Out of life von Reid ================================================================================ Kapitel 3: three ---------------- Vorsichtig und mit schlimmsten Befürchtungen pirschte David sich an den Spiegel des Toilettenraums, und betrachtete abschätzend sein Gesicht. Dafür, dass er letzte Nacht gesumpft hatte, und der Tag in seiner eigenen Ausdrucksweise ziemlich beschissen angefangen hatte, war der junge Agent eigentlich ganz zufrieden mit dem Kerl, der ihm aus dem Glas entgegen blickte. David Gates hatte dunkles, relativ kurzes Haar, blaue Augen, männliche aber feine Gesichtszüge, einen leicht dunklen Teint, der von dem Latinoanteil in seiner Familie nicht unwesentlich beeinflusst worden war, und einen Körper der sich durchaus sehen lassen konnte. Es kam nicht selten vor, dass sein Äusseres in Verbindung mit Dienstwaffe- und Ausweis, eine schier magnetische Auswirkung auf das andere Geschlecht zu haben schien. Natürlich brachte dies auch viele Neider auf den Plan, und David galt ungerechterweise unter seinen Kollegen als Frauenverschlinger. Entgegen aller Gerüchte jedoch hatte er niemals auch nur eine einzige Frau, die im entferntesten etwas mit einem Fall zu tun hatte, abgeschleppt. Tatsächlich lag das aber nicht an seinem Ehrgefühl, oder daran, dass er keine Lust auf sinnliche Nähe hatte, sondern daran, dass David Gates sich ausschließlich für Männer interessierte. Eine Tatsache, die nur Sophia dank einer gemeinsam durchzechten Nacht wusste, und die sein direkter Vorgesetzter Greg zu ahnen schien, auch wenn er niemals ein Wort darüber verlieren würde. David schätzte ihn sehr dafür, dass er keine Fragen stellte und sich stets freundlich und diskret gab. Attribute, die er selbst nur ganz selten verdiente. So hatte er während seiner gesamten Laufbahn immer wieder Ärger mit Vorgesetzten und Autoritätspersonen gehabt. Dennoch kratzte das ständige Ermahnen um Vorsicht in ihrem neuesten Fall kräftig an seinem Ego. Sie alle hatten leicht Reden, immerhin waren nicht sie es gewesen, die sich jetzt mit dem Gewissen herumplagen mussten, dass der Junge eventuell noch leben würde, wenn sie am Telefon sensibler reagiert hätten. Mit einem resignierten Seufzen spritzte David sich ein wenig Wasser ins Gesicht und verließ den Waschraum ihrer Etage. Die sonst so regsame Betriebsamkeit war anlässlich des viel zu heissen Sonntages einer demotivierten Ödnis gewichen. Die Anzahl der armen Schweine, die nicht das Glück hatten einen freien Nachmittag mit der Familie am Pool verbringen zu dürfen, war ungerecht niedrig, doch immerhin hielt das den sonst üblichen Lärmpegel auf einem Minimum. Kaum dass David die Tür des Büros geöffnet hatte, stieg ihm auch schon der dezente Duft eines offenbar sehr teuren Rasierwassers in die Nase, und auch der fremde junge Mann, der da so dreist seinen halben Hintern auf Davids Schreibtisch platziert hatte, war nicht Teil der üblichen Büroausstattung. Skeptischen Blickes ließ David ein leichtes Räuspern vernehmen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn du irgendwelche Schweißflecken dort hinterlässt, wo ich eventuell mein Frühstück abstellen könnte, bring ich dich um, Freundchen. Verstanden?“ Wenn der unbekannte Blondschopf schon die Frechheit besaß, sich einfach auf seinem Platz niederzulassen, dann würde er spätestens jetzt wissen, dass er es mit jemandem zu tun hatte, der sich nicht alles gefallen ließ. Wenn jemand ein solch respektloses Verhalten ungestraft an den Tag legen durfte, dann war es immerhin nur er selbst. Doch scheinbar verfehlte die kühle, flosskelnlose Begrüßung ihr Ziel um Meilen, denn es war weder Beeindruckung noch Nervosität auf dem Gesicht des Jüngeren zu erkennen, der lediglich ein spöttisches Grinsen zur Schau stellte und die Hand ausstreckte. „Ihrer Fahne nach zu urteilen bevorzugen sie ohnehin flüssige Stoffe, denen eine desinfizierende Wirkung zugesprochen wird als Nahrung, Agent Gates.“ Als der Jüngere feststellte, dass die dagebotene Hand nicht zu einem Begrüßungsritual genutzt wurde, setzte er ein süffisantes Lächeln auf und schlug die Beine übereinander. Scheinbar stand ihm ganz und gar nicht der Sinn danach, diesen Platz, der nun um einiges an Interessantheit zugelegt hatte aufzugeben. David legte die Stirn in Falten und liess sich auf seinem Schreibtischstuhl nieder, sodass der Fremde sich zumindest umdrehen musste, um wieder Blickkontakt aufzunehmen. „Nanu? Sie streiten es nicht einmal ab, Agent Gates? Nehmen sie es mir nicht zu übel, ich wollte sie nur ein wenig foppen.“ Mit hochgezogener Augenbraue lehnte sich David nun in seinem Stuhl zurück und schlug ebenfalls die Beine übereinander. „So? Ich wette das war Agent Bennets Idee, nicht wahr?“ Nun war doch ein winziger Anflug von Verlegenheit auf dem zugegebenermaßen hübschen Gesicht des Jüngeren zu erkennen, und er strich sich mit einem leichtes Räuspern, das offenbar dazu diente, die peinliche Stille zu überbrücken, das blonde Haar aus der Stirn. „Ich bin übrigens Dean James, der Agent, der in der Phillips-Sache undercover ermittelt.“ David brach in schallendes Gelächter aus und hatte Mühe bei einem seiner typischen Kippelstunts nicht vom Stuhl zu fallen. „Deine Eltern haben dich Dean James genannt? Nicht im Ernst, oder?“ Noch ehe der Andere eine Chance hatte, auf diesen Vorstoß zu reagieren, beugte sich David nach vorne und blickte ernst in die tiefgrünen Augen des jüngeren Agents. „Also. Lassen wir die Höflichkeiten und unterhalten wir uns über wichtigere Dinge. Was kannst du mir über diesen Morten Phillips erzählen?“ Der schlanke junge Mann, der kaum älter als anfang Zwanzig sein konnte seuftze leicht, machte nun doch den Schreibtisch frei und trat ans Fenster. „Wo soll ich da anfangen? Morten ist eines der größten Tiere im Dschungel, klar dass sich seit Jahren hartnäckig Gerüchte darüber halten, wie er zu so viel Einfluss gekommen ist. Es gibt eine Menge ziemlich wichtige Leute, die ihm immer wieder den Rücken stärken, und wir wissen Beide, dass in diesen Kreisen nicht aus reiner Nächstenliebe Finanzspritzen verteilt werden.“ David nickte nachdenklich und musterte Dean nun mit unverhohlener Neugier. Der Anzug den er selbst trug war zwar auch nicht von der Stange, aber Deans Outfit war mit Sicherheit doppelt so teuer gewesen, wenn man bedachte wie perfekt der feine Zwirn sich an dessen Körper zu schmiegen schien. Agent James spürte den neugierigen Blick auf sich und setzte ein spitzbübisches Grinsen auf. „Über das Gehalt bei Phillips-Immobilien lässt sich wirklich nicht meckern, und Morten legt großen Wert darauf, dass seine Mitarbeiter stets Tadellos gekleidet sind.“ David erhob sich nun ebenfalls und trat neben Dean an das Fenster, um hinaus in den strahlend blauen Himmel zu sehen. „Ahja. Und wieso schicken sie einen Frischling wie dich direkt in die Höhle des Löwen? Bist du nicht noch ein wenig zu klein um bei den Großen mitmischen zu können, ohne unter die Räder zu kommen? Und komm mir bloß nicht mit deinen hervorragenden Leistungen im Ausbildungscamp. Wie alt bist du? 20?“ Er stand nun so dicht neben Dean, dass sie sich an der Schulter berührten und musterte den ein wenig kleineren und zierlicheren Agenten mit unverholenem Interesse. Selbst wenn dieser die plötzliche Nähe als unangenehm empfand, so ließ er sich keinesfalls etwas anmerken, und erwiderte den forschenden Blick ebenso ohne auch nur im Ansatz mit der Wimper zu zucken. „Ich bin 24. Und der Grund warum man mich ausgewählt hat ist relativ banal und hat nur wenig mit meinen tatsächlich ausgezeichneten Leistungen in Quantico zu tun. Wir haben aus verlässlichen Quellen erfahren, dass Phillips sich gerne mit attraktiven jungen Männern umgibt, falls sie verstehen, was ich meine. Nunja und offenbar erfülle ich genau diese Anforderungen. Die freie Stelle als Assistent zu besetzen war eine große Chance für das Bureau, und offensichtlich ist der gute Mr. Phillips bereitwillig in genau diese Falle getappt.“ Dean, der nun wieder ein wenig Selbstbewusster wirkte, setzte ein schiefes Grinsen auf. „Zum Glück bin ich ihm zwar Symphatisch, aber wenn man so hört was für Publikum sich auf seinen Privatpartys herum treiben soll, doch tatsächlich ein wenig zu alt.“ David horchte auf und runzelte die Stirn. „Privatpartys?“ „Ja. Angeblich gibt es für erlesene Gäste immer wieder kleine Feiern mit hübschen Jungs und Drinks and Drugs for free. Leider habe ich es trotz meiner charmanten Art nicht weiter gebracht, als hin und wieder ein Klaps auf den Hintern, oder eindeutige Blickkontakte im Meeting. Eine Einladung zu so einer Party wäre die Krönung meines Auftrags, und ich bin sicher dass wir ihn dann auf jeden Fall hoch nehmen können.“ Wenn das ganze so stimmte, wie Dean es gerade geschildert hatte, dann wäre das durchaus eine mögliche Verbindung zu Steven Atkins. „Es wäre dir also lieber, wenn er dich vögeln wollen würde? Wir haben es hier auf den ersten Blick mit einem gefährlichen, einflussreichen Mann zu tun, der, falls unser Verdacht sich bestätigt, nicht einmal vor Mord zurückschreckt, und du wünschst dir mit deinen süßen 24 nichts sehnlicher, als dich so schnell wie möglich dem Löwen persönlich zu stellen?“ „Das ist der Job, oder?“ Dean grinste und warf einen Blick auf die nicht minder teure Uhr an seinem Handgelenk. „Apropos. Ich muss jetzt gehen, Agent Gates. Morten Phillips ist kein Chef, den man warten lässt. Und entgegen ihrer Vorstellung wackel ich nicht nur den ganzen Tag mit meinem Hintern.“ Der blonde zwinkerte seinem Kollegen verschwörerisch zu und wand sich zum gehen. „Schade, du hast nämlich einen ziemlich ansehnlichen Hintern, Dean James.“ David blickte dem jungen Agent hinterher und ließ sich wieder auf seinen Schreibtischstuhl sinken. „Ich weiß.“ Der Angesprochene lachte und blickte noch einmal über die Schulter. „Wenn sie noch mehr erfahren wollen, treffen wir uns heute Abend um 20 Uhr im 'Clover'“ Die Tür fiel hinter Agent James ins Schloß und David blieb nachdenklich zurück. Zwar hatte sich das Blatt gewendet, und einen möglicher Zusammenhang zu dem Mordopfer aufgetan, doch im Grunde gab es noch immer nichts weiter, als spekulationen und ein merkwürdiges, flaues Gefühl um Davids Magengegend, so als ob etwas katastrophales sich anbahnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)