Dark Circle von Darklover ================================================================================ Kapitel 43: 43. Kapitel ----------------------- Als das Morgenlicht die Schatten im Zimmer von Minute zu Minute mehr vertrieb, war Ryon mit seiner Geduld absolut am Ende. Er hatte zusammen mit Tennessey schweigend gewartet, obwohl der Doc teilweise den Eindruck gemacht hatte, als würde er gleich vor Müdigkeit einnicken. Trotzdem war er geblieben. Kein Wunder dass sein Freund erschrocken zusammen fuhr, als Ryon plötzlich vom Bett aufsprang und aus dem Zimmer stürmte. „Was hast du vor?“, rief ihm sein Freund hinterher, doch Ryon ließ ihn einfach stehen und schloss ihn endgültig von seinem Gefühlsleben aus, als er die Tür zur Garage hinter sich zu schlug. Er konnte jetzt keine Erklärungen abgeben, sondern nur dem brennenden Gefühl in seiner Brust folgen. Paige war nicht zurück gekommen, obwohl sie es laut Tennessey in den letzten Tagen immer getan hatte. Irgendetwas stimmte also nicht und er würde nicht eher ruhen, bis er wusste, was genau los war. Also schnappte er sich die Schlüssel zu seinem bevorzugten Sportwagen, stieg ein und tippte die Nummer von Paiges Handy ins Autotelefon, während er darauf wartete, dass sich das Garagentor öffnete. Ryon fuhr so schnell los, dass er das sich öffnende Garagentor nur um Millimeter verfehlte und sein Auto gerade noch so davor bewahrt wurde, zu einem Cabrio zu mutieren. Kaum auf der Straße trat er das Gaspedal ganz durch, während er auf ‚Wählen‘ drückte und mit angespannten Nerven auf das Freizeichen wartete. Seine Finger auf dem Lenkrad hätten gezittert, wenn er es nicht so krampfhaft festgehalten hätte. Zwar hatte er keine Ahnung, wo sich Paige aufhielt, was sie trieb und wieso sie das tat, aber wenn es sein musste, würde er die ganze Welt nach ihr absuchen, nur um darauf eine Antwort zu bekommen. Paige war klar, dass sie fuhr wie eine achtzigjährige Oma, die ihre Brille zu Hause neben dem Bett hatte liegen lassen. Trotzdem oder gerade deswegen fürchtete sie bei jedem Schlagloch und jeder Bodenwelle, dass der Wagen unter ihr zusammen brechen könnte. Das Auto ächzte kläglich und wenn sie recht hörte, schleifte irgendein Teil in den Kurven auf dem Asphalt. Wenn Ryon jemals zurückkehrte, würde er sie umbringen, sobald er sein teures Luxusspielzeug sah. Ein Auge zusammen gekniffen, versuchte sie das Schaben zu ignorieren, als sie den Blinker setzte und langsam in den Waldweg abbog, der in Richtung des Hauses führte. Sobald die Karosserie über den unbefestigten Weg polterte, fing sie irgendwo an zu quietschen und Paige war sich sicher, dass sie jeden Moment liegen bleiben und den Rest würde laufen müssen. Durch den ganzen Lärm glaubte sie ein Klingeln zu hören. Irgendwo im Fußraum der Beifahrerseite, wo ihr Rucksack lag. Ihr Handy? „Aaaah!!!“ Den Moment, den sie unaufmerksam gewesen war und nach ihrem Gepäck hatte greifen wollen, hatte irgendetwas monströs Schnelles genutzt, um aus dem Wald auf sie zuzurasen. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag riss Paige das Steuer herum, kam vom Weg ab und bretterte diesmal eine kleine Böschung hinunter. Sie wurde ordentlich durchgeschüttelt, kam aber ohne mit einem Baum kollidiert zu sein in Schieflage zum Stehen. Ihre Finger versengten das Gummi des Lenkrads, während Paige sich daran festkrallte. Es war wirklich genug für heute. Sie wollte aus dieser Todesschleuder raus und in ihr Bett. Was war denn nun schon wieder passiert? War sie doch von den Dämonen eingeholt worden?! Hätte er nicht die Reflexe eines Gestaltwandlers gehabt, er hätte vermutlich niemals rechtzeitig die Bremse bis zum Anschlag gequält, bis sein Wagen endlich zum Stillstand kam. Das Autotelefon war ihm dabei ohnehin irgendwo zwischen Vollgas und Vollbremsung abhanden gekommen und war auch längst vergessen, als Ryon langsam zu realisieren begann, was da gerade passiert war. Als der erste Schock vorüber war, schlitzte er förmlich seinen Sicherheitsgurt mit seinen Krallen auf, da er keinen Nerv hatte, ihn normal zu öffnen. Der Motor ruckte ebenfalls empört, als er einfach die Kupplung los ließ, um aus dem Auto zu springen und dieser einfach abstarb. Die paar Sekunden die er brauchte, um zu seinem anderen Wagen, der im Graben gelandet war, zu gelangen, waren die reine Hölle für ihn. Ryon war nicht fähig, über irgendetwas nachzudenken, aber das Adrenalin gab ihm schier den Rest. Sein Herz pochte so schnell, als würde es sich nie wieder beruhigen können und er empfand so derartig tiefes Grauen, dass ihm schlecht davon wurde. Ihm entging trotz allem der Schaden an dem Auto nicht, der definitiv nicht davon stammen konnte, dass Paige in den Graben ausgewichen war. Hätte sie beinahe einen Unfall gehabt? Vor diesem? Er hatte so entsetzliche Angst davor, was er im Wageninneren vorfinden könnte, dass er sich kaum bewegen konnte und dennoch trat er schließlich an die Fahrertür und öffnete sie. ‚Paige?‘ Er brachte es noch nicht einmal über seine bebenden Lippen, bekam er doch ohnehin kaum Luft durch seinen vollkommen zugeschnürten Hals, als er sie sah. Soweit er erkennen konnte, war sie unversehrt, aber bei Gott, sie sah genauso aus, wie er sich fühlte! Ryons Füße gaben unter ihm nach und er sank direkt neben Paige auf die Knie. Der Schreck saß ihm tief in den Knochen und machte ihn einen Augenblick lang vollkommen bewegungsunfähig. Er war noch immer total entsetzt, dass er sie beinahe über den Haufen gefahren hätte. Was, wenn sie nicht ausgewichen wäre? Ok. Sie war also doch gegen einen Baum gefahren und lag nun entweder halluzinierend in den letzten Zügen oder irgendwo unter Drogen im Krankenhaus. Jedenfalls konnte sie nicht dort sein, wo sie sich bis vor ein paar Sekunden noch geglaubt hatte. Dass sie jemand gefunden hatte und die Tür aufriss, um nach ihr zu sehen, war ja vielleicht noch realistisch gewesen, aber... Halb interessiert, halb verwirrt sah sie über einen Arm hinweg auf Ryon hinunter, der neben der offenen Fahrertür in die Knie gegangen war. Paiges Hände lagen immer noch auf dem Lenkrad und krallten sich ohne, dass sie es wirklich mitbekam so daran fest, dass ihr Knöchel weiß hervor traten. Ob er wieder verschwinden würde, wenn sie es wagte zu blinzeln? Paige begann sich darüber zu wundern, dass ihr bewusst war, dass es sich um einen Traum handelte und sie trotzdem nicht aufwachte. Na, ihr sollte es recht sein. Auch wenn ihr nicht so ganz klar war, was sie nun tun sollte. Wie sprach man denn mit einer Wunschvorstellung? „Hi.“ Klassisch. Konnte sie jetzt einfach so weiter machen? Wenn sie nicht das Gefühl gehabt hätte, dass sie dabei in Tränen ausbrechen musste, hätte sie ihm gesagt, dass sie gern nach Hause wollte. Paiges schlichtes ‚Hi‘, war so irreal in dieser Situation und zugleich genau das Richtige, um ihn wieder auf Vordermann zu bringen. Langsam hob er den Kopf, um ihr direkt in das blasse Gesicht zu blicken. Wut begann in ihm hoch zu kochen, jetzt, da der Schrecken nach ließ und er auch wieder was anderes, als kaltes Grauen fühlen konnte. Allerdings war er nicht wütend auf Paige, sondern auf sich selbst, die Welt und diese ganze verdammte Situation. Doch er gab dem Drang, auf irgendetwas einzuschlagen, nicht nach, sondern stattdessen richtete er sich etwas auf, um seine Arme um Paiges Hüfte schlingen zu können, während er seinen Kopf auf ihrem Oberschenkel ablegte und einfach nur ein paar Mal ihren Duft tief in sich aufsaugen musste, bis er tatsächlich glauben konnte, dass es ihr zumindest körperlich gut ging. Sie war unversehrt, aber verdammt noch mal, wie knapp war es denn gewesen? „Wenn du mich umbringen willst, dann mach nur weiter so, Paige. Du bist auf dem richtigen Weg…“, entkam es ihm mit gebrochenen Worten. Er hatte so viele Fragen, was denn passiert sei, wo sie gewesen war und überhaupt, wie waren sie beide denn hier gelandet? Aber keine davon brachte er über die Lippen. Stattdessen konnte er sich einfach nur an ihr fest halten, um noch ein paar weitere Kräfte zu sammeln. Immerhin wollte er nicht noch länger zwischen Schrecken und tiefer Sorge festhängen. Was er aber würde, wenn sie hier den ganzen Tag verbrachten. Schließlich raffte er sich auf. Was auch immer es zu sagen oder zu tun gab, das konnten sie auch noch an einem sicheren Ort erledigen. Hier wie auf dem Präsentierteller zu hocken, brachte nichts und Ryon hatte auch keine Lust noch länger daran erinnert zu werden, dass er Paige fast über den Haufen gefahren hätte. Also öffnete er ihren Sicherheitsgurt und löste vorsichtig ihre völlig verkrampften Finger vom Lenkrad. In diesem Augenblick müsste sie ihn schon richtig durch braten, um ihn zum Loslassen zu zwingen, denn von sich aus, würde er es garantiert nicht tun, nachdem er sie vom Sitz gezogen und hochgehoben hatte. Mit einem Tritt verpasste er der Autotür eine weitere Delle, damit es wenigstens nicht hinein regnete, falls der Wagen länger hier herum stehen würde. Noch immer ziemlich durcheinander brachte er Paige zum anderen Auto und setzte sie auf dem Beifahrersitz ab, ehe er einstieg, den Rückwärtsgang einlegte und die ganze Strecke bis zum Haus auf diese Weise zurück legte. Dort angekommen stellte er den Motor ab, blieb aber einfach sitzen. Sein Blick hing an einem Punkt auf dem Lenkrad, während er das Gefühl hatte, ein einziges Nervenbündel zu sein. „Ich hätte Lust auf Milchkaffee…“, stellte er schließlich in den Raum, auch nicht weniger grotesk als Paiges ‚Hi‘. Wort- und widerstandslos ließ sie sich umarmen, ihre Finger vom Lenkrad lösen und sich schließlich aus dem Auto heben. Egal, wohin er sie brachte, es wäre bestimmt besser als weiter in dem dunklen Wagen sitzen zu bleiben oder ihn auch noch irgendwie aus dem Graben zu bekommen. Ihr war kalt und sie war müde. Wahrscheinlich hatte sie einen Schock und soweit sie wusste, hatte sie auch eine Mütze aufgehabt, bevor sie im Graben gelandet war. Weil ihr die brennenden Augen langsam aber sich zufallen wollten, sobald sich ihr Puls wieder einigermaßen normalisierte, sah sie nicht weiter konzentriert nach hinten, sondern den Weg hinunter, der zu dem Autowrack führte, das sie hinterlassen hatte und das inzwischen hinter einer kleinen Biegung verschwunden war. Die Strecke kam ihr lang vor. Und es wirkte etwas befremdlich, dass Ryon einen Arm auf ihrer Sitzlehne abgelegt hatte und mit dem Anderen lenkte, während er recht schnell rückwärts die ganze Strecke zum Grundstück zurück legte. Erst als sie am Tor angekommen waren, drehte er um und sie fuhren geradeaus die Einfahrt hinauf und in die Garage. Paige drehte den Kopf nur ein wenig, um Ryon anzusehen. Er wiederum starrte auf das Lenkrad oder einen Punkt dahinter, den Paige nicht ausmachen konnte. Jedenfalls sah er recht ... mitgenommen aus. Wenn sie nicht so kaputt gewesen wäre und ihr Körper nach den so kurz aufeinander folgenden Adrenalinschocks nicht völlig zurück gefahren hätte, wäre sie vielleicht dazu im Stande gewesen, ihn zu fragen, was passiert war. Nicht nur vorhin... „Ich hätte Lust auf Milchkaffee...“ Ohne etwas gesagt zu haben, ließ sie die Kopf wieder hängen. Ihr war eingefallen, dass er es ihr nicht sagen würde. Also nickte sie nur, griff völlig überflüssig nach dem Gurtöffner und stellte fest, dass sie gar nicht angeschnallt gewesen war. Ebenso ewig wie das Aussteigen schien es zu dauern, bis sie aus der Garage im Haus und endlich in der Küche angekommen waren. Niemand begegnete ihnen auf dem Weg, auch wenn Paige sicher war, dass man ihre Ankunft mitbekommen hatte. Jeden Moment erwartete sie, dass die Anderen aus irgendeiner Ecke stürmen und sie mit Fragen bombardieren würden. Dabei wollte sie niemandem Fragen beantworten. Eigentlich auch Ryon nicht, bei dem sie immer noch davon ausging, dass er sich in den nächsten Minuten einfach wieder in Luft auflösen würde. Ohne darauf hingewiesen worden zu sein, ließ sich Paige auf einen der Stühle am Tisch sinken und sah dabei zu, wie Ryon auf die Küchenzeile zuging und Milchkaffee machte. Lieber als Kaffee wäre ihr ein Glas Wasser gewesen. Das hätte bestimmt auch ihren Kopf ein wenig beruhigt, der angefangen hatte zu schmerzen. Wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb, weil sie herauszufinden versuchte, was sie als nächstes sagen oder tun sollte. Außer ihn anzusehen. Jede seiner Bewegungen nahm Paige mit irgendwie anderen Augen wahr. Oder lag es vielleicht gar nicht an ihr? Hatte er sich in den vergangenen Wochen verändert? Irgendetwas war definitiv anders, aber was genau... Er wirkte ... gefestigt. Paige fiel kein besseres Wort dafür ein. Ryon wirkte so, als hätte er seine Mitte wieder gefunden. Selbst zu der Zeit, als er als Eisschrank durch die Gegend gelaufen war, hatte er nicht so einen bleibenden Eindruck hinterlassen. In ihrem müden Hirn konnte sie einfach keinen Begriff dafür finden, was sie meinte. Geduldig blieb sie sitzen und wartete, bis er ihr eine Tasse vor die Nase stellte. „Danke.“ Erst nach diesem leisen Wort sah sie fragend zu ihm auf. Eigentlich hätte er gedacht, dass die Tätigkeit ihm etwas bei seiner Zerstreuung helfen würde, doch letztendlich war er anhand der Ereignisse so durch den Wind, dass er sich nur auf das konzentrieren konnte, was er gerade machte. Nämlich Milchkaffee. Als Ryon damit fertig war und auch die Sachen wieder ordentlicher als nötig verräumt hatte, stellte er Paige eine Tasse hin und setzte sich ihr gegenüber. Ihr leiser Dank drang kaum zu ihm durch, doch ihr fragender Blick tat es. Er erwiderte ihn. Ebenso fragend. Während er Paige nach Verletzungen oder sonst irgendwelchen Schäden musterte, überschlugen sich die Spekulationen in seinem Kopf, was ihr passiert war. Einfach nur ein Unfall beim Nachhause fahren? Möglich. Allerdings was hatte sie in den letzten Nächten getrieben? Noch dazu sah sie so aus, als würde sie auf der Stelle im Sitzen einschlafen und da er die ganze Nacht lang durchgelaufen war, ging es ihm ähnlich, wenn auch langsam wieder etwas besser. Nun, da der Schreck gemächlich aber sicher nachließ. Schließlich, als keiner von ihnen beiden gewillt war, anzufangen, weder mit dem Fragen noch mit dem Fragenbeantworten, schloss er für einen Moment die Augen. Er war müde, erschöpft und ausgelaugt. Zwar wollte er wirklich wissen, was mit Paige passiert war, aber im Augenblick waren andere Dinge wichtiger. Zum Beispiel, dass sie sich ausruhen konnte. Sie sah vollkommen fertig aus und nach dem was ihr heute vermutlich schon alles widerfahren war, sollte er sie einfach nur unter die Dusche und dann ins Bett stecken, anstatt sie mit Fragen zu durchlöchern. Ein Grund, wieso er sich schließlich wieder erhob, ohne auch nur einmal seine eigene Tasse angerührt zu haben. Er hatte ohnehin nicht vorgehabt, den Inhalt zu trinken. Seine Finger hatten einfach nur Beschäftigung gebraucht. Ryon ging um den Tisch herum und stellte sich hinter Paige. Er beugte sich zu ihr herab, umschlang ihren Oberkörper mit seinen Armen und legte seine Wange an ihre, während er leise und sanft flüsterte: „Reden können wir auch später. Lass uns dich erst einmal ins Bett bringen, okay?“ Wäre ihre körperliche Reaktion so schnell gewesen wie ihr Verstand, Ryon hätte sich wahrscheinlich sofort erschrocken wieder zurück gezogen. Aber anstatt nach seinen Armen zu greifen, um ihn festzuhalten, schaffte Paige es nur, die Augen etwas aufzureißen. Nein! Sie wollte nicht ins Bett gehen. Nicht in ihr Bett und nicht allein. Wenn er reden wollte, dann würde sie es schon irgendwie fertig bringen auf seine Fragen zu antworten! Wenn das bloß bedeutete, dass er nicht schon wieder verschwand. Ob er nun im gleichen Haus blieb, war da völlig egal. Es würden Wände und geschlossene Türen zwischen ihnen liegen. Und das war mehr als Paige im Moment auch nur geistig verkraften konnte. Nicht nach all dem, was in den letzten paar Stunden vorgefallen war. „So... So müde bin ich wirklich noch nicht.“ Nur mit den Fingerkuppen und so leicht, als könne er wie trockene Asche unter ihrer Berührung einfach zerbröseln und von einem Lufthauch davon getragen werden, strich sie seinen Handrücken entlang. Die Augen fielen ihr für einen Moment sogar im Sitzen zu, aber Paige brachte es erneut zustande sie zu öffnen. „Bitte...“, es war kaum hörbar. „Ich will noch ein bisschen bei dir sein.“ Sein Herz schlug schneller und ein warmes Gefühl überkam ihn bei Paiges Worten und dem offensichtlichen Protest, obwohl sie totmüde sein musste. Sie wollte also bei ihm bleiben? Dann wollten sie doch beide das Selbe, allerdings schien sie das nicht zu wissen. Verständlich, nach dem er sie gut ein halbes Monat lang alleine gelassen hatte, obwohl er wusste, wie sehr es auch ihr schwer gefallen sein musste. Sanft schmiegte er sich noch ein bisschen enger an ihren Rücken und schloss einen Moment lang die Augen, um einfach das Gefühl zu genießen, sie halten zu können. Uneingeschränkt und ohne Gewissenskonflikte. Die waren nun endgültig beseitigt. „Paige… Wir wollen doch das Gleiche und ich bin ebenfalls ziemlich müde. Also keine Schwindeleien, ja? Ich bring uns beide jetzt in die Federn.“ Ryon setzte seine Worte ohne zu Zögern in die Tat um. Er schob Paiges Stuhl zurück, schlang einen Arm um ihren Rücken und den anderen unter ihre Knie, ehe er sie auch schon hoch hob und an sich drückte. Er schmiegte seinen Kopf an ihren, während er sie aus der Küche, durch die leeren Gänge in ihr Zimmer trug. Erst in ihrem Badezimmer setzte er sie auf einer Kommode ab, strich ihr ein paar der zerzausten Haarsträhnen glatt und sah sie warm an. „Ich würde gerne noch duschen gehen, bevor wir uns hinlegen. Willst du mich begleiten? Ich pass auch auf, wenn du im Stehen einschlafen solltest…“ Er lächelte immer noch zittrig. Es war kaum zu glauben, aber selbst auf dem kurzen Weg in ihr Zimmer musste sie eingeschlafen sein. Denn an die Gänge oder daran, wie sie durch die Tür gekommen waren, konnte sie sich nicht erinnern. Genauso wunderte sie sich auf einmal mit den Füßen über dem Boden des Badezimmers zu baumeln. Bei dem herzhaften Gähnen, das sie mit beiden Handflächen vergeblich zu verbergen versuchte, konnte sie garantiert nicht mehr leugnen, wie müde sie war. Mit einem Blick maß sie die Entfernung zur Duschkabine ab und schätzte den Aufwand, sich die Kleider auszuziehen, in Anstrengung ab. Es war eigentlich nicht zu schaffen. Dennoch nickte sie und versuchte sich auch an einem schwachen Lächeln, bevor sie nach dem Bund ihres Pullovers griff und ihn sich umständlich über den Kopf zog. Er landete unbesehen neben ihren Füßen und Shirt, Hose und Unterwäsche folgten keine Minute später. Sich jetzt noch Gedanken darüber zu machen, ob sie sich einfach so vor Ryon ausziehen sollte, war einfach nicht drin. Deshalb ging sie auch mit einem weiteren Gähnen zur Dusche hinüber und drehte das Wasser auf. Nur die Tatsache, dass es etwas dauerte, bis es heiß kam, sorgte dafür, dass sich Paige daran erinnerte Handtücher aus dem Schrank zu holen. Für ihren Zustand sehr sorgsam hängte sie die flauschigen Handtücher über die dafür angebrachte Heizung und sah dann Ryon an, der inzwischen ebenfalls nackt in ihrem Bad stand. Wieder kam er ihr auf seltsame Weise verändert vor. Irgendwie ruhiger und doch... Mit einem kräftigen Blinzeln raffte sie sich auf, nahm seine Hand und zog ihn hinter sich in die Duschkabine, wo sie am liebsten unter dem heißen Wasserstrahl angewachsen wäre. „Auch wenn's nicht so aussieht, ich teile...“, meinte sie leise und trat einen Schritt zurück an die Wand, damit Ryon zumindest ein wenig vom Wasser abbekommen konnte. So wie sich Paige in ihrem schläfrigen Zustand mit ihrer Kleidung abmühte, war Ryon versucht, ihr schon dabei zu helfen, aber sie würden schneller fertig werden, wenn er sich selbst ebenfalls rasch auszog. Obwohl es eigentlich unter den gegebenen Umständen vielleicht nicht unbedingt angebracht war, so konnte er doch nicht verhindern, dass er Paige heimlich musterte, während sie splitterfasernackt das Wasser anstellte, Handtücher heraus suchte und sie dann über den Wärmer hängte. Alles, ohne auch nur den geringsten Blick auf sich zu verwehren. Es war zwar nicht so, dass er sie nicht schon nackt gesehen hätte, aber inzwischen war das lange her und ein wahrer Kenner genoss solche Augenblicke einfach. Vor allem, da er keinen einzigen blauen Fleck mehr auf ihrer Haut entdecken konnte. Unter der Dusche war das heiße Wasser so unglaublich gut, dass er fast vor Wonne gestöhnt hätte. Natürlich hatte er sich in den letzten Wochen nicht einfach gehen lassen, aber ein kaltes Bad in einem Bach war einfach nicht hiermit zu vergleichen. Schon gar nicht, wenn man ein dichtes Fell statt sensibler Haut hatte. Um dennoch den Duschaufenthalt so kurz und effektiv wie möglich zu halten, wusch sich Ryon rasch die Haare, rubbelte sich mit Duschgel ab und während an ihm der Schaum abperlte, half er auch noch Paige dabei, sich die Haare zu waschen, da sie dazu sicher keine Lust mehr hatte, ihre Haare aber bereits feucht waren. Vermutlich waren sie kaum zehn Minuten unter dem warmen Wasserstrahl. Für ihn auf jeden Fall ein neuer Rekord, wenn er nicht alleine war. Ryon rubbelte sich die nassen Haare so trocken wie möglich und hing sich dann das Handtuch um die Hüften. Er hatte keine frischen Sachen mit, aber das störte bei ihrem Müdigkeitsgrad vermutlich keinen von ihnen beiden mehr. „Soll ich dir schon mal ein Schlafshirt heraus suchen?“, fragte er leise, während er ein Gähnen unterdrückte, obwohl es ihn dennoch regelrecht durchschüttelte. Er war vollkommen erledigt. Erst recht, nach dem das heiße Wasser seine beruhigende Wirkung entfaltet hatte. Paige sah beinahe flehentlich und aus winzigen Augen zu ihm hoch, als er ihr dieses für den jetzigen Moment, verführerischste Angebot der Welt unterbreitete. „Ja, bitte. Das wäre wirklich nett.“ Sie selbst wollte sich nur noch die Haare ein wenig trocknen und die Zähne putzen. Was bei dem Bett, das ohrenbetäubend laut nach ihr schrie, fast einem Marathonlauf glich. Eine starke Gänsehaut legte sich über ihren gesamten Körper, während sie aus dem Gähnen fast nicht mehr heraus kam. Ihre Haare waren an den Spitzen noch immer ein wenig feucht und das Zähneputzen war mehr oder weniger nur eine Andeutung gewesen, als sie in eins der Handtücher gewickelt ins Zimmer kam, wo Ryon schon unter der Decke lag. Er hatte die Vorhänge zugezogen und nur ein einzelner heller Streifen Morgenlicht schnitt sich durchs Zimmer quer über das Bett, während alles andere in nahezu warmen Schatten getaucht war. Paige konnte wirklich kaum noch die Augen offen halten, als sie sich das Shirt, das er ihr auf das Fußende des Bettes gelegt hatte, überzog und sich auch noch einen Slip aus der Schublade suchte, um ihn anzuziehen. Es war bereits so wunderbar warm unter der Decke, das es Paige nur halb auffiel, dass Ryon keinerlei Klamotten zum Schlafen trug. Seine Haut war nicht kühl, sondern glühte im Gegensatz zu ihrer beinahe, als sie sich an ihn kuschelte. „Tut mir leid... Dein Auto...“, nuschelte sie schon im Halbschlaf, während sie noch ihre Arme um ihn schlang, bevor sie ganz weg war. Als Paige endlich zu ihm ins Bett kam, brannten seine Augen bereits so sehr, dass sie beinahe tränten, aber er konnte einfach nicht seinen Blick von ihr nehmen. Zumindest solange nicht, bis er sie sicher in seinen Armen hielt, denn dann war er sich bewusst, dass sie bei ihm war und auch nicht verschwinden würde. So also konnte er endlich der Müdigkeit nachgeben und die Augen schließen. Allerdings öffnete er sie noch einmal, als sie ihm etwas zuflüsterte. Wäre sie nicht schon im nächsten Moment eingeschlafen, sie hätte noch seinen verstimmten Blick bemerkt, so aber strich er ihr noch einmal über die Wange und kuschelte sich an sie. „Als würde mich jetzt noch das Auto interessieren…“, murmelte er ebenso leise wie sie vorhin und vergaß im nächsten Moment die Welt um sich herum, als er vor Erschöpfung einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)