Minna no Watanagashi // みんなの綿流し von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Einige Jahre vergingen im Land Hinamizawa und es schien, als ob das Glück für jeden eingetroffen hätte. Niemand wurde mehr gehasst, keine Bedrohung war aktuell und es gab schon seit Jahren keinen Vorfall mehr von der mysteriösen Hinamizawa Todesserie, selbst das Hinamizawa-Syndrom schien ausgestorben... Fast. 10. Juni 1989, im Wald von Hinamizawa wurde ein Mann mit einem aufgekratzten Hals gefunden, der zuvor seine Familie umgebracht hatte. Nach der Autopsie fand man heraus, dass es sich dabei nur um das eigentlich schon ausgestorbene Hinamizawa-Syndrom kann, obwohl dieses eigentlich schon seit 6 Jahren dank einem gewissen Doktor Irie nicht mehr aufgetreten ist. Das ganze Dorf fragt sich nun, ob der Doktor nicht vielleicht etwas übersehen hat und vor allem – Mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung schmiss Kyousuke die Zeitung von heute auf den Boden. All seine Bemühungen und Forschungen, völlig umsonst?! Aber natürlich schmiss man zuerst ihm die Schuld in die Schuhe, die Dorfbewohner wusste den Erreger dieser Krankheit immer noch nicht. Und deswegen mag ich keine Politiker. Hätte man diese wichtige Information preisgegeben, wenn auch nur diesem Dorf, dann würden sie bestimmt auch auf ihre Gesundheit Acht geben. Aber nein, wenn es ja jemanden gibt, der ein Mittel zum Unterdrücken des Virus hat, brauchen diese Leute ja keine Wertschätzung von Gesundheit oder Ähnlichem. Gerade als er sich in seinen Bürosessel fallen lassen wollte, stürzte auch schon seine erste Beschwerde in den Raum, genauso wie er es erahnt hatte. „Irie-sensei! Was soll das bedeuten, das Hinamizawa-Syndrom ist wieder ausgebrochen! Ich dachte sie hätten ein Heilmittel!“ Gefasst bewegte sich der Kurzhaarige auf sein Gegenüber zu. „Shion, ich habe es dir schon mal gesagt: Ich habe noch kein Heilmittel. Lediglich einen Unterdrücker, doch das ist nicht dasselbe.“ Die Grünhaarige taumelte nach hinten, ihr Körper landete auf einem Sofa. Es tat ihm aufrichtig Leid, dass seine Forschungen nach all dieser Zeit immer noch so schleppend vorangingen, aber der Fakt, dass Takano-san nicht mehr bei den Forschungen mithalf, beeinflussten auch seine Ergebnisse. Wenn die Bösen ihre schlauen Köpfe nur nicht immer nur für irgendwelche kranken Strategien benutzen würden, dann wäre ich schon längst am Ziel angelangt... Doch er selbst konnte ihr keinen Vorwurf machen. Nachdem herauskam, dass selbst sie an dem Hinamizawa-Syndrom litt, war es klar was sie zu ihren Taten trieb. Insgeheim hatte der junge Doktor sogar etwas Mitleid mit ihr, aber da sie alle anderen hassten behielt er dies zu seinem eigenem Schutz doch lieber für sich. Er ging hinüber zu der inzwischen jungen Frau und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Normalerweise würde man jemanden in ihrem Alter für verheiratet oder zumindest verlobt schätzen, doch Shion blieb Satoshi-kun treu und dachte noch nicht einmal daran, sich auch nur temporär jemand anderes zu suchen, was ihn persönlich selbst beeindruckte. Er selbst hatte jahrelang warten müssen, damit er mit seiner wahren Liebe zusammensein konnte. Dabei hatte es sich zwar nicht um medizinische Probleme gehandelt, jedoch um Rechtliche, und diese waren vermutlich etwas problematischer. Er legte seinen verlegenen Gesichtsausdruck ab und wandte sich wieder seiner Patientin. „Ich bin mir sicher, dass wir schon sehr bald ein Heilmittel finden werden. Immerhin laufen meine Forschungen gut voran, ich muss nur noch ein paar Sicherheitstests abschließen. Falls mich die Polizei nicht behindert werde ich vielleicht noch vor dem Watanagashi fertig.“, sprach er ihr Mut zu, und das nicht zu viel. Was er da sagte, war die reine Wahrheit. Ein leichtes Leuchten kam wieder in ihre Augen, er hatte ihre Hoffnung geweckt. „Das.. Das heißt ich... könnte ihn sogar in weniger als zwei Wochen sehen?!“ Vor Freude sprang die junge Lady auf und presste sich an ihn, was die Verlegenheit, die er zuvor abgelegt hatte, wieder aufkommen ließ. „Na dann, ich geh noch ein bisschen runter zu Satoshi!“ Fröhlich slamte sie die Tür hinter sich zu und rannte in die geheime Hauptzentrale. Sicher würde sie ihm gleich erzählen, dass er bestimmt schon bald aufwachen könne und sie dann glücklich zusammen sein könnten. Und ich muss alles tun, damit dies auch geschehen kann. Nicht nur für sie, sondern damit so was wie in der Zeitung nie wieder passiert! Eine Weile setzten seine Gedanken aus. Eigentlich wollte er so etwas nie wieder denken, aber in solchen Zeiten – vor allem jetzt, da er sich dummerweise selbst einen stressigen Zeitdruck verschafft hatte – wünschte er sich wieder Takano-san an seiner Seite. Obwohl nie irgendetwas emotionales zwischen ihnen war, so waren sie doch ziemlich gut in dem Zusammenspiel wissenschaftlicher Forschungen. Automatisch blickte er die Zeitung an, die noch immer verstreut auf seinem Boden lag. Irgendwie wollte er doch wissen, welche Recherchen die Polizei schon gemacht hat. Es war nie schlecht zu wissen, vielleicht könnte ihn einiges auch ihm helfen. Willkürlich fischte er jenes Blatt, dass er angefangen hatte zu lesen und las ein paar Sätze weiter, nur um den wahrscheinlich größten Schock seines Lebens zu erleben. Des weiteren ist Bekannst geworden, dass die Kriminelle Takano Miyo aus der psychischen Anstalt der Tokio geflohen ist. Ihr momentaner Aufenthalt ist unbekannt. Sie wird aber wieder in der Nähe des Dorfes Hinamizawa’s vermutet. Ihr psychischer Status ist immer noch kritisch, weswegen die Polizei sie versucht so schnell wie möglich wieder einzufangen. Völlig geschockt über diese Tatsache glitt ihm das Blatt wieder aus den Händen und fiel zu Boden. Der Hellhaarige wusste nicht wirklich, was er jetzt sagen oder tun sollte. Klar hatte er sich Takano-san zurückgewünscht, aber in einem kritischen Zustand, und auch vermutlich noch in der Nähe seines Dorfes, das konnte nichts Gutes heißen. Entschlossen ballte er die Fäuste zusammen. Im Moment gab es nur eine effektive Sache, die er nun tun konnte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickte er zum Telefon auf seinem Schreibtisch und nahm den Hörer in die Hand. Eigentlich wollte er nie wieder gezwungen sein so was zu tun. Ich habe keine Wahl, es muss sein! Schon nach wenigen Minuten hatten sich die Leute, die schon früher bei der Rettung von Hinamizawa geholfen hatten, versammelt. Neben ihm saß seine Freundin Satoko, von der er immer noch ziemlich beeindruckt war, dass sie sich so einfach auf ihn eingelassen hatte. Die abnormal große Alterslücke zwischen ihnen vollkommen ignorierend, das beeindruckte ihn am meisten, zeigte ihm aber auch gleichzeitig, dass es sich gelohnt hatte all die Jahre single nur für sie zu bleiben. „Also, nach den neuesten Berichten aus der Zeitung ist euch wohl allen schon bekannt, dass Takano Miyo aus der Klapse ausgebrochen ist. Das heißt wir müssen in der nächsten Zeit wieder anfangen auf das Dorf aufzupassen, damit so eine kritische Situation wie die von vor 6 Jahren nicht noch einmal passiert. Immerhin wurde es öfters mal ziemlich knapp für uns.“ Wie immer war Sonozaki Mion völlig in ihrem Element. Als Clubleiterin damals in ihrer Schule war sie zwar schon ein richtig guter Organisator und Stratege, aber seit dem Tod von Oryou-sama’s Tod stach diese Anführergabe an ihr sogar noch stärker heraus als vorher. „Aber wie sollen wir mit etwas umgehen, womit mir nicht gerechnet haben? Wir wissen ja noch nicht mal ob sie alleine kommt oder sich ein paar Freunde aus der Psychostation mitgenommen hat,“, warf Keiichi ein. Er war zwar schon über zwanzig, hatte aber noch immer keine feste Freundin, genauso wie Rena und Mion, was seiner Meinung nach irgendwie zusammenhing, obwohl es niemand zugab. Rika hatte inzwischen auch noch nie einen Freund gehabt, das lag wohl aber eher an den mangelnden Burschen in diesem Dorf. Kyousuke schüttelte den Kopf. „Nein, es stand ausdrücklich in der Zeitung, dass außer ihr keine weiteren Personen vermisst werden. Das können wir also schon mal ausschließen.“ Der ganze Tisch war stumm, niemand wusste so richtig was er sagen sollte. Letztendlich konnten sie momentan nichts gegen die Tatsache tun, dass Takano Miyo aus ihrem Gefängnis ausgebrochen war, dennoch war immerhin jeder vorbereitet. „Hat jemand Tomitake-san gesehen? Er besucht doch sonst immer noch das Dorf, wenn Watanagashi näher kommt. Er kennt Takano-san etwas besser, vielleicht hat er eine Ahnung was genau sie jetzt vorhat.“ Die Menge nickte zu Rena’s Vorschlag. Wenn man näher an Takano-san kommen wollte, wäre Tomitake-san wohl der nahste Informant. So wie Shion und Kasai, der ihr natürlich überall hin folgte, war auch Rika nicht zum Reden aufgelegt. Vermutlich wollte Keiichi gerade etwas sagen, da sich sein Mund kurz öffnete, jedoch ließ ihn ein bestimmter Pfeil nicht zum Wort kommen. Und zwar der Pfeil, der gerade durch das Fenster geschossen kam, gekrönt mit einer Nachricht an der Pfeilspitze. Woow... Wir hätten das Fenster definitiv nicht auflassen sollen. Scheinbar dachte jeder in diesem Raum genau dasselbe, denn zunächst bewegte sich kaum jemand. Alle schienen Angst zu haben, immerhin könnte der Pfeil ja explodieren oder ähnliches. Nach einigen wortlosen Sekunden stand nun doch Hanyuu auf und zog den Pfeil aus der Wand, damit sie den Zettel offen und mit ernstem Blick auf den Tisch legen konnte, sodass ihn jeder sehen konnte. Glaubt ja nicht, ich lass euch so schnell in Ruhe. Ihr werdet euer blaues Wunder erleben, das schwöre ich! Niemand wird wissen wann und wo, nur dass es geschieht!!! gez. 三四 ‚Das hört sich ziemlich bedrohlich an...’ war wohl das erste, was jemand Normales gesagt hätte. Wie auch immer... Keiichi war da anscheinend anderer Meinung. „Hä? Wieso steht da 34?“ Satoko schüttelte den Kopf. „Du Idiot, das heißt Miyo, sieht doch jeder!“ „Das ist doch egal, wir sollten uns doch lieber auf den Inhalt des Zettels konzentrieren.“ „Ist das nicht offensichtlich Mion? Wir werden alle bald draufgehen!“ „Nur die Ruhe Shion. Wenn wir wie letztes Mal zusammenhalten wird bestimmt nichts passieren.“ „Für einen Schutzgott ist das leicht gesagt, aber wir waren doch vor sechs Jahren schon ziemlich knapp dran, wie sieht es aus, wenn wir noch nicht mal wissen worauf sie aus ist? Pure Rache, das ganze Dorf, oder hat sie es nur auf einen von uns abgesehen?“ „Mal ganz ruhig Leute, wir haben uns in diesen sechs Jahren doch auch weiterentwickelt.“ „Sagt derjenige, der noch nicht einmal weiß, wie man den Namen des Gegners schreibt.“ „Okay, Satoko, Keiichi, das war dann wohl genug für heute. Wir müssen jetzt dringend besprechen, was wir machen sollen.“ Nun, da Mion das Machtwort gesprochen hatte, saßen alle wieder still um den Zettel herum. Es stimmte, sie mussten unbedingt etwas tun. Und vor allem durften ihnen solche Fehler nicht mehr passieren. Wie konnten sie nur das Fenster auflassen, wenn Takano-san aus der Klapse ausgebrochen war? Zusammen besprachen sie die Situation und fanden auch schon bald eine Lösung, wie sie in Kontakt bleiben konnten. Immerhin hatte sich die Technik selbst für ein so kleines abgelegenes Dörfchen wie Hinamizawa weiterentwickelt. Mobiltelefone waren also schon eine vorteilhafte Option, und die Zeichen für die jeweiligen Notfälle hatte Kyousuke schon damals mit Akasaka-san ausgemacht. Was das betrifft gab es also auch nichts mehr zu bereden. Nach einer guten halben Stunde voller Diskussionen und Mutmachungen beschlossen sich alle dann schließlich getrennte Wege zu gehen und sich auch nicht mehr wieder zu treffen. Jeder hatte sein Mobilfunktelefon bei sich, und wenn sie schon eine Durchgeknallte mit einer Armbrust nicht bemerkten, dann sollten sie auch Besprechungen vermeiden, immerhin konnten sie dann alle auf einmal sozusagen beschattet werden, in Grüppchen war dies dann schon etwas schwerer zu bewerkstelligen. Was ihn betraf, so musste er eigentlich nur die ganze Zeit in seinem unterirdischen Klinikbunker bleiben, die Herstellung eines vollkommenen Heilmittel hatte wie immer Vorrang. Nachdem die Gruppe sich aufgelöst hatte, kam Satoko mit einem ziemlich enttäuschten Gesicht zu ihm. „Heißt das ich werde dich mehr als eine Woche nicht mehr zu Hause haben?“ Er hasste es, wann immer er ihr diese Antwort auch geben musste. „Es tut mir Leid mein Schatz, aber spätestens nach diesem Watanagashi wird damit Schluss sein, ich habe die Lösung schon fast!“ Dr. Irie musste wohl ziemlich selbstbewusst klingen, denn ihr Gesicht hellte sich sofort auf. Wie es wohl strahlen wird, wenn sie ihren großen Bruder wiedersieht? [/i Mit einem Lächeln drückte er seiner Freundin einen Kuss auf die Stirn und verabschiedete sich dann. Ja, in den kommenden Tagen würde er sicher durchmachen um sein Ziel endlich zu erreichen. Diese Schmerzen... Dass ein kleiner Streifschuss nach einer Zeit so weh tun würde, damit hatte Takano Miyo bestimmt nicht gerechnet, doch so oder so gab es jetzt kein Zurück mehr. Es war noch lange nicht vorbei mit ihrem Ziel, nein... Sie würde es schon noch schaffen, sie würde dieses dämliche Dorf ihren Oyashiro-sama geben, auch wenn sie diesmal wirklich sterben würde. Alles war besser, als in dieser psychotischen Hölle zu schmoren. Wenn sie einen Gott erschaffen konnte und sogar selbst als Gott angesehen wurde, dann könnte sie nach dem Tod ihren Großvater sehen... Doch zuerst einmal müsste sie irgendwo eine Waffe herbekommen, die Yamainu hatte sie nicht mehr auf ihrer Seite, was also tun? „M-Miyo..?“ Ein ihr vertrautes Gesicht kam zum Vorschein und ein klein bisschen unrealistische Hoffnung kam in ihr verstörtes Herz. „Jirou-san... Willst du dich mir doch noch anschließen?“ Enttäuscht verzog er sein Gesicht. Anscheinend hatte er sich etwas zu viel von ihrem Treffen erhofft, jedoch hatte sie keinerlei Ahnung was er sich anderes erhoffen könnte als einen so tollen Anführer wie sie zu bekommen. „Wie könnte ich mich dir jemals anschließen? Weißt du überhaupt wie fürchterlich das war, was du vorhattest?“ ...Fürchterlich? Nein, ihr Plan war nicht fürchterlich... Er war genial! Dieser geniale Plan würde jedem das geben, was er verdient hätte. Diese bescheuerten Möchtegernwissenschaftler würden sie endlich respektieren, ihr Großvater würde zu einem Gott werden, Oyashiro-sama könnte endlich eine gläubige Existenz in den Herzen der Menschen haben! „Du willst mir nicht helfen... Dann muss ich meine Untergebenen wo anders suchen...“ Schwach schleppte sie ihren Körper einen Hang hinauf und Jirou kam anscheinend auch ein paar Schritte näher, was wollte er denn noch von ihr? Gerade als sie sich umdrehen wollte und ihm ein paar herablassende Kommentare zuschreien, da bemerkte sie, dass der gutgebaute Braunhaarige bereits die Distanz auf eine Haarlänge beschränkt hatte... und zwar auf seine Haare. „Verdammt, was willst du damit erreichen? Merkst du nicht, dass du schon mehr Schmerz als Gutes über dieses Dorf gebracht hast? Ohne Oyashiro-sama ist Hinamizawa viel friedlicher und vor allem gewaltfrei. Und das soll auch so bleiben!“ Ihr Körper taumelte immer mehr und langsam begann auch Jirou-san zu sehen, dass ihre Hüfte blutete. Jetzt sogar mehr als zuvor. Niemand verstand sie, warum? Es war doch verständlich, oder...? Ihr ganzes Vorhaben... Es war doch so logisch, es war gut, auf jeden Fall! Je mehr sie sich darüber Sorgen machte, desto unbalancierter wurde sie und letztendlich fiel sie in die Arme von Jirou-san. „Miyo-san! Auf der Station haben sie nichts davon gesagt, dass sie dich angeschossen haben... verdammt! Du musst zu einem Arzt!“ Das Augenlicht der Blonden wurde immer schwächer, alles andere als genau, noch dazu spürte sie das aufgeregte Pochen von seinem Herzen. Wobei sie nicht wirklich wusste, ob sie das als gut oder schlecht empfinden sollte. „Kein Arzt...“, hauchte sie an seiner Brust, aber so viel würde er bestimmt nicht mehr mitbekommen. Bevor sich ihre Augen schlossen schrie der junge Mann ungefähr Ende zwanzig noch etwas, vermutlich formten seine Lippen noch so etwas wie ‚Halte durch’ oder ähnliches, doch sie konnte nicht mehr. So sehr sie sich deswegen auch verachtete, sie konnte nicht mehr. Die Wunde an ihrer Seite pochte noch stärker als Jirou-san’s Herz und dazu machte sich noch ein widerliches Gefühl an dieser Stelle ihres Körpers breit. Es war fast so, als ob sich irgendetwas dort winden würde, als ob es gezielt in die Wunde reinkriechen wollte, in sie. Ihr letzter Gedanke brachte wohl eine erschreckende Erklärung, die sie sich nie vorgestellt hatte. Alle hatten es ihr gesagt, doch erst jetzt verstand sie es. Das Hinamizawa-Syndrom... Gleich nachdem die junge Frau in seinem Armen kollabiert war, hatte er sie ins Krankenhaus gebracht. Er hoffte und vertraute Dr. Irie einfach, und er hatte ihn nicht enttäuscht. Man konnte zwar seinem Gesicht ansehen, dass ihm das ziemlich unangenehm war, jedoch konnte er einen verletzten Menschen – selbst wenn dieser eine Serienkillerin war – nicht einfach der Polizei oder der Sonozaki-Familie übergeben und das schätzte er sehr. Jirou war sich sicher, dass irgendwo in dieser verstörten Frau doch noch ein kleiner Funken von Vernunft und einem liebevollen Charakter bestand. Vermutlich war er mit dieser Meinung der einzige, aber solange sie im Bett war konnte sie ja nicht viel Schaden anrichten, doch momentan war es eher die Sorge als die Zuversicht, die in ihm ausbrach. Miyo-san hatte schon zwei Tage durchgeschlafen und ihre Hüfte schien sich schwer entzündet zu haben... Zudem war die Krankheit immer noch in ihr und obwohl sie durch das Mittel von Dr. Irie nicht mehr auf Level 5 stand, eine krankhafte Paranoia war immer noch Bestandteil ihres Gehirns. Die Zeit verging und letztendlich waren es noch drei Tage bis zum großen Watanagashi und Miyo-san’s Krankenhausbett wurde in einen geheimen Raum in der Wand verlagert, damit Dr. Irie und er mit Shion-san und Kasai sprechen konnten. Der Braunhaarige war ziemlich beeindruckt von dem Doktor, er hatte tatsächlich ein perfektes Gegenmittel für die Krankheit entdeckt und er hatte sogar genug um Miyo-san noch etwas davon zu geben. Nur noch ein bisschen Miyo-san... halte durch! Zuerst musste natürlich Satoshi-kun die Medizin bekommen. Der Doktor hatte es versprochen und außerdem hatte er wirklich schon genug im künstlichen Koma liegen müssen. Er musste lächeln, wenn er an das erfreute Gesicht von Shion-san dachte, obwohl es ihn ein bisschen traurig machte, dass es mit ihm und Miyo-san bestimmt nicht so sein werden würde. Immerhin wäre trotz allem die Polizei hinter ihr her und ob sie auch wirklich Gefühle für ihn empfand oder die ganze Zeit nur mit ihm spielte war auch noch nicht klar. Zum Glück würde sich dies bald aufklären. Wenn sie wieder bei Sinnen war, konnte sie wenigstens beurteilen, ob sie irgendetwas für ihn empfand. Schon die ganze Zeit auf dem Weg zu Satoshi-kun’s Zimmer klopfte sein Herz. Jetzt würde sich herausstellen, ob die Medizin auch wirklich wirkte, was anscheinend nicht nur ihn bedrückte. Shion-san, die neben ihm herlief, musste sich anscheinend schwer beherrschen, damit sie sich nicht die Fingernägel abkaute. Er fragte sich, wie sie wohl diesem Drang standhalten konnte. Nach einer halben Ewigkeit standen sie endlich vor Satoshi-kun’s Bett und Shion-san sah aus, als ob sie vor Nervosität gleich einen müsste. Er stand einfach nur still da, während Dr. Irie mit überraschend ruhigen Fingern ihm die Spritze mit der dazugehörigen Medizin überreichte und danach die Geräte abschaltete, die das künstliche Koma instand hielt. Der Hellhaarige sah anscheinend so aus, als wüsste er sehr genau was er tat, das war schon mal ein gutes Zeichen. Einige Sekunden vergingen, dauerte es wirklich so lange bis das Koma aufgehoben war? Für Shion-san mussten diese Sekunden wohl wie Stunden vorkommen, bei jeder einzelnen davon wich in ihrem Gesicht ein bisschen mehr von der Hoffnung genauso wie die Zuversicht langsam aus dem Gesicht des Doktors wich. Nach nun einer vollen Minute schien er nun ganz aufzugeben, machte sogar schon Anstalten den Apparat wieder einzuschalten, Shion-san kamen wie aus dem Nichts ein halber Regenschauer aus den Augen, bis etwas der vermutlich unerwartetesten Dinge passierte, die man im Augenblick der Enttäuschung erwartet hätte. Ein sanfter Stich zog durch Satoshi’s Herz, ließ ihn meterweit fallen. Er fühlte sich schwerelos und doch schwer. Fühlte es sich so an, wenn man Fallschirm sprang? So wie es ihn runterzog, fühlten sich auch seine Augenlieder an. Er wollte sie öffnen, endlich wieder das Leben sehen! Sich selbst und... noch irgendwas, irgendjemand Bestimmtes wollte er sehen... wer war es? Unerwartet schlug er auf den Boden auf, seine Augen waren geweitet bis zum Äußersten und schauten an eine weiße Wand. Der Blonde, dessen Körperbau er irgendwie stärker in Erinnerung hatte, tat sich schwer seinen Körper zu bewegen. Wie lange hatte er so steif dagelegen? Wochen, Monate... Jahre?! Ein schriller Schrei hallte durch die Wände und er spürte wie plötzlich etwas Warmes seinen Brustkorb einquetschte und ihm die Luft wegnahm. „Sh-Shion-san, bitte hör auf, er kann so nicht atmen!“ Eine ihm vertraute Stimme rettete ihm vermutlich das Leben und nachdem er sich mit Mühe und Not aufgesetzt hatte, traf er auf den Blick von Dr. Irie, zwei fremden Männern und... Shion... Er fasste sich an den Kopf, der mittlerweile Haare bis zu den Schultern hatte, und dachte nach. War es sie oder die lange Zeit in der sie sich nicht sehen konnten, dass sie so unglaublich hübsch aussah. Hatte er diese Gedanken von ihr vielleicht schon die ganze Zeit gehabt? „Ah! Was, was ist mit Satoko? Geht es ihr gut, lebt sie noch?! Wie viele Jahre bin ich nicht da gewesen?“ Sein Kopf schmerzte, als er sich an den ganzen Stress erinnerte, doch das Lächeln des Doktors sprach ihm Zuversicht zu, was ihn mehr als nur beruhigte. „Keine Sorge, Shion-san und ich haben sie so lange beschützt wie es nötig war.“ Wie es nötig war? Eine Sorgenfalte breitete sich auf Satoshi’s Stirn aus. „Nun ja, du warst sechs Jahre lang verschwunden. Dank des Dorfes konnte Satoko-chan vor ihrem Onkel gerettet werden. Sie ist ziemlich glücklich würde ich sagen.“ Satoshi verstand zwar nicht warum der Trainer bei dem letzten Satz einen verlegenen Ausdruck bekam, aber jenes war ihm im Moment auch eher egal. Satoko-chan ging es gut, das heißt, er konnte sein jetzt hoffentlich gesundes Leben ohne Stress weiterführen. Sechs Jahre... Dann war sie ja schon erwachsen! Das wird sicher ein ungewöhnlicher Anblick... Es wunderte Jirou nicht sonderlich, dass der Junge erst einmal an die frische Luft wollte. Etwas anderes hätte er sich in diesem Moment wohl auch nicht gewünscht, besonders nach sechs Jahren. Erwartungsvoll blickte er durch seine Brillengläser zu Dr. Irie, der ihm darauf ernst zunickte. „Nun ehm... Shion-san, Satoshi-kun, geht ihr schon mal vor, wir kommen gleich nach.“, versicherte er ihnen und blickte Kasai etwas entschuldigend an, den er wohl völlig vergessen hatte. Während die Drei die Treppe hochgingen zückte er seine Spritze und blickte ihn an. „Sei bitte nicht enttäuscht, falls irgendetwas passiert, was nicht ganz nach deinen Vorstellungen läuft.“ Verwirrt blickte er ihn an. Moment mal, wusste der Doktor etwa dass er...? War er so unglaublich durchschaubar? Mit einem hängenden Kopf und einer depressiven Aura um ihn herum nickte er etwas unmotiviert dem Doktor zu. Während sie die Treppe raufgingen überlegte Jirou noch einmal, wie er mit Miyo-san überhaupt undercover bleiben konnte. Irgendwie wäre es ja schon ein klein wenig merkwürdig, wenn nicht nur sie, sondern auch noch er verschwinden würde, und das im Abstand von wenigen Tagen. Er musste wirklich aufpassen. So wie er die Tokio einschätzte, hätte er auch genauso gut einen Peilsender in der Kantine ins Essen gelegt bekommen haben, den er nun in seinem Magen hatte oder so etwas. Okay, später gehe ich definitiv noch einmal auf die Toilette. Sie waren noch nicht ganz oben, da hörten die Beiden auch schon einen erschreckten Schrei, was sie schneller rennen ließ, als jemals zuvor, was sie zu Zeugen eines der wohlmöglich unerwartetesten Szenarien, die er für möglich gehalten hätte, machte. Während Jirou und Dr. Irie noch in der Tür vom Raum des geheimen Krankenbettes standen, waren Satoshi-kun und Kasai mitten im Raum, gegenüber von einer blonden Frau mit dem wohl wahnsinnigsten Blick, den er je gesehen hatte. Kasai’s Waffe lag auf den Boden, Miyo-san hatte ein Seziermesser in der Hand und hielt es an Shion-san’s Hals, der in einer klassischen Geiselposition in den Armen der Kriminellen lag. Aber wieso das alles? Ratlos blickte der Braunhaarige zu Kasai, der ihm sofort die Situation schilderte: „Takano-san hat anscheinend ein Problem mit der Existens von Satoshi-kun. Sie schnappte sich Shion-san, weil ich sie so nicht angreifen kann und fordert jetzt den Jungen wegen irgend so einer Erhaltung von Oyashiro-sama.“ Geschockt wandte er seine Augen von ihm ab. Was sollte man in einer Situation wie dieser tun, ohne dass jemand Schaden nahm? „Ist gut, du bekommst mich! Alles, aber lass Shion auf der Stelle frei!“ Überrascht beobachtete er Satoshi-kun. Er hatte gerade erst wieder angefangen zu leben und wollte das schon wieder beenden, zum Schutz von Shion...? Von einer Sekunde auf die andere warf sie die Grünhaarige weg und fixierte sich auf den Blonden, während seine Freundin röchelnd am Boden lag. Und als sich Miyo-san mit ihrem Seziermesser wie eine Verrückte auf Satoshi-kun stürzen wollte wurde ihm Einiges klar. Die ganze Zeit hatte er versucht seine Beziehung, sein Herz zu retten, das litt. Doch das war nicht seine Aufgabe, war es nie gewesen und sollte es wohl auch nicht sein. So richtig wusste er auch nicht was er tat, sein Körper schien anscheinend schneller zu handeln, als er selbst. Ob das gut oder schlecht war wusste der junge Mann ebenfalls nicht. Im Allgemeinen wusste Jirou generell nicht recht was passierte, bis er sich direkt vor Miyo-san befand und einen stechenden Schmerz quer durch seiner Brust fühlte. Neben ihm lag Satoshi-san, der zusammen mit Shion-san nicht schlecht staunte. Warum wohl...? Ach ja... Er hatte den Jungen zur Seite geschubst und sich in Miyo-san’s Weg gestellt... und jetzt hatte er ein Seziermesser in der Brust. Miyo-san selbst sah damit aber nicht zufrieden aus. Er verstand es nicht, hatte sie ihn nicht schon einmal töten wollen? Wieso sah sie jetzt so aus, als ob sie einen schrecklichen Fehler begangen hätte? Kraftlos kippte er nach vorne, auf ihre linke Schulter. Würde er jetzt sterben, einfach so? Doch selbst in diesem Moment konnte er keinen Hass für die Frau empfinden, die er liebte. Er hätte gerne mehr für sie getan. „Für mich... warst du schon immer eine Göttin...“, flüsterte er mit seiner letzten Kraft. Irgendwie fühlte er sich wie in einem schlechten Film mit einem Ende, dem die Zuschauer nur zubuhen konnten. Was Miyo-san jetzt wohl für einen Gesichtsausdruck hat? Noch bevor er eine Antwort darauf bekommen konnte verlor er die Kraft um seine Augen offen zu halten, das Gleiche galt für seinen Kopf, der nun langsam von ihrer Schulter rutschte und auf den harten Fliesenboden trat. In den letzten Sekunden seines wachen Verstandes hörte er noch wie Kasai einen kurzen Schrei – vermutlich zum Angriff – von sich gab, aber nicht schoss. Gott sei Dank... Es machte ihm Sorgen, dass er keinen Ton von Miyo-san hörte, doch die Träne, die nun auf seine Wange fiel sagte ihm so ziemlich alles. Obwohl er schon auf dem Boden lag, wurde ihm kurz schwindelig. Würde er wieder aufwachen, nachdem er jetzt das Bewusstsein verlor? Vielleicht, vielleicht... auch nicht.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)