Allison von Mad-Dental-Nurse (Das Erbe des Wolfes) ================================================================================ Kapitel 4: Die Falle -------------------- Ich wich entsetzt zurück, als dieser Mann, dieses Ding, meinen Namen Ausprach und sich nachvorne beugte, als wollte es mich anspringen. „Wer…wer sind Sie? Und wie kommen Sie in mein Zimmer?“, fragte ich und versuchte aufzustehen. Aber leider waren meine Füsse durch das lange Sitzen dermassen eingeschlafen, dass ich nur umknickte und wieder zu Boden ging. Der fremde Mann kicherte. Dann wurde sein Gesicht wieder ernst. „Ich bin es, den du gerufen hast, schon vergessen!“, sagte er und ich stockte. Momentmal. Ich hatte nach einem Geist gerufen. Nicht nach einem unheimlichen Typen in Schwarz. Und doch saß er vor mir und ich erkannte auch wieder diese Stimme wieder. „E-Erik!“ Erik grinste nun wieder. Aber es war kein feundliches Grinsen, sondern eher ein höhnendes. Langsam, als würde er meine lange Leitung applaudieren, klatschte er in die Hände. „Bravo. Was für ein schlaues Mädchen!“ Unter anderen Umständen hätte ich mit etwas nach ihm geworfen. Ihn wüst beschimpft. Aber wie gesagt: Er war mir einfach unheimlich! „Meine Mutter soll dich gebeten haben, mich zu beschützen. Das ist doch ein schlechter Scherz!“ „Ich fürchte nicht. Deine Mutter hatte mich, bevor sie starb, gebeten, dass ich auf dich aufpasse!“ „Und wozu?“: „Hast du etwas schon dieses Monster vergessen, dass dich Abend angegrifffen hatte. Normalerweise sind Ghouls nicht auf Frischfleisch aus. Aber bei dir scheint er wohl eine Ausnahme gemacht zuhaben. Kein Wunder, die siehst ja auch lecker aus!“, sagte er und wieder grinste er. Diesesmal auf eine anzügliche Weise. Perversling. Aber ich hatte nicht Zeit mich über seine lüsternen Blicke aufzuregen. „Ghoul?“, fragte ich etwas begriffsstuzig. „Ja, ein Dämon, der sich von Leichen ernährt!“ „Aber ich bin doch noch ziemlich lebendig!“ „Ja, aber das wollte er ändern. Ein Biss in deinen Hals, ein paar Stunden später und du wärst eine hervorragende Mahlzeit für ihn gewesen: Wenn ich nicht gewesen wäre!“ Ich überhörte seine letzten Worte. Schluckte den ekelhaften Geschmack meiner Galle und merkte, wie sich mein Magen umdrehte. Igitt! Dieses Ding wollte mich wirklich auffressen und nicht einfach nur umbringen. „Ich schätze mal, du willst, dass ich mich bei dir bedanke?“ „Nein, ich erwarte nicht, dass du dich bedankst. Ich habe gesehen, dass du nicht gerade viel von mir hälst!“, sagte er gelassen. Wenn der wüsste. „Wie kommt es, dass du plötzlich aussiehst, wie ein normaler Mensch. Sofern man das sagen kann?“, fragte ich dann. „Beim letzten Mal, sahst du aus, wie…wie…!“ „Wie der Tod!“, vollendete er und lächelte unheilvoll. Ich nickte nur. Erik lehnte sich zurück und schien nun selber nachzudenken. „Keine Ahnung. Vermutlich liegt es daran, dass mein wirkliches Gesicht dich zusehr entsetzt hat, dass du ohnmächtig wurdest!“, sagte er dann und… Täuschte ich mich, oder wirkte er irgendwie niedergeschlagen. Wenn, dann ging das schnell vorbei, denn Erik sah mich nun dunkel an. „Wie auch immer. Ich bin nicht hier, um mit dir über mein wahres Gesicht zureden. Sondern darum, was als nächstes passiert!“ Ich hob die Brauen. So wie er das sagte, klang es so, als hätte er große Pläne mit mir. Aber soleicht würde das nicht gehen. „Wie meinst du das?“ In meinem Inneren knotete sich aufeinmal alles zusammen. Als würde ich schon längst wissen, was auf mich zukam. Doch ich ignoierte dieses Gefühl und versuchte mich unwissend zu zeigen. Erik aber schien es mir genau anzusehen. Seine Brauen hoben sich etwas und ein harter Zug legte sich ihm um die Lippen. „Du weißt ganz genaus, was ich meine, Allison. Denkst du wirklich, dass war nur Zufall?“, fragte er und er klang wie ein Wolf, der sich gleich auf seine Beute stürzen würde. Ich schluckte. Soll das heissen, dass das keiner war. Das jemand es auf mich abgesehen hatte? Ich schüttelte den Kopf, weil ich das nicht glauben wollte. Ghouls, Monster. Sowas gab es doch gar nicht. Aber dann meldete sich bei mir meine Vernunft. „Sei nicht dumm!“, fauchte sie. „Das war kein Freak, der dich da fressen wollte. Sondern ein Ghoul und wo der herkam, gibt es bestimmt noch viele weitere!“ Schaudernt musste ich mich an etwas, aus meiner Kindheit erinnern. Jedes Kind kennt die Geschichte vom bösen schwarzen Mann, der aus dem Schrank kam, um sich die Kinder zu holen. Auch ich hatte an ihm geglaubt und es meiner Mama gesagt, sobald ich nur ein unheimliches Geräusch, wie das Quietschen der Angeln oder ein vermeintliches Atmen hörte. Und sie hatte mir geglaubt. Alle anderen Eltern von meinen Mitschülern hielten das natürlich für Einbildung und beruhigten ihre Kinder, indem sie sie in ihrem Betten schlafen ließen. Meine Mama tat es auch, aber sie beruhigte mich nicht. Zumindest nicht so, wie es man eigentlich dachte. Sondern war sofort in mein Zimmer gegangen. Was sie gemacht hatte, weiss ich bis heute nicht. Sie hatte immer sorgfältig die Türe geschlossen, damit ich nichts sah. Wenn ich eine Nacht lang bei meinen Eltern geschlafen habe und dann am nächsten Abend zurück in mein Zimmer gegangen war, hatte ich das Gefühl, von Sicherheit und hatte außerdem einen seltsamen Geruch in der Nase. Es roch wie verbrannte Kräuter. Einmal, als meine Mama wiedermal in meinem Zimmer gewesen war, um angeblich etwas aus meinem Schrank zuholen, hatte ich hineingeschaut und ein komisches Kritzelzeichen entdeckt. Es sah aus wie ein Stern, mit komischen Zeichen drin. Ich dachte erst, es sei ein schönes Bild, was sie mir da gemalt hatte und wollte es auch malen. Als ich es ihr aber stolz, weil ich es sogut hinbekommen habe, zeigte, war sie so außer sich, dass sie mich anschrie, niemals dieses oder ein anders Symbol zu zeichnen. Ich verstand da natürlich nicht, warum sie das so aufregte und war traurig, weil ich sie wohl enttäuscht hatte. Dann nach ein paar Stunden kam sie zu mir und weinte bitterlich. Nahm mich in den Arm und flehte mich an, ihr zuverzeihen. Ich war dabei so baff, dass ich sie erstmal nur ansah. Dann aber auch sie umarmte, und sagte, dass es nicht schlimm sei. Dass ich es niemals tun werde. Seitdem sah ich auch nicht mehr in den Schrank nach, weil ich niewieder eines dieser Zeichen sehen wollte. Schwer schluckte ich, an der Erinnerung meiner Mama und versuchte nicht mehr daran zudenken. Versucht mich auf Erik zu konzentieren. „Du meinst, es gibt da draußen noch andere, die mir an den Kragen wollen?“, kam es erstickt von mir und Erik nickte. „Ja, und ich fürchte, die werden nicht so einfach kleinzukriegen sein!“, sagte er und in seiner Stimme war weder Schadenfreuede noch Hohn zu hören. Sondern wirklich bitterer Ernst. Ich schluckte wieder, weil sich ein fetter Kloß in meinen Hals bildete und immer dicker wurde und mich zu ersticken drohte. „Und…wie kann ich mich gegen sie wehren?“, fragte ich und meine Stimme war nichts weiter als ein Krächzen. „In dem du lernst, dich gegen sie zu schützen und auch wie du gegen sie kämpfen kannst. Dafür musst du nach London gehen!“, sagte er nur knapp und ich runzelte die Stirn. Nach London? Warum denn das? Kann ich nicht hier lernen? Erik schien meine Frage, die ich eigentlich gedacht hatte, dennoch gehört zu haben, denn er lächelte etwas und schüttelte den Kopf. „Nein, hier lernst du nichts!“ „Und wieso dann London?“, hakte ich nach, weil ich einfach nicht verstand, warum ich ausgerechnet dahin musste. Erik holte tief Luft und ich sah deutlich, dass er die Geduld mit mir verlor. Seine Stirn bekam tiefe Falten und seine Augen machten einen nicht gerade ruhigen Eindruck. „Weil es da jemanden gibt, der sich besser mit der Hölle und ihrem Abfall, der sich Dämonen nennt, auskennt, als irgendjemand anders hier!“, erklärte er. Fügte aber schnell hinzu, als habe er etwas Wichtiges vergessen: „Mit Ausnahme von mir natürlich!“ Ich schürzte die Lippen. Wollte schon fast sagen, dass Eigenlob stinkte. Aber ich hielt mich zurück. Seine Worte ließen mich wiedermal innerlich erschauern und ich fragte mich, wer dieser jemand sein mochte, der mich unterrichten konnte. „Und wer soll das sein?“ „Sein Name ist Brian und er war mit deiner Mutter…nunja…sagen wir…befreundet!“ Die Unterhaltung mit Erik ließ mich nicht mehr los. Wir sprachen noch eine ganze Weile, bis der Horizont sich rosa färbte und ich auf die Uhr sah. Sieben Uhr morgens. Ich hatte wirklich geschlagene sieben Stunden mit diesem Geist gesprochen, der wahrhaftig und wirklich auf meinem Bett saß und wie ein Mensch aussah. Ich hatte mich förnlich aus dem Bett zwingen müssen, obowhl alles in mir danach schrie, mich wieder hineinzulegen und zuschlafen. Doch wenn ich heute nicht auf der Arbeit antanzte, hätte ich mich von meinem Job verabschieden können. Und ich wollte mich auch nicht weiter damit beschäditgen. Mich sondern vielmehr ablenken. Aber soleicht war das nicht. Immer wieder musste ich an Erik und an seine Warnung denken. „Das war kein Freak, der dich da fressen wollte. Sondern ein Ghoul und wo der herkam, gibt es bestimmt noch viele weitere!“ „Ja, und ich fürchte, die werden nicht so einfach kleinzukriegen sein!“ Ich schauderte als ich immer wieder diese Worte in meinen Ohren hallen hörte. Sie sorgten bei mir eine Gänsehaut nach der anderen. So war es kein Wunder, dass ich, als ich wieder anfing zuarbeiten, völlig neben der Spur war. Mehr als einmal musste ich den Gast bitten, seine Bestellung zuwiederholen, da ich es einfach nicht schaffte, es beim ersten Mal auf meinen kleinen Block zu schreiben und manche Gäste, die ich darum bat, wirkten schon mehr als gereizt. Ein Glück, besonders zu meinem, dass sie nicht aufgestanden und gegangen waren, Oder sich bei meinem Boss beschwert hatten. Denn der war sowieso schon nicht gut auf mich zu sprechen, weil ich in seinen Augen nur Blaugemacht habe, um nicht zuarbeiten. Unter anderen Umständen hätte ich Jaque gehörig die Meinung gesagt. Dass musste ich mir wirklich nicht bieten lassen. Aber die Begegnung mit Erik und die Unterhaltung mit ihm, nahmen mich zusehr mit. Besonders wegen diesem angeblichen Freund meiner Mutter. Brian. Ich kannte keinen Brian. Wer bitteschön sollte das sein. Mama hatte nie etwas von ihm erzählt. Und doch… Ich meine, mich an jemanden zu erinnern, der so hiess. Aber die Erinnerung war zuverschwommen, als dass ich sie sehen konnte. „Brian…Brian!“, nuschelte ich immer wieder vor mich hin. Auch jetzt, wo ich die Espressomaschine bediente, um einen Gast das gescünschte Getränk zuholen. Und jedesmal wenn ich diesen Namen vor mich hermurmelte, sah ich verschwommen ein Gesicht. Es schien einem Mann zugehören. Schwarzes, gewelltes Haar und dunkle Augen. Doch mehr konnte ich nicht erkennen. Zu undeutlich war die Erinnerung. Und da war auch noch etwas anders. Dieser Schmerz, der mich überfiel, wenn ich an meine tote Mutter dachte. Konnte es sein, dass beides, dieser Brian und ihr Tod nahe beieinanderlagen? Wenn ja, blieb mir wohl nichts anderes übrig, als wirklich nach London zugehen. „Hey, Alli!“, sagte eine fröhliche Stimme und ich fuhr erschrocken zusammen. Doch dann entspannte ich mich wieder. Es gab nur eine, die mich manchmal so nannte. Marie! Ich drehte mich um und sah sie vor mir. Mit einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen. „Hey, Marie!“, grüßte ich. „Hast wohl wieder richtig gute Laune!“ „Naklar. Meine Lieblingskollegin ist wieder da. Da kann ich mich doch nur freuen!“, plapperte sie. Würg! Ich hatte wirklich nichts gegen ihr sonniges Gemüt. Ich kam ja gut mir ihr klar. Aber hinundwieder nervte das nur. Ich fragte mich, ob sie jemals auch mal traurig, wütend oder einfach nur miesgelaunt war. Ich konnte mir irgendwie nicht vorstellen, dass sie immer so war. Und das ich ihre Lieblingskollegin sein soll, nahm ich ihr nicht ab. Vielleicht sagte sie das ja auch nur, um mir zuzeigen, dass ich hier erwünscht bin. Und das rührte mich irgendwie. Selten hatte jemand das versucht. „Freut mich, dass ich deine Lieblingskollegin bin!“, erwiederte ich und konnte nicht gegen Lächeln ankämpfen. „Und, wie geht’s dir so. Hast du dich gut erholt?“, fragte sie dann, diesesmal aber ernst und besorgt. Okay, ich sollte wohl meine vorherige Meinung doch überdenken. Sie konnte auch negative Gefühle zeigen. „Ja, ich…ich bin zwar immernoch etwas geschockt, aber es geht wieder. Ich denke, ich werde den Tag gut überstehen!“ Marie nickte, als wollte sie mir zustimmen. Dann lächelte sie wieder und boxte mir leicht gegen den Oberarm. „Wenn du jemanden brauchst, um darüber zureden…Ich habe immer ein offenes Ohr!“, sagte sie dann ich schaute sie mit etwas überraschten Augen an. Das überraschte mich etwas aber es war wirklich lieb von ihr gemeint. Aber irgendwie glaubte ich nicht, dass sie wirklich verstehen würde, was los war. Ich glaubte es zum Teil selber nicht. Dennoch wollte ich ihr gutgemeintes Angebot nicht abschlagen. „Danke, darauf komme ich gerne zurück!“ Maries Lächlen wurde breiter. „Nadann. Lass uns loslegen, ehe Jaque noch Schaum vorm Mund hat!“, waren ihre letzten Worte und ich ließ mich von ihrer guten Laune anstecken. Warum auch nicht. Besser als an das zudenken, was ich gestern erlebt hatte. Ich hatte genug davon mich zu fürchten und mir das Hirn zu zertrümmern, warum mir das passierte. Positiv denken, heisst es ja so schön. Vielleicht würde sich doch alles zum Guten wenden. So bediente ich die Gäste, kassierte, räumte ab, hielt zwischenzeitlich ein kurzes Schwätzchen und ehe ich es mich versah, war der Tag geflaufen und ich hatte Feierabend. Gemeinsam mit Marie, der ich es zuverdanken hatte, dass es mir etwas besser ging, ging ich nachhause. „Schön, dass du wieder lachst!“, bemerkte sie und ich hob die Schultern, wobei ich es komisch fand, dass sie so etwas sagte. Immerhin waren wir nur Kollegen und keine Freunde. Aber vermutlich reichte das auch aus, um sich Sorgen um mich zu machen. „Ich hatte schon gedacht, ich es hätte es verlernt!“, sagte ich und das war die reine Wahrheit. Marie lächelte aufmunternt und klopfte mir liebevoll auf die Schulter. „Wie du siehst, hast du es nicht!“ Ich nickte. Dankbar darüber, dass sie mir geholfen hatte. Auch wenn ich immernoch nicht richtig verstand warum. Aber vielleicht war ich auch einfach zu blöd um es zubegreifen. Dann aber wurde ihr Gesicht ernst. Ein ungwohnter Anblick. „Und vergiss nicht. Wenn dir was auf dem Herzen liegt, was du nicht mit deinem Vater bereden kannst, dann ruf mich an. Hier, ich geb dir meine Nummer!“, sagte sie und schrieb mir ihre Nummer auf einen Zettel, den sie mir reichte. Etwas zögernd nahm ich an. „Danke!“, murmelte ich und schaute auf den Zettel. Unter ihrer Telefonnummer stand noch ein Satz und ich musste etwas lächeln, als ich ihn las. „Die Nummer gegen Kummer!“ Niedlich. So kannte ich Marie. „Danke, Marie. Ich werde daran denken, versprochen!“ Erst als ich das sagte, lächelte sie wieder. „Nadann. Bis morgen!“, sagte sie dann knapp, schlug mir auf den Rücken und rannte in die Seitenstrasse, in der ihre Familie wohnte. Ich sah ihr nach und musste lächeln. Irgendwie war ich eifersüchtig auf sie. Sie hatte eine Familie. Eine Mutter und einen Vater. Ein normales Leben. Das was ich nicht mehr hatte. Zumindest das, was die Mutter und das Leben, was man normal nannte, anging. Ich musste mich dabei wieder an die Unterhaltung mit Erik denken. Welche Frau in meinem Alter unterhielt sich schon mit Etwas, das menschliche Gestalt annehmen konnte und ansonsten als Schatten herumspukte? Wohl keine zweite. Ich war die einzige. Und das machte mir Bauchschmerzen. Mit wem sollte ich darüber reden? Mal abgesehen von meinem Vater, hatte ich niemanden. Er half mir zwar und beruhigte mich immer, aber irgendwie reichte das nicht. Ich wusste, selber nicht warum. Ich stiess einen teifen Seufzer aus. Frust, Niedergeschlagenheit und auch Müdigkeit erfassten mich und ich musste mich wirklich dazuzwingen, weiterzugehen. Ich wollte nur nochschlafen. Die Vorstellung vom weichen Bett und dem erholsamen Schlaf, war wirklich verlockend. Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg. Aber den würde ich schon hinter mich bringen. Einfach ans Bett denken und an die Ruhe. Dann wäre ich schnell daheim. Es sei denn Erik wartete auf mich! Brrr. Schon allein der Gedanke daran ließ mich schaudern und ich hoffte inständig, dass er heute Nacht nicht auf meinem Bett hocken und mich angrinsen würde. Denn sonst würde ich mich freiwillig bei den netten Herren, mit den weissen Kitteln melden. Aber vielleicht hätte ich ja heute meine Ruhe, da er gestern nur kam, weil ich ihn gerufen hatte und das würde ich nicht nocheinmal tun. Es dauerte, trotz gutem Vorsatz, ans warme Bett zudenken, dennoch eine halbe Stunde und noch länger, die Stufen hochzusteigen. Vorher hatte es mich nicht gestört im zweiten Stock zuwohnen, da wir eine wunderbare Aussucht auf die Stadt hatten, aber heute abend verfluchte ich jede Stufe, die ich hochsteigen musste und hatte kaum noch Kraft, den Schlüssel ins Schloss zustecken. Das brauchte ich auch nicht. Denn Papa öffnete in diesem Moment die Türe und empfing mich. Umarmte mich, so wie immer und schob mich in die Wohnung. Aber dann wurde er bitterernst. „Ich muss mit dir etwas bereden!“, rückte er dann mit der Sprache raus und ich stöhnte auf. Nein, nicht heute Abend!! „Papa, ich bin müde. Ich will ins Bett!“, quengelte ich und wollte schon in mein Zimmer gehen. Die Türe ihm vor der Nase zuknallen und mich ins Bett fallen lassen. Egal was er mir sagen oder mit mir bereden wollte: Es konnte bis morgen warten. Doch Papa ließ nicht mit sich reden. Denn er bugsierte mich direkt ins Wohnzimmer, wo schon Rafael auf mich wartete und zu mir getrottet kam, um mich zu begrüßen. Ich tätschelte seinen pelzigen Kopf. Er war allerdings nicht der einzige, der auf mich wartete. Auf unserer Couch saß ein fremder Mann, mit dunklem Hautton und einem alten zerfurschten Gesicht. Hatte einen ordentlich gestutzten weissen Bart und obwohl er so alt war, schienen seine Augen jung zusein. Und das komischte war, dass er mir bekannt vorkam. Mein müdes Hirn war aber nicht in der Lage ihn irgendwie unterzuordnen. Es war mir in diesem Moment auch schnurz. Ich wollte ins Bett!! Dennoch rang ich mir ein höfliches Nicken ab. Höflichkeit muss sein. Das gehört sich für eine Dame, hatte Mama immer gesagt, auch wenn sie selber fluchte, wie sonst was, wenn ihr etwas nicht passte. Der Mann erwiederte das Nicken, stand dann auf und kam auf mich zu. Höflich streckte er mir die Hand entgegen. „Hallo, Allison. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Du bist ganz schön großgeworden!“, sagte er und lächelte. Weisse Zähne blitzen zwischen den Lippen auf und ich spürte, dass seine Worte ehrlich gemeint waren. „Danke!“, nuschelte ich und konnte mir immernoch keinen Reim daraus machen, woher er mir so bekannt vorkam. Er schien mich allerdings zu kennen. Wenn ich einigermassen wach gewesen wäre, hätte ich gefragt, woher er mich kennt. Aber ich war müde und der Ruf des Bettes wurde immer größer. „Bitte verzeihen Sie, ich will nicht unhöflich sein. Aber ich bin müde und möchte ins Bett!“, sagte ich und strich mir über das Gesicht. Mittlerweile konnte ich mich überhaupt nicht mehr auf den Beinen halten. „Schon gut. Ich wollte auch nur sehen, wie es dir geht, Allison!“, sagte der Mann sanft und ich schaute auf. Ach, nur deswegen. Ich schaute dann zu Papa, der sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlte. „Ich dachte, du wollest etwas mit mir bereden?“, sagte ich. „Nunja…eigentlich schon. Aber auch Monsieur Daroga muss mit dir reden!“, erklärte er und deutete dabei auf den Besucher. Daroga!? Den Namen habe ich doch schonmal gehört. Aber woher. Man, das war einfach zum verrücktwerden. Wenn ich nicht so müde wäre, würde mir sofort einfallen, wer er war und warum ich den Namen kenne. So aber tappte ich erstmal im Dunkeln. „Können wir das auf morgen verschieben. Bitte!“, flehte ich nun und wurde etwas gereizter. Nicht nur, weil ich zu müde war, um klar zudenken, sondern auch weil Papa es wohl egal war, dass ich schlafen wollte. Am liebsten hätte ich mich gleich auf den Boden zuzusammengerollt, wie es Rafael tat und wäre eingeschlafen. Papa tauschte einen Blick mit dem Mann, dann nickte er. „Okay, Allison. Du hast Recht. Es ist schon spät und du gehörst wirklich ins Bett!“ Erleichtert atmete ich aus. Danke. Oh Gott, danke! Ich murmelte noch etwas von einem Danke und einem guten Nacht und ging in mein Zimmer. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, schon fiel ich ins Bett und schlief, angezogen wie ich war, ein. Marie lief die Strasse entlang und musste dabei an ihre Kollegin Allison denken. Sie konnte einem wirklich leidtun. Sie hatte durch einige Kollegin und auch von Bekannten gehört, die den Vater von Alliosn kannten, dass ihre Mutter Selbstmord begangen hatte. Und darum seien sie hierhergezogen, um die schmerzliche Erinnerung zuvergessen. Dennoch musste Allison mächtig darunter gelitten haben. Und das sie sich dabei so verändert hatte, war für Marie kein Wunder. Zuerst die eigene Mutter und dann dieser schrecklicher Unfall, bei dem sie selber daraufgegangen wäre. Soviel Pech konnte doch wirklich keiner haben, dachte sie und lief weiter. Dabei merkte sie nicht, wie sie aus den Schatten der Häuser beobachtet wurde. Dunkle Augen sahen ihr nach und eine Mischung aus böser Vorfreude und kalter Entschlossenheit erfüllte das Wesen, welches sie beobachtete und belauerte. Ein dämonisches Grinsen trat dann auf das dunkle Gesicht des Schattenwesens. Morgen Abend würde die Falle zuschnappen, dachte es noch und verschwand dann. Der nächste Morgen kam recht schnell und ich musste mich wahrlich aus meinem Bett quälen, damit ich pünktlich zur Arbeit komme. Und selbst da brauchte ich erstmal einen starken Kaffee. Jaque sah mich mit einem Blick an, der deutlich sagte „Na, wieder mal nicht pünktlich ins Bett gegangen!“ Doch ich ignorierte diesen und band mir meine Schürze um. Ich war gerade dabei eine Cappuccino zumachen, als ich bemerkte, das Marie nicht da war. Ich blickte zur Uhr und sah, dass ich mich nicht irrte. Schon halb neun. Seltsam. Normalerweise, war sie doch immer die Pünklichkeit in Person. Ob sie krank war? Aber wenn, dann warum hatte sie sich nicht krankgemeldet? Jaque dachte wohl das gleiche, denn er kam zu mir und fragte mich:„ Hat Marie sich bei dir gemeldet?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, hat sie nicht. Haben Sie bei ihr angerufen?“ Da verzog sich das Gesicht zu einer angefressenen Grimasse. „Was meinst du, warum ich dich frage? Es geht keiner bei ihr ans Telefon!“, blaffte er. Ich sagte darauf nichts, sondern dachte mir meinenTeil. „Wohl wieder mit dem falschen Fuss aufgestanden, wie. Oder von deiner Frau wieder aufs Sofa verdonnert, weil du deine Weiberbgeschichten nicht beenden kannst!“ Okay, das letzter war eigentlich nicht wahr. Aber Jaque sah ja schließlich gut aus und weiss, was er hat und was er kann. Leider! Dass seine Frau dabei keinen Anfall kriegt, wunderte mich. Naja, die Liebe. „Tschuldige!“, murrte ich und brachte den Cappuccino zum Gast. Während des Tages riefen weder Marie noch ihre Eltern an. Was mir ehrlich gesagt Sorgen machte. Jaque wurde sichtlich angefressen. Mit dem Mittag und dem immerschöner werdendem Wetter kamen immer mehr Gäste und wir Mädels, mit mir mitgerechnet zehn, hatten echt Probleme, den Bestellungen nachzukommen. Was Jaques Laune natürlich noch mieser werden ließ. Als meine Schicht fertig war und ich totmüde nachhause ging, hatte ich erstmal meine Sorge um meine Kollegin vergessen. Doch die kam wieder, als mein Handy klingelte und ich ihren Namen auf meinem Display sah. Wir hatten damals unsere Nummern getauscht, um dem anderen bescheid zusagen, wenn man krank war. Als ich nun ihren Namen und die Nummer sah, wurde mir aufeinmal schlecht. Ich wusste nicht warum. Aber irgendwie hatte ich dabei kein gutes Gefühl. Das Handy klingelte noch eine Weile und als ich mich endlich durchringen konnte, dranzugehen, hörte es auf. Das Display wurde dunkel und ich ließ es wieder in meine Tasche gleiten. Das dumpfe ungute Gefühl aber blieb. Zuerst dachte ich, es sei mein schlechtes Gewissen, weil ich nicht ihren Anruf angenommen und sie nicht gleich gefragt hatte, was los war. Ich sollte sie zurückrufen. Aber tief in meinem Inneren hörte ich eine leise Stimme flüstern, dass ich es lassen sollte. Dass das keine gute Idee war. Diesen Gedanken aber verwarf ich wieder. Du wirst langsam paraniod, Allison, schallt ich mich und ging weiter. Aber das dumpfe Gefühl blieb. Selbst als ich daheim war und ein Bad genommen habe. Ich konnte es einfach nicht abschütteln. Es machte mich nervös und irgendwann konnte ich es nicht mehr aushalten. Ich griff nach meinem Handy und wählte ihre Nummer. „Tu das nicht!“, hörte ich plötzlich eine Stimme und mit einemmal wurde mir eiskalt. Für einige Minuten begann meine Hand und auch der Rest meines Körpers zuzittern und ich musste wirklich darum kämpfen, mein Handy nicht fallenzulassen. Es war wie als wenn mich wieder eine Vision heimsucht. Aber diesesmal blieben diese schrecklichen Bilder aus. Nur das Zittern war da. Aber das reichte mir auch schon. Minuten vergingen, ehe ich mich wieder beruhigen konnte. Einmal atmete ich tief ein. Dann wählte ich die Nummer, woraufhin mich wieder ein Zittern schüttelte. Versuchte dieses nicht weiter zubeachten und drückte auf den Knopf um den Anruf zubetätigen. Es klingelte einige Male, ehe jemand ran ging und es war Marie. „Hallo?“ „Hey, Marie. Ich bin es Allison!“ „Alli? Was…was ist denn?“ „Dasgleiche könnte ich dich fragen. Du warst nicht auf der Arbeit und weder du noch deine Eltern haben angerufen, um bescheidzusagen. Jaque ist deswegen mächtig angepisst. Du kennst ihn ja!“ Dann folgte schweigen und ich fürchtete schon Marie sei irgendwie weggetreten. Sie hörte sich schon allein am Telefon nicht gut an. Ihre Stimme war irgendwie kratzig und kaum zu hören. Wie als wenn sie schwer krank wäre. „Ja…ich…ich bin ziemlich krank. Ich muss es mir zugezogen haben, als ich gestern nachhause gegangen bin. Oder durch einen der Gäste. Weiss auch nicht. Auf jedenfall fühle ich mich nicht gut!“ „Ja, das hört man!“, bemerkte ich. „Kannst du später vorbei kommen. Meine Eltern sind unterwegs und ich bin hier ganz allein. Etwas Gesellschaft würde mir guttun!“, bat sie mich und ich musste etwas lächeln. Typisch Marie, sie hatte wirklich eine gewisse kindliche Art und ich beneidete sie dafür. „Natürlich kann ich das. Sage mir einfach wann?“ „So gegen achtuhrabends!“ „Okay, dann komme ich. Bis später!“ „Ja, bis später und danke!“, sagte sie und legte dann auf. Ich ebenfalls und plötzlich überfiel mich wieder diese eisige Kälte. „Das war ein Fehler!“ Wieder diese Stimme. Und sie kam mir irgendwie bekannt vor. Doch darüber wollte ich nicht nachdenken. Es gab wichtigeres. Zum Beispiel meiner Freundin helfen, wieder gesund zuwerden. So packte ich in meine Tasche einige Medikamente, die man für die üblichen Erkältungen nimmt und aß noch etwas. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch genug Zeit hatte, um zu entspannen und neue Kraft zutanken. Also setzte ich mich, um die Zeit zu überbrücken auf die Couch, um noch etwas zulesen. Auf andere Gedanken zu kommen und das komische Gefühl loszuwerden. Aber irgendwie konnte ich es nicht. Ich war irgendwie…unruhig. Sobald ich angefangen hatte zulesen, legte ich das Buch nach nur wenigen Minuten wieder weg. Schaltete stattdessen den Fernseher an. Aber auch da konnte ich keine Ruhe finden. So machte ich ihn wieder aus und fing an in der Wohnung umherzulaufen. Ich hoffte, dass das half. Räumte Sachen weg, wie Wäsche oder liegengelassenes Geschirr. Spülte das bisschen noch ab. Aber die Unruhe ließ nicht locker. Rafael schien genauso unruhig zusein. Denn er trottete mir hinterher, als hätte er Angst, ich würde mich im nächsten Moment in Luft auflösen. Winselte und schaute mich an, als würde ich großer Gefahr schweben und er der einzige sein, der mich retten konnte. Aber nicht wusste wie. Ich schluckte. In meinem Hals bildete sich fetter, ekelhafter Kloss. Irgendwas sagte mir, dass Rafael tatsächlich etwas wusste oder ahnte. Und es war nichts Gutes. Ich kraulte ihm am Kopf, sah ihm in die Augen. Versuchte so uns beide zuberuhigen. Die Stunden zogen sich wie Kaugummi, bis ich mich auf den Weg machte, um meiner Kollegin wieder auf die Beine zu helfen und während ich zu ihr ging, wuchs das ungute Gefühl, was ich mir einfach nicht erklären konne, zu einem wahrlichen Geschwür heran. Meine Meine schienen irgendwie mir nicht mehr gehorschen zu wollen. Soe fühöten sich schwer wie Blei an, als sei ich wochenendlang durch die Welt gelaufen und immer wieder hörte ich dabei diese Stimme, die mir befahl umzukehren. Aber ich beachtete diese nicht weiter. Bis ich vor der Wohnungstür von Marie stand und auf die Klingel drückte. Das leise Läuten klang in meinen Ohren viel zulaut und ich machte vor Schreck einen Schritt nachhinten. Doch dann zwang ich mich ruhig zubleiben. Tief atmete ich durch und sagte mir leise:„Bleib locker, Allison. Es ist doch nur die Klingel!“ Hörte wieder diese Stimme, die mich diesesmal auslachte und zischte, dass ich viel zu naiv sei. Ich musste mich beherrrschen um nicht laut ein bissiges Kommentar deswegen zurückzugeben, auch wenn es mir wirklich auf der Zunge lag. Solangsam wurde das lästig. Ich klingelte nochmal und wartete bis der Öffner summte und ich die Tür aufstossen konnte. Das Treppenhaus war leer und für meinen Gemschack zu dunkel. Obwohl es darußen noch hell war. Aber anscheinend reichte nicht mal das Tageslicht aus, um das Treppenhaus heller zumachen. Von freundlich ganz zuschweigen. Es gab viel zuviele dunkle Ecken und ich glaubte in diesen Schatten zusehen, die mich beobachteten. Mit jedem Schritt den ich machte, wurde das bedrohliche Gefühl immer stärker und es half nichts mehr, sich einzureden, dass das alles nur Einbildung war. Meine Schritte hörten sich vielzulaut an und hallten wie hohle Echos durch das Treppenhaus. Gespenstisch. Unheimlich. Das erinnerte mich an die alten Horrorfilme, die ich damals so leidenschaftlich gern gesehen habe. Eine junge Frau, allein in einem Treppenhaus, das dunkel und verlassen ist und unheimliche Schatten, die nur darauf warteten, sich auf sie zu stürzen. Das typische Klischee. Nur war dies hier kein Film und das machte es irgendwie noch schlimmer. Immer wieder schaute ich mich um, wenn ich glaubte etwas zuhören. Ein Knurren, ein Scharren. Egal was es war. Es ließ mir kalte Schauer über den Rücken laufen und das Gefühl langsam in blanke Angst umschlagen. Es half nicht mehr sich zusagen, alles sei okay und das man sich das alles nur einbildete. Denn das war es nicht und ich war wirklich versucht, umzudrehen und aus dem Treppenhaus rauszurennen. Mir war das alles nicht geheuer. Dennoch zwang ich mich die letzten Stufen hochzugehen und als ich vor der Tür stand zu Maries Wohnung, war die Angst kaum noch zum aushalten. Aber ich riss mich zusammen. Marie brauchte mich. Auch wenn sie krank war. Und ich konnte auch etwas Abwechslung vertragen. Meine Nervösität und meine Sorge um meine Kollegin wuchsen ins unermessliche, als sie auf mein Klingeln nicht öffnete. Ich klingelte nochmals und hoffte dass es Marie einigermassen gut ging, dass sie die Tür aufmachen konnte. Mein Hoffen wurde nicht enttäuscht, denn nach wenigen Minuten machte Marie die Tür auf und begrüßte mich. Meine Erleichterung jedoch schwand dahin, als ich sah, wie schlecht sie aussah. Maries sonstso frisches und fröhliches Gesicht war blass. Blaue Adern traten unter der Haut hervor. Ihre Augen hatten glasigen Aussdruck. Fast so als hätte sie Drogen genommen. Ich fragte mich sogleich, ob es nicht bessere wäre, den Notarzt zurufen. Marie schien es wirklich nicht gutzugehen. Sie sah verhungert und abgezerrt aus. Frieren musste sie auch, da sie sich eine Decke gewickelt hatte. Dennoch hatte sie genug Kraft zu lächeln. „Danke, dass du gekommen bist!“, sagte sie und trat beseite, damit ich in die Wohnung kommen konnte. Ich lächelte mühsam. Maris Anblick traf mich härter, als erwartet. Trotz dass sie meine Kollegin war, hatte ich sie aufrichtig gern. „Keine Ursache. Aber du siehst nicht gerade gut aus. Willst du nicht lieber zum Arzt gehen?“, erwiederte ich und folgte ihr ins Wohnzimmer. Marie schüttelte den Kopf. Winkte ab. „Ich glaube nicht, dass es so schlimm ist!“, meinte sie. Gerne hätte ich darauf etwas gesagt, aber ich hatte einfach nicht die Kraft. Ich konnte ihren Worten nicht glauben. Sie hörten sich an wie eine gewaltige Lüge. So schwieg ich nur und folgte ihr ins Wohnzimmer, wo sie mir einen Platz auf der Couch anbot und mich fragte sogar, ob ich nicht etwas trinken wollte. Ich schüttelte den Kopf, weil sie wegen mir sich nicht noch mehr anstrengen sollte und holte die Sachen aus meiner Tasche, die ich ihr gebracht hatte. „Okay, ich habe alles dabei, was man bei einer Erkältung so braucht. Was hast du denn? Husten? Hals-oder Kopfschmerzen? Musstest du dich übergeben?“, fragte sie ab und holte das dazugeeignete Mittel hervor. Marie sagte immer wieder, dass sie nichts davon habe und ich fragte mich, was es sein könnte, dass sie so mies aussah. Und noch etwas fragte ich mich. „Wo sind denn deine Eltern? Wissen sie denn, dass du so schwer erkrankt bist?“ „Nein, sie sind verreist. Und ich konnte sie bisjetzt nicht erreichen!“, erklärte sie und klang irgendwie selber nervös. Ich runzelte die Stirn. Das war ungewöhnlich. Ich kannte Maries Eltern nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sie allein lassen, wenn sie krank wäre. Welche Eltern machten das schon. Und dass sie sie nicht erreichte, sorgte dafür umso mehr, dass mir das ganze Spanisch vorkam. Doch ich schob mein Misstrauen erstmal beiseite, sondern wollte Marie helfen, dass sie wieder gesund wurde. „Hm, okay. Ähm…soll ich dir eine Tasse Tee machen?“, fragte ich dann, weil mir nichts anderes einfiel und Marie nickte. „Ja, das würde mir sehr helfen!“, sagte sie und wollte aufstehen, um mir die Küche zuzeigen. Doch ich sagte, dass ich das schon allein schaffte und dass sie sich schonen sollte. Die Küche fand ich schnell und holte aus den Schränken eine Tasse und aus dem anderen einen Wasserkocher. Füllte diesen mit Wasser und schaltete ihn ein. Dann holte ich eine Tasse und wollte nach Teebeuteln suchen. Fand aber keine in der Küche. „Wo habt ihr denn die Teebeutel, Marie?“, rief ich dann nachdem ich alles auf den Kopf gestellt habe. „In der Vorratskammer. Die ist im Flur. Zweite Tür schräg der Eingangstür gegenüber!“, sagte sie und ich ging zu dieser. Gerade überlegte ich, welche Sorte Tee Marie mochte und ihr half und öffnete die Tür, als plötzlich etwas schweres aus der Kammer auf mich fieln und mich zu Boden riss. Zuerst dachte ich, es seien irgendwelche alte Klamotten. Aber als ich wieder auf die Beine kam und genauer hinsah, wurde mir schlecht und ich musste wirklich einen Schrei des Entsetzens unterdrücken. Vor mir auf dem Boden lagen keine Altkleider, sondern zwei Körper. Zwei Menschen um genauzusein. Ein Mann und eine Frau und auch wenn ich sie noch nie gesehen habe, wusste ich, wer sie waren. Maries Eltern! Schon allein dass sie nicht mehr lebten, ließ mich starr werden, aber was mit ihnen passiert war umso schlimmer. Etwas musste sie regelrecht zerfetzt haben. Sie waren kaum noch zu erkennen. Ihre Körper waren mit Stich-und Schnittverletzungen übersät, aus denen das Blut in Strömen herausfloss und ihre Gesichter waren zu grässlichen Fratzen der Angst und des Schmerzes verzerrt. Ich mochte mir nicht vorstellen, was und wie es mit ihnen geschehen war. Ich schrie nur nach Marie, die etwas überrascht in den Flur trat. „Was ist denn? Was schreist du denn so rum?“, fragte sie stattdessen und als sie die Leichen ihrer Eltern sah, schien sie das nicht aus der Ruhe zu bringen. Sie seufzte sondern ziemlich enttäuscht und schüttelte den Kopf. „Mist, dabei habe ich mir so große Mühe gegeben, sie zuverstecken!“, sagte sie. Dann aber lächelte sie verzeihend. „Naja, was solls. Du hättest sie so wieso entdeckt. Da kann ich mir auch das ganze Theater sparen!!“, sagte sie beiläufig und ich verstand nur Bahnhof. Was redete sie da? War sie schon so krank, dass sie den Verstand verlor? „Marie, was sagst du da? Deine Eltern sind tot…!“ „Ich weiss, dass sie tot. Sieht man ja wohl. Und du bist es auch gleich!“, sagte sie und plötzlich wurde das Lächeln zu einem grotesken Grinsen und ihre Zähne ähnelten denen eines Hais. Auch ihre Augen hatten sich verändert. Sie waren in sekundenschnelle schwarz geworden. Ich konnte einfach nicht glauben, was gerade mit Marie passiert war. War das überhaupt noch Marie? Nichts an dieser Person schien an meine Kollegin zuerinnern. Aber wie konnte das sein? Sie hatte ihr Gesicht, ihre Stimme. Wenn sie nicht Marie war, wer stand da vor mir und grinste mich mit diesen furchtbaren Zähnen an? „Wer…?“, stammelte ich und wich vor meiner Kollegin zurück. Egal was sie war oder was nicht mit ihr stimmte, es machte mir Angst und ich wurde das Gefühl nicht los, dass meine vorherige Angst praktisch eine Warnung war. Nur leider wurde ich mir das erst jetzt bewusst und nun war es zuspät. Maries Grinsen wurde breiter und ihre scharfen Zähne schabten übereinander, sodass es knirschte und mir wurde kalt. „Wer ich bin, ist nicht so wichtig. Aber eins kann ich dir sagen: Du wirst diese Wohnung nicht verlassen. Zumindest nicht lebend!“, kicherte sie und noch bevor ich reagieren konnte, warf sie sich schon auf mich. Ich schrie auf, als wir zusammen prallten und wollte sie von mir drücken. Da hatte sie aber schon ihre Hände um meinen Hals gelegt und drückte zu. Ich würgte, schlug um mich. Versuchte sie von mir los zubekommen. Doch Marie, oder was auch immer das war, hatte ließ nicht los, egal was ich auch machte und mir wurde langsam die Luft knapp. Nicht mehr lange und ich bin tot. Zum zweiten Mal versuchte jemand mich umzubringen und ich fragte mich warum. Was hatte ich getan, dass ich den Tod verdiente. Während ich mich das tausendundeinmal fragte, hörte ich wie durch Watte gedämpft das Lachen von diesem Ding, das mal Marie war. „Schöne Grüße an deine Mutter, wenn du sie in der Hölle triffst!“, hörte ich noch und merkte schon, wie ich langsam in einen drohende Ohnmacht hinabglitt, als plötzlich ein andere Geräusch daumpf an meine Ohren drang. Ich konnte mir nicht helfen, aber ich glaubte es sei zerbrechendes Glas und paar Sekunden später verschwanden die Hände an meinem Hals. So plötzlich, wie sie mich gepackt hatten. Froh darüber, sog ich tief und gierig Luft in meine Lungen. Brauchte einen Moment, bis ich wieder zu mir kam und den Schrecken einigermaßen verdauen konnte. Dann rappelte mich langsam auf. Meine Beine waren weich wie Pudding und schwach. Ich musste mich an der Wand abstützen, um mich umzukippen. Vorsichtig tastete ich meinen Hals ab und zuckte zusammen, als meine Finger die schmerzende Stelle berührten. Oh verdammt, das war wirklich knapp gewesen, dachte ich. Ich wollte schon aus der Wohnung verschwinden. Da hörte ich Schreie aus dem Wohnzimmer. Und auch wenn ich am liebsten weggelaufen wäre, ging ich zurück ins Wohnzimmer und sah, wie meine angebliche Kollegin sich auf dem windete und gegen etwas Dunkles schlug, dass sie unbarmherzig auf den Boden presste. Ich erkannte auf Anhieb, was es war. Oder besser gesagt wer! Der Schatten! Erik! Woher kam der jetzt aufeinmal? Auch dieses Ding musste überrascht oder wohl eher entsetzt gewesen sein, als es ihn erkannte, dabei war Erik nur eine schwarze Schattengestalt, die kein Gesicht hatte. So wie ich ihn zum ersten Mal gesehen habe und schon allein sorgte ja dafür, dass man sich vor ihm fürchtete. Sie schlug und schreite umso panischer um sich. Das jedoch kümmerte ihn nicht, denn er packte sie an den Händen und nagelte sie förnlich am Boden fest. Das passte diesem Ding natürlich nicht und schrie umsolauter. Ich musste mir die Ohren zuhallten, weil ich fürchte mein Trommelfell würde dabei platzen. Erik aber ließ sich davon nicht stören. Sondern ergriff mit einer Hand nun beide derihrigen und sclug ihr einmal kräftig ins Gesicht. „Schnauze!“, herrschte er sie und bleckte dabei die Zähne. Das hatte offensichtlich gewirkt, denn Marie war aufeinmal still und schaute Erik mit panischen Augen an. Dieser begann nun Gestalt anzunhemen, sodass er eine menschliche Gestalt annahm. Doch seine Augen waren schwarz und der Ausdruck in seinem Gesicht alles andere als gefasst. „Was willst du?“, quiekte Marie und zappelte in seinem Griff. „Das fragst du noch?“, fauchte er. „Du hast Hand an sie gelegt und ich werde das nicht dulden!“ „Woher soll ich wissen, dass sie dein Schützling ist?“ „Willst du mich verarschen? Stell dich nicht dümmer als du bist, Parasit. Woher wusstest von ihr und wer steckt dahinter?“, schnappte Erik und mit jedem Wort, das er sagte, wurde mir immer kälter und flauer im Magen. Ich konnte nichts mit dem was Erik sagte anfangen, aber irgendwie schien es so, als habe es jemand auf mich abgesehen. Blieb nur die Frage warum? „Niemand! Ich…ich wollte sie einfach nur töten!“ „Und warum das ganze Theater dann? Warum du dich im Körper dieser Frau breitgemacht und ihre Eltern getötet?“ „Ich hatte eben Hunger. Lebe du in dieser Welt, ohne was zuessen!“, verteidigte sich dieses Ding und mir wurde schlecht. Schlecht bei der Vorstellung, wie dieses Ding erst Marie, dann ihre Eltern tötete, um sie zu fressen. Aber auch vor Wut. Am liebsten hätte ich diesem Ding selber ein paar Schläge verpasst. Ich hatte eben Hunger? Was dachte sich dieses…was auch immer das war, eigentlich? Das es einfach so Menschen fressen konnte, wenn es ihm passte? Das war wirklich zuviel. Aber etwas sagen konnte ich auch nicht. Denn wenn ich jetzt nur ein Wort sagte, würde ich in Tränen ausbrechen und nur vor mich hinstammeln. Es viel mir auch so jetzt schwer, ruhig zubleiben. Was war nur mit Marie passiert? Lebte sie denn überhaupt noch? Ich betete, dass es so war. „Ob du Hunger hattest, oder nicht, ist mir egal. Ich will nur wissen, wer dich beauftragt hat. Du selber würdest niemals darauf kommen, jemanden wie sie anzugreifen. Geschweige denn den Mut haben!“, knurrte er und zeigte Marie seine tödlichen Fangzähne. Offensichtlich wollte er sie so dazubringen, mit der Wahrheit rauszurücken. Und es funktionierte. „Ich…ich hatte keine andere Wahl. Entweder sie oder ich!“, stammelte sie und versuchte erneut sich aus seinem Griff zubefreien. Erik aber dachte nicht daran, auch nur einmal lockerzulassen. „Und wer war hinter dir her? Nicht das es mich kümmert, wenn ein Stückchen Dreck wie du, in Gefahr ist!“, konterte eiskalt und seine Stimme wurde malzumal bedrohlicher. Dieser Parasit, den Erik nannte, schaute mit angstvollen Augen zu mir, dann zu Erik, die sichtlich ungeduldig wurde und dann wieder zu mir. Und plötzlich war alle Angst wie weggewischt und es boshaftes Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht Maries. „Du kannst sie nicht beschützen. Egal was du auch tust. Es werden andere kommen und irgendwann werden sie sie erwischen und dich gleich mit, du elender Verräter!“, zischte sie. Ich konnte nichts anderes tun, als dazustehen und sie anzusehen. In diesem Moment hatte ich jede Hoffnung, dass Marie noch irgendwie dawar, verloren. Die Augen meiner einstigen Kollegin und auch Freundin waren in diesem voller Hass und kalter Freude, dass ich nicht anders konnte, als in die Knie zu gehen und das Zittern, welches mich packte, nicht zurückhalten konnte. Noch nie in meinem Leben hatte ich solch eine Angst gehabt. Nicht mal bei meinen Visionen. Erik schien das noch wütender zumachen, als er es jetzt schon war. „Das werden wir ja sehen!“, sagte er und dann folgte eine Reihe von Wörtern, die ich noch nie gehört habe und Erik sprach sie auch soschnell, dass es sinnlos gewesen wäre, nur den Versuch zumachen, sie zu verstehen. Sogleich bäumte sich der Körper Maries auf und zuckte, als hätte sie einen Anfall. Ein nasses, ekelerregendes Gurgeln kam aus ihrer Kehle. Der Parasit schien wohl was dagegen zuhaben, was Erik da machte, denn er sträubte sich und versuchte Eriks Redeschwall zuunterbrechen. Trat nach ihm, biss sogar in seine Handgelenke. Erik aber hörte nicht auf, weiterzureden und nach einigen Minuten quoll etwas hervor, was mich an schwarzen Rauch erinnerte. Er strömte zur Decke hoch und sammelte sich, bis er zu einer wahren Wolke wurde. Dann wollte er zum Fenster, sich durch die Ritzen quetschen, um zu entkommen. Aber Erik war schneller, sprang hoch, griff in den Rauch und mit einem kräftigen Ruck, zerrte er einen Körper hervor. Und ich glaubte nun völlig in einem Alptraum zusein. Dass, was Erik da in seiner Hand gepackt hielt, war kein Mensch. Hatte zwar den Körperbau eines Menschen. Aber die Augen des Wesens, was Besitz von Marie genommen hatte, waren blutunterlaufen und es hatte keine Lippen, sodass man einen guten Blick auf die Zähne hatte, die lang und spitz waren. Die Haut war alt und runzelig. Erinnerte mich an altes, brüchiges Leder. Der Kopf war kahl. Die Arme und Beine waren dürr, beinahe schon knochig und ich fragte mich, ob und wie dieses Ding eine Chance gegen Erik haben konnte. In meinen Augen war es kein so großer Gegner für Erik. Er schien genug Kraft zuhaben, um diesem den dürren Hals zubrechen und ich hoffte so inständig, dass er es machte. „Egal wer dich geschickt hat und wieviele nach dir kommen werden, sage folgendes: Die Tochter der Wölfin wird ab jetzt von mir beschützt. Und ich werde keine Gnade kennen, sollte jemand, wer auch immer, es wagen sie ernsthaft zuverletzen!“, sagte er im drohenden Ton und noch bevor das Ding darauf etwas erwiedern konnte, begann es erneut zuzucken und zuschreien. Die Haut, die vorher schon rissig und bis zum reissen gespannt war, straffte sich noch mehr und in den Augen des Monsters war blankes Entsetzen zusehen. Es wehrte sich zwar nicht mehr großartig, aber dennoch wollte es nicht sterben. Erik jedoch war stärker und so dauerte es nicht mehr lange, bis sein Gegner wahrlich in einer Wolke aus Staub und getrocknetem Fleisch auseinanderbrach. Die Überreste fielen zu Boden, wurden dann selber zu Staub. Minuten lang blieb ich da stehen, schaute auf das Häufchen Asche, was mal ein Monser gewesen war und zu Erik, der ebenso zum Häufchen schaute. In seinem Blick lag Verachtung und auch Wut. Noch immer begriff ich nicht, was hier geschehen war, auch wenn ich es gesehen habe. Aber ich konnte es nicht glauben. Es war so umfassbar. So grausam, dass sich mein Verstand weigerte, das zu verarbeiten. Ich sah dann zu Marie, die recklos auf dem Boden lag. Die Augen geschlossen und der Mund einen schmalen Spalt geöffnet. Wieder setzte das Zittern ein. Mit schwachen Knien ging ich zu ihr, setzte mich neben sie und rüttelte sanft an ihren Schultern. Trotz allem was ich gesehen hatte, hatte ich immernoch die naive Hoffnung, dass sie vielleicht wieder sie selbst sein würde. Im nächsten Moment aufwachen und mich erleichtert ansehen würde. Ich redetete mir ein, dass sie, während dieses Ding in ihr gehaust hatte, in einer Art Schlaf gefangen war und nun aus diesem erwachen würde, weil der Parasit aus ihr raußen war. Doch Erik kannte die Wahrheit. Umso schlimmer trafen mich seine Worte. „Allison!“, sagte er und legte mir die Hand auf die Schulter. Ich schaute auf und sah in seinen Augen, dass es für Marie zuspät war. „Nein!“, flüsterte ich, schüttelte seine Hand ab und rüttelte weiter an ihr. Diesesmal stärker. Ich wollte in diesem Moment nicht wahrhaben, dass ich meine einzigste Freundin verloren hatte. Es war verrückt. Zum ersten Mal erkannte ich, dass ich in ihr eine Art Freundin gesehen hatte, ohne es selber zumerken. Eine Freundin, mit der ich reden und lachen konnte. Die für mich da war, wenn ich sie brauchte. Ich hatte das niemals zu schätzen gewusst. Nicht so, wie sie es verdient hatte und nun hatte ich sie verloren. Trauer und auch Wut über mich selber und meine eingeschränkte Sichtweise, erfasste mich. Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein und mich selber in diesem Schneckenhaus einsperren, anstatt mit ihr über meinen Kummer zureden. Denn das hätte ich gebraucht. Nun war es zuspät. „Sie darf einfach nicht…!“, wimmerte ich, während mir die Tränen kamen. Ich konnte nicht sagen, wielange ich brauchte, um es endlich einzusehen und einzugestehen. Nur, dass mich ihr Tod härter traf, als ich es mir jemals vorstellen konnte. Es war genauso wie damals, als meine Mutter sich selber das Leben nahm. Da fühlte ich mich ebenso ohnmächtig vor Schmerz und wollte am liebsten schreien. Erneut spürte ich wie Eriks Hände mich ergriffen. Sanft und auch tröstend. Das war seltsam, denn noch vor wenigen Minuten hatte er ausgesehen, als woller alles und jeden auseinandernehmen. Ich hatte mich selber vor ihm gefürchtet. Ich blickte zu ihm hoch. Sah in seinen Augen Bedauern und auch die stumme Bitte, es gut sein zulassen. Die Wut wurde umso größer, weil ich es falsch verstand. Am liebsten hätte ich ihn angeschrien. Hätte ihm an den Kopf geworfen, dass er sich das sparen konnte und sich nicht vorstellen könne, wie es mir gerade ging. Doch mein Hals schnürte sich zu. Zuviel war das alles und zugroß der Schmerz über Maries Tod, als das ich einen vernünftigen Satz über meine Lippen bringen konnte. Und ich wollte auch nichts mehr sagen, denn es würde nichts bringen. Weder die Zeit zurückdrehen, noch Marie zum Leben erwecken. So nickte ich nur und versuchte aufzustehen. Doch meine Knie gaben nach, weil sie ebenso nicht die Kraft hatten, mich zutragen. Erik reagierte schnell, schob seine Arme unter meine Beine und Arme und hob mich hoch. Ich umschlang automatisch mit den Armen seinen Hals und drückte mich eng an ihn. Und obwohl er ebenoch so furchteinflössend gewesen war, so kalt, fühlte er sich nun so seltsam angenehm warm und weich an, als wäre er wirklich ein Mensch und kein Trugbild davon. Das Zittern ließ nur langsam nach und ich merkte, wie ich langsam in einen Dämmerzustand dahinglied. Ich merkte erst jetzt, wie sehr mich das alles mitnahm und mrt alle Kraft geraubt hatte. Das alles war einfach zuviel für mich. Ich hatte kaum noch Kraft, die Augen offnen zuhalten. Noch einige Minuten blieb ich wach, blickte nocheinmal, wie zum Abschied, zu der Leiche von Marie, dann vergrub ich mein Gesicht in seinen dunklen Klamotten und weinte. Weinte bis ich nicht konnte und schließlich der gnädige Schlaf mich übermannte. Mithilfe seiner dunklen Kräfte hatte sich Erik, mit der schlafenden Allison auf den Armen, in deren Wohnung teleportiert und trug sie nun zum Bett. Alles war still und ihr Vater schlief schon. Nur Rafael, der schwarze Wolf war noch wach. Seine Sorge um seine junge Herrin hatte ihn nicht schlafen lassen, umso alarmierte war er, als er die Präzens von jemanden Fremden spürte und trottete vorsichtig ins Zimmer von Allison. Sah, wie Erik sie behutsam aufs Bett legte und lange auf sie neiderblickte. Als Rafael ihn erkannte, gab er einen kurzen, leisen Laut von sich, worauf sich Erik aufrichtigtete und zum Wolf blickte. Erik brauchte sich nicht davor zufürchten, von ihm angegriffen und verraten zuwerden. Er kannte den Wolf ebenso lange und gut genug, wie der Wolf ihn. Mit einem grüßenden Lächeln, nickte er ihm zu und kniete sich vor ihm. Streckte die Hand aus und der Wolf lief zu ihm. Schnüffelte und leckte seine Hand. „Wir habens uns lange nicht mehr gesehen, Rafael. Schön dich wieder zusehen, alter Freund!“, sagte er und streichelte dem Wolf den Kopf. Rafael winselte, blickte dann zu Allison, die ruhig schlief. Trotz all den Schrecken, die sie erlebt hatte. Nochmals winselte. Diesesmal etwas bekümmerte. Erik lächelte. „Mach dir nichts draus. Du hast mich ja gewarnt und ich konnte sie gerade noch rechtezeitig retten!“, sagte er. Doch seine Worte schienen den Wolf nicht zuberuhigen. Er blickte immer wieder zu Allison und dann zu Erik. Schien mit seinen Augen Erik seine Sorgen zu sagen. Erik nickte und strich ihm nocheinmal über den Kopf. „Sei ganz ruhig. Ich werde auf sie Acht geben. Das habe ich schließlich versprochen!“, sagte er und stand dann auf. Ging zur Zimmertür. Blieb dann unter dem Rahmen stehen und sah zum schwarzen Wolf, der sich neben dem Bett von Allison gelegt hatte. Als wollte er über ihren Schlaf wachen. Erik lächelte. „Achte gut auf sie, wenn es Tag ist. Ich werde über sie wachen, bei Nacht!“, sagte er und der Wolf nickte, als habe er seine Worte. Dann ging er und verschwand so, wie er gekommen war. In der Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)