Geschichten aus dem Nichts von Jaberwocky (Für die Schreiberlingsecke und alle Anderen) ================================================================================ Kapitel 1: Aufgabe Juni – Aus dem Tagebuch eines Gegenstandes - --------------------------------------------------------------- Könnte Ianus‘ Planschbecken ein Tagebuch schreiben... Was würde es wohl über den 4 Juni schreiben? Liebes Tagebuch, ich dachte heute wäre wieder so ein Tag, wo man einfach schlaff und luftlos in der Garage rumliegt. Wie jeden Morgen weckte mich Benz, als er wieder los fuhr. Ich freute mich bereits am Morgen auf seine spannenden Erlebnisse von außerhalb der Garage. Er hatte mir nämlich erzählt, dass es schon ziemlich warm draußen ist! Ich hab mich so gefreut! Wirklich! Sommer ist einfach cool! Aber zu gerne würde ich mal diesen Winter erleben! Benz hat mir mal davon erzählt, da fallen weiße Wattebäusche vom Himmel und er braucht neue Reife, Winterreifen. Ich bestehe ja auch aus Reifen, also dürfte ich doch auch in den Winter, wenn ich Winterreifen hätte!! Ganz bestimmt! Aber irgendwie bekommt die ja nur Benz… ich sollte ihn mal fragen woher und wieso. Oh! Und Boris! Der hatte mich heute vielleicht genervt! Immer und immer wieder kam er mit seiner komischen Weisheit an: „Bohre nicht in Stein, wenn du ein Holzbohrer bist.“ Typisch Boris! Irgendwie begreift er nicht, dass ich im Gegensatz zu ihm KEINE Bohrmaschine bin. Ich sehe ja gar nicht so aus! Ich bin rund und bunt! Aber Boris ist echt alt geworden… Er redet viel zu oft vom Kaputtgehen. Bei ihm ist schon das Plastik aufgeplatzt und Kabel gucken auch raus. Hoffentlich bleibt Boris noch lange! Er nervt zwar, aber ich mag ihn! Er ist nett! Doch dann! Ich konnte es kaum fassen! Ging doch tatsächlich die Garagentür auf, die, die nachhinten in den Garten führt… Naja auf jeden Fall kam da Ianus rein! Mit seinem Vater! Ich wusste es! Der Sommer hatte also angefangen! Endlich käme ich von meinem staubigen Regal runter. Ianus ist mittlerweile ein ganzes Stück gewachsen! Dennoch ist er noch ein kleiner Bub! Und gut warm war ihm wohl auch, so ganz ohne Oberteil… Und wirklich liebes Tagebuch! Sie wollten mich! ECHT! Ianus‘ Vater, glaube Hagen heißt der, hat mich vom Regal gehoben und rausgetragen! Ich habe mich dabei noch schnell von Boris verabschiedet. Ich hoffe, dass er Benz gesagt hat, dass ich wieder in den Garten darf… Aber wenn nicht, Benz ist ja auch sehr klug! Der weiß das bestimmt! ENDLICH! ENDLICH BIN ICH IM GARTEN! Es ist so wunderbar hier! Und endlich fühle ich mich nicht mehr so schlaff, sondern richtig prall und voller Luft – nein voller Leben! Das verdanke ich Ianus‘ Vater, der hat mich aufgepumpt! Hat ihn wohl trotz Luftpumpe ziemlich angesträngt. Ianus hat sich auch ganz schön gefreut mich wieder zu sehen! Während sein Vater mir zu altem Glanze verholfen hat, ist er vergnügt um mich herum gesprungen – wie ein Flummi! Der war vielleicht aufgeregt und begeistert! Ich finde es toll, dass er mich so gern hat! Er spielt auch wirklich viel in mir! Ich weiß noch letztes Jahr, da hat er mich zum Geburtstag bekommen. Da hat er sich aber wirklich, wirklich gefreut! Ich dachte schon, dass er sich vor lauter Freude zerkrümeln würde. Aber so war es zum Glück nicht. Ianus hat mich dann auch nachher mit Wasser gefüllt! Da hatte er sich schon weiter entkleidet! Wie lange er wohl noch so, ganz ohne Scham, durch die Gegend hüpfen wird? Als ich dann voll war, wurde es aber erst so richtig schön! Da hat Ianus nämlich endlich mit mir gespielt! Er war wieder einmal ein Drache! Da hat er sich wieder Schwimm und Flügel anziehen lassen. Nach langer Zeit konnte ich die Beiden auch mal wiedersehen. Schwimm und Flügel sind eineiige Zwillinge(!!), dass finde ich immer wieder unglaublich - wie ähnlich sie sich doch sehen! Aber man merkt deutlich wer Schwimm und wer Flügel ist. Schwimm ist nämlich ziemlich erwachsen, Flügel ist da doch eher kindischer. Nur Bado konnte ich mal wieder nicht sehen, aber Schwimm hat mir erzählt, dass es ihm wohl gut geht. Wenn ich Bado sehe, dann ja meist nur auf Ianus‘ Kopf, dabei gehört er da doch gar nicht hin. Irgendwas wollte ich doch noch schreiben… Was? Mist! Jetz schreib ich doch tatsächlich auf, was ich denke. Ianus war also wieder ein Drache und Schwimm und Flügel waren seine Drachenflügel. Ich durfte seine Drachenhöhle sein, dass war TOLL!! Sein Vater war der Drachenjäger und so musste sich Ianus oft in mir verstecken. Ich bin ein gutes Versteck, glaube ich, zumindest hat sein Vater ihn nie gefunden, wenn er in mir lag. Manchmal hat Ianus aber auch ganz schön auf sich aufmerksam gemacht und ist viel in mir rumgehüpft. Ich hab dadurch ordentlich an Wasser verloren und wurde dabei auch noch echt kräftig durch geschüttelt. Aber sowas muss ich abkönnen! Es ist doch schön zu sehen, wenn die Beiden ihren Spaß haben! Ich bin gespannt ob Ianus morgen wieder mit mir spielt! Heute wäre er ja fast in mit eingeschlafen, so sehr hat er sich ausgetobt! Vielleicht bringt er dann auch mal Velopi mit oder auch Spino-Ino. Spino-Ino macht mir manchmal ganz schön Angst! Der ist so fest und hat ziemlich spitze Krallen! Velopi ist da total sanft! Deswegen darf er gerne auf meinem Rand stehen, bei Spino-Ino habe ich aber Sorge um meine Gesundheit. Am Abend wurde ich nochmal so richtig nachdenklich! Ich meine… sieh dir mal die Sterne an, liebes Tagebuch, es gibt so viele! Und ich? Ich bin ein winziges Planschbecken auf diesem Planeten, mitten im Weltall. Warum kam ich als Planschbecken auf die Welt und nicht als Schwimmring? Lebe ich etwa um kleinen Kindern - nein um Ianus - eine Freude zu machen? Lebe ich nur weil es Jemand wollte? Ob sich andere Planschbecken das auch fragen? Wie viele Planschbecken gibt es wohl da draußen? Ich glaube viele! Aber ich glaube - liebes Tagebuch -, dass es schon gut ist, dass ich ein Planschbecken bin! Jetzt bin ich aber müde! Für heute habe ich sicherlich genug geschrieben! Wie geht es dir eigentlich liebes Tagebuch? Ich hoffe du magst mich! Ich mag dich! Man kann toll in dich schreiben und einfach mal labbern! Schlaf du auch gut! Bis morgen! Kapitel 2: Der Tag, an dem der Himmel brannte –Aufgabe Juli - ~Emotion: Angst~ ------------------------------------------------------------------------------- Wie fühlt sich Rappy Remp angesichts dem Untergang seiner Welt? Voller Vorfreude landete Rappy geschickt auf dem Felsvorsprung seines Familienhauses. Er war etwas spät dran, so legte er seinen verlängerten Daumen an und entspannte so seine Flügel. Durch die Reduktion seiner Flügelspannweite, konnte sich Rappy nun gut auf seine Hände stützen und lief so in die Höhle, welche direkt in die Klippe am Meer führte. Drinnen warteten sie schon, sein Vater, seine Mutter und sein kleiner Bruder, welcher jedoch gerade einen Mittagsschlaf hielt. „Hey Leute! Ich bin zurück.“, begrüßte Rappy, leicht verlegen wegen seiner Unpünktlichkeit, seine Familie. „Du bist spät dran! Wir wollten gemeinsam Fressen!“, ermahnte ihn sein Vater, welcher offensichtlich schon gefressen hatte. „Ja ich weiß und…“ „Du hast uns Sorgen bereitet!“, mischte nun auch seine Mutter auf der emotionalen Ebene mit. „Maaaaaam! Ich weiß! Och! Ich bin im besten Alter! Gönnt mir doch meine Unpünktlichkeit.“ Kurz herrschte Schweigen in der Klippenhöhle, ehe sein Vater den Kopf schüttelte. „Wann wird aus dir endlich ein richtiger Flugsaurier? Du bist noch ein halbes Kind! Hast du dir wenigstens ein paar Fische gefangen?“ „Aww! Die Fische! Ich wusste es doch ah! Nee! Mist ich… ach nein!“, presste Rappy gequält hervor. Er wusste doch, dass er irgendetwas vergessen hatte. „Tz! Tz! Tz! Die Jugend! Bestimmt hast du wieder pausenlos an deine herzallerliebste Marie gedacht oder? Die erste, große Liebe! Sie sei dir gegönnt Rappy! Ich gehe eben ein paar Fische für dich jagen.“ „Danke Paps!“ Rappys Vater nickte ihm anerkennend zu und lief zu dem Höhlenausgang. Ihr Zuhause war nicht sonderlich groß, so mussten sie immer außerhalb zum Fliegen starten. Doch kaum war der Vater aus der Höhle getreten stockte er. „W-Was ist das?“, ungläubig hob er seinen Kopf und weckte so direkt Rappys Neugier. „Was ist los?“ Sofort lief er seinem Vater nach und erkannte was ihn so Überrumpelte. Im Himmel glühten unzählige Feuerbälle auf! Sie waren sehr klein und erloschen meist direkt im Himmel, doch es schien als würden die Gebilde immer größer und langlebiger werden. „W-Was?“ In Windeseile war der Himmel erfüllt mit glühenden Felsbrocken, deren Feuerschweife den blauen, wolkenlosen Himmel langsam rot färbten und Unmengen an Qualm in die Luft schossen. Der Anblick des Himmelsfeuers war sehr majestätisch, die ganze Welt schien zu schweigen, bis plötzlich eine gewaltige Erschütterung die Klippe zum Zittern brachte. Panisch stützten sich die beiden Flugsaurier auf dem Felsen ab. Das Himmelsfeuer blieb nicht in der Luft! Die Brocken schlugen in die Erde ein. Rappy sah deutlich am Horizont, wie eine gewaltige, blitzende Wolke in den Himmel ragte. Immer mehr und mehr wurde die Umgebung kräftig erschüttert, während sich der rote, wolkenlose Himmel mit düsteren, pechschwarzen Wolken zusammenzog. Die See vor dem Zuhause wurde immer rauer, immer kräftigere stießen die Wellen gegen die Klippen und spritzten zum Teil bis zu den Beiden nach oben. „Ist das… das Ende?“, fragte Rappy ängstlich und wich etwas zurück. Nein! Es durfte nicht das Ende sein! Wieso jetzt? Wieso ausgerechnet jetzt? Er war endlich mit Marie zusammen! Sie waren glücklich! Wieso wollte das Himmelsfeuer sein Glück zerstören? Immer öfter wurden die lauten Erschütterungen und Knalle von gequälten Schreien durchdrungen. Von den Brocken getroffene Dinosaurier schrien qualvoll auf und in jedem Schrei schien Rappy Marie zu hören. Er bekam furchtbare Angst! Seine Marie! Vielleicht schrie sie wirklich? Nein! Sie schrie wirklich! Er hörte es! Er musste ihr helfen! „Ahh!“, schrie Rappy auf, als ein kleiner Meteorit direkt in die Klippe einschlug. Die Erschütterung warf ihn auf den Boden. Er schmeckte den Stein unter sich. Schmeckte so die Angst? Felsig? Da! Schon wieder! Er hörte Marie schreien. Sofort breitete er seine Flügel aus und sah zu seinem Vater. „Paps… Ich habe dich unendlich lieb, auch Mama und den Kleinen… Doch ich muss zu Marie! … Lebt wohl.“ Noch bevor sein Vater Einwände bringen konnte, nahm Rappy Anlauf und stieß sich in die Luft ab. Schnell drehte er bei und flog in die Richtung von Maries Zuhause. So stark wie er wirkte, so schwer knabberte die Angst an seinen Knochen. Durch die ganzen heißen Felsbrocken stiegen die Temperaturen unermesslich an. Eine erdrückende Hitze, gegen die er ankämpfte, sie schwächte ihn, besonders durch seine Angst. Dieses Gefühl schien förmlich an seinen Muskeln zu nagen, immer mehr schien ihn die Kraft zu verlassen. Wie sollte er seine Flügel noch aufrecht halten können? War er nicht eben schon eingeknickt? Sie knabberte an ihn, aber verführte ihn auch. Die Angst lud Rappy ein eine Pause zu machen, er solle einfach aufhören zu kämpfen und sich stellen. Das Himmelsfeuer würde ihn doch eh verschlingen! Davon zeugten doch schon die gequälten Schreie seiner Kameraden, welche sein Trommelfell in Stücke zu reißen schienen. Das machte ihm die Angst deutlich! Doch Rappy wollte nicht darauf eingehen, gleichgültig wie sehr er zusammen zuckte, wenn die spitzen Schreie der Gequälten in sein Ohr drangen. Ganzgleichgültig wie viele Flugsaurier bereits vom Himmel fielen, weil sie von den Steinen getroffen wurden. Überall sah er es! Die Gefallenen, überall sah er - Marie! Sein Herz zersprang immer wieder angesichts dieser Vorstellung. Seine Angst galt nicht dem Tode, sondern dem Tode ohne Marie! Den letzten Moment wollte er mit ihr verbringen! Doch das schleichende Gift der Angst verseuchte seine Gedanken! Marie sei schon längst tot! Er würde es doch niemals rechtzeitig schaffen! Er flog in sein Verderben! Nein! Weg! Diese Gedanken sollten schwinden, doch wie sollten sie dies tun, wenn er überall das Ende sah? Mittlerweile roch Rappy das Verderben - den Gestank von verbranntem Fleisch. Das war Öl für das lodernde Feuer der Angst, in seiner Brust. Wenn gleich es so wirkte, als würde diese kräftige Emotion seine Nase verstopfen, roch er den Tod umso kräftiger. Die Angst war in ihm! In jedem Knochen, in jeder Ader, Rappy glaubte, dass es ihn zerreißen würde… Kapitel 3: Nachtwache –Aufgabe August - --------------------------------------- Trotz Plüschdino findet Louis keine Ruhe… Im Krankenhaus war es schon spät in der Nacht, als Krankenschwester Cordula in das Zimmer von Louis trat. Als man den blonden Jungen in sein Bett gebracht hatte, konnte dieser nicht einschlafen. Das lag jedoch nicht an den nervigen ‚Piep‘-Geräuschen, an diese hatte sich Louis nämlich schon lange gewöhnt, Cordula vermutete eher, dass ihr kleiner Patient sehr bedrückt war. Dazu hatte er auch allen Grund, doch konnte sich die Krankenschwester nicht um ihn kümmern, dafür herrschte während des Schichtwechsels zu viel Chaos und dann waren noch einige Medikamente verschwunden gewesen. Wie es sich Cordula gedacht hatte, schlief der kleine Junge immer noch nicht. Er kuschelte sich sehr eng an seinen Plüschdinosaurier und weinte leise in sein blaues, kurzes Fell. Durch das Fenster schien der Mond genau auf Louis Gesicht und erhellte dabei den Raum so sehr, dass Cordula leicht ihren Weg zu dem Bett des kleinen Jungen fand. Durch die ganzen Geräte und Kabel war dies sonst nicht so leicht. „Hallo Louis.“ Cordula sprach leise, sie wusste sowie so, dass ihr der Kindergartenjunge noch nicht antworten würde. Vorsichtig setzte sie sich auf die Bettkante und fing an den Jungen durch seine blonden Haare zu fahren. „Du bist ein starkes Kerlchen…“, versicherte sie ihm noch, ehe auch sie in Stillschweigen überging. Louis würde, wenn er soweit wäre, einen Schritt auf sie zu machen. „Ich mag… ein Dinosaurier sein…“ Dieser Wunsch versetzte die Krankenschwester in Überraschung. Ihr Intensiv-Patient liebte zwar Dinosaurier, doch, dass dieser selbst einer sein wollte war ihr neu. „So ein Langhalsdino wie dein kleiner Dini?“, fragte Cordula neugierig und rutschte mit ihrem Gesäß zurück, so, dass sie sich auf die Bettkante legen konnte. Dadurch kuschelte sie sich gewissermaßen etwas an Louis, sah dabei aber auch direkt auf seinen Plüschdinosaurier ‚Dini‘ und damit auch in sein Gesicht. „Ja! Nur anders…“ „Wie anders denn?“ „Ich… mag viel größer sein! Wie ein Haus.“ „Boah das ist groß!“ „Und einen ganz langen Schwanz und… einen langen Hals.“ „Wie ein echter Langhalsdino eben!“ „Und… ich mag Stacheln haben! Ganz große und lange! Am Rücken! Da!“ Louis Stimme wurde aufgeregter, blieb aber schwach und traurig. Langsam deutete er mit seinen Fingern auf den Rücken von Dini und wanderte dann an dessen Hals entlang. „Und da auch.“ „Stacheln? Warum denn?“ „Dann…Dann tut mir keiner weh!“, erklärte Louis und drückte sein Kuscheltier wieder an sich, während ihm dicke Tränen über die Backen liefen. „Du hast Angst vor dem langen Weg oder?“ „Und ich bin so groß… das…Keiner zu mir rauf kann!“ „Aber ist das nicht traurig? Dann kannst du doch gar nicht mehr mit mir kuscheln.“ „Uhm…“ Louis dachte kurz nach, ehe er auf Cordulas Frage die passende Antwort parat hatte. „Mein Hals ist so lang…das ich zu dir komme! Und dich trage.“ „Weißt du Louis… den Weg musst du alleine gehen. Wir sind zwar alle bei dir, auch Dini und begleiten dich auch soweit wir können… doch das Stück am Ende… du musst es alleine gehen.“ „Ich bin so groß… das ich nicht gehen muss! Ich bleib stehen.“ Cordula schwieg einen Moment und sah den Jungen an. Er weigerte sich noch sehr vor seinem Weg, vor seinem unausweichlichen Weg. Sie verstand gut, warum er sich zu den Dinosauriern flüchtete. Sie wollte nicht mitten in der Nacht darüber reden und so entschloss sich die Krankenschwester, mit einem unsicheren Gefühl, Louis abzulenken. „Ein großer, stachliger Dinosaurier magst du also sein?“ „Ja!“ „Und du trägst mich auf deinem Kopf durch die Welt?“ „Wenn du magst!“ „Klar mag ich!“ „Dann… trag ich dich.“ „Wo trägst du mich denn hin?“ „Weg! Ganz weit weg!“ „Oh! Ich mag aber lieber auf eine schöne Südseeinsel. Wo würdest du denn gerne hin wollen Louis?“ „A-An… Strand!“ „Ui! Du bist ein großartiger Schwimmer, oder?“ „Ja…“, gab Louis mit einem zögerlichen Nicken von sich. „Kannst du als Dino denn auch schwimmen?“ „Ja… auch!“ „Mh… Weißt du… vielleicht kann ich ein paar Doktors fragen, ob du nicht vielleicht ins Schwimmbad darfst. Lukas würde dir da bestimmt helfen.“ „Echt?“ Louis Stimme hellte sich sofort deutlich auf. Doch Cordula blieb es mulmig in der Magengegend. War es richtig gewesen Louis so abzulenken? Hätte sie ihn vielleicht besser vorbereiten sollen? Die Unsicherheit der Krankenschwester verfolg jedoch sofort, als sie in Louis glückliches Gesichtchen sah. Seit langem schien er wieder fröhlich zu sein. Vielleicht war es besser, wenn er seine letzte Zeit mit Freude verbrachte und nicht mit Wissen. Am Ende blieb immer noch Zeit, dass der Dinosaurier alleine über die Grenze stieg. „Weißt du Louis. Ich bleibe noch bei dir bist du eingeschlafen bist. Wenn du magst, kannst du mir noch etwas über deinen Dinosaurier erzählen und morgen darfst du vielleicht schon ins Schwimmbad.“ --- Die nächsten Tage nahm sich Cordula frei. Sie konnte nachts nicht schlafen, weil sie sich immer wieder fragte, ob sie das Richtige getan hatte. Bereit sein oder glücklich sein? Kapitel 4: Nach der Wache –Aufgabe September - ---------------------------------------------- Nicht jeder Abschied birgt eine spätere Begegnung… Es war mitten in der Nacht gewesen. Obwohl Louis schon lange eingeschlafen war, verweilte Cordula an seinem Bett. Sie lies sich von dem ewig gleichen Rhythmus der ‚Piep‘-Geräusche in Trance versetzen. Doch schon nach kurzer Zeit wurde die Nachtschwester aus ihrer Trance gerissen, als der rhythmische Ton urplötzlich zu einem langen ‚Piep‘ wurde. Sie war schneller auf 100 als ein Porsche, doch all ihre Geschwindigkeit und selbst das Wunder der modernen Medizin konnte es nicht verhindern. Der diensthabende Arzt tat Alles, was in seiner Macht stand, doch der Abschied blieb unausweichlich. Mittlerweile waren sie weg. Nur Cordula blieb zurück. Der Mond hatte sich hinter Wolke versteckt und raubte so dem Zimmer die letzte Helligkeit. Schweigend sah sie Louis an. Sie mussten dem kleinen Jungen das Oberteil ausziehen, so sah Cordula deutlich, zu welch Taten Menschen in der Lage waren, ungeachtet des Alters ihrer Opfer. War das fair? Zögerlich streckte die Schwester ihre Hand nach Louis‘ Brust aus. Sie hatte es schon tausendmal gesehen. Es gehörte zu ihrem Beruf. Doch gegenüber Louis fühlte sie sich wie vor ihrem ersten Toten. Tausendmal, doch bei ihm war es anders. Cordula kniff ihre Augen fest zusammen, als sie ihre flache Hand auf Louis Brustkorb legte. Er war noch warm, dass machte es ihr nicht leichter zu fühlen, wie sich in seinem Inneren nichts mehr tat. Am Liebsten hätte sie sich an Louis ausgeweint, doch sie wollte stark sein. Stark sein für ihren kleinen Patienten, der bis zum letzten Moment stark war. Aber es fiel ihr nicht leicht. Je mehr sie gegen ihre Tränen ankämpfte, desto mehr liefen ihr über die Wangen. War das fair? Wäre das Leben eine Geschichte, sie würde sofort den Rotstift ansetzen und diese Szene durchstreichen. Ein rotes X sollte auf der Seite sein. Louis sollte gesund werden, ins Schwimmbad gehen und dann eine nette Pflegefamilie bekommen. Später würde er dann Lokomotivführer oder Pilot oder Ritter werden, oder das, was Jungs in seinem Alter werden möchten. War das fair? Wäre er nur in der Nachbarfamilie auf die Welt gekommen, hätten sie ihn nie sehen müssen und er könnte jetzt noch… Wie gerne würde sie noch einmal mit ihm reden. Mit ihrem neugierigen Patienten und seinem Wunsch ein Dinosaurier zu werden. Behutsam zog Cordula ihre Hand zurück und deckte Louis‘ mit blauen Flecken übersäten Körper zu, bis zum Hals. „L…“ Sie wollte zu ihm sprechen, doch sie war noch nicht bereit dafür. Je länger sie Louis ansah, desto schlechter ging es ihr. Am Liebsten wollte sie sich auf den Boden werfen und Alle verfluchen, doch sie musste stark sein! Stark! Ihr Schützling…Er sah aus wie immer. Als würde er schlafen. Die Augen geschlossen… etwas blass, doch…schlafend? Aber der Arzt schrieb es… Todeszeitpunkt…War das fair? Wehleidig sah Cordula auf Louis‘ Arm. Dini lag nicht mehr in diesem. Bei den Wiederbelebungsversuchen war er auf den Boden gefallen. Der Plüschdinosaurier wurde immer mit dem rechten Arm an Louis‘ Körper gehalten. Es war Louis tapferer Arm. Braunülen um Braunülen wurden ihm immer wieder in diesen gelegt. Doch Louis biss immer die Zähne zusammen und drückte Dini an sich. Er war tapfer! Cordula nahm sich einen Tupfer und entfernte vorsichtig, aber zügig die Braunüle aus Louis‘ Arm. Schnell drückte die Schwester den Tupfer auf die Einstichstelle und hob mit ihrer freien Hand den Plüschdinosaurier an seinen rechtmäßigen Platz. „Jetzt kannst du frei sein…“, schluchzte die Krankenschwester und legte ihren Kopf auf die Brust des blonden Jungen. Sie konnte nicht mehr stark sein. „Gott geht bestimmt mit dir ins Schwimmbad Louis… Ihr macht euch einen schönen Tag! Und dann geht ihr in den Zoo… Da kannst du dir dann auch Dinosaurier ansehen. Echte… L-Lebende…“ Lebend? Konnte das so stimmen? Lebt er an einem anderen Ort? „Ist das nicht toll? Du bist der erste Junge der echte Dinosaurier sieht! Dein stachliger Dinosaurier ist bestimmt auch dabei!“ Sanft fuhr Cordula durch Louis‘ Haare und drückte dann den kleinen Jungen an sich. Er war nicht mehr warm, er war kalt. Cordula stiegen wieder Tränen in die Augen. Kalt… War der letzte Rest von Louis fort? Seine Wärme? Seine Seele? „Hoffentlich hast du Spaß mit den anderen Kindern…“ Kapitel 5: Wecke den Dino in dir -Aufgabe Januar- ------------------------------------------------- Eine Lebensrekonstruktion des 'Buntosaurus'. Schwer seufzend wandte Alex seinen Blick in den Himmel. Dabei verdeckte kein nerviges Himmelsschaf – eine Wolke – den Himmel und so konnte Alex das Blau über ihm genießen. Eigentlich konnte man ohne zu zögern behaupten: Dieser Morgen war sonnig und klar. Doch so ganz konnte der Jugendliche die Wunder der Natur nicht genießen. Das lag nicht daran, weil er mit Ianus auf einem weißen, alten Bettlaken saß, sondern weil er seiner heimlichen Liebe heute Morgen eine SMS geschickt hatte. Im Grunde ist das keine schlechte Sache, doch blöder weise galt die SMS seinem Freund Jack und beinhaltete neben der Begrüßung 'Hey Rippchen' die Frage ob er nicht mit ihm und Tobias ins Kino gehen wolle, in den neuen Horrorfilm. Auch das wäre – abgesehen – von der unüblichen Begrüßung kein Problem, doch diese SMS war seine erste an Clara und besagter Schwarm hatte Alex offiziell nie ihre Handynummer gegeben. „Bah alles Sch... Scheibenkleister.“, verkniff sich Alex das Fluchen vor Ianus und sah nun wieder zu diesem. Der Kleine panschte munter strahlend in seinen Fingerfarben und malte sich bunte Streifen und Punkte auf seinen nackten Körper. Dabei wählte er zufällig aus, welche Bereiche, welche Farbe bekamen. Ianus hatte sich nämlich noch nicht entschieden, ob er einfach nur ein Bild sein möchte oder ein buntes Tier, vielleicht sogar ein Dinosaurier. Alex sah seinem Bruder die Unentschlossenheit deutlich an und lachte leicht. „Na was wirst du?“ „Das das das das ist eine Über-Überraschung!“, rief Ianus und sah seinen Bruder mit großen, nachdenklichen Augen an. Ianus wiederholte oft Wörter, weil er schneller redete, als sein Kopf mit dem bilden neuer Sätze nach kam, so verhedderte er sich oft in seinen eigenen Sätzen, bevor er wieder weiter reden konnte. Dieser Effekt wird sogar noch verstärkt, wenn er gerade viel nachdenkt, wie in diesem Moment. „Uhhh...“, brummelte Ianus nachdenklich, während vor ihm eine Liste mit lauter prähistorischen Tieren erschien, die bei ihm den Titel 'Dinosaurier' trugen. Zuerst wandte sich Ianus den Flugsauriern zu, diese Unterliste beinhaltete leider nur drei Flugechsen, deren Gestalt er heute jedoch nicht annehmen wollte. Als Nächstes folgten die Meeressaurier, hier war die Liste schon deutlich länger und beinhaltete nicht nur Ichthyosaurus oder Plesiosaurus, sondern auch schon Pliosaurus. Natürlich durfte in dieser Liste auch nicht Mosasaurus fehlen. Doch das aquatische Leben reizte ihn heute auch nicht. Also begab sich Ianus an Land und kontrollierte hier seine Liste. Stand ihm heute der Sinn nach einem 'Langhalsdino'? Oder eher nach einem gehörten Triceratops? Vielleicht Spinosaurus? Das war einer seiner allerliebsten Dinosaurier, aber er wollte lieber ein sehr gefährlicher, fleischfressender Dinosaurier sein, wie Tyrannosaurus. Mittlerweile drehten sich Alex' Gedanken wieder um seine peinliche SMS. „Rippchen...“, seufzte er fertig und legte sich auf seinen Rücken. Wie blöd konnte er eigentlich sein? Zwischen 'Jack' und 'Clara' lagen so viele Einträge! Alex war so sehr mit sich beschäftigt, dass er gar nicht bemerkte, wie Ianus ihn bereits in seine Fantasiewelt riss und so entging ihm auch das Spektakel von Ianus' Verwandlung. Der sonst so kleine und niedliche Junge wurde plötzlich ganz schuppig, entgegen seiner Säugetier Abstammung wuchsen ihm auf seinem ganzen Körper Schuppen. Doch diese vielen Echsenmerkmale waren nicht grün, oder einfarbig, sie waren knallig bunt, als würde sich der schuppige Junge mit einem Regenbogen vereinen. Während ihm ein langer, kräftiger Schwanz wuchs, wurde er selbst immer größer. Auch sein neues Körperanhängsel wurde direkt schuppig und färbte sich bunt ein. Die Oberseite seines Schwanzes spiegelte wieder einen Regenbogen wider, hingeben die Schuppen auf der Schwanzunterseite gelb wurden. Ianus' neue Gliedmaße bekam zum Abschluss noch braune Streifen in einem konstanten Abstand, welche bis zu den gelben Schuppen reichten. Doch damit war seine Transformation noch lange nicht abgeschlossen, seine Hände waren immer noch menschenlang, das passte doch nicht. Deswegen legten auch seine schuppigen Arme an Länge zu, bis sie den Boden erreichten, wobei er seinen Körper waagrecht hielt und seine Arme durchstreckte. Der Dinosaurier war also in der Lage auf allen Vieren zu laufen. Damit die Urzeitechse noch gefährlicher wird, legten Ianus' Finger an Kräftigkeit zu und entwickelten gefährlich spitze Krallen. Entsprechend seiner kräftigen Arme, wurden auch die Beine der Schreckenskreatur kräftig und dick. Seine fünf Zehen reduzierten sich auf drei, dafür sehr kräftige, Zehen, welche jeweils mit einer erschreckenden Kralle bestückt waren. Auch diese kräftigen Laufinstrumente färbten sich bunt ein. Nun blieb nur der Kopf. Dafür verlängerte sich Ianus' Hals etwas, während sein Kopf komplett neue Dimensionen annahm. Lange dauerte es nicht und auf dem kräftigen Hals thronte ein gewaltiger, riesiger, tyrannosaursähnlicher Kopf. Für Ianus stand nun die grobe Form, doch es fehlten noch einige Details. So waren ihm die Zähne des mächtigen Schädels einfach zu klein und so lies er die oberen Fangzähne länger werden, dass sie ihm aus dem Kiefer ragten. Als nächstes sprossen Ianus aus der Schwanzspitze rote Vogelfedern und bedeckte die Spitze noch mit einem gelben Flaum. Auch aus seinen Unterarmen wuchsen drei blaue Vogelfedern. Seinen kräftigen Rücken schmückte der Dinojunge mit ein paar Stacheln. Er war fertig! Der BUNTOSAURUS. Für die Paläontologen dieser Welt sicherlich eines der merkwürdigsten Fossilien, doch zum Glück existierte diese Kreatur nur sehr lokal, im Garten der Folkuris. Obwohl vor ihm ein gefährlich sabbernder Dinosaurier stand, lag Alex weiterhin auf seinem Rücken und bereute die morgendliche SMS an seinen Schwarm. Wie hätte er die Echse auch bemerken sollen? Starrte er doch wieder in das Blau des Himmels und merkte nicht, während aus dem Boden, neben ihm palmenartige Bäume in die Höhe schossen. Erst als die Gewächse ihre volle Schönheit entfalteten und ihre Blätter in Alex' Sichtfeld hielten, richtete er sich auf. „Ianus?“, fragte er unsicher und sah vor sich den gefährlichen Buntosaurus. „... ...Bitte nicht!“, jammerte Alex gequält. Er hatte für einen Moment nicht aufgepasst und schon war er fester Bestandteil Ianus' Fantasiewelt, mal abgesehen davon das sein kleiner Bruder ein gewaltiges Monster war. „Graaah!“, brüllte der Buntosaurus laut, während ihm der Geifer aus dem Mund flog. „IANUS!“, schrie Alex panisch und schwang sich sofort auf seine Beine, um besagte sofort in die Hände zunehmen. „Braaaah!“, ertönte erneut ein Ruf des gewaltigen Dinosauriers, ehe er schon die Verfolgung von Alex aufnahm. Zu Beginn lief der Buntosaurus eher gemächlicher, ehe er immer schneller wurde, wie ein Auto das Fahrt aufnahm. Alex hatte hingegen eher einen Schnellstart, mit viel Power hingelegt. Doch würde das reichen? Der Buntosaurus war nicht nur deutlich größer, mit jedem seiner Schritte bebte auch die Erde und seine Schrittlänge stellte Alex' deutlich in den Schatten. „ICH SCHMECKE WIE SPINAT!“, rief Alex um den gewaltigen Fleischfresser abzuschrecken, doch er hatte keinen Erfolg. Was sollte er bloß tun? Auf eine Palme klettern? Was für eine Chance hatte er schon gegen diesen spitzen Jäger? Der Jugendliche merkte deutlich, wie ihm Ianus immer näher kam, bedrohlich näher! Er musste Etwas unternehmen! Und dann kam ihm vielleicht die Lösung! Sein Bruder war ein gewaltiger Dino, aber er war im Vergleich klein und wendig. Von seinem neuen Plan beflügelt nahm Alex noch einmal Geschwindigkeit auf. Tatsächlich vergrößerte sich der Abstand zwischen den Beiden wieder um geringe Werte, ehe er einen hastigen Haken schlug und in die dichten Gebüsche des Urwaldes verschwand. Zwar konnte der Gejagte jetzt nicht mehr beurteilen, ob er den Buntosaurus getäuscht hatte, entkam dafür aber der Gefahr. Solch eine gewaltige Fressmaschine könnte sich unmöglich durch diese eng stehenden Bäume drücken. Er war also in Sicherheit! Doch so recht traute er dem Frieden nicht. Der Buntosaurus war urplötzlich so still, hatte er zuvor mit seinem Gebrüll doch das halbe Erdmittelalter aufgeweckt. Hatte er etwa auch einen Plan? Ach Quatsch! Der Buntosaurus war doch ein Dinosaurier, wie groß könnte sein Gehirn schon sein? Traubengroß? Natürlich wollte Alex seinen kleinen Bruder mit diesem Gedanken nicht beleidigen, sein Gehirn war viel größer, irgendwo mussten doch die ganzen Dino-Fakten Platz haben! Ein paar letzte Äste schlugen dem Braunhaarigen noch ins Gesicht, ehe er endlich wieder den strahlenden Himmel sehen konnte. Er hatte es geschafft! Er war aus dem Urwald entkommen! Als Erstes atmete Alex kräftig ein, um ein erleichtertes: „Ufff...“, auszustoßen. Danach wandte er direkt seinen Blick auf den Urwald. Er hatte es tatsächlich geschafft! Er war dem Buntosaurus entkommen. Wer konnte das schon von sich behaupten? Doch der Frieden blieb nicht von langer Dauer, plötzlich fingen Vier oder Fünf Bäume an zu wackeln, als würde man einen Apfelbaum schütteln, um die leckeren Früchte ohne Leiter zu ernten. Doch Alex war sich sicher, dass diese merkwürdigen Palmen definitiv keine Früchte trugen und abgesehen vom Buntosaurus war auch Niemand im Wald. Was plante dieser Dinosaurier also? Lange musste sich Alex keine Gedanken machen, da schoss der regenbogenfarbende Dinosaurier schon zwischen den wackelnden Palmen hervor und flog im hohen Bogen über den Wald, direkt auf Alex zu. „Dinos können doch nicht fliegen!“, rief Alex, während seine Augen immer größer wurden. Der Buntosaurus flog direkt auf ihn zu. „Thihihihihih! DAS WAR TOLL!“, rief Ianus vergnügt. „Bah! Da stand dein Planschbecken!“, beklagte sich Alex, welcher rückwärts in Ianus' Planschbecken gefallen war, als ihn der Kleine angesprungen hatte. „Ich ich ich mag nochmal Buntosaurus sein!“, kündigte Ianus vergnügt an, während er ein bisschen mit Alex kuschelte. Zum Glück waren seine Fingerfarben schon getrocknet, dadurch blieb Alex' nasses Oberteil zumindest sauber. „Achja magst du? Magst du?“ Vergnügt fing Alex an seinen jüngeren Bruder zu kitzeln. Was machte er sich Sorgen über seine blöde SMS? Ihn hatte gerade ein riesiger Dinosaurier zerquetscht, es gab also deutlich größere Probleme! Während Alex den kleinen Dinosaurier kräftig durchkitzelte, klingelte sein Handy verzweifelt um Aufmerksamkeit. Es hatte eine SMS bekommen... ...von Clara. Kapitel 6: Etwas später nach der Nachtwache ------------------------------------------- Ein Gespräch Wie viel Zeit war vergangen? Cordula wusste es nicht. Sie saß immer noch in Louis' Zimmer und verfluchte die Welt und Alles was sie zusammenhält. „Alle sagen du trauerst mit ihnen, wenn es den Menschen schlecht geht und freust dich darüber, wenn sie sich freuen! Was ist das für ein billiger Witz? Du hättest die Macht gehabt ihm das Leben zu schenken! DU! DU ALLEIN! WAS BIST DU FÜR EIN MISERABLER GOTT? Hättest du ihm am Leben gelassen müsstest du doch jetzt nicht trauern!“, brüllte Cordula wütend in das Krankenzimmer. Nach ihrer lauten Meinungsäußerung atmete Cordula energisch durch, sie war wütend, wütend auf Gott, den 'ach so-allmächtigen-Gott'. Doch wo war er, wenn man ihn brauchte? Weit, weit weg! „Und du?“ Ihr Blick war auf Dini gefallen und sofort ergriff sie den Plüschdinosaurier und hob ihn Louis aus dem Arm. „Was bildest du dir ein?! Du bist sein Kuscheltier! SEIN BESCHÜTZER! Du hast ihn ja GRANDIOS beschützt!“, fuhr die Krankenschwester das unschuldige Kuscheltier an und hätte es am Liebsten gegen die Wand geworfen. Doch da übernahm bereits die Trauer wieder die Überhand und Cordula schossen erneut bittere Tränen in die Augen. „Dini,Louis es tut mir so leid.“, schluchzte die verzweifelte Frau, legte das Kuscheltier zurück zu seinem Besitzer und legte ihren eigenen Kopf auf seine Brust. „Es tut mir so leid...“ Das Rad der Schuld war nun wieder bei ihr angekommen. Verzweifelt gab sich Cordula alle Schuld an Louis' Tod. Jemand musste doch schuld sein, warum dann nicht sie? Irgendjemanden musste sie doch dafür hassen. Sie hatte Louis doch nicht richtig vorbereitet. Sie gab ihm noch die Hoffnung, dass er überleben würde, nur weil sie ihn nicht traurig sehen wollte. Sie war so egoistisch! So egoistisch! Nun ist er tot und war vielleicht gar nicht bereit. Wegen ihr! Weil sie nur an sich dachte. Einige Vorwürfe später erhellte das Licht des Krankenhausflures das Krankenzimmer. Jessica war mit einer Tasse Kaffee – dem Kakao der Erwachsenen – in das Zimmer getreten. „Cordula...“, sprach sie besorgt und ging sofort zu ihrer Freundin. „Ich hab dir Kaffee gemacht. Komm mit ins Schwesternzimmer, lass uns reden! Klaus kann die Patient versorgen, so viel ist ja heute nicht.“ „Nein...“ „Cordula...“ „Nein!“ „Wenn du hier liegst, machst du dich doch selbst nur fertig. Komm mit! Sprich mit mir.“ „...“ „Sie hohlen Louis erst morgen früh ab. Du kannst dich später immer noch verabschieden.“ „...“ „Ich hör auch auf dich zu nerven.“ „Na gut.“ Cordula gab Jessica nach. Nicht weil sie nervte, sondern weil sie reden wollte. Jessica lies Cordula vorgehen und warf selbst einen letzten Blick auf Louis. Sie kannte ihn. Jeder auf der Station kannte den niedlichen, kleinen Jungen mit seinem Plüschdino. Doch Niemand wollte sich emotional auf ihn einlassen. Sie hatten Einblick in die Akten, sie wussten warum der Junge da war und wie seine Prognose aussah. Solch eine Bindung würde das Abschiednehmen nur erschweren und sich selbst schädigen. Sie Alle hielten sich deswegen zurück, sie wollten ihre eigene Psyche nicht gefährden. Cordula war das egal. Sie ging immer mit Freunde und Motivation an die Arbeit. Sie glaubte an das Gute und daran, dass Louis wieder gesund werden würde. Deswegen liebten die Patienten sie, weil sie keine Angst hatte den Sterbenden, wie den Lebenden emotional näher zu kommen. Doch das war ihre Schwäche. Niemand litt mehr unter verstorbenen Patienten, als Cordula. Als beste Freundin schätzte Jessica diese Eigenschaft an ihr, doch musste sie als beste Freundin Cordula auch ermahnen. Aber nicht jetzt, nicht heute. „Erzähl.“, begann Jessica das Gespräch, schnappte sich einen Stuhl und setzte sich an den Tisch. Sie schob Cordula die Tasse hin, aus der die Krankenschwester einen kräftigen Schluck nahm und sich setzte. „Es ist so unfair... Er war noch ein kleines Kind! Wer hat das Recht ihm einfach so das Leben zunehmen? Gott? Nur weil er die Kraft hat? Wieso tut er so was? Er liebt uns doch angeblich!“ „Ich denke, dass Gott das nicht ohne Grund getan hat.“ „Ohne Grund? Was für einen Grund hätte er haben können? LOUIS WAR FÜNF! FÜNF! In der Zeit haut mein Bruder seinen Bachelor mit Master raus! FÜNF VERDAMMT! Was soll er denn im Himmel erzählen? Das er ein erfülltes Leben hatte? Seine Eltern haben ihn krankenhausreif geprügelt! SEINE ELTERN! Sie haben ihm das Recht auf ein Leben genommen! Nie wird er seine erste, große Liebe erleben! Nie wird er den ersten Streit mit seiner Liebe erleben.“ Jessica schmunzelte leicht. „Nie wird er den Trennungsschmerz spüren und nie wird er seine wahre Liebe treffen. Nie wird er heiraten! Nie wird er selbst Kinder kriegen, seinen Beruf ausführe, sein Leben genießen und als ALTER Mann sterben. NIE! FÜNF! Wie alt werden wir heute? 80? 90? Er hat ein Achtzehntel seines Lebens erlebt!“ „Das ist wirklich schlimm...“ „Das Wunder der Medizin ist schlimm! Wir hohlen Achtzigjährige aus dem Koma, aber bei einem kleinen Kind scheitert all unser Können? Er wäre in eine neue Familie gekommen! Eine Familie die ihn richtig behandelt, sich um ihn sorgt, ihn tröstet und lieb hat. Doch was hat er bekommen? Es ist unfair!“ „Seine Eltern bekommen doch ihre verdiente Strafe.“ „Sie haben ihr eigenes Kind seiner Zukunft beraubt! Und wenn sie sich etwas antun, müssen WIR sie retten! Ist das fair? Sie sollten für ihr Kind sterben, ihr Leben sollte Louis eine neue Chance geben!“ „Cordula! So kenne ich dich gar nicht!“ „Aber ich hab doch recht!“, rief Cordula, als sie wieder zu weinen anfing. „Der Junge hat Niemanden, Niemand ist dabei wenn er in sein kleines Gra...Gra...“ Cordula konnte es nicht aussprechen, sie wollte es nicht aussprechen. Diese Vorstellung, dass die Totengräber ein kleines Grab ausheben müssen, ein kleines, aber tiefes Grab, das Grab für ein Kind! Nein. Dieses Wort soll nicht im Zusammenhang mit einem Kind fallen. „Ist gut Cordula, ich weiß was du meinst.“ „NEIN! Erst tragen sie ihn raus und dann müssen sie in der Pathologie seinen Körper aufschneiden und zerfleddern. Nur um die letzten Details seines Lebens zu finden. Ich will sie nicht wissen. Ich will nicht wissen, was er Alles durchmachen musste.“, weinte Cordula gequält. Der Gedanke, dass die Ärzte im Körper des Jungen Hinweise auf noch mehr Schandtaten finden würde belastete sie sehr. Sie wollte Louis' Vergangenheit ruhen lassen und nicht wissen was ihr kleiner Held noch Alles durchmachen musste. „Du musst den Bericht doch nicht lesen“, tröstete Jessica besorgt. „Es werden doch Alle drüber reden! Und dann bauen sie seinen kleinen Sarg auf und legen ihn hinein. Zugenäht und gepudert...Und Keiner kommt.“ Bei dem Gedanken weinte Cordula noch stärker. „Er hat doch Niemanden mehr, Niemand kommt zu seiner Beerdigung, Niemand kommt zu seinem Grab um es zu pflegen, Niemand weint um ihn.“ Cordula weinte tiefe Tränen der Trauer. Jessica konnte diesen Anblick nicht ertragen und nahm ihre Freundin deshalb in den Arm. „Aber Cordula...Du gehst doch hin. Du gehst doch zu seiner Beerdigung, zu seinem Grab.“ „Ja...Aber...“ Langsam beruhigte sich Cordula wieder, aber Etwas bedrückte sie weiterhin sehr. „Ich...Ich bin seine Krankenschwester gewesen. Ist das nicht traurig? Die einzige Person die kommt, kannte ihn nur wenige Tage.“ „Aber es kommt Jemand, er ist nicht alleine. Das Louis gestorben ist, ist sehr tragisch. Aber er konnte die letzten Tage bei dir sein. Vielleicht warst du ihm die letzte Zeit, die einzige Mutter, die er je hatte.“ „Meinst du? Aber ist dennoch nicht fair!“ „Da hast du Recht, aber wenn du daran zu Grunde gehst, wird es nicht besser.“ „Ja ich weiß. Aber... Diese Ungerechtigkeit! Louis hatte Niemanden auch nur das Geringste getan. Er war so klug, aus ihm wäre bestimmt ein toller Mensch geworden. Er hätte glücklich werden können!“ Wieder fing Cordula an sich ihrer Schwäche zu beugen. Sie konnte es nicht begreifen. Welchen Sinn hatte es, dass Louis gegen seinen Willen diese Welt verlassen hat? Wie gerne würde sie einfach in den Himmel springen und Louis zurück auf die Erde zerren. Aber auch das blieb Unmöglich. Ein letztes Mal wollte sie mit ihm reden, ihn fragen ob er glücklich ist dort oben und ob er nicht vielleicht doch zurück kommen möchte. Zu ihr! 'Louis... Komm zurück... Dann werde ich deine Mutter und achte darauf, dass dir Niemand mehr Leid zufügt.' Doch er würde nicht kommen, nicht antworten, Nichts. War der Tod so, wie das Zurückbleiben? Kalt, einsam und verzweifelt? Kapitel 7: Edgar und Klopsi --------------------------- Tonnenförmige Probleme und Harald „Hey Peter! Ich hab ein riesen Problem! Kann ich vorbei kommen?....Piep Piep Piep“ Gegen 12 Uhr hatte Dr. Peter Schwartz Mittagspause. Er wusste schon, dass sein junger Freund Edgar im Behandlungszimmer Nummer Zwei warten würde. Wenn Edgar ihm so panisch auf den Anrufbeantworter sprach, gab es eigentlich nur zwei mögliche Szenarien die eingetroffen sein konnten und so ging der Tierarzt neugierig in das Behandlungszimmer. „Mensch Edgar! Leg dein Verschwörungstuch nicht immer über die Lampe.“, seufzte Schwartz schwer, weil er Edgar jedes mal darum bitten musste. „Heute muss es aber sein.“, versicherte der braunhaarige Jugendliche und zupfte leicht an einem großen, weißen Tuch welches er über die Behandlungslampe geworfen hatte, um zu verdecken, was auf dem Tisch lag. „Okay...Könnten Sie uns bitte alleine lassen?“, bat der Arzt seine Helferin, die nickend den Raum verlies. Kurz wartete Edgar noch, bis die Arzthelferin die Tür zugezogen hatte und riss dann mit einer dynamischen Bewegung das Tuch von der Lampe. Wegen diesem Verhalten mochte Peter es nicht, wenn Edgar das Tuch über die Lampe warf. Irgendwann würde sie dabei runter fallen. „ACH DU HEILIGE! WAS IST DAS DENN?!“ Schockiert wich der langjährige Tierarzt von seinem Behandlungstisch weg und stütze sich auf die Arbeitsfläche hinter ihm. Dr. Peter Schwartz war schon viele Jahre Tierarzt und er dachte eigentlich, dass es jedes Tier in dieser Gegend kennen würde. Doch das?! Das Tier, welches Edgar mitgebracht hatte, war, grob geschätzt, 80 bis 90cm lang. Es besaß grüne, sehr feine Schuppen und kleine,dicke Beine, die angewinkelt einen tonnenförmigen Körper hoch hielten. Die Bauchseite hatte einen leichten Gelbstich, hingegen die restlichen Schuppen, auch an dem langen, dicken Schwanz, grün waren. Der Kopf des Tieres war im Verhältnis klein und schien kaum einen Hals zu haben. Im Ganzen war das Tier sehr dick, doch besonders war das riesen Rückensegel, welches doppelt so groß war wie das eigentliche Tier. „W-Wie? W-Wo...Edgar! Was hast du angestellt?“ Leicht verzweifelt schüttelte der Fünfzehnjährige seinen Kopf. „Ich sollte für Physik einen Versuch durchführen und du weißt wie mies ich in E-Lehre bin...“ „Was hast das mit diesem...Waran? Zu tun?“ „Ich weiß auch nicht was ich angestellt habe! Ich wollte die Aufladekurve eines Kondensators aufmalen und irgendwie habe ich das wohl falsch verkabelt. Naja dann hat's geknallt und ich hatte naja... Das Vieh ist praktisch aus dem Nichts hier aufgetaucht.“ Edgar wandte, wie der Arzt, seinen Blick auf die merkwürdige Echse. Das große, klopsige Tier schien sich für seine Umwelt kaum zu interessieren. Es beachtete die beiden Menschen nicht und kostete weiterhin von seinem Kopfsalat, den Edgar vor ihn gelegt hatte. „Ich nenne ihn Klopsi, weil er so dick und gemütlich ist.“ „Ich...Ohman...“ Verzweifelt faltete Peter seine Hände vor dem Gesicht. Konnte das sein? „Ich glaube, dass das Tierchen ist ein Dinosaurier“, vermutete Edgar leicht unsicher und doch mit einer gewissen Überzeugung. „Nein kein Dinosaurier...Aber ich weiß ein Buch...Hoffe ich...“ Der Arzt konnte noch keinen klaren Gedanken fassen und hangelte sich buchstäblich, mit Hilfe der Arbeitsfläche, zu einem Bücherregal. Dieses stand nur zu dekorativen Zwecken in dem Behandlungszimmer. Auch Tierärzte wollen mit vielen Büchern ein gutes Gefühl den Patienten vermitteln, abgesehen davon, dass auch sie manchmal Etwas nachschlagen müssen. Peter fuhr mit seiner Hand jeden Buchrücken einzeln ab, ehe er das Werk 'Mammalia' aus dem Regal zog und weit vorne aufschlug. „Was suchst du?“, fragte Edgar neugierig und wäre am Liebsten zu seinem Freund gerannt. Edgar liebte Tiere so sehr, wie einst sein Vater. Doch er hatte ihm auch Verantwortung gelehrt und so blieb der junge Mann bei Klopsi stehen. Er wollte nicht riskieren, dass der Dinosaurier von dem Tisch springen würde, wenn er ihn aus den Augen lässt. Oft täuscht man sich bei solch gemütlichen Tieren. Auch ein Krokodil bewegt sich nicht viel, kann aber sehr schnell sein, wenn es nötig ist. Generell erinnerte Klopsis Körperhaltung an ein Krokodil, doch er schien nur Salate zu essen. „Mhh...“, brummte Edgar synchron mit Peter und streichelte das Tier sanft an seinem Rücken, direkt bei dem Dorsalsegel. „Edaphosaurus...“ „Wie?“ „Das ist Edaphosaurus!“ „Es ist wirklich ein Dinosaurier? Ich hab das nur gesagt, weil er so groß ist und aus dem Nichts gekommen ist!“ Das war nur ein Teil der Wahrheit, doch Edgar wollte nicht alle Details preisgeben. Die Situation war so schon unfassbar genug, warum sollte er sie also noch mit Details verschlimmern? „N-Nein...“ Was Peter in dem Buch las, lies die Situation noch unbegreiflicher, noch unrealistischer werden. Schockiert legte der Arzt das Buch auf das Regal und starrte den Edaphosaurus vor sich an. „Edaphosaurus ist ein...Pelycosaurier, ein früher Vorfahre der Säugetiere, älter als die Dinosaurier...Und hier...sitzt einer auf meiner Trage...Edgar...Was hast du angestellt?!“ Wenn gleich Klopsi eine Sensation war, trieb sie Peter mehr in die Verzweiflung. Er glaubte eigentlich an die Grenzen von Zeit und Raum und Edgar platziert ihm eben einen Pelycosaurier auf der Trage. „W-Was... Das...Kann doch nicht. Zeitreisen gibt es nicht!“ „Peter...Ich möchte Klopsi in seine Zeit zurückschicken.“ „Nein!“ Sofort erwachte der Wissenschaftler in Dr. Schwartz. „Das ist ein Sensationsfund! Ein lebender Pelycosaurier! Jeder Wissenschaftler wird sich darum reißen ihn zu erforschen. Wir könnten viel lernen und verstehen. Ein lebendes Exemplar! Edgar! Du könntest reich und berühmt werden und dabei noch der Welt einen großen Dienst erweisen.“ „Aber...Peter...“ Traurig sah Edgar zu Klopsi. Wenn gleich er Salatköpfe sehr mochte – wie er schon im Gemüsegarten seiner Mutter feststellen musste – das war nicht seine Zeit, er war hier nicht glücklich, er war fremd und einsam. „Nein!“ „Was?“ „Nein Peter! Klopsi gehört nicht hier her. Das ist Tierquälerei! Ich weiß nicht wie alt er ist. Er könnte vielleicht noch ein kleines Kind sein und nur durch mich ist er von seiner Familie getrennt. Nein er kann hier nicht glücklich werden. Es wird ihm doch nicht gefallen, wenn alle Wissenschaftler ihn untersuchen. Ich weiß nicht mal ob ihm der Salat überhaupt bekommt! Nein, Nein das kann ich nicht machen.“ „Hach...Edgar... Dein Vater muss unheimlich stolz auf dich sein. Du weißt wirklich was Verantwortung bedeutet... Also gut. Ich will dir helfen!“ „Ich möchte haben, dass du Klopsi untersuchst. Ich weiß nicht ob es ihm gut geht. Kannst du da was machen?“ „Oh man... Ich soll ein ausgestorbenes Tier untersuchen? Da weiß ich ja Nichts drüber.“ „Du bist der Einzige der das schaffen kann. Aber ich habe den Eindruck, dass er nur schwer fällig atmet. Aber vielleicht ist das normal?“ „Naja...“ Wieder griff Peter zu dem Buch und schlug es auf. „Klopsi stammt aus einer längst vergangenen Zeit, ohne solch eine besondere Luftverschmutzung und wahrscheinlich mit mehr Sauerstoff.“ „ERSTICKT ER?!“ „Ich hoffe nicht, er muss sich wohl um gewöhnen ich weiß es nicht.“, mutmaßte der Tierarzt und zog sich Handschuhe an. „Viel kann ich jetzt nicht machen.“ Peter wusste, dass seine Mittagspause nicht lang genug wäre um das exotische Tier komplett zu untersuchen, deswegen beschränkte er sich erst einmal auf das Nötigste. Er horchte das Herz des Pelycosauriers ab, kontrollierte, aus Interesse seine Zähne und legte seine Hand auf seine Schuppen. Dabei ging der Doktor sehr vorsichtig vor. Er wollte das Tier nicht aufschrecken, doch es schien keine Angst vor den Menschen zu haben und lies die Behandlung ruhig über sich ergehen. „Okay Edgar. Ich glaube Klopsi hält durch. Er frisst viel, dass heißt auf jeden Fall, dass es ihm nicht zu schlecht geht. Seine Atmung wird wahrscheinlich stärker werden, aber er wird das überstehen. Denke ich, vermute ich, ich weiß es nicht. Seine Schuppen sind kalt, er ist wohl kein Warmblüter. Das ist für uns ein Vorteil. Es könnte ihm noch zu kalt hier sein.“ „Aber es ist Sommer.“ „Ja, aber hier im Raum ist kaum direkte Sonneneinstrahlung, dieses Segel, es hilft ihm dabei warm zu werden. Er braucht bestimmt viel Wärme. Oder er ist mit der Verdauung beschäftigt. Ich weiß es nicht, er ist...kein Lebewesen was ich kenne.“ Edgar hatte noch nie so viel Ratlosigkeit im Gesicht des Doktors gesehen. Er war es gewohnt, dass Peter auf jedes Leiden eines Tieres eine Antwort hatte, doch solch eine Situation hatte er noch nie gehabt und diese Ratlosigkeit setzt auch Peter zu. „Gott das ist zu viel für mich!“, jammerte Schwartz und drückte sich die Hände ins Gesicht. Kurz verharrte er so, ehe er wieder gefasst seine Hände senkte und Edgar ansah. „Hör! Ich hatte noch nie eine Urzeitechse auf der Matte liegen. Ich muss mich erst schlau machen. Ich werde mit meinem Kollegen reden. Keine Sorge ich werde ihm nicht die Wahrheit sagen. Bis dahin. Musst du hoffen, dass es ihm gut geht.“ „Es gibt noch ein Problem...“ „...Welches?“ „Erinnerst du dich noch an die Katze die ich gefunden und zu dir gebracht habe?“ „Ich erinnere mich an so ziemlich jedes Tier, was du mit dem Tuch hierher bringst.“ „Harald wollte es waschen und war den ganzen Tag nur am Niesen wegen der Haare. Ich habe einen riesen Ärger bekommen, weil ich mich wieder um Tiere gekümmert hab. Vor allem von Mom. Sie mochte ja Tiere noch nie so wirklich, aber sie hatte es ertragen für Paps und mich. Doch ihr Neuer...“ „Harald nicht?“ „Ja! Er ist so ein Wichser! Er hasst Tiere! Und jetzt ist Mom genauso drauf. Wegen seiner blöden Allergie hasst er sie gleich Alle! Ach und weil er ja so ein toller Menschenarzt ist. Dich mag er auch nicht, weil du ja NUR Tierarzt bist und Tiere sind bei ihm so viel Wert wie die Luft, die sie ihm weg atmen würde. So ein Penner.“ „Weißt du Edgar. Beim Umgang mit Tieren zeigen Menschen ihr wahres Ich...“ „Aber Mom hat ihn ja an geschleppt. Diesen PENNER! Du musst ihn mal erleben! Spielt sich auf, als wäre er MEIN Vater. Er kann ihm nicht mal in 100 Jahren das Wasser reichen. Mein Vater war ein guter Mensch.“ „Und ein guter Freund.“ „Aber der?! Spielt sich auf! Der hat mir Nichts zu sagen! Und bei Marcus sollte er auch Nichts zu melden haben. Es ist nicht sein Sohn. Er ist MEIN Bruder. Ich bin sein Vorbild, nicht dieser Speichellecker. Grah! Wenn der Klopsi bemerkt... der verkauft ihn sofort an die grausamsten Wissenschaftler oder schneidet ihn direkt in fertige Präparate.“ Edgar war stinkwütend. Er vermisste seinen leiblichen Vater sehr, aber er machte ihm keine Vorwürfe. Die Vorwürfe kassierte nur Harald und seine Mutter. Erster, weil er sich aufspielte und Letztere, weil sie sich in solch einen Kerl verliebt hatte. Edgar holte schon wieder Luft um sich weiteren Frust von der Seele zu meckern, da ertönte ein lautes Scheppergeräusch im Behandlungszimmer. Klopsi war von der Trage gesprungen und hatte diese dabei umgeworfen. Von dem Geräusch selbst aufgeschreckt zeigte das Urzeittier, dass es nicht nur träge sein konnte und stürmte durch die Hintertür nach Draußen, die Edgar nicht zu gemacht hatte, damit es nicht so warm im Behandlungszimmer wäre. „VERDAMMT!“ „EDGAR! REGEL NUMMER EINS! IMMER DIE TÜREN SCHLIEßEN!“ Kapitel 8: Eckbert ------------------ Wenn man Alles hat... Dieser Teil des Strandes war durch zwei Dünen begrenzt und der einzige Zugang war durch das Tor am Zaun. Warum dieser abgelegene Teil eingezäunt war, interessierte Siegfried nicht die Bohne, für ihn war es nur wichtig ob das Tor auf oder abgeschlossen war. Beim Näher kommen fiel dem Jugendlichen sofort auf, dass das Tor bereits offen stand und so trat er selbstbewusst ein. Dieser Strand bot nicht viel, nur Sand, Sonne, das Meer und eine einsame Liege. Es war perfekt! Keine nervigen, kleinen Kinder und keine dickbäuchigen Kerle die die Sicht auf das Meer und noch mehr versperrten – das musste das Paradies sein! Schnell eilte er zu dem freien Plätzchen, bevor Jemand ihm dem Platz an der Sonne streitig machen konnte, obwohl hier scheinbar Niemand war. „Nanu?“ Ein verdutzter Gesichtsausdruck zierte das Gesicht des jungen Herren, als er auf der Liege ein Häufchen Sand vorfand. Scheinbar stand diese schon länger hier, obwohl das Gerippe und der Stoffbezug sehr neu aussahen. Aber nachdem er die Bank kurz auf die Seite gelegt hatte, stellte das mysteriöse Häufchen keine Bedrohung mehr für seine Entspannung dar. Mit einem genüsslichen Ausatmen läutete Siegfried seine Erholung ein. Doch kaum waren die Augen des Jungen geschlossen, da merkte er, dass Jemand neben ihm stand. Sofort riss er die Augen auf und erblickte einen kleinen Drachen neben sich, kaum größer als ein Kind. Sonderlich erstaunt oder verwundert schien er nicht darüber zu sein, dass neben ihm eine mystische Gestalt stand. Der Drache erinnerte ihn an eine Comicfigur, mit seiner großen Nase, dem kurzen Maul, dem runden Bäuchlein und den kurzen Gliedern. Nur die Sandfarbe passte nicht sonderlich, Siegfried hätte eher das Grün erwartet, dass der Drache auf seinem Bauch hatte. „Ich bin Eckbert. Wer sind Sie?“ „Siegfried.“ „Hallo Siegfried! Ich werde Ihnen ab sofort jeden Wunsch erfüllen!“ „Wirklich?“ Siegfried war genervt. Er wollte hier seine Ruhe haben und nicht von solch einem Vieh voll gequatscht werden. „Ich will nur meine Ruhe, hau ab!“ „Wünschen Sie Etwas zu essen?“ Der Drache schien der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein, da war sich Siegfried sicher, immerhin reagierte er nicht auf seine Bitte. „Na meinetwegen!“ „Was möchten Sie denn?“ „GOTT! Bring mir... was weiß ich! Einen Burger!“ „Sehr gerne.“ Endlich Ruhe! Dachte Siegfried, lag damit jedoch nicht ganz richtig. Kaum öffneten sich seine Augen nach einem routinierten Lidschlag, stand über seinem Bauch ein Tablett, mir Stützfüßen, auf dem ein großer Hamburger stand. „Was zum?“ Zögerlich griff Siegfried nach dem leckeren Essen und hob es hoch, um es genauer zu inspizieren. Zwei Buletten, extra Käse, rote Zwiebeln, sowie Ketchup und Senf. Genauso liebte er seine Burger! Aber von seiner Lieblingsfastfoodkette konnte er nicht sein, dafür waren die Fleischstücke viel zu groß und am Käse hatte Eckbert offensichtlich auch nicht gegeizt. Erwartungsvoll biss der Jugendliche von seiner Leibspeise ab und erstarrte kurz. Dieser Burger... er war definitiv das BESTE, was er je zwischen seine Zähne bekommen hatte! Das Fleisch! Leicht blutig und dennoch zart wie ein Babyhintern. Der Käse! Innen leicht zäh und außen mit einer Schmelzkäseschicht. Der Senf! Nicht zu scharf, nicht zu mild. Der Ketchup! Würzig und doch dezent genug um dem Fleisch nicht die Show zu stehlen. „HEILIGE SCHEISSE!“ Sofort musste er ein Weiteres mal abbeißen. Bloß nicht Schlingen! Lieber genießen! „Argentinisches Rind! 200 Quadratmeter Südhang...“, fing Eckbert mit der Verkündung der detaillierten Inhaltsstoffe an, doch der Jugendliche hörte ihm nicht zu. Die weiche, weiße Haut des jungen Mannes wurde plötzlich sehr rau, als hätte man Siegfrieds Haut mehrere Stunden mit Schmirgelpapier bearbeitet. Eine Veränderung dessen er sich aber nicht bewusst wurde, immerhin war seine Haut, die er sehen konnte, vollkommen intakt. „Eckbert! Mach mir 20 von den Dingern!“, forderte der Schwarzhaarige, kaum hatte er die Nahrungszufuhr eingestellt. „Vor dem Tor stehen hungernde Kinder. Darf ich ihnen einige von Ihren Burgern abgeben?“ „Habe ich dann weniger?“ „Ja.“ „Bloß nicht!“ „Wie Sie wünschen. Ich habe mir die Freiheit genommen und für Sie im Lotto getippt, hier ist Ihr Schein.“ Noch benebelt von der Geschmacksexplosion des Burgers nahm Siegfried, ohne nachzudenken, den Lottoschein von dem kleinen Drachen an, welcher ihm dann zusätzlich auch noch einen Tabletpc reichte. „Die offiziellen und natürlich aktuellen Lottozahlen werden bereits angezeigt.“, versicherte Eckbert in einem neutralen, dienenden Ton. Er rührte sich dabei nicht um einen Millimeter, selbst seine kleinen Flügelchen standen still. „Ohja! Danke.“ Acht … Acht. Zehn ... Zehn. Zweiundzwanzig … Zweiundzwanzig. Drei Richtige? Jetzt schon? Dreiundzwanzig … … Dreiundzwanzig! Konnte es...? Einunddreißig … Einunddreißig! Das konnte doch kein Zufall mehr sein! Vierzig … VIERZIG! „HEILIGE MAMASITA! ICH HAB GEWONNEN! ICH HAB IM LOTTO GEWONNEN!“ Voller Begeisterung stemmte Siegfried seine geballten Fäuste in die Luft, doch zum Aufspringen war er gleichzeitig zu benebelt. Mittlerweile fingen seine Zehen und teile seiner Brust an zu Sand zu werden, welcher langsam von seinem Körper rieselte, doch Siegfried sah immer noch seinen Adoniskörper vor sich. „Eckbert! Du scheinst ein Händchen fürs Tippen zu haben! Tipp nochmal! In jedem Land!“ „Vor dem Tor stehen Bettler, soll ich ihnen nicht Etwas von Ihrem Gewinn abgeben?“ „Hä! Was? Vergiss es! Ich brauch die 6 Millionen selber!“ „Ich möchte Ihnen noch weitere Nachrichten zeigen!“ Endlich regte sich mehr, als nur Eckberts Maul, als dieser mit seinen drei kurzen Fingern schnipste. „Deutschlehrer verstorben?“ Durch das Schnipsen hatte der kleine Bildschirm plötzlich zu den aktuellen Nachrichten gewechselt. „Herr Schmidth ist gestorben? Ich glaub's nicht! Dieses Arschloch ist verreckt? GEIL! Dieser Wichser hatte mir eine Fünf in Deutsch gegeben! Das geschieht ihm SO recht!“ Weiterhin entzog es sich Siegfrieds Wahrnehmung, dass nun weite Teile seines Körpers zu Sand wurden und in kleinen Bächen zu Boden rieselten. „Vor dem Tor stehen seine Angehörigen, möchten Sie ihnen nicht Trost spe...“ „Leck mich! Es ist mir scheiß egal wer immer vor diesem scheiß Tor steht! Wo bleiben überhaupt meine Burger?“ Schon war Eckbert verschwunden, wieder hatte er den Moment während des Lidschlages dafür genutzt. Geiles Essen, ein Schein der Millionen wert ist, ein toter Deutschlehrer... War das hier das Paradies? Siegfried war es egal! Er entschloss, dass er niemals wieder aufstehen wollte. Eckbert war zwar anstrengend, dafür erfüllten sich hier seine wildesten Wünsche. Doch eine Kirsche für die Schlagsahne müsste es noch geben. „Hallo Siegfried.“ Eine betörende, liebliche Stimme schallte vom Meer zu Siegfrieds Ohren. Diese sanfte Frauenstimme war wie eine Liebkosung für sein Gehör. „Ohhhhjaaaa!“ „Hallo Siegfried.“ Eine dunkle, plumpe Stimme schallte vom Meer zu Siegfrieds Ohren, doch stellte diese kräftige Frauenstimme für sein Ohr nur eine Misshandlung dar. „Ohhh Goooott!“ Bevor der Jugendliche sich vorstellen konnte, wie die Frauen aussehen könnten, stiegen diese bereits aus dem Meer. Die erste Frau war sehr dünn und grazil. Sie hatte lange, blonde Haare und entsprach genau Siegfrieds Typ. Die Andere hingegen fand er nur abstoßend! Kräftig wie ein Walross und mit einer spiegelglatten Glatze. Nach ganzen drei Lidschlägen standen beide Damen direkt neben seiner Liege. Die Grazile auf seiner Rechten, die Gewaltige auf seiner Linken. Direkt vor seinen Füßen stand natürlich wieder Eckbert. „Die Dame auf deiner rechten Seite heißt Krieg. Sie, auf deiner Linken, hingegen heißt Frieden. Mit wem möchtest du denn dein Paradies teilen?“ „Da fragst du noch? Natürlich mit Krieg!“ Siegfrieds Sinne waren immer mehr und mehr benebelt, Krieg und Frieden klangen für ihn wie normale Namen. Siegfrieds Körper war nur noch eine Figur aus Sand. Zwar waren seine Glieder, der Körper und sein Bauch noch gut zu erkennen, glich aber nur noch einer Sandfigur. Selbst seine Augen waren zu Sand zerfallen und so klafften zwei große Löcher im Kopf des Jungen, über einem breiten Lächeln, doch Zähne hatte er auch nicht mehr. Sein Körper glich nur noch einer großen Comicfigur, die aus Sand gestreut wurde. „Vor dem Tor...“ „Halt deine Klappe!“ Genervt scheuchte Siegfried den penetranten Drachen weg. Glücklicherweise war mit diesem auch Frieden verschwunden. „Na komm Krieg!“ Breit grinsend fuhr der glückliche Junge mit seiner Hand über seinen nackten Bauch. „Hier ist noch Platz.“ „Ohhh Siegfried.“ Von seiner unkreativen Anmache angetan legte sich Krieg zu dem Jugendlichen auf die Liege und streichelte ihm vergnügt über Brust und Bauch. „Du machst mich so wuschig, Siegfried.“ „Ohhh Babe! Warte nur kurz! Eckbert!“ „Ja?“ „Ich krieg' Alles, was ich will?“ „So ist es.“ „Mach mir mehr von der hier!“ Lustvoll gab Siegfried der jungen Frau einen kräftigen Klaps auf den Hintern. „Zwei Weitere sollen weiter mit mir spielen. Eine soll mir die Burger halten, die übrigens mal bei kommen sollten, eine soll mir den Schirm halten und ja. Das reicht erst mal.“ „Natürlich.“ „OHHH VERDAMMT HEILIGE KACKE! DER ORT IST ABGEFAHREN!“ Mit einem breiten Grinsen stand Eckbert neben der Liege. Von der Figur aus Sand waren nur noch formlose Häufchen geblieben, die grob an die einzelnen Teile von Siegfried erinnerten, sowie seine Badehose. Mit einem kleinen Handfeger und einer goldenen Schippe fegte der kleine Drache die Sand Haufen von der Liege. Den Hügel in der Mitte umfegte er dabei gekonnt, so, dass nur noch dieser auf der Liege zurück blieb. Mit seinen kleinen Füßen grub Eckbert ein nicht sonderlich tiefes Loch und lies die Badehose von der Schippe in dieses Fallen. Danach füllte er die Grube mit dem Sand von Siegfried auf, wie üblich reichte der Sand um das Loch zu verschließen. Eine aufkommende Brise fegte den Drachen davon, wie feiner Sand löste sich Eckbert, samt Schippe und Besen auf und flog mit dem Wind davon. Das Tor am Zaun ging wieder langsam, quietschend einen Spalt auf. Kapitel 9: Ich und Du... ------------------------ Das Geräusch. Natürlich haben sie abgeschlossen. Es ist doch banal. Wenn ich abhauen würde, dann erschießen sie mich doch sofort. Anderseits. Werden sie mich so oder so umbringen. Ich wurde gebissen und - verdammt nochmal -, ich habe ebenfalls zu gebissen. In mir lebt Etwas. Ich spüre wie sie durch meine Blutbahn wandern. Wie sie... es fühlt sich merkwürdig an. Als würde jede Zelle meines Körpers schmerzen. Ob so was geht? Vielleicht hätte ich in der Schule besser aufpassen sollen, aber was würde mir Biologie jetzt noch nutzen? Sie haben mich in diese Altleute-Hausbar gesperrt, natürlich ganz alleine. Oh! Stimmt. Sie haben mir kleine Schnittchen da gelassen. Das ist wohl das Highlight in diesem Raum, der wirklich zu klein ist für eine ordentliche Party. Der Tisch in der Mitte, vor dem Tresen, ist so groß, da hat man ja kaum Platz. Mhh... Die Schnittchen sind mir zu süß. Ob das meine Henkersmahlzeit ist? Der Lachs sieht teuer aus und diese Sahne auch. Wenn sie mich so verwöhnen. Dann töten die mich doch. Warum sonst sollten sie dieses gute Essen verschwenden? Aber eigentlich haben sie es doch selbst sehr nötig. „Seuftz!“ Was soll ich jetzt machen? Der Fernseher im Bücherregal ist alt und selbst wenn es ein Plasmabildschirm wäre, Sendungen liefen eh keine mehr, nur weißes Rauschen. Ob diese Mistviecher wohl daran Schuld waren? Das bei einer Apokalypse natürlich sofort die Fernseher drunter leiden. Vielleicht ist es ja cool einer von Denen zu werden? Sie haben zwar keine Haut und ihr Fleisch ist faulig, dafür wachsen ihnen aber coole Körperanhängsel und MAN halten die viel aus! Aber ich glaube nicht, dass ich dann noch... „Argh!“ Gott! Scheiße! Das tut so weh! Die sind in meinem Kopf! Ich spüre sie! Wie Insekten die über mein Hirn wandern. „RAUS DA! RAUS DA!“ Hoffentlich hilft das Kopfschütteln was. Heftiger! Heftiger! HEFTIGER! Jetzt ist es besser. Dieses Gefühl... es stimmt mich wirklich sorgenvoll. Ich hatte so gehofft immun zu sein, wie dieses Würstchen Torben! Nein! Ich sollte ihn nicht so nennen. Oh! Der Barhocker sieht bequemer aus, als diese Holzstühle. Mal schau'n. Ja... Ja, Ja das kann man so lassen. Ja Torben. Ausgerechnet er hat mich gerettet. Nachdem ich ihn in der Schule immer so geärgert hab'. Eigentlich ist er ja selbst schuld! Wie der schon läuft! Und im Sport verkackt der ja am laufenden Meter. Das ausgerechnet so ein Wicht diesen Scheiß übersteht? Unversehrt sah er ja nicht gerade aus. Aber die Anderen auch nicht. Die können nicht alle auch immun sein. Das wäre doch unfair! Wenn ich mich verändere... mutiere. Ob ich dann noch ich bin? Oder haben diese... Para...diese Viecher dann mich unter Kontrolle? Oh man. Wie mir die Knie schlottern. Aber ich habe es gesehen. Maria... Wie sie geschrien hat, wie ihre Haut fiel... und dann überall Blut. GOTT! Bloß nicht weinen! Und diese Schreie! Spitz und... bah! Und dann wuschen ihr diese Dinger aus dem Fleisch... das muss doch... Maria... Ich vermisse dich.... Ich muss auf andere Gedanken kommen! Mal schauen. Vielleicht sollte ich einen Wodka aus dem Schrank da trinken? Oder eines dieser alten Bücher lesen? Klar! Lesen... Wie sinnvoll. Rum zu sitzen hilft mir jetzt aber auch nicht weiter. Ich schau mich lieber nochmal um, bevor se' mich hinrichten. „Mhh....“ Hübsches Wandbild. Eine Abendsonne, bestimmt war Sommer, also eine Sommersonne, die hinter einem Strand untergeht... Die Farben sind schön. Dieses Orange, die Rottöne. Sie trösteten mich kurz über meinen Lebenskummer hinweg... Und schon wieder diese Kopfschmerzen! „ARGH!“ Es fühlt sich an, als würde sie einen Bohrer auf meinem Gehirn platzieren und einfach nach unten bohren. Ein furchtbares Gefühl! Hämmern, Stechen, Zerren und Ziehen. Wann würde es denn endlich aufhören?! „Die Pistole ist gereinigt, ein neues Magazin bekommste' im Wohnzimmer.“ „Danke.“ Eigentlich wollte ich weder die Pistole, noch ein Magazin. Aber ich habe veranlasst Till mit hierher zu bringen. Er ist infiziert, dass ist mir klar. Aber vielleicht ist er ja immun, so wie ich? Ich will ihn nicht umbringen müssen. Aber wenn er mutiert und uns angreift, dann bin ich schuld! Wenn er aber immun ist, dann töte ich einen Unschuldigen. Draußen bahnt sich sowie so schon ein Sturm an. Da kann man einen irren Mutanten im Haus nicht gebrauchen. Aber... Da ist das Wohnzimmer. Ich sollte tief durchatmen und mir Nichts anmerken lassen. Das ist meine Bewährungsprobe. Meine erste Entscheidung auf Leben und Tod. Nagut. Erstmal Munition abholen. „Hey Oma.“ „Was darf's denn sein?“ „Weiß nicht was das für eine ist. Hier.“ Oma kennt sich aus. Wenn man eine Waffe nicht kennt, sie weiß es und wenn wir Munition für diese Waffe haben, dann weiß sie auch noch wo sie liegt. Unsere Waffenmeisterin. Ein Wunder das sie überlebt hat und die Jungen reihenweise diesen Mutanten zum Opfer fallen. „Ah ich weiß. Hier! Nimm das.“ „Ähm...“ „Gib mal her.“ … „Hier.“ „Danke...“ „Zielen und Feuern.“ „Ich weiß... Ich habe ja schon auf diese Kreaturen gefeuert.“ „Du musst eine Entscheidung wegen ihm treffen, oder? Auf Menschen zu schießen ist nicht das Selbe.“ „Das macht es mir nicht leichter, Oma.“ „Niemand sagt, dass es leicht ist.“ „Wenn ihm wenigstens schon die Haut vom Körper fallen würde. Dann wüsste ich, dass es zu spät für i...“ „UNS! Ist. Manche Menschen mutieren so schnell, dass du nur noch ihre spitzen Hände in deinem Brustkorb stecken siehst.“ Mit welcher Gelassenheit sie das sagte. Diese Welt...diese Apokalypse. Sie verändert die Menschen. Ich kann nicht so denken. Noch ist er ein Mensch. Ich kann ihn doch nicht. Bei dem Gedanken kribbelt mein ganzer Körper! Auf einen lebendigen Menschen schießen? Zum Mörder werden? Oder ihn am Leben lassen und alle Kameraden gefährden? Bin ich überhaupt objektiv? Wer zählt in dieser Situation noch? Wir Alle und die Wenigen nicht mehr? Oder verdient jeder noch eine Chance? Selbst die, die keine Zukunft mehr haben? Ich will nicht zum Mörder werden. Es ist Till. Der, der mich immer gemobbt hat. Es ist doch kein Racheakt? Nein. Ich handle für uns. Die, die noch eine Zukunft haben. Ja. Ja ich tue es. Ich werde Till töten. … Nein. Ich kann nicht. Soll ich einfach da runter gehen, die Waffe auf ihn richten und schie... Ich kann da ja nicht mal dran denken, wie soll ich es dann bloß ausführen? „Torben!“ „Harald?!“ „Hast du dich entschieden?“ „...“ „HAST DU?“ „J-Ja.“ „Was wirst du tun?“ „... … … Ich werde ihn...“ Durchatmen! Bewahre die Ruhe. Mein ganzer Körper spannt sich an! Wie ich den Griff meiner Pistole umklammere! Ich bin wütend. „... töten.“ „Es wird die richtige Entscheidung sein.“ Ja Harald! Das sagst du so leicht! Was war mit Phil? Hast du ihn umgelegt? Nein! Er lebt unter uns. Er mutiert so langsam, dass er noch eine Hilfe für uns sein kann. Vielleicht ist Till auch so Einer? Aber sie drängen mich doch dazu! Wenn ich es mir so recht überlege... Jetzt lockert sich auch mein Griff wieder, wenn Till auch so langsam verendet, wie Phil, könnte ich das verantworten? Harald wird nicht zögern ihn umzubringen, aber ich? Ich wäre verantwortlich. Ich müsste immer auf sein Verhalten achten, seine Symptome. Daran geht man zu Grunde! Nein! Ich gehe jetzt darunter und bring es zu Ende. Schritt für Schritt! Ja, da ist die Treppe. Eine hübsche Marmortreppe mit schwarzem Geländer. Die Stufen sind nicht hoch. Ah. Die Raufasertapete des Kellers. Und da ist sie. Die Tür mit dem gelben Glas und dem steckenden Schlüssel. Drinnen ist es ruhig. Er kann also noch nicht mutiert sein. Klack Klack. Es ist offen. Ruhig. Durchatmen! Du weißt was du tust! Reingehen und... „... Hallo Till.“ „Torben...“ „Du hast dich auf den Stuhl gesetzt?“ „Siehst du doch, die Barhocker sind auf Dauer doch zu unbequem.“ „Die Schnittchen schmecken nicht, oder?“ „Ihr braucht sie dringender.“ „...“ „Du wirst mich töten oder?“ Warum rückt er jetzt mit seinem Stuhl zu den Bücherregalen? Will er Bücher im Rücken haben? „Das Poster mit dem Sonnenuntergang ist schön. Ich will es sehen, als Letztes.“ „Das ist ein Wandbild, es ist direkt aufgemalt.“ „Besserwisser bis zum Schluß?“ „Du hast dich verändert.“ „Du auch.“ „Woher willst du wissen, dass ich dich töte?“ „Du hast eine Waffe dabei.“ „Ich muss, falls du auf der Stelle mutierst.“ „Hast du so ein Mistvieh schon einmal getötet?“ „Ja...“ „Und einen Menschen?“ „...“ „Wo haben sie dich verletzt?“ „An der Schulter... das Fleisch ist faulig, aber es hat sich seit Monaten Nichts getan.“ „Du weißt nicht, wie es sich anfühlt oder?“ „Nein, ich bin immun.“ „Du merkst wie es durch deinen Körper kriecht, als wären deine Adern zu eng für sie. Es sticht, juckt, kratzt und schmerzt, als würden sie dein Fleisch verrücken und zerstückeln.“ „Phil erzählt uns davon.“ „Erzählen! Pah! Du musst es spüren.“ Die Symptome die er beschreibt. Sie sind doch eindeutig. Er hat keine Zukunft. Vielleicht will er sogar sterben? Das gibt nur eine Sauerei, wenn das Blut fließt. Ich will nicht daran denken! Bäh! Aber denke ich nicht zu makaber? Es geht hier immerhin noch um einen Menschen. „Du schweigst?“ „Willst du die Schmerzen nicht los werden?“ „Ist nicht jede Sekunde, die ich noch ich bin, nicht lebenswert? Trotz Schmerzen?“ „...“ „...“ „Ich... muss... es tut mir Leid.“ Ich kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Jetzt oder nie. Mein Arm hebt sich schon. Kopf oder Brust? Was geht schneller? Herz oder Gehirn? Herz? Gehirn? Herz? Gehirn? Herz! Ich ziele, wie im Training. Jetzt einfach nur. Autsch! Welch komisches Gefühl... Es ist als würde mein Schrei im Inneren widerhallen. Habe ich wirklich geschrien? Alles fühlt sich so unreal an. Als würde ich träumen. Der Schuß klang so dumpf, als wäre er in weiter Ferne. Der Schmerz fühlt sich auch komisch an. Da. Er hat nicht getroffen. Nicht das Herz. Er schießt wieder und wieder. Er trifft, aber nie das Herz. Es tut kaum noch weh. Ich bin müde. Wo ist meine Angst? Es fühlt sich kalt an. Ich will es warm. Jetzt! Er hat getroffen. Alles sieht so grau aus. Nur ein Bisschen schlafen. Morgen sieht die Welt doch ganz Anders aus... Kapitel 10: Need for Sleep -------------------------- „Was? Nicht wirklich oder?“, verwundert richtete sich Andreas auf und stützte seinen Rücken mit seinen Armen ab. Jetzt war er doch tatsächlich im Freibad, auf seinem Handtuch eingeschlafen! Und seine Freunde? „Diese Ärsche!“ Waren natürlich schon über alle Berge hinweg. „Das haben die doch mit Absicht gemacht! Haben mich hier schlafen lassen, bis zum... Abend?!“ Konnte das denn wirklich sein? Eigentlich lies es sich nicht abstreiten, der Himmel und die Umgebung war dunkel. „Diese Säcke! Komme ich jetzt hier überhaupt noch raus?“ Das Freibad war wirklich stockfinster, nur die Straßenlaternen, hinter dem Maschendrahtzaun sorgten für ein wenig Licht. „Das zahle ich denen so Heim! Boah! Leckt mich doch!“ Wütend rollte Andreas sein Handtuch zusammen und warf es sich über die Schulter, doch danach blieb er erst einmal ruhig stehen. Hinter dem Zaun sah er die leuchtenden Fenster der angrenzenden Wohnhäuser. Es war so still. Kein Lüftchen wehte und auf der sonst so stark befahrenen Straße fuhr kein einziges Auto mehr. Richtig beklemmend und erdrückend legte sich die Nacht um ihn. Je mehr sich der Jugendliche darauf konzentrierte, desto geballter wirkte die Dunkelheit, so geballt, dass es ihn kurz fröstelte. „IHR ÄRSCHE!“, rief er erneut wütend und stapfte in Richtung des Zaunes, bei dem es heller war. Würde er überhaupt noch an seine Klamotten kommen? Die waren in den Schließfächern im Gebäude und das war jetzt doch sicherlich abgeschlossen. VERDAMMT! In seiner Jeans war sein Handy. Das würden seine Freunde büßen! Bei seinem barfüßigen Irrweg zum Zaun sah sich Andreas immer wieder um. Es war ein furchtbares Gefühl die Finsternis um sich zu haben. Obwohl man Konturen klar erkennen konnte, fühlte sich der junge Mann nicht einsam. Ein stechender Blick stach ihm, wie eine Nadel, in den Rücken. Natürlich hörte das sofort auf, wenn er sich umdrehte. Ein Teufelskreis, der Andreas an seinen Sinnen zweifeln lies. Diese beklemmende Dunkelheit... Sie machte WAHNSINNIG! „Nanu?“ Eigentlich wollte Andreas zügig zum Zaun, um seine Paranoia mit Licht zu verscheuchen, doch in diesem Beck trieb Etwas und es war kein Ast. Doch was es war, konnte Andreas auf die Distanz auch nicht sagen. Vorsichtig stellte er sich an den Beckenrand und versuchte die Form des Gegenstandes auszumachen. Das Objekt war groß, ziemlich lang, sonst aber eher flach. Oben etwas Rundes, sonst vier Glieder. GLIEDER?! In Sternform? Ist dort Jemand ertrunken? Jetzt erkannte Andreas es genau! Ein Kopf, Arme und Beine, dann das sanfte Treiben durch das Wasser. „OH SCHEISSE!“ Sofort warf der Junge sein Handtuch zur Seite und sprang mit einem sauberen Kopfsprung in das tiefschwarze Wasser. Es war ein komisches Gefühl, weil er Wasser noch nie so schwarz erlebt hatte, zum Glück schmeckte das Wasser in seinem Mund deutlich nach Schwimmbad. „HALTEN SIE DUCH! ICH KOMME!“ So schnell er konnte schwamm Andreas auf den Menschen zu, jetzt erkannte er deutlich lange Haare... auf der Oberseite! Sie lag mit dem Kopf im Wasser! Jetzt musste er schnell sein! Um an Geschwindigkeit zu zulegen, tauchte er seinen Kopf bei jedem Vorstoßen unter Wasser. Den Menschen könnte er so nicht verfehlen. Ein letztes Mal stieß Andreas seinen Kopf aus dem Wasser, doch der Mensch war weg! Perplex sah sich der Jugendliche um. Aber sie war nicht mehr zu sehen. War es nur ein Schatten? Verwirrt, aber auch erleichtert wollte er sich wieder auf dem Weg zum Becken machen, als plötzlich ein Tropfen auf seine Stirn fiel, genau über sein linkes Auge. „Ah!“, erschrak Andreas, bis ihm ein kalter Schauder über den Rücken lief, wie ein Tüte voll Eis, die Jemand langsam an seinem Rücken entlang zog. Der Tropfen lief dabei zähflüssig an seinem Auge vorbei, über seine Backen und fiel dann ins Wasser. Ein grausames Gefühl! Der Tropfen war warm, warm wie ein menschlicher Körper. Jetzt gruselte sich Andreas wirklich! Er merkte deutlich, wie seine Armmuskulatur zitterte und seine Atmung zu stocken begann. Sollte er wirklich nach oben sehen? Nein! Doch! Nein! Doch! Nein... DOCH! Vorsichtig legte er seinen Kopf in den Nacken, sein Blick wanderte dabei am Sprungturm hoch. Er musste wohl unter dem Sprungbrett sein... Andreas' Verdacht bestätigte sich auf furchtbare Art! Er war tatsächlich unter dem Sprungbrett, des Sprungturmes und der Verbleib der Frau hatte sich auch geklärt. Um das Brett war ein dickes Seile geschnürt, an der die Frau hing, das Ende des Seils hatte sich mit einer Schlaufe um ihren Hals gezogen. Scheinbar hatte die Schlaufe ihre Haut am Hals auseinander gerissen, wie ein Papiertaschentuch, dass man in entgegengesetzte Richtungen gezogen hatte. Weiter oben, direkt in der Schlaufe, steckte ein stark zusammengefaltetes, dickes Stück Haut, welches definitiv zu dem Bereich darunter gehörte, doch dort klaffte nun nur ein großes Loch, aus dem ein kleines Rinnsal von Blut lief. Das meiste davon fing sich im Oberteil der Toten, doch dieses war schon so gesättigt, dass immer wieder ein Tropfen nach unten fiel. Auch die Haut an ihren Armen war auseinander gezogen, doch die Stellen waren pechschwarz, als hätte man sie wie Plastik geschmolzen. „OH GOTT!“ In Andreas stieg der Drang sich zu übergeben. Sofort wandte er seinen Blick wieder nach unten, während ihm langsam der Geruch von Eisen in die Nase stieg. Der Geruch von Blut! Sofort schwamm der Jugendliche zum Beckenrand. Sein Herz raste, sein Puls explodierte förmlich und sein Kopf wurde zur Backstube. Hier stimmte Etwas nicht! Etwas gewaltig nicht! Wie ein Ertrinkender schleifte er sich an Land und warf sich auf den Rücken. Seine Atmung war schwer. Er wollte diesen Anblick schnell vergessen. Diese Frau. Ihre Haut! Dann dieses Loch in ihrem Hals! Das Blut. Und dieser Gestank! Warum stank es noch so nach Eisen? Panisch fuhr sich Andreas durch sein Gesicht und spürte, wie er in eine warme, zähflüssige Substanz griff. Ihm ahnte Schlimmes. Verkrampfend zog er seine Hand vor seine Augen. BLUT! Verzweifelt schrie der Jugendliche auf und stieß seine Hand förmlich weg. Ohne sich aufrichten zu können krabbelte er zurück zur Wiese und rieb sein Gesicht in diese. Das ganze Blut! Es sollte verschwinden! Danach lies er sich auf seinen Rücken fallen und sah in den sternenlosen Himmel. Was für ein perverses, krankes und abartiges Spiel wurde hier gespielt?! Der Blick von vorhin, Andreas spürte ihn jetzt überall, doch wieder blieb seine Umgebung düster und leer, vor allem aber still! Eine tödliche Stille! Er konnte nicht einmal mehr seinen Atem hören, obwohl er schwer atmete, gegen eine Lunge die sich anfühlte, als würde sie aus Stein sein. Langsam machte sich eine sanfte Benommenheit in dem Jungen breit. Die ganze Situation hat ihn so gefordert, dass diese endlose Stille ihn sanft beruhigte. Ein sanfter Geruch von Erdbeeren stieg ihm in die Nase. Süß und rein. Er konnte das leckere Früchten fast vor sich sehen. Ein dicker, nasser Waschlappen fiel direkt in sein Gesicht, kühl wie die Nacht! Vor Schreck riss Andreas seinen Körper empor und spürte dabei, wie der Waschlappen über sein Gesicht wanderte und dann von ihm fiel. Doch fühlte sich ein Waschlappen wirklich so an? Es fühlte sich eher wie eine kleine Wulst an. Wieder stieg dieser Geruch von Eisen in seine Luft. Panisch fuhr Andreas herum und schrie sich seine Seele aus dem Hals. Die Frau vom Sprungbrett stand hinter ihm! Das Ende des Seils, fein säuberlich abgeschnitten, hing wie eine Kette um ihren Hals. Das war es gewesen! Sie hatte das Seil in sein Gesicht geworfen! Starr vor Schreck musste er sie einfach mustern. Sie trug ein Kleidungsstück, das fatal an einen Kartoffelsack erinnerte, getränkt von ihrem eigenen Blut, die nackten Füßen hatten tiefe Furchen auf ihren Rücken, die fast den Blick auf ihre Sehnen gewährte. Die Wunden bluteten nicht, waren fast schon steril mit einem schwarzen Wundbrand versehen. Ihren Beinen, es fehlte die Haut und oft tiefe Stücke Fleisch. Die Arme! Die Haut glich einem Aktenordner nach dem Schreddern, blutige Fetzen, herausragende Brocken. Es war Alles da, nur nicht drinnen. Der Hals! Ein kreisrundes Loch, mit der Größe ihrer Faust. Die langen Haare der Frau hingen in ihrem Gesicht, der Blick war gesenkt. Dunkle Haare, nicht wie Seide, eher wie Stroh und dennoch glatt genug um das Gesicht zu verbergen. Andreas gefror das Blut in den Adern. Er merkte, wie seine Finger verkrampften und er sogar einknickte. Sein Körper fühlte sich wie ein Eisblock an, als würde er jede Sekunde zerspringen. Sein Blick blieb auf dem Loch in ihrem Hals. Es wirkte so tief, wie ein schwarzes Loch. Er erwartete das Grauen darin, Etwas, das ihm jede Sekunde den Lebenssaft rauben würde. Ohne sich zu rühren hob die Frau langsam ihren Kopf, dabei fielen ihre Haare zur Seite und boten dem Jugendlichen einen direkten Blick auf ihr fehlendes Gesicht. Keine Augen! Wie abgerissene Tesafilmstreifen fehlte die Haut über den Augenhöhlen der Frau, doch anstelle eines weißen Knochens sah man nur blutiges Fleisch. Auch die Augenhöhlen waren leer, anstelle von Augäpfeln sprang hier nur noch die pure Dunkelheit heraus. Ihre Nase war nur ein fauliger Hügel, über einen Mund der an den Seiten zugenäht war. Nur in der Mitte waren die Lippen zugewachsen. „H-Hau a-ab!“, stammelte Andreas, der sich in der tiefen Leere, der Augen verlor. Was war das bloß? Er hörte nicht einmal mehr sein Herz schlagen. Wie konnte es nur sein? Er spürte ihre Blicke. Sie sah ohne Augen? Und das Loch in ihrem Hals? Es flüsterte Etwas. Leise, unverständlich aber sehr bedrohlich. Der junge Mann atmete nur noch stotternd, seine Augen schlugen nicht einmal mehr mit ihren Lidern. Er war starr. Doch sein Geist regte sich. Alles in ihm regte sich gegen die Gestalt, die ihn einfach ansah. Dann endlich! Endlich konnte er zu seinen Muskeln durch dringen, endlich konnte er seinem Körper befehlen: HAU AB! Sofort nahm Andreas seine Beine in die Hand und rannte los. Wohin? Egal! Einfach nur weg! Doch je mehr er sich von ihr entfernte, desto deutlicher spürte er wieder ihre Blicke. Aber sie war wieder weg! Nicht neben ihm, wenn er es spürte, nicht hinter ihm, wenn er einen kühlen Hauch spürte. Nach verzweifelten und quälenden Minuten schaffte es Andreas endlich an den Zaun. Überglücklich krallte er sich an den Maschen fest. LICHT! Kein Monster traute sich in Licht. Hier war er endlich sicher.Tränen der Verzweiflung und der Erleichterung liefen über sein Gesicht. Hier am Zaun, würde ihn doch Jemand hören! „HELFT MIR! HIIIIIIIIILFE! ICH BRAUCHE HIIIIIIIILFE!“, rief er in die beleuchtete Straße und schlug mit seinen Fäusten gegen den unüberwindbaren Zaun, bis ihn urplötzlich ein kleiner Schmerz durch fuhr. Er fühlte sich wie ein kleiner Stromschlag an, durch seine Schultern direkt in die Beine und über die Füße in den Erdboden. Etwas bedrückte Andreas, sanft, aber unangenehm. Ein leichter Druck umschloss seine linke Schulter, während winzige Nadelstiche in seinem Rücken aufblitzten. Alles war kein Schmerz, dennoch gefror ihm wieder sein Blut in den Adern. Wieder war er starr und zuckte nur durch seine verkrampften Muskeln. Mit starren Augen neigte er seinen Kopf nach vorne. Vor seiner Brust haben sich fremde Arme gekreuzt, als würden sie ihn umschließen. Blutige, zerfetzte Arme und Hände. Stotternd zog Andreas einen Schwall Luft ein. Langsam, nur nicht hastig, bewegte er seinen Kopf zu seiner linken Schulter. Er konnte nicht mehr erschrecken, in seinem Körper zuckte jeder Muskel schmerzlich zusammen, doch sein Körper blieb starr. Auf seiner Schulter ruhte friedlich der Kopf der Frau! Sie umarmte ihn! Wie eine liebende Mutter ihr kleines Kind. Andreas' Augen nahmen einen ungeahnten Durchmesser an, als die Kreatur ihren Kopf auch noch zu ihm drehte. Die Augen waren immer noch pechschwarz, der Mund immer noch genäht, doch die Mundwinkel waren leicht angezogen. Sie lächelte! Wieder verlor der Jugendliche sich in den tiefen Löcher der Frau. Ein Gefühl von Todesangst und Benommenheit erfüllte ihn. Andreas spürte nur noch leicht, wie hinter seinem Rücken weiter Hände erschienen, die sich langsam nach vorne schoben und sich dort straf falteten. Nach wenigen Augenblicken hatten mehrere Hände ihn gefesselt, doch sein Blick ruhte immer noch in den endlosen Augenhöhlen der Frau. Ihr Lächeln war nun deutlich zu erkennen. Langsam zogen die Hände immer straffer an und drückten ihn in den Körper der Frau, welcher erst wie Wackelpudding nach gab, ihn dann aber umschloss. Das Licht auf der Straße nahm er immer schwächer wahr und irgendwann war es einfach erloschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)