Stille Wasser von GodOfMischief ================================================================================ Kapitel 3: ...sind übernatürlich -------------------------------- Kaum war Christie verschwunden, lag Sam's Blick wieder auf dem Monitor und statt des ruhigen Klackerns der Tasten, formte sich daraus allmählich ein immer unruhigeres Schlagen. Dean wollte schon einen gehässigen Kommentar abgeben, doch sein Bruder hätte sicher nicht reagiert, so konzentriert war er. Und als er nach einigen Minuten keine Rückmeldung erhalten hatte, runzelte auch er die Stirn: „Was ist? Hast du was gefunden?“ Sam war noch immer fleißig am tippen, doch begann er bereits die einzelnen Puzzleteile zusammen zu fügen: „Alle Opfer konnten nicht schwimmen. Christie wurde gestern Nacht angegriffen und konnte auch nicht schwimmen.“ „Das heißt wir haben Nichtschwimmer, denen Organe fehlen.“, schlussfolgerte der Ältere und hob misstrauisch eine Augenbraue, ob das denn nun wirklich Sam's Ernst war, „Organhandel?“ „Glaub ich kaum. Wären es solche, wäre nicht die Hälfte der Organe so zugerichtet worden.“, Sam antwortete ganz so, als hätte er den Sarkasmus in Dean's Stimme nicht heraus gehört. „Was ist mit den Schuppen, die wir gefunden haben?“ Sam schwieg und Dean rollte schon genervt mit den Augen, während sein Blick eher an der hübschen, blonden Bedienung klebte, erst, als er das Klackern der Tastatur nicht mehr vernahm, blickte er wieder zu seinem Bruder. „Hast du was gefunden?“, bohrte der Ältere nach und ihm missfiel es, das Sam noch immer nicht antwortete, sondern seine braunen Augen über die Zeilen gleiten ließ. Er beugte sich schon ein Stück vor, in der Hoffnung einen Blick auf den Monitor zu erhaschen, doch vergeblich. „Hör dir das an!“, der Jüngere schien mit einem Mal wieder unter den Lebenden zu weilen und seine Augen strahlten ein Funkeln aus, als hätte er den Fang des Tages gemacht, „Der Hakemann ist ein Wesen, halb Mensch, halb Fisch. Hauptsächlich ernährt er sich von Fischen, doch gerne auch mal von Menschen. Er zog Kinder, die nicht schwimmen konnten mit einem Hakenstock ins Wasser und ließ sie elendig ertrinken. Deshalb sollte auch jedes Kind schwimmen lernen, um nicht von ihm erwischt zu werden.“ Dean runzelte die Stirn, von so einem Wesen hatte er noch nie gehört. Nie. Aber gut, vielleicht lag es einfach daran, das sie in einem anderen Land waren. „Also haben wir es mit so einem Hakemann zu tun?“, fragte er auch sogleich nach. „Das erscheint logisch. Die Opfer konnten alle nicht schwimmen, Organe fehlten, der Rest war bis zur Unkenntnis zerstückelt. Es ist also gut möglich.“ „Steht da, wie man es töten kann?“ Sam blickte wieder auf seinen Laptop und nach einigen Augenblicken meldete er sich wieder zu Wort: „Halb Mensch, halb Fisch. Hier wird ebenfalls auf Meerjungmänner und -fauen hingewiesen. Eine Verwandtschaft ist nicht auszuschließen.“ Er klickte sich weiter durch die Seiten. „Also ist das einzige, was sie töten kann-“, begann Dean schon und beobachtete den Verlauf der Seiten, die Sam öffnete, bis dieser den Satz zu Ende führte: „Pures Silber.“ Beide schwiegen sich aus. Sie hatten keine richtigen Verdächtigen, niemanden, der in Frage kam auch nur annähernd Übernatürlich zu sein. Von purem Silber konnte man hier gar nicht erst anfangen. „Also unsere Hauptverdächtigen stammen aus dem Dungeon?“, Dean schien heute mehr zum Nachfragen aufgelegt zu sein. „Jap. Und wo bekommen wir das Silber her?“ Der Ältere schwieg, bevor er sich mit einem Seufzen erhob und das Geld für Essen und Getränke einfach auf den Tisch legte. „Ich werde was suchen gehen, du gehst zurück zum Hotel und bereitest alles vor. Wir treffen uns dann nachher dort, wenn was ist, rufst du sofort an.“ Dean hatte als erstes das Restaurant verlassen und lief auch sofort in Richtung Innenstadt, Sam kam keinen Augenblick nach ihm heraus und zog noch den Reißverschluss seiner Tasche zu, in der er den Laptop verstaut hatte, welcher noch immer auf Stand-by lief. Nur für den Fall. Auch er setzte dann seinen Weg fort und machte sich direkt in die andere Richtung auf, damit er schnellstmöglich zum Hotel zurück kam. Sam beeilte sich, glücklicherweise hatte er lange Beine, somit konnte er auch schneller gehen, doch die kalte Abendluft schnitt ihn und ließ ihn recht schnell frieren. Deutschland war ein verdammt kaltes Land. Glücklicherweise war das warme Gebäude nicht allzu weit entfernt, sodass er mit schnellen Schritten durch die Hotelhalle ging, der Rezeptionistin kurz zunickte und dann die Treppen erklomm um auf das Zimmer zu kommen. Auch hier war es recht kalt, sie hatten eben vergessen die Heizung anzustellen und vermutlich war auch gelüftet worden. Aber das war jetzt doch eigentlich egal. Sam legte seine Tasche ab und baute den Laptop wieder auf, in der Zeit, in der dieser hoch fuhr, durchsuchte er ebenfalls seine Taschen nach etwas Silbernem. Die Waffen hatten sie zwar daheim lassen müssen, aber möglich war es doch, das sie etwas spitzes, brauchbares dabei hatten. Dachte sich Sam zumindest, aber Fehlanzeige. Also konnte er doch gleich die Zeit nutzen, in der sein Bruder nicht da war und ein wenig weiter recherchieren. Das übliche eben. Dean machte sich gerade auf den Rückweg, von einem Geschäft, das soeben seine Pforten hatte schließen wollen. Gerade noch so hatte er den Besitzer überreden können – ein netter Schotte übrigens – das er ein Geschenk bräuchte, es könne nicht mehr bis Morgen warten und was er sich nicht noch alles dazu ausgedacht hatte. Und nun hielt er zwei wunderschöne, silberne Dolche in der Hand. Pures Silber – die gefälschten Kreditkarten, die sie dabei hatten, wären somit sicherlich unbrauchbar. Das Strahlen auf dem Gesicht des Winchester, verblasste gar nicht mehr und voller Stolz betrat er die Hotelhalle, zwinkerte der Empfangsfrau zu und ging in einem selbstbewussten Schritt die Treppen hinauf zu ihrem Zimmer. Eigentlich brauchte er sich gar nicht so übermäßig zu freuen, denn das Schwerste lag noch vor ihnen. Aber es war schon fast unverschämtes Glück, das er jetzt noch welche gekriegt hatte. Er öffnete die Tür und legte diese Errungenschaften auf die Kommode direkt daneben, als ein plötzliches Keuchen ihn aufmerksam werden ließ. „Sammy?“ Sam Winchester kauerte neben dem Bett, das Gesicht schmerzverzerrt, die Hand hatte er an den Kopf gelegt, als könne er so die Schmerzen verbannen. Es fühlte sich an, als würde dieser gleich explodieren, es frass sich regelrecht durch sein Hirn und zeigte ihm Bilder die er nie sehen wollte. Die dunkle Straße, das wenige Licht, das sich auf der Wasseroberfläche spiegelte. Die Szenerie wurde schärfer, als wäre er selbst dort. Er konnte sogar das schnelle Klackern von Absätzen hören und dann sah er sie. Christie. Sie hatte noch ihre Arbeitsuniform an und war auf dem Weg nach Hause. Ihr Atem war durch das Tempo beschleunigt, der Blick streng auf den Boden gerichtet. Sieh nichts Böses. Er konnte das Schlagen des Wassers gegen die Hafenmauern vernehmen, es wurde immer stärker. Christie blieb stehen, sah sich um. Plötzlich packte sie etwas am Bein, sie schrie auf und wehrte sich. Der Panikschrei verwandelte sich immer mehr in einen Schmerzensschrei. Sein Blick blieb an dem Boden haften, über den sich eine Blutspur zog. Sam versuchte auszumachen, wo sie sich befanden, irgendein kleiner Hinweis. Dann stockte er, nur kurz. Die vergoldeten Buchstaben waren unverkennbar. Hamburg Dungeon. Im nächsten Moment wurde er schon aus der Szenerie gerissen. Er blickte Dean in sein besorgtes Gesicht. Sein Bruder hatte ihn an den Schultern gepackt und leicht geschüttelt. Der Schmerz und die leichte Übelkeit vergingen langsam, doch natürlich brummte sein Schädel noch immer ein wenig. Hoffentlich legte sich das bald. Diese Visionen waren ihm nicht geheuer. „Wir müssen los.“, keuchte er und erhob sich schließlich wankend. Er konnte nicht zulassen, das es mit Christie auch so weit kam. Auf keinen Fall. Dean sah ihn ungläubig an: „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Sam hörte, stur wie er war, gar nicht mehr zu, er war bereits dabei das Zimmer zu sondieren und hatte auch gleich die Errungenschaften von Dean ins Visier genommen. „Sam!“, versuchte der Ältere es nun strenger in einem herrischen Ton, „Was hast du gesehen?“ „Christie, verdammt!“ Dean stockte und langsam machte es in seinem Kopf Klick. Sie war schon mal angegriffen worden. Sie konnte nicht schwimmen. Keine Sekunde später hatte er den silbernen Dolch in der Hand und stürzte mit Sam raus auf den Gang, hinunter in die Hotelhalle und schließlich ins Freie. Sam, dank seiner langen Beine, eilte voraus, er wusste genau, wo sie hin mussten und manövrierte sie über Brücken und durch schmale Straßen. Es war nicht mehr weit, als ein Schrei die Nacht durchriss. Kurzschluss. Sam begann schneller zu rennen, holte alles aus sich heraus und merkte kaum mehr, wie sein Herz kurz vorm bersten stand und sein Atem viel zu schnell wurde. Dean setzte sofort hinterher, versuchte mit dem Großen mitzuhalten, doch wurde der Abstand zwischen ihnen immer größer. Ein weiterer Schrei schallte von den Wänden wieder, vermischte sich mit dem unregelmäßiger werdenden Wellengang. Verzweifelt und immer qualvoller klang es. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät! Sam flog fast aus der Kurve, doch dann sah er sie! Christie wandte sich vor Schmerzen auf dem Rücken, wehrte sich, so stark sie nur konnte und über ihr war dieses Monster gebeugt. Dean kam direkt darauf um die Ecke und erblickte die beiden ebenfalls, bevor er noch einen Zahn zulegte. „Hey!“, das Monster blickte bei dem Ruf auf. Gelbe Augen spiegelten sich im Schein der Lampe, dann sprang es plötzlich auf und eilte davon. Sam fiel vollkommen außer Atem neben Christie auf die Knie. Ihr Gesicht spiegelte blanke Panik wieder, doch ihre Verletzungen waren nur halb so schlimm, wie er es ihre Schreie vermuten ließen. Sam blieb bei ihr, richtete ihren Oberkörper auf, als Dean schon an ihnen vorbei hastete. Er holte alles aus sich heraus, obwohl die kalte Nachtluft in seiner Lunge brannte, obwohl seine Beine bereits schmerzten, wie schon lange nicht mehr. Hauptsache das Ding gelang nicht ins Wasser. Dann wäre es im Vorteil. Der Hakemann wandte sich immer wieder um. Dean konnte die glitzernden, gelben Augen sehen, seine Haut war schuppig und hatte eine gräuliche Färbung, fast erinnerte es an Gewitterwolken. Der Winchester biss die Zähne zusammen, er musste es einfach schaffen an ihn ranzukommen. Sein Griff um den silbernen Dolch war so fest, das die Knöchel weiß hervortraten. Er spürte die Unebenheit des Bodens, Angst machte sich in ihm breit, er könnte das Gleichgewicht verlieren, oder nicht schnell genug sein. Doch das Glück schien nicht auf ihrer Seite zu sein. Mit einem Mal verschwand der Hakemann aus seinem Blickfeld. Ein lautes Platschen folgte, als der schwere Körper auf die Wasseroberfläche traf und Dean lief geradewegs gegen den metallenen Zaun. Pfeifend schnappte er nach Luft und suchte das sich kräuselnde Wasser ab, doch er konnte nichts entdecken. Nach Atem ringend machte er langsam kehrt und schlurfte zu Sam und Christie zurück. „Ist alles okay?“, fragte Sam, in seinem extrem besorgten Ton, als er Christie stützte, die mittlerweile wieder auf beiden Beinen stehen konnte. „Sehe ich aus, als ob alles okay wäre?“, patzte sie ihn sofort an. Nein, natürlich nicht. Glücklicherweise hatte sie nur eine Wunde an der Schulter – wenn man da noch von Glück reden konnte. Ein Stück höher und es hätte ihr Halsschlagader erwischen können. Und dann wäre es vorbei gewesen. Beide merkten auf, als Dean wieder zu ihnen zurück kam, jedoch ohne erfreuliche Neuigkeiten. „Was war das?“, Christie's Stimme schwenkte bereits ins hysterische, ihre Augen huschten immer wieder über den Platz, in der Angst, dass das Monster zurückkommen würde. „Du solltest nach Hause gehen und zwar schnell.“ „Was? Nein!“ „Christie, das ist wirklich-“ „Nein, nein, nein! Was, wenn es mich wieder angreift, das war jetzt schon das zweite Mal!“ Sam warf seinem Bruder einen nervösen Blick zu. Vielleicht war es nur ein Hakemann, wenn sie Pech hatten, zwei, drei oder sogar noch mehr. Und wenn sie Christie alleine nach Hause laufen ließen, wäre sie noch immer in Gefahr. Aber das war sie jetzt auch. Und keiner von ihnen konnte alleine los ziehen, wenn sie nicht genau wussten, um wie viele es sich handelte. „Wir können sie nicht mitnehmen!“, herrschte Dean sofort, „Nicht solange wir nichts genaueres wissen.“ „Ihr nicht was wisst? Was soll der ganze Scheiß?“, sie begann bereits von einem Bein aufs andere zu treten, doch ihr Blick war so finster, wie die Nacht und dem Großen wurde dabei sogar ein wenig mulmig zu mute. Wie konnte ein so zierliches Mädchen nur so unglaublich böse gucken? Sam begann beinahe diese Merkmale zu übernehmen, doch hielt er sich nun doch eher an das Lippenkauen, als Dean auch schon Luft holte, um ihr alles zu beichten. Immerhin rannte ihnen die Zeit davon. „Wir sind Jäger!“ Christie sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an und konnte das ganze nicht so recht glauben: „Was?! Ihr jagt Menschen?“ Die Brüder stutzten für einen Moment. „Das was du da gesehen hast, war kein Mensch.“, startete nun der Jüngere, „Was genau hast du da gesehen, Christie?“ Die Frau, die mittlerweile wieder die gleiche Blässe angenommen hatte, wie zuvor, blickte sprachlos zwischen den beiden Männern umher. Die wollten sie doch verarschen, oder? Aber... das, was sie da gesehen hatte. Das konnte einfach nicht menschlich gewesen sein. „Da waren diese gelben Augen. Er- es hatte so spitze Zähne und Krallen. Ich hab versucht mich zu wehren und seine Haut war so schuppig und irgendwie glitschig.“ Keinen Augenblick später hatte Sam Christie am Arm gepackt und zog sie in die Richtung, aus der Dean vorher zurückgekommen war. Jetzt war es eh schon zu spät, die Brünette nach Hause zu begleiten, würden sie sich nicht beeilen, wäre der Hakemann längst weg. Mit einem leisen Murren kam Dean ihnen nach, hatte den Dolch noch immer fest in der Hand umschlossen. Es brauchte nicht lange, da hatte er die beiden überholt und führte sie nun weiter in die Richtung, aus der er gekommen war. „Hier.“, an einem bestimmten Punkt blieb er schließlich stehen und drehte sich schon in die entsprechende Richtung, „Willkommen in der Rocky Horror Picture Show.“ Sie wandten sich zu dem rötlichen Gebäude um. Also musste es sich doch um jemanden aus dieser Attraktion handeln. Nur Christie schien überraschter zu sein, als die beiden anderen. „Das Dungeon? Was wollt ihr denn hier?“, sie sträubte sich sichtlich, alleine bei dem Anblick und wollte am liebsten wieder gehen, doch Sam hielt sie fest. „Christie, dein Angreifer, kannst du dich noch an etwas anderes erinnern?“ „Etwas, was damit zu tun hat?“, startete sie direkt die Gegenfrage und brachte die beiden damit kurz zum staunen. Sie war immerhin nicht dumm, allerdings wollte sie schon den Kopf schütteln und verneinen, das ihr noch etwas einfiele, doch nach reichlicher Überlegung fügte sie noch leise hinzu: „Na ja, ich glaube es war eine Frau.“ „Eine Frau?“ Die Angesprochene reagierte nicht sofort, sondern war selbst am überlegen. Irgendwo hatte sie dieses Monstrum doch schon ein mal gesehen. Es fiel ihr gleich ein, diese Gesichtszüge, feminin, hohe Wangenknochen, doch wirkte es mehr als eingefallen. Wie die Statistin, die sie am Anfang ihrer Führung kennen gelernt hatten. Sie teilte es den beiden mit und keine Sekunde später hatte Dean es schon als Bestätigung aufgefasst, um in das Gebäude einzubrechen. Er friemelte am Schloss des Einganges herum, während sein Bruder ihm mit der Taschenlampe Licht spendete und zeitgleich ein Auge auf Christie warf. Nicht das sie abermals attackiert wurde. Ein leises Klicken war zu hören und Dean stieß die Tür auf. Natürlich ein einfaches Schloss, denn wer kam schon auf die Idee hier einzubrechen? Nun holte auch der Ältere seine Taschenlampe heraus und zu dritt gingen sie den stockdusteren Gang hinunter. „Erinnerst du dich noch an die Fahrt in dieser Wasserbahn? Vermutlich wird sie dort sein.“, Sam ebnete ihnen nun den Weg, denn Dean war der bessere Kämpfer. Aber anscheinend wurden die einzelnen Türen innerhalb des Dungeon nicht extra verriegelt. „Das Wasser ist doch gerade mal knietief.“, antwortete Dean skeptisch, bekam aber auch gleich die Antwort von ihrem Anhängsel serviert: „Es muss irgendein Auffangbecken geben, einen Reinigungsbereich oder Ähnliches.“ Er sah Christie nur ungläubig an, während Sam sich weiter durch kämpfte. Bisher waren sie niemandem begegnet. Die Räumlichkeiten wirkten in den kleinen Lichtkegel der Taschenlampen um einiges schauriger, als während er Führung. Sie schafften es kaum einen ganzen Raum, geschweige denn gerade so eine Ecke aus zu leuchten. Gegenstände warfen lange Schatten, spielten ihnen Bewegungen vor, doch jeder Raum war genauso still, wie der Raum zuvor. Ihre Schritte hallten viel zu laut von den Wänden wieder und es schien sich ewiglich hinzu ziehen, ehe sie den gesuchten Raum erreichten. Das Wasser schwang leicht hin und her in dem Schein der Taschenlampen, als wäre es vor wenigen Sekunden noch bewegt worden. Sam stieß die Tür zum Ausgang dieses Bereiches auf, der nur von einer dünnen Holzwand vom Eingang getrennt wurde. Kurz klärte er dort die Lage. Niemand war hier. „Jungs, ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist.“, Christie blieb die ganze Zeit über in ihrer Nähe. Zum einen aus Furcht vor dem Alleinsein in dieser grotesken Umgebung. Zum anderen war sie sich nicht sicher, ob es so eine gute Idee war hier einfach einzubrechen. Und was war mit diesem Ding, das sie verfolgt hatte? „Bleib einfach ruhig, ja?“, murmelte Dean und holte Anlauf um über den kleinen Wasserlauf auf die andere Seite zu springen. „Aber-?“ „Ruhe hab ich gesagt!“, zischte Dean mit Nachdruck und verlor fast den Halt. Die perfekte Gelegenheit. Ein leises Knartschen, das kurze Zucken in den Schatten und ein furchterregendes Glitzern in den gelben Augen. Mit einem tiefen Grollen stürzte sich der Hakemann auf Christie und trennte sie von Sam. Ein spitzer Schrei durchschnitt die Stille. Sam strauchelte und versuchte sich abzufangen, doch stolperte er über die Requisite und legte sich der Länge nach hin. Die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst und er hörte noch das Scheppern, als der silberne Dolch aus seinen Händen fiel. „Sammy!“, mit weit aufgerissenen Augen hatte Dean diesem Überfall beigewohnt, ehe er wieder zu sich fand und erneut über den Wasserlauf springen wollte, doch mit einem Mal wurde er von hinten gepackt, ein brennender Schmerz zog sich durch seinen rechten Arm und er blickte in diese listigen gelben Augen. Ein zweiter! „Sam?!“, Dean kämpfte, wehrte sich, doch er würde den verdammten Dolch nicht fallen lassen. Das Brennen an seinem Arm wurde schlimmer, der Hakemann bohrte seine Krallen tief in das Fleisch des Winchester, er konnte spüren, wie das warme Blut über seinen Arm floss. Sam kam wieder auf die Beine, sein Puls raste und er schnappte sich die Taschenlampe, mit der er panisch den Boden absuchte, doch er konnte den Dolch nirgends ausmachen, er wurde immer hektischer, je länger er brauchte, Christie's schrille Rufe hallten noch immer durch seinen Kopf doch- sie klangen weiter entfernt. Ein Glitzern, der Dolch! Endlich! Mit einem Satz sprang der Große in die entsprechende Richtung und hob siegessicher das edle Metall in die Höhe. Ruckartig hörte er sich um, als er ein weiteres Schnaufen vernahm. Sein Bruder war noch immer gefangen, doch der Jäger schien zu sehr mit seiner Beute beschäftigt zu sein. Sam hatte es innerhalb weniger Augenblicke auf die andere Seite geschafft und entschlossen packte er dieses Wesen an den Haaren, bevor er beherzt den Silberdolch in dessen Rücken stieß. Ein verzerrter Schmerzensschrei hallte durch die leeren Gänge, Dean spürte, wie die Umklammerung nach ließ und er stolperte nach vorne, konnte sich gerade noch fangen, bevor er ins Wasser fiel. Abrupt drehte er sich um und sah seinen Bruder ebenso gehetzt an, wie dieser ihn, ehe sie beide den Blick auf das elendig verreckende Wesen warfen - gut, das Silber half wenigstens. „Wo ist der andere?“ Christie's Schreie klangen so dumpf, hoffentlich waren sie nicht allzu weit.weg. Und Sam musste doch auch erst seinem Bruder helfen, oder nicht? Schnell warf er diese Gedanken ab, bevor irgendwelche Schuldgefühle ihn befallen konnten. Dafür hätte er noch Zeit, würden sie der Frau nicht mehr helfen können. „Sie sind hier klar im Heimvorteil.“, merkte Sam an und versuchte die Richtung zu bestimmen. Sie waren eindeutig dahin verschwunden, wo sie vor wenigen Minuten herkamen. „Aber einen von ihnen haben wir schon. Das schüchtert ein.“, es war, als würde Dean sich gar nicht unterkriegen lassen. Nicht von so ein paar übernatürlichen Wesen, nicht von so einer Fleischwunde. Tapfer drückte er seine freie Hand auf die Verletzung und überquerte wieder das Wasser, bevor er seinen Bruder vorgehen ließ, dessen ganze Mobilität noch intakt war. Sam leuchtete die dunklen Flure hinab. Christie's Schreie waren verstummt und das mulmige Gefühl kehrte in seinen Magen zurück. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät. Doch dieses Mal würden sie auf jeden Fall mehr aufeinander acht geben, sollten sie noch mal angegriffen werden. Doch es blieb still. Mit angespannten Mienen gingen sie durch die Räume zurück, bis sie schließlich das Spiegellabyrinth erreichten. Das widergespiegelte Licht blendete. Es war, als würden beide den Atem anhalten. Keine zu schnellen Bewegungen. Hier waren sie förmlich auf dem Präsentierteller dargeboten. Noch vorsichtiger tasteten sie sich voran. Schritt für Schritt. Doch ihre Bewegungen waren wie gerädert, die unheimliche Stille schnürte ihnen die Kehle zu und jede ihrer Bewegungen wurde als eine fremde wahrgenommen. Dean gab seinem Bruder Rückendeckung, Sam lotste sie an den Spiegeln vorbei, doch abermals liefen sie in eine Sackgasse. „Verdammtes Labyrinth.“, Dean's grüne Augen huschten über die Spiegel und er könnte schwören, das er die gelben Augen aufblitzen sah, doch dann war es nur der Schein der kleinen Taschenlampen. Automatisch blieb der Ältere stehen und Sam wäre fast in ihn hinein gelaufen, doch er stoppte ebenso abrupt. Sie senkten das Licht der Lampen und gaben ihren eigenen Augen eine kurze Chance. Tiefes Grollen rollte durch den Raum. Eine schattenhafte Bewegung, nur für den Bruchteil einer Sekunde huschte an ihnen vorbei. Sam stockte der Atem. Er hätte schwören können, das er Christie's panisches Gesicht gesehen hatte, Augen in denen sich blankes Entsetzen widerspiegelte. Ohne weiter zu überlegen packte er Dean am Ärmel und zog ihn weiter. Er tastete sich an den Spiegeln entlang und versuchte diesem Monster hinterher zu jagen. Gedanken überfluteten seinen Kopf. Was, wenn es nur eine Illusion war? Ein Trick? Er sollte daran lieber nicht weiter denken. Fest entschlossen schlich er durch die Gänge und zuckte fast bei jeder Bewegung zusammen und umklammerte den Dolch noch fester, doch erst war es nur Dean, der sich losgerissen hatte und seinem Bruder wieder eigenständig folgte. „Da drüben!“, Dean sprintete los, die Hand ausgestreckt und ein panischer Schrei schallte los, ehe dieser auch wieder erstickt wurde. Der Ältere riss Christie aus den Armen des Ungeheuers und keinen Augenblick später stürzte sich Sam auf das Wesen. Er packte es bei seinen glitschigen Haaren und zog es von Christie und Dean weg und als dies geschafft war, legte er den Arm über dessen Schulter und Brust, um sie- ja sie, an Ort und Stelle zu halten. Er konnte deutlich die Rundungen des weiblichen Körpers spüren, doch sie war ganz schön kräftig, denn sie versuchte sich zu wehren, als er das Messer erhob und rammte dem Winchester immer wieder den Ellbogen in den Magen und trat gegen seine Schienbeine. Sam klammerte sich fast schon an sie, doch das Wesen ließ nicht locker und wehrte sich nur noch heftiger, bis Sam den Halt verlor und zurück taumelte. Über seinen Arm zog sich eine leichte Schleimspur, welche er erst verwundert betrachtete, doch darüber konnte er sich doch jetzt keine Gedanken machen, sein panischer Blick richtete sich auf den taumelnden Hakemann, wie er sich wieder fasste und nach vorne preschen wollte. Doch hatte er die Rechnung ohne Dean gemacht, der mit einem Satz vor dem Monster stand und erbarmungslos den silbernen Dolch in dessen Brust rammte. Sie taumelte erneut, schmerzerfülltes, panisches Kreischen hallte durch das Labyrinth. Es ließ die Spiegel wackeln und klang doch so menschlich, das es Sam die Kehle zuschnürte, ehe es wieder verstummte und der Hakemann leblos auf dem Boden zusammen sank. Erst, nachdem es sich nicht mehr regte, wagten sie auszuatmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)