Tempora Nova von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Mein Herr, das Erwachen ---------------------------------- Es ist sicherlich nicht sonderlich angenehm, direkt nach seinem Erwachen zu spüren, wie man von einer vertrauten Person ermordet wird, selbst wenn man in diesem Fall dabei nicht stirbt. Hannah Annafellos hatte meinen jungen Herrn zu einem Dämon gemacht – die Gründe ihrer Handlung konnte ich nicht verstehen. Wahrscheinlich war es der letzte Wunsch von Jim Macken gewesen, mir Ciels Seele zu verweigern, und so war ich nun gegen meinen Willen an meinen Herrn gefesselt…und zwar für den Rest meines Lebens. Zu Beginn war es mein einziges Ziel gewesen, mir Ciel Phantomhives Seele einzuverleiben, und dann wieder weiterzuziehen, doch ich musste feststellen, dass diese ein ganz besonderer Leckerbissen war und mit einigem an Bearbeitung noch schmackhafter werden konnte, doch anscheinend hatte sich dies sehr schnell herumgesprochen, und die zu Grunde liegende Situation war nun der Preis für mein Verlangen. Nun würde ich Ciel für immer dienen müssen. Noch immer befanden wir uns unter Wasser, doch dieser Zustand störte nun nicht mehr. Für einen Dämonen war es nebensächlich zu atmen, schließlich waren wir kein Teil dieser Welt mehr und somit nicht auf irdische Lappalien angewiesen. Ich sah dabei zu, wie mein junger Herr langsam seine Augen öffnete und mich überlegen ansah. Er hatte gesiegt und das war ihm bewusst. Ich hatte somit in jeglicher Hinsicht versagt. Dennoch…irgendetwas in seinem Blick verriet, dass all dies niemals seine Absicht gewesen war, denn Mitleid schwang in ihm. Ich packte seinen schmalen Körper und schwamm in Richtung Oberfläche. Den ganzen Weg nach Oben klammerte sich der junge Herr nervös an meinen Hals und ich verstärkte meinen Griff um seinen Rücken, um ihm die Nervosität ein wenig zu nehmen – wahrscheinlich weil ich mich in den drei Jahren, die ich nun bei ihm war, einfach zu sehr an ihn gewöhnt hatte. Ich setzte ihn am Ufer ab und ich bemerkte, dass es ihn Mühe kostete, seinen verkrampften Griff zu lockern und so zog er mich ein Stück mit nach unten. Er war zweifelsohne stärker geworden, was bei den Umständen auch nicht weiter verwunderlich war. Nun saß er mir also gegenüber, blickte hinunter auf sein zerrissenes Hemd und fuhr mit seinen Fingern über die inzwischen fast verheilte Wunde auf seiner Brust, die ich ihm zugefügt hatte, um ihn zu töten. Es schien nicht, als hätte er noch Schmerzen. „Keine besonders freundliche Art, mich zu begrüßen….“, meinte er schließlich mit seiner gewohnt monotonen Stimme. „Eigentlich sollte ich dich dafür bestrafen.“ War ja mal wieder klar. Da rettet man ihn gerade aus den Tiefen, und er denkt schon wieder nur an die begangenen Fehler, statt sich zunächst einmal zu bedanken. Aber so war er schon immer gewesen – es fiel ihm schwer, Anerkennung zu schenken. Dennoch lächelte er plötzlich, und mich überlief ein Schauder. Es war schon fast gruselig, Ciel lächeln zu sehen. Das kam bis jetzt höchstens ein oder zwei Mal vor, das erste Mal kurz nach meinem Sieg über Ash, als mein junger Herr von der Brücke stürzte. Damals war es ein glückliches Lächeln gewesen, dieses Mal wirkte es eher verunsichert. Mit reuevollem Ausdruck verbeugte ich mich vor meinem Herrn. „Verzeiht mir, junger Herr, aber ich denke, ihr hättet dasselbe versucht. Niemand möchte einem anderen auf Ewig ohne Entlohnung dienen.“ Wobei dies so ja nicht stimmte. Es gab Menschen, die sich ihrem Herrn vollkommen hingeben konnten, ohne etwas dafür zu verlangen, doch diese Hingabe gegenüber meinem Herrn fehlte mir. Immerhin hatte ich nur seine Seele gewollt… Ich bemerkte, wie sich Ciel verlegen auf den Trümmern der Insel umsah, die in vollkommener Zerstörung dalag, nachdem ich sie während des Kampfes gegen Claude Faustus zerstört hatte. Selbstverständlich ließ es der Stolz meines jungen Herrn nicht zu, dass er sein Unbehagen mir gegenüber offenbarte, dennoch spürte ich, dass er folgende Worte tief bereute. „Wir haben einen Vertrag, Sebastian! Du gehörst mir. Du bist mein Eigentum!“ „Yes…My Lord.“ Allein die Tatsache, dass ich sein Bedauern spürte, ließ mich die ganze Sache ein wenig leichter sehen. Außerdem war ich mir fast sicher, dass er es mir von nun an nicht mehr so schwer machen würde wie früher. Nach außen hin zeigte er diese Gefühle jedoch nicht, also würde ich mein Wissen auch nicht entblößen. Die ganze Zeit über hatte ich ihn mit vorwurfsvollem Blick angesehen ohne auch nur mit der Wimper zu zucken oder irgendetwas nach Außen durchscheinen zu lassen, und wie es schien, ließ dies meinen Herrn nicht kalt, immerhin schaffte er es nicht mehr, mir in die Augen zu sehen. Ohne weiter Worte hob ich meinen Herrn hoch und krallte ihm mit Absicht ein wenig zu fest in die Seite um ihn zu ärgern, weil ich wusste, dass er dort sehr empfindlich war, doch außer ein kurzes Zucken zeigte er keine weitere Reaktion. Schade. Noch immer veränderte ich keine Miene, nur um meiner eigenen Genugtuung willen, und um seinen Stolz zu brechen und möglicherweise um eine Gefühlsregung oder nett gemeinte Worte aus Ciels Mund zu hören, doch er sagte nichts. Schließlich war es nach einiger Zeit doch ich, der das Schweigen brach, auch wenn ich es schon wieder tief bedauerte. „Herr…Möchtet ihr eigentlich noch einmal zu eurer Villa zurück, oder sollen wir direkt hinunter?“ Das „Hinunter“ beinhaltet in diesem Fall die Hölle, doch ich war mir sicher, mein Herr würde positiv überrascht sein, wenn wir erst einmal dort waren. Es war im Prinzip ein sehr schöner Ort, nicht viel anderes als der Himmel, mit dem Unterschied, dass es dort recht dunkel war. Meistens herrschte die Dämmerung und der Himmel wies eine wunderschöne rötliche Färbung auf. Im Grunde waren die meisten Dämonen recht froh darüber, als solche geboren oder wiedergeboren zu werden, denn dort unten konnte man seine Art wenigstens frei ausleben, wohingegen man im Himmel an Regeln gebunden war, und um sich diesen Platz im Paradies dann auch zu sichern, musste man allen Besitz abschwören und die vollkommene Keuschheit antreten. Das war sicherlich kein Leben für mich. Immer noch wartete ich auf eine Antwort, doch der junge Herr zögerte. Ich bemerkte, wie sich sein Griff um meinen Nacken leicht verstärkte, sein Blick jedoch blieb starr zu Boden gerichtet. „Ich…möchte noch einmal zurück nach Hause. Es gibt noch Dinge, die geregelt werden müssen.“ Jaja, so war mein Herr. Immer nach außen hin kühl und distanziert gegenüber jeglicher Art von Dingen, so schlimm die Situation auch sein mochte. Und zum ersten Mal an diesem seltsamen Tag musste ich lächeln, auch wenn die Dinge bei weitem nicht so liefen, wie ich sie geplant hatte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)