Schuld - Bis du mir verzeihst... von Phase (RobertxJohnny) ================================================================================ Kapitel 3: Wiedersehen ---------------------- Schuld - Bis du mir verzeihst... Wiedersehen „Herzlich Willkommen im ‚La Grandezza’. Ich freue mich, dass Sie den Weg hierher gefunden haben“, die brünette, kurzhaarige Dame am Eingang verneigte sich leicht und schenkte Robert, der im schwarzen Anzug und mit roter Krawatte gekleidet in der Tür des Geschäftes stand, ein Lächeln, dieser blickte sie verwundert an. Nachdem es ihm schwer gefallen war am Abend einzuschlafen, hatten sich den ganzen Morgen über seine Gedanken weiterhin im Kreis gedreht. Permanent hatte er sich an das Treffen mit Johnny erinnert und sich gefragt, welche Reaktion in dieser Situation wohl am sinnvollsten gewesen wäre, doch er hatte immer noch keine Lösung gefunden. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er sich in Bewegung gesetzt hatte. Im einen Moment war er noch Mitten in der belebten Innenstadt gestanden, im nächsten hatte er sich plötzlich in diesem Laden wieder gefunden. Als er ihn betrachtete, erkannte er das Modegeschäft, vor dem er am Abend gestanden hatte. Es war groß, geräumig und gemütlich eingeräumt. Es gab neben den Kleidungsständern und den Umkleidekabinen einige Sessel aus dunklem Leder und zahlreiche Spiegel. Die angebotene Ware wirkte teuer. Roberts Blick fiel erneut auf die Frau, die ihn begrüßt hatte. Sie war schlank, trug ein türkisfarbenes Kostüm mit passendem Schmuck. Ihre braunen Augen musterten ihn freundlich. „Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“ „Eigentlich“, Robert dachte kurz nach, was er nun genau sagen wollte, „Eigentlich wollte ich mich nur ein wenig umsehen.“ „Ah, in Ordnung. Dann wird es Sie mit Sicherheit nicht stören, wenn ich für einen kurzen Augenblick verschwinde. Ich muss noch ein paar Anrufe tätigen. Aber ich werde Ihnen einen meiner Angestellten gerne zur Beratung bereit stellen und-“ Robert winkte mit einem Lächeln ab. „Keine Sorge, machen Sie sich bitte keine Umstände.“ Sie war bereits beim Weggehen, als sie meinte „Machen Sie sich keine Gedanken, bei uns ist der Kunde König“ und leise kicherte. Der Deutsche schloss daraus, dass in diesem überteuerten Geschäft Adelige von höherem Geblüt tatsächlich an der Tagesordnung waren und die Frau ihren kleinen Scherz ziemlich wörtlich gemeint hatte. Mit einem leisen Seufzen fuhr er sich durch die Haare. Eigentlich hatte er gar keine Lust, sich neue Kleidung zu kaufen. Ob es auffallen würde, wenn er sich jetzt einfach aus dem Staub machte? Zumindest wäre es mit Sicherheit eine Erleichterung für seinen Geldbeutel. Nicht, dass dieser einen Einkauf in diesem Geschäft nicht vertragen würde. Robert mochte es schlicht und ergreifend nicht, wenn er unnötig Geld ausgab. Er wandte sich zu einem Kleiderständer neben ihm, an dem Frauenklamotten hingen und bedachte diese skeptisch. Er fragte sich schlagartig, ob es hier überhaupt Männerklamotten gab. „Meiner Ansicht nach nicht ganz deine Größe“, der sarkastisch-bissige Unterton der Stimme ließ Robert erschrocken zusammenzucken und sich fragen, womit er das verdient hatte. Auf der anderen Seite hatten sie so vielleicht endlich einmal die Zeit für ein Gespräch. Er drehte sich langsam um. „Hallo, Johnny.“ Der Schotte schien recht unschlüssig zu sein, wie er ihn zu behandeln hatte. Auf der einen Seite seine persönliche Abneigung, auf der anderen Seite seine geschäftliche Höflichkeit. Seine Augen musterten Robert aufmerksam und Herabschätzung war in ihnen zu erkennen. Johnnys Haare waren wie am vorigen Tag wild und zerzaust, standen in alle Richtungen. Seine Kleidung war edel, weiße Hose, rotes Hemd, vermutlich selbst in diesem Laden gekauft. „Woher weißt du, wo ich arbeite?“ Sein Gesprächspartner schien sich dafür entschieden zu haben, dass Robert es nicht wert war, eine Kündigung zu riskieren, sodass er in einen geschäftsmäßig-neutralen Tonfall verfallen war, während er weiterhin wie angewurzelt mit verschränkten Armen stehen blieb. Robert wusste, dass es sich nicht lohnte, ihm groß und breit zu erklären, dass die ganze Angelegenheit ein Zufall war – er würde ihm so oder so nicht glauben. Also zuckte er nur mit den Schultern. „Ich bin hier um etwas zu kaufen.“ Eine glatte Lüge, aber das musste ja niemand wissen. Vielleicht war es auch gar nicht so schlecht, wenn er die Gelegenheit nutzte, Johnny ein wenig für sich zu beanspruchen. Er hatte sich inzwischen damit abgefunden, dass ihre Freundschaft schon vor vielen Jahren zerbrochen war. Das bedeutete aber nicht, dass er in Gedanken die alten Zeiten nicht noch einmal neu aufleben lassen oder vielleicht sogar doch irgendwie endlich einmal das klärende Gespräch mit dem Schotten herbeiführen konnte. Johnny musterte ihn skeptisch, schwieg jedoch. Dann trat er ein paar Schritte auf Robert zu. Obwohl Johnny schon immer wesentlich kleiner als Robert gewesen war, hatte er immer behauptet, dass er diesen – sobald er erst einmal ausgewachsen wäre – locker um einen Kopf überragen würde. Es hatte sich nicht bewahrheitet, der Größenunterschied war derselbe geblieben. Ob Johnny gerade über dasselbe nachdachte? Zumindest hatte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig verdüstert, normalisierte sich jedoch sofort wieder. „Irgendwelche besonderen Wünsche?“, bevor Johnny einen weiteren Kommentar dazu abgeben konnte, dass er sich Frauenklamotten angesehen hatte, als er aufgetaucht war, unterbrach ihn Robert. „Am liebsten wäre mir natürlich Kleidung für Männer. Falls dieser Laden so etwas anbietet.“ Der Schotte presste seine Lippen aufeinander. „Natürlich, ein Stockwerk höher haben wir ein sehr breites Angebot für Männer. Im Obergeschoss ebenfalls. Möchtest du mit dem Aufzug fahren? Ich nehme die Treppe.“ Er setzte sich in Bewegung, Robert folgte ihm wortlos die Stufen hinauf. Auch diese Etage war ähnlich wie die untere eingerichtet, nur dass es hier Männerbekleidung en masse gab. Er hob anerkennend die Augenbrauen und Johnny rang sich ein stolzes Grinsen ab. „Was darf’s denn sein?“ Wie sich herausstellte, beherrschte Johnny seinen Job wirklich gut. Vermutlich hatte er mit seiner Playboy-Art noch einen viel größeren Erfolg bei den Frauen, die hierher kamen um sich neue Kleidung zu kaufen, aber auch in Roberts Fall erwies er sich als äußerst kompetent. Robert hätte ihm das nicht zugetraut, vor allem nicht nach den Spannungen, die zwischen ihnen existierten. Auf der anderen Seite hatten sie innerhalb dieser Zeit kein einziges privates Wort gewechselt. „Du machst das falsch.“ Die vorwurfsvolle Stimme riss Robert aus seinen Gedanken und als er in den Spiegel sah, stellte er fest, dass er sich beim Krawattenknoten tatsächlich hoffnungslos verknotet hatte. Johnny kam auf ihn zu und fummelte an dem Stoff herum. „Lass mich das machen.“ Robert zögerte, nahm dann jedoch gehorsam seine Hände beiseite und ließ den Schotten gewähren. Er war mit seinem Einkauf so gut wie fertig, musste nur noch bezahlen und sich eben wieder in seine ursprünglichen Klamotten kleiden. Gewöhnlicherweise band er seine Krawatten nicht selbst, ließ sie einmal binden und zog sie sich einfach über dem Kopf – vor Johnny war ihm das als peinlich vorgekommen. Robert warf einen kurzen Blick in den Spiegel, konnte jedoch nur Johnny von hinten sehen, der immer noch mit dem Schlips beschäftigt war. Schlagartig musste Robert an den letzten Abend denken und fragte sich, ob ihm Johnnys Nähe angenehm oder unangenehm sein sollte. „Fertig.“ „Danke“, meinte Robert leise und gab Johnny einen Kuss auf die Wange, woraufhin dieser in schockiert anblickte und ein paar Schritte zurückwankte. Was er genau getan hatte, realisierte Robert erst, nachdem es geschehen war. Warum er es getan hatte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass es für ihn nun wohl an der Zeit war zu verschwinden und er schnappte sich seine Kleidung, um sie zur Kasse im unteren Stockwerk zu bringen. Dort angekommen bezahlte er und besprach mit einer jungen Dame noch schnell einige Änderungen, die an zwei der Kleidungsstücke durchgeführt werden sollten und zu denen ihm der Schotte geraten hatte. Tatsächlich war er es auch gewesen, der alles abgesteckt hatte. Er hinterließ seine Handynummer, damit sie ihn anrufen konnten, sobald die Sachen fertig waren. Als er sich abwandte, um das Gebäude zu verlassen, stand Johnny auf der Treppe und fixierte ihn mit ausdruckslosem Blick. Robert war klar, dass seine Handlung keinesfalls förderlich für ihre sowieso schon spannungsgeladene Beziehung gewesen war. Aber es war einfach über ihn gekommen. Er schaffte es, sich ein leichtes Lächeln abzuringen, ehe er sich wegdrehte und aus dem Laden eilte. Das war mit Sicherheit seit Jahren seine am schlechtesten durchdachte Handlung gewesen. Was er genau damit hatte erreichen wollen, wusste er nicht, genauso wenig, wie er eine Ahnung hatte, warum er es überhaupt getan hatte. Es war doch alles bis zu diesem Moment relativ gut gelaufen. Seit Jahren hatte Johnny endlich einmal wieder mit ihm gesprochen. Auch wenn es nichts Privates gewesen war, aber es war zumindest ein Anfang gewesen. Tatsächlich zielte seine Taktik auch nicht darauf ab, den Schotten dazu zu bringen, ihm zu verzeihen – er hatte immerhin keine Taktik. Dass er am Morgen in dem Laden gestanden hatte, hatte nichts mit Johnny zu tun gehabt. Zwar hatte ihn das Treffen am letzten Abend eine unruhige Nacht und verwirrte Gedanken beschert, aber er war kurz davor gewesen, wieder einmal mit dem Schotten abzuschließen. Natürlich wäre es eine wunderschöne Vorstellung, seinen besten Freund wieder für sich gewinnen zu können, aber spätestens nach dem, was er heute gemacht hatte, war es mehr als unwahrscheinlich. Vielleicht war es auch am besten so, wenn er einfach alles wieder vergaß und das Kapitel Jonathan McGregor einfach dauerhaft verdrängte. Er hatte auch die letzten Jahre kaum an Johnny gedacht. Aber es lag wohl in der Natur des Menschen, dass er sich für lange verlorene Dinge, die plötzlich wieder auftauchten, besonders begeistern konnte. Und Johnny hatte sicherlich seinen ganz besonderen Reiz. ~*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)