Tempora Nova von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Mein Butler, Heimkehr -------------------------------- Selbstverständlich gab es noch einiges zu regeln, immerhin war ich nun offiziell tot, doch es ging mir ehrlich gesagt nicht nur allein darum. Die, die mich nun die letzten drei Jahre begleitet hatten, verdienten meinen Respekt, also gehörte es sich, dass ich mich von ihnen noch verabschiedete, auch wenn sie mich die meiste Zeit genervt hatten. Doch, wenigstens von Lizzy musste ich mich einfach richtig verabschieden, immerhin war sie ja meine Verlobte – auch wenn ich für sie nie als solche empfunden hatte – sie war immerhin eine der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Während ich Sebastian sagte, dass ich nach Hause wollte, konnte ich ihm nicht ins Gesicht sehen, aus Angst, er könnte meine Schwäche in meinen Augen entdecken, auch wenn dies im Prinzip nun keine Rolle mehr spielte. Auch wenn ich ihn nicht ansah, hatte ich doch das Gefühl, dass er für einen Moment gelächelt hatte, auch wenn dies vielleicht nur mein Wunschdenken war. Als wie bei dem Boot ankamen, das uns von der Insel bringen sollte, setzte mich Sebastian recht unsanft ab und stellte sich mir gegenüber, löste die Leinen und wir begaben uns auf den Heimweg. Ein seltsames Gefühl breitet sich in mir aus. Wie würde es wohl sein, wenn ich nun nach all der Zeit wieder nach Hause kommen würde? Immerhin war ich eine Ewigkeit weg, und es würde sicherlich nicht leicht werden, uns eine Ausrede für die Bediensteten und Lady Elizabeth eine einfallen zu lassen. Verstohlen warf ich einen Blick auf Sebastian. Der Ausdruck, der auf dem Gesicht meines Dieners lag, war noch immer derselbe wie zuvor – enttäuscht, trauernd... vielleicht lag auch ein wenig Wut in seinem Blick. Es bedrückte mich ein wenig, ihn so zu sehen, denn die ganze Zeit über, in der er nun an meiner Seite ausharrte, da hatte ich ihn irgendwie… Nun ja, er war mir auf eine gewisse Art und Weise wichtiger geworden. Einen Großteil des Weges schwieg er. Auch ich selbst sagte nichts, sondern starrte wie gebannt auf das klare Wasser des Sees, in dem sich die Bilder meiner Vergangenheit spiegelten. Ich kannte die cinematographischen Aufzeichnung, auch auf der Hinfahrt hatte ich sie im Wasser sehen können, jedoch waren sie dort klarer zu erkennen gewesen. Immer wieder versuchte ich, die Bilder, die meine Vergangenheit zeigten, anzutippen, um sie erneut sehen zu können, doch je mehr ich mich bemühte, bei jedem weiteren Versuch, sie zu berühren, verblassten sie mehr und mehr, formten einen undurchdringbaren Nebel und schotteten sich ab. Ich hatte Angst, meine Erinnerungen erneut zu verlieren und zu vergessen, wer ich war. Sebastian schien mein Unbehagen zu spüren. „Mein Herr, Ihr könnt euch eure cinematographischen Aufzeichnungen nicht mehr ansehen, da Ihr nun kein Teil der sterblichen Welt mehr seid. Aber keine Sorge, sie gehen deshalb nicht verloren.“ Für einen kurzen Moment schien es, als huschte ein Lächeln über Sebastians Gesicht, doch im nächsten Moment war es wieder verschwunden, und an dessen Stelle trat wieder dieser vorwurfsvolle Ausdruck. Ich brummte nur leise Zustimmung, etwas Besseres fiel mir nicht ein. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich ein wirklich schlechtes Gewissen, und das, obwohl ich für die Umstände im Allgemeinen nicht verantwortlich war, dennoch… Ich bin es, der Sebastian sein Leben geraubt und ihn für den Rest seines Daseins an meine Seite gefesselt hatte. Irgendwie konnte ich es nachvollziehen, dass er für mich nur noch tiefen Hass empfinden konnte. Plötzlich bemerkte ich etwas. Vorsichtig nahm ich den blauen Ring aus meiner Tasche, den ich trotz allem die ganze Zeit über bei mir getragen hatte, und achtete peinlichst genau darauf, dass Sebastian ihn nicht sah. Irgendetwas in mir wollte die Hand meines Dieners ergreifen und ihm den Ring, in dem noch immer ein Teil meiner Seele eingeschlossen war, einfach geben, doch ein anderer Teil von mir konnte es nicht verantworten, solche Emotionen zuzulassen. Außerdem war das ganze absolut kitschig, und ich war mir sicher, dass Sebastian mich auslachen würde. Unsere Ankunft unterbrach meine Gedanken. Ruckartig hielt das Boot am Ufer an, Sebastian beugte sich zu mir hinunter und hob mich wie gewohnt nach oben. „Junger Herr, seid Ihr sicher, dass Ihr noch einmal zurück zur Villa wollt? Ich könnte den anderen auch einfach berichten, dass ihr bereits verstorben seid.“ Es waren nicht seine Worte selbst, die mich traurig stimmten, es war die Art, wie er es sagte. So wie in seinem Blick lag auch in seinen Worten kein Funken Emotion oder wenigstens ein Hauch von Mitgefühl und er sah mich nicht an, obwohl er mich in seinen Armen hielt. Er starrte einfach nur geradeaus. Meine Trauer überspielte ich einfach, so wie ich es immer tat, denn Trauer war eine menschliche Schwäche, und so etwas konnte ich mir nun beim besten Willen nicht mehr leisten. „Natürlich muss ich noch einmal zurück. Auch wenn du mein vollstes Vertrauen genießt, so möchte ich doch selbst entscheiden, wer die Rechte meiner Firma und mein Vermögen erhalten soll.“ Für einen Moment hatte ich das Gefühl, ich hatte einen Schlag seines Herzens gespürt, doch dies war nur ein kurzer Augenblick und ich konnte nicht einschätzen, ob es Realität oder Einbildung gewesen war. Ich achtete einen Moment darauf, ob ich mein eigenes Herz spüren konnte, jedoch schien es nicht mehr zu schlagen. Es interessierte mich irgendwie, ob man nun als Dämon noch an menschliche Geringfügigkeiten wie Herzschlag, Essen oder Schlafen gebunden war, doch das konnte ich ja im Moment schlecht erfragen. Es gab noch einiges, was ich in Erfahrung bringen musste… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)