Tempora Nova von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 10: Mein Butler, Vorbereitungen --------------------------------------- Ich unterbrach mein Geigenspiel, als ich hörte, wie jemand leicht an die Tür klopfte. Ich wusste, dass es Sebastian war, also bat ich ihn herein – trotzdem war ich ein wenig verwundert. Er war nur eine knappe Stunde weg gewesen, also konnte ich immerhin davon ausgehen, dass er kein komplettes Blutbad angerichtet hatte. Es wäre nicht von Vorteil, wenn uns jetzt noch einer der Shinigami dazwischenfunken würde, weil sie eine ihrer Seelen vermissen, jetzt wo wir ohnehin schon genug Probleme hatten. Langsam öffnete mein Butler die Tür und trat ein. Ein paar Blutspritzer zierten das Gesicht des Dämons und glitzerten ein wenig in der Sonne, doch er selbst schien sie nicht zu bemerken. Ich fragte mich, wie es wohl sein würde, wenn ich mir meine erste Seele einverleibte, und im Gegensatz zu Sebastian war ich sogar nach wie vor in der Lage, einen Vertrag zu schließen, was bedeutete, dass ich sie besonders formen konnte, bis sie schmackhaft genug war. Wie würden der Schmerz und die Verzweiflung eines Menschen wohl schmecken? Aus irgendeinem Grund erregten mich diese Gedanken und eine angenehme Hitze stieg in mir auf. Wie hatte Sebastian nur so lange warten können, warum hat er mich nicht einfach mit Haut und Haaren gefressen, obwohl meine eigene Seele so… An was dachte ich denn da? „Konntest du deinen Hunger stillen, Sebastian?“ Ich versuchte, so teilnahmslos wie möglich zu klingen, starrte kurz auf meine Geige und legte sie dann mit samt dem Bogen auf meinen Schreibtisch. Den Rücken zu meinem Butler gekehrt blieb ich stehen. Warum wurde ich nur so unruhig bei diesem Thema? Ich wollte wissen, wie es war, wie es sich anfühlte, wer die Person war, wie sie roch, der Geschmack… Wie nahm man überhaupt eine Seele? Sebastian hatte mir erklärt, dass es wehtun würde, also nahm ich an, dass man die Person zuvor töten musste… „Ja konnte ich…“, unterbrach er meine Gedanken. Ich drehte mich zu ihm um und sah, dass seine Augen nach wie vor rot glühten. Er lächelte mich seltsam an, fast lüstern, hob dann eine seiner Hände und leckte ein wenig von dem Blut ab, das noch an ihnen klebte. Unwillkürlich presste ich meine Lippen zusammen und fuhr mit meiner Zunge darüber, was leider nicht unbemerkt blieb. Sebastians Grinsen wurde noch breiter, bevor er seine Finger aus dem Mund nahm und sie mir entgegenstreckte. „Wollt Ihr kosten, my Lord?“ Ja…ja will ich „Was fällt dir eigentlich ein, so einen Blödsinn von dir zu geben!? Hast du auf dem Weg hierher noch bei Lau in seiner Opiumhöhle vorbeigeschaut oder bist du einfach so verrückt geworden?“ Ich konnte ja wohl kaum zugeben, dass ich das Blut sehr gerne abgeschleckt hätte, also überspielte ich es mit meinem gewohnten Sarkasmus. Trotz allem schoss mir die Röte in die Wangen und ich war gezwungen, mich erneut abzuwenden, trotzdem konnte ich sein belustigtes Lächeln in meinem Nacken spüren… Was für eine Blöße! „Es gibt noch einiges zu tun, bevor Lady Elizabeth hier eintrifft. Mach dich erstmal sauber, dann suchst du mir die passende Kleidung für ihren Besuch heraus, irgendwas praktisches, in dem ich zur Not auch tanzen kann. Und es sollte etwas schwarzes sein. Danach bereitest du ein Dinner für sie vor…“ Das ich einmal mit meiner Kleidung so wählerisch sein konnte, hätte ich zuvor nicht erwartet, aber dies war immerhin das letzte Mal, dass ich sie sah, also sollte es auch einem Abscheid entsprechend sein… Seit ich mich erinnern konnte, war Lizzy an meiner Seite gewesen, und auch wenn ich sie wirklich nie geliebt hatte, waren wir immer gute Freunde gewesen. Das ist doch albern! Warum dachte ich so etwas? War ich noch sentimentaler geworden, seit man mich zu einem Dämonen gemacht hatte? „Yes, my Lord…“ Ich schreckte schon fast auf, bei seinen plötzlichen Worten, ließ mir dennoch nichts anmerken. Ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel – nun war ich wieder alleine. Kurz dachte ich daran, was Sebastian jetzt wohl tat, wie er im Bad stand und sich seiner Kleidung entledigte, und dann vollkommen nackt… Jetzt reicht es! Hör auf…!! Wieso dachte ich an solche Dinge? Eine ganze Weile schon stellte ich mir des Öfteren solche Situationen vor, immer wieder kamen mir diese Gedanken in den Sinn und schwächten meine Konzentration. Sicherlich wusste ich, dass Sebastian schon immer gut bei den Damen der Abendgesellschaften angekommen war, auch wenn er sich dort ebenfalls nur als einfacher Butler gab, doch warum hatte er diese Wirkung nun auch auf mich? Ich seufzte laut und setzte mich auf meinen Schreibtischstuhl. Im Moment hatte ich wirklich keine Lust, über so etwas nachzudenken, oder zumindest versuchte ich, mir das einzureden. Jetzt waren andere Dinge wichtiger. Genervt stütze ich meinen Kopf auf meinen Händen ab. Unter anderem war da die Sache mit Lizzy. Sollte ich ihr sagen, was geschehen war? Immerhin war sie meine Verlobte und hatte ein Recht darauf, es zu erfahren, aber würde sie mir überhaupt glauben? Ich wollte sie auf keinen Fall unglücklich machen, aber wenn ich vorgab, tot zu sein, wäre sie genauso traurig, wie wenn ich die Verlobung auflösen und dann davonlaufen würde. Gab es denn nicht noch einen anderen Weg? Immerhin wollte ich auch nicht, dass Lizzy als alte Jungfer starb, nur weil sie nie nach einem anderen Mann gesucht hat. Alte Jungfer…eigentlich ist es seltsam. Der nächste Geburtstag würde mein 16. sein, dennoch hatte ich mir noch nie vorgestellt, mit ihr zu schlafen. Ich wusste, dass so etwas eigentlich vollkommen normal war, aber ich fand nichts Erregendes an ihr. Wahrscheinlich war es einfach nur, weil ich sie nicht wirklich liebte, anders konnte es nicht sein. Dennoch hatte ich auch nie wirklich an andere Frauen gedacht, wenn ich abends im Bett lag und mich einsam fühlte… Aber an was hatte ich gedacht? Das Sebastian in diesem Moment an die Tür klopfte, verbesserte meine Laune nicht gerade weitgehend, aber ich wollte mir so wenig wie möglich anmerken lassen, dass ich über so ein Thema auch nur nachgedacht hatte. „Ja, komm rein…“, gab ich patziger zurück als ich geplant hatte. Sebastian war komplett neu eingekleidet, er hatte seinen braunen Mantel angezogen und nur ein Band statt einer Krawatte umgebunden, außerdem hatte er sich eine Brille aufgesetzt. Ich fand, dass ihm das ganz ausgezeichnet stand, aber ich würde mich hüten, auch nur ein Wort dazu zu sagen. „Junger Herr, ich habe Euch ein Bad eingelassen. Den Rest habe ich bereits vorbereitet. Würdet Ihr mir bitte folgen?“ Ein Bad würde mir jetzt sicherlich gut tun, vor allem nach dem Schock, den ich zuvor erlitten hatte, dennoch zögerte ich ein wenig. Sebastian würde mich ausziehen, so wie er es immer getan hatte… Was war da schon dabei? Ich benahm mich wirklich wie ein kleines Kind… „In Ordnung. Hast du meine Kleidung auch schon zu recht gelegt?“ Ich stand auf und lief ohne ihn anzusehen auf die Tür zu, die er mir sofort öffnete. „Selbstverständlich mein Herr, es liegt alles im Bad bereit.“ Sebastian folgte mir mit einigen Schritten Abstand, und ich spürte seinen stetigen Blick im Nacken, oder zumindest hatte ich das Gefühl… Um mich abzulenken sah ich mir die Bilder an, die man an den Wänden im Gang zur Zierde platziert hatte. Einige davon hätten sicherlich eine Menge Geld eingebracht, wenn ich sie verkauft hätte, doch da die Villa nach dem Tod meiner Eltern erst wieder in diesen Zustand zurückversetzt werden musste, wollte ich alles so lassen, um die Erinnerung zu wahren. „Mein Herr, gibt es etwas, das Euch bedrückt? Ihr wirkt abwesend.“ Trotz seinen Worten blieb ich erst vor der Tür zum Bad stehen, blickte kurz zu ihm auf und konnte mir ein Seufzen nicht verkneifen. Es würde nicht schaden, wenn ich ihm ein Teil meiner Sorge anvertraute. „Die Sache mit Lady Elizabeth, Sebastian…Und dieser Engel. Irgendwie macht es mir mehr zu schaffen, als ich erwartet hätte.“ Mehr wollte ich ihm nicht sagen, und der Rest ging ihn auch nichts an, selbst wenn es ihn mit betraf. Weiterhin sah ich zu Boden, bis der Butler endlich die Tür öffnete und ich eintreten konnte. Wie gewohnt ließ ich mich auf einem kleinen Stuhl nieder, Sebastian kniete sich vor mich und begann, mein nach wie vor zerrissenes Hemd aufzuknöpfen. Obwohl ich diese Situation schon so oft erlebt hatte, war sie dennoch anders als zuvor… Seine Berührungen waren irgendwie sanfter, bedachter… Ich konnte nicht umhin zu lächeln, nicht weil es mich amüsierte, sondern weil ich es genoss, wie er es tat. „Keine Sorge, junger Herr.“, begann er in seinem gewohnt ruhigen Tonfall. „Wir werden das schon alles irgendwie hinbekommen. Sobald wir die Identität des Engels herausgefunden haben, wird es uns ein leichtes, ihn zu besiegen.“ Ich konnte nicht genau einschätzen, ob er dies nur sagte, um mich zu beruhigen, oder ob er es wirklich ernst meinte. Es irritiert mich nur, dass er von ‚wir‘ sprach, denn das hatte er zuvor noch nie getan. „Gehst du in dem Fall davon aus, dass ich mit dir kämpfen werde?“ Es klang ungläubig und so war es auch gemeint. Ich konnte mir nicht vorstellen, mir selbst die Hände schmutzig zu machen, wenn ich doch einen Diener hatte, der diese Dinge für mich erledigte. Daran würde ich mich erst gewöhnen müssen, wenn das in Zukunft so sein sollte. Erst jetzt sah Sebastian wieder zu mir auf – zuvor hatte er nur meine Haut und meinen Körper betrachtet, während er mich meiner Kleidung vollkommen entledigt hatte. Nun saß ich nackt vor ihm, doch ich fühlte keine Scham, es war mehr ein Verlangen… Der Dämon legte mehr oder weniger unabsichtlich seine Hand auf meine und sah mir eindringlich in die Augen. „Ja davon ging ich aus, vorausgesetzt Ihr wollt nicht dabei zusehen, wie ich sterbe.“ Er grinste mich an, doch hinter diesem Lächeln war auch ein wenig Angst zu erkennen, was für mich absolut ungewohnt war. „Ich…“ Reiß dich zusammen! Wehe du wirst jetzt auch noch sentimental… „Nun gut, wenn es nicht anders geht, dann werde ich dir dabei helfen, statt wie gewohnt von den besten Plätzen aus zuzusehen…Aber dann muss es eine ganz besondere Vorstellung werden!“ Auch ich lächelte ihn an, um meine aufkommende Angst zu überspielen – es würde garantiert eine Vorstellung werden, bei der es sich lohnen würde, von den besten Plätzen aus zuzusehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)