Flammenhaut von ZombieOnTour ================================================================================ Kapitel 2: Unliebsamer Mitbewohner ---------------------------------- Er lag auf seinem Bett, starrte die dunkle Decke an und hing allen möglichen Gedanken nach. Eigentlich war es erst vier Uhr nachmittags, doch er hatte die Rollos runter gelassen und sich in sein Zimmer zurückgezogen. Ursprünglich hatte er versuchen wollen zu schlafen, einfach um nicht weiter nachdenken zu müssen, aber es hatte nicht geklappt. Dafür spukte gerade zu viel in seinem Kopf herum. Nash hatte ihm noch rasch gezeigt, wo er schlafen konnte. Es war ein schmuckloses, unpersönliches Gästezimmer, in dem scheinbar lange niemand mehr übernachtet hatte. Zumindest schloss Joel es aus der nicht gerade zu verachtenden Staubmenge, die sich auf dem Bett und den Möbeln abgelegt hatte. Dann war sein Vater mit den Worten „Schau dich um, nimm, was du brauchst, aber bleib von den verschlossenen Türen weg. Was zu ist, bleibt zu!“ gegangen und seither nicht wieder aufgetaucht. Also hatte sich Joel umgesehen und festgestellt, dass gut die Hälfte aller Räume verschlossen oder mit Büchern vollgestopft war. Insgesamt hatte er bei seinem Streifzug zehn Zimmer gezählt, fünf davon abgeschlossen, zwei Bäder, sein Zimmer, Wohnstube und Küche. Aus Langeweile hatte er seine Zeit auch noch mit dem Zählen der Stufen im Haus und außen der Fenster verbracht. Zudem musste er feststellen, dass der Fernseher kaputt war und Internet gab es hier scheinbar auch nicht. Als würde er von nun an am Arsch der Welt leben. Das war ja schon mal ein hervorragender Start in sein neues Leben. Sein Vater verpisste sich nach nicht einmal zehn Minuten wieder ohne ein Wort der Erklärung und in dieser heruntergekommenen Bruchbude gab es nichts, aber auch wirklich rein gar nichts, was er tun konnte, um sich abzulenken. Schwer seufzte er, rollte sich auf die Seite und schloss die Augen. Wenn es so weiter ging, wie es anfing, dann würde er sich noch vor Ende der Woche von den Klippen stürzen. Sicher ein unschöner Tod, aber immer noch besser als an Langeweile, Eintönigkeit und Grübelei zu sterben. Und die Felsen unten im Meer sahen spitz aus. Entweder sie durchbohrten ihm gleich den Schädel oder er würde nach Luft röchelnd daran hängen bleiben und elendig eingehen. Okay, es war alles nicht sonderlich schön. Wenn er es recht überlegte, war abhauen vielleicht doch die bessere Alternative. Nach einiger Zeit vergrub er das Gesicht im Kissen, stöhnte genervt auf. Er konnte nicht schlafen, er konnte sich nicht ablenken, nichts. Wenn er alleine im Haus war, dann sollte er sich auch noch etwas umsehen. Zumindest kam er zu diesem Entschluss, als er aufstand. Vielleicht entdeckte man noch etwas Interessantes zwischen eintöniger Langeweile und dem großen Nichts. Was sollte schon passieren? Und wenn er sich nur die Umgebung weiter ansah. Alles war besser, als noch länger sinn- und tatenlos rum zu liegen. Auf jeden Fall eine gute Ablenkung. Die Kamera, welche ihm seine Mum zum letzten Geburtstag geschenkt hatte, um den Hals, schwang er sich die Treppe hinunter und horchte auf. Aus der Küche kamen ganz deutlich Geräusche, die nicht nach einem offen gelassenen Kühlschrank oder tropfendem Wasserhahn klangen. Nachdenklich lauschend neigte er den Kopf und hob die Brauen. Scheinbar war Nash wieder da, anders konnte er sich das Rascheln von Plastiktüten nicht erklären. Oder lebte er nicht alleine und hatte nur vergessen, es Joel mitzuteilen? Nun gut. So schnell wie er verschwunden war, hatte er dazu auch keine Zeit gehabt. Das konnte ja noch etwas werden. Kurz überlegte er. Da er hinten raus wollte, musste er sowieso durch die Küche und würde gleich erfahren, ob es Nash oder jemand anderes war. Er schob die Tür im selben Moment auf, als das Radio angemacht wurde. Das Mädchen, welches in der Küche stand und dabei war, Einkaufstüten auszuräumen, bemerkte ihn nicht. Was aber weniger daran lag, dass er zu leise rein gekommen wäre, als daran, dass sie laut mitsang und nicht darauf achtete, ob noch jemand anderes da war. „I touch your hand, I touch your face. I think the fruit is rotten. Give me lessons on how to breath. Cause I think I've forgotten“, sang sie mit, räumte dabei einige Dosen in den Schrank. Joel blieb stehen, wo er war, sah ihr dabei zu und musterte sie. Sie schien in seinem Alter zu sein und hatte lange, sandfarbene Haare, welche ihr seidig über die Schulter fielen. Er fand, dass sie aussah wie eine klassische Cheerleaderin. Schlank, blond und wahrscheinlich auch noch blauäugig, eben eine verwöhnte, eingebildete und meist auch dumme Schlampe. Wie die meisten Cheerleader nun einmal waren. Seine nächste Feststellung war, dass sie Nash nicht gerade ähnlich sah, was die Frage aufdrängte, wer sie war. Er hoffte, dass es eine simple Erklärung gab. Hauptsache sie war nicht seine Freundin. Die Vorstellung, dass sein Vater eine Freundin in Joels Alter hatte, schenkte ihm nur noch mehr Minuspunkte. Seufzend schüttelte er den Kopf setzte dazu an, etwas zu sagen, hatte bereits die Küche halb durchquert, als sie ihn bemerkte. Das Mädchen stieß erschrocken einen erstickten Schrei aus und griff nach dem Nächstbesten, was sie erwischte. So hielt sie ihm ein dreckiges Fleischmesser entgegen, bevor er etwas sagen oder tun konnte, starrte ihn an. „Wer bist du?“, fauchte sie feindselig, das Messer mit beiden Händen von sich weg haltend. „Und was willst du hier? Es gibt nichts zu stehlen! Oder willst du was von mir? Mh? Über mich herfallen? Na komm! Versuch es ruhig und ich sorg dafür, dass du es bereust“, knurrte sie, ohne ihn zu Wort kommen zu lassen. „Na los!“ „Ähm ...“, begann er, war durch ihre Worte und ihr Verhalten durcheinander. Scheinbar war Nash nicht nur ihm gegenüber so schweigsam, was wichtige Sachen anging. „Ich wohne hier“, antwortete er ihr dann, auch wenn es eher wie eine Frage klang. „Zumindest seit heute.“ „Du wohnst hier? Ha! Von wegen“, rief sie aus, stach mit dem Messer nach ihm, als er einen Schritt zur Seite machte. „Du bleibst schön stehen, Freundchen“, knurrte sie und funkelte ihn mit wilden, goldfarbenen Augen an. „Ich hab keine Probleme mich zu wehren, klar?“ „Oh das bezweifel ich nicht. Immerhin bist du die, die hier mit einem Messer vor mir steht. Aber wenn du so nett wärst, es runter zu nehmen. So ist das doch etwas unangenehm“, entgegnete er und hob beschwichtigend die Hände, was aber nur zur Folge hatte, dass sie wieder nach ihm stach. Zwar erwischte sie ihn nicht, dennoch machte er einen ausweichenden Satz nach hinten. Dabei stolperte er dummerweise über eine der Tüten und landete unsanft auf dem Boden. „Und du sagst mir jetzt sofort, wer du bist und was du hier willst“, fauchte sie, stand bereits über ihm. In der einen Hand hielt sie ihre Waffe auf ihn gerichtet, die andere stemmte sie in die Seite. „Na los! Und glaub nicht, dass ich das Messer nicht benutze, mein Lieber. Also komm gar nicht erst auf dumme Gedanken.“ Joel ließ sich seufzend wieder zurückfallen. Er korrigierte sich. Nicht Cheerleaderschlampe. Sie war eher ein kleines, brutales Monstrum. Zumindest war das sein jetziger Eindruck. Und ob er wollte oder nicht, er musste wohl mitspielen. „Es würde mir um einiges leichter fallen, wenn du das Ding da wegnehmen würdest“, merkte er an, bekam dafür nur einen Tritt in die Seite. „Sag mal spinnst du?“, fauchte er schmerzerfüllt, krümmte sich leicht. Er wusste gar nicht das Mädchen zu hart zu treten konnten. „Los! Rede! Meine Geduld geht langsam zu Ende und das ist nichts Gutes für dich.“ „Wenn du aufhören würdest, zu treten und ...“ „Los jetzt!“ „Ja verdammt. Ich bin Joel, okay? Ich weiß nicht, wer du bist oder warum du hier bist und überhaupt. Ich wohne ab heute hier. Es passt mir wohl genauso wenig wie dir und es tut mir leid, dass ich dich erschreckt hab, aber ich wusste nicht, dass hier noch jemand lebt. Clarence hat das mit keinem Wort erwähnt“, erklärte er und hoffte einfach, dass sie sich dadurch wieder beruhigte und das Messer endlich weglegte. „Clarence?“, wiederholte sie und zog nachdenklich die Brauen hoch. „Was hast du mit Nash zu schaffen? Und warum zur Hölle sollst du bitte schön hier wohnen?“ „Er ist mein Dad, okay? Ja, es gefällt mir auch nicht und nein, wenn ich die Wahl hätte, würde ich nicht hier bleiben, aber ich hab sie nicht und würdest du jetzt bitte das Messer wegnehmen? Danke.“ „Dein Dad?“, fragte sie noch einmal misstrauisch nach. „Nash hat keinen Sohn und wenn dann wüsste ich es.“ Kurz neigte sie den Kopf und sah nachdenklich weiter auf ihn herab. „Allerdings vergisst er solche Sachen gerne. Und das würde seine schlechte Laune erklären.“ „Schlechte Laune? Na danke“, brummte er. Das Mädchen nickte und spielte ein wenig mit dem Messer herum. Er bekam schon Angst, dass sie es fallen ließ, doch im nächsten Moment legte sie es zur Seite und ließ von ihm ab. Erleichtert atmete er auf, auch wenn er sich fragte, woher der plötzliche Sinneswechsel kam. „Aber eins sag ich dir“, begann sie und drehte sich wieder zu ihm um. „Ich behalt dich im Auge. Und finde ich heraus, dass du gelogen hast, dann kannst du was erleben“, drohte sie, schnappte sich dabei das Messer, um es wieder in den Block zu stecken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)