nicht solange er das mit Jessica nicht halbwegs verdaut hatte. Sie beide ließen die letzte Attraktion aus und machten sich direkt durch den Ausgang davon – zumindest schafften sie es bis zum Restaurant, wo Dean erst mal einen Burger zum mitnehmen bestellte. Sam wartete derweil draußen und lehnte an dem Geländer, während er alles noch ein mal durch ging. Kostümierte Arbeiter, ein paar Gefangene, lächerliche EMFs und absolut kein Schwefel. Und soweit er es in Erinnerung hatte, waren ihm die Leute, die sie als quasi Gefangene genommen hatten, auch nach wenigen Minuten wieder aus dem Ausgang herausgekommen. Alles in allem, war das ziemlich ernüchternd. Die Toten mussten doch noch eine andere Gemeinsamkeit haben, als den Besuch einer solchen Attraktion und das auffinden nahe dieser. Etwas lustlos durchblätterte er den Prospekt den man ihm angedreht hatte, über die weiteren Dungeons, als man ihn von der Seite ansprach: „Hey, Sam!“ Der britische Akzent war unüberhörbar und mit einem leichten Lächeln blickte er schon auf: „Hey, Christie.“ Sie strich sich die kastanienbraunen Haare hinter die Ohren und warf einen kurzen Blick zu ihrem Rudel Freundinnen, das sich hinter ihnen tummelte. „Und? Hat es dir gefallen?“ Der Winchester zuckte mit den Schultern: „Ich denke, das ist alles nicht so mein's. Aber danke noch mal, das wir mit eurem Gruppenticket mit rein durften.“ „Ach was, kein Problem.“ Erst als eine ihrer Freundinnen nach ihr rief, verabschiedete sie sich notgedrungen. Keinen Moment später tauchte Dean wieder an seiner Seite auf, einen riesigen Hamburger in der Hand und ließ schmatzend verlauten: „Gib's zu, du stehst auf sie.“ „Ich kenne sie nicht ein mal.“, erwiderte der Jüngere teilnahmslos und rollte das Heft auf, um es in seiner Jackentasche zu verstauen. Dean murmelte erneut irgendwas, was Sam aufgrund der übertönenden Schmatzgeräusche nicht identifizieren konnte. „Gott, hat man dir denn nie Manieren beigebracht“, nuschelte er leicht erzürnt und ging einen Schritt schneller, die Hände nun tief in den Hosentaschen vergraben. Sie hatten abgemacht nach der Tour einen Supermarkt und einige speziellere Läden aufzusuchen, um Salz und Waffen zu besorgen. Immerhin waren sie seid sie hier waren vollkommen unbewaffnet. Sonst hätte es am Flughafen noch mächtig Terz gegeben und Bobby hätte sie da sicher nicht raugehauen. Einige Zeit gingen sie schweigend vorbei an Häusern und Booten. Dean endete mit dem Essen und Sam war nicht mehr ganz so genervt. Der Himmel über ihnen ergraute allmählich, es sah stark nach Regen aus. „Was denkst du? Schaffen wir es heute auch noch eine der Familien zu verhören?“, fragte Dean und warf einen Blick auf seine Uhr, als er beinahe in seinen Bruder hinein gelaufen wäre. „Guck dir das an“, Sam deutete nach vorne. Die Menschen, die sich dort versammelt hatten, wurden in blaues Licht getaucht. Stetiges Piepen vermengte sich mit dem Rattern eines Krans. Aufregung brach zu ihnen durch und als sie sich näherten, zerriss ein Schrei das unbändige Tuscheln. Kapitel 2: ...sind tödlich -------------------------- Ein gellender Schrei hallte von den Gebäuden wieder. Sofort waren sie hellwach, ihr Herz begann zu rasen und sie setzten zum Sprint an, mit dem sie durch die Menge brachen. Ihr Blick glitt über die Köpfe hinweg. Die meisten Gesichter wiesen vor Schreck geweitete Augen auf, offene Münder und in jedes einzelne war blankes Entsetzen gebrannt. Eine Frau versteckte den Kopf an der Brust eines Mannes, man konnte ihr Schluchzen zu deutlich vernehmen. Starker Geruch nach Fisch und Meer und einer leichten Andeutung von Verwesung ließen die beiden Brüder in die Mitte blicken. Der Kran hatte aufgehört zu arbeiten. Die Fischer blickten ebenso verstört auf ihren Fang. Die nassen Strähnen blonden Haares klebten an ihrem Körper. Die Kleidung war zerrissen und blutbefleckt, eine Platzwunde klaffte an ihrer Stirn, die Augen waren glasig, wie die eines Fisches. Der Mund stand noch offen von ihrem Schrei. Die Polizei war sofort zur Stelle und drängte die Schaulustigen zurück. Sam und Dean warfen sich einen Blick zu. Wenn das nicht förmlich nach ihrem Fall schrie. Die beiden Brüder hoben sich schnell von der Menge ab und schlichen an den Beamten vorbei um sich das ganze ein mal genauer an zu sehen. „Hey.“, zischte Dean den Großen an, als er merkte, wie einer der Polizisten aufblickte, „Was sagen wir, wenn-“ „BKA, immer noch.“ „Nein, ich meine, wie sollen wir uns verständigen? Wir sprechen doch kaum Deutsch.“ „Ich mach das schon.“, murmelte Sam und warf seinem Bruder einen kurzen, abschätzenden Blick zu, „Und du... hältst dich da am besten ganz raus.“ Dean wollte auch schon gerade zu einem rotzigen Gegenkommentar antreten, als man sie von der Seite ansprach: „Entschuldigen Sie, kann ich Ihnen helfen?“ Einen kleinen Teil hatte der Winchester verstanden und er nickte leicht, als er und Dean synchron die gefälschten Dienstmarken hervorholten und sie für einen kurzen Augenblick präsentierten. „Wir sind praktisch zufällig vorbeigekommen und uns ist dieser Tatort hier aufgefallen. Das sieht ganz nach einem weiteren dieser Morde aus, nicht wahr?“ Der Polizist stutzte, als man ihn in diesem Englisch ansprach, doch er antwortete ebenso darauf: „Sie sprechen kein Deutsch?“ „Tut uns leid, wir sind gerade erst hierher versetzt worden und unsere Kenntnisse sind noch in der Anfangsphase.“ Der Mann sagte nichts mehr, doch bedachte er beide mit einem schwerwiegenden Blick. Sam lenkte schnell wieder die Aufmerksamkeit auf sich um weitere Fragen zu stellen, während Dean bereits die Leiche untersuchte. Prüfend, vollkommen professionell glitt sein Blick über den Körper. Er ließ bei seiner Obduktion keinen Millimeter aus und wurde auch gleich fündig. Er ging neben ihren Beinen in die Hocke und betrachtete ihr Fußgelenk. Rötliche Schlieren, die sich schon fast bläulich und schwarz färbten, wanden sich darum. Als hätte man sie mit Gewalt festgehalten. Und sie hatte sich anscheinend auch gewehrt. Rings um sie wurde bereits die Absperrung aufgebaut. Die zwei anderen Beamten waren damit beschäftigt die Menge auf Abstand zu halten. Schaulustige gab es wohl in jedem Land, musste Sam mit Bedauern feststellen. „Haben Sie schon etwas explizites herausgefunden?“, fragte Sam ernst nach und bekam von dem Polizisten nur langes Schweigen, bevor dieser antwortete: „Die einzigen Auffälligkeiten sind wohl, das sie allesamt mit Gewalt ins Wasser gezogen wurden und die gleichen Verletzungen aufweisen. Aber wir gehen davon aus, das sie allesamt ertrunken sind.“ „Hat man schon Obduktionsfunde festgestellt?“ „Bisher wurde noch keine der Leichen obduziert.“ „Wie viele sind es jetzt insgesamt?“ „Drei.“ „Sie haben vorhin gesagt, das sie mit Gewalt ins Wasser gezogen worden wären-“ „Wir gehen von einem Serienmörder aus.“ Dean hört dem Frage-und-Antwort-Spiel nur halbherzig zu. Noch immer glitt sein Blick hochkonzentriert über den toten Körper. Immer und immer wieder, damit ihm auch ja nichts entging. Und schließlich fand er das gesuchte, kleine Indiz. Mühsam erhob er sich aus der Hocke und ging zu seinem Bruder herüber, um ihn abzulösen. Gemeinsam bedankten und verabschiedeten sie sich, bevor sie sich wieder auf ihren Weg machten. „Hatte der Kerl irgendwas nützliches?“ „Nein, die tappen im Dunkeln.“ „Wie immer.“, murrte Dean und warf noch einen Blick zurück. Die Menge hatte sich größtenteils aufgelöst. „Hast du etwas gefunden?“ „Ein paar Schlieren und Kratzer. Und das gewisse Etwas.“, grinste Dean. Ihm gefiel dieser Gedanke schon einen Schritt weiter zu sein, als der College-Junge, der ihn nun fragend ansah, in der Hoffnung auch eingeweiht zu werden. „Ich würde gerne was überprüfen.“, fügte er dann noch hinzu, „Wir sollten morgen als erstes die anderen Leichen ansehen.“ Sam nickte schon pflichtbewusst, als sie den erstbesten Supermarkt betraten, der auf dem Weg zu ihrem Hotel lag. Nachher könnte er sicher auch noch mal recherchieren. „Aber nicht vor dem Frühstück.“, fügte der Ältere noch hinzu und wuchtete den 3 Kilo Sack Salz in den Einkaufswagen – man wusste schließlich nie, wie viel man davon gebrauchen konnte. Außerdem fanden Spiritus und ein paar Gewürze ebenso den Weg in das drahtige Gestell, ehe sie damit in Richtung Kasse gingen und alles auf ihre gefälschte Kreditkarte verbuchten. Sam nahm alles wieder vom Fließband und verfrachtete es zurück in den Wagen, während er hinter sich Dean mit der ausländischen Kassiererin in ihrem gebrochenem Englisch reden hörte. „Weißt du, wenn deine Schicht vorbei ist, dann könnte ich dich doch sicherlich einladen, zu einem Drink.“, Dean lehnte bereits über der kleinen Schutzscheibe vor der Kasse. Er hatte sein charmantestes Lächeln aufgesetzt und flirtete heftig mit der jungen Frau, die immer wieder kokett ihre blonden Haare hinter die Ohren schob und dann wieder nach vorne fallen ließ. Sam stand bedröppelt am anderen Ende des Fließbandes, betrachtete das Spektakel und konnte nicht recht entscheiden, ob er sich jetzt übergeben sollte, oder später. Nachdem die beiden irgendwelche Zettelchen ausgetauscht hatten, konnten sie den Supermarkt endlich verlassen und zum Hotel zurückkehren. Der Himmel war bereits pechschwarz. Sam konnte das Prasseln von Regen an der Fensterscheibe hören. Das Zimmer war schön warm, das Bett unter ihm weicher, als er es je in einem der Motels erlebt hatte. Am liebsten würde er sich nach diesem Tag hin legen und einfach schlafen, doch er musste einfach noch recherchieren. Schließlich war es ihr Job und Sam konnte nicht mit dem Gedanken leben, das möglicherweise mehr Leute in Gefahr gerieten, wenn er sich nicht schnellstmöglich an die Arbeit setzte. Also holte er seinen Laptop hervor und fuhr ihn hoch. Dean schien das ganze lockerer zu sehen. Er kam gerade aus dem Bad wieder und die dortige Dampfwolke verteilte sich nun ebenfalls im Wohnbereich. Er hatte eines der Handtücher um den Kopf gewickelt, das andere um die Hüfte und steuerte direkt das Radio an. Es hatte nicht lange gedauert, bis er einen Sender gefunden hatte, der nur Classic Rock spielte und schon dröhnten die Riffs von Deep Purple's Smoke on the water durch das Zimmer. Sam beobachtete, wie sein Bruder zum Takt wippte und sich dabei langsam wieder anzog. Als die altbekannten Zeilen einsetzten, konnte er es sich auch nicht nehmen mit zu singen. Und das in Sam's Augen mehr schlecht als recht. Er konnte darüber nur den Kopf schütteln und blickte wieder auf den Bildschirm, setzte sofort ein paar Begriffe in die entsprechende Leiste und klickte auf Suche. Es brauchte einige Zeit. „Was hast du jetzt vor?“, fragte der Jüngere schlagartig, als Dean sich die zerschlissene Lederjacke über die Schultern warf. „Ich gehe und probiere mal was internationales aus. Erweitere meinen Horizont.“, er grinste frech und war sicher schon dabei sich auszumalen, wie deutsche Frauen so tickten. Dean kramte in seiner Jackentasche herum und fand schließlich ein Zettelchen – Sam vermutete stark, das es die Nummer der Kassiererin war. „Also, ich bin dann mal weg.“ Sam, noch immer irritiert über diese Szene, blickte seinem Bruder nach. Sein Ausdruck irgendwo zwischen Entsetzen und Ekel. Vermutlich musste er sich doch gleich übergeben. Als die Tür dann mit einem lauten Knall ins Schloss fiel, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Das Dean immer wieder einfach so verschwand und wie ein Hund Frauen hinterher jagte, sollte ihn eigentlich nicht stören, er war schließlich in der Schule auch immer so gewesen. Doch es störte gewaltig. Sie hatten besseres zu tun, als irgendwelchen kurzen Röcken hinterher zu jagen nur um diese flach zu legen. Das Piepen des Laptops riss Sam aus diesen Gedanken. Es gab kaum Suchergebnisse. Er klickte sich ein wenig durch, fand jedoch nichts spektakuläres. Er probierte es mit neuen Stichworten, durchwühlte Zeitungsartikel, die Sagen und Legenden der Stadt, stieß bei Letzterem jedoch nur auf deutsche Texte. Und die alle zu übersetzen, wäre er nicht mächtig gewesen. Vermutlich hatte er auch einfach nur zu wenig Anhaltspunkte um bei dieser Suche erfolgreich zu sein. Allerdings hatte Dean doch erwähnt, dass er etwas überprüfen wolle. Und genau der war nun nicht da. Typisch. Er würde es darauf ankommen lassen müssen, das sein Bruder dieses Mal wohl schon einen Hinweis hatte. Es war vielleicht hart ausgedrückt, aber manchmal war das Glück eben doch auf der Seite der Dummen. Mit einem genervten Seufzen klappte er den tragbaren Computer zu und machte sich bettfertig, in der Hoffnung tief und fest zu schlafen, sollte sein Bruder es wagen mitten in der Nacht betrunken ins Zimmer zu torkeln. „Hast du deinen Ausweis?“ „Ja.“ „Hast du auch die Marke?“ „Ja, verdammt. Du musst mich nicht zehn Mal fragen.“, Dean klang schon jetzt gereizt und er riss die ganze Zeit an der Krawatte herum, die ihm die Luft ab zu schnüren schien. Er sah ebenfalls blass und verdammt müde aus. Sam vermutete mal, das er erst um zwei oder drei Uhr morgens wieder zurückgekommen war. Aber das hätte dem Älteren nun auch klar sein müssen. Immerhin waren sie hier um zu arbeiten... nicht um ihren Horizont zu erweitern. Mit der Ausrede, das sie neu waren, kamen sie noch immer gut voran. Und nun standen sie im Eingangsbereich der Gerichtsmedizin, warteten darauf, das der werte Arzt sie hier abholte, damit sie sich nun endlich die Leichen ansehen konnten. Sam war schon gespannt darauf, was Dean ihm zeigen wollte, wenn er denn dazu noch in der Lage war. Auf dem Weg hier her, hatte er nämlich nichts darüber verlauten lassen. „Sind Sie Gillan und Paice?“, ein stämmiger Mann, in weißem Kittel trat an sie heran. Als die Brüder die Namen hörten, die sie sich ausgesucht hatten, nickten sie stumm und erhoben sich, um nach einem unfreundlichen Grummeln zu folgen. Er hatte nicht ein mal viel wert darauf gelegt die Marken zu kontrollieren. Schweigend folgten sie dem Mann durch die sterilen Flure. Sie wirkten konzentriert. Betrachteten die Rückseite des Kerls, der sie durch den Trakt führte und schließlich vor einer schweren, weißen Tür stehen blieb. „Also, hier liegen 'se.“, mit einem kräftigen Ruck schob er eben jene Tür auf und die Kälte des Raumes schlug ihnen entgegen. „Untersucht haben wir die Körper noch nich.“, gestand er und ließ die beiden vortreten, „Aber dafür sind sie ja nu hier.“, der Mann ging auf die anderen Seite des ebenso weißen und sterilen Raumes um aus einem stählernen Schrank das Werkzeug zu holen, das man ihnen zur Verfügung stellte. Er wünschte ihnen noch viel Spaß bei der Arbeit, bevor er sich verabschiedete und die Tür wieder hinter sich zuzog. Sam musste schlucken. Was war das denn für eine groteske Verabschiedung gewesen? Er kümmerte sich einfach nicht weiter darum und gemeinsam mit Dean schaffte er die drei toten Körper auf die metallischen Tische, damit sie diese noch ein mal genauer untersuchen konnten. Der Kleinere zog sich die Handschuhe über und ließ sie zurück schnippen, Sam machte es ihm nach und beobachtete, wie Dean sich über den ersten Körper beugte und dessen Fußgelenke betrachtete. Alle wiesen die gleichen Abdrücke um ihre Gelenke auf, als hätte sie etwas mit Gewalt festgehalten. Ähnliche Wundmerkmale waren ebenfalls vorhanden. Wunden am Kopf und Kratzer, als sie sich zur Wehr gesetzt hatten. „Und das war es, was du mir zeigen wolltest?“, fragte Sam ungläubig, denn mehr Ähnlichkeiten vielen ihm nicht auf – es war weder die gleiche Altersklasse, noch hatten die Opfer das gleiche Geschlecht. Dean antwortete jedoch nicht, sondern legte Hand an den ersten Körper an und etwas ungelenk drehte er ihn auf den Bauch. Was dann auf dem Rücken zum Vorschein kam, war noch unschöner. „Das wäre doch jemandem aufgefallen, oder?“, Sam schien nun noch ungläubiger zu sein und er beugte sich ein Stück herunter um die dort klaffende Wunde zu inspizieren. Er war sich nicht mal sicher, was er davon halten sollte. Das Blut war bereits geronnen. Das Fleisch ergraute allmählich. „Bis jetzt hat das auch noch niemand erwähnt, oder?“, konterte Dean sofort und sah zu seinem Bruder hoch. Beide schwiegen sich an, ehe Dean einen Blickwechsel zwischen Sam und der Wunde vollführte. Der Große stöhnte genervt auf und zog die Augenbrauen über dieses kindische Verhalten seitens seines Bruders zusammen. Wieso stellte er sich bei den Untersuchungen immer so an? Gekonnt glitten Sam's Finger in die Wunde, öffneten sie ein Stück weiter, bevor er fast mit der ganzen Hand im Inneren steckte. Vorsichtig tastete er sich vor und stutzte kurz. „Nichts.“ „Wie nichts?“, hinterfragte Dean, der bereits dabei war, die beiden anderen Leichen umzudrehen. „Na, keine Leber, kein Magen. Nichts.“, er tastete sich weiter vor, drehte die Hand und versuchte irgendwas auszumachen. Doch er konnte einfach keine ganzen Organe erfühlen. Sie waren entweder gar nicht mehr da oder zu einem undefinierbaren Haufen Brei deformiert worden. Sam zog die Hand zurück und wechselte schnell den Handschuh, bevor er sich das Skalpell schnappte um sich Gewissheit zu verschaffen. Konzentriert setzte er den Schnitt an der ersten Leiche und zog die Hautlappen auseinander. Er räusperte sich kurz, nur um den Würgereflex zu unterdrücken, als ihm nun der Verwesungsgeruch entgegen schlug. Das musste die älteste Leiche sein. Nun hatte auch Dean sich daran gemacht sich um die beiden anderen Leichen zu kümmern und schnitt diese ebenfalls auf. „Hier auch.“, stellte er fest und betrachtete das Massaker, das sich ihnen bot, „Also haben wir es mit etwas zu tun, das Organe klaut und den Rest durch den Fleischwolf dreht?“ „Sieht so aus.“ Dean runzelte die Stirn und warf einen weiteren Blick auf die offene Wunde. Für einen Moment stutzte er. Licht wurde kaum sichtbar reflektiert, er trat vor die Lampe und das leichte Glitzern war verflogen. Dann ging er zurück an seine vorige Position und da war es wieder. „Was ist?“, fragte Sam und beobachtete, wie sein Bruder nun nach der Pinzette griff, sich auf die andere Seite des Körpers stellte vorsichtig an einem Fleischfetzen zog. „Guck dir das an.“, Dean hielt seinen Fund in das Licht der grellen Neonlampe. Ein dünnes, gräuliches, ja fast durchsichtiges Plättchen hielt er fest. „Eine... Fischschuppe?“, beide staunten nicht schlecht über den Fund und Sam machte sich sofort daran die beiden anderen Körper noch ein mal zu untersuchen. Und er fand tatsächlich zwei weitere Schuppe. „Das bedeutet?“ „Hm, das werden wir wohl noch herausfinden müssen.“ Damit schien ihre Arbeit hier getan. Sie nähten die Körper vorsichtig wieder zu und verließen das Gebäude. Ihre Fundstücke natürlich gut verpackt in ihren Hosentaschen. Einige Zeit später zogen die Winchester-Brüder durch die Straßen, auf der Suche nach der Familie des ersten Opfers. Die Wohnung lag relativ zentral, dabei hatten sie erst mit kompletter Ländlichkeit gerechnet, fanden sich dann jedoch inmitten einer Wohnsiedlung wieder. Die Häuser reihten sich direkt nacheinander an, Fenster an Fenster, Tür an Tür. Sie suchten jedes Klingelschild ab, bis sie den richtigen Namen gefunden hatten. Dean klingelte und Sam beugte sich bereits über die Gegensprechanlage. Auf dem Weg hatte er genug Zeit gehabt, um sich die Sätze, die er brauchte zu notieren. Stift und Papier hatte er noch immer in der Hand um alles weitere aufzuschreiben. Wenn sie Glück hatten, würde auch eines der Familienmitglieder ihrer Sprache mächtig sein. „Koch?“, meldete sich eine Frauenstimme, zögerlich, Besuch hatte sie also nicht erwartet. Der Größere der beiden blickte auf seinen Zettel hinunter und versuchte die Sätze annehmbar zu formulieren: „Guten Tag, Frau Koch“, Schweigen, das sich Ewigkeiten hinzuziehen schien, „Wir sind von 'ne BKA und wollen mit Ihnen uns unterhalten.“ Es dauerte einige Zeit, da antwortete die Frau doch leicht verärgert: „Und das soll ich Ihnen glauben? Sie klingen ja nicht gerade vertrauenswürdig.“ Sam hatte darauf sofort die Auswendig gelernte Antwort parat, da er mit sowas auf jeden Fall gerechnet hatte und erklärte so wieder die Situation, das sie doch neu hier waren. Nach dem ganzen hin und her und den unzähligen Stufen, hatten sie es wenigstens bis vor die Haustür geschafft und die doch recht junge Frau beäugte neugierig ihre Dienstmarken. Als sie dies dann geschlagene drei Minuten tat, gerieten die Brüder schon ins Schwitzen, doch letztendlich ließ sie beide mit einem mürrischen Ausdruck in ihre Wohnung. „Was wollen Sie denn? Wollen Sie wegen Marie mit mir reden?“, fragte sie daraufhin patzig in einem glatten Englisch. „Sie sprechen unsere Sprache?“, eigentlich sollte es Dean gar nicht mehr wundern. „Ja, muss ich ja, wegen meines Jobs.“, kam es direkt zurück gefeuert, „Also, was wollen Sie?“ „Genau das, was Sie bereits vermutet haben.“, erklärte Sam und hatte bereits seinen Block in der einen und den Stift in der anderen Hand. Sein Bruder begann bereits mit den Fragen, während er sich doch etwas neugierig in der kleinen Wohnung umsah: „Als was arbeiten Sie denn?“ „Hofa.“, als sie die fragenden Gesichter bemerkte, setzte sie hinterher, „Hotelfachfrau.“ „Und Marie war Ihre..?“ „Meine Lebensgefährtin.“ Kaum hatte sie dieses bedeutende Wort ausgesprochen, wurde die Frau ruhiger. Sie rang um Fassung, doch man konnte ihr ansehen, das der alleinige Gedanke an den grausamen Tod ihrer Partnerin tiefe Narben hinterlassen hatte. Sam wechselte einen Blick mit seinem Bruder. Es half alles nichts, sie mussten weiter fragen, um dahinter zu kommen, was hier los war. „Wissen Sie, ob Marie irgendwelche Feinde hatte, jemandem, mit dem sie auf Kriegsfuß stand?“ Ein verneinendes Kopfschütteln: „Sie war immer die Netteste von allen, klar, irgendwo hat sie es sich bestimmt auch mal mit jemandem verscherzt, aber sicher nicht so hart, das derjenige sie gleich-“, die junge Frau verstummte. Ihre Unterlippe begann zu beben und sie wandte schnell den Kopf ab, „Entschuldigung.“ „Schon gut, wir sind auch gleich durch“, bemühte Sam sich und blätterte in seinem Fragenkatalog ein Stück weiter. „Marie hatte vor... drei Monaten das Hamburg Dungeon besucht. Hat sie sich seitdem irgendwie verändert. Ist Ihnen was an ihr aufgefallen?“ Frau Koch stutzte. Was sollte diese Frage denn bedeuten? Trotzdem versuchte sie sich so gut wie möglich zu erinnern und abermals folgte ein Kopfschütteln: „Nein, sie war wie immer.“ „Wirklich?“, bohrte der Ältere lieber noch ein mal nach und bemerkte sofort das Stirnrunzeln, das sich bildete, bevor die Frau noch ein mal Luft holte. „Na ja, sie wollte öfters mit mir schwimmen gehen, wissen Sie. Das hat mich schon ein wenig gewundert, sie hat praktisch richtig gequängelt.“ „Haben Sie eine Vermutung, weshalb-“, Sam kritzelte auf seinem Block herum und kam gar nicht weiter mit seiner Frage, da wurde er schon unterbrochen: „Marie wollte unbedingt schwimmen lernen, so schnell wie möglich meinte sie. Sie war nämlich Nichtschwimmerin, hatte es ihr ganzes Leben lang nicht gelernt.“ Sam stoppte kurz und blickte zu der jungen Frau. Sie hatte das Gesicht gen Boden gewandt, ihre Schultern zitterten bereits. „Sie gehen davon aus, das sie ertrunken ist, oder?“ Stumm nickte sie. Die Brüder konnten davon nicht so ausgehen, möglich wäre es auf jeden Fall gewesen. So wie sie es mitbekommen hatten, war jedes Opfer aus den Fluten gefischt worden. Doch alleine bei zwei der Leichen hatten die nötigen Organe gefehlt um ein Ertrinken festzustellen. Dean fing den Blick seines Bruders auf und nickte leicht. Er verstand sofort und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Wenn sie die restlichen Familien auch noch befragen wollten, mussten sie sich ein wenig beeilen. „Okay. Vielen Dank, Frau Koch. Wenn wir etwas genaueres wissen, oder noch Informationen brauchen, werden wir uns bei Ihnen melden.“ Die beiden fanden alleine zur Tür, Sam zog sie gerade leise hinter sich zu, als er vom anderen Ende des Flures das verzweifelte Schluchzen ausmachen konnte. Sam schwieg. Sie klapperten die zwei weiteren Familien ab, auch hier musste die vermeintliche Todesursache das Ertrinken sein. Soweit sie es bei diesen Familien beurteilen konnten, die immerhin nicht so gut Englisch sprachen. Doch langsam zeigte sich ein Muster in den Morden. Sie mussten nur noch herausfinden, womit genau sie es zu tun hatten. Und natürlich, wie man es besiegen konnte. Der Große hatte ihnen ein kleines Restaurant heraus gesucht – nicht das Dean sie nachher in irgendeinen Fast-Food-Laden gelockt hätte, nein, er wollte heute auch noch irgendwas vernünftiges essen, wo er doch schon so wenig zu sich genommen hatte. Er warf einen Blick auf die Karte und bestellte sich schließlich einen Caesar's Salad und eine Coke. Sein Bruder blieb sofort bei den Burgern hängen, an denen er sich austoben konnte. Kaum war der Kellner verschwunden, der ihre Bestellung aufgenommen hatte, schaltete Sam das Stimmengewirr um sich herum aus und baute den Laptop vor sich auf. Dean kümmerte es gar nicht mehr weiter, das sein Bruder tatsächlich so versessen war und hier nun begann zu recherchieren. Er ließ viel lieber den Blick durch den Raum gleiten und hielt für einen Moment an der Wand an, die bedruckt war, mit Frauennamen. Insgesamt musste er feststellen, das es hier recht geschmackvoll eingerichtet war. Weiße Tische, cremefarbene Sitze und tief hängende Lampen, die das ganze in ein leichtes, oranges Licht tauchten. Draußen dämmerte es bereits. Die Atmosphäre wirkte sich nach der heutigen Ausfragerunde ungemein beruhigend auf beide aus. Das schnelle Tippen, vermengte sich mit den Stimmen der Gäste. Sam blickte konzentriert auf den Monitor und versuchte es mit neuen Schlagworten, in der Hoffnung etwas zu finden. Er klickte sich durch die virtuellen Seiten, naschte gelegentlich von seinem Salat, der bereits angekommen war, während er es überhörte, wie Dean den Burger verschlang. „Sam? Dean?“ Sie blickten beide zeitgleich auf und dem Großen brachte es für einen Moment zum Lächeln: „Hey, Christie. Was machst du denn hier?“ Die Angesprochene musste schmunzeln: „Tablett. Eure Getränke. Ich gehe stark davon aus, das ich hier kellnere.“ Natürlich. Erst jetzt bemerkte er die Sachen in ihrer Hand und es brachte ihn für den Augenblick zum stocken, was wiederum Dean ein schelmisches Grinsen aufs Gesicht trieb. Nachdem Sam ihn rein theoretisch mit seinem Blick getötet hatte, wandte er sich wieder an Christie: „Besserst du dir hier dein Geld auf?“ „Ja, ich studiere eigentlich. Das hier ist nur ein Nebenjob.“ „Ach so.“, Sam nickte leicht und ohne wirklich groß darüber nach zu denken, setzte er hinterher: „Ich habe auch mal studiert.“ „Hast? Bist du schon fertig?“ Nun merkte auch Dean auf, er warf einen Blick zu seinem Bruder, der sich schon auf die Unterlippe biss: „Nein, ich habe abgebrochen. Es gab da einen Unfall und-“, er stoppte abrupt. Sam und Dean wechselten einen Blick. Der Ältere hatte ganz vergessen weiter zu essen, so überrascht war er, das sein jüngerer Bruder so viel von sich preisgab. Doch die Brünette schien schnell zu schalten, denn sie lenkte wieder auf sich: „Oh, ich hatte gestern auch fast einen Unfall.“ Jetzt lag wirklich die komplette Aufmerksamkeit auf der Kellnerin. „Einen Unfall?“ „Ja, ich bin gestern Nacht noch eine Runde joggen gewesen und da wäre ich fast überfallen worden. Zum Glück ist dann noch jemand vorbeigekommen, der Angreifer wollte ich mich nämlich Richtung Wasser ziehen.“ „Du warst am Hafen?“ „Ja und wäre mein Retter nicht so plötzlich aufgetaucht, wäre ich vermutlich ertrunken.“ Sam sah zu der Brünetten hoch, sein Mund offen vor Ungläubigkeit. Dean war der Erste, der seine Fassung wieder fand. „Ertrunken?“ „Ja, ich kann nämlich nicht schwimmen, müsst ihr wissen.“, Christie lächelte leicht beschämt, als die beiden sie noch immer förmlich angafften. „Oh, ich muss wieder an die Arbeit, vielleicht sieht man sich ja später noch mal.“ Kapitel 3: ...sind übernatürlich -------------------------------- Kaum war Christie verschwunden, lag Sam's Blick wieder auf dem Monitor und statt des ruhigen Klackerns der Tasten, formte sich daraus allmählich ein immer unruhigeres Schlagen. Dean wollte schon einen gehässigen Kommentar abgeben, doch sein Bruder hätte sicher nicht reagiert, so konzentriert war er. Und als er nach einigen Minuten keine Rückmeldung erhalten hatte, runzelte auch er die Stirn: „Was ist? Hast du was gefunden?“ Sam war noch immer fleißig am tippen, doch begann er bereits die einzelnen Puzzleteile zusammen zu fügen: „Alle Opfer konnten nicht schwimmen. Christie wurde gestern Nacht angegriffen und konnte auch nicht schwimmen.“ „Das heißt wir haben Nichtschwimmer, denen Organe fehlen.“, schlussfolgerte der Ältere und hob misstrauisch eine Augenbraue, ob das denn nun wirklich Sam's Ernst war, „Organhandel?“ „Glaub ich kaum. Wären es solche, wäre nicht die Hälfte der Organe so zugerichtet worden.“, Sam antwortete ganz so, als hätte er den Sarkasmus in Dean's Stimme nicht heraus gehört. „Was ist mit den Schuppen, die wir gefunden haben?“ Sam schwieg und Dean rollte schon genervt mit den Augen, während sein Blick eher an der hübschen, blonden Bedienung klebte, erst, als er das Klackern der Tastatur nicht mehr vernahm, blickte er wieder zu seinem Bruder. „Hast du was gefunden?“, bohrte der Ältere nach und ihm missfiel es, das Sam noch immer nicht antwortete, sondern seine braunen Augen über die Zeilen gleiten ließ. Er beugte sich schon ein Stück vor, in der Hoffnung einen Blick auf den Monitor zu erhaschen, doch vergeblich. „Hör dir das an!“, der Jüngere schien mit einem Mal wieder unter den Lebenden zu weilen und seine Augen strahlten ein Funkeln aus, als hätte er den Fang des Tages gemacht, „Der Hakemann ist ein Wesen, halb Mensch, halb Fisch. Hauptsächlich ernährt er sich von Fischen, doch gerne auch mal von Menschen. Er zog Kinder, die nicht schwimmen konnten mit einem Hakenstock ins Wasser und ließ sie elendig ertrinken. Deshalb sollte auch jedes Kind schwimmen lernen, um nicht von ihm erwischt zu werden.“ Dean runzelte die Stirn, von so einem Wesen hatte er noch nie gehört. Nie. Aber gut, vielleicht lag es einfach daran, das sie in einem anderen Land waren. „Also haben wir es mit so einem Hakemann zu tun?“, fragte er auch sogleich nach. „Das erscheint logisch. Die Opfer konnten alle nicht schwimmen, Organe fehlten, der Rest war bis zur Unkenntnis zerstückelt. Es ist also gut möglich.“ „Steht da, wie man es töten kann?“ Sam blickte wieder auf seinen Laptop und nach einigen Augenblicken meldete er sich wieder zu Wort: „Halb Mensch, halb Fisch. Hier wird ebenfalls auf Meerjungmänner und -fauen hingewiesen. Eine Verwandtschaft ist nicht auszuschließen.“ Er klickte sich weiter durch die Seiten. „Also ist das einzige, was sie töten kann-“, begann Dean schon und beobachtete den Verlauf der Seiten, die Sam öffnete, bis dieser den Satz zu Ende führte: „Pures Silber.“ Beide schwiegen sich aus. Sie hatten keine richtigen Verdächtigen, niemanden, der in Frage kam auch nur annähernd Übernatürlich zu sein. Von purem Silber konnte man hier gar nicht erst anfangen. „Also unsere Hauptverdächtigen stammen aus dem Dungeon?“, Dean schien heute mehr zum Nachfragen aufgelegt zu sein. „Jap. Und wo bekommen wir das Silber her?“ Der Ältere schwieg, bevor er sich mit einem Seufzen erhob und das Geld für Essen und Getränke einfach auf den Tisch legte. „Ich werde was suchen gehen, du gehst zurück zum Hotel und bereitest alles vor. Wir treffen uns dann nachher dort, wenn was ist, rufst du sofort an.“ Dean hatte als erstes das Restaurant verlassen und lief auch sofort in Richtung Innenstadt, Sam kam keinen Augenblick nach ihm heraus und zog noch den Reißverschluss seiner Tasche zu, in der er den Laptop verstaut hatte, welcher noch immer auf Stand-by lief. Nur für den Fall. Auch er setzte dann seinen Weg fort und machte sich direkt in die andere Richtung auf, damit er schnellstmöglich zum Hotel zurück kam. Sam beeilte sich, glücklicherweise hatte er lange Beine, somit konnte er auch schneller gehen, doch die kalte Abendluft schnitt ihn und ließ ihn recht schnell frieren. Deutschland war ein verdammt kaltes Land. Glücklicherweise war das warme Gebäude nicht allzu weit entfernt, sodass er mit schnellen Schritten durch die Hotelhalle ging, der Rezeptionistin kurz zunickte und dann die Treppen erklomm um auf das Zimmer zu kommen. Auch hier war es recht kalt, sie hatten eben vergessen die Heizung anzustellen und vermutlich war auch gelüftet worden. Aber das war jetzt doch eigentlich egal. Sam legte seine Tasche ab und baute den Laptop wieder auf, in der Zeit, in der dieser hoch fuhr, durchsuchte er ebenfalls seine Taschen nach etwas Silbernem. Die Waffen hatten sie zwar daheim lassen müssen, aber möglich war es doch, das sie etwas spitzes, brauchbares dabei hatten. Dachte sich Sam zumindest, aber Fehlanzeige. Also konnte er doch gleich die Zeit nutzen, in der sein Bruder nicht da war und ein wenig weiter recherchieren. Das übliche eben. Dean machte sich gerade auf den Rückweg, von einem Geschäft, das soeben seine Pforten hatte schließen wollen. Gerade noch so hatte er den Besitzer überreden können – ein netter Schotte übrigens – das er ein Geschenk bräuchte, es könne nicht mehr bis Morgen warten und was er sich nicht noch alles dazu ausgedacht hatte. Und nun hielt er zwei wunderschöne, silberne Dolche in der Hand. Pures Silber – die gefälschten Kreditkarten, die sie dabei hatten, wären somit sicherlich unbrauchbar. Das Strahlen auf dem Gesicht des Winchester, verblasste gar nicht mehr und voller Stolz betrat er die Hotelhalle, zwinkerte der Empfangsfrau zu und ging in einem selbstbewussten Schritt die Treppen hinauf zu ihrem Zimmer. Eigentlich brauchte er sich gar nicht so übermäßig zu freuen, denn das Schwerste lag noch vor ihnen. Aber es war schon fast unverschämtes Glück, das er jetzt noch welche gekriegt hatte. Er öffnete die Tür und legte diese Errungenschaften auf die Kommode direkt daneben, als ein plötzliches Keuchen ihn aufmerksam werden ließ. „Sammy?“ Sam Winchester kauerte neben dem Bett, das Gesicht schmerzverzerrt, die Hand hatte er an den Kopf gelegt, als könne er so die Schmerzen verbannen. Es fühlte sich an, als würde dieser gleich explodieren, es frass sich regelrecht durch sein Hirn und zeigte ihm Bilder die er nie sehen wollte. Die dunkle Straße, das wenige Licht, das sich auf der Wasseroberfläche spiegelte. Die Szenerie wurde schärfer, als wäre er selbst dort. Er konnte sogar das schnelle Klackern von Absätzen hören und dann sah er sie. Christie. Sie hatte noch ihre Arbeitsuniform an und war auf dem Weg nach Hause. Ihr Atem war durch das Tempo beschleunigt, der Blick streng auf den Boden gerichtet. Sieh nichts Böses. Er konnte das Schlagen des Wassers gegen die Hafenmauern vernehmen, es wurde immer stärker. Christie blieb stehen, sah sich um. Plötzlich packte sie etwas am Bein, sie schrie auf und wehrte sich. Der Panikschrei verwandelte sich immer mehr in einen Schmerzensschrei. Sein Blick blieb an dem Boden haften, über den sich eine Blutspur zog. Sam versuchte auszumachen, wo sie sich befanden, irgendein kleiner Hinweis. Dann stockte er, nur kurz. Die vergoldeten Buchstaben waren unverkennbar. Hamburg Dungeon. Im nächsten Moment wurde er schon aus der Szenerie gerissen. Er blickte Dean in sein besorgtes Gesicht. Sein Bruder hatte ihn an den Schultern gepackt und leicht geschüttelt. Der Schmerz und die leichte Übelkeit vergingen langsam, doch natürlich brummte sein Schädel noch immer ein wenig. Hoffentlich legte sich das bald. Diese Visionen waren ihm nicht geheuer. „Wir müssen los.“, keuchte er und erhob sich schließlich wankend. Er konnte nicht zulassen, das es mit Christie auch so weit kam. Auf keinen Fall. Dean sah ihn ungläubig an: „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Sam hörte, stur wie er war, gar nicht mehr zu, er war bereits dabei das Zimmer zu sondieren und hatte auch gleich die Errungenschaften von Dean ins Visier genommen. „Sam!“, versuchte der Ältere es nun strenger in einem herrischen Ton, „Was hast du gesehen?“ „Christie, verdammt!“ Dean stockte und langsam machte es in seinem Kopf Klick. Sie war schon mal angegriffen worden. Sie konnte nicht schwimmen. Keine Sekunde später hatte er den silbernen Dolch in der Hand und stürzte mit Sam raus auf den Gang, hinunter in die Hotelhalle und schließlich ins Freie. Sam, dank seiner langen Beine, eilte voraus, er wusste genau, wo sie hin mussten und manövrierte sie über Brücken und durch schmale Straßen. Es war nicht mehr weit, als ein Schrei die Nacht durchriss. Kurzschluss. Sam begann schneller zu rennen, holte alles aus sich heraus und merkte kaum mehr, wie sein Herz kurz vorm bersten stand und sein Atem viel zu schnell wurde. Dean setzte sofort hinterher, versuchte mit dem Großen mitzuhalten, doch wurde der Abstand zwischen ihnen immer größer. Ein weiterer Schrei schallte von den Wänden wieder, vermischte sich mit dem unregelmäßiger werdenden Wellengang. Verzweifelt und immer qualvoller klang es. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät! Sam flog fast aus der Kurve, doch dann sah er sie! Christie wandte sich vor Schmerzen auf dem Rücken, wehrte sich, so stark sie nur konnte und über ihr war dieses Monster gebeugt. Dean kam direkt darauf um die Ecke und erblickte die beiden ebenfalls, bevor er noch einen Zahn zulegte. „Hey!“, das Monster blickte bei dem Ruf auf. Gelbe Augen spiegelten sich im Schein der Lampe, dann sprang es plötzlich auf und eilte davon. Sam fiel vollkommen außer Atem neben Christie auf die Knie. Ihr Gesicht spiegelte blanke Panik wieder, doch ihre Verletzungen waren nur halb so schlimm, wie er es ihre Schreie vermuten ließen. Sam blieb bei ihr, richtete ihren Oberkörper auf, als Dean schon an ihnen vorbei hastete. Er holte alles aus sich heraus, obwohl die kalte Nachtluft in seiner Lunge brannte, obwohl seine Beine bereits schmerzten, wie schon lange nicht mehr. Hauptsache das Ding gelang nicht ins Wasser. Dann wäre es im Vorteil. Der Hakemann wandte sich immer wieder um. Dean konnte die glitzernden, gelben Augen sehen, seine Haut war schuppig und hatte eine gräuliche Färbung, fast erinnerte es an Gewitterwolken. Der Winchester biss die Zähne zusammen, er musste es einfach schaffen an ihn ranzukommen. Sein Griff um den silbernen Dolch war so fest, das die Knöchel weiß hervortraten. Er spürte die Unebenheit des Bodens, Angst machte sich in ihm breit, er könnte das Gleichgewicht verlieren, oder nicht schnell genug sein. Doch das Glück schien nicht auf ihrer Seite zu sein. Mit einem Mal verschwand der Hakemann aus seinem Blickfeld. Ein lautes Platschen folgte, als der schwere Körper auf die Wasseroberfläche traf und Dean lief geradewegs gegen den metallenen Zaun. Pfeifend schnappte er nach Luft und suchte das sich kräuselnde Wasser ab, doch er konnte nichts entdecken. Nach Atem ringend machte er langsam kehrt und schlurfte zu Sam und Christie zurück. „Ist alles okay?“, fragte Sam, in seinem extrem besorgten Ton, als er Christie stützte, die mittlerweile wieder auf beiden Beinen stehen konnte. „Sehe ich aus, als ob alles okay wäre?“, patzte sie ihn sofort an. Nein, natürlich nicht. Glücklicherweise hatte sie nur eine Wunde an der Schulter – wenn man da noch von Glück reden konnte. Ein Stück höher und es hätte ihr Halsschlagader erwischen können. Und dann wäre es vorbei gewesen. Beide merkten auf, als Dean wieder zu ihnen zurück kam, jedoch ohne erfreuliche Neuigkeiten. „Was war das?“, Christie's Stimme schwenkte bereits ins hysterische, ihre Augen huschten immer wieder über den Platz, in der Angst, dass das Monster zurückkommen würde. „Du solltest nach Hause gehen und zwar schnell.“ „Was? Nein!“ „Christie, das ist wirklich-“ „Nein, nein, nein! Was, wenn es mich wieder angreift, das war jetzt schon das zweite Mal!“ Sam warf seinem Bruder einen nervösen Blick zu. Vielleicht war es nur ein Hakemann, wenn sie Pech hatten, zwei, drei oder sogar noch mehr. Und wenn sie Christie alleine nach Hause laufen ließen, wäre sie noch immer in Gefahr. Aber das war sie jetzt auch. Und keiner von ihnen konnte alleine los ziehen, wenn sie nicht genau wussten, um wie viele es sich handelte. „Wir können sie nicht mitnehmen!“, herrschte Dean sofort, „Nicht solange wir nichts genaueres wissen.“ „Ihr nicht was wisst? Was soll der ganze Scheiß?“, sie begann bereits von einem Bein aufs andere zu treten, doch ihr Blick war so finster, wie die Nacht und dem Großen wurde dabei sogar ein wenig mulmig zu mute. Wie konnte ein so zierliches Mädchen nur so unglaublich böse gucken? Sam begann beinahe diese Merkmale zu übernehmen, doch hielt er sich nun doch eher an das Lippenkauen, als Dean auch schon Luft holte, um ihr alles zu beichten. Immerhin rannte ihnen die Zeit davon. „Wir sind Jäger!“ Christie sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an und konnte das ganze nicht so recht glauben: „Was?! Ihr jagt Menschen?“ Die Brüder stutzten für einen Moment. „Das was du da gesehen hast, war kein Mensch.“, startete nun der Jüngere, „Was genau hast du da gesehen, Christie?“ Die Frau, die mittlerweile wieder die gleiche Blässe angenommen hatte, wie zuvor, blickte sprachlos zwischen den beiden Männern umher. Die wollten sie doch verarschen, oder? Aber... das, was sie da gesehen hatte. Das konnte einfach nicht menschlich gewesen sein. „Da waren diese gelben Augen. Er- es hatte so spitze Zähne und Krallen. Ich hab versucht mich zu wehren und seine Haut war so schuppig und irgendwie glitschig.“ Keinen Augenblick später hatte Sam Christie am Arm gepackt und zog sie in die Richtung, aus der Dean vorher zurückgekommen war. Jetzt war es eh schon zu spät, die Brünette nach Hause zu begleiten, würden sie sich nicht beeilen, wäre der Hakemann längst weg. Mit einem leisen Murren kam Dean ihnen nach, hatte den Dolch noch immer fest in der Hand umschlossen. Es brauchte nicht lange, da hatte er die beiden überholt und führte sie nun weiter in die Richtung, aus der er gekommen war. „Hier.“, an einem bestimmten Punkt blieb er schließlich stehen und drehte sich schon in die entsprechende Richtung, „Willkommen in der Rocky Horror Picture Show.“ Sie wandten sich zu dem rötlichen Gebäude um. Also musste es sich doch um jemanden aus dieser Attraktion handeln. Nur Christie schien überraschter zu sein, als die beiden anderen. „Das Dungeon? Was wollt ihr denn hier?“, sie sträubte sich sichtlich, alleine bei dem Anblick und wollte am liebsten wieder gehen, doch Sam hielt sie fest. „Christie, dein Angreifer, kannst du dich noch an etwas anderes erinnern?“ „Etwas, was damit zu tun hat?“, startete sie direkt die Gegenfrage und brachte die beiden damit kurz zum staunen. Sie war immerhin nicht dumm, allerdings wollte sie schon den Kopf schütteln und verneinen, das ihr noch etwas einfiele, doch nach reichlicher Überlegung fügte sie noch leise hinzu: „Na ja, ich glaube es war eine Frau.“ „Eine Frau?“ Die Angesprochene reagierte nicht sofort, sondern war selbst am überlegen. Irgendwo hatte sie dieses Monstrum doch schon ein mal gesehen. Es fiel ihr gleich ein, diese Gesichtszüge, feminin, hohe Wangenknochen, doch wirkte es mehr als eingefallen. Wie die Statistin, die sie am Anfang ihrer Führung kennen gelernt hatten. Sie teilte es den beiden mit und keine Sekunde später hatte Dean es schon als Bestätigung aufgefasst, um in das Gebäude einzubrechen. Er friemelte am Schloss des Einganges herum, während sein Bruder ihm mit der Taschenlampe Licht spendete und zeitgleich ein Auge auf Christie warf. Nicht das sie abermals attackiert wurde. Ein leises Klicken war zu hören und Dean stieß die Tür auf. Natürlich ein einfaches Schloss, denn wer kam schon auf die Idee hier einzubrechen? Nun holte auch der Ältere seine Taschenlampe heraus und zu dritt gingen sie den stockdusteren Gang hinunter. „Erinnerst du dich noch an die Fahrt in dieser Wasserbahn? Vermutlich wird sie dort sein.“, Sam ebnete ihnen nun den Weg, denn Dean war der bessere Kämpfer. Aber anscheinend wurden die einzelnen Türen innerhalb des Dungeon nicht extra verriegelt. „Das Wasser ist doch gerade mal knietief.“, antwortete Dean skeptisch, bekam aber auch gleich die Antwort von ihrem Anhängsel serviert: „Es muss irgendein Auffangbecken geben, einen Reinigungsbereich oder Ähnliches.“ Er sah Christie nur ungläubig an, während Sam sich weiter durch kämpfte. Bisher waren sie niemandem begegnet. Die Räumlichkeiten wirkten in den kleinen Lichtkegel der Taschenlampen um einiges schauriger, als während er Führung. Sie schafften es kaum einen ganzen Raum, geschweige denn gerade so eine Ecke aus zu leuchten. Gegenstände warfen lange Schatten, spielten ihnen Bewegungen vor, doch jeder Raum war genauso still, wie der Raum zuvor. Ihre Schritte hallten viel zu laut von den Wänden wieder und es schien sich ewiglich hinzu ziehen, ehe sie den gesuchten Raum erreichten. Das Wasser schwang leicht hin und her in dem Schein der Taschenlampen, als wäre es vor wenigen Sekunden noch bewegt worden. Sam stieß die Tür zum Ausgang dieses Bereiches auf, der nur von einer dünnen Holzwand vom Eingang getrennt wurde. Kurz klärte er dort die Lage. Niemand war hier. „Jungs, ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist.“, Christie blieb die ganze Zeit über in ihrer Nähe. Zum einen aus Furcht vor dem Alleinsein in dieser grotesken Umgebung. Zum anderen war sie sich nicht sicher, ob es so eine gute Idee war hier einfach einzubrechen. Und was war mit diesem Ding, das sie verfolgt hatte? „Bleib einfach ruhig, ja?“, murmelte Dean und holte Anlauf um über den kleinen Wasserlauf auf die andere Seite zu springen. „Aber-?“ „Ruhe hab ich gesagt!“, zischte Dean mit Nachdruck und verlor fast den Halt. Die perfekte Gelegenheit. Ein leises Knartschen, das kurze Zucken in den Schatten und ein furchterregendes Glitzern in den gelben Augen. Mit einem tiefen Grollen stürzte sich der Hakemann auf Christie und trennte sie von Sam. Ein spitzer Schrei durchschnitt die Stille. Sam strauchelte und versuchte sich abzufangen, doch stolperte er über die Requisite und legte sich der Länge nach hin. Die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst und er hörte noch das Scheppern, als der silberne Dolch aus seinen Händen fiel. „Sammy!“, mit weit aufgerissenen Augen hatte Dean diesem Überfall beigewohnt, ehe er wieder zu sich fand und erneut über den Wasserlauf springen wollte, doch mit einem Mal wurde er von hinten gepackt, ein brennender Schmerz zog sich durch seinen rechten Arm und er blickte in diese listigen gelben Augen. Ein zweiter! „Sam?!“, Dean kämpfte, wehrte sich, doch er würde den verdammten Dolch nicht fallen lassen. Das Brennen an seinem Arm wurde schlimmer, der Hakemann bohrte seine Krallen tief in das Fleisch des Winchester, er konnte spüren, wie das warme Blut über seinen Arm floss. Sam kam wieder auf die Beine, sein Puls raste und er schnappte sich die Taschenlampe, mit der er panisch den Boden absuchte, doch er konnte den Dolch nirgends ausmachen, er wurde immer hektischer, je länger er brauchte, Christie's schrille Rufe hallten noch immer durch seinen Kopf doch- sie klangen weiter entfernt. Ein Glitzern, der Dolch! Endlich! Mit einem Satz sprang der Große in die entsprechende Richtung und hob siegessicher das edle Metall in die Höhe. Ruckartig hörte er sich um, als er ein weiteres Schnaufen vernahm. Sein Bruder war noch immer gefangen, doch der Jäger schien zu sehr mit seiner Beute beschäftigt zu sein. Sam hatte es innerhalb weniger Augenblicke auf die andere Seite geschafft und entschlossen packte er dieses Wesen an den Haaren, bevor er beherzt den Silberdolch in dessen Rücken stieß. Ein verzerrter Schmerzensschrei hallte durch die leeren Gänge, Dean spürte, wie die Umklammerung nach ließ und er stolperte nach vorne, konnte sich gerade noch fangen, bevor er ins Wasser fiel. Abrupt drehte er sich um und sah seinen Bruder ebenso gehetzt an, wie dieser ihn, ehe sie beide den Blick auf das elendig verreckende Wesen warfen - gut, das Silber half wenigstens. „Wo ist der andere?“ Christie's Schreie klangen so dumpf, hoffentlich waren sie nicht allzu weit.weg. Und Sam musste doch auch erst seinem Bruder helfen, oder nicht? Schnell warf er diese Gedanken ab, bevor irgendwelche Schuldgefühle ihn befallen konnten. Dafür hätte er noch Zeit, würden sie der Frau nicht mehr helfen können. „Sie sind hier klar im Heimvorteil.“, merkte Sam an und versuchte die Richtung zu bestimmen. Sie waren eindeutig dahin verschwunden, wo sie vor wenigen Minuten herkamen. „Aber einen von ihnen haben wir schon. Das schüchtert ein.“, es war, als würde Dean sich gar nicht unterkriegen lassen. Nicht von so ein paar übernatürlichen Wesen, nicht von so einer Fleischwunde. Tapfer drückte er seine freie Hand auf die Verletzung und überquerte wieder das Wasser, bevor er seinen Bruder vorgehen ließ, dessen ganze Mobilität noch intakt war. Sam leuchtete die dunklen Flure hinab. Christie's Schreie waren verstummt und das mulmige Gefühl kehrte in seinen Magen zurück. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät. Doch dieses Mal würden sie auf jeden Fall mehr aufeinander acht geben, sollten sie noch mal angegriffen werden. Doch es blieb still. Mit angespannten Mienen gingen sie durch die Räume zurück, bis sie schließlich das Spiegellabyrinth erreichten. Das widergespiegelte Licht blendete. Es war, als würden beide den Atem anhalten. Keine zu schnellen Bewegungen. Hier waren sie förmlich auf dem Präsentierteller dargeboten. Noch vorsichtiger tasteten sie sich voran. Schritt für Schritt. Doch ihre Bewegungen waren wie gerädert, die unheimliche Stille schnürte ihnen die Kehle zu und jede ihrer Bewegungen wurde als eine fremde wahrgenommen. Dean gab seinem Bruder Rückendeckung, Sam lotste sie an den Spiegeln vorbei, doch abermals liefen sie in eine Sackgasse. „Verdammtes Labyrinth.“, Dean's grüne Augen huschten über die Spiegel und er könnte schwören, das er die gelben Augen aufblitzen sah, doch dann war es nur der Schein der kleinen Taschenlampen. Automatisch blieb der Ältere stehen und Sam wäre fast in ihn hinein gelaufen, doch er stoppte ebenso abrupt. Sie senkten das Licht der Lampen und gaben ihren eigenen Augen eine kurze Chance. Tiefes Grollen rollte durch den Raum. Eine schattenhafte Bewegung, nur für den Bruchteil einer Sekunde huschte an ihnen vorbei. Sam stockte der Atem. Er hätte schwören können, das er Christie's panisches Gesicht gesehen hatte, Augen in denen sich blankes Entsetzen widerspiegelte. Ohne weiter zu überlegen packte er Dean am Ärmel und zog ihn weiter. Er tastete sich an den Spiegeln entlang und versuchte diesem Monster hinterher zu jagen. Gedanken überfluteten seinen Kopf. Was, wenn es nur eine Illusion war? Ein Trick? Er sollte daran lieber nicht weiter denken. Fest entschlossen schlich er durch die Gänge und zuckte fast bei jeder Bewegung zusammen und umklammerte den Dolch noch fester, doch erst war es nur Dean, der sich losgerissen hatte und seinem Bruder wieder eigenständig folgte. „Da drüben!“, Dean sprintete los, die Hand ausgestreckt und ein panischer Schrei schallte los, ehe dieser auch wieder erstickt wurde. Der Ältere riss Christie aus den Armen des Ungeheuers und keinen Augenblick später stürzte sich Sam auf das Wesen. Er packte es bei seinen glitschigen Haaren und zog es von Christie und Dean weg und als dies geschafft war, legte er den Arm über dessen Schulter und Brust, um sie- ja sie, an Ort und Stelle zu halten. Er konnte deutlich die Rundungen des weiblichen Körpers spüren, doch sie war ganz schön kräftig, denn sie versuchte sich zu wehren, als er das Messer erhob und rammte dem Winchester immer wieder den Ellbogen in den Magen und trat gegen seine Schienbeine. Sam klammerte sich fast schon an sie, doch das Wesen ließ nicht locker und wehrte sich nur noch heftiger, bis Sam den Halt verlor und zurück taumelte. Über seinen Arm zog sich eine leichte Schleimspur, welche er erst verwundert betrachtete, doch darüber konnte er sich doch jetzt keine Gedanken machen, sein panischer Blick richtete sich auf den taumelnden Hakemann, wie er sich wieder fasste und nach vorne preschen wollte. Doch hatte er die Rechnung ohne Dean gemacht, der mit einem Satz vor dem Monster stand und erbarmungslos den silbernen Dolch in dessen Brust rammte. Sie taumelte erneut, schmerzerfülltes, panisches Kreischen hallte durch das Labyrinth. Es ließ die Spiegel wackeln und klang doch so menschlich, das es Sam die Kehle zuschnürte, ehe es wieder verstummte und der Hakemann leblos auf dem Boden zusammen sank. Erst, nachdem es sich nicht mehr regte, wagten sie auszuatmen. Epilog: ...sind das Ende ------------------------ Erleichterung machte sich erst breit, nachdem der Morgen angebrochen war und keine weiteren Komplikationen aufgetaucht waren, wie das verschwinden jeglicher Nichtschwimmer zum Beispiel. Christie hatte sich dazu entschlossen unten vor dem Hotel zu warten und das ganze noch ein wenig zu verdauen, bevor es nun endgültig hieß, Abschied zu nehmen. Sam und Dean packten noch die letzten Sachen zusammen, damit auch ja nichts auf ihren wundersamen Job hinweisen könnte und begaben sich dann auch nach unten. Man sah den beiden Brüdern an, das sie nun entspannter waren, doch ein wenig drückte die Verabschiedung schon aufs Gemüt. „Also. Dann.“, stammelte Sam und wusste nicht so recht, was er von sich geben sollte. Es waren zwar nur wenige Tage gewesen und Christie kannte er ja kaum, aber sie war ihm immerhin von Anfang an sympathisch erschienen. Dean sah den Großen mit hochgezogener Augenbraue an. Wenn das so weiter ging, würden sie sicher noch bis Morgen hier stehen. Und der Tag war noch jung. „Ich denke ihr solltet gehen.“, sagte das Mädchen schließlich von alleine und lächelte leicht. Sie war ihnen noch immer so unglaublich dankbar, das die beiden ihr das Leben gerettet hatten. Vor diesem komischen Ding. So ganz glauben, das es solche Wesen tatsächlich gab, konnte sie es noch immer nicht. Doch die Brüder hatten ihr angeboten, sie anrufen zu können, wenn sich etwas seltsames abspielte. Sam nickte nur leicht und nahm die Kleine zum Abschied in den Arm, genauso, wie es auch Dean tat und sich ihre Wege schlussendlich doch trennten. Der Kleine klopfte Sam auf die Schulter, als sie die erste Biegung hinter sich hatten und dieser noch immer so einen deprimierten Ausdruck aufgelegt hatte. „Keine Sorge, du kommst drüber hinweg.“, murmelte er aufmunternd, doch Sam warf nur einen kurzen Blick zu seinem Bruder. „Ich trauere nicht wegen dem Abschied – es ist was anderes.“ Dean verstand nicht sofort und schüttelte leicht den Kopf: „Gott, was hast du denn jetzt schon wieder?“, als wäre es nicht schlimm genug gewesen, das Sammy sich praktisch von einer Frau hatte überwältigen lassen – auch wenn es eigentlich nur wilde Schläge und Tritte gewesen waren – und irgendwie auch keine richtige Frau. Sam's Gesichtszüge veränderten sich schlagartig. Er blickte seinen älteren Bruder entschuldigend an und zog etwas aus seiner Jackentasche. Verblüfft starrte Dean das Papier an und nahm dieses dann entgegen um es zu mustern. Was das bloß sein konnte? Keinen Augenblick später blieb sein Herz stehen und er wurde kreidebleich. „Nein! Ich steig in kein verdammtes Flugzeug!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)