Bring me to life von lunalinn (I’ve been living a lie, there’s nothing inside) ================================================================================ Kapitel 12: I couldn't see -------------------------- Mittlerweile saß Madara in seinem Wagen, die Hände ums Lenkrad verkrampft und den Blick starr auf die Straße gerichtet. Er hielt sich nicht an die vorgegebene Geschwindigkeit und es war ihm auch vollkommen egal, ob die Polizei plötzlich hinter ihm sein würde - er würde nicht mal dann anhalten oder langsamer werden. Eine ältere Fußgängerin, die er beinahe über den Haufen fuhr, hob die Faust und schimpfte wie ein Rohrspatz, er konnte es im Spiegel sehen und es war ihm ebenfalls gleichgültig. Wie bei einem Echo hallten die Worte in seinem Kopf wieder, brachten ihn dazu, wiederholt den Fuß aufs Gaspedal zu drücken und sich noch mehr zu beeilen. Er wusste, dass er nichts würde ausrichten können, dass es egal sein würde, ob er zehn Minuten eher oder später da sein würde, aber darum ging es auch nicht, sondern darum, Wut abzubauen. Wut auf sich selbst, weil er so ein verdammter Idiot gewesen war. Und Wut auf Itachi. Eine halbe Stunde zuvor hatte das Telefon geklingelt und ihn somit unsanft aus dem Schlaf, den er eigentlich noch länger hatte genießen wollen, gerissen. Da keiner seiner werten Mitbewohner auch nur daran zu denken schien, einmal abzunehmen, war diese Aufgabe an dem Uchiha hängen geblieben. Mit einem Blick auf das Bett seines Cousins hatte er dann feststellen müssen, dass der immer noch nicht wieder zurück war. Nicht gerade typisch. "Uchiha?", hatte er sich genervt gemeldet. "Ich hoffe, du hast gut geschlafen", hatte sich sein Gesprächspartner mit eindeutigem Sarkasmus zu Wort gemeldet und Madara hatte ihn sofort erkannt. "Was willst du, Kisame? Itachi ist nicht da." "Oh, das ist mir bewusst. Ich weiß auch zufällig, wo er ist." Er hatte die Stirn gerunzelt und sich plötzlich gewundert, warum der andere so bissig klang, geradezu zornig. "Sag nicht, er ist bei dir?" "Nein, er ist nicht bei mir. Er liegt wegen versuchtem Selbstmord im Krankenhaus. Klasse, oder?" Abrupt war es sehr kalt im Raum gewesen und Madara hatte gespürt, wie sich seine Kehle zuschnürte, er einen Moment glaubte, ihm würden die Beine weg knicken - allerdings hatte er sich sehr schnell wieder gefasst. "In welchem Krankenhaus ist er?" Kisame hatte nur geschnaubt. "Sag mir einen Grund, warum ich dir das sagen sollte?" "Kisame, er ist mein Cousin, verdammt!" "Ach? Merkt man ja nicht viel von, was?" "...bitte", er hatte nur zähneknirschend dieses Wort ausgesprochen, sich beinahe lieber die Zunge abgebissen, aber es hatte kein Weg dran vorbei geführt. Glücklicherweise hatte der Ältere nicht gelacht, ihn nicht einmal verspottet, sondern ihm daraufhin den Namen des Krankenhauses genannt. Madara hielt den Wagen auf dem Parkplatz vor dem großen Gebäude und verlor dann auch keine Zeit mehr, näherte sich diesem mit schnellen Schritten. Seine Gedanken rasten...Selbstmord...Itachi hatte versucht, sich das Leben zu nehmen...dieser Idiot...der konnte was erleben, wenn er wieder bei Bewusstsein war! Er wusste, dass seine Worte vom Abend der Auslöser für diese Tat gewesen sein musste, er praktisch die Schuld an dem hier trug...und er spürte bereits jetzt, wie ihn sein Gewissen zwickte. Aber er verdrängte dieses schnell, suchte die Eingangshalle nach Kisame ab- apropos, woher wusste der überhaupt Bescheid? "Hast ja doch hergefunden." Madara fuhr herum, begegnete den spöttisch aufblitzenden Iriden des Älteren. "Wo ist er?", zischte er gereizt. "Sie überprüfen gerade seinen Zustand...ob er stabil ist oder so was...keine Ahnung, ich kenn mich nicht aus...jedenfalls darf noch niemand rein. Du schon gar nicht." Es war Kisame anzumerken, dass der ihm die Schuld an dem Geschehen gab und dem Uchiha fiel nicht einmal etwas ein, mit dem er sich hätte rechtfertigen können, deshalb ließ er es bleiben. "Wie ist es passiert?" "Er hat versucht, sich die Pulsadern durchzuschneiden...mit einer Glasscherbe, wenn du es genau wissen willst. Und weißt du auch, wo er es gemacht hat?" Madara hob eine Braue, schwieg aber ansonsten; was sollte das denn jetzt? Was interessierte ihn der Ort? "Vor Shisuis ehemaliger Wohnung...seltsam, nicht?" Fast zuckte der Uchiha unter Kisames stechendem Blick zusammen, wenn auch nur, weil er jetzt begriff, was der andere ihm damit sagen wollte. Und gleichzeitig überkamen ihn solche heftigen Schuldgefühle, dass ihm ganz übel wurde. "Es war nur Zufall, dass ich in der Nähe war, Madara...er wäre verblutet." "Zufall...ja?", kam es nicht sehr überzeugt zurück, doch dies schien Kisame nicht wirklich zu kümmern. "Ich bin ja wohl nicht derjenige, der sich hier rechtfertigen muss, oder?", zischte dieser ihn an. "Du wirst mir jetzt endlich sagen, was vor drei Jahren passiert ist...und wag es nicht, mir irgendeine beschissene Lüge aufzutischen! Ich habe ein Recht darauf zu wissen, warum er versucht hat, sich umzubringen!" Madara blieb zunächst still, verzichtete darauf zu fragen, wer ihm dieses Recht zugesprochen hatte, denn das Blöde an der ganzen Sache war, dass der Ältere es tatsächlich verdient hätte, davon zu erfahren...andererseits hatte er Itachi sein Wort gegeben. Aber hatte er das nicht sowieso längst gebrochen? Immerhin hatte er seinem Cousin damals versprochen, für ihn da zu sein, ihm zu helfen...anfangs hatte er es sogar getan, sich um ihn gekümmert...bis die Sache mit Hashirama passiert war und Madara dadurch nur noch seine eigenen Probleme vor Augen gehabt hatte. Er war so ein verdammter Egoist... Sich das einzugestehen, machte es nicht besser, das wusste er, aber es konnte der erste Schritt sein. Er hob den Blick, sagte immer noch nichts, obwohl Kisame ihn nach wie vor fixierte, wohl auf die Antwort wartete. Ihm alles zu erzählen wäre natürlich ein erneuter Verrat an Itachi...fragte sich nur, ob es ihm nicht letztendlich helfen würde. Madara wusste gut genug, dass er bisher nur in seinem eigenen Sinne gehandelt hatte...allmählich wurde es wohl Zeit, etwas richtig zu machen. Und falls Itachi ihn deswegen hassen sollte- womöglich noch mehr als er es bereits tat-, würde er das in Kauf nehmen. "Also gut. Setzen wir uns...wird länger dauern." ~+~ Fordernd glitten die rauen Fingerkuppen seine Brust hinab, strichen weiter runter zu seinem Bauch und schließlich tiefer in Richtung der Lendengegend, wo sie einen Moment verweilten. Ein warmer Körper drückte sich an seinen, er spürte den bereits beschleunigten Atem an seinem Ohr, wenig später die Lippen an seinem Hals. Erneut kamen die Hände in Bewegung, griffen zwischen seine Schenkel, berührten intime Stellen, die zuvor nur er selbst angefasst hatte. Etwas Hartes presste sich an seinen Hintern, dann wurde sein Oberkörper nach vorn gedrückt, er fühlte weichen Stoff unter sich. Der Körper des anderen rieb sich an seinem, jede Berührung brannte auf seiner Haut. Unwirsch wurden seine Beine gespreizt, bevor er nach und nach in ihn eindrang und immer nur hörte er dieselben Worte. "Ich liebe dich." Itachi hatte anfangs geglaubt, dass es ein Aussetzer gewesen war. Eine Überreaktion, ein Fehler, den Shisui erkennen würde. Er hatte angenommen, dass er sich am nächsten Tag dafür entschuldigen und erkennen würde, dass er ihn verletzt und ihr Vertrauen ineinander gebrochen hatte. Nichts von alldem geschah. Er machte genauso weiter und das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass Itachi nicht wusste, was er tun sollte. Er konnte mit niemandem darüber reden, weil es kein Fremder war, der ihn vergewaltigte, sondern sein bester Freund. Hatten sie sich nicht damals geschworen, dass sie für immer Freunde sein würden? Shisui selbst hatte ihm dieses Versprechen abgerungen. Sie waren immer füreinander da gewesen, hatten sich nie im Stich gelassen. Wie konnte es also dazu gekommen sein? War er wirklich so blind gewesen? Anscheinend. Vielleicht wäre es nie dazu gekommen, wenn er nicht ausschließlich an sich gedacht hätte. Wenn er mehr an Shisui gedacht hätte, anstatt sich über Kisame aufzuregen. Wie oft hatte er seinem besten Freund in den Ohren gelegen? Nicht einmal hatte sich dieser beschwert, doch er war ihm ausgewichen und Itachi hatte es ignoriert, war nicht darauf eingegangen. Diese Erkenntnis schmerzte mindestens ebenso, wie die Tatsache, dass Shisui ihn missbrauchte. "Nii-san?" Er zuckte zusammen, blickte kurz irritiert auf seine Bücher, die offen auf dem Schreibtisch lagen; eigentlich hatte er lernen wollen, doch bis jetzt hatte er nur aus dem Fenster gestarrt. Durchatmend wandte er sich seinem kleinen Bruder, der ihn erwartungsvoll anblickte, zu. "Was ist denn?", erwiderte er so ruhig, wie es ihm möglich war. "Na ja, das Wetter ist so schön...und...ich weiß, dass du lernen musst, aber vielleicht können wir ja später ein Eis essen gehen?" Itachi blinzelte irritiert, hatte er nicht mit so etwas Banalem gerechnet. "Ein anderes Mal vielleicht, Sasuke", murmelte er ausweichend, hatte absolut keine Lust, jetzt raus zu gehen. Überhaupt verkroch er sich seit dem Vorfall so oft wie möglich in seinem Zimmer. Er wandte sich absichtlich ab, wollte nicht den enttäuschten Blick sehen, den ihm sein jüngerer Bruder nun mit Sicherheit zuwarf, denn noch mehr Schuldgefühle konnte er jetzt einfach nicht gebrauchen. "Das sagst du immer", vernahm er die leise Stimme und das nächste, das er hörte, war das Zuschlagen der Tür. "Itachi?", drang die gedämpfte Stimme seiner Mutter durch die Tür, doch er stand nicht auf, blieb auf seinem Bett liegen, den Blick zur Decke gerichtet. Was auch immer sie wollte, es war ihm egal. "Dieser...also, dein Freund war hier...der Große...ich hab ihm wieder gesagt, du wärst nicht da, ich hoffe, das geht in Ordnung." Kisame. Und es wunderte ihn nicht einmal, schließlich war der Ältere bereits dreimal hier gewesen, seitdem er ihm gesagt hatte, dass er ab jetzt keine Zeit mehr für ihn haben würde...wegen der Prüfungen. Dass der andere sich damit nicht zufrieden geben würde, war Itachi von vornherein klar gewesen, aber er konnte es nicht ändern. Vielleicht würde er sein Verhältnis zu Shisui retten können, wenn er sich von Kisame fernhielt. Es war sein Fehler gewesen und sollte er ihn so bereinigen können, musste er das in Kauf nehmen. Allerdings veränderte sich nichts, nicht als er sich von Kisame entfernte und auch nicht als er versuchte, mit Shisui zu reden. Er hörte nicht zu, steigerte sich mehr und mehr in die Sache rein und immer nur hörte Itachi, dass sein bester Freund ihn liebte. Es wurde von Tag zu Tag schwerer, sich nichts anmerken zu lassen, weder vor seinen Freunden noch vor seiner Familie. Seine Noten sanken mit einem Mal in den Keller und er konnte keine Erklärung dafür abgeben. Die Nächte wurden endlos, weil ihn sein Gewissen nicht schlafen ließ und ihn der Gedanke an den nächsten Morgen quälte. Außerdem ging er nicht mehr raus, verbarrikadierte sich so lange wie möglich in seinem Zimmer, bis er es nicht mehr aushielt und erneut zu Shisui ging - um mit ihm zu reden. Während er die Treppen hoch zur Wohnung stieg, legte er sich bereits die Worte zurecht, die er dem anderen entgegen bringen wollte. Sie würden das bereinigen, irgendwie...es würde vielleicht wieder so werden können wie vorher, irgendwann...aber selbst als er versuchte, sich das einzureden, klang es unglaubhaft in seinen Ohren und mit jedem Schritt verspürte er mehr den Drang, sich umzudrehen und einfach davon zu laufen. Aber er würde es nicht tun, er durfte es nicht, wenn er noch retten wollte, was zu retten war. Daher betrat er die Wohnung - die Tür stand wie immer offen -, blieb einen Moment unschlüssig im Flur stehen, rang sich dann aber doch dazu durch, den anderen zu suchen. Er fand ihn im Wohnzimmer. Schon als er Shisuis Gesichtsausdruck bemerkte, wusste er, dass er den falschen Zeitpunkt gewählt hatte. Unwillkürlich fragte er sich, was er jetzt wieder falsch gemacht hatte - und erschrak im selben Augenblick, dass er sofort davon ausgegangen war, es läge an ihm. Kaum dass der Ältere von ihnen aufgestanden war, machte Itachi reflexartig einen Schritt zurück, seine Haltung verspannte sich und als er den Mund aufmachte, bemerkte er, dass alle zuvor gut durchdachten Worte mit einem Mal wie aus seinem Kopf gefegt waren. "Was ist? Hast du Angst vor mir, Itachi?" "...nein", warum zögerte er dann so mit der Antwort, fragte er sich im gleichen Moment. Shisui schnaubte, funkelte ihn nicht gerade überzeugt an. "Lüg doch nicht, du zitterst ja!" Zitterte er wirklich? Es musste wohl so sein. "Ich..." "Und du bist weiß wie die Wand...schlechtes Gewissen, hm? Ich hätte wirklich nicht geglaubt, dass du zu ihm rennst. Ich dachte, ich wäre dir etwas wert." Itachi schwieg, konnte seinen besten Freund nur verwirrt anstarren; wovon redete der überhaupt? Zu wem sollte er gerannt sein, wenn er sich doch seit Tagen in seinem Zimmer einschloss, nicht mal mehr mit seiner Familie redete? Abermals wich er zurück, als Shisui sich ihm beharrlich näherte und plötzlich schien die Luft ganz dünn zu sein. "Warum sonst wäre dein Freund bei mir aufgetaucht?! Was sollte das werden? Wolltest du mich einschüchtern?!" Noch näher...allmählich setzte Itachis Verstand aus und Panik war alles, was er noch fühlte. Und Verzweiflung, weil er absolut keine Antworten für Shisui hatte. Dabei hatte er doch vorher genau darüber nachgedacht, was er ihm sagen wollte. Was war damit? Er zuckte zusammen, als er an den Türrahmen zur Küche stieß, eine Hand in selbigen krallte. Warum war Kisame hier gewesen? Warum hatte er sich einmischen müssen? "Sieh mir wenigstens in die Augen und lauf nicht weg!", durchbrach Shisuis Stimme, die mit einem Mal viel lauter geworden war, die Stille und er machte automatisch noch einen Schritt zurück. "Ich liebe dich! Du weißt, dass ich dich liebe! Warum verletzt du mich schon wieder?! Warum, Itachi?!" Schon wieder dieselben Worte, allmählich konnte er sie nicht mehr hören, wollte sie nicht mehr hören. "Sag das nicht immer..." Sofort wünschte er sich, er hätte es nicht gesagt, konnte er seinem besten Freund ansehen, dass er diesen damit verletzt hatte - und es tat ihm leid. Dennoch, er war hierhergekommen, um etwas zu klären. Er konnte nun keinen Rückzieher mehr machen, dazu war es bereits zu spät. "Shisui, du bist mein bester Freund...aber mehr...als das wird niemals zwischen uns sein." Es war so schwierig und als er in das Gesicht des Älteren sah, wusste er, dass er nun endgültig alles zerstört hatte. Zuerst wurde Shisui sehr blass, die dunklen Iriden fixierten ihn unablässig, während sich stumme Worte auf den Lippen formten. "Es tut mir leid." "...tut es nicht...aber ich werde dafür sorgen, dass es dir leid tut", wie Gift ätzte sich die Drohung in sein Bewusstsein, trieb ihn dazu, zurückzuweichen. Gleich darauf zuckte er zusammen, war er doch gegen einen der Küchenschränke gestoßen, bemerkte, dass er nun keine Möglichkeit zur Flucht haben würde. Shisui kam näher, immer näher und Itachi wusste, dass es gleich genauso ablaufen würde, wie in den Tagen zuvor. Panik stieg in ihm auf, nahm jeden freien Gedanken ein und dann spürte er Shisuis Hände auf seinem Körper, wie sie grob an seinem Shirt zerrten, die fordernden Lippen an seinem Hals, wie die Finger, nachdem sie das Oberteil entfernt hatten, in seine Hose wanderten...und sein Verstand setzte aus. Nach Luft schnappend langte er hinter sich, griff den nächst besten Gegenstand und...rutschte ab. Reflexartig versuchte er, sich mit den Händen abzufangen, konnte sich nicht halten, da seine Beine ihm einfach wegknickten und er schloss die Augen, als er den Schmerz in seinem Rücken wahrnahm. Er hörte Shisuis Keuchen, als er selbigen mit auf den Boden riss, unternahm eine letzte Abwehrhaltung, indem er die Hände gegen den Körper auf ihm stemmte...und dabei vergaß, dass er den Gegenstand noch immer in der Hand hielt. Das Geräusch, welches daraufhin folgte, war schwer zu beschreiben, darauf folgte eine Art Gurgeln...eine warme Flüssigkeit rann seine Hand hinab. Itachi wurde übel und er wagte nicht, die Augen zu öffnen. Ein ersticktes Röcheln trieb ihn dann aber doch dazu...und im gleichen Moment wünschte er, er hätte nicht aufgesehen, als ihm Shisuis weit aufgerissene, starre Iriden entgegenblickten. Zitternd hatte der Ältere seine Finger in Itachis Arme gegraben, seine Nägel zerkratzten ihm die Haut, immer wieder drangen unartikulierte Laute aus seinem Mund…bis er einfach zur Seite kippte, halb auf ihm liegen blieb. Itachi unterdrückte ein Würgen, als er den Griff des Küchenmessers, welches in der Brust seines besten Freundes steckte, sah. Dann schaute er auf seine Hände, die ebenso blutbefleckt waren, wie es inzwischen der Boden war. Am ganzen Körper zitternd rutschte er von dem leblos da liegenden Körper weg, starrte auf die Blutlache, die sich auf den Fliesen ausbreitete. Shisui...er hatte Shisui getötet...abgestochen...einfach so...binnen von Sekunden hatte er seinen besten Freund ermordet. Die Gedanken strömten so schnell auf ihn ein, dass er sie kaum richtig realisieren konnte. Vielleicht war es noch nicht zu spät. Er musste hingehen, seinen Puls fühlen...aber er konnte sich nicht überwinden, fühlte sich vor Angst wie gelähmt. Hilfe, er brauchte Hilfe. Aber wer würde ihm helfen? Einem Mörder. Man würde ihn dafür einsperren. Der Name seiner Familie würde in den Dreck gezogen werden, bereits jetzt sah er die bestürzten Blicke seiner Eltern und Sasuke würde ihn verabscheuen. Itachi wischte sich verzweifelt mit den Händen übers Gesicht, doch diese unüberlegte Handlung führte nur dazu, dass der Blutgeruch noch schlimmer wurde. Es gab keinen Ausweg, er hatte soeben Shisuis und gleichzeitig sein eigenes Leben ausgelöscht. Es dauerte eine Stunde, bis Itachi sich so weit gefasst hatte, dass er wieder zu Handlungen fähig war. Das Blut an seinem Körper war bereits getrocknet, der Gestank nach und nach schlimmer geworden - nicht zuletzt, weil er sich zwischendurch auf dem Küchenboden erbrochen hatte. Der Albtraum schien kein Ende zu nehmen...vielleicht sollte er Shisui folgen? Zerstört hatte er ja bereits alles. Itachi schloss die Augen, versuchte, sich zu beherrschen, aber die Tränen liefen, ohne dass er sie daran hindern konnte. Es war ein Unfall gewesen, er hatte das nicht gewollt. Niemand würde ihm glauben, niemand ihm helfen, alle würden nur - er hielt inne. Es gab jemanden, der ihm helfen konnte, jemand, der in seiner Familie keinen guten Ruf hatte. Jemand, der sich mit zwielichten Typen rum trieb und scheinbar keinerlei Moral besaß. Itachi schluckte; sie hatten keinen guten Kontakt zueinander, aber auch nie gestritten und er hatte seine Nummer. Mit zittrigen Fingern wühlte er sein Handy aus seiner Hosentasche, fuhr mit den dreckigen Fingern über das saubere Display und hinterließ darauf Spuren, wie auch auf den Tasten, als er wählte. Und nie war er erleichterter gewesen, als sein Cousin, Uchiha Madara, versprach, dass er diese Sache bereinigen, ihm helfen würde...zu welchem Preis, das sollte er erst viel später erfahren. ~+~ Schweigend saß Kisame in dem Raum mit den weißen Wänden, ließ sich die Dinge, die Madara ihm vor zwei Tagen erzählt hatte, noch einmal durch den Kopf gehen. Er hatte vieles erwartet. Dass er Itachi mit dem unüberlegten Kuss möglicherweise verschreckt hatte, dass selbiger eher auf Mädchen stand...dass er Probleme mit Madara hatte - aber nicht das! Und vor allem nicht, dass Itachi anscheinend wirklich etwas für ihn empfand. Die ganze Geschichte überforderte ihn zugegebenermaßen. Abermals richtete sich sein Blick auf den Uchiha, der mit geschlossenen Augen in dem weiß bezogenen Bett lag. Die schwarzen, leicht zerzausten Haare bildeten einen ziemlich extremen Kontrast zu Itachis bleicher Haut, ebenso wie die Verbände um seine Unterarme. Kisame konnte immer noch nicht begreifen, dass der andere anstatt mit ihm zu reden, lieber den Tod gewählt hatte. Mit Madara hätte er an des anderen Stelle auch nicht geredet, nicht nachdem, was der sich geleistet hatte. Der ältere Uchiha hatte ihn genauso missbraucht wie Shisui. Shisui...hätte Itachi diesen Drecksack nicht umgebracht, hätte er selbst es spätestens jetzt getan und wegen dem hatte er auch noch Schuldgefühle. Kisame schnaubte verächtlich, ließ den Jüngeren nicht aus den Augen; wenn der wach werden würde, konnte er was erleben. Immerhin hatte er sich verdammte Sorgen um ihn gemacht und seit drei Jahren schon rannte er ihm hinterher, ohne dass er etwas erfahren hatte. Auch wenn Itachi es sicher nicht im Sinn gehabt hatte, ihn zu verletzen...er hatte es verdammt noch mal getan. Hätte Madara ihm nichts erzählt…Kisame fragte sich, ob Itachi es jemals über sich gebracht hätte, mit ihm zu reden. Aber noch größere Wut verspürte er gegenüber Shisui, ob der nun tot war oder nicht, denn wenn der damals nicht durchgedreht wäre, hätte alles anders laufen können. Besser...er hatte verdammt noch mal eine Chance bei Itachi gehabt. Es war niemals der Kuss gewesen, wegen dem der Jüngere ihn abgewiesen hatte, sondern das schlechte Gewissen und wahrscheinlich die Angst, erneut verletzt zu werden. Kaum dass ihm dies durch den Kopf gegangen war, bewegte sich der Uchiha leicht, schien gerade wach zu werden - na endlich. Eine gewisse Erleichterung konnte Kisame nun doch nicht verhindern und diese dämmte die vorige Wut ein wenig. Ungewohnt ruhig blieb er neben dem Bett sitzen, beobachtete, wie Itachis Lider zuckten, er langsam die Augen öffnete, diese orientierungslos durch den Raum wandern ließ. Allerdings sickerte wohl langsam die Erkenntnis durch, denn der verwirrte Blick aus schwarzen Iriden klärte sich und als er den haiähnlichen Mann fixierte, flackerte kurz so etwas wie Überraschung auf. Sicher, ihn hatte er bestimmt nicht hier erwartet. Itachi fragte nicht danach, was passiert war, stattdessen setzte er sich stillschweigend auf. Dann verfinsterte sich sein Ausdruck, anscheinend war er nicht besonders froh darüber, noch am Leben zu sein. "Hey!" Kisame war nie ein Mensch gewesen, der die Stille mochte oder lange den Mund halten konnte und er sah es auch nicht ein, es jetzt zu tun - egal, wie angebracht es schien. Es war lange genug geschwiegen worden. "Was tust du hier?", murmelte Itachi heiser. "Warten, bis du wach wirst", entgegnete Kisame ohne drum herum zu reden. "Bin ich ja nun. Also kannst du gehen." Es war abzusehen gewesen, dass der Uchiha so reagieren würde, doch davon ließ sich Kisame nicht abschrecken. Trotzdem regte es ihn auf, dass Itachi selbst jetzt noch so tat, als bräuchte er ihn nicht, als wollte er wirklich, dass er endlich ging. Und ebenso dass er so tat, als hätte er nicht versucht, sich umzubringen. Am liebsten hätte er ihn an den Schultern gepackt und ihm die Wahrheit ins Gesicht gebrüllt, aber das würde sich dann wahrscheinlich eher negativ auf ihre sowieso schon schlechte Beziehung auswirken. "Madara hat mir erzählt, was damals passiert ist." Das war auch nicht viel taktvoller gewesen, wie er nun feststellen musste, denn kaum waren die Worte aus seinem Mund gelangt, ruckte Itachis Kopf hoch und der Ausdruck in den sonst so emotionslosen Iriden spiegelte sowohl Fassungslosigkeit, als auch Angst und Verzweiflung wieder...so viele Gefühle, die er zuvor niemals bei dem Uchiha gesehen hatte. "Was...hat er dir erzählt...?", Itachis Stimme glich nun mehr einem Würgen und er schien alle Mühe zu haben, sich zu beherrschen. Fast schon tat es dem haiähnlichen Mann leid, dass er gleich mit der Tür ins Haus gefallen war, keine Rücksicht auf den ohnehin schon geschwächten Zustand des anderen genommen hatte, aber ändern konnte er es auch nicht mehr. "Alles. Was Shisui dir-" "Es war meine Schuld!", fiel ihm Itachi unerwartet heftig ins Wort und seine Hände zitterten. Kisame schnaubte verächtlich, konnte nicht wirklich begreifen, wie der Uchiha sich dafür die Schuld geben konnte. Sie lag definitiv nicht bei ihm. "Hör auf, dir so einen Scheiß einzureden. Es war nicht deine Schuld." Itachi schüttelte nur den Kopf, reagierte nicht wirklich auf seine Worte, murmelte nur teils verständliche Sätze, da er sie mittendrin immer abbrach. "...ich...Madara hat...keine Ahnung...Shisui-" "Verdammt, Itachi! Er hat dich vergewaltigt!", knurrte Kisame und funkelte sein Gegenüber wütend an - zu seiner Überraschung reagierte dieser nicht minder zornig. "Halt den Mund!!" Scheinbar hatte er damit eine Grenze überschritten. In der nächsten Sekunde schien Itachi selbst über seinen Ausbruch erschrocken, das konnte er in seinen Augen sehen. Das und die bloße Verzweiflung, die ihn innerlich zerreißen musste. "Sei...einfach still...", vernahm er das Wispern und Itachi vergrub das Gesicht in den Händen, atmete geräuschvoll durch. Er bot ein jämmerliches Bild. Entgegen der Erwartungen schwieg Kisame tatsächlich, jedenfalls fürs Erste und das gab Itachi Zeit, sich ein wenig zu beruhigen. Er durfte jetzt nicht schwächlich erscheinen, immerhin hatte er das schon durch den Selbstmordversuch getan. Hätte Kisame sich nicht eingemischt; er war überzeugt davon, dass der Ältere die Schuld trug. Es hätte vorbei sein können. Stattdessen würde es jetzt weitergehen wie bisher, nur mit dem Unterschied, dass er nicht länger in der Wohngemeinschaft Madaras wohnen bleiben würde können und wollen. Nie würde er seinem Cousin verzeihen, dass dieser Kisame solche Dinge erzählt hatte. Er war die letzte Person, die seine Geschichte hatte erfahren sollen und was tat Madara? Kisame würde sicher nicht zur Polizei gehen, aber er würde ihn damit erpressen können. Würde er so etwas tun? Itachi wusste es nicht, überhaupt wusste er nicht mehr, was er glauben sollte. "Ist es wahr?" Irritiert schaute er auf, begegnete Kisames ernstem Blick…kein Spott, keine Wut, viel mehr Anspannung, soweit er das beurteilen konnte. "Was meinst du?" "Damals, als du abgehauen bist, wegen dem Kuss...es war dir nicht unangenehm?" Einen Augenblick lang war Itachi sprachlos und er senkte den Blick. "...nein. Nein, war es nicht." "Und du bist fast drei Jahre vor mir weggerannt, weil - Scheiße, das ist mir zu hoch! Dachtest du, ich würde dich verpfeifen? Oder dir Vorwürfe machen? Ich versteh das nicht!" "Musst du auch nicht", murmelte Itachi resigniert und fixierte die Bettdecke. Allerdings nicht lange, denn Kisame packte ihn nicht sonderlich sanft an den Schultern, zwang ihn, zu ihm aufzusehen. "Ich will es aber! Dieser Mist muss endlich mal aufhören! Du musst damit aufhören! Du hast keine Schuld, du wolltest es nicht! Es war ein Unfall! Unfälle passieren halt und um ihn war es nicht schade!" "Rede nicht so über ihn!! Du hast keine Ahnung! Du weißt nichts - und fass mich nicht an!" Nie hatte Kisame den Uchiha so außer sich erlebt. Damals war er stets kühl und beherrscht, ab und zu ein wenig sarkastisch gewesen. Auch wenn er sich immer gewünscht hatte, Itachi würde mehr Emotionen zeigen, jetzt hoffte er, dass das kein Dauerzustand werden würde. Kisame konnte sein Gegenüber ja nicht mal anschreien, wenn dieser so völlig mit den Nerven am Ende da saß und sich allem Anschein nach zusammenreißen musste, um nicht zu heulen. Verdammt, er war nicht der Typ, der mit so was gut umgehen konnte. Viel lieber hatte er den kühlen, unnahbaren Jungen gereizt, ihn zur Weißglut getrieben, bis dieser etwas aus sich raus kam. Und nun? Die Gestalt, die da in sich zusammengesunken im Bett saß, hatte nichts mit der Person gemeinsam, die er vor drei Jahren auf dieser Party kennen gelernt hatte...die er geküsst hatte und der er bis heute nachgelaufen war. Kisame ließ ihn los. "Ich komme morgen wieder." Itachi schwieg, rieb sich ohne es zu merken den linken Unterarm, fuhr über die festgezogenen Verbände und spürte den pochenden Schmerz. Dann nickte er wie mechanisch, dennoch hatte er verstanden. "Vielleicht bist du dann in der Lage mit mir zu reden. So hat das keinen Sinn." Er hörte, wie Kisames Stuhl auf dem Boden scharrte, die Schritte, die sich immer mehr entfernten und erst als die Tür zuschlug, ließ der Uchiha jede noch vorhandene Beherrschung fallen. Es war nicht vorbei. Der Albtraum ging weiter. ________________________________________________ Eigentlich wollte ich das Kapitel ja erst am Sonntag hochladen...aber irgendwie konnte ich es dann doch nicht mehr zurückhalten. Daran seid ihr Schuld, ihr alle mit euren tollen Kommentaren...die machen mich süchtig. ~__~ Nein, im Ernst, danke! Ich freue mich jedes Mal wie ein Schnitzel! *_* Zum Kapitel...ja, es ist sehr düster und ich kann euch nicht versprechen, dass es in nächster Zeit wieder fröhlicher zugehen wird - in jeglicher Hinsicht. Aber deshalb ist das Genre ja auch unter anderem Drama. Im nächsten Kapitel wieder etwas zu Hidan...freut euch drauf! ;) lg Pia Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)