Gedankensplitter von w-shine (100 Storys) ================================================================================ Kapitel 7: 33. Der Ball ----------------------- Ein roter Ball ist zu sehen. Er ist groß und rund und scheint mein Blickfeld auszufüllen. Er scheint gleichzeitig nah und fern zu sein. Ich will zu dem Ball hin, ich will ihn haben, hochheben, in der Hand halten. Also gehe ich los und laufe und laufe, doch der Ball kommt nicht näher, im Gegenteil, ist es als ob er immer noch etwas weiter wegrückt. Es scheint, als befände er sich in der Nähe des Horizonts. Aber wenn ich ihn so schon groß sehe und er beim Horizont ist, wie groß ist er dann in Wirklichkeit? Ich muss es herausfinden und laufe weiter und weiter. Doch wie viele Schritte ich auch gehe, der Ball ist immer genauso groß und nimmt nicht an Größe zu, wie er es doch eigentlich müsste, da ich näher zu ihm gelange. Ob es dort hinten jemanden gibt, der mir sagen könnte, wie groß der Ball ist? Ich konnte es herausfinden, ein Telefonbuch nehmen und irgendjemanden dort hinten anrufen. Aber wo ist denn überhaupt dort hinten? Ich denke nicht, dass ich im Telefonbuch das Städtchen oder Dörfchen „In der Nähe des Horizonts“ finden wurde. Und selbst wenn, vielleicht würde man dort gar nicht abschätzen können, wie groß der Ball ist. Oder vielleicht ist der Ball ja auch gar nicht dort, wo ich glaube ihn zu sehen. Vielleicht ist er ganz wo anders. Also muss ich weitergehen und nachsehen wie groß der Ball ist. Doch es ist zu mühsam, weil ich ihm nicht näher komme. Ob es wohl jemanden gibt, der dem Ball einen Schubs geben könnte, so dass er auf mich zu rollt, so dass ich nicht zu ihm gehen müsste, sondern er zu mir kommt. Wie gut das wäre. Ich sehe mich um, aber hier ist niemand, der genauso von dem Ball fasziniert zu sein scheint wie ich. Die meisten sehen nur kurz auf und senken ihren Blick wieder. Also gehe ich weiter, immer weiter zu der roten Kugel. Doch was passiert dort? Was passiert mit dem Ball? Der Horizont zerschneidet ihn. Eine Stelle unten fehlt schon. Aber nein, das kann doch nicht wirklich passieren, der schöne Ball darf nicht kaputt gehen. Ich muss das aufhalten. Ich renne los, muss zu dem Ball und seine Zerstörung aufhalten. Ich renne und renne, die Luft sticht in meinen Lungen, aber ich erreiche nichts. Der Ball verschwindet nur weiter und weiter hinter dem Horizont. Ich spüre, wie Tränen beginnen über meine Wangen zu laufen. Der Ball darf nicht verschwinden. Er ist so groß, so rot, so strahlend, so schön. Seitenstechen zwingen mich zum stoppen, ich kann nicht mehr weiterlaufen. Verzweifelt sinke ich auf den Boden und beobachte wie der Ball komplett verschwindet. Langsam aber stetig wird es dunkler um mich herum, nein, nicht schon wieder, nicht schon wieder die Dunkelheit. Ich kann sie nicht ertragen… Die Sonne ist unter gegangen, eine neue Nacht bricht an… …und ich merke wieder, wie sehr ich das Licht brauche, damit meine Dämonen mich in Ruhe lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)