Parasomnia Kitten von kittyleinchen (Schlaf Schön Kleines Kätzchen) ================================================================================ Kapitel 1: Der Verlorene Sohn ----------------------------- 1. KAPITEL – Der Verlorene Sohn Alles begann damit, dass Kitty Pryde sich vorkam wie Harry Potter. Nicht dass sie plötzlich hätte zaubern können oder dass ihre Stirn von einer Narbe gezeichnet gewesen wäre. Nein, sie suchten grässliche Albträume heim, die nicht einmal Professor Xavier zu deuten wusste, aber zumindest konnte er ihren Geist dagegen abschirmen, sodass Kitty wieder zu ihrem wohlverdienten Schlaf kam. Wenn man über eine gewisse Zeit nicht fähig gewesen ist zu schlafen erscheint einem Schlaf an sich als ein Privileg. Dieses Privileg ist allen anderen ausser einem selbst eigen und wird doch von keinem geschätzt, der nicht erfahren hat, wie es ist, Nacht für Nacht schreiend aufzuwachen mit einem Puls weit über 180 und all diesen grässlichen Bildern vor den Augen. Das verrückte und geradezu unheimliche an Kittys Träumen war, dass Sie jeweils nach dem Aufwachen das Gefühl hatte, alles was sie geträumt hatte haargenau beschreiben zu können. Aber nur wenige Sekunden später war jeweils alles wieder entschwunden und nicht einmal der Professor fand es im Geist der jungen Mutantin wieder. -Wobei die Vermutung nahe lag, dass er sich ausserdem auch nicht in die Untiefen ihres Geistes wagte… Es blieb nur die Gewissheit, dass der Traum schrecklich gewesen war und dass er in der nächsten Nacht wiederkehren würde. Die Kräfte des Professors wirkten so mehr wie ein Schmerzmittel. Dank seinem Eingreifen konnte Kitty ruhig schlafen, aber auch er konnte nur die Symptome unterdrücken, weil er die Ursache selbst nicht kannte. -Im Klartext: Nicht einmal der einer der mächtigsten Mutanten der Welt wusste, was zu tun war… Die wöchentlichen Sitzungen, die Kitty damals gemeinsam mit dem Professor abhielt, brachten sie auch kein Stück weiter und bald waren sie eigentlich das einzige, was Kitty daran erinnerte, dass sie einmal Albträume gehabt hatte, denn das Schmerzmittel des Professors – also der Einsatz seiner Kräfte zum Schutz ihres Geistes - wirkte doch äusserst effektiv. Wie Morphium. Man schläft so ruhig wie ein Baby. Dass der Professor der kleinen Brünetten damit gleichzeitig auch alle anderen Träume nahm, das störte sie herzlich wenig. Schlaf war für sie nach dem langen Entzug fast schon zu einer Droge geworden. Umso schlimmer sollte der Cold Turkey werden… Kitty hatte die Augen geschlossen, aber einzuschlafen hätte sie sich niemals getraut. Es würde sowieso nur auf das Gleiche herauslaufen. Sie tat nur gerne so, als würde ich tief schlafen, weil sie das Gefühl vermisste. - Ihr war sehr wohl bewusst, wie lächerlich das war, denn diese Methode war im Vergleich zu der telepathischen Abschirmung durch den Professor gleichzusetzen mit der Wirkung von Aspirin, wenn man es anstelle von Morphium zur Schmerzlinderung eingesetzt hätte. Kitty stellte sich jedoch nicht nur ihretwegen schlafend, sondern weil die anderen Bewohner des Instituts sich ansonsten permanent Sorgen gemacht hätten. Das war eigentlich geradezu rührend, aber auf die unschmeichelhafte Aufmerksamkeit, die ihr dadurch zu Teil geworden wäre, verzichtete sie doch nur allzu gerne. Kitty stand auch so schon ungerne im Mittelpunkt und wenn es wegen etwas wie Albträumen war dann war ihr das Ganze noch unangenehmer. Deswegen hatte sie nicht einmal ihren engsten Vertrauten erzählt, dass die Albträume von früher wiedergekehrt waren... Der Professor war tot. Von scheinbar weit her hörte Kitty die Stimme eines jungen Mannes. Die Weite täuschte jedoch und das auch nur, weil sie sich schläfrig fühlte, denn er sass eigentlich direkt neben ihr und redete noch dazu in einer erhöhten Lautstärke. Er regte sich auf über etwas auf. Die Phaserin reagierte nicht sondern hielt die Augen weiterhin geschlossen. Ihr Kopf war schwer, weshalb sie ihn gegen die weiss gestrichene Holzbank lehnte. Sie sassen auf der Terrasse des Instituts und liessen die warmen Sonnenstrahlen dieses schönen Spätsommers auf ihre Haut scheinen. Kitty musste mich wirklich bemühen nicht einzunicken. - Wann fiel ihm wohl die Tatsache auf, dass ihr Augen geschlossen waren? Er war sauer. Seine sonst so viel Sicherheit ausstrahlende Stimme überschlug sich dann immer. Sie kannte ihn. Er war definitiv sauer. - Es war wohl besser, ihm wieder zuzuhören, bevor er sie nach ihrer Meinung fragte und sie keine Ahnung hatte wovon er eigentlich gesprochen hatte. Sein Studium an der ,New York University - School of Law'. Er hatte gerade sein erstes Semester begonnen. Der erste Schritt zum Anwalt für Mutanten. Vorbildlich. »Jeder geht mir aus dem Weg und das nur weil inzwischen allgemein bekannt ist, dass ich einer der ehemaligen X-Men bin und auf Alcatraz gekämpft habe. Das gibt so eine schlechte Atmosphäre, ich kann sie förmlich über mich reden hören, wenn ich durch den Gang laufe. Sogar die Dozenten gehen mir aus dem Weg!« Kitty musste schmunzeln. Er gehörte zu den Menschen, die sich mit allen anfreundeten und normalerweise kein Problem hatten, sich an eine neue Umgebung anzuspassen. Und jetzt war das erste, was er tat, wenn er mal nicht bei jedermann beliebt war, sich bei ihr auszuheulen. Die junge Mutantin gähnte, was ihm aber keinesfalls aufzufallen schien, denn dazu war er viel zu sehr mit sich selbst und seinen Problemen beschäftigt. Damit er seinen Monolog für kurze Zeit unterbrach, warf Kitty ein: »Vielleicht sind das auch alles deine Fans und sie sind nur zu schüchtern um nach einem Autogramm zu fragen.« Das Schmunzeln auf ihren Lippen entwickelte sich bei der Vorstellung regelrecht zu einem Grinsen. Kitty hielt die Augen immer noch geschlossen. Er schnaubte auf und gab gar keine Antwort mehr auf ihre Bemerkung. - Man musste eben nur wissen, wie man sich so eine Unterhaltung auch wirklich unterhaltsam machte. »Und Lorna…!« Und die alte Leier… Sie wusste, was jetzt kam. Jetzt würde er ihr gleich sein Herz ausschütten und sich göttlich über seine menschliche Freundin aufregen. Kitty hatte die schöne Blondine bisher nur ein einziges Mal gesehen und das auch nur flüchtig. Irgendwie doch seltsam, wo sie und der junge Mann neben ihr sich beste Freunde nannten. »Wieder Alex?« Kitty kannte die Geschichte. Besser gesagt: Jedem, der jemals einen Schundroman gelesen hatte, würde diese Geschichte bekannt vorkommen. Ausserdem strotzt sie nur so vor Kitsch und Drama. Man nehme einen Aufreisser und einen Typ für eine treue, ehrliche Beziehung basierend auf Liebe und blabla. Die beiden seien beste Freunde. Beste Freunde lernen unabhängig voneinander dieselbe Frau kennen, weil sie in ihrer Stammkneipe als Barkeeperin an der Seite von Jubilation Lee arbeitet. Aufreisser fängt eine Affäre mit ihr an, während sie den Beziehungstypen dated. Jubilee weiss vielleicht mehr oder auch weniger, aber sagt auf jeden Fall nichts. Die besten Freunde erzählen sich gegenseitig ihre Erlebnisse mit derselben Frau, wissen jedoch nicht, dass sie von derselben Frau sprechen. Aufreisser entwickelt Gefühle. Frau verliebt sich in den Typen, den sie dated, weil sie davon ausgeht, dass Aufreisser keine ernste Beziehung will. Sie kommt mit dem Beziehungstypen zusammen und beendet die Affäre. Der Aufreisser ist vor den Kopf gestossen und in seinem Ego gekränkt. - Keine Sorge, es wird sogar noch (!) dramatischer. Beziehungstyp stellt seinem besten Freund seine neue Freundin vor. Man erkennt sicherlich die Problematik dahinter. Vor allem, wenn man weiss, dass der Aufreisser sonst immer seinem besten Freund alle Frauen vor der Nase weggeschnappt hat und es jetzt plötzlich genau umgekehrt ist. - Kitty zog Alex immer wieder gerne damit auf, auch wenn sie jedes Mal damit rechnen musste, dass er sie umbrachte. Zumindest mit Blicken »Ja sicher! Weisst du, ich habe nichts dagegen, wenn sie sich ab und an mal sehen. Aber sie versteht einfach nicht, dass es mich stört, wenn sie sich praktisch jeden Tag sehen.« Kitty nickte beiläufig, immer noch mit geschlossenen Augen. Er übertrieb masslos. Aber sie sahen sich tatsächlich oft… Es war mehr ein nicken aus purer Höflichkeit. Er fühlte sich dadurch wohl bestätigt und dazu ermutigt, in weiteres Reden zu verfallen. Blabla Alex sei sein bester Freund blabla Alex habe selbst gesagt, er würde seine Frau nie anrühren blabla Er vertraue ihm. - Ja..ja…ja…ja.. erstens, wieso redeten sie dann fast immer über dieses Thema und zweitens, sie redeten hier über Alex Summers…! Und der hatte sie ja bereits angerührt und auch schon öfters. Kitty war sich sicher, dass Alex noch immer scharf auf Lorna war. Sie hatte gesehen, wie er Lorna angesehen hatte, als sie sie kurz kennen lernte. Dieser Blick. Bobby hatte es nicht gesehen. Oder vielleicht wollte er es auch einfach nicht sehen. Mal ganz abgesehen davon, dass Alex‘ Ego nur schwerlich verkraftete, dass eine Frau seinen besten Freund vorzog, wenn sie doch ihn haben konnte. Und vielleicht spielten auch Gefühle eine Rolle, aber Alex hätte das wohl niemals zugegeben. Aber das konnte Kitty ihrem besten Freund ja wohl kaum sagen. Das hätte seine Paranoia davor, seine Freundin an seinen besten Freund zu verlieren nur noch mehr geschürt. Und auch wenn es durchaus witzig gewesen wäre, so wäre die junge Mutantin diejenige gewesen, die sich das wieder alles anhören musste. Also beschloss ich, es anders zu machen. »Wir haben uns doch auch mal geküsst.« Gute alte Zeiten. Kitty gab Lorna etwas Schützenhilfe. Wieso wusste sie nicht. »Und wir sehen uns praktisch jeden Tag. Ist Lorna deswegen eifersüchtig?« Die Brünette fand ihr Argument gut, sogar äusserst schlüssig, geradezu überzeugend. Er sah das anders, wohl weil es auch eher belustigend gemeint war. Da reagierte er manchmal etwas empfindlich. Sie kannte ihn. »Du nimmst mich überhaupt nicht ernst!« Es klang niedlich, so entrüstet. Aber Kitty war müde also empfand sie das nur noch als nervig. - Und oh, richtig! Hundert Punkte für diese Feststellung. Wie lange hatte er dafür jetzt schon gebraucht? »Zum Vergleich: Wie fändest du es denn, wenn Lance ständig was mit Rogue machen würde? Nicht grad so ein schönes Gefühl oder?« Kitty rollte mit den Augen. Das war ein geradezu billiger Vergleich. Vor allem da ihr Freund und Rogue sich kaum kannten, deswegen also auch ziemlich unrealistisch. Die Augen nun fast schon trotzig zuhaltend meinte sie: »Das ist ganz was anderes.« Kitty liess ihn nicht ins Wort fallen, sondern konterte stattdessen doch recht wortgewadt: »Ausserdem, er kann ja nicht einmal mit ihr fummeln, was würde es ihm bringen?« Es war eigentlich ein viel zu ernstes Thema, als dass man darüber Witze machte. Und doch konnte Kitty sich einen weiteren Kommentar nicht verkneifen: »Aber das, dürftest du wohl am allerbesten wissen nicht?« Das vorherige Grinsen erhellte erneut ihr Gesicht. Kitty öffnete schliesslich die Augen einen Spalt breit und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Er sah sie bitterböse an. Sie kannte ihn. Sie hatte es erwartet. Er reagierte empfindlich. Und doch wurde Kittys Grinsen, nachdem sie seine Mine gesehen hatte noch ein wenig breiter. Er würde nicht lange böse sein. Das konnte er nicht gut, und schon gar nicht lange. Es gab nur eine einzige Person, die er immer hassen würde. Sie wusste es, da sie ihn kannte. Dieser einen Person würde er niemals verzeihen können, ihr schon, das glaubte sie zumindest noch »Na schön, das Beispiel war schlecht. Schon klar.« Gab Bobby schliesslich zähneknirschend zu. Kitty nickte triumpfierend. Zudem war Rogue jetzt mit ihrem Neuen was auch immer auf einer Art Roadtrip. Also musste Kitty mir keine Sorgen machen, ob die andere sich zu viel mit Lance abgab oder nicht. Aber dafür konnte ich die Gelegenheit nutzen, um ihrem besten Freund noch einmal einen Spruch in diese Richtung reinzudrücken, einfach nur aus purer Freude daran, ihn zu necken: »Klar wars das. Wieso sollte sie was von Lance wollen, wenn sie Gambit hat und der sich sogar traut, sie zu vögeln und es überlebt?« Bis jetzt zumindest. Kitty glaubte kaum, dass der Trickser sich wirklich bewusst war, in welche Gefahr er sich begab. Jetzt war Bobby derjenige, der mit den Augen rollte. Er entgegnete bissig: »Gambit ist auch notgeil und Sex ist seine Lieblingsbeschäftigung. Kein Wunder, dass er sogar das Risiko eingeht, zu sterben, bevor er sich am Ende selbst noch einen Wedeln muss. Tut mir Leid, dass ich notfalls auch mit der Hand anlegen kann.« Kitty merkte, dass ich mit der Anspielung unter der Gürtellinie angelangt war und dass er es nicht allzu gut vertrug. Er verwendete sonst niemals eine solche Sprache. Und auch niemals so einen Tonfall. Vielleicht weil Rogue eine Verflossene von ihm war und das damals nur wegen der Verkettung von einigen Ereignissen nicht funktioniert hatte. Wie er jedes Mal zu sagen pflegte, wenn das Thema aufkam. Was er dann jeweils niemals erwähnte war, dass Kitty eventuell auch etwas mit dem Ende dieser Beziehung zu tun hatte. Aber darüber schwiegen sie. Ansonsten hätte diese Freundschaft nicht funktioniert. - Aber eben: Das Thema kam sowieso selten auf, da er immer auswich Es tat Kitty auch schon im selben Moment wieder Leid, was sie gesagt hatte. Das wusste er. Das konnte er sich denken. Das Schweigen der Braunhaarigen war Antwort genug. Ihre Augenlieder senkten sich wieder über die Pupillen. Kitty wollte doch eigentlich nur schlafen, aber sie wusste, dass sie nicht konnte. Getötet von einer seiner eigenen Leute, seinem Schützling, einer X-Men. Der Professor war tot. Der Anführer X-Men. Kittys Mentor. - Oder vielleicht eher Kittys Psychiater...? Die Nachricht vom Tode des Professors erreichte die X-Men erst in den frühen Morgenstunden. Kitty wusste es schon länger. Sie hatte es von dem Augenblick, an dem ich schreiend aus dem Schlaf geschreckt war gewusst. Ich hatte in ihrem Bett gesessen, keuchend vor Aufregung. Sie hatte gezittert. Die Arme eng um den Körper geschlungen, für etwas Wärme, die nicht kommen würde und die ihrem Zittern auch kein Ende bereiten würde, da es nicht war, weil sie kalt hatte. Der telepathische Schutzschild des Professors hatte sich in Luft aufgelöst. Aber nicht einmal so sehr ihr Alptraum liess sie erzittern, sondern vielmehr die Gewissheit, dass der Mann, zu dem sie stets hinaufgesehen hatte und den sie immer bewundert hatte, tot war. Kitty hatte nicht gewagt, sie alle aufzuwecken. Hatte nicht gewagt die Nachricht seines Todes selbst zu verbreiten. Wahrscheinlich war es die blosse Hoffnung, dass sie sich irrte. Dass er vielleicht nur seine geistige Präsenz aus meinem Verstand abgezogen hatte. Dass er es einfach vergessen hatte… Kitty hoffte, dass er noch am Leben war. Aber wann hatte Professor Charles Xavier jemals etwas vergessen? Als Kitty am Morgen die Küche betrat herrschte Totenstille. Alle wussten es schon. Storm und Logan hatten es erzählt. Alle dachten sie, die junge Mutantin hätte keine Ahnung. Alle dachten sie, sie müssten Rücksicht nehmen. Niemand sagte etwas. Alle dachten sie Kitty würde in Tränen ausbrechen. Aber sie hatte doch schon die ganze Nacht geweint… - Kitty wusste, dass sie alle Alpträume der Welt hinnehmen würde, wenn der Professor dafür noch am Leben wäre… Kitty öffnete ihre Augen abrupt. Eine schmerzliche Erinnerung. Sie hatte die Hoffnung, dass die warmen Sonnenstrahlen sie aus ihren Gedanken vertreiben würden. Oder vielleicht auch das mehr oder weniger amüsante Gerede ihres besten Freundes, dass sie mal mehr, mal weniger mit verfolgte. Kitty drehte ihm langsam den Kopf zu. Und genau in diesem Moment, indem sie gerade wieder wach geworden war, schien Robert Drake zu glauben, ich wäre eingeschlafen: »Du kannst auch einfach sagen, wenns dich nicht interessiert.« Stellte er beleidigt fest. Kitty musste verlegen für sichh feststellen, dass sie wirklich nicht wusste, wovon er gerade gesprochen hatte. Und sie hoffte er würde sie nicht irgendwie danach fragen. Nur damit ihr die Peinlichkeit erspart wurde und er sie wieder einmal als elende Träumerin betitelte. - Die Ironie dieses Übernamens war geradezu bitter für sie, war sie doch diejenige, die nicht träumen konnte Kittyventschied sich für die ehrliche Variante und hoffte, dass ihr Charme den Rest tun würde. - Ja, auch ironisch. »Tschuldige..Könntest du das vielleicht nochmal wiederholen. Ich schwöre ich hab nicht aufgepasst.« Er sah Kitty geradezu entgeistert an. Wegen diesem Gesichtsausdruck konnte sie nicht anders als erneut zu schmunzeln. - Wenn man aufhört, berechenbar zu sein, wird alles gleich viel interessanter. Bobby sah mich eindringlich an, ehe er langsam den Kopf schüttelte. »Seit einiger Zeit bist du anders.« Stellte er fest. Kitty schloss die Augen. »Und ich meine das nicht in nem Positiven Sinn!« - Äusserst schmeichelhaft, Drake. Kitty nickte langsam mit dem Kopf und gähnte. Bobby liess trotzdem nicht locker: »Keine Ahnung. Dir ist nichts mehr wichtig, du bist ständig abwesend. Früher hast du dich um alles und jeden gekümmert. Du hast den Leuten förmlich deine Hilfe aufgezwungen!« Kitty war müde. Er kannte sie doch. Er verstand sie doch. Er sollte zumindest… Sie war einfach viel zu müde um ihm aufmerksam zuhören zu können. Selbst wenn sie es versucht hätte... Bobby schien aufgegeben zu haben. Oder aber er war zu eisernem Schweigen übergegangen, um Kitty so zu bestrafen. Eigentlich war es ihr ganz Recht, ihre Ruhe zu bekommen. Der Nachteil dabei war nur, dass die Müdigkeit sie ohne die ständige Beschallung durch Bobby immer stärker übermannte. Es kam einer Art Kampf gleich. Nicht gerade um Leben und Tod, aber angenehm würde es sicherlich doch nicht werden, wenn Kitty jetzt einnickte. Bobbys Schweigen dauerte nun jedoch schon überaus lange. Das machte die Braunhaarige stutzig. Er hasste normalerweise eine solche peinliche Stille, wie sie derzeit zwischen ihnen herrschte. - Nicht einschlafen. Nicht einschlafen! Nicht....! Wenn man über längere Zeit nicht mehr richtig schlafen konnte, nickt man sofort ein. Kitty hätte doch eigentlich wissen müssen, dass mir das nicht gut tun würde. Sie sah bereits den Anfang. Es fing immer genau gleich an, und endete immer gleich, und doch konnte sie mich kein einziges Mal erinnern. Sie wusste nur, dass es immer gleich war. Es war Nacht, Nebel verdunkelte die Sicht... oder war es Rauch? Rauchbombe? Lautes knallen war zu hören, Schussgeräusche. Oder war es etwas ganz anderes? Bobby packte Kittys Hand. Sie zuckte zusammen. Ihre Augen öffneten sich wieder. Die Braunhaarige keuchte und wollte ihn im ersten Moment anbrüllen: - Wieso zur Hölle erschreckst du mich so?!!! Aber Kitty liess es, denn eigentlich konnte sie ihm dankbar sein. Immerhin hatte er sie gerade aus dem ungewollten Nickerchen geweckt, auch wenn er es nicht wusste. Sie drehte ihm den Kopf zu um ihn zu fragen, was los sei, dass er ihre Hand jetzt loslassen könne... Und um zu sehen, ob er gemerkt hatte, dass sie geschlafen hatte. Von den Albträumen wusste er nichts, das konnte es also nicht sein. Hoffte Kitty. Er kannte sie, aber. Er wusste, wie sie war, aber davon sollte er nichts wissen. Seine Fingernägel bohrten sich in das Fleisch ihres Armes. - Nicht gerade angenehm, wohlangemerkt. Bobbys Blick war starr von der Terrasse auf die Einfahrt gerichtet. Kitty runzelte die Stirn und folgte seinem Blick. Storms schwarzer VW hatte soeben geparkt. Die Direktorin war also endlich aus ihren Ferien in Afrika zurückgekehrt. - Moment mal...! Neben ihr stand ein junger Mann... »Pyro!« Sprach Bobby Kittys Gedanken im selben Moment auch aus. Es klang hasserfüllt, aber zugleich auch wiederum ängstlich. Da war die Person, der Bobby immer böse sein würde. - Und böse war in dem Fall noch harmlos ausgedrückt Da war John Allerdyce. Das war auch der Grund, wieso er sich so an Kitty klammerte. Das hatte er damals auch getan. Damals auf Alcatraz... Kitty beobachtete das Geschehen vor mir ebenfalls mit Skepsis, aber sie war dabei weitaus gelassener, als ihr bester Freund. Besser gesagt: Erfreut war sie keineswegs und sie hoffte insgeheim, dass sie noch immer träumte. - Und vielleicht mal einen anderen Traum hatte...! Nur ausnahmsweise. Auch kein guter, aber Hauptsache es handelte sich hierbei um einen Traum. Aber im Gegensatz zu Bobby zeigte Kitty ihre Emotionen nicht. Sie wollte damit erreichen, dass Bobby sich beruhigte. Wie konnte Storm das nur wagen… Ohne etwas zu sagen. Ohne alle einzubeziehen. Ohne um Erlaubnis zu fragen! - Die hätte sie dafür bestimmt nicht bekommen, ihn hierher zu bringen! Diesen Verräter, diesen Mörder, dieses Schwein ohne Gewissen. Mein Arm begann zu schmerzen. »Interessant.. Storm verbringt wohl seit neuestem ihre Ferien in psychiatrischen Anstalten, was?« Etwas schwarzer Humor schwang in diesen Worten mit. Seit der ganzen Schlacht um Alcatraz und dem Tod des Professors war Kitty etwas realistischer geworden. Sie nannte die Tatsachen nun beim Wort und spottete manchmal sogar in Situationen, in denen Spott gänzlich unangebracht war. Die meisten hätten sie aber wohl trotzdem noch als naives Dummchen bezeichnet. Bobby sagte kein Wort. Sein Griff um ihren Arm wurde unangenehm. Die junge Mutantin versuchte den Arm unauffällig wegzuziehen, scheiterte jedoch kläglich. Bobby schwieg noch immer. Storm lud das Gepäck aus dem Wagen. Sie einen Koffer, John kaum etwas, nur einen kleinen Rucksack. Storm setzte sich mit Koffer in Bewegung. John hielt sie zurück. Ich traute meinen Augen nicht, Bobby sicherlich auch nicht. Er nahm ihr den Koffer ab. - Pyro trug gerade Storms Koffer, ohne dass diese ihn darum gebeten hatte?! Irgendwie sah es witzig aus. Ungewohnt. Kitty zog eine Augenbraue hoch und musste gleichzeitig leicht schmunzeln. Auch wenn sie nicht wollte. Sie drehte ihren Kopf zu Bobby, während die beiden Gestalten über das Kies zum Institut gingen. Ihr Arm schmerzte. Aber Kitty verstand Bobby. Sie kannte ihn. Sie wusste, wieso er mich festhielt. Den Grund dafür konnte sie nicht vergessen. Den konnte keiner Vergessen. Sie gab ihm Sicherheit. Genau wie damals. Aber trotzdem: »Uhm.. ich glaube, du kannst meinen Arm jetzt loslassen, von dem geht ganz sicher keine Gefahr aus. Ich meine.. Er trägt gerade Storms Koffer!« Kitty fand das ein äusserst gutes Argument. Storm und Pyro hatten die Eingangstüre erreicht und verschwanden aus unserem Sichtfeld. Ihr Arm schmerzte noch immer. Und ihr bester Freund hatte noch immer kein Wort gesprochen. »Jetzt bist du derjenige, der mir nicht zuhört!« Fügte Kitty hinzu und musste leise darüber lachen. Ihm war nicht nach lachen zu Mute. Plötzlich sprang Bobby auf und eilte an ihr vorbei. Die Braunhaarige blinzelte verdutzt, als sie auch schon die Tür schlagen hörte. Sie war immer noch müde. Aber jetzt wurde die Müdigkeit zumindest durch die Aufregung überdeckt, was eigentlich noch recht praktisch war. Deswegen sprang Kitty ebenfalls auf und folgte ihm nach drinnen. Während Kitty noch die Treppe nach unten eilte, konnte sie bereits Stimmen von unten hören. »Nur, weil du Magneto jetzt auch noch verraten hast, musst du nicht meinen, du kannst wieder hier auftauchen, Pyro. Ich bringe dich um« Brüllte mein bester Freund. Meine Schritte wurden schneller. Er war kein Mörder. Er wollte keiner sein. Er sollte nicht sein wie Pyro. Pyro antwortete erstaunlicherweise gar nichts, stattdessen Storm: »Bobby nicht..!!« Ein Krachen, das irgendwie so klang, als hätte Storm gerade Bobbys Eisstrahl abgewehrt. »Was soll das, Storm?!« Bobbys Gebrüll. »Bobby... ich..« Ororos Gegenwehr - nicht vorhanden und kaum hörbar. »Wieso schleppst du uns Judas höchst persönlich an..?! Gib ihm doch gleich ne Erlaubnis, uns alle zu töten und dann das Institut abzufackeln!« Bobby war noch immer laut. »Hör mir doch erst einmal zu.« Storm lauter, aber noch immer chancenlos. Ich wusste, was Pyro für Storm war. Für Storm war er kein Judas, nicht Luzifers Sohn. Storm hatte immer die Hoffnung gehabt, dass er zurückkehren würde. Eigentlich war es nicht weiter verwunderlich, dass sie alles daran gesetzt hatte, dass er nicht ins Gefängnis wanderte, sondern stattdessen in eine psychiatrische Anstalt. Und, dass sie ihn jetzt scheinbar heim holte. Bobby würde Kitty die Schuld geben. Er hätte John liegen gelassen. Kitty war nicht so. Kitty war anders. Früher war Bobby auch nicht so gewesen. Man könnte fast sagen, Pyro hatte ihn charakterlich so kühl gemacht, wie er schon wegen seiner Mutation war. Zumindest, wenn es um Themen in diese Richtung ging. Er konnte auch anders sein. Nur nicht immer. - Wenn wir grade dabei sind, Anspielungen auf die Bibel zu machen: Wenn Bobby von Judas sprach, dann war John für Ororo mehr der verlorene Sohn. Er ging undankbar wie er war weg, verlor alles und kehrte schliesslich reumütig heim. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Das war ihre Rechtfertigung. Bobby war verstummt. Das machte Kitty Sorgen. Sie beeilte sich noch mehr um schliesslich zu den dreien zu stossen. Um gleich eine zweite Überraschung zu erleben. Kitty sah Ororo und Bobby. Zwischen ihnen stand der Feuerteufel. Er hatte seine Hand gegen Bobby ausgestreckt. - Um ihn zu schlagen, ganz bestimmt! Kitty wollte einen Hechtsprung machen, um Bobbys Hand zu greifen und zu phasen. Aber John rührte sich nicht. Er schlug nicht. Er hielt Bobby seine lediglich seine Hand hin. Bobby schien ebenfalls überrascht zu sein, das war wohl der einzige Grund, warum er Pyro nicht schon an die Gurgel gegangen war. Storm ebenfalls. Aber auf ihrem Gesicht war ein stolzes und zugleich triumphierendes Lächeln zu sehen. »Es tut mir Leid.« Brach John schliesslich das Schweigen, er hielt Bobby weiterhin die Hand entgegen, auch wenn bereits jetzt klar war, dass dieser nicht danach greifen würde. Stattdessen griff Kitty nach seiner Hand. Ihre packte Bobby, wie einen rettenden Anker, der ihn festhielt und ihm Sicherheit gab. Sie kannte ihn. Er würde seinem ehemaligen besten Freund niemals verzeihen. - Niemals! und das war auch gut so! »Es tut mir Leid, was ich dir angetan habe. Dass ich dich fast umgebracht hätte und alles, du weisst schon…« Klar wusste Bobby. Die Erinnerung und die Todesangst von damals liessen ihn nicht los. Aber solche Dinge erzählte er nur Kitty. Sie verstand ihn. Sie hatte ihn gerettet. Sie hatte beide gerettet und langsam begann sie zu glauben, dass das ein Fehler gewesen war. Aber sie konnte nicht so sein wie Pyro. Sie hätte es nicht gekonnt. Sie war keine Mörderin. Kitty drückte Bobbys Hand kurz etwas fester. Zur Ermutigung. John fuhr fort: »Ich weiss es gibt keine Entschuldigung für meine Taten und mein Verhalten, aber ich hoffe, du kannst mir eines Tages verzeihen, auch wenn ich es nicht glaube.« Bobby sah John eine Zeit lange an. Niemand von den anderen wagte es, ein Wort zu sagen. Bobby schüttelte langsam den Kopf und riss seinen Arm entschieden aus Kittys Griff. Als wäre er auch wütend auf sie. Als wäre es auch ihre Schuld. Oder nur..? Sie hatte Pyro mitgenommen, als Bobby ihn bewusstlos geschlagen hatte. Bobby hatte ihr nicht geholfen, aber gehindert hatte er sie auch nicht daran. Aber auch nur, weil er sie dabei womöglich hätte verletzen können. - Das hatte man davon. Man konnte es niemandem recht machen…! Bobby drehte sich um und ging. Er ging einfach weg. Nicht einmal ein Wort zu Kitty. Jetzt war er wirklich sauer auf sie, nicht so wie vorhin, als sie ihm einfach nicht zugehört hatte. Die Vergangenheit holte einem eben immer wieder ein, egal was man dagegen zu tun versuchte. Kitty sah ihm nach und hörte Storm hinter mir rufen: »Bobby.. jetzt bleib doch! Er meint es doch nur..« Kitty drehte sich zu ihr um und ihre Augen funkelten sie wütend an. Sie sollte es in der Gegenwart der jungen Phaserin bloss nicht wagen, John auch nur irgendwie in Schutz zu nehmen. Doch was Kitty gerade hatte sagen wollen, dass tat John selbst: »Lass es, Ororo... Ich würde mir selbst auch nicht verzeihen.« Er zuckte mit den Schultern. Kitty sah ihn fassungslos an. Er hatte sich bei Bobby entschuldigt, er schien seine Fehler einzusehen, er schien zu bereuen. Da stimmte doch etwas nicht… Johns Blick fand ihren. Kitty blinzelte verdutzt, als ob sie gerade aufgewacht wäre. - Nur in diesem Fall hätte sie sein Auftauchen wohl gerne als einen Traum abgestempelt... Auch jetzt blinzelte Kitty, aber dieses Mal, weil sie wirklich gerade aufgewacht war. Nicht aus einem Traum, denn Träumen tat sie seit geraumer Zeit nicht mehr, aber aus ihrem Schlaf und die Situation kam ihrer Meinung nach einem Albtraum ziemlich gleich. - Abgesehen davon konnte sie sich nicht erklären, dass sie keine Albträume mehr hatte. Nach dem Tod des Professors waren sie wieder gekehrt und dann plötzlich von einem Tag auf den nächsten hatte sie ruhig schlafen können. Aber das war schon länger her, weshalb sie ihre Albträume eigentlich schon langsam zu vergessen begann. Kitty liess John los, als hätte ich gerade heisse Kohlen angefasst. Er küsste sie fast schon liebevoll auf den Hals. Sie schrie laut auf. Und trotzdem: Eine Gänsehaut breitete sich von diesem Punkt über ihren Körper aus und ein Prickeln. Es gefiel ihr. Ihr Geist stattdessen verspürte nur Eckel. Man sollte wirklich keine Schlafwandler aufwecken. Kitty verpasste ihm eine Ohrfeige. Aber er musste ganz runter von ihr. Ganz Ganz! Bevor John auch nur realisierte wofür die Ohrfeige gewesen zur war, stiess die Braunhaarige ihn mit aller Kraft von mir runter. Er fiel rücklings vom Bett, sodass nur noch ein Teil seiner Beine auf dem Bett war. Das Stöhnen beim Aufprall war genug Beweis dafür, dass es Schmerzen bereitet hatte. Aber zufrieden stellen tat sie das noch lange nicht. Kitty packte eines der Kissen als Waffe und sprang auf. Sie war nackt, aber im Vergleich zu der Tatsache, dass sie gerade mit ihm geschlafen hatte, war das gar nichts. Die junge Mutantin stand auf der Bettkannte, über ihm, zwischen seinen Beinen. Das Kissen hatte sie drohend hoch erhoben. »Was zur Hölle soll das?!!!« Brüllte sie heiser und es klang auch reichlich hysterisch. »Sag es mir! Sofort!!!« Das Kissen in ihren Händen zitterte. John stöhnte leise und sah zu ihr hoch. »Kitten, ich mag zwar für vieles zu haben sein, das wissen wir beide nur zu gut..« Was auch immer das heissen mochte. »Aber Dominaspiele ist nicht.« Er grinste, während er seinen Kopf nach etwaigen Verletzungen abtastete. Kitty runzelte die Stirn. »Die Rolle steht dir übrigens eh nicht. Und umgekehrt kommt auch nicht gut. Ich würde es nicht übers Herz bringen, dich zu schlagen. Ist sowieso viel niedlicher, wenn du lachst.« Kitty lachte nicht. Er schon, aber nur leise. Genau deswegen lachte sie erst recht nicht. Wieso sagte er sowas. Er sagte sonst nie solche Dinge, nicht einmal annähernd. »Ach komm, hör schon auf zu schmollen.« Er konnte sich anscheinend immer noch nicht dazu bringen, wieder aufzustehen. Kitty warf das Kissen mit voller Wucht auf ihn. »Ich meins Ernst, du Idiot! Was soll das?!« Fauchte Kitty. Irgendwie fühlte sie sich gerade ziemlich verarscht. Sie hatte gestern nichts getrunken… oder sonst was getan, was sie in diese Situation hätte bringen können. Oder etwa doch…? John zog fragend eine Augenbraue hoch. Er hatte es immer noch nicht gemerkt, aber es dämmerte ihm langsam. Kittys Schlaf musste sonst ja immer extrem tief sein… »Na schön… Wie du willst.« John grinste. Energisch warf er Kitty das Kissen zu und während sie noch mit abwehren beschäftigt war, brachte er sie mit einer raschen Bewegung seiner Beine zu Fall. Im Gegensatz zu ihm landete sie zumindest weich auf dem Bett. Was aber auch nicht unbedingt angenehmer für sie war. Jetzt war er erstaunlich schnell wieder auf den Beinen. Und wieder über ihr. »Ergib dich, kleines Kätzchen.« Er wollte sie küssen. Kittys Augen weiteten sich panisch. Sie spuckte ihm mitten ins Gesicht. Und dieses Mal war John es, der blinzelte. Und zwar verdutzt. Aber so richtig. Er hielt inne. Kitty atmete schnell. Er musterte sie. Sie wollte ihn einfach nur von sich runter haben. »Ou..« John rollte mit den Augen und rollte sich im selben Zug behände von Kitty runter. Das war auch definitiv besser für ihn, denn Kitty hatte bereits überlegt, was zu tun war, um sich von ihm zu entfernen. »Du bist wach.« Er rutschte etwas weiter weg. Als wolle er Sicherheitsabstand von ihr nehmen. Aber eigentlich war das auch besser so. Besser für ihn. Sie atmete, gehetzt wie ein Tier. Die Haut, der Körper verschwitzt und noch immer eine grössere Wärme als normal ausstrahlend. Der Geist eiskalt. Das zeigte ihm ihr Blick mehr als deutlich. Weil er wusste, dass ihr Blick auch anders sein konnte. Dass sie ihn auch anders ansah. Er redete sich ein, dass ihm das nichts ausmachte. Tat es auch nicht…! Er war gut darin, sich Dinge einzureden. Nein, tat es wirklich nicht…. Kitty war noch immer nackt. Sie zog ein dünnes Laken um ihren schlanken Körper um ihre körperlichen Vorzüge (Ja, John hätte jetzt wohl gesagt, dass sie keine körperlichen Vorzüge hatte…) zu bedecken. Er bemühte sich nicht darum, sich etwas überzuziehen. Es brachte eigentlich auch gar nichts, nackt gesehen hatte er sie ja sowieso schon. Mehr als das. Leider. Aber Kitty fühlte sich ansonsten so unwohl. Sie konnte es nicht glauben und sie zischte wutentbrannt: »Was suchst du in meinem Zimmer und…Wieso.. Wir.. ich meine.. Du.. haben wir..?« Kitty sprach es nicht aus. Es, das was sie getan hatten. Aber sie konnte sich gerade einfach nicht erklären, wie sie in diese Situation gelangt war. John sagte nichts. Er grinste nur leicht – auch wenn er es vor Kittys Augen zu verbergen suchte. Sie sah ihn empört an. Er bewegte seinen Zeigefinger im Kreis. Die Braunhaarige sah sich um. »Das ist nicht…« »Dein Zimmer?« Vervollständigte der Feuerteufel den Satz. Das Grinsen wurde breiter. Kittys Schock dafür grösser. Tatsächlich befanden sie sich in dem Einzelzimmer, das Storm John bei seiner Ankunft überlassen hatte. Er konnte schliesslich nicht mehr mit Bobby im selben Zimmer wohnen. Die Schulleiterin hatte absichtlich das Zimmer gewählt, das am weitesten von Bobbys Zimmer entfernt war. Um genau zu sein, war es sogar das alte Zimmer der beiden Jungen. Bobby hatte nach Johns Verrat nicht mehr darin leben wollen und war mit Alex Summers in ein Zimmer gezogen. Kitty merkte, wie ihr übel wurde. Sie drehte ihren Kopf von ihm weg. Der Hals ganz trocken. Sie würgte und machte Anstalten nach vorne zu kippen. John machte eine Bewegung in ihre Richtung, als ob er sie auffangen wolle. Er stockte jedoch und liess es. Sie hatte es nicht bemerkt, weil sie ihr Gesicht mit ihren Händen bedeckte. Lass mich bitte endlich aufwachen. Lass mich einfach aufwachen. Flehte sie inständig in ihren Gedanken. Vielleicht war das der Traum, an den sie sich niemals hatte erinnern können. Vielleicht würde sie gleich aufwachen und ihn vergessen. Bitte. »John.. Oh Gott…!!« Brachte sie schwach hervor. Eine Mischung aus Stöhnen und Wimmern. »Das sagst du normalerweise auch.« Kitty liess ihre Hände sinken. Sie sah den Feuerteufel angewidert an. Wie konnte er nur so eine Bemerkung machen. Die Bedeutung dieser Worte wurde ihr erst kurze Zeit später klar. ‚Normalerweise‘ hiess, dass das hier öfters vorkam… Ihr wurde schlecht. Aber so richtig. Lance. Sie konnte sich an nichts erinnern. Was würde Lance denken? Sie konnte sich an nichts erinnern! »Was auch immer das gerade war und wie auch immer das passiert ist… Es wird niemals wieder passieren!« Zischte Kitty und stand auf. Sie rang mit ihrer Fassung, und auch mit dem Gleichgewicht. Hastig sah sie sich im Zimmer um. Sie suchte ihre Kleider. Aber sie sah nur einige Teile verstreut. Die Braunhaarige eilte durch den Raum und zog sich die Teile über, dabei peinlichst darauf bedacht, dass das Laken nicht verrutschte und den Blick auf ihren nackten Körper freigab. »Also das hast du bis jetzt noch niemals gesagt…« Er stützte seinen Kopf lässig auf seinem Arm auf. Immer noch schien es ihm egal zu sein, dass er nichts an hatte. »Das Quietschen am Ende ist immer das was ich am niedlichsten finde.« Er leckte sich genüsslich über die Lippen. Gepaart mit seinen Worten hatte es durchaus etwas zweideutiges, geradezu Anrüchiges. Pyro war ein Mistkerl. Und das war er gerne. Und beweisen tat er es noch viel lieber. Kitty sah ihn an. Aus ihrem Gesicht sprach die pure Abneigung. Kitty hatte inzwischen Unterhosen und T-Shirt an. Genug, um die Flucht zu ergreifen, um das hier zu vergessen, es als Traum abzustempeln. Aber erst einmal musste sie ihm klar machen, dass sie es ernst meinte. Es wunderte sie, dass er überhaupt darauf kam, dass sie das jemals wiederholen würden. Die meisten Schlafwandler wissen nichts von ihren nächtlichen Aktivitäten. »Halt bloss den Mund Pyro. Und ich warne dich, wenn jemand davon erfahren sollte, dann hetze ich Bobby auf dich.« Kitty funkelte ihn ein letztes Mal wütend an, ehe sie aus dem Zimmer stürzen wollte. »Wieso sollte ich jemandem jetzt was davon erzählen, wenn ich das bis jetzt auch noch nicht gemacht habe.« Kitty blieb stehen. Fast schon erstarrt zu einer Salzsäure. Schon wieder eine Andeutung in diese Richtung. Ihr lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Sie drehte sich halb zu ihm um. »Das ist nicht schon öfters vorgekommen...!« Es sollte keine Frage sein und doch war es eine. Kitty hatte Angst. Lance. Nein. Ihr war übel. »Davon wüsste ich.« Letzeres klang einfach nur noch verzweifelt. »Kann gut sein, dass du dich nicht erinnerst. Ich dachte schon länger, dass du schlafwandelst und dass es deswegen ist. War mir aber bis jetzt noch nicht sicher.« John sagte das in einer Gelassenheit, die Kittys Wut nur noch mehr anspornte. »Und dann vögelst du mich einfach, so nach dem Motto, ja sie wollte es ja so, nur weil ich dich im schlafenden Zustand wahrscheinlich für Lance oder so halte?!« Platze Kitty heraus. Sie hoffte zumindest, dass sie ihn für Lance hielt. Normalerweise sprach sie solche Dinge nicht direkt an. Dafür war sie doch etwas zu schüchtern, aber die Wut, die momentan in ihr drin war, liess sie ihre Gedanken ungefiltert aussprechen. John sah sie leicht überrascht an. Er dachte wohl genau dasselbe. »Hm.. In wessen Zimmer sind wir nochmal, Kitten?« Gab John grinsend zurück und fügte triumphierend hinzu: »Und ich bin es bestimmt nicht, der dich jede Nacht gegen deinen Willen hierher zerrt und dann gegen deinen Willen ganz ganz böse Dinge mit dir anstellt.« Die Beckenbewegung, die er dabei machte reichte, um Kitty den Rest zu geben. »Das war ganz allein deine Idee, von Anfang an. Und sagen wir es so, du hast darauf bestanden…« Sie wollte sich nur noch übergeben. Auch wenn er recht hatte. Es war sein Zimmer. Sie musste hierher gekommen sein. Und das aus freien Stücken. Gruselig. Und: Irgendwie musste es ihr gefallen haben, sogar als sie schon aufgewacht war. Er setzte noch einen drauf: »Ich weiss wirklich nicht, was da bei dir und Lance schief läuft. Aber so oft wie du hier bist muss er ne absolute Niete im Bett sein. Wobei, im Vergleich zu mir sind das alle. Ich verstehe dich also voll und ganz. Und..« Er lächelte vertrauensvoll, als würde er wirklich einmal etwas ernst und nett meinen: »Genau darum bin ich immer da für dich, wenn du mich brauchst.« Kitty hielt sich die Hand vor den Mund. Für den letzten Kommentar hätte sie ihn am liebsten geschlagen. »Wir haben überhaupt keine Probleme und Lance ist auch nicht...« Sie stockte. Sein Grinsen war breiter geworden. Und das sagte Kitty, dass sie gerade dabei war, sich auf sein Spielchen einzulassen. Und das durfte sie auf keinen Fall. Dabei konnte man nur verlieren. Immer noch mit verhältnismässig hoher Stimme brüllte sie: »Das wird niemals wieder passieren!!!« Kitty stürzte aus dem Zimmer. Nur noch weg. Sie konnte John lachen hören, und sein spöttischer letzter Kommentar brannte sich in ihr Gehirn ein, wie eine seine Flammen, die er einst hatte beherrschen können: »Bis morgen Abend, Kitten.« Das ganze begann von vorne. Nur, dass es jetzt sogar noch schlimmer war, als damals die Albträume. Kitty Pryde würde nie wieder ein Auge zu tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)