I'm (not) gonna teach your boyfriend how to dance with you von Mikeito ================================================================================ Kapitel 1: Euphie bekommt immer ihren Willen -------------------------------------------- „Lelouch, ich bitte dich, du bist meine letzte Hoffnung!“ „Ich will aber nicht.“ „Aber er ist dein bester Freund!“ „Na und? Ich will trotzdem nicht.“ „Ach Lelouch…“ „…“ Wir sassen bei mir zu Hause. Euphie war plötzlich vor meiner Tür gestanden und wollte mit mir reden. Da ich sie nicht einfach wegschicken wollte, liess ich sie herein. Wir waren alleine, da Sayoko mit Nunnally spazieren war. Trotzdem fragte ich mich, wie Euphie es geschafft hatte, alleine herzukommen. Und dann nicht mal in Begleitung von Suzaku, meinem besten Freund und ihrem persönlichen Ritter. Ich nahm es ihr immer noch etwas übel, dass sie ihn als Ritter ausgewählt hatte. Dabei wollte ich doch, dass er der von Nunnally wird. Ich schaute Euphie an. Sie nahm einen Schluck von ihrem Tee und seufzte. Auf weitere Diskussionen hatte sie wohl keine Lust. Ich ehrlich gesagt auch nicht. Wieso verstand sie ein nein nicht? Überhaupt war die ganze Sache, über die wir gerade sprachen, einfach Schwachsinn. Ich meine, wieso sollte ich Suzaku das Tanzen beibringen? Konnte sie das nicht selber erledigen? „Ich hab es versucht, aber ohne Erfolg. Suzaku ist wirklich ein schwieriger Fall und ich habe langsam auch keine Nerven mehr dazu“, war alles, was meine Halbschwester dazu sagen konnte. Toll, nur weil sie keine Nerven dazu mehr hatte sollte ich jetzt den Tanzlehrer mimen? Ganz sicher nicht. Ich überlegte Alternativen. „Wieso fragst du nicht Cornelia? Sie tut doch alles, was du möchtest.“ Ich musste es schliesslich wissen. Als ich noch mit Nunnally bei unserer Familie lebte, kriegte ich einmal mit, dass Euphie unbedingt ein Pony wollte. Unsere Eltern waren dagegen, warum auch immer. Das führte dazu, dass sie sich dann bei Cornelia ausheulte. Die konnte den traurigen Anblick ihrer geliebten kleinen Schwester nicht ertragen und erfüllte schliesslich ihren Wunsch. Euphie war daraufhin das glücklichste Mädchen der Welt und alles was sie glücklich machte, machte automatisch auch Cornelia glücklich. War also so ähnlich wie bei mir und Nunnally. Vielleicht hatten meine leicht sadistische Halbschwester und ich doch mehr gemeinsam als gedacht. „Schon, aber Cornelia weigert sich in diesem Fall. Du weisst doch, dass sie Suzaku nicht wirklich leiden kann.“ Das war leider Fakt. Ich überlegte weiter. Vielleicht Schneizel, doch dann wurde mir bewusst, was ich da gedacht hatte. War ich blöd? Schneizel würde sonst was mit Suzaku anstellen aber ganz sicher nicht mit ihm tanzen. Ausserdem würde er sich nie dazu bequemen den Frauenpart zu spielen. Das könnte ich mir höchstens bei Clovis vorstellen, doch den hatte ich ja frühzeitig in die ewigen Jagdgründe geschickt[1]. Unsere restlichen Geschwister konnte man allesamt vergessen, mit denen hatte ich auch nie gross Kontakt gehabt. „Euphie, wieso holst du dir nicht einfach eine professionelle Tanzlehrerin?“ „Hätte ich gemacht, wenn nicht jede eine Abneigung gegenüber Japaner hätte.“ Dabei sah sie mich mit einem leicht traurigen Blick an. Ich dagegen war sauer. Britannia hatte vor einigen Jahren Japan erobert und dem Land seinen Namen geraubt. Jetzt hiess es nur noch Area 11 und deren Bewohner nannte man Eleven. Dazu wurden diese immer minderwertiger behandelt als die britannischen Leute. Jene machten sich oftmals einen Spass draus die Japaner zu demütigen oder rumzukommandieren. Die meisten Britannier aber ignorierten sie soweit es ging. Wieso das so war konnte ich bis heute nicht verstehen und wahrscheinlich werde ich das auch nie. Die Japaner, die ich kannte, waren allesamt nette und akzeptable Menschen. Nehmen wir Suzaku als Beispiel. Er ist Japaner aber der beste Freund, den man sich wünschen konnte. Ausserdem hatte er einen grossen Gerechtigkeitssinn und würde wohl selbst einem Britannier helfen, der ihn vor kurzem noch blöd angemacht hatte. Oder Kallen. Gut, sie war nur Halbjapanerin, aber war drauf mehr stolz als auf ihre britannische Abstammung. Dazu war sie eine treue Mistreiterin Zeros im Kampf gegen Britannia und das sagte doch schon vieles aus! Ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich fast nicht bemerkt hätte, dass Euphie aufgestanden war. Wollte sie etwa schon gehen? Und was war jetzt mit Suzakus Tanztraining? Euphie strich sich eine Strähne ihres rosafarbenen Haares vom Gesicht und sah mich an. Jetzt bekam ich sicherlich die Antworten auf meine Fragen. „So wie ich sehe muss ich wohl am Bankett mit jemand anders tanzen. Dabei hätte ich wirklich gerne mit Suzaku getanzt und somit auch Vater gezeigt, dass er nicht so einfältig ist, wie er immer behauptet. Vielleicht hätte Suzaku ihn auch damit beeindrucken können.“ Jetzt hätte ich gerne aufgelacht, wenn ich nicht wüsste, dass Euphie es ernst meinte. Aber unseren Vater, Charles zi Britannia, mit Tanzen beeindrucken zu wollen...das war selbst für sie etwas arg naiv. Ich wollte ihr das auch sagen, aber sie hatte sich schon umgedreht und ging zur Haustür. Sie wollte schon die Tür öffnen, als ich die verhängnisvollen Worte von mir gab: „Also schön, ich werde es machen.“ Euphie sah mich daraufhin zuerst mit einem überraschten, dann glücklichen Ausdruck an. Als nächstes umarmte sie mich. „Ach Lelouch, du weisst gar nicht, wie viel mir das bedeutet. Du bist der beste Bruder, den man haben kann!“ Ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie viel es ihr bedeutete. Ausserdem war es immer schön, solche Worte zu hören. Sowas bekam ich nämlich sonst nur von Nunnally zu hören. „Suzaku wird sich sicher auch freuen, immerhin seid ihr ja beste Freunde, besser geht es nicht.“ „Na mal sehn…“ Euphie lächelte mich an. Ich konnte das auch nur mit einem Lächeln erwidern. Sie war nach Nunnally meine liebste Schwester und es war schön, wenn sie glücklich war. „Ich gehe jetzt besser, sonst macht sich Suzaku noch Sorgen.“ „Wo ist er überhaupt?“ „Zu Hause, ich hab ihm gesagt, er soll ruhig dort bleiben, da ich mir etwas die Beine vertreten wollte. Zuerst wollte er mich nicht alleine weggehen lassen, aber ich konnte ihn doch überzeugen.“ „Das heisst, er weiss nicht, dass du bei mir bist?“ „Ganz genau! Es soll ja eine Überraschung werden.“ Das erklärte schon mal die Sache, wo Suzaku steckte und wieso Euphie alleine zu mir gekommen war. Aber was meinte sie mit Überraschung? Doch nicht etwa… Ich blickte zu Euphie und sie schaute mich nur freundlich mit ihren hellvioletten Augen an. „Du hast ihm also auch nie gesagt, dass du mich wegen der Tanzsache fragen würdest oder?“ „Nein, wie gesagt, es sollte eine Überraschung werden. Suzaku wird sprachlos sein!“ „Dafür müsstest du aber gewusst haben, dass ich am Ende ja sagen werde...“ „Habe ich auch, schliesslich kenn ich dich Lelouch. Wir haben zwar uns lange nicht gesehen, aber du bist immer noch wie früher. Du kannst mir einfach keine Bitte abschlagen.“ Ich schmollte. Dabei war ich echt sicher, dass ich mir das abgewöhnt hatte. Euphie dagegen kicherte und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Wange. „So, jetzt muss ich aber wirklich gehen. Nochmals danke, dass du das für mich machst.“ „Du brauchst dich nicht zu bedanken.“ „Ich bin schon gespannt wie das Ganze rauskommt…“ Na, und ich erst! Sie öffnete die Tür, ging raus und winkte mir beim Weggehen noch. Ich winkte zurück und schloss die Tür. Auf was hatte ich mich da nur eingelassen? Kapitel 2: Die Ruhe vor dem Sturm --------------------------------- Nachdem Euphie gegangen war, stand ich noch eine ganze Weile vor der Tür rum. Und nur ein Gedanke rannte mir durch den Kopf: Was zur Hölle hatte ich da nur gesagt? Ich tu es? Sie hatte Recht, ich konnte ihr einfach keine Bitte abschlagen. Wahrscheinlich hatte ich doch eine Art von Schwesternkomplex (und sich das einzugestehen ist nicht gerade einfach!). Aber ihre Bitte… Was sollte das? Ich und Suzaku was beibringen? Und dann noch Tanzen? Ich hätte ihm gerne alles Mögliche beigebracht aber DAS? Es ist ja nicht so, als ob ich den Gedanken eklig finden würde oder so, nur halt etwas… seltsam. Ausserdem fragte ich mich, wie Suzaku das Ganze aufnehmen würde. Euphie hatte es als „Überraschung“ abgestempelt und ich war mir ziemlich sicher, dass das noch eine Untertreibung war. Der Gute würde es ihr anfangs sicher nicht glauben bzw. sie erstmals etwas verwirrt anschauen, so wie ich ihn kannte. Ich hätte sicherlich noch weiter über die Reaktionen meines besten Freundes bezüglich des Tanzens nachgedacht, da hörte ich ein Geräusch hinter der Tür. Ich ging ein paar Schritte zurück, um dann Nunnally sowie unsere Maid Sayoko zu sehen. Letztere schaute mich leicht überrascht an. „Oh, Lelouch-sama…“ „Sayoko, ich habe dir doch gesagt, dass du mich nicht mit –sama anreden sollst. So förmlich musst du nicht sein.“ „Entschuldigung Lelouch-sa…eh, Lelouch“ Ich lächelte. Sayoko fiel es nicht leicht, die ganzen formellen Anreden zu vergessen. Sie arbeitete schon einige Jahre für uns, doch war sie weniger eine Angestellte als mehr eine Freundin, sowohl für Nunnally als auch mich. Meiner Meinung nach sollten sich Freunde nicht so höflich ansprechen müssen. Ausserdem erinnerte mich das alles nur an mein Leben in Britannia, an meine Familie und… an meinen Vater. Und an ihn wollte ich als letztes denken. „Bruder?“ Ich widmete meine Aufmerksamkeit Nunnally. Sie lächelte. Bewundernswert, dass sie das einfach konnte, obwohl ihr Zustand nicht gerade zum Lachen war. Nunnally war nicht nur blind, sie konnte auch nicht laufen. Manchmal fragte ich mich, wieso es immer diejenigen traf, die es am wenigsten verdient hatten. Meine kleine Schwester gehörte zu diesen Leuten. Sie war ein freundliches, warmherziges Mädchen und hatte das süsseste Lächeln auf der ganzen Welt. Dazu war sie ziemlich hübsch. Ein paar Jahre später und Nunnally wäre eine junge Frau, um die sich sicherlich viele Männer buhlen würden. Der Gedanke gefiel mir ganz und gar nicht. Das einer dieser schmierigen Britannier sich an sie ranschmiss…nur über meine Leiche! „Lelouch? Alles in Ordnung?“ Nunnally klang besorgt. Ich strich ihr sanft über den Kopf. „Alles bestens Nunnally, mach dir keine Sorgen, ich war nur etwas in Gedanken.“ „Hat es mit Suzakus zukünftigen Tanztraining mit dir zu tun?“ „Eh?“ Ich zuckte zusammen. Woher wusste sie davon? „Auf dem Heimweg sind Sayoko und ich Euphie begegnet. Wir haben uns ein wenig unterhalten und Euphie meinte, sie wäre kurz bei dir gewesen wegen Suzaku und dass du ihm das Tanzen beibringen wirst.“ „I-Ist das so…“ „Lelouch, ich finde es toll, dass du das für Suzaku machst. Er wird sich sicher freuen, dass ihr wieder Zeit miteinander verbringen könnt, ihr habt euch ja eine Weile nicht mehr gesehen.“ Da war was dran. Dadurch, dass Suzaku nicht nur Euphies persönlicher Ritter war, sondern auch Pilot des Lancelots, hatte er wenig Zeit, den Unterricht zu besuchen. Dazu musste er noch dafür sorgen, dass Zero und seine Schwarzen Ritter Britannia nicht stürzten. Es war schade, dass Suzaku für die falsche Seite kämpfte. Als Japaner sollte er sich eigentlich mit Zero zusammentun, denn dieser hatte im Grunde genommen das gleiche Ziel wie er: Frieden und eine bessere Welt. Ich musste es wissen - ich war ja Zero. „Das stimmt Nunnally, es ist eine Zeit her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe.“ „Ob er uns auch mal wieder besucht?“ „Ganz bestimmt.“ „Ich hoffe, er überanstrengt sich nicht bei der vielen Arbeit…“ „Tut er schon nicht, keine Angst.“ „Ich vermisse ihn…“ Nunnally seufzte. Kein Wunder, dass sie Suzaku vermisste, er war ja auch ein guter Freund von ihr und fast schon wie ein grosser Bruder für sie. Ich griff sanft nach ihrer Hand und schaute sie an. „Ich bin mir sicher, Suzaku vermisst dich auch.“ „Meinst du?“ „Natürlich! Wie könnte er ein so liebes Mädchen wie dich nur nicht vermissen?“ Das brachte ein Lächeln auf Nunnallys Gesicht. „Dann vermisst er dich sicher auch Lelouch.“ „Nunja, da bin ich mir nicht so si-“ „Vermisst du ihn auch?“ „Äh…“ Ich errötete leicht. Was war das für eine Frage? Das Ganze war mir doch etwas peinlich. Als Mädchen konnte man einfacher sagen, wenn man jemanden vermisste. Auch was Gefühle im Allgemeinen betraf. Aber als Junge war das doch etwas komisch, zumindest meiner Meinung nach. Ich konnte mich auch nicht daran erinnern, dass ich jemals einen meiner männlichen Bekannten sagen hörte, dass er jemanden vermisste. Meine Halbbrüder konnte man eh vergessen. Rivalz…nun gut, der würde es evtl. sagen, aber auch nur, wenn Milly, unsere Schülerratspräsidentin, mal nicht da wäre. Suzaku war schon etwas schwerer einzuordnen. Einerseits sagte er gerne das, was er dachte, aber andererseits hatte ich ihn auch noch nie so kitschige Sätze wie „Ich vermisse dich“ von sich geben hören. Wobei…sowas als Junge zu einem Mädchen zu sagen, ist eigentlich gar nicht so schlimm. Zu Nunnally habe ich das auch schon paar Mal gesagt. Aber wenn ein Junge zu einem anderen Jungen… Es liess sich nicht vermeiden, dass mir daraufhin Suzaku in den Sinn kam, der sagte, dass er mich vermisste…inklusive sein treudoofer Blick, denn er ab und zu drauf hatte. Ich griff mir mit beiden Händen an den Kopf. Was stellte ich mir für einen Mist vor? Zum Glück riss mich meine kleine Schwester mit ihrem Gekicher aus diesen Gedanken raus. Sie konnte zwar nichts sehen, aber wahrscheinlich konnte sie ahnen, was gerade in mir vorging und fand das Ganze wohl noch sehr lustig. Naja, verwunderlich war es nicht, schliesslich gab es nichts Witzigeres, als einen grossen Bruder zu haben, der sich innerlich wegen eines Satzes zum Affen machte. „Bruderherz, ich nehme das mal als ein Ja auf.“ „Hm…“ „Ich wusste es! Aber das ist auch kein Wunder, schliesslich ist er dein bester Freund und du hast ihn so lieb wie mich.“ „Ich hab ihn was?“ „Lieb. Du hast ihn lieb. Also sehr gerne.“ „Ich verstehe, was du sagst, aber ich…“ Na toll. Unsere Konversation hatte mit Suzakus Tanztraining begonnen, ging dann über zum Thema Vermissen und jetzt waren wir beim lieb haben gelandet. Bevor das noch in peinlicheres Gefilde abdriften konnte, meldete sich Sayoko zu Wort. „Das Abendessen wäre dann soweit.“ Abendessen? Ich schaute auf die Uhr. Die Zeit verging wirklich wie im Fluge. Aber wann hatte Sayoko das Abendessen gemacht? Sie stand doch die ganze Zeit bei uns…oder etwa nicht? Sie hatte wohl meinen leicht verwunderten Gesichtsausdruck richtig eingeschätzt und erklärte: „Ich wollte es euch sagen, aber ihr beiden wart so in euer Gespräch vertieft, da wollte ich nicht stören und bin dann gleich in die Küche gegangen.“ So war das also. Sayoko musste aber trotzdem ziemlich leise weggeschlichen sein, denn mir entging selten was, auch wenn ich mit jemand anders am Reden war. Entweder war es das oder sie zeigte mal wieder, dass sie keine gewöhnliche Maid war. Sayoko war nebenbei noch ein Ninja und diese Tatsache hatte ich auch erst vor kurzem erfahren. Ob Milly wohl wusste, dass ihre Ex-Maid eine japanische Schattenkriegerin war? Ich nickte Sayoko zu und schob Nunnallys Rollstuhl in Richtung Esszimmer. Dort war der Tisch schon gedeckt und das Essen angerichtet. Ich setzte mich hin, wünschte Nunnally noch einen guten Appetit und fing an zu essen. Während dem Essen schwirrten mir viele Gedanken durch den Kopf. Wie sollte ich einerseits mit Suzaku Zeit verbringen und gleichzeitig weiter als Zero mit den Schwarzen Rittern gegen Britannia kämpfen? Klar, unsere Aktionen waren hauptsächlich in der Nacht, aber es könnte trotzdem immer etwas Ungeplantes passieren. Ich konnte schlecht abhauen, wenn etwas am Tag schief ging und Kallen und die anderen meine Hilfe brauchten. Suzaku war zwar manchmal etwas begriffsstutzig, aber ganz blöd war er auch nicht. Er würde sicher bald Verdacht schöpfen und wenn Zero in der Sache involviert war, war er eh sehr aufmerksam. Als ich mit essen fertig war, sagte ich Nunnally, dass ich müde war und gleich schlafen gehen würde. Sie verstand und wünschte mir noch eine gute Nacht. Ich gab ihr noch einen Kuss auf die Stirn und ging in mein Zimmer. „Du hast dich jetzt tatsächlich dazu breitschlagen lassen…?“ Die Frage konnte nur von einer kommen. Ich sah zu meinem Bett, wo C.C. gemütlich vor sich hin sass und Pizza ass. Tat die Frau mal etwas anderes als das? Ich setzte mich dann neben sie. „Ich habe es Euphemia versprochen…“ „Willst du jetzt deswegen als Zero eine Pause einlegen?“ „Niemals!“ Würde ich das jemals in Erwägung ziehen, könnte ich gleich aufhören als Zero aktiv zu sein. Die Rebellion gegen Britannia musste weitergehen, sonst könnte ich Nunnallys Wunsch einer guten und friedlichen Welt niemals erfüllen. C.C. kaute währenddessen weiter an ihrer Pizza. „Wieso überlässt du mir nicht einfach für eine Zeit deine Arbeit als Zero?“ Ich hätte mir selber eine klatschen können. Warum war ich nicht schon selbst auf die Idee gekommen? C.C. hatte sowieso nichts Grosses zu tun, als auf meine Kosten Pizza zu essen und einfach zu verschwinden und herzukommen, wann immer sie Lust hatte. Ausserdem könnten die Schwarzen Ritter weiter gegen Britannia kämpfen und das Wichtigste: Suzaku würde gar nicht erst misstrauisch werden. Perfekter ging’s doch nicht?! „Gut, und was willst du dafür? Du machst das doch niemals für umsonst…“ „Wirklich nett, wie du über mich denkst Lelouch, aber ja…ich hätte gerne was.“ „Und das wäre?“ „Pizza.“ „…“ Stimmt, was wollte diese grünhaarige Hexe sonst haben? Pizza war ihre grosse Leidenschaft, es gab keinen Tag, an dem sie keine ass. Es wunderte mich, dass sie bei so viel Pizza immer noch ihre schlanke Figur behielt und ihr auch sonst nie gesundheitlich schlecht ging. Vielleicht war das ein Nebeneffekt, wenn man unsterblich war…vielleicht war sie aber auch einfach nicht von dieser Welt. „Wie viel?“ „Vier Schachteln…“ „Okay…“ „…pro Tag!“ „Was?!“ „Geh drauf ein, oder lass es…“ „…na gut, bekommst du.“ C.C. sah mich daraufhin sehr zufrieden an. Kein Wunder, schliesslich würde sie nun doppelt so viel Pizza bekommen als normalerweise. Ich wollte mich nun einfach nur noch ins Bett legen und schlafen, doch C.C. liess mich nicht. „Musst du nicht heute Nacht noch raus?“ „Doch, aber du kannst ja trotzdem heute schon beginnen, meinen Job zu erledigen.“ „Wenn es sein muss…“ Sie stand auf, zog sich als Zero an und ging über das Fenster raus. Als C.C. weg war, zog ich mich um, machte das Licht aus und legte mich ins Bett. Um die Schwarzen Ritter musste ich mich nun nicht mehr kümmern, C.C. würde schon alles richtig machen, wenn sie ihre geliebte Pizza wollte. Was mir mehr Kopfzerbrechen bereitete war der nächste Tag. In der Schule müsste ich dann dringend mal mit Suzaku über diese Tanzerei reden. Kapitel 3: Der Anfang vom Ende ------------------------------ Am nächsten Morgen wachte ich relativ früh auf. Ich setze mich auf und blicke umher, aber von C.C. war keine Spur. Ob sie immer noch als Zero verkleidet bei den Schwarzen Rittern war? Es konnte aber auch gut möglich sein, dass sie sich schon zu frühen Morgenstunden mit Pizza den Bauch vollschlug. Ich traute ihr so ziemlich alles zu. Sorgen brauchte ich mir ihretwegen keine zu machen. Diese Frau war schon etliche Jahre älter als ich (kein Wunder, diese grünhaarige Hexe war ja unsterblich) und konnte sich gut selbst wehren. Ich stand dann auf und ging ins Badezimmer. Als ich mit Zähne putzen und desgleichen fertig war, verliess ich das Bad und zog mich in meinem Zimmer um. Danach sah auf die Uhr. Es war erst 7.15 Uhr. Der Unterricht begann um acht Uhr. Ich hatte also mehr als genug Zeit zum Frühstücken, schliesslich lebte ich mit Nunnally ganz in der Nähe der Schule. Heute jedoch verzichtete ich auf Frühstück und nahm mir nur ein Glas, welches ich mit Orangensaft füllte. Im Haus war es still. Nunnally schlief noch, aber wo Sayoko war, wusste ich nicht. Wahrscheinlich war sie unterwegs um frische Brötchen für Nunnally und mich zu kaufen. Ich trank mein Glas aus und stellte es weg. Bevor ich das Haus verliess, schrieb ich für Nunnally und Sayoko noch eine Notiz, dass ich erst am Abend wieder zu Hause wäre. Ich wusste ja schliesslich nicht, wie lange das mit Suzaku heute dauern könnte. Auf dem Weg zur Schule überlegte ich mir, wie ich Suzaku die ganze Sache am besten verklickern sollte. Am effektivsten war es wohl immer noch der direkte Weg, ansonsten würde mein Freund aus Kindertagen nichts kapieren. Als ich bei der Ashford Akademie ankam, sah ich niemanden auf dem Schulgelände. Kein Wunder, ich war auch eine halbe Stunde zu früh dran und die Schüler kamen frühestens in einer Viertelstunde. Da die Lehrer allerdings immer früher in der Akademie waren, war somit auch der Eingang offen und ich machte mich auf den Weg zu meinem Klassenzimmer. Wie ich es mir gedacht hatte, war auch das Klassenzimmer schon aufgeschlossen und ich setzte mich an meinen Platz. Ich dachte darüber nach, was C.C. in diesem Moment tat, ob bei den Schwarzen Rittern alles gut lief und vor allem: Was Suzaku von Euphies Idee denken würde. Ob er das gut fand? Oder eher bescheuert? Bei Suzaku wusste ich manchmal nicht, was er dachte. Wir waren zwar schon seit Jahren Freunde, doch mit den Jahren hatte er sich auch verändert. Als Kind war Suzaku grob und egoistisch gewesen. Dazu handelte er immer ohne vorher nachzudenken. Jetzt war er ein weniger ruhiger geworden und dachte auch mehr über sein Handeln nach. Eigentlich eine gute Entwicklung, doch dass er sich dem Militär angeschlossen hatte und somit für Britannia kämpfte, gefiel mir ganz und gar nicht. Ich hatte das Gefühl, dass wir uns, je mehr Zeit verging, immer mehr voneinander entfernten. Suzaku war voll damit beschäftigt, Euphie zu beschützen und Zeros Pläne zu durchkreuzen. Wenn er wüsste, wer Zero wirklich war… ob wir dann immer noch Freunde bleiben würden? „Was machst du für ein Gesicht Lelouch? Wohl noch müde, du solltest echt früher ins Bett!“ Jemand klopfte mir auf die Schulter. Ich hatte das zuerst gar nicht bemerkt und drehte meinen Kopf in die Richtung, in der ich die Person gehört hatte, die mit mir sprach. Es war Rivalz. „Rivalz? Was machst du denn schon hier? „Was heisst hier schon? In fünf Minuten fängt der Unterricht an.“ „Was, schon so spät?“ „Man, du bist ja echt neben der Spur. Du solltest wirklich früher ins Bett. Oder kommst du gar nicht dazu, weil du in der Nacht mit irgendwas beschäftigt bist?“ Bei der Frage grinste er und stupste mich gleichzeitig mit seinem rechten Ellbogen an. An seinem Ton merkte man gut, dass er was andeuten wollte. Ich dagegen war etwas genervt davon. Rivalz stellte mir oft solche Fragen und meistens dachte er, ich würde mich selbst in der Nacht dem Glückspiel widmen (ich mochte das zwar, aber das musste ich nicht in der Nacht tun) oder noch absurder: Ich hätte eine heimliche Freundin. „Nein, ich mache gar nichts, weder Casinos besuchen noch irgendein Mädchen treffen. Ich habe keine Freundin und will auch keine.“ „Och, gerade du willst keine Freundin haben? Dabei könntest du so gut wie jedes Mädchen der Schule haben. Die fahren voll auf dich ab, das weisst du doch. Besonders Shirley…“ „Was hat Shirley damit zu tun?“ Ich schaute zu Shirley, die an ihrem Platz sass und anscheinend etwas vor sich hinträumte. Als sie merkte, dass ich sie anschaute, wurde sie rot und guckte hastig weg. Ich verstand nicht, wieso sie so reagierte und nahm das als eine der vielen seltsamen Reaktionen auf, die Mädchen so an sich hatten. „Mädchen sind viel komplexere Wesen als Jungen“, würde Sayoko sagen, die es auch gerne sähe, wenn ich mich auf eine Beziehung einlassen würde. Mit sowas konnte ich mich jetzt nicht beschäftigen und würde es auch nicht in naher Zukunft tun. Bevor Rivalz auf meine Frage etwas erwidern konnte, läutete die Schulglocke. Alle Schüler setzten sich auf ihre Plätze. Auch Rivalz entfernte sich und ich hatte endlich wieder meine Ruhe. Normalerweise würde ich gleich Richtung Fenster schauen und nur nebenbei im Unterricht aufpassen. Die Betonung lag auf normalerweise, denn mir fiel plötzlich auf, dass Suzaku gar nicht da war. Ob er verschlafen hatte? Nein, eher nicht, früh aufstehen müsste er sich vom Militär gewöhnt sein. Wobei, daran könnte es gerade liegen. Das Militär verausgabte ihn so sehr, dass er kaum Schlaf fand und heute wohl den Wecker nicht gehört hatte. Oder schlimmer: Er war so stark verletzt, dass er gar nicht erst zur Schule kommen konnte! Ich hätte noch weiter spekuliert, wenn nicht jemand ins Klassenzimmer reingeschneit wäre. „Verzeihen Sie die Verspätung, ich habe verschlafen.“ Es war Suzaku. Und er hatte tatsächlich verschlafen, also nichts mit verletzt oder schlimmeres. Ich seufzte erleichtert auf. Suzaku steuerte nach seiner Entschuldigung auf seinen Platz zu. Währenddessen tuschelten die anderen Schüler miteinander. „Verschlafen hat er, wer’s glaubt...“ „Er denkt wohl, als Ritter von Prinzessin Euphemia kann er kommen, wann er will.“ „Wer weiss, was der wirklich macht in der Nacht...“ „Wie konnte ein Eleven überhaupt ein Ritter der königlichen Familie werden?“ „Wahrscheinlich kümmert der sich nicht nur um den Schutz der Prinzessin, sondern auch um ihre sonstigen Bedürfnisse.“ „Bäh, denkst du echt, die würde es mit einem Eleven…“ Mit jedem Satz, den ich vernahm, wurde ich wütender. Die ganzen Unterstellungen und dass nur, weil mein Freund aus Kindertagen kein Britannier von Geburt an war. Trotzdem hatte er in seinem jungen Alter mehr erreicht, als jeder andere hier in diesem Zimmer es je tun würde. Ein Japaner, der es bis zum persönlichen Ritter eines Britannia-Mitgliedes schaffte… ja, das sollte ihm wer nachmachen. Ich sah Suzaku an, dem die Worte nichts auszumachen schienen. Ohne die Miene zu verziehen setzte er sich hin und packte seine Schulsachen aus. Ich war mir sicher, dass er alles genau gehört hatte und trotzdem sagte er nichts. Wahrscheinlich hatte er sich an die ganzen Gemeinheiten gewöhnt und hielt es für unnötig, sich einzumischen. Als Japaner, der nur „Britannier ehrenhalber“ war, würde er bei einer Auseinandersetzung immer den Kürzeren ziehen. Ich wusste das und Suzaku wusste das am besten. So liess er die anderen reden und kümmerte sich nicht weiter drum. Der Unterricht verlief wie immer ruhig und recht uninteressant. Ich sah manchmal zu Suzaku rüber, der, anders als ich, dem Unterricht folgte. Gelangweilt blätterte ich in meinem Geschichtsbuch; kannte ich doch alles schon in- und auswendig, was der Lehrer erzählte. Die restlichen Stunden verbrachte ich zuerst mit aus dem Fenster schauen. Irgendwie musste ich dabei eingeschlafen sein, denn ich spürte zum zweiten Mal an diesem Tag, dass mich wer an der Schulter klopfte. Da ich dachte, es wäre wieder Rivalz, machte ich mir gar nicht erst die Mühe den Kopf zu heben und ihn anzusehen. „Lulu, wachst du endlich mal auf?!“ Okay, das war definitiv nicht Rivalz' Stimme. Diese hier klang weiblich und es gab eigentlich nur eine Person, die mich Lulu nannte (ich fand diesen Spitznamen dämlich, er klang mädchenhaft und das war ich bestimmt nicht!). Ich machte augenblicklich die Augen auf und drehte mich um. Direkt in Shirleys Gesicht, das ein wenig wütend wirkte. „Also wirklich! Du solltest dich schämen, im Unterricht einzuschlafen. Ein wenig aufpassen solltest du schon Lulu, auch wenn du klug bist.“ „Schon gut Shirley. Das passiert nicht noch einmal…“ „Ach, das sagst du jedes Mal und dann passiert es doch wieder! Du bist echt ein hoffnungsloser Fall.“ Sie seufzte nach diesem Satz und schüttelte dabei auch den Kopf. Eigentlich müsste es Shirley gar nicht kümmern, was ich im Unterricht tat, auch wenn ich wusste, dass sie es mit ihrer Sorge eigentlich nur gut meinte. „Hmh. Was ist die nächste Stunde? Mathematik?“ „Nächste Stunde? Lulu, du hast den ganzen Unterricht verschlafen! Es ist schon Mittag und da heute Nachmittag keine Lektionen stattfinden, sind die meisten schon nach Hause.“ Du kannst echt froh sein, dass kein Lehrer…“ „Was?!“ Ich stand ruckartig auf, woraufhin Shirley erschrocken zur Seite wich. Wenn der ganze Morgen schon vorbei war und alle Schüler frei hatten, war Suzaku sicher auch schon weg. Ich blickte zu seinem Platz, der leer war. Meine orangehaarige Klassenkameradin bemerkte wohl, dass ich nach jemanden suchte. „Wen suchst du Lulu?“ „Suzaku. Ist er schon weg?“ „Suzaku? Ja, der ist gerade raus, nachdem du aufgewacht bist.“ „Alles klar.“ Das war noch nicht solange her, sodass ich ihn noch einholen konnte. Ich packte rasch meine Sachen zusammen und wollte gerade gehen, als Shirley mich noch am Arm festhielt. Ich blickte zu ihr, während sie den Boden ansah. Was gab es so Wichtiges zu sagen, dass sie mich dabei noch festhalten musste? „Lulu, ich… ich wollte dich fragen, ob du vielleicht… Sie sah immer noch den Boden an. Wieso druckste sie so rum? Ich hatte keine Zeit und auch nicht die Geduld abzuwarten, was sie mir zu sagen hatte. Suzaku könnte bald über alle Berge sein, wenn ich ihm nicht sofort hinterherging. „Nicht jetzt Shirley, sag es mir morgen, ja?“ Mit diesen Worten befreite ich mich von ihr, nahm meine Schultasche und lief aus dem Klassenzimmer. Ich war mir sicher, dass sie enttäuscht war, dass ich ihr nicht weiter zuhören wollte. Um Shirley konnte ich mich jetzt aber nicht kümmern, sondern musste Suzaku ausfindig machen. Weitgekommen konnte er in dieser kurzen Zeit eigentlich nicht. Wobei, ich sprach hier von Suzaku, der war so schnell… er könnte schon lange das Schulgelände verlassen haben. Ich versuchte so schnell wie möglich zum Ausgang zu gelangen (wieso mussten wir ausgerechnet im obersten Stockwerk Unterricht haben?), wobei ich die Treppe benutzen musste, da der Aufzug im Moment defekt war (das Glück war mir wahrlich nicht hold). So rannte ich Stufe für Stufe runter. Da es sehr viele Stufen waren, wurde mir, bei meiner jetzigen Geschwindigkeit eigentlich nicht verwunderlich, schnell schwindelig. So kam es, wie es kommen musste: Ich passte nicht auf, verfehlte eine Treppenstufe und fiel die restlichen Stufen runter. Die Treppe runterzufallen, weil man eine Stufe übersah, war fast so dämlich, wie auf einer Bananenschale auszurutschen. Beides konnte vermieden werden, wenn man richtig aufpasste. Was ich nicht getan und somit den Salat hatte. Ich kugelte die Treppe runter und wartete nur darauf, endlich auf den harten Boden zu landen. Was ich nach wenigen Sekunden dann auch tat. „Urgh!“ Seltsamerweise war der Boden nicht hart, sondern recht weich. Und fing an sich zu bewegen. Das wäre schon merkwürdig genug gewesen, weil Böden sich eigentlich nicht bewegten, aber dieser hier fing auch noch zu sprechen an. „Nh…was zur…!?“ Es war nur ein Nuscheln, doch schlagartig wurde mir klar, dass ich nicht auf einem sprechenden Boden gelandet war, sondern auf einen Menschen. Wie peinlich! Ich lag auf irgendjemanden, wahrscheinlich ein Mitschüler, im schlimmsten Fall ein Lehrer. Ich rappelte mich langsam auf. „Entschuldigen Sie, ich bin nur…“ „… Lelouch?“ „Häh?“ Zugegeben, meine Erwiderung auf meinen Namen war nicht gerade intelligent, aber zumindest kannte die Person meinen Namen. Für einen Lehrer klang die Stimme zu jung, also doch ein Mitschüler. Meine weiche Landung schien dagegen meine Antwort lustig zu finden, denn er sprach mit einem amüsiert klingendem Tonfall weiter. „Häh ist eigentlich nicht etwas, was du oft von dir gibst.“ Ich sah dann endlich zu meinem „Retter“. Und erschrak. „Suzaku!?“ „Der Kandidat hat 100 Punkte! Aber dass du das erst jetzt bemerkst… normalerweise checkst du sofort die Lage, aber so ein Sturz kann selbst jemanden wie dich durcheinanderbringen.“ Er stand auf, klopfte sich den Staub von seiner Schulunform ab und lächelte mich an. Ich dagegen wurde leicht rot und guckte weg. Das Ganze war mir ausgesprochen unangenehm. Von allen möglichen Leuten auf der Welt musste ich ausgerechnet auf Suzaku drauffallen. Zumindest konnte ich so die Suche nach ihm aufgeben. Das war gut. Dass mich mein Kindheitsfreund allerdings so perplex erleben musste, war peinlich. Das war schlecht. „Wieso bist du überhaupt noch hier?“ „Ich war noch auf der Toilette. Die bei uns oben funktionieren nicht, darum musste ich dafür hier nach unten gehen.“ Aha. Selbst die Toiletten waren an dieser Schule defekt. Ich sollte Milly wohl sagen, dass sie wiederum ihrem Grossvater mitteilen sollte, was für Zustände an der Ashford Akademie herrschten. Allerdings hatten diese Zustände dazugeführt, dass Suzaku noch da war. Vielleicht sagte ich ihr das später. Oder gar nicht. „Verstehe…“ „Aber sag mal, wieso bist du überhaupt die Treppe runtergefallen? Du passt doch sonst immer auf.“ „Weil ich dich gesucht habe!“ „Häh?“ Jetzt war Suzaku mit den schlauen Erwiderungen an der Reihe. Es schien ihn richtig zu überraschen, dass ich ihn gesucht hatte. Das machte mich doch etwas traurig. Hatten wir uns schon so sehr entfremdet, dass es ihm komisch vorkam, wenn ich ihn suchte? Und wieso war ich überhaupt traurig? Ich sollte eher sauer auf ihn sein, dass er so reagierte. „Ich muss mit dir über was reden.“ „Über was denn?“ „Erstes Wort: Überraschung.“ „?“ „Zweites Wort: Euphie.“ „!“ Beim Namen meiner Halbschwester guckte mich Suzaku alarmiert an. Er dachte sicher, dass ihr irgendwas passiert sein musste. Bevor er mich gleich mit Fragen um Euphie bombardieren konnte, legte ich zur Beruhigung eine Hand auf seine Schulter. „Keine Angst, ihr ist nichts passiert...“ „Aber was ist sonst mit Euphie?“ „Nichts, nur… wie soll ich das sagen… ach, ich hab’s doch schon gesagt!“ „Du hast nur Überraschung und Euphie gesagt…“ „Das ist es!“ „Die Überraschung ist Euphie?“ In diesem Moment schlug ich mir innerlich mit der flachen Hand auf die Stirn. Und sowas war Pilot des Lancelots und Euphies persönlicher Ritter. „Ach, komm einfach mit!“ „Huh?!“ Suzaku wollte sicher noch mehr als Huh sagen, aber ich liess ihn nicht. Stattdessen nahm ich seinen Arm und zog ihn mit mir. Was ich zu sagen hatte, wollte ich ihm nicht auf dem Gang erzählen. Deswegen zog ich ihn mit zu dem Ort, wo wir definitiv ungestört waren. Kapitel 4: Zusammen schaffen wir alles… hoffen wir‘s zumindest -------------------------------------------------------------- Ich zog Suzaku wieder ins Schulgebäude rein, was ihn etwas irritierte. „Wieso gehen wir wieder in die Schule?“ war sicher eine der vielen Fragen, die er mir stellen wollte, aber es nicht tat. Stattdessen fragte er mich etwas Ähnliches. „Lelouch, wo gehen wir hin?“ „Solltest du eigentlich wissen…“ „Nein, woher denn auch?“ „Sagt dir das was?“ Dabei zupfte ich kurz an meinem Kragen. Suzaku kapierte daraufhin, was ich meinte und nickte nur. Ich lächelte zufrieden; Suzaku hatte es nach all den Jahren doch nicht vergessen. Als wir oben auf der Dachterrasse ankamen, liess ich ihn wieder los. Hier oben würde definitiv keiner kommen und uns stören (und beim Tanzen mit Suzaku gesehen zu werden hatte ich nicht wirklich Lust, auch wenn er mein bester Freund war). Besagter bester Freund sah sich um, als wäre er das erste Mal hierhergekommen. Dann schaute er mich an. „Komm mit aufs Dach, ich muss mit dir reden… Das hast du lange nicht mehr gesagt bzw. gezeigt.“ „Immerhin hast du unser Zeichen nicht vergessen…“ „Würde ich niemals tun.“ Das freute mich. Immerhin etwas, was er sich beibehalten würde. Ich wollte auch gleich zur Sache kommen, bevor wir die Zeit nur mit plaudern verschwendeten. „Also… Ich habe dich hierhergebracht, weil es wie gesagt um Euphie und eine Überraschung geht. Und ja, was die Überraschung angeht… Euphie hat dir doch sicher von dem Bankett erzählt?“ „Das Bankett, welches in einer Woche stattfindet? Ja, davon hat sie mir erzählt. Aber woher weisst du-“ „Schön, und du weisst sicher, dass sie mit dir zusammen dahingehen will?“ „Natürlich…“ „Und sie hat mit dir sicherlich schon das Tanzen geübt? Der persönlicher Ritter einer Hoheit muss das können, sonst blamiert er nicht nur sich, sondern auch Britannia.“ „Ja schon, aber sag mir nun endlich, woher du das alles weisst?“ „Euphie hat es mir erzählt.“ „Euphie hat WAS?!“ Suzaku guckte mich ungläubig an. Er konnte sich nicht vorstellen, wann meine Halbschwester mir von der ganzen Sache erzählt haben könnte. Dann schien ihm doch ein Licht aufzugehen. „Kann es sein… hast du sie gestern gesehen?“ „Ja, sie kam persönlich zu mir nach Hause.“ „Ich wusste doch, dass etwas gewesen sein muss… Für einen blossen Spaziergang hatte sie recht lange. Ich wollte sie schon suchen gehen.“ „Jetzt übertreibst du aber.“ „Sicher nicht, sie ist eine Prinzessin Lelouch! Ihr könnte immer etwas passieren, und wenn ich als ihr Ritter sie so verantwortungslos alleine umherziehen lasse…“ „Meine Güte, ihr ist ja nichts passiert. Also lass mich jetzt das Ganze aufklären.“ Mein bester Freund nickte nur stumm. Ich fand, er machte aus einer Mücke einen Elefanten. Klar, als eine Prinzessin Britannias konnte Euphie immer Opfer von irgendwelchen Attentätern werden, aber musste er die ganze Schuld auf sich alleine nehmen? Sie war schon 16, kein kleines Mädchen mehr, das immer schön an der Hand geführt werden musste. Und ich war mir sicher, dass Euphie genau das auch nicht wollte, sondern etwas Freiraum (in dem Sinne war ich sehr froh, nicht mehr zu Britannia-Familie zu gehören - Freiheit war dort nämlich ein Fremdwort). Andererseits konnte ich ihn doch etwas verstehen. Würde Nunnally etwas passieren, weil ich nicht bei ihr war, um aufzupassen… ich hätte mir das nie verziehen, selbst wenn sie schon 50 Jahre alt oder älter wäre und Sayoko immer noch bei sich hätte. „Gut, also Euphie hat mir erzählt, dass sie schon mit dir geübt hat… ohne grossen Erfolg.“ „Ja, das stimmt leider…“ Suzaku wurde leicht rot vor Scham. Es war ihm sichtlich peinlich, dass er so ungeschickt war und nicht der perfekte Ritter für Euphie sein konnte, den sie seiner Meinung nach verdient hatte. Ich fand, dass er nicht so denken sollte, schliesslich hatte sie ihn zu ihrem Ritter gewählt, gerade weil er nicht perfekt war und sie sich gut verstanden. Sowas hatte doch mehr Gewicht, als reiner Perfektionismus. Und auf seine Art war er schon perfekt für Euphie… und auch für mich. „Sie sagte auch, dass sie nicht mal Cornelia dazu bringen konnte, es mit dir zu versuchen.“ „Prinzessin Cornelia mag mich nicht besonders… wie viele vom Palast… oder allgemein Britannier.“ „Darum konnte Euphie dir keine professionelle Tanzlehrerin zur Verfügung stellen.“ „Es ist zwar eine Ehre, für eine britannische Prinzessin eine Arbeit auszurichten, aber wenn es um einen Japaner wie mich angeht, streiken selbst gewisse Britannier; Befehl einer Prinzessin hin oder her.“ „Das ist einfach nur dämlich…“ „Tja, ich bin halt in deren Augen nur ein „Britannier ehrenhalber“, ein Japaner, ein Eleven…“ Das letzte Wort hatte er leise gesprochen; fast schon geflüstert. Er senkte den Blick, doch ich konnte trotzdem in seinen Augen sehen, dass es ihn schwer traf, nur auf seine Herkunft reduziert zu werden. Suzaku mochte zwar sich an all die Gemeinheiten der Ashford-Schüler und anderer Britannier gewöhnt haben, aber das bedeutete nicht, dass ihn das nicht doch tief in seinem Inneren verletzte. „Suzaku…“ „Huh? Oh, vergiss, was ich gesagt habe, ich will dich nicht volljammern.“ Dabei lachte er und glaubte wohl, dass ich mich damit zufrieden geben würde. Wieso versuchte er vor mir den Starken zu spielen? Ich war sein bester und wahrscheinlich auch ältester Freund. Auch wenn wir uns sieben Jahre nicht mehr gesehen hatten, sollte er doch wissen, dass er vor mir nichts geheim halten musste. Ich hatte zwar auch meine Geheimnisse (meine Identität als Zero würde ich nicht mal Suzaku verraten, ich wusste ja, wie er zu ihm stand), aber das war was anderes. Sorgen, Ängste… konnte er sie mir nicht verraten? Hatte er Angst, dass ich mich deswegen über ihn lustig machen würde? Oder vertraute er mir einfach nicht mehr? Ob er Euphemia erzählte, was ihn bedrückte? Falls ja, würde mich das doch sehr kränken, schliesslich kannten wir uns schon einige Jahre und Euphie lernte er erst vor drei Monaten kennen. „Lelouch?“ „Oh, tut mir leid, ich war in Gedanken…“ „Schon okay. Also, was ist jetzt die Überraschung?“ „Ach stimmt, die Überraschung… Naja, als Überraschung würde ich es nicht bezeichnen, aber…“ „Was denn, nun sag’s schon!“ „Die Überraschung… bin ich.“ „… Wie bitte?“ Ich hatte geahnt, dass er es anfangs nicht verstehen würde. So erzählte ich ihm vom gestrigen Treffen mit Euphie und wie sie einfach beschlossen hatte, dass ich ihm das Tanzen beibringen würde. Am Ende staunte Suzaku nicht schlecht, was sich meine Halbschwester da ausgeheckt hatte. Er fand es sehr nett von ihr, wie viel Mühe sie sich für ihn machte und dass sie wegen der Tanzerei extra mich damit beauftragt hatte. Ich war eher der Meinung, dass er wieder übertrieb. Euphemia hatte keinen Masterplan aus dem Hut gezaubert, sondern einfach die nächstbeste Person gefragt, die für sie geeignet schien und sicher ja sagen würde. Und das war leider ich. Würde ich sie nicht so gerne haben, hätte ich mich nie drauf eingelassen. Ausserdem… wo machte Euphie sich die Mühe? Ich hatte Suzaku jetzt am Hals und musste ihn von seiner Inkompetenz fürs Tanzen heilen. Wenn das Ganze vorbei war, erwartete ich von beiden einen grossen Dank. „Natürlich muss ich mich auch bei dir bedanken Lelouch…“ Okay, das mit dem Dank kam etwas früh. Aber was soll’s; immerhin tat er es. „Schon gut, musst du nicht… zumindest noch nicht.“ „Tut mir leid, dass du das jetzt machen musst. Du würdest sicher deine freie Zeit lieber für etwas Sinnvolleres gebrauchen.“ „Das ist doch sinnvoll, nicht? Du lernst endlich richtig Tanzen und wir können dazu auch wieder etwas Zeit zusammen verbringen.“ „Hat dir das gefehlt?“ „Ein… wenig?“ „… Hab ich dir auch gefehlt?“ „Ehm…“ Ich hasste das. Ich hasste diese Art von Fragen und ich hasste es diese zu beantworten. Warum ich das tat? Wenn ich ehrlich war, wusste ich es selbst nicht. Es war nur eine normale Frage, aber eine auf der Gefühlsebene und irgendwie konnte ich solche Fragen nicht leiden. Ich mochte es nicht gerne über meine Gefühle zu reden. Was sollte ich jetzt darauf antworten? Ein Ja fand ich peinlich zuzugeben und ein Nein würde nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Natürlich hatte ich es vermisst, mal wieder Zeit mit Suzaku zu verbringen, so wie in den guten alten Zeiten. Damals, als wir beide noch Kinder und einigermassen sorglos waren (herrje, ich klang wie ein alter Mann!). Bevor ich weiterreden konnte, fing Suzaku schon mit reden an. „Also mir hat es gefehlt, mit dir Zeit zu verbringen oder einfach nur mal zu reden. Du selbst hast mir natürlich auch gefehlt.“ „Ahja?“ „Glaubst du mir etwa nicht?“ „Hm…“ „Was heisst das?“ „Nimm es auf wie du willst.“ „Sei nicht so Lelouch. Gut, dann nehme ich an, dass du mir glaubst.“ „Schön.“ „Also…“ „Fangen wir endlich mit dem an, weswegen wir hier sind.“ Mir war bewusst, dass Suzaku nochmals nachfragen wollte, ob ich ihn genauso vermisst hatte, wie er mich. Allerdings hatte ich keine Lust darauf zu antworten und lenkte das Gespräch auf das Tanzen zurück. Instinktiv wusste er wohl schon meine Antwort, zumindest lächelte er mich so an, als hätte ich es ihm verraten. „Gut, versuchen wir es.“ „Das wird schon. Hast du schon vergessen? Wenn du und ich zusammenarbeiten…“ „… ist alles möglich. Ja, ich weiss, ich würde das niemals vergessen.“ „Dann ist ja gut. Also fangen wir an.“ „Alles klar.“ Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie viel Aufwand ich betreiben müsste für Suzaku und wie viele Nerven es mich kosten würde. Ich wollte trotzdem einmal optimistisch an die Sache rangehen; sollte helfen sagte man. Ich konnte nur hoffen, dass das stimmte. Kapitel 5: Ein Ritter ohne Furcht und Talent -------------------------------------------- Nach dem ganzen Gerede fingen wir endlich damit an, weswegen wir hier waren. Beziehungsweise, wir versuchten anzufangen. „Ich nehme an, die Grundschritte von Walzer kennst du schon.“ „Natürlich! … Also so einigermassen zumindest…“ „… Du hast sie vergessen…“ „…“ Suzaku schaute sich schweigend den Boden an und kratzte sich peinlich berührt an der Wange. Ich seufzte. Das konnte doch nicht wahr sein! Wie lange hatte Euphie mit Suzaku geübt? Einen Tag? Eine Stunde? Fünf Minuten? Der Kerl konnte sich unser Geheimzeichen von vor sieben Jahren merken, aber ein paar lausige Tanzschritte nicht? Es war höchste Zeit, dass er es lernte. So schnell wie möglich – also jetzt auf der Stelle. „Dann also alles von Anfang an.“ „Tut mir Leid…“ „Für eine Entschuldigung ist jetzt keine Zeit, Suzaku. Sieh mir einfach zu und mach es nach.“ „Okay.“ Ich stellte mich neben meinem Kindheitsfreund und schweifte dann unabsichtlich mit den Gedanken ab. Walzer – dieser Tanz wurde mir früh beigebracht. Als ich noch in Britannia bei meiner Familie lebte, musste ich ihn schon mit acht Jahren lernen. Meine Mutter Marianne – ihres Zeichens legendäre Knightmarepilotin und Lieblingsfrau von Charles zi Britannia, dem Kaiser des britannischen Reiches und mein Erzeuger (das Wort Vater wollte ich nicht in Verbindung mit ihm in den Mund nehmen) – sagte immer zu mir, dass das zum kultivierten Standard gehörte. Damals hätte ich lieber mit Nunnally und Euphie im Garten gespielt, als so einen langweilen Tanz zu lernen. Komischerweise beneideten mich die zwei um meine Tanzstunden und wollten immer, dass ich ihnen auch Walzer beibrachte. Als ich einmal fragte, wieso sie so darauf beharrten, meinte Euphie, dass Walzer total schön und romantisch wäre und Nunnally nickte voller Zustimmung. Verstand einer die Mädchen… „…louch? … Lelouch!“ „Wie, was…?!“ „Sag mal, warst du gerade am Tagträumen?“ „Sicher nicht…“ „Dafür, dass du das nicht getan hast, hast du recht lange das Geländer angestarrt. Ist das etwa so interessant?“ „Ist doch jetzt egal. Also, sieh endlich zu!“ Suzaku kicherte nur amüsiert. Ich kniff ihm kurz in den Arm, dass er damit aufhören und darauf achten sollte, was ich tat. Mit dem Gekicher war Schluss, doch ein kurzes Grinsen konnte er nicht lassen. „Du fängst zuer-“ „Musst du nicht eigentlich vor mir stehen Lelouch, statt neben mir?“ „… Wer kann hier Walzer tanzen und wer lernt es hoffentlich noch in diesem Leben?“ „Aber bei Euphie…“ „Suzaku…“ „… Tschuldigung…“ „Ich mache das, damit du besser siehst, wie die Schrittfolge ist.“ „Oh, verstehe…“ Hoffentlich würde er nun endlich die Klappe halten. Fragen an sich waren okay, aber nicht, wenn man noch nicht mal einen Schritt probiert hatte. Ich startete einen neuen Versuch. „Also, zuerst gehst du mit dem rechten Fuss nach vorne.“ „Okay…“ „Der linke Fuss geht dann auch nach vorne. Stell dann den rechten Fuss neben dem linken, damit du die Beine geschlossen hast.“ „Verstanden.“ „Jetzt muss der linke Fuss wieder nach hinten. Der rechte Fuss geht auch zurück und der linke stellt sich dann neben dem rechten.“ „Hm…“ „Hast du das verstanden?“ „J-Ja…“ Das klang nicht sehr überzeugend. Aber was verstand Suzaku daran nicht? Walzer war noch ein recht einfacher Tanz, da gab es definitiv schwierigere. Er sollte froh sein, dass er auf dem Bankett keinen Tango, Foxtrott, Jive oder Samba hinlegen musste. Zur Sicherheit fragte ich ihn nochmals, ob er wirklich alles kapiert hatte. „Keine Sorge Lelouch, ich verstehe es nun.“ „Ahja? Na, dann zeig es mir mal vor.“ „Uhm… okay.“ Es war eine gute Entscheidung gewesen nachzufragen, denn Suzaku konnte es nicht. Er konnte es einfach nicht! Anfangs sah es so aus, als hätte er sich die Schritte gemerkt. Spätestens beim Schritt zurück mit dem rechten Fuss, verdrehte mein bester Freund seltsam seine Beine und stolperte. Jetzt war ich wirklich froh, dass er Walzer und nicht Samba tanzen lernen musste. Beim Samba hätte er neben den Tanzschritten auch gleichzeitig mit den Hüften kreisen, das möglichst heiss aussehen lassen und Euphie noch mehr als nur bei der Hand und dem Rücken berühren müssen. Suzaku und heiss die Hüften kreisen – sowas konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dafür war er einfach zu schusselig (und Cornelia würde es eh niemals zulassen, dass ein Eleven mit ihrer kleinen Schwester solch „erotische“ Bewegungen ausführte und sie an „unsichtlichen“ Körperstellen berührte. Ihr Schwesternkomplex gegenüber Euphemia war definitiv unübersehbar). „Wie war das nochmal mit Ich hab alles verstanden?“ „D-Das war nur ein blöder Zufall. Sieh mir nochmals zu.“ „Na schön.“ Ich gab Suzaku eine zweite Chance. Und eine dritte. Und eine vierte. Nach zehn Versuchen hatte ich keine Lust mehr, ihm mehr Chancen zu geben. „Ich verstehe dein Problem nicht. Die Schritte sind einfach und die Bewegung beim Tanz kannst du dir ungefähr vierecksförmig vorstellen. Zumindest anfangs, bevor es richtig losgeht.“ „Tanzen liegt mir einfach nicht…“ „Tanzen liegt mir einfach nicht… Das ist eine billige Ausrede. Man kann alles, wenn man sich Mühe gibt.“ „Ist das so? Wieso bist du dann beim Sport so schlecht? Etwa zu wenig Mühe gegeben?“ „Was soll das denn jetzt? Das kann man doch damit gar nicht vergleichen…“ „Och, kann man nicht?“ Langsam machte er mich echt sauer. Was sollte diese schnippisch klingende Frage? Ich gab mir grösste Mühe, diesem inkompetenten Typen sowas wie Tanzen beizubringen und Suzaku hatte nichts Besseres zu tun, als dies in Frage zu stellen und mich blöd von der Seite anzumachen. Hatte er dasselbe bei Euphie abgezogen? Kein Wunder hatte sie keinen Bock mehr auf ihn und hat ihren Ritter zu mir abgeschoben. Wobei mir wieder in den Sinn kam, dass meine Halbschwester mir erklärt hatte, es hätte nur an seiner Tollpatschigkeit gelegen. Schön, dann war sie zumindest von seinem Gezicke verschont geblieben. Ich hatte jedenfalls auch keine Lust und vor allem keine Nerven mehr, Suzaku Walzer beizubringen. Sollte er es doch von jemand anderem lernen. Oder es sich selbst beibringen, hilfreiche DVDs gab es sicher genug. Wenn er knauserig war und kein Geld für DVDs ausgeben wollte, gab es ja noch das Internet – deinem Freund und Helfer bei fast allen Arten von Problemen. Wenn ihm dort keiner helfen konnte, wo sonst? Ich kehrte Suzaku den Rücken zu und wollte gerade gehen, als er plötzlich nach meinem Arm griff und mich zurückhielt. Was war denn nun wieder? Wollte er noch was sagen? Falls er mir noch unter die Nase reiben wollte, wie schlecht meine Ausdauer war, konnte ich dankend darauf verzichten. „Es tut mir Leid Lelouch...“ „Ja, meine Ausdauer is- Wie?“ Hatte ich mich gerade verhört oder entschuldigte sich mein bester Freund bei mir? Ich sah Suzaku an, der keine Anstalten machte, auf einmal laut aufzulachen und seine Entschuldigung als Scherz zu bezeichnen. Nein, dieser Japaner meinte es ernst. Für einen kurzen Moment war ich sprachlos. Suzaku nutzte diesen Moment und sprach weiter. „Ich hätte dich nicht so blöd anmachen dürfen. Schliesslich weiss ich ja, das du alles für mich tust und ich sollte dich nicht in Frage stellen. Du bist hier der Profi und ich sollte mich wohl wirklich einfach nur mehr anstrengen.“ Das stimmte mich milder. Einsicht war immer ein guter Schritt in die richtige Richtung. Ich nahm seine Hand von meinem Arm. „Du bist doch ausdauernd und fleissig. Das wird schon werden.“ „Heisst das, dass du nicht gehst?“ „Ehrlich gesagt hatte ich das anfangs vor, aber nun…“ „Also bleibst du?“ „Ja, ich bleibe.“ „Wirklich?“ „Wirklich.“ „Wirklich wirklich?“ „… Ich glaube, ich gehe doch lieber.“ Daraufhin lachte Suzaku und umarmte mich stürmisch. Eine Flucht war definitiv ausgeschlossen; so fest, wie er mich hielt. Zuerst wollte ich mich gleich wieder von ihm losreissen, weil er mich so sehr drückte, dass mir fast die Luft ausblieb. Andererseits war unsere letzte Umarmung sicher sieben Jahre her und ich stiess ihn doch nicht von mir weg. Gerade als ich anfing das Ganze ein wenig zu geniessen und die Umarmung zu erwidern, liess Suzaku wieder los. Tolles Timing… „Ich werde dich nicht enttäuschen Lelouch.“ „Du meinst wohl eher: Du willst Euphie nicht enttäuschen.“ „Sie natürlich auch nicht.“ „Gut.“ „Achja, Lelouch…“ „Ja, Suzaku?“ „Deine Ausdauer könnte wirklich besser sein.“ Dieser Suzaku – charmant wie eh und je. Ich blieb wie versprochen und wir übten weiter. Keine Ahnung, wie viele Stunden vergangen waren, aber als Suzaku es endlich schaffte, alle Schritte ohne Fehler hinzukriegen, ging gerade die Sonne unter. „Wir sollten für heute aufhören.“ „Aber wir haben noch gar nichts erreicht!“ „Nichts erreicht? Suzaku, du kannst jetzt immerhin die Schritte ohne dauernd zu stolpern. Ist das etwa nichts?“ „Schon…“ „Eben.“ Damit war dieser Dialog für mich zu Ende. Wir gingen von der Dachterrasse runter und verliessen das Schulgebäude. Da Suzaku und ich in gegensätzlichen Richtungen wohnten, wollte ich mich gerade verabschieden, als mein Kindheitsfreund auf einmal fragte, ob er mich nach Hause begleiten durfte. Warum das denn? Wollte er unbedingt eine Extrarunde gehen? Als ich ihm erklärte, dass er das nicht zu tun brauchte, meinte er, es könnte mir auf dem Heimweg ja was passieren. Das war jetzt wirklich arg lächerlich. Für was hielt mich Suzaku; etwa für ein kleines wehrloses Mädchen? Gut, vielleicht sah ich ein klitzekleines bisschen femininer aus als andere Jungs in meinem Alter, na und? Das machte mich noch lange nicht schwach und zum leichten Opfer für seltsame Typen. „Ausserdem liegt mein Zuhause sowieso gleich um die Ecke.“ „Trotzdem… Darf ich? „Wenn es dich so glücklich macht…“ Das Strahlen auf Suzakus Gesicht zeigte mir, dass es ihn wirklich glücklich machte. So ein Spinner. Verhielt sich wie ein Hund, der einem Menschen auf Schritt und Tritt folgen wollte, nur weil dieser ein wenig mit ihm gespielt hatte. Seine Beharrlichkeit dabei war so schlimm wie Euphies und Nunnallys damals vor vielen Jahren, aber Suzaku war schon fast eine Nummer schlimmer. Keine Ahnung, ob ich das absolut bescheuert halten oder mich freuen sollte, dass er länger bei mir sein wollte als er musste. Ich beschloss, beides zu tun. Zu mir nach Hause war es wirklich nicht weit. Auf dem Weg dahin schwiegen wir. Mir lagen zwar noch gewisse Fragen auf der Zunge, wie z.B. ob er sich im Militär wirklich wohlfühlte, ihm seine Aufgabe als Euphies persönlicher Ritter Spass machte und vieles mehr, doch mein Mund blieb geschlossen. Schliesslich kamen wir vor meiner Haustür an. „Danke, dass du mich bis hierhin begleitet hast.“ „Keine Ursache, das wollte ich ja auch.“ „Stimmt und ohne dich wäre ich sicher nie heil nach Hause angekommen.“ „Bist du gerade sarkastisch Lelouch?“ „Och, ich doch nicht…“ Wir grinsten uns an. Es war schön, wieder mit Suzaku so viel Zeit verbracht zu haben. Zwar war das Tanzen der Grund dafür gewesen, aber eigentlich war das auch egal. Wir würden noch weitere Tage wie heute verbringen, was mich insgeheim doch freute. Tage, in denen wir uns wie normale beste Freunde verhielten und nicht wie Erzfeinde. Ich hoffte, dass niemals der Tag kam, an dem Suzaku meine Identität als Zero erfuhr. Ich wollte unsere Freundschaft nicht verlieren, nur weil jeder von uns für die jeweilige gegnerische Seite kämpfte. „Also… Man sieht sich morgen in der Schule wieder.“ „Da bin ich mir nicht sicher…“ „Was, wieso denn nicht? Euphie hat dich doch sicher von deinen Pflichten freigestellt?“ „Von den Pflichten als ihr Ritter ja, aber das Militär braucht mich.“ „Können die nicht mal einen Tag ohne dich?“ „Lloyd wäre davon nicht so begeistert. Ich habe ja heute schon gefehlt.“ Wer zur Hölle war Lloyd wieder? Achja richtig, dieser verrückte Wissenschaftlicher, der sein ganzes Leben den Knightmares widmete. Komischer Kauz und wegen ihm konnte Suzaku nicht zur Schule gehen und das Tanzen weiterüben? Ich würde C.C. heute Abend den Befehl geben, dass sie mit den Schwarzen Rittern beim nächsten Schachzug gegen Britannia ruhig alle britannischen Knightmares so schlimm wie möglich zerstören sollte, vor allem den Lancelot, welches angeblich das Lieblingsstück von diesem Lloyd war (ob das kindisch von mir war oder nicht, war mir egal. Der Kerl hielt Suzaku von wichtigeren Dingen fern und sowas gehörte bestraft. Am besten traf man immer dort, wo es am meisten weh tat und das waren bei ihm die Knightmares). Ich war so in Gedanken vertieft, dass mich Suzaku kurz rütteln musste, damit ich mich wieder von meiner Gedankenwelt lösen konnte. Wie peinlich, das wievielte Mal war das heute schon der Fall gewesen? „Ich gehe jetzt wohl besser. Gute Nacht und grüss Nunnally von mir.“ „Werde ich tun. Dir auch eine gute Nacht.“ „Danke. Hat heute echt Spass gemacht, auch wenn ich ziemlich oft gestolpert bin.“ „Ja, finde ich auch. Also nicht dein Gestolper hat Spass gemacht, sondern der Rest und so…“ „Ich weiss, was du meinst.“ Mit diesen Worten schenkte er mir ein letztes Lächeln, drehte sich dann um und ging. Ich stand noch eine Weile vor der Haustür und sah ihm nach. Wann würde ich ihn das nächste Mal wiedersehen? Mir blieben nur wenige Tage, um Suzaku alles beizubringen und wenn er in dem Tempo lernte wie heute, würde ich länger als eine Woche dazu benötigen. Ich musste mir wohl oder übel wieder was einfallen lassen… Kapitel 6: Von Eifersucht und Pizzaflecken ------------------------------------------ Nachdem Suzaku verschwunden war, ging ich ins Haus, wo ich die Stimmen von Nunnally und Sayoko vernahm. „Lelouch, bist du das?“ Nunnally musste gehört haben, wie ich hereingekommen bin. Sie war zwar blind, doch waren ihre anderen Sinne, vor allem ihr Gehör, dafür umso besser. Ich ging ins Wohnzimmer, wo ich sie mit Sayoko am Kranichenfalten sah, und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Da bin ich.“ „Bruderherz, schön dass du da bist! „Hast du schon zu Abend gegessen, Schwesterchen?“ „Ja. Tut mir leid, dass ich nicht auf dich gewartet habe. Wir wussten nicht, wann du genau nach Hause kommen würdest.“ „Das macht doch nichts. Ich habe sowieso keinen Hunger.“ „Aber Lelouch, du musst was essen...“ „Vielleicht später, ja?“ „Okay…“ Ich setze mich neben meine kleine Schwester und sah ihr zu, wie sie gerade einen Kranich zu Ende faltete. Sayoko sass auf der anderen Seite neben sie und sah mich an. Sicher wollte sie gleich aufstehen und mir jetzt was zu essen machen, aber ich schüttelte den Kopf. Sie verstand und konzentrierte sich wieder aufs Falten. Ich blickte dann auf die vielen Kraniche, die sie schon gebastelt hatten. Das Kranichefalten hatte Sayoko Nunnally beigebracht und für ein blindes Mädchen konnte sie das sehr gut. „Was war schon wieder der Grund, warum du diese Kraniche faltest Nunnally?“ „Aber das solltest du doch wissen Bruderherz! Wenn man 1‘000 Kraniche gefalten hat, geht ein Wunsch in Erfüllung.“ „Oh stimmt, das war es…“ Nunnallys Wunsch... Ich wusste nur zu gut, welcher das war, denn sie hatte nur diesen einen: Eine friedlichere und gerechtere Welt. Er war der Grund gewesen, wieso ich überhaupt Zero, meine zweite Identität mit der ich mit den Schwarzen Rittern gegen Britannia kämpfte, erfunden hatte. Britannia – ein Land, dass sich nahm, was es wollte und welches einen Herrscher hatte, der schwache Menschen nur tot sehen wollte. Ein Herrscher, der selbst sein eigen Fleisch und Blut als wertlos betrachtete, weil es weder sehen noch gehen konnte. So jemand durfte kein Land regieren bzw. so ein Land durfte nicht die Großmacht schlechthin sein. Deswegen kämpfte ich, Schlacht für Schlacht, um Britannia zu stürzen, Japan seine Unabhängigkeit zurückzugeben und Nunnally die Welt zu geben, die sie sich so sehr wünschte. „Willst du auch mitfalten, Bruderherz?“ „Ehm… klar, wieso nicht.“ So machte ich bei der Bastelrunde mit und versuchte einen Kranich zu falten. Nunnally fragte dann, wie mein Tag gewesen war. Ich erzählte ihr und Sayoko, was heute so geschehen war und wie ich mit Suzaku das Tanzen geübt hatte. Die Beiden fanden die Story recht unterhaltsam. Nunnally kicherte und Sayoko musste auch ab und zu schmunzeln. „… Und dann fiel er sicher zum zehnten Mal um.“ „Ohje, armer Suzaku! Aber du bist doch geduldig mit ihm, oder Bruder?“ „Natürlich Nunnally. Auch wenn er sich manchmal echt blöd anstellt.“ „So ist Suzaku… und das finde ich eigentlich ganz süß an ihm.“ „Findest du?“ Ob Nunnally vielleicht mehr in Suzaku sah als nur einen gewöhnlichen Freund? Sie war 14 Jahre alt, da fingen viele Mädchen an, ihre erste Liebe zu erleben. Suzaku war mein bester Freund, doch fand ich das toll, wenn er eines Tages nicht nur der persönliche Ritter von Nunnally wurde, sondern mehr? Und was war mit Euphie? Irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass sie mehr für meinen Kindheitsfreund empfand, als sie sollte… und Suzaku umgekehrt auch für Euphie. Das gefiel mir noch viel weniger. Es machte alles nur komplizierter als es sein musste. Nunnally musste wohl bemerkt haben, wie ich mir über etwas den Kopf zerbrach, denn sie legte ihre Hand auf meine. „Bedrückt dich etwas Lelouch? Du bist auf einmal so ruhig…“ „Was? Nein, keine Sorge, mir geht’s gut.“ „Aber du hast über etwas nachgedacht, nicht?“ „… Nunnally, sag mal… wie sehr magst du Suzaku?“ „Wie sehr ich ihn mag? … Fast so sehr wie dich Bruderherz!“ „Also nur als eine Art Bruder?“ „Ja, natürlich! Was dachtest du denn, etwa, dass ich…“ „…“ Meine kleine Schwester fing auf einmal an zu lachen. War der Gedanke etwas so abwegig gewesen, dass sie mehr für unseren Freund empfinden könnte, als nur Freundschaft? Eigentlich könnte ich es ihr nicht mal übel nehmen, wenn es so gewesen wäre. Suzaku war ein guter Mensch. Stark, freundlich und er könnte Nunnally beschützen, wie sonst keiner. Er wäre einfach perfekt für sie! Aber so wie es aussah, liebte sie Suzaku wirklich nur platonisch. Konnte mir auch recht sein. „Aber nein Lelouch! Ich liebe Suzaku nur wie einen Freund oder Bruder. Nicht mehr.“ „Alles klar…“ „Warst du etwa eifersüchtig?“ „Was? Nicht doch!“ Wieso sollte ich eifersüchtig auf Nunnally sein, was Suzaku anging? Sie durfte ihn so gerne haben, wie sie wollte. Das machte mir nichts aus. Absolut kein Problem, ehrlich. Ich machte Nunnally klar, dass ich nie eifersüchtig auf sie sein würde, vor allem nicht wegen Suzaku. Doch anscheinend musste ich etwas falsch aufgenommen haben, denn sie lachte schon wieder. „Aber nein! Ich meinte damit, dass du eifersüchtig auf Suzaku sein könntest.“ „Suzaku? Aber wieso?“ „Du könntest ja die grundlose Befürchtung gehabt haben, dass ich ihn mehr liebe als dich.“ „Oh, das war es…?“ „Natürlich. Sag bloß, du warst jetzt nicht auf Suzaku eifersüchtig, sondern auf mich?“ „Ich bin auf niemanden eifersüchtig!“ Na klasse. Zuerst nahm ich an, Nunnally meinte, ich sei auf sie eifersüchtig. Jetzt stellte sich heraus, dass sie dachte, dass ich auf Suzaku eifersüchtig war. Toll, wie stand ich jetzt da? Dass ich auf Nunnally eifersüchtig war, machte noch weniger Sinn, als wenn ich das auf Suzaku wäre. Er war nur ein Freund von mir, was sollte ich schon von ihm wollen außer Freundschaft? Also wenn Nunnally wirklich dachte, ich wäre auf sie eifersüchtig, weil sie annahm, dass ich Gefühle für Suzaku hätte… romantische Gefühle in diesem Fall. Gefühle, die über Freundschaft hinausgingen, in eine Richtung, die… Oh Gott, was dachte sie da bitte? Und was dachte vor allem ich?! Ich blickte zu Sayoko und fragte mich, was sie von allem hielt. Unsere Maid sah mich ganz normal an, doch wer wusste schon, was im Kopf einer Frau so vor sich ging? Vielleicht fand sie mich insgeheim auf einmal pervers, weil ich jetzt angeblich auf einen Typen stand. Japaner sollen ja konservativer sein als Britannier, soviel ich gehört hatte. Bevor Nunnally noch Sayoko irgendetwas sagen konnten, stand ich auf, wünschte beiden eine gute Nacht, küsste Nunnally noch kurz auf den Kopf und verließ das Wohnzimmer. Ich würde definitiv nicht mit ihnen über nicht-existierende Liebesgefühle für einen Kindheitsfreund oder desgleichen reden. Als ich mein Zimmer betrat, sah ich ein sehr bekanntes Bild vor mir. Das Gerede von vorhin vergaß ich auf einem Schlag. „Du lässt dich endlich mal blicken, C.C.“ „Was heißt da endlich? Ich bin seit einer Weile zurück. Du warst nur nicht da.“ „Und stopfst dich mit Pizza voll…“ „Die habe ich mir verdient, bei der Extra-Arbeit, die ich gerade ableiste…“ Ich verdrehte die Augen. Welche Extra-Arbeit? Mir war nicht bekannt, was sie noch tat, außer jede Menge Pizza zu verdrücken. Und mir manchmal auf den Geist zu gehen. C.C. räkelte sich faul auf meinem Bett und machte es sich schön gemütlich; eine Pizzascheibe in der Hand, dessen Käse fast auf das Bettlaken tropfte. Wehe sie passte nicht auf, die Flecken könnte sie mir eigenhändig rauswaschen! Genug Zeit hätte sie ja… Die grünhaarige Hexe sah die kommende Gefahr für mein Bett in Form von triefender Mozzarella wohl nicht, denn sie schaute zu mir und hatte einen gelangweilten Ausdruck im Gesicht. Diese Frau… Ich beschloss, statt mich aufzuregen, sie nach dem aktuellen Stand der Dinge zu befragen. „Wie sieht es aus? Klappt alles, wie es sollte?“ „Tut es. Und deine Schwarzen Ritter haben nicht die leiseste Ahnung, dass ihr Zero nicht derselbe wie sonst ist. Nicht mal diese Rothaarige.“ „Du meinst Kallen…“ „Ja. Wobei, sie wollte einmal mit mir bzw. dir reden.“ „Was wollte sie denn?“ „Keine Ahnung, frag sie doch selbst.“ „Sehr witzig, ich habe keine Zeit dafür.“ „Ach stimmt, da ist ja dein kleiner Freund da…“ „Er heißt Suzaku. Und du weißt, was ich mit ihm machen muss.“ „Mir ist es egal, was ihr tut. Nur, wenn er Verdacht schöpfen sollte…“ „Wird er nicht. Ich sorge schon dafür. Und dafür bist ja eben du statt ich als Zero unterwegs.“ Ich hoffte, dass diese Konversation nun zu Ende wäre, doch C.C. hatte heute wohl ihren kommunikativen Tag und plapperte einfach weiter. „Wie du meinst… aber…“ „Was aber?“ „Wieso hast du nicht einfach dein Geass benutzt und ihn so zum Tanzen gebracht?“[1] Eigentlich eine gute Frage. Aber eben nur eigentlich, denn es war vollkommen klar, wieso ich mein Geass noch nicht an Suzaku benutzt hatte. Was brächte es mir, wenn ich das tat? Dann könnte Suzaku tanzen und sonst? Mir würde es absolut keinen Nutzen bringen und was mir nicht nützte, war unnötig und eine Verschwendung des Geass. Ich nannte C.C. diesen Grund, doch schien ihr etwas anderes im Kopf zu schwirren. Zumindest hatte sie plötzlich ein leicht schelmisches Lächeln auf den Lippen. Mir schwante nichts Gutes… „Gib es zu, du wolltest einfach mehr Zeit mit ihm verbringen.“ „Das entspricht nicht der Wahrheit. Also… nicht ganz…“ „…“ „… Na schön, ja, ich wollte Zeit mit ihm verbringen. Ist daran was falsch? Er ist mein bester Freund. Und ich habe auch noch ein Leben neben der Rebellion.“ „Du musst dich nicht gleich von mir angegriffen fühlen. Dein Privatleben ist ganz allein deine Sache.“ „Da sprichst du endlich mal etwas Wahres aus. Und jetzt geh von meinem Bett runter, ich will schlafen.“ „Vergiss es, wenn ich da bin, schläfst du dort.“ C.C. zeigte auf dem Boden. Wundervoll, jetzt musste ich nach den heutigen Strapazen auch noch auf dem harten Boden schlafen. Ich fragte sie, ob sie nicht wieder als Zero rausmüsste. Die werte Dame hatte aber beschlossen, einmal auszuschlafen (als ob sie das nicht immer tat) und hatte den Schwarzen Rittern irgendeine Lüge vorgetischt, damit sie diese Nacht ihre Ruhe hatte. Naja, solange Kallen und die anderen ihr bzw. Zero alles glaubten… Ich zog mich schließlich um, setzte mich auf den Boden und lehnte mich an mein Bett. Das Einzige, was ich nun wollte, war schlafen. Ich schloss die Augen und wäre fast eingeschlafen, wenn ich nicht ein Geräusch gehört hätte. Was verdächtig nach einer Pizzascheibe klang, die auf mein Bett gefallen war. Natürlich mit der belegten Seiten nach unten. Toll. Ganz toll. „Oh… Naja, immer noch essbar…“ „C.C.!“ Kapitel 7: Bekanntschaft mit zwei Irren --------------------------------------- Als ich aufwachte, strahlten schon die ersten Sonnenstrahlen durch mein Fenster. Irgendwie hatte ich die Nacht doch noch überstanden. Auf dem Boden zu schlafen war jedoch wirklich keine tolle Sache. Wieso liess C.C. sich einfach nicht davon überzeugen, dass wir beide das Bett teilten? Gross genug war es definitiv. Dazu hatte ich, anders als viele junge Männer in meinem Alter, keine Hintergedanken mit einer Frau auf derselben Matratze zu schlafen. Ich fand C.C. nicht mal anziehend (zugegeben, sie war hübsch, aber deswegen hatte ich noch lange kein Interesse an ihr, weder amourös und schon gar nicht sexuell… ich hatte allgemein für keine Frau solche Empfindungen). Andererseits, wenn ich daran dachte, wie oft sie schon Pizza auf meinem Bett gegessen hatte und dann noch die Pizza, die gestern auf dem Bettlaken gelandet war… vielleicht war es besser, wenn ich mich doch weiterhin mit dem Boden begnügte. Besser als in einer Decke zu schlafen, die voll mit Käse und Schinken war und auch noch danach stank. Ich blickte zu C.C., die überraschenderweise noch am Schlafen war. Zumindest nahm ich das an, denn sicher konnte ich nicht sein, weil sie in Richtung der Wand gewendet lag. Eigentlich hatte ich darauf gewettet, dass sie wieder vor mir aufgestanden und sonst wohin verschwunden war. Naja, auch gut, wenn dieses Weib mal ganz ruhig vor mir lag und keine sarkastischen Kommentare von sich gab. Ausserdem kuschelte sie mit einem grossen gelben Plüschtier im Schlaf. „Hör auf mich anzustarren. Das ist ziemlich unhöflich…“ Okay, sie schlief doch nicht. Wäre auch ein echtes Wunder gewesen. Wie diese Hexe jedoch wissen konnte, dass ich sie ansah, wusste ich nicht. Vielleicht irgendeine Fähigkeit, die man als Unsterbliche bekam. Oder sie hatte einfach gut geraten. C.C. dreht sich zu mir um und sah wiedermal nicht sehr interessiert drein. Manchmal fragte ich mich wirklich, ob sie noch andere Gesichtsausdrücke draufhatte, die nicht pure Langeweile, Allwissenheit oder Ironie ausstrahlten. Achja, und auch etwas anderes als ihr glücklicher Blick, wenn sie genüsslich eine Pizza verdrückte. Wie auch immer, ich hatte keine Zeit mich weiter mit C.C. und all ihren möglichen Gesichtsausdrücken zu beschäftigen. Ich konnte nun aber ihr komisches Plüschtier genauer betrachten. Also wie ein Tier sah es nicht aus, was sie im Arm hielt. „Wieso schaust du Cheese-kun so komisch an?“ „Ein was?“ „Cheese-kun – Das Maskottchen von Pizza Hut. Hat man eine Pizza-Hut-Karte voll, kriegt man einen gratis.“ „Aha…“ „Willst du auch einen?“ „Definitiv nicht…“ „Dabei ist er so süss.“ „Ich weiss nicht einmal, was das Ding darstellen soll.“ „Es ist ein Cheese-kun, das reicht doch als Erklärung.“ Das klang nicht wie eine Erklärung von ihr, sondern mehr wie eine totsichere Tatsache, an die ich gar nicht erst zweifeln sollte. Ich sagte C.C., dass ich auch heute später heimkommen würde. Sie deutete daraufhin nur auf die Uhr und meinte lakonisch, dass ich spät dran wäre. Mist, das kam davon, wenn ich mit dieser Frau zulange redete! Ich zog mich so schnell es ging um, machte einen kurzen Abstecher ins Bad und verliess hektisch das Haus. Ich hasste Hektik. Und was ich noch mehr hasste als das, war es zu rennen. Ich musste mich jedoch beeilen, weil ich nicht zu spät zur Schule erscheinen wollte. Sowas war peinlich, weil dann jeder einen anstarrte, als wäre man ein Ausserirdischer. Ja, so waren die Studenten von Ashford – reich und vielleicht gebildet, aber ganz sicher nicht erwachsen. Glücklicherweise wohnte ich nicht weit von der Ashford Akademie entfernt, sodass ich rechtzeitig das Klassenzimmer erreichte. Als ich mich auf meinem Platz sinken liess, keuchte ich leicht vor Anstrengung, woraufhin ich ein paar verwunderliche Blicke von meinen Mitschülern erntete. Sollten die doch gucken. Ich schaute zu Suzakus Platz, der leer war. Er hatte noch eine Minute, wenn er pünktlich zum Unterricht erscheinen wollte. Ich sah zur Uhr und zählte die Sekunden runter. Sechs… Fünf… Vier… Drei… Zwei… Eins… „Also schön, wir beginnen die Stunde damit, dass wir den Stoff von letzter Woche nochmals repetieren. Nehmt euer Geschichtsbuch und schlagt auf Seite 123 auf…“ Der Lehrer setzte sich an seinen Pult und blätterte daraufhin in seinem Geschichtsbuch. Ich wartete nochmals fünf Minuten, eventuell hatte Suzaku wieder verschlafen. Fünf Minuten vergingen. Dann zehn Minuten. Nach 20 Minuten war der Fall klar: Suzaku würde heute nicht mehr in der Schule auftauchen. Für mich hiess das nun: die restlichen Schulstunden schwänzen und meinen besten Freund suchen. Schliesslich hatte er noch ein Ziel bis Ende der Woche zu erreichen. Was hatte er wieder gesagt? Er wäre beim Militär. Höchstwahrscheinlich bei diesem Lloyd, der ihn zu irgendwelchen Übungen mit dem Lancelot nötigte oder was auch immer. Wieso Suzaku seine Aufgaben als Soldat so ernst nahm, verstand ich wirklich nicht. Machte ihm das mehr Spass, als die Schule zu besuchen? Gut, die Schule war nicht der spannendste Ort und ich liess auch gerne die ein oder andere Stunde sausen, um mit dummen reichen Britanniern Schach zu spielen, aber das Militär würde ich deswegen der Ashford Akademie trotzdem nicht vorziehen. Nach der Geschichtsstunde würde eine Doppelstunde Naturwissenschaften folgen. Dieses Fach war sowieso nicht ganz so meins (Sport war aber immer noch meine ungeschlagene Nummer 1 in Sachen Schlimmstes und unnötigstes Fach der Welt) und scharf drauf, dass wieder ein Idiot bei einem Chemieversuch das halbe Zimmer fast abfackelte, war ich auch nicht. Als die Schulglocke läutete, packte ich recht zügig meine Sachen und wollte gehen. Bevor ich aufstehen konnte, sah ich wieder Shirley vor mir. Was wollte sie denn? „Lulu, also wegen gestern…“ Sie schaute mich an. Oh Gott, da war doch was gewesen. Was war es nur wieder? Achja, sie wollte mir etwas erzählen, aber ich hatte sie nicht ausreden lassen und war abgehauen, um Suzaku zu suchen. Irgendwie hatte die jetzige Situation einen leichten Touch von Déjà-Vu für mich. Aber wie gestern hatte ich auch heute keine Zeit für meine orangehaarige Freundin. „Tut mir leid Shirley, aber ich mu-“ „Aber es ist wichtig für mich Lulu!“ Jetzt hielt sie auch noch meinen Arm fest und starrte den Boden an. Nun war es offiziell: Das war ein Déjà-Vu. Wie auch am Vortag nahm ich Shirleys Hand von meinem Arm, gab eine kurze Entschuldigung von mir, stand auf und ging. Zum Glück folgte sie mir nicht, doch ehe ich durch die Klassenzimmertür gehen konnte, blockierte Rivalz mir den Weg. Auch das noch. „Hey Lelouch, wohin willst du hin? Wir haben jetzt Naturwissenschaften.“ „Mir geht es nicht gut…“ „Man, jetzt lügst du! Du siehst total gesund aus. Okay, du könntest vielleicht mehr essen, weil du echt dürr bist, aber na-“ „Ich bin weg, tschüss.“ Bevor Rivalz irgendwas noch sagen konnte, lief ich so schnell wie möglich weg. Rennen war keine Option für mich, da ich selber wusste, wie schlecht meine Ausdauer war. Mir war auch absolut egal, was Rivalz, Shirley oder sonst wer jetzt von mir dachte. Die Schule zu schwänzen tat doch jeder einmal in seinem Leben. Ich verliess das Schulgebäude und daraufhin die Ashford Akademie. Gut, jetzt musste ich nur noch zur britannischen Militärbasis gelangen. Ich wusste, dass diese etwas abseits lag, und fuhr mit der Bahn bis zur nächstgelegenen Station. Nachher sollte es nicht mehr weit weg sein. Ich lief eine Strasse entlang, bis ich an einem abgelegenen Stadtteil gelangte. Nach kurzer Zeit stand ich auch schon vor der Basis der britannischen Streitkräfte, die seltsamerweise nicht bewacht wurde. Eine Falle? Wirklich lange überlegen konnte ich nicht, da wurde ich plötzlich von zwei Soldaten ergriffen, die wahrscheinlich die fehlenden Wachen der Basis waren. Wäre auch zu dämlich von Britannia gewesen, wenn es seine eigene Militärbasis nicht schützen und für jeden potenziellen Feind zugänglich machen würde. Die beiden Soldaten fragten mich sofort, was ich hier zu suchen hätte. Dabei gingen sie nicht gerade zimperlich mit mir um. Grosse Gegenwehr zeigte ich jedoch nicht, sowas hätte bei denen eh keinen Nutzen. Ich wollte gerade mein Geass einsetzen, da hörte ich eine mir sehr bekannte Stimme hinter mir. „Hey, was macht ihr da?“ Die Wachen drehten sich mit mir um und wir erblickten gleichzeitig Suzaku, der die braune britannische Soldatenuniform trug und uns mit einem ernsten Gesichtsausdruck anschaute. Als er mich sah, wechselte er von ernst auf überrascht. Die idiotischen Britannier, die mich festhielten, waren dagegen alles andere als überrascht und antworteten prompt auf dessen Frage. „Wir haben hier eine verdächtige Person, die nicht zu uns gehört.“ „Er ist ein Freund von mir, also lasst ihn los.“ „Aber er ist ein Eindringli-“ „Ich sagte, dass ihr ihn loslassen sollt. Das ist ein Befehl!“ „… Jawohl…“ Die Kerle liessen mich tatsächlich los und warfen Suzaku einen kurzen abschätzigen Blick zu. Befehle von einem Eleven zu erhalten war für sie sicher ziemlich erniedrigend; zumindest nahm ich das an. Sie hatten aber echt Glück gehabt, mein Geass nicht zu erleben. Ein paar tolle Ideen wären mir sicher eingefallen… Mein Freund aus Kindertagen zog mich daraufhin mit sich mit. Als wir uns etwas entfernt hatten, blieb er stehen. Ich wusste nur allzu gut, was er jetzt fragen würde. „Was machst du hier Lelouch?“ „Ich besuche dich, siehst du doch.“ „Du solltest aber in der Schule sein und nicht hier…“ „Du etwa nicht?“ „Ich bin gerade im Dienst, das ist was ganz anderes.“ „Finde ich nicht.“ „Du bist echt…“ Suzaku fuhr sich mit der rechten Hand durch seine Haare. Was sollte das? Er führte sich auf wie ein Vater, der seinem Kind erklären wollte, wo es hingehörte und wo nicht. Ich hatte die Rolle des dummen kleinen Kindes zugeteilt bekommen, das bockte und einfach nicht verstehen wollte. Gut, beim letzten Punkt gab es vielleicht eine Übereinstimmung zu meinem wahren Ich, aber das musste ich ihm ja nicht auf die Nase binden. Er war der Meinung, dass es besser wäre, wenn seine Vorgesetzten mich sehen würden und wir gingen in ein Gebäude rein. Ich fragte mich, was das für Menschen sein würden. Naja, eigentlich war die Frage unnötig, denn ich könnte sie im Notfall immer noch mit meinem Geass manipulieren. Wir fuhren mit einem Aufzug hoch und stiegen nach drei Etagen aus. Als wir aus dem Aufzug schritten, fiel mir als erstes eine grosser weiss-goldener Knightmare ins Auge: Lancelot. Das Nächste, was ich sah, war ein Mann mit sehr hellem violetten Haar und Brille. Neben ihm stand eine blauhaarige Frau, die dasselbe trug wie Suzaku, nur statt einer Hose einen Rock anhatte. Der bebrillte Kerl tänzelte auf uns zu und plapperte auch gleich los. „Huhu Suzaku~ Wen bringst du da mit?“ „Das ist Lelouch, mein ältester und bester Freund.“ „Aha aha… Aber du weisst doch, dass hier keine Besucher erlaubt sind.“ „Ich weiss, tut mir leid Lloyd. Kann er trotzdem ausnahmsweise bleiben?“ „Na, ich weiss ni-“ „Aber natürlich darf er das!“ Die Frau hatte Lloyd das Wort abgeschnitten und sah mich lächelnd an. Wenigstens jemand hier, der nicht mürrisch, grob oder durchgeknallt erschien. Ich lächelte höflich zurück und bedankte mich. Daraufhin kam sie auf mich zu und gab mir die Hand. Wir schüttelten uns die Hände. „Hör nicht auf Lloyd, der redet nur Blödsinn. Ich bin Cécile Croomy, die Assistentin von diesem unsensiblen Trottel. Nenn mich ruhig Cécile.“ „Angenehm, Ihre Bekanntschaft zu machen.“ „Ach, duze mich ruhig. Du musst sicher der Freund sein, den Suzaku immer erwähnt.“ „Er hat mich erwähnt?“ „Ja! Er hat öfters erzählt, dass er einen Kindheitsfreund hat, den er so oft es geht besucht. Du hast eine kleine Schwester, stimmt’s?“ „Aha… Ja, habe ich. Und die Besuche, nunja…“ „Ich weiss, ich weiss. Der arme Junge kommt in letzter Zeit gar nicht mehr dazu. Die Schule vernachlässigt er leider auch durch die Arbeit, gar nicht gut…“ Cécile legte eine Hand auf ihre Wange und seufzte. Sie erzählte mir, dass sie es lieber sähe, wenn Suzaku wie ein normaler Jugendlicher die Schule besuchen und mit seinen Freunden Spass haben würde. Stattdessen musste er nebenbei als Soldat, Lancelot-Pilot und Euphies persönlicher Ritter arbeiten. Das war zuviel in ihren Augen, doch da mein bester Freund nunmal sehr wichtig für das Militär war, musste er schuften, während Andere in seinem Alter ein lockeres Teenagerleben führten. Sie klang wie eine besorgte Mutter, doch war ich ganz ihrer Meinung. Endlich jemand, der dieselbe Ansicht über Suzaku teilte, wie ich. Lloyd dagegen war wohl nicht auf unserer Seite. „Papperlapapp! Suzaku liebt seine Arbeit. Die ist wesentlich bedeutsamer und vor allem effizienter als ein läppisches Schulleben.“ „Er ist noch ein Kind und verdient es, ein normales Leben neben dem Militär führen zu können. Dazu gehören sowohl Schule als auch Freunde dazu. „Ach Cécile, was ist schon normal?“ „Du schon einmal nicht.“ „Was soll das wieder heissen?!“ Die zwei Erwachsenen stritten sich wie Eltern, die sich in der Erziehungsfrage nicht einig wurden. Lloyd beharrte drauf, dass Suzakus Arbeit bei ihnen Vorrang zur Schule und allem anderem hätte. Er faselte noch irgendwas von Knightmares und dass es sowieso nichts Interessanteres gäbe. Cécile dagegen bestand weiterhin auf den sozialen Aspekt im Leben und dass mein Kindheitsfreund weder Bildung noch zwischenmenschliche Beziehungen missen sollte. Ich guckte Suzaku an, der nur daneben stand und mich entschuldigend anlächelte. Wahrscheinlich hatte er diese Szene schon öfters miterlebt und sich mittlerweile daran gewöhnt. Und die sollten zu den Top-Mitarbeitern Britannias gehören? Cécile merkte als erste, dass sie und Lloyd sich vor uns lächerlich machten. Sie räusperte sich kurz und fragte, ob wir nicht Hunger hätten. Lloyd wollte dagegen protestieren, aber seine Assistentin trat ihm nicht gerade unauffällig auf den Fuss, woraufhin der Brillenträger versuchte, sich einen Schrei zu verkneifen. Das gelang ihm, aber einen leicht schmerzverzerrten Gesichtsausdruck konnte er nicht vermeiden. Die Blauhaarige ignorierte das gekonnt und ging kurz weg, nur um dann mit einem grossen Teller voller Häppchen zurückzukommen, die sie mir und Suzaku vor die Nase hielt. Als ich das Essen sah, war ich unsicher, ob die Teile überhaupt essbar waren. Und hatte sich da nicht gerade etwas darin bewegt?! Ich lehnte dankend ab und meinte, ich hätte momentan leichte Verdauungsstörungen. Cécile nahm mir zum Glück diese Notlüge ab und schob den Teller mehr in Richtung Suzaku. Der sah auch nicht gerade erfreut aus über diese „Leckereien“ und nannte eine spezielle Diät als Grund zur Ablehnung. Tja, da blieb nur noch Lloyd übrig, der sichtlich nervös dreinblickte. Anscheinend hatte er schon seine Erfahrungen mit Céciles Kochkünsten gemacht, denn der Blick, den er uns warf, hatte etwas Hilfloses an sich. Seiner Assistentin war das egal. Sie lächelte ihn an, doch ihr Lächeln sah eher gezwungen nett aus. Widerworte akzeptierte sie, anders als bei mir und Suzaku, bei ihm wohl nicht. Das Ganze wurde mir dann doch etwas zu blöd. Ich fragte, ob Suzaku heute schon früher nach Hause durfte. Als Grund nannte ich seine Fehlstunden in der Schule und dass ich ihm noch die Hausaufgaben erklären musste. Eine simple Lüge, aber Cécile nahm sie kommentarlos hin. Lloyd war nicht einverstanden und selbst Suzaku protestierte dagegen, woraufhin ich Lust bekam, letzteren zu treten. Was war so schlecht daran, wenn er einmal nicht den ganzen Tag arbeiten musste? Dass Frauen ihren Willen besser durchsetzen konnten als Männer, bestätigte sich, als Cécile Suzaku mit einer Hand in Richtung Aufzug schob und uns beiden einen schönen Tag wünschte. Lloyd wollte gerade etwas sagen, aber die Blauhaarige schob den Teller wieder in seine Nähe, was von dessen Seite aus nur mit einem kurzem „urgh“ kommentiert wurde. Seltsames Essen hatte schon seine Vorteile: Es konnte Menschen in Schach halten, selbst verrückte Wissenschaftler. Suzaku bedankte sich für seinen frühzeitigen Feierabend und wir verliessen zusammen die Militärbasis. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)