Szenen einer Freundschaft von Caeldryn (X-Men First Class) ================================================================================ Kapitel 7: Friede war nie eine Option ------------------------------------- Die Rede von Präsident Kennedy war ernst gewesen. Der dritte Weltkrieg stand bevor und sie waren die einzigen, die Shaw aufhalten und die Katastrophe abwenden konnten. Es war spät am Abend, fast schon Nacht. Die Jungmutanten hatten sich alle zurückgezogen und auch Moira war in ihrem Zimmer. Ruhe war ins Haus eingekehrt, doch nicht in ihren Köpfen. In den vergangenen Wochen hatte es sich zu einem Ritual entwickelt, dass Charles und Erik Abend für Abend im Arbeitszimmer des Telepathen saßen und Schach spielten. Begonnen hatten sie während ihrer Suche nach anderen Mutanten für ihn Team, erst aus Langeweile, doch hatten die Partien, bei denen sie über alles miteinander reden konnten, schnell einen besonderen Reiz für sie beide Entwickelt. Und so saßen sie einander seit geraumer Zeit gegenüber und bewegten abwechselnd ihre Figuren. Wie immer führte Erik die schwarzen Armeen in die Schlacht, während die Krone des weißes Königs auf Charles Haupt ruhte. „Kuba, Russland, Amerika... Das macht keinen Unterschied“, begann Charles. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie auf das Thema zu sprechen kamen und Erik hatte sich gewundert, dass es so lange gedauert hatte. „Shaw hat der gesamten Menschheit den Krieg erklärt, uns allen. Wir müssen ihn aufhalten.“ Wie so oft klang die Wortwahl des Telepathen seltsam in Eriks Ohren. Einerseits bezog er sie alle, die Mutanten, in den Begriff ‚Menschheit‘ mit ein, dann wieder schnitt er sie heraus, indem er deutlich machte, dass nur sie als Mutanten eine Chance hatten, dass nur sie als Mutanten sich der Gefahr eines Kampfes gegen Shaw stellen mussten. Der Ältere sah ruhig in die blauen Augen seines Freundes. Er musste etwas aussprechen, das für ihn von Anfang an klar gewesen war, nur ob Charles es bewusst war, wusste er nicht: „Ich werde Shaw nicht aufhalten, ich werde ihn töten.“ Und noch ehe der Telepath etwas darauf erwidern konnte, fügte Erik hinzu: „Hast du den Mut mir das zu gestattet?“ Charles Blick wurde ernst, noch ernster als er vorher bereits gewesen war. Erik kannte die Antwort und das tiefe Seufzen seines Freundes und das Schweigen, das dem folgte, war Antwort genug. Natürlich ging es nicht um mangelnden Mut, aber Charles verabscheute Gewalt und Shaw zu töten fiel ebenso unter Handlungen, die für ihn nicht tolerierbar waren, wie den Präsidenten der Vereinigen Staaten zu töten. In diesem Punkt – fand Erik – war der Jüngere einfach furchtbar naiv. Die Welt war schlecht, ein guter Mensch wie Charles musste lernen, dass manche Gegner den Tod verdient hatten. Nur so konnte die Illusion des Friedens gewahrt bleiben. „Du hast von Anfang an gewusst wieso ich hier war, Charles“, versuchte Erik ihm klarzumachen. So vieles war in den letzten Wochen passiert. „Die Lage hat sich verändert. Anfangs sollte es eine verdeckte Mission sein, aber schon morgen wird die ganze Menschheit erfahren, dass Mutanten existieren. Shawn… wir… Sie werden keinen Unterschied machen. Sie werden uns fürchten. Und diese Furcht wird in Hass umschlagen. „ Erik kannte sich aus mit der Furcht der Menschen vor denen, die anders waren. Er hatte selber erlebt wie der Hass Familien das Leben gekostet hatte, wie viel Leid er über Menschen gebracht hatte, die nur in Frieden leben wollten, so wie auch Charles sich nur wünschte in Frieden zu leben. Erik hatte gelernt zu kämpfen, hatte gelernt, dass es Friede nicht gab, nicht wenn man anders war als das, was die Gesellschaft als normal ansah. „Nicht, wenn wir einen Krieg verhindern“, versuchte Charles sich vor Erik zu rechtfertigen, die Menschen zu rechtfertigen. Er sah stets das Gute in ihnen, aber mit diesem Glauben stand er alleine. Erik hatte zu bitter lernen müssen wozu die menschliche Rasse fähig war. „Nicht wenn wir Shaw aufhalten“, führte der Telepath an. „Nicht wenn wir unser Leben aufs Spiel setzen.“ Doch überzeugen konnte er den Älteren damit nicht. „Würden sie das auch für uns tun?“ wandte er sich an den Jüngeren. Natürlich würden sie nicht und das wusste Charles auch. Daher versuchte er wieder seinen Gegenüber bei seinem Stolz zu packen: „Es liegt an uns die besseren Menschen zu sein.“ Aber es ging hier nicht darum eine Satellitenanlage zu ihnen zu drehen. Erik schüttelte leicht den Kopf. Es ging um ihr Leben, ihre Freiheit. „Das sind wir doch jetzt schon.“ Sie waren anders. Sie würden jeden akzeptieren, der anders war. Hatte Charles nicht selber darüber gesprochen, dass Mutationen notwendig waren, um sich weiterzuentwickeln? „Wir sind die nächste Stufe der Evolution, du hast es selber gesagt...“, erinnerte Erik ihn also, doch Charles schüttelte den Kopf. „Nein...“ Natürlich hatte er das gesagt, doch nicht so gemeint wie der metallmanipulierende Mutant es nun auslegte. So wie Erik es ausdrückte, klang es so, als würden die Menschen von ihnen verdrängt werden. Aber das würde nicht, durfte nicht passieren. Wären sie wirklich die nächste Stufe, würden sie sich von alleine durchsetzen durch Fortpflanzung, nicht durch Krieg. „Bist du wirklich so naiv zu glauben, dass sie uns nicht mit allen Mitteln bekämpfen werden.“ Selbst wenn sie den Kampf nicht beginnen würden, Erik war sich sicher, dass dann die Menschen es tun würden. Ihr Schachspiel war für den Moment vergessen. Der Telepath war nicht länger in der Lage Erik ins Gesicht zu sehen, also senkte er den Blick. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Hatte Erik recht? Er durfte nicht recht haben. Es musste doch einen Weg geben einen Krieg zu verhindern. „Oder ist es Arroganz?“ Eriks Worte holten ihn zurück aus seiner Gedankenwelt. Er hob den Blick wieder, sah seinen gegenüber verwirrt an. „Was sagst du?“ Was meinte Erik? Wieso sagte er sowas? Die blauen Augen sahen ihn verständnislos an. „Ab morgen werden sie sich gegen uns wenden“, prophezeite der Ältere ihm. Aber du willst es nicht sehen, weil du glaubst sie wären alle wie Moira.“ Moira… Sie war eine Variable in ihrer Gleichung, dessen Wert sich jedoch ständig änderte. Als Bindeglied zur CIA war sie nützlich, denn sie besorgte ihnen Informationen, die sie brauchten, wie auch andere Dinge, an die sie andernfalls nicht herankommen würden, die ihr Training oder Hanks Forschung unterstützten. Doch war sie auch ein Störfaktor, zumindest wenn es um Charles und Erik ging und das war ein Grund weswegen der Ältere sie nicht mochte. Zwar hasste er sie nicht so sehr wie viele andere Menschen, würde sie jedoch verschwinden, wäre er der letzte, der sich daran stören würde. Und Charles hielt für seinen Geschmack viel zu viel von ihr. „Und du glaubst, sie wären alle wie Shaw“, warf der Telepath dann wieder ein. Charles hatte sich Grenzen gesetzt und dazu gehörte, dass er keine Gedanken ohne Zustimmung der Person las oder wenn es nicht unbedingt notwendig war. Das sorgte allerdings dafür, dass er keine Ahnung davon hatte wie Erik von Moira dachte und es zeigte, dass seine Empathie auf Grund seiner Mutation wohl doch ziemlich gelitten hatte. „Erik, hör mir zu, hör mir bitte genau zu, mein Freund“, beschwor er seinen Gegenüber, beugte sich vor und blickte ihn intensiv aus seinen blauen Augen an. „Shaw zu töten wird dir keinen Frieden bringen.“ Fast hätte Erik aufgelacht. „Friede war nie eine Option.“ Was glaubte Charles denn? Für ihn würde es niemals Frieden geben. Wenn die Nazis vernichtet waren, würde ein neuer Feind an ihre Stelle treten und war dieser vernichtet, würde ein Anderer folgen. So viel Leid wie er in seinem Leben erfahren hatte, würde er sich niemals der Illusion des Friedens hingeben können. Eine Hand legte sich auf Eriks und erst jetzt fiel ihm auf, dass er sie zu Fäusten geballt hatte. Charles sah ihn an. Offenbar war er bereit das Thema für den Abend fallen zu lassen, denn der ernste Blick war verschwunden und hatte vollkommener Ruhe Platz gemacht. Behutsam strich der Telepath mit seinem Daumen über Eriks Handrücken und unter der sanften Berührung entspannte sich die verkrampfte Hand. Langsam drehte er seine Handfläche um, sodass er die die von Charles hielt. Dann verschränkte dieser ihre Finger miteinander. Als er kurz darauf aufstand und Erik sachte mit sich zog, wollte dieser protestieren. Schließlich war ihre Schachpartie noch nicht beendet, doch war dem Kleineren das mehr als bewusst. Es war aber nicht so, dass das Schachbrett weglaufen konnte. Er wollte Erik das Gefühl von Frieden, von Sicherheit vermitteln. Also zog er ihn mit sich zum Sofa, setzte sich dorthin und bedeutete seinem Freund sich zu ihm zu setzen. Verwirrt und ein wenig misstrauisch folgte Erik dieser Aufforderung, setzte sich und wartete ab was passieren würde. Charles entließ die Hand aus seiner, legte dafür beide an Eriks Schultern und führte ihn so, dass der Ältere sich hinlegte. Den Kopf seines Freundes bettete er auf seinem Schoß. „Was…?“, begann Erik, doch Charles schüttelte lächelnd den Kopf. „Vertrau mir“, bat er ihn, doch die Bitte war überflüssig. Erik hatte nie zuvor einem Menschen so sehr vertraut wie Charles. Der Telepath bedeutete ihm die Augen zu schließen, sich zu entspannen. Dann strich er ihm stumm durchs Haar, langsam und behutsam. Ein wenig dumm kam sich Erik dabei schon vor, war er doch ein erwachsener Mann und weder ein kleines Kind, noch eine Katze, doch musste er sich auch eingestehen, dass es ein angenehmes Gefühl war, weswegen er sich allmählich entspannte und in die sanften Berührungen fallen ließ. Alles um sie war still. Nur das Feuer im Kamin prasselte leise vor sich hin. Erik spürte wie seine Gedanken sich zu verflüchtigen schienen. Er wollte sie erst halten, doch hörte er leise Charles Stimme in seinem Kopf. Der Telepath sagte nichts, nicht wirklich zumindest. Er schien ihm einfach Ruhe zu vermitteln, Frieden, Geborgenheit und Wärme. Inzwischen strichen Charles Finger nicht mehr nur durch sein Haar. Eine Hand fuhr behutsam die Konturen seines Gesichts entlang. Es kitzelte leicht, aber nicht zu sehr. Der Daumen des Jüngeren strich über seine Lippen. Plötzlich war da die Erinnerung an den Nachmittag auf der Terrasse, doch Erik war sich ziemlich sicher, dass nicht er daran dachte, sondern Charles. Zuneigung durchflutete ihn oder sie beide und langsam öffnete er wieder die Augen und sie sahen einander an. Worte waren überflüssig in dem Moment. Sie verstanden sich wortlos, wie so oft. Erik lächelte leicht und Charles erwiderte es. Sie kamen einander näher… „Charles“, ertönte Moiras Stimme von außerhalb des Arbeitszimmers, gefolgt von lautem Klopfen gegen die massive Tür. Die beiden Männer zuckten zurück und Erik setzte sich auf. Verflogen war der Moment der Stille, des Friedens, der Zweisamkeit. Nein, für Erik würde es wohl niemals Frieden geben. Als Moira die Tür zum Arbeitszimmer öffnete und eintrat, war sie überrascht Erik zu sehen, der jedoch ohne ein Grußwort an ihr vorbei ging und den Raum verließ. Charles saß auf dem Sofa und sah sie an, der Blick aus den blauen Augen unergründlich. „Alles in Ordnung?“ erkundigte sie sich. „Ja…“, erwiderte er. „Was gibt es denn?“ „Agent Stryker hat mich kontaktiert. Es gibt neue Einzelheiten.“ Sie schloss die Tür hinter sich und zerstörte damit den letzten Abend in Frieden vor der Schlacht. Und die weiße und die schwarze Armee standen wie zum Zeichen mitten im Krieg dar und warteten auf ihre Befehle. Doch zwischen den weißen Figuren gab es eine Lücke. Erik stellte den weißen König auf den Nachtschrank neben sein Bett. Er wusste selber nicht genau wieso er die Figur eben an sich genommen hatte, ehe er aus dem Raum gegangen war. Vielleicht weil er einen Teil von Charles bei sich haben wollte, als leiser Hoffnungsschimmer, dass Friede vielleicht doch eine Option war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)