Dark Circle von Darklover ================================================================================ Kapitel 20: 20. Kapitel ----------------------- Je weiter die Zeit voran schritt, je deutlicher wurde das Ausmaß seines Tuns. Nicht nur, dass sie kaum mehr ein Wort mit einander wechselten, außer wegen Dingen, die sie für die Abreise besprechen mussten, es lag auch unmissverständlich etwas Gewaltiges in der Luft. Direkt zwischen ihnen. Da der Flug erst am Morgen gegangen war, ob Privatjet oder nicht, hatte Ryon wenigstes die Chance erhalten, an sich selbst einige Reparaturarbeiten sowohl körperlich als auch psychisch in seinem Hotelzimmer durchzuführen. Während er sich also Glas- und Holzsplitter aus den Händen zog, bevor sich seine Wunden darüber schließen konnten, kittete er grob das riesige Leck in seinem Inneren ab, das noch immer dafür sorgte, dass er sich so mies fühlte, wie er es kaum ertragen konnte. Die unterschiedlichsten Gefühle donnerten permanent auf ihn nieder, ohne das er wüsste, wie er mit ihnen fertig wurde, außer auf die einzige ihm bekannte Art und Weise. Allerdings war das Tier in ihm so aufgewühlt und aggressiv, dass selbst er es nicht vollends zum Schweigen brachte. Was konnte schon sein kühler, logischer Verstand gegen die geballte Urkraft von Trieben und Instinkten anrichten, die zu so feurigen Gefühlen wie Leidenschaft, Liebe und Schmerz fähig waren? Um ehrlich zu sein, im Augenblick nicht sehr viel. Weshalb er auch die ganze Nacht damit zu brachte, langsam aber sicher sein Denken abzustellen, damit nicht noch mehr Gefühle in ihm hochkochen konnten. Als schließlich ein halbwegs annehmbares Level erreicht war, konnte auch das Tier nicht mehr gegen seine Willensstärke ankämpfen und musste schließlich aufgeben. Ryon sperrte es nur mit sehr schwerem Herzen weg. Sie beide teilten das Leid, nur dass er es alleine dem Tier aufbürdete, so oft er nur konnte. Aber wer hatte schon behauptet, er wäre gerecht? Paige hatte ihm gestern gründlich darauf hin gewiesen, dass er es eben nicht war. Sondern etwas viel Schlimmeres. Im Flugzeug schließlich war er so erschöpft gewesen, dass er trotz allem schon während des Starts, bei dem er die Augen geschlossen gehalten hatte, eingeschlafen war. Weshalb sich eine weitere Gelegenheit über die vorgefallenen Dinge zu sprechen, erneut als unmöglich erwies. Erst das Rumpeln bei der Landung weckte ihn wieder auf und danach hieß es erst einmal, den Leihwagen suchen, den Tyler besorgt hatte, da es einfach sicherer war, so wenig Angriffsfläche für den Hexenclan zu bieten, wie nur möglich. Immerhin waren auch sie ein noch sehr viel größeres Problem, dass Ryon zeitweilig sogar völlig vergessen hatte. Erst im Wagen hätten sie die Möglichkeit noch einmal über alles zu sprechen, ehe sie bei den anderen ankamen, aber hätte man Ryon eine Maulsperre verpasst, es hätte nicht weniger gewirkt. Er brachte kein Wort über die Lippen, obwohl er inzwischen so weit wieder hergestellt war, dass sich sogar seine Augen bei einem Blick in den Rückspiegel wieder als seelenlose schwarze Löcher zeigten. Lediglich der goldene Rand zeugte davon, dass dem nicht endgültig so war. Aber fast. Paige machte kein Auge zu. Weder im Hotelzimmer, wo sie versuchte, sich mit einer heißen Dusche zu entspannen, noch im Flugzeug, wo Ryon sich der Situation mit etwas Schlaf entzog. Wie gern hätte sie es ihm gleich getan. Aber auch Paiges andere Seite hatte etwas von einem Tier. Und ihres war kein Räuber. Die Nerven, die sich in doppelter Zahl eines normalen Menschen durch ihren Körper zogen, lagen vollkommen blank. Ihr natürlicher Instinkt verbot es ihrem System auch nur einen Augenblick abzuschalten, solange sie in seiner Nähe war. Es war so, als würde sich Paige jeden Moment des Tages und auch der Nacht seinen zum Angriff bereiten Krallen gegenüber sehen. Als sie nach der Autofahrt beim Haus ankamen, wäre sie am liebsten noch während sie in die Auffahrt einbogen aus dem Wagen gesprungen. Ihre Beine zitterten leicht und wollten sie mit einem Satz aus der Nähe ihres Angreifers bringen. Selbst wenn es nicht so gewesen wäre, dass jede Faser ihres Körpers nach Flucht schrie, hatte Paige ihre Entscheidung getroffen. Kaum war das Auto zum Stehen gekommen, wurde die Haustür geöffnet und Tyler trat mit Ai heraus. Paiges Gurt klackerte laut, als sie ihn zurückschnellen ließ und nun tatsächlich schnell aus dem Wagen sprang. So gut sie konnte, brachte sie Abstand zwischen sich und Ryon, während sie zusätzlich versuchte ihre Freundin abzuschirmen. Tylers „Willkommen zu Hause“, prallte total an ihr ab, wohingegen Ais besorgter Blick und ihr Schweigen zusammen Bände sprachen. „Entschuldigt uns.“ Sie brauchte Ais Hand nicht fest zu packen. Die Asiatin hatte schon bei Paiges Anblick, den Schatten unter den Augen und dem verkniffenen Mund bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Sie mussten reden. Dafür gab es keinen Aufschub. Mit beiden Händen stemmte Paige die Tür zu Ais Zimmer zu und hörte das befriedigend schwere Klacken des Schlosses, als es unter dem Drehen des Schlüssels einrastete. Atemlos und angespannt, drehte sie sich um, lehnte sich mit dem Rücken an das kühle Holz und sah Ai von unten herauf an. Anstatt etwas zu sagen, tat sie das, was ihr in diesem Moment am meisten half ein wenig herunter zu kommen. Mit zwei Schritten war sie bei Ai, die sie gleichzeitig in ihre Arme zog, wie Paige sich an sie schmiegte. Der Bauch der Schwangeren schien selbst in den paar Tagen größer geworden zu sein und auch Ai fühlte sich unter der Umarmung nicht so knochig an, wie Paige es gewohnt war. Natürlich, das hier musste noch schwieriger werden, als ohnehin schon. Wie bei einem Kind schob Ai ihr die Haare aus dem Gesicht, ohne sie loszulassen. Nur, damit sie freier sprechen konnte. Obwohl Paige das in diesem Moment eigentlich gar nicht wollte. Viel lieber hätte sie die Tatsachen ignoriert und erst einmal zwei Tage lang geschlafen. „Es tut mir leid, Ai.“ Kein besonders guter Anfang. Aber außer kleinen Fäusten oder Füßen, die sich unter ihrem Bauch Paige entgegen stemmten, konnte sie von ihrer Freundin keine körperliche Reaktion spüren. „Was tut dir leid?“ Noch einmal tief Luft holen, bevor sie es ihr sagte. „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Jetzt, da die Verantwortung so schwer auf ihr zu lasten schien wie eine Tonne Beton, musste sie sich aufrichten, um Ai anzusehen. „Ich hätte den Deal mit Ryon nicht eingehen sollen. Es war von Anfang an viel zu gefährlich. Sobald wir die Gelegenheit haben, werde ich uns hier raus bringen. Irgendwo hin, wo wir wirklich sicher sind.“ Ai verstand nicht. Das konnte man an ihren großen, wunderschönen Augen sehen und an ihrem Mund, der in ihrem makellosen Gesicht genauso perfekt wirkte, wie der Rest. „Was meinst du damit, Paige. Hat er dir was getan?“ Ihr Blick suchte Paiges Körper nach Verletzungen ab, fand aber natürlich nichts, was die Situation erklärt hätte. „Nein, hat er nicht. Er hat mich nicht verletzt. Aber Ai, er ist... unzurechnungsfähig. Wahrscheinlich nicht krank oder verrückt, aber wahnsinnig gefährlich. Gestern hätte er beinahe jemanden umgebracht. Ohne Bedrohung, ohne ersichtlichen Grund. Und wenn ich nicht dazwischen gegangen wäre...“ „Was?“ Nun lagen Ais Hände auf Paiges Schultern. Prüfend war der Blick in ihren Augen, ob ihre Freundin tatsächlich die Wahrheit sagte. Denn wer würde ernsthaft so dumm sein, sich einem mordlüsternen Wandler in den Weg zu stellen. „Keine Sorge, ich war mir sicher, dass er mich nicht töten würde.“ „Wie konntest du denn sicher sein? Gerade sagtest du noch...“ „Ich weiß auch nicht.“ Paige riss sich los und winkte entschieden ab. Sie war sich nicht sicher, was sie als Erstes erzählen sollte. Wo konnte man anfangen? Wo aufhören? „Einen Tag vorher hat er mir vielleicht das Leben gerettet.“ Mit einem Seufzen ließ sie sich auf das nächst gelegene Bett sinken und vergrub ihr Gesicht für einen Moment in ihren Händen. „Ich versteh ihn einfach nicht. Am einen Tag holt er mich aus einer Kältestarre, indem er mich mit seinem eigenen Körper aufwärmt. Es war unheimlich genug, dass er mich umarmt und in meine Haare geschnurrt hat. Aber dann dreht er sich um 180 Grad und will einem armen Würstchen von Versager einfach so den Kopf abreißen.“ Als sie hochsah, konnte sie sehen, dass Ai noch dort stand, wo sie sich von ihr losgerissen hatte. Mit wertfreien Augen sah sie auf Paige hinab, die gequält feststellen musste, dass die Asiatin so gut aussah, wie noch nie. Ihr Teint blühte in sanftem rosa und Tyler hatte es in der kurzen Zeit wirklich geschafft, dass sie ein bisschen zugenommen hatte. „Wenn ich dich so sehe, würde ich am liebsten nicht nur dich, sondern auch Tyler mitnehmen. Er scheint dir zu bekommen.“ „Oh Paige...“ Jetzt kam Ai auf sie zu, setzte sich neben ihr aufs Bett und legte den Kopf auf Paiges Schulter ab, während sie einen Arm um ihre Freundin schlang. „Du weißt, dass ich dir mehr vertraue, als jedem Anderen. Wenn du denkst, dass wir gehen müssen, dann werde ich mit dir kommen...“ Das 'aber' lag so schwer in der Luft, dass Paige das Wort auf den Lippen schmecken konnte. „Solange er in der Nähe ist, werde ich Angst um dich haben, Ai.“ Was blieb ihnen denn für eine Alternative? Paige schwirrte der Kopf und ihr fiel in dem Zwielicht des Zimmers auf, wie müde sie war. Neben ihrer Freundin schien ihr Körper endlich herunter zu fahren und ihre Lider wurden schwer wie Blei. Und dennoch würde sie nachdenken müssen. Was sie tun konnte, um Ai in Sicherheit zu bringen. In wirkliche Sicherheit. Und das so schnell wie möglich. Sie merkte gar nicht, wie sie sich in der warmen Umarmung ihrer Freundin immer mehr entspannte. Die Gedanken rasten noch immer, aber bald wurde es zu einem nebensächlichen Summen in ihrem Gehirn, das ihre Müdigkeit nur noch mehr hochkommen ließ. Was sollte sie nur tun? Was Paige mit Hochgeschwindigkeit hinter sich brachte, erledigte er in Schneckentempo. Sie war schon längst aus dem Auto, bevor Ryon überhaupt auf die Idee kam, den Motor des Wagens abzustellen. Bis er sich abgeschnallt hatte, waren die beiden Frauen schon auf und davon, als würde es irgendwo brennen. Oder ein Rudel Wölfe wäre hinter ihnen her. Auf jeden Fall war es dringend und Ryon ahnte nur zu gut, weshalb das so war. Das hatte er verdient. Tyler und Tennessey warteten bereits mit finsteren Ungeduldsmienen. Das Geschworenenduo war also auch schon zur Stelle, allerdings nicht um zu urteilen, sondern um sich die neuesten News in Mr. Kelloggs Frosties versautem Leben anzuhören. Ja, Ryon wusste genau, wie sie ihn gerne hinter seinem Rücken nannten. Wie passend. Allerdings war er im Augenblick alles andere, als in Plauderstimmung, weshalb er einfach um den Wagen herum ging, um das Gepäck zu holen, anstatt erst einmal seine langjährigen Freunde zu begrüßen. „Also, nach dieser wirklich herzzerreißenden Begrüßungsszene zu urteilen, lief es wohl wirklich klasse. Ich tippe Mal auf die Kategorie ‚Desaster‘. Wird’s schon warm oder soll ich noch weiter raten?“ Tylers Tonfall war nicht nur absolut ernst, sondern auch genauso besorgt wie seine Miene andeutete. Tennessey hingegen beobachtete ihn nur stirnrunzelnd und schweigend. Der Arzt analysierte erst den Zustand seines Patienten, ehe er eine Diagnose stellte. Aber so wie sein kleiner Finger nervös zuckte, stand der Patient wohl auf Messers Schneide. Kein sehr gutes Anzeichen, wenn sogar er das sofort erkannte. Ryon selbst fühlte sich immerhin so instabil, wie schon lange nicht mehr. Weshalb er schließlich entgegen Tylers Proteste, ihm das wenige Gepäck in die Hand drückte, schweigend wieder in den Wagen stieg, um sich selbst um die Rückgabe des Leihwagens zu kümmern. Er würde nach Hause laufen. Das war das Beste, was er für alle Anwesenden im Augenblick tun konnte und auch für sich selbst. „Zeit für einen Notstandsgipfel.“, kündete Tennessey an, während er herum fliegendem Kies auswich, als Ryon den Wagen ruckartig wendete und auch schon davon raste. „Jetzt erst gemerkt?“, gab Tyler mit knirschenden Zähnen zurück, ehe er sich von der Staubwolke abwandte, die immer kleiner wurde und im Wald verschwand. Er trug das Gepäck in die Eingangshalle. Ryons Sachen ließ er dort einfach stehen, die von Paige nahm er mit. Es wurde Zeit an die Vernunft der Weiblichkeit zu appellieren. Nicht um sonst, galt dieses Geschlecht als das Gesprächigere von den beiden. Hoffentlich traf das auch in diesem Fall zu. Aus dem Kater würde im Augenblick nichts heraus zu bekommen sein. Wenn er überhaupt in den nächsten Tagen hier auf tauchte. Bei Ryon wusste man das nie so genau. Immerhin war es für ihn auch kein Problemen, sich einmal ein oder zwei Jährchen gar nicht mehr blicken zu lassen. Tennessey folgte ihm auf dem Fuße. Die Rückendeckung würde er zwar nicht brauchen, aber entweder hieß es jetzt vier Personen die zusammen saßen und ernsthaft redeten, oder zwei gegen zwei. Wobei Tyler ein eher sehr stark wankelmütiger Verbündeter wäre. Als könne er sich jemals gegen etwas stellen, das Weiblich und überaus reizend war. Er hätte schon verloren, ehe es überhaupt begonnen hatte. Sein Klopfen war leise, höflich aber auch eindringlich. Er wollte jetzt wissen was Klartext war, sonst konnten hier alle bis auf Ai ihr Abendessen vergessen. Dann würde er einfach streicken und die Küche kalt bleiben. Beim ersten kleinen Geräusch war Paige wieder auf den Füßen, hatte eine Hand nach vorn gestreckt und ihre Nerven brannten mit ihren Fingern um die Wette. "Verschwinde." Da sich die Auswahl an Personen, die geklopft haben könnten, auf drei beschränkte, war für Paige die Gefahr zu hoch, einfach die Tür zu öffnen. Dass sie hier in diesem Zimmer festsaßen, machte sie halb wahnsinnig. Und jetzt wollte auch noch jemand zu ihnen herein. Was, wenn sie nicht schnell genug gewesen war? Hätte sie Ai einfach gleich packen und wegzerren sollen? "Wir möchten nur mit euch sprechen." Tylers Stimme. Paiges Blick huschte zu Ai hinüber, die immer noch auf dem Bett saß und der wenig Gefühlsregungen anzusehen waren. Die Asiatin hatte natürlich Zutrauen zu dem Butler und dem Arzt gefasst. Keiner von beiden hatte sie in Paiges Abwesenheit schlecht behandelt. "Wo ist Ryon?" Wenn sie reden wollten, konnte er definitiv nicht in der Nähe sein. Sonst hätten sich die beiden um ihren Freund gekümmert und wären nicht hier aufgetaucht. "Gibt den Wagen zurück.", war die knappe Antwort, der ein kurzes gemurmeltes Gespräch vor der Tür folgte. Paige konnte die Worte nicht verstehen, die zwischen den Männern gesprochen wurden. Mit einem Ruck drehte sie den Schlüssel um und zog die Tür auf. Ein Schritt zurück ließ ihr Platz, um Tennessey und Tyler ihre flammende Hand entgegen zu halten. Bloß weil sie sich um Ai gekümmert hatten, hieß das nicht, dass sie nicht gefährlich waren. Jeder konnte den Guten spielen. "Ich nehme an, ihr wisst jetzt, wo Ryon seine Brandwunden her hatte." Ihre Augen verengten sich drohend zu Schlitzen. "Keine Spielchen. Was wollt ihr?" Sie sahen nicht gerade entgeistert aus. War bei Paige mit dieser Reaktion wirklich schon zu rechnen? Sie selbst glaubte eher, dass der Herr des Hauses nicht zum ersten Mal so einen Trubel herauf beschworen hatte. Das machte die Sache aber nicht gerade angenehmer. Tyler sah Paiges brennende Finger an. Eher der Interesse wegen, anstatt vor Angst. Er war schon zu alt, um sich von so ein paar Flämmchen einschüchtern zu lassen. Immerhin, dieses Haus hatte genug Feuerlöscher an den richtigen Stellen, dass er mit Sicherheit sagen könnte, wer hier letztendlich den Kürzeren zog. „Also, wir haben natürlich darüber wild spekuliert, ob er vielleicht Wrestling mit einem Drachen veranstaltet hat, aber die offizielle Bestätigung für Tennesseys Mutmaßung haben wir gerade eben von dir erhalten.“ Tyler drehte sich halb zu dem Arzt herum. „Die fünfzig Mäuse bekommst du später.“, flüsterte er ihm zu, ehe er sich wieder an Paige wandte. Diesmal voller Ernsthaftigkeit. „Wir wollen reden. Mehr nicht, aber auch sicherlich nicht weniger. Wir sind es ja gewohnt, dass Ryon Neuigkeiten immer ausreichend hinterm Berg hält und für Gewöhnlich lassen wir ihm das auch durchgehen. Aber mein Instinkt sagt mir, dass uns diese Sache dieses Mal alle betrifft. Weshalb wir gerne wüssten, was hier für ausreichend Tiefdruckgebiet sorgt. Dass Ryon bis zum Hals in der Scheiße steckt, können wir auch selbst erkennen. Wir wüssten nur gerne, was genau vorgefallen ist, bevor wir hier irgendjemanden verurteilen.“ „Dem Kater können wir auch später das Fell über die Ohren ziehen, falls es der Fall verlangt.“, warf Tennessey ein, während er sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen lehnte. Er würde genauso wie Tyler hier Wurzeln schlagen, falls nötig. Mit zusammen gepressten Lippen sah sie zwischen den beiden Männern hin und her. Die Hand hielt sie immer noch vor sich wie eine Waffe, die sie ja tatsächlich auch war. Von den paar leichthin gesagten Worten würde sie sich nicht umstimmen lassen. "Nein, sie betrifft euch nicht." Einen Moment lang konnte sie den Blick nicht von Tyler abwenden und fühlte Ais Präsenz nur zu deutlich in ihrem Rücken. Verdammt, sie könnte heulen, wenn sie daran dachte, wie sehr sie Ai jemanden gönnte, der sich um sie kümmern konnte. Aber nicht unter diesen Bedingungen. "Wir werden verschwinden, bevor er zurückkommt." Sie wichen um keinen Zentimeter zurück. Paige hatte einen Schritt nach vorn gemacht und wollte deutlich machen, dass sie ihr im Weg standen. Sie verfluchte, dass die Männer zu wissen schienen, dass Paige sie nicht verletzen würde, solange sie selbst nicht angriffen. In die Enge getrieben loderten die Flammen an ihrer Hand für einen Moment hoch. "Was interessiert es euch überhaupt, was passiert ist? Ändert es irgendwas, wenn ich euch sage, dass er ausgeflippt ist? Das dürfte ja wohl nichts Neues sein." Was genau ihren Redeschwall verursachte, konnte Paige nicht sagen. Aber die Worte sprudelten nur so heraus, als sie sich den beiden gegenübersah, die denjenigen vertraten, dem sie ihre Rede viel lieber an den Kopf geworfen hätte. "Er hat mir zugesichert, dass Ai gut aufgehoben sein würde. Ich hab ihm geglaubt. Das war wahrscheinlich die größte Dummheit, die ich seit Langem begangen habe." Die Müdigkeit zerrte an ihr und ließ sie bloß noch wütender werden. Sie wollte hier raus. So schnell wie möglich. "Eigentlich hätte ich von Anfang an wissen müssen, dass er völlig durchgeknallt ist. Spätestens als er zusammen gebrochen ist, wegen dieses Buches." Als sie mit der Hand durch die Luft wedelte, hinterließen die Flammen eine helle Spur. "Aber nein, ich bin so bescheuert und fliege mit ihm nach Paris, wo er sich zuerst als der große Retter aufspielt und sich schnurrend an mir festhält." Ihr entkam ein hilfloser Laut, durchmischt mit sinnloser Wut. "Da hätte mir schon klar sein müssen, dass er nicht zurechnungsfähig ist. Aber nein, ich muss bleiben und mich auch noch in Gefahr bringen, indem ich mich zwischen ihn und seine auserwählte Beute werfe. Dass er mich kaum ein paar Stunden nach seiner Umarmung nicht in Stücke gerissen hat, war wohl reines Glück." Paige hatte sich so in Rage geredet, dass sie gar nicht mehr auf Tyler und Tennessey achtete. Sie würden sie nicht aufhalten können. Der Gedanke, dass Ryon schon auf dem Rückweg sein könnte, ließ Paiges Herz panisch schneller schlagen. Mit ihrer menschlichen, kühlen Hand griff sie die von Ai und zog sie hoch. "Wir werden gehen." Ein Blick in Tylers Richtung. "Es tut mir leid. Aber ich kann nicht darauf warten, dass er ihr vielleicht doch was tut." Immer noch wichen die Männer keinen Schritt zur Seite. "Lasst uns gehen." In ihrem Blick lag mehr Verzweiflung, als das 'Bitte', das sie mit den Lippen formte, je hätte ausdrücken können. Vorhin hatten sie beide keinerlei große Überraschung gezeigt, als Paige ihnen die Flammen entgegen gehalten hatte, doch das was sie sagte, war tausendmal verrückter, unwahrscheinlicher und überhaupt so vollkommen unmöglich, dass sie die Frau einfach nur noch mit offenen Mündern anstarren konnten. Zumindest solange, bis sie wieder die Sprache fanden. „Er hat geschnurrt.“, wiederholte Tyler ungläubig, während er sich das vorzustellen versuchte. „Wann war das letzte Mal? Was meinst du, vor George W. Buschs Amtsantritt?“ Tennessey sah Tyler fragend an. Der Butler überlegte. „Hm… Vielleicht ein Jahr später. Weiß nicht mehr so genau. War damals ganz schön chaotisch.“ Tennessey nickte zustimmend, danach blickten beide wieder überlegend auf Paige. Jetzt würden sie erst recht nicht den Raum verlassen. Das war einfach so derart absurd, dass es schon fast wieder echt klang. „Jetzt einmal ganz langsam der Reihe nach, damit wir hier bloß nichts falsch verstehen.", versuchte Tyler etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen. "Der Kerl wird sowieso nicht vor ein paar Stunden zurück kommen, selbst wenn er sich die Seele aus dem Leib hetzt.“ Immerhin war die Autoverleihfirma fast eine dreiviertel Stunde mit dem Auto entfernt. Wenn man schnell fuhr. Sie hatten also alle Zeit der Welt. „Also Erstens, Ryon würde sich eher selbst kastrieren, bevor er Ai auch nur böse anguckt. Zweitens, wie zum Teufel kam es dazu, dass du ihn dazu gebracht hast, sich schnurrend an dir fest zu halten? Dir ist doch schon klar, dass er ein Gestaltwandler ist, oder? Schon ganz normale von der Sorte lassen sich nur ungern von Fremden anfassen. Ryon ist in diesem Punkt noch einen deutlichen Knacks entschiedener. Außerdem hat er dich nicht betrogen, was Ai angeht. Wir haben uns gut um sie gekümmert.“ Dabei warf Tyler der Asiatin ein kleines Lächeln zu, ehe er seinen Blick wieder auf ihre Freundin richtete und mit seinen Worten fortfuhr. „Und was den Zusammenbruch angeht… Verdammt noch mal, mir wäre es nicht besser ergangen. Ich meine, was da so in dem Buch stand… Das war schon heftig… Selbst ich konnte mir ein paar Tränen nicht verkneifen.“ „Du hast das Buch gelesen?“ Tennessey starrte Tyler schockiert von der Seite her an. Dieser nickte ernsthaft, ohne den Arzt anzusehen. „Klar. Irgendeiner muss hier ja den Überblick bewahren. Er kann natürlich gerne versuchen, mich deshalb einen Kopf kürzer zu machen. Das hat er bisher ohnehin noch nie geschafft.“ „Was stand drin?“, hakte Tennessey nach, der den ersten Schock langsam überwunden hatte und den langsam dafür die Neugier aufzufressen begann. Sein kleiner Finger zuckte jetzt nicht mehr, sondern begann sogar nervös auf seinen Oberarm zu tippen. „Staatsgeheimnis. Aber du kannst dir vorstellen, von wem es ist. Immerhin hat sie es oft genug bei sich herum getragen.“ „Stimmt. Was mich jetzt aber auch interessieren würde, ist das, was du zum Schluss gesagt hast, Paige. Soweit ich das richtig verstanden habe, ist Ryon vor deinen Augen ausgeflippt, wegen was auch immer und du hast dich zwischen ihm und demjenigen geworfen, auf den er es abgesehen hatte? Ich will dir ja nicht noch mehr Angst machen, aber dafür dass er nur wegen einer einzigen Sache in seinem Leben ausflippen würde, siehst du mir noch ziemlich lebendig aus. Wären also ein paar Details zu viel verlangt, was diese brisante Situation aufklären würde? Wer war diese Beute und was hat sie getan oder gesagt, dass eine so heftige Reaktion herausfordern könnte?“ Inzwischen war ihr Blick fast gehetzt. Sie würden sie nicht gehen lassen. Paiges Finger krampften sich um Ais Hand, weil sie keinen Ausweg fand, ohne die Verteidigung ihrer Freundin aufzugeben. Noch dazu machte sie dieser Plauderton völlig fertig. Bekamen die Männer nicht mit, um was es hier ging? Aber mit einem hatten sie Recht und das war es letztendlich, was Paige ruhiger werden ließ. Ai war an sie heran getreten und hatte sie von hinten umarmt. Ihre feingliedrige Hand schloss sich um Paiges Handgelenk und sorgte unumgänglich dafür, dass die Flammen erstarben. Mit einem schwachen Lächeln sah sie zu Ai hoch. Es war ja nicht so, dass sie nicht zu gern glauben würde, dass ihr keine Gefahr drohte. "Ich sage euch das nur, weil ich dafür erwarte, dass man mir sagt, was hier vorgeht, verstanden?" Der Versuch der Einschüchterung war voll und ganz fehlgeschlagen. Aber das hieß ja nicht, dass sie sich von den beiden vollkommen überfahren lassen musste. Allerdings war ihr die Geschichte mit der Umarmung ziemlich peinlich. Deshalb sah sie auch nicht auf, als sie die Fakten in einem Affentempo heraussprudelte, um das Ganze hinter sich zu bringen. "Wir waren auf einem Friedhof. Vielmehr in einem Tunnelsystem unter den Gräbern. Um die Unterwelt von Paris zu finden. Wir haben uns verirrt und meine dämonische Seite hat mich so zu sagen ausgeschaltet. Ich bin in Kältestarre gefallen." Wären Ais Arme nicht gewesen, die sie immer noch festhielten, sie hätte nicht weiter erzählt. Erinnerten sie Paige doch zu sehr an diese seltsame Situation in den Tunneln. "Eigentlich hatte ich Ryon gesagt, er solle weiter die Unterwelt suchen und mich später abholen... Stattdessen hat er mich mit seiner Körperwärme zurückgeholt." Ihre Erzählweise wurde noch hektischer. "Ich hätte gut allein gehen können. Vielleicht nur langsam. Ich hab ihn jedenfalls nicht gebeten! Er hat mir vorgeschlagen, dass er mich ganz auftauen könnte. Bis ich es wieder sicher zurückschaffen kann." Eine weitere Pause, in der sie in die dunklen Augen ihrer Freundin blickte, die sie mit einem Druck ihrer Hand an Paiges Schulter ermunterte. "Völlig unerwartet hat er mich umarmt. Nur leicht zuerst, aber es fühlte sich so an ... als steckte irgendwie mehr dahinter. Da hab ich... Ich hab nur seine Hand gestreichelt. Sonst gar nichts. Ich meine, ich wollte nicht..." Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Zumindest nicht zu diesem Thema. Deshalb welchselte sie genauso schnell zur nächsten Situation, wie es auch Ryons Charakter in der jeweiligen Gegenwart getan hatte. Sie berichtete von dem Gespräch, das die beiden Männer geführt hatten. Über das Amulett, das angeblich Unglück brachte und das dieser Crilin einer blonden Frau verkauft hatte. Dann die letzten paar Sätze, bevor Ryon rot gesehen hatte. Als sie zu Ende war, sah sie für einen Moment stumm zuerst Tyler und dann Tennessey an. "Für wie dumm ihr mich auch immer halten mögt. Ich bin nicht so naiv, dass ich mir nicht denken kann, welche Leben er gegen das des Franzosen hat eintauschen wollen. Die blonde Frau - seine Frau, nehme ich an. Und..." Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. Es machte zu viel Sinn, um Zufall zu sein. Der Babyladen, auf den Ryon so zielstrebig zugesteuert war, Ais Rettung... Trotzdem sprach sie es nicht aus. Sie wollte es nicht, weil es das Gefühl wieder hochbrachte, das sie für Ryon empfunden hatte, als er vor dem Laden stand. Und das würde sie wahrscheinlich davon abhalten ihn einfach allein weiter nach dem Hexenzirkel suchen zu lassen. Tyler und Tennessey sahen Paige lange einfach nur schweigend an, nachdem sie ihre Fragen mehr als nur deutlich beantwortet hatte. Keiner der beiden schien dazu das Richtige sagen zu können, selbst Tyler nicht, der ansonsten absolut nicht auf den Mund gefallen war. Aber was sie da erzählt hatte, war einfach … schwerwiegend. Sehr sogar. Nicht nur, dass Ryon offenbar nach all den Jahren, langsam seine ganz persönliche Art der Starre zu verlieren schien, alles schien noch dazu mit Paige angefangen zu haben und nach dem, was sie über diesen Crilin erzählt hatte, war es wirklich ein Wunder, dass er sie nicht einfach zur Seite gedrängt und den Mistkerl erledigt hatte. Aber er hatte sie noch nicht einmal angerührt. Schließlich sahen sich die beiden Männer gegenseitig in die Augen, als würden sie einen non-verbalen Austausch führen, bis der Arzt nickte und Tyler sich wieder an Paige wandte. Allerdings ohne etwas zu sagen, denn es war Tennessey, der das Schweigen brach. „Sie war nicht seine Frau… Marlene war seine Gefährtin. Von einer Frau kann man sich scheiden lassen. Gefährten… Sagen wir es mal so. ‚Bis dass der Tod euch scheidet‘ passt zu den meisten Gestaltwandlerpartnerschaften viel besser, als zu unzähligen menschliche Ehen. In Ryons Fall hat dieser Satz seine Wirkung getan…“ Da die Katze ohnehin schon aus dem Sack war und der Kater ihnen dafür nicht einmal den Kopf abreißen konnte, da er Paige offensichtlich selbst die nötigen Infos zugespielt hatte, war es auch sicherlich nicht länger nötig, noch länger Stillschweigen zu waren. Es wurde ohnehin an der Zeit, dass diese Geschichte endlich aufgearbeitet wurde. Ryon hatte sie lange genug tot geschwiegen. „Was die Sache im Tunnel angeht“, schaltete sich Tyler nun doch ein. „So können wir nur Mutmaßungen anstellen. Keiner der hier Anwesenden ist ein Gestaltwandler, weshalb eine endgültige Aufklärung seines Gefühlslebens sicher nicht möglich ist, aber ich kenne ihn schon seit seiner Geburt. Er ist kein böser Mensch. Zugegeben, in den letzten Jahren hat er alles dafür getan, sich selbst zu schützen und zwar vor sich selbst. Was ein Grund dafür sein mag, weshalb er sich seit dem Tod seiner Gefährtin so rapide und schwerwiegend verändert hat. Soweit ich das mitbekommen habe, gibt er seinem Tier die Schuld an allem. Weshalb er es einsperrt und seit dem nie wieder heraus gelassen hat. Daher diese eiskalte und gleichgültige Ausstrahlung…“ Tennessey nickte zustimmend. Die beiden Männer wussten ganz genau, was alles seit damals vor sich gegangen war. Sie hatten alles hautnah miterlebt, ohne etwas dagegen tun zu können. Ihre Hilflosigkeit dem gegenüber, konnten sie nur mit der Hoffnung überbrücken, dass die Zeit letztendlich alle Wunden heilte. Wenn auch nicht vollständig. „Dieses Phänomen ist noch relativ unerforscht, aber da ich Arzt bin und Ryons charakterliche Veränderungen verstehen wollte, habe ich regergiert und mich in der Anderswelt umgehört. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ein Gestaltwandler, der sein Tier in die Knie zwingt, schlussendlich genau den Bereich seines Wesens niederkämpft, der für sein Gefühlsleben zuständig ist. Was übrig bleibt, sind logische Handlungen, weit entfernt von irgendwelchen Intuitionen, Instinkten und Trieben.“ Tennessey stieß sich vom Türrahmen ab und begann auf und ab zu laufen, so wie er es immer tat, wenn er nachdachte, um aus etwas seine Schlüsse zu ziehen. „Meiner Meinung nach musste Ryon dort im Tunnel nicht nur über seinen eigenen Schatten springen, um dir zu helfen, sondern auch noch mit den daraus resultierenden Konsequenzen fertig werden. Denn nachdem er dir Privilegien der Körpernähe gewährt hatte, was – wie wir wissen – bei Wandlern keine Selbstverständlichkeit ist, muss sein Tier zu diesem Zeitpunkt stark gegen ihn angekämpft haben. Denn sonst wäre ihm das alles vollkommen gleichgültig gewesen und auf keinen Fall hätte er geschnurrt, nur weil du ihn gestreichelt hast. Ob nun die menschliche oder tierische Seite, wenn Wandler einmal Körperprivilegien erteilt haben, schätzen sie sie sehr. Was das Schnurren und die Umarmung erklären sollte. Vermutlich war das sein erster Instinkt, bevor der logische Verstand dazwischen pfuschen konnte. Denn genau das ist passiert, nicht wahr?“ Einen Moment lang, blieb der Arzt stehen, um die beiden Frauen anzusehen, danach ging er wieder grübelnd weiter, machte aber keinerlei Anstalten noch etwas zu sagen, weshalb Tyler wieder die Gesprächsführung übernahm. „Ich denke, damit dürfte auch geklärt sein, warum er so ausgerastet ist, nachdem Crilin ihm mitgeteilt hatte, dass er der blonden Frau – seiner Gefährtin – vorsätzlich ein verfluchtes Schmuckstück verkauft hat, das sie mit hoher Wahrscheinlichkeit umbringen würde. Viel mehr hat es nicht gebraucht, als das beiderseitige Verständnis zwischen Mann und Tier.“ Zusätzlich mussten seine Schuldgefühle noch mehr zugenommen haben. Tyler hatte Marlenes Buch gelesen und wusste, dass sie das Amulett nur zu Ryons Schutz gekauft hatte. „Außerdem glaube ich, dass unser Kater den Punkt erreicht hat, an dem auch Verdrängung nichts mehr nützt. Das mag ihn jetzt zwar unberechenbarer machen, aber andererseits werden sich dadurch ein paar Fakten trotzdem nicht ändern. Zum einen würde er einer schwangeren Frau niemals ein Leid an tun und da er dich, Paige, verschont hat, obwohl du dich direkt in die Schusslinie geworfen haben, halte ich es doch für sehr unwahrscheinlich, dass er dir bei einer weniger intensiven Auseinandersetzung dann doch noch Schaden zufügen würde. Ansonsten verpasse ich unserem Goldjungen einen schönen Maulkorb. Immerhin sind hier noch andere, die gegen Gewalt in diesem Haus sind.“ Paige hatte genickt, als Tennessey sie nach dem Einschalten von Ryons Verstand im Tunnel gefragt hatte. Ja, das erklärte den dumpfen Schlag. Und auch der Rest kam ihr logisch und nachvollziehbar vor. Er hatte den wichtigsten Menschen verloren, den es für ihn gegeben hatte. Man hatte ihr die Frage zwar nicht direkt beantwortet, aber es lag nahe, dass mit ihr auch ein Kind gegangen war. Das hätte so manchen Menschen ebenfalls um den Verstand gebracht. Auch wenn sie es ihr anders erklärten, konnte Paige sich Ryons Desaster in seinem Kopf nicht anders erklären. Jetzt war nur die Frage, ob sie den beiden, die ihr hier gegenüber standen und ihr versicherten, dass Ai nichts passieren würde, trauen sollte. Wie Tyler sagte, kannte er Ryon schon sein Leben lang. Und trotz seiner Anwandlungen, waren diese beiden Männer bei ihm geblieben. Wenn er von ihnen verlangte, die beiden Frauen zu gefährden, würden sie es dann tatsächlich nicht tun? "Wenn ich richtig verstehe, dann hat also Ryons Gefährtin das Amulett bei Crilin gekauft. Und vermutlich hat der Fluch sie getötet." Paige senkte die Lider und überlegte, bevor sie weiter sprach. Ai hatte sie inzwischen losgelassen, da sie merkte, wie ihre Freundin ihre Schutzschilde herunter fuhr. Heute Nacht würden sie auf jeden Fall nicht mehr hier weg gehen. Mit einem Blick, der keinen Widerspruch duldete, sondern einzig und allein Kooperation, sah Paige zu Tyler auf. "Ihr kümmert euch weiter um Ai. Sorgt dafür, dass ihr kein Haar gekrümmt wird." Sie griff sich Tennesseys Arm und lächelte ihn grimmig an. Ihr war eine Idee gekommen. "Ryon hat einen Wagen, nicht wahr? Ich brauche die Schlüssel." Er würde hoffentlich so viel mit seinem Innenleben zu tun haben, dass er nicht daran dachte die Adresse auf dem Zettel schon heute aufzusuchen. Paige kribbelten die Fingerspitzen und sie lächelte in sich hinein. Seit dem Einbruch in Ryons Wohnung hatte sie keinen Fischzug mehr gestartet. Einrosten wollte sie auch nicht... „Selbstverständlich. Es wird ohnehin Zeit fürs Abendessen.“, erklärte Tyler im Brustton der Überzeugung, während er Ai spitzbübisch angrinste. „Als Dessert gibt es Schokopudding.“ Tennessey ignorierte seinen Freund und dessen Ansicht, Liebe würde durch den Magen gehen, sondern nickte Paige zögerlich zu. „Ich weiß zwar nicht, was du vorhast, aber ich werde einfach so tun, als hätte ich dich nicht mit den Schlüsseln gesehen.“ Er senkte die Stimme und beugte sich etwas zu ihr hinüber. „Sie hängen in einem kleinen Schränkchen direkt neben der Garagentür.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)