Allison von Mad-Dental-Nurse (Das Erbe des Wolfes) ================================================================================ Kapitel 14: Der Wolf unter den Schafen -------------------------------------- Ein Schlag auf den Hinterkopf hatte ihn betäubt und in tiefste Schwärze gestürzt. Als er wieder zu sich kam, fand er sich auf einem Tisch gefesselt in einem dunklen Keller wieder. Zuerst dachte er, ihm würde jemand einen üblen Streich spielen. Und dachte sich erstmal nichts dabei. Sondern spielte das Spiel mit. Als es ihm aber doch zu bunt wurde, machte erklar, dass er nicht gerade viel davon hielt. „Ha-Ha…sehr komisch. Wer immer sich das auch ausgedacht hat, sehr witzig…!“, rief er laut und schaute sich um. Versuchte in dem Raum Gestalten von Leuten aus zu machen, die ihn womöglich hierhergebracht hatten. Doch außer ihm war niemamd im Raum. Und nach einigem weiteren und lauteren Rufen, dämmerte ihm langsam, dass das kein Scherz war. Dass man ihn mit hinterhältiger Absicht nieder geschlagen, hierher gebracht und letzt endlich hier gefesselt hatte. Wollte man ihn hier gefangenhalten, um Lösegeld zu erpressen? Oder wollte sich jemand an ihm rächen? Aber für was? Fieberhaft durchforstete er sein Gedächtnis nach einem vergangenen Ereignis, dass ihm dabei die Lösung für dieses Rätsel geben konnte. Doch er fand nichts. Mochte es an der immer stärker werdenden Panik liegen oder einfach nur weil er sich einfach nicht erklären konnte, was hier mit ihm passiert und warum. Die Zeit, in der er hier auf dem Tisch lag, dehnte sich ins unendliche und er glaubte schon, dass derjenige, der ihn hierher gebracht hatte, ihn absichtlich im Ungewissen schmoren lassen würde. Da aber hörte er wie sich eine Tür öffnete und jemand die Treppe runter schritt. Erleichtert aber auch verärgert, schaute er in die Richtung, aus der die Schritte kamen und sah nun, wie jemand in den Kellerraum kam. Eine Gestalt, gehüllt in einer dunklen Robe, trat an den Tisch und schaute auf ihn nieder. Die Kaupze tief ins Gesicht gezogen. Sie sah aus wie eine Gestalt aus einem alten Horrorfilm. Trotz ihrer bedrohlichen Erscheinung, empfand der Gefesselte keine Furcht, sondern vielmehr Ärger. War dieser Irre derjenige gewesen, der ihn hier her gebracht hatte? Anders konnte es nicht sein und er fing an die Gestalt an zu blaffen. „Was soll das, Man? Soll das ein schlechter Scherz sein? Binden Sie mich auf der Stelle los! Ich werde meinen Anwalt anrufen und Sie bis aufs letzte Hemd verklagen!“ Doch die Gestalt rührte sich nicht. Ließ die Schimpftriaden des Mannes vor sich einfach über sich ergehen. Was den Gefangenen umso wütender machte. Wie wild zerrte er an den Fesseln, doch diese gaben kein bisschen nach. „Was wollen Sie eigentlich von mir? Geld? Dann vergessen Sie es. Ich habe nichts!“ Doch wieder sagte die Gestalt nichts, sondern schob langsam die Hand in ihren Ärmel und als sie sie wieder hervor holte, hielt sie einen Dolch in der Hand. Der Anblick des Dolches ließ den Mann nun verstummen und Entsetzen zeigte sich in seinem Gesicht. „Hö-hören Sie. Wer auch immer Sie sind, ich werde niemandem etwas sagen, wenn Sie mich gehen lassen. Ich gebe Ihnen alles was sie haben wollen!“, versuchte er es nun. Doch auch das schien die Gestalt nicht weiter zu kümmern. Entschlossen hob sie die Hand, in der sie den Dolch hielt und begann etwas vor sich hin zu murmeln. Bewegte dabei den Arm und zeichnete ein Kreuz in der Luft. Hielt dann inne. Der Mann flehte während dessen weiterhin die Gestalt an, damit auf zu hören und ihn frei zu lassen. Was ohne Erfolg blieb. Als die Gestalt dann doch aufhörte, schöpfte er kurz Hoffnung. Welche jedoch zu nischte gemacht wurde, als die Gestalt laut „Amen!“, rief und den Dolch ohne Erbarmen niedersaußen ließ. Tief bohrte sich die Klinge in die Brust des Mannes und löschte so sein Leben aus. Sorgsam und vorsichtig tastete die Ärztin meinen Hals ab und achtete dabei auf mögliche Anzeichen meinerseits, die ihr verrieten, dass es schmerzte. Als sie nichts dergleichen sah, schaute sie mich forschend an. „Sag: Ich bin Allison Adea!“, verlangte sie. Und ich folgte ihrer Anweisung. Es war eine der üblichen Methoden, ob meine Stimme wieder richtig funktionierten. Zuerst fiel es mir schwer aber nach und nach klappte es immer besser. Die Ärztin hörte aufmerksam zu und als sie auch der Meinung war, dass ich mich auf dem Weg der Besserung befand, nickte sie und wandte sich an Fay und Lex. „Alles bestens. Noch ein paar Tage und sie wird wieder normal sprechen können!“, erklärte sie ihnen. „Irgendwie fand ich ihre rauchige Stimme richtig sexy!“, bemerkte Lex, woraufhin Fay ihm einen giftigen Blick zu warf. Wenig später saßen Fay und ich im Wohnzimmer auf der gemütlichen Couch vor dem Kamin. Ich war gerade dabei eine große Portion Eis zu löffeln. Laut Esmeralda sollte das Eis meine Kehle kühlen und die Schwellung etwas lindern. Dabei war das aus meiner Sicht eher nebensächlich. Auch ohne das Eis würde sein mein Hals sich erholen. Aber auf keinen Fall wollte ich darauf zerzischten. Es schmeckte einfach lecker und ich lutschte genüsslich den Löffel blank. Dabei schaute ich in das Kaminfeuer und während ich so da saß, das Eis löffelte und vor mich hinschaute, spürte ich etwas, was ich nicht mehr zu spüren geglaubt hatte. Ruhe und…Normalität. Trotz dass unser letzter Fall, den ich insgeheim „Da ist der Wurm drin!“, nannte, einige Wochen zurücklag, fühlte ich mich erleichtert. Gwen und Josh waren in Sicherheit und was diese Wurmmonster… die waren Geschichte. Lex und Fay hatten sie mithilfe von Salz ausgelöscht. Vielmehr hatten sie das Salz in die Wasserversorgung der Schule geschüttet und als ich Feuer legte, und damit den Wassersprengler ansprang, regnete das Salzwasser auf sie Das hatte einen unangenehmen Nebeneffekt auf sie. Jeder von ihnen war mausetot. Leider hatten sie jedoch einige der Schüler infiziert und was aus ihnen werden würde, war ungewiss. Einige von ihnen lagen nun im künstlichen Koma und unter dem Deckmantel der Behörden, versuchte man nun, diese Parasiten aus ihnen raus zu bekommen. Der Öffentlichkeit hingegen erklärte man, dass an der Schule einige unbekannte Drogen in Umlauf gebracht wurden, um zu sehen wie sie wirkten. Wer genau dahinter steckte, sagten sie nicht, aber lieferten damit genug Stoff damit die Bevölkerung eigene Schlüsse zog. Weiter hieß es, dass diejenigen, die dabei draufgingen – also diese Wurmmonster und Urheber dieses Desasters – dummerweise tragische Todesfälle waren. Tragische Todesfälle? Das ich nicht lache! Die, die es nur aus den Socken gehauen hatte, hatten mehr oder weniger Glück. Was für die Angehörigen nur ein schwacher Trost war und ich hatte Mitleid mit ihnen, da sie niemals erfahren würden, was wirklich passiert war. Aber vielleicht war das auch besser so. Ich musste an Louisa denken. Wie immer, wenn ich dieses Abenteuer dachte und fragte mich sofort, ob es noch Hoffnung gab. Auf keinen Fall wollte ich mir vorstellen, wie sie in irgendeinem geheimen Hospitel in einem Bett lag, an Schläuchen angeschlossen und vor sich hin vegetierend. Es schüttelte mich jedes Mal, sobald ich daren dachte. So wie auch jetzt und vorbei war es mit dem Gefühl der Lichtigkeit. Fay merkte das. „Kalt?“ Ich sah sie nur verwirrt an. „Ist das Eis zu kalt?“ Ich schüttelte den Kopf. Mit einem nachsichtigen Lächeln sah mich Fay weiterhin an und schlug das dicke Buch zu, in welchem sie gelesen hatte. Flüchtig viel mein Blick auf den Einband. Die Buchstaben waren kaum noch zu lesen. So alt musste es schon sein. „Du denkst wieder…an diese Sache, stimmt?“, fragte sie. Ich nickte. „Ich frage mich gerade, wie es…wie es den anderen geht?“, flüsterte ich und stocherte mit dem Löffel in dem Eis herum. Auf einmal hatte das Eis seinen Geschmack verloren. „Man wird sich gut um sie kümmern!“, versicherte Fay mir. Wie so oft, wann ich immer daran denken musste und die Sorge mir im Gesicht geschrieben stand. Ich glaubte ihr auch. Trotzdem…Es blieb ein bitterer Geschmack zurück. Aber zumindest waren zwei meiner neuen Freunde gerettet. Und Gweny und Josh…?“, fragte ich. Der Gedanke, dass meine Freunde erneut von irgendwelchen Monstern wieder angegriffen werden, ließ wieder die alte Angst in mir hochkommen. Ich wollte nicht nocheinmal jemden verlieren, den ich mochte. Nicht noch einmal. Auch diese Sorge versuchte Fay mir zu nehmen. „Um die beiden brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Zum einen werden sie sich sicher gegen solche…Angreifer zu wehren wissen und zum anderen…!“, dabei zwinkterte sie mir zu. „Wissen Sie, an wen sie sich wenden können!“ „Was passiert eigentlich mit den anderen Schülern. Die das alles mitbekommen haben?“ „Naja…sie werden zum Schweigen gebracht. Jetzt schau nicht so geschockt. So meine ich das nicht. Sie müssen einfach nur ein Formular unterschreiben, in dem sie verpflichtet sind, über die Sache zu schweigen!“ „Und was wenn sie das nicht tun?“ „Dann verschwinden Sie auf nimmer wiedersehen!“, sagte nun Lex, der sich zu uns gesellte und unsere Unterhaltung wohl belauscht hatte. Ein schiefes Grinsen lag auf seinem Gesicht. Ich schluckte. Okay. Das wollte ich eigentlich nicht hören. Und sofort kamen Bilder in mir hoch, in denen ich sah, wie einige wirklich in irgendwelche schwarzen Autos gezerrt werden und davonrasten. „Hör auf so einen Blödsinn zu erzählen!“, sagte Fay angesäuert. „Das Äußerste was Ihnen droht ist eine Geldstrafe!“ „Die allerdings auch schon einen abschreckende Summe hat!“ „Und das soll wirklich helfen?“ „Für Ihre reicht Daddys schon!“ Okay, wenn Fay das sagte, wird auch sicher was Wahres dran sein. Und ich beließ es dabei. Wenige Tage später nahm ich wieder mein Training auf. Das hieß, eigentlich wurde ich wieder nach Strich und Faden verhauen. Ich krachte hart auf dem Boden und blieb einige Minuten liegen. Ich hasste es, wenn man mich, in diesem Falle Brian, durch die Luft schleuderte als würde ich nichts wiegen. Dabei fragte ich mich woher er diese Kraft hatte. Äußerlich wirkte er nicht wie ein Bodybuilder auf Anabolika aber er hatte Kraft. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass er genau wusste, wie er mich zu Boden bringen konnte. Er musste viel Erfahrung haben. Viel mehr als ich. Nach einigen Tagen, als ich meine Stimme wieder hatte, wollten Fay, Lex und ihre Eltern wissen, wie ich es geschafft hatte, diese Wurmdinger so lange wie möglich in Schach zu halten. Ich erklärte ihnen, dass ich es mit Hilfe einiger Schüler, unter ihnen war auch Joshua, schaffte. Aber auch selbst die Initiative ergriff und mit dem Armband, welches Erik mir damals gegeben hatte, eine Peitsche herbei rief, anders konnte ich es mir nicht erklären, und damit einige von ihnen auf Distanz hielt. Fay war sichtlich beeindruckt, während Lex es nicht alssen konnte, und mich als Catwoman 2.0 bezeichnete. Als ich ihm einen bitterbösen Blick zu warf, miaute er tief und kehlig. Brian hingegen schien nach zu denken. Esmeralda wiederum sah ihn forschend an, als würde sie wissen, was ihm durch den Kopf ging. Und mir wurde flau im Bauch. Und das zu recht. Keine Ahnung, was ihn dazu gebracht hatte, aber Brian schien das Training nun zu verschärfen. So zumindest kann es mir vor. Ich rappelte mich auf und hielt mir die Schulter, auf die ich eben unsanft gelandet war. „Ouch!“ Brian sah mich mit einem bedauerlichen Blick an. Aber es war die Art von Bedauern, die ein Lehrer empfand, wenn er sich der Beschränktheit eines Schülers gegenüber sah. Das ärgerte mich wiederum. Okay, ich war wirklich nicht die perfekte Kampfmaschine, aber musste er mir immer wieder unter die Nase reiben, dass ich im nächsten Moment sofort tot wäre? Als er sah und feststellen musste, dass es keinen Sinn hatte, schüttelte er den Kopf und sagte, dass wir eine Pause machten. Ich war mehr als dankbar dafür. „Irre ich mich, oder macht es deinem Vater Spaß mich durch die Luft zu schleudern?“, fragte ich Fay wenig später. Wir saßen zusammen im Trainingsraum, da ich es für sinnfrei hielt, auf mein Zimmer zu gehen. Da die Pause sicher bald zu ende sein würde. Fay hatte sich zu mir gesellt und mir eine Flasche Wasser gereicht. Ich nahm einen Schluck daraus und massierte mir dann meine schmerzende Schulter. Fay lächelte etwas milde. „Dads Methoden zur Verteidigung mögen zwar etwas…hart sein. Aber er weiß, was er tut. Die Gegenseite ist auch nicht gerade zimperlich. Darum ist es immer gut, aufs äußerste vorbereitet zu sein!“, erklärte sie. „Hat er dich auch trainiert?“ Kaum hatte ich das gefragt, legte sich ein Schatten übers Fays Gesicht. Sie schlug die Augen nieder. „Nein…er…er war zu der Zeit nicht da…!“, kam es schwach von ihr. Ich konnte mir nicht helfen, aber sie klang so als wäre ihr Vater damals nicht nur da gewesen, sondern…tot. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Wollte auch nicht weiter darüber sprechen. Es schien ihr Schmerzen zu bereiten. „Es spielt aber auch keine Rolle!“, kam es dann von ihr und versuchte dabei ihre Stimme zu festigen. „Wichtig ist nur, dass du weißt, dass Dad eigentlich kein übler Mensch ist!“, sagte sie. Klar, dass sie das sagte. Immerhin war er ihr Vater. Jede Tochter würde ihren Vater verteidigen. Aber dennoch wollte ich es glauben. Mama kannte ihn. Und sie war nicht die Sorte Mensch gewesen, die blindlinks jedem x-beliebigen vertraute. Auch wenn ich mich immer noch fragte, woher sie sich kannten. Fast schon war ich versucht Fay darüber aus zu fragen. In der Hoffnung, dass sie immerhin meine Zweifel beiseite wischen konnte. Ließ es dann aber. Keine Ahnung warum. Aber vielleicht wusste sie auch nicht viel mehr als ich. Einige Tage später rief Scotland Yard bei den Matthews an und verlangte Lex und und Fay in das Büro von Sir James. Natürlich nahmen sie mich mit. Ich war gespannt aber auch ein wenig unruhig was als nächstes kommen würde. Welche Art von Ungeheuer dieses Mal sein Unwesen trieb. Ohne große Umschweife reichte Sir James Lex eine Akte, der sie sogleich auf schlug und darin zu lesen begann. Mitten drin runzelte er die Stirn und sah den Vorgesetzten an, als würde es sich hierbei um einen Scherz handeln. „Ein Serienmörder?“, fragte er dann. „Davon ist aus zugehen!“, sagte Sir James. „Alle Opfer weisen die gleichen Töteungursachen auf. Ein Stich ins Herz. Mit einem sehr scharfen Messer. Die Obduktion hat ergeben, dass das Opfer zuvor niedergeschlagen und dann später erstochen wurde!“ „Als es noch bewusstlos war?“, bohrte Fay nach. Sir James schüttelte den Kopf. „Nein. Die Wunde war zum Teil verkrustet, als man ihn erstach!“ „Also war er kurz bei Bewusstsein!“, kam es von Fay. „Weiß man genaueres?“ Sir James schüttelte den Kopf. „Nein. Nichts Außergewöhnliches. Einige von Ihnen wohnten allein oder waren verheiratet!“ Dann sagte er mit monotonen Ton:„ Aber etwas ist dennoch merkwürdig!“ Nun spitzte auch ich die Ohren. Bis jetzt hielt ich das für eine gewöhnliche Mordserie, wobei ich mich fragte, warum Sir James gerade Fay und Lex hierher zitiert. Sie waren doch auf Monster und so weiter spezialisiert? Oder übernahmen sie auch normale Aufträge? „Jedes der Opfer hatte eine römische Ziffer in die Handfläche geritzt bekommen!“, erklärte Sir James. Wir betrachteten nun die Fotos, die man von den Leichen gemacht hatte und ich musste kurz dagegen ankämpfen zu würgen. Trotz dass ich schon wesentlich ekelige Sachen gesehen hatte, war der Anblick der Toten dennoch heftig. Es waren sowohl Männer als auch Frauen darunter. Alle hatten die gleiche Stichwunde in der Brust, die ihnen den Tod brachte. Und auf den abfototgrafierten Handflächen waren, wie Sir James es gesagt hatte, römische Zahlen. Mal war es eine vier, das Opfer dabei war ein Teenager. Dann zwei von Ihnen hatten eine sieben, beide zwei Männer, dann eine Acht, eine ältere Frau und eine Zehn, eine Frau, in mittleren Jahren. Das letzte Opfer war ein Mann. Er hatte die Zahl Fünf. Ingesamt waren es also sechs Opfer, aber jeder von ihnen hatte eine andere Zahl. Zuerst hatte ich die Vermutung, dass der Killer seine Opfer mit der Zahl kennzeichnete. Praktisch als Reihenfolge seiner Taten. Aber diesen Gedanken verwarf ist sogleich wieder. Nein. Ein anderes System musste dahinter stecken. Auch wenn ich immer noch nicht verstand warum gerade wir uns diesen Fall anschauen sollte, konnte ich eine gewisse Neugier nicht verleugnen. Auch Fay und Lex musste es so ergehen. „Wir werden uns die Sache mal anschauen!“, sagte Lex und verstaute die Akte in seine Jacke. „Ich dachte, dass wir nur Dämomen jagen?“, fragte ich als wir auf dem Rückweg waren. Fay hob die Schultern. „Ja, das ist eigentlich unser Spezialgebiet. Aber hinundwieder übernehmen wir solche Fälle!“, erwiderte sie. „Ist doch auch mal eine nette Abwechslung!“ Da stimmte ich ihr zu. Das schien dieses Mal ein Fall zu sein, der normal war. Okay, das klang jetzt gerade irgendwie pietätlos. Aber ich war froh, dass es sich hierbei um einen menschlichen Mörder handelte. Wobei…War dem wirklich so? „Sicher, dass es wirklich ein normaler Mordfall ist? Nicht das doch irgendwie fiese Dämonen dahinter stecken?“ Auch wenn das wirklich unwahrscheinlich war und vieles dafür sprach, dass es sich hierbei um einen gewöhnlichen Fall handelte, wollte ich dennoch auf nummer sicher gehen. Immerhin verstanden es diese Mistviecher sich im Verborgenen zu halten und andere Drecksarbeit machen zu lassen. Der letzte Fall, beziehungweise, die Erinnerungen steckten mir noch tief in den Knochen. Umso verlockender war die Aussicht, dass es dieses Mal ohne irgendwelche Dämonen zuging. Fay warf mir ein zuversichtliches Lächeln zu. „Ganz sicher. Dämomen gehen da wesentlich subtiler vor!“ „Das müsstest du doch mittlerweile wissen. Nach allem was du bisher gelernt hast!“, pflichtete Lex ihr bei. „Außerdem hättest du nicht dann eine Vision bekommen, wenn dem nicht so wäre?“ Und da sprach Lex etwas an, was mich nun zum nachdenken brachte. Meine Visionen! Ich hatte sie auch vor dem „Da ist der Wurm drin“-Fall, nicht erhalten. Und auch damals nicht als Marie…von diesem Parasiten befallen war. So als habe diese Art von Dämonen einen spezifischen Schutz gegen sowas. Und das gefiel mir nicht. Meine Gabe schien doch nicht so zuverlässig zu sein, wie ich immer gedacht hatte. Auch jetzt blieb diese aus. Entweder war das ein Zeichen dafür, dass wirklich ein Mensch dahinter steckte oder aber etwas anderes, was sich nicht vorhersehen ließ. Meine Neugier erhielt dadurch einen kleinen Dämpfer. Dennoch wollte ich auch dem Ganzen auf den Grund gehen. „Wer auch immer dahinter steck, scheint es darauf an zu legen, dass man ihn auf die Schliche kommt!“, sagte Brian. „Oder er ist einfach nur schlampig!“ „Soweit waren wir auch schon!“, bemerkte Lex, während er die Akte auf dem Wohnzimmertisch legte und ausseinander nahm. Legte jedes Foto zu dem ihm gehörigen Bericht, so als würde er daraus eine bestimmte Verbindung herstellen wollen. Esmerlada beugte sich darüber und betrachtete jedes einzelne Bild davon. Deutlich war auf ihrem Gesicht Ekel und Fassungslosigkeit zu sehen, als sie sich die Opfer ansah. „Ich bin schon ziemlich lange in diesem Job, aber es schockiert mich immer noch wie grausam der Mensch sein kann!“, murmelte sie. „Ich dachte Dämonen seien das Übel, was diese Welt beherrscht!“ Etwas an ihren Worten ließ meinen Magen zusammenkrampfen. Sie musste wohl schon vieles erlebt haben, was sie an die Vernunft der Menschheit und die Menschlickheit an sich manchmal zweifeln ließ. „Sei nicht so naiv, Esmeralda!“, kam es ungerührt von Brian. „Menschen sind nicht besser. Dass solltest du wissen!“ Brians Ton war dabei eisig und ohne jegliche Spur von Trost. Ich fragte mich unwillkürlich, ob er auch bei seiner Frau den Harten makierte. Ob das seine Art war damit fertig zu werden, wenn Menschen zu schaden kamen. Ich hörte wieder Fays Worte in meinem Kopf. „Wichtig ist nur, dass du weißt, dass Dad eigentlich kein übler Mensch ist!“ Es fiel mir ehrlich gesagt schwer, Fay das zu glauben. Aber vielleicht sah ich das nur so, weil ich nicht zur Familie gehörte. Weil ich eine Außenstehende war und in Brians Augen eine Art Störfaktor. Wieso sonst sollte er manchmal so kühl sein. Das stimmt nicht, meldete sich eine Stimme in mir. Stimmt. Da gab es einen Moment, in dem er mir Mut zu sprechen wollte. Zwar war dieser kurz und lag lange zurück, aber ich erinnerte mich klar und deutlich daran. „Du bist nicht einsam! Du hast doch noch uns!“ Brian. „Ja, das ist aber nicht dasselbe!“ „Du vermisst sie sehr?“ Damit meinte er meine Mutter. Und ich hatte wirklich das Gefühl, dass er mich verstand. Dass er wusste wie sehr es wehtat an sie zu denken und sie zu vermissen. Aber das schien lang zurück zu liegen, dass er mir seine andere, verständnissvolle Seite zeigte. Jetzt zeigte er mir deutlich die kalte Schulter. „Hey, Allison. Alles okay mit dir?“, fragte Fay und schnippte mir mit den Fingern vor den Augen. Ich brauchte eine Weil, ehe ich aus meinen Gedanken kam. „Äh…ja…!“, sagte ich etwas neben mir. „Sorry, war gerade woanders!“ „Wie gehen wir vor?“, fragte Lex an seinen Vater. „Ich halte es für das Beste, wenn wir verdeckt ermitteln. Vor Ort und nicht alle drei zusammen, um nicht auf zu fallen. Einer von Euch sollte im Hintergrund bleiben und die beiden anderen beobachten!“ „Das mache ich!“, sagte Lex sofort. Fay machte ein Gesicht als hätte sie nichts anderes erwartet. Als würde sie das schon ihrem Bruder kennen. „Du bist doch einfach nur zu faul, um Fragen zu stellen!“, sagte sie tadelnd. Lex zuckte frech die Schultern. „Ich bin mehr für das Grobe!“ Fay schnaubte nur. „Klar!“ Daraufhin warf sie mir einen vielsagenden Blick zu und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Dann übernehmen Allison und ich den langweiligen Teil!“, erklärte sie. „Fragen stellen und dem ganzen auf den Grund gehen!“ Klang alles ziemlich einfach. Aber ich fragte mich dabei, welche Geschichte wir den dortigen Leuten auftischen würden, um nicht verdächtig zu wirken. „Wir sollten uns noch überlegen, wo wir euch unterbringen. Es sollte aussehen, als würdet Ihr in das Dorf ziehen und nicht nur für einige Wochen dort bleiben!“, sagte Esmeralda. „Da sehe ich kein Problem. Immerhin mangelt es da sicher nicht an freien Häusern!“, sagte Lex trocken. Fay machte ein angewidertes Gesicht. „Das ist nicht komisch, Lex!“ Nein, das war es wirklich nicht. Aber so bitter und ironisch das auch war, es stimmte. An freistehenden Häusern mangelte es in dem Dorf wirklich nicht. Als wir anriefen, um uns dort nach einem freien Haus zu erkundigen, wurden wir sogleich mit zahlreichen Objekten überschüttet. Offenbar schien man sich nicht zu wundern, dass jemand neues ein Haus mieten oder gar kaufen wollte. Trotz bei den ganzen Todesfällen. Aber sicher wollten der oder die Makler so schnell wie nur möglich wieder ein Haus an den Mann bringen. Um nicht pleite zu gehen. Man schickte uns Bilder von den jeweiligen Objekten, die wir uns anschauen sollten, um das Haus aus zu wählen, was uns am meisten gefiel. Wir entschieden uns für eines, dass in der Nähe der Haupstraße lag, um auch alles beobachten zu können. Wir setzten den Makler davon in Kenntnis und dieser versicherte uns, dass wir bald dort einziehen konnten. Es würde jedoch etwas dauern, da man die Besitztümer der Verstorbenen noch den Angehörigen zu kommen lassen wollte. Wir sagten, dass es nicht drängte und wir warten konnten. Als es endlich so weit war, packten ich und Fay unsere Sachen. Dabei merkte ich, dass ich selbst nicht gerade viel besaß. Ein paar Klamotten, die ich aus Paris mitgebracht hatte. Andere wiederum waren von Fay, die sie mir geliehen hatte. Ich bekam ein schlechtes Gewissen. Sobald ich die Chance hatte, würde ich mir selbst neue Klamotten besorgen. Zwar schien es Fay nichts aus zu machen, mir was zu leihen, aber ich wollte mich nicht weiterhin aus ihrem Kleiderschrank bedienen. „Du scheinst nervös zu sein?“, fragte Erik, der hinter mir saß. „Wie kommst du darauf?“, konterte ich. Seit unserer letzten Unterhaltung, was Eriks Vergangenheit betraf, hatte zwischen uns Funkstille geherrscht und mich zusätzlich mürbe gemacht. Mein Vertrauen geriet dadurch noch mehr ins schwanken. Dass er sich nun bei mir meldete, hob meine Stimmung nicht wirklich. Erik hob die Schultern. „So ein Gefühl. Als würdest du nicht wissen, was dich erwartet!“ „Und ob ich das weiß. Ich und Fay werden in einem kleinem englischen Dorf einer Mordserie auf den Grund gehen!“ Nach einer Weile sagte ich dann gleichgültig:„ Im Vergleich zu den bisherigen Fällen, ein Klacks! Immerhin steckt ein Mensch dahinter!“ „Ein Mensch, der zu allem fähig ist!“, ermahnte Erik mich. Dass wusste ich. Wie oft hatte ich schon in den Nachrichten mitbekommen, dass Menschen aus welchen Gründen auch immer anderen schadeten, sie ermordeten. Klar, es gab gute und böse Menschen. So naiv war ich wirklich nicht. Wobei ich manchmal glaubte, dass es von letzterem mehrere gab. „Fay ist dabei. Und Lex passt auch auf uns auf!“, sagte ich lahm und machte die Reisetasche zu. Um den Schein zu wahren, hatten Fay und Esmeralda einige Kisten gepackt. Voll mit Büchern, Handtüchern, Geschirr und Bettbezüge. Inklusive einiger Nahrungsmittel wie Konservendosen und Gemüse. Lex und Brian schleppten eine nach der anderen in den großen Van, der in der Einfahrt parkte. Ich war beeindruckt, dass sie solch einen Aufwand betrieben. Aber wenn es half, den Eindruck zu vermitteln, dass wir die neuen Besitzer des Hauses waren, würde ich mich hüten, etwas darüber zu sagen. „Meldet Euch sooft wie es möglich ist!“, schärfte uns Esmeralda ein. Auch wenn es wohl nichts Neues war, dass Fay und Lex verdeckt operierten, konnte ich deutlich die Sorge in ihrer Stimme hören. Fay lächelte. „Mach dir keine Sorgen, Mum. Wir passen schon auf!“ „Sie sind alt genug und bestens ausgebildet!“, setzte Brian hinzu und klang dabei ein wenig stolz. Okay, jetzt klang er dabei ganz wie ein Vater und nicht wie ein harter, kühler Ausbilder. Esmeralda nickte nur. Drückte dann ihre Tochter und dann mich. Ein eigenartiges Gefühl der Wärme erfasste mich dabei und ich genoss es für einen Augenblick. Es fühlte sich genauso an, wie damals als Mama mich umarmt hatte. Auch wenn sie nicht ganz dieses Gefühl vermittelte. Aber es war dennoch wunderbar. Als wir vor dem Haus, unserem Haus hielten, hatten sich schon einige Schaulustige versammelt. Offensichtlich hatte man die Leute in Kenntnis gesetzt, dass das Dorf zwei neue Bewohner bekommen würde. Und so klein wie dieses Dorf war, schien sich jede Neuigkeit schnell herum zu sprechen. Kaum das wir ausgestiegen waren und die Schiebetür des Vans aufschoben, um die Kisten raus zutragen, kam auch schon der erste des Begrüßungskomitees. Ein hochgewachsener Mann schätzungweise in den dreißigern und dunklen Haaren. Und durchaus wachen Augen. In der Robe eines Pfarrers. Das musste der Dorfpfarrer sein. „Herzlich Willkommen in Aldbury!“, begrüßte er uns. Reichte uns die Hand. Erst Fay, dann mir. „Im Namen alle heiße ich Sie willkommen und hoffe, dass Sie sich bei uns wohlfühlen. Ich bin hier der Pfarrer und heiße Remingten!“ „Da-Danke…!“, stammelte ich nur, während Fay ihr hübschestes Lächeln zeigte und sich noch herzlicher bedankte. „Das werden wir ganz sicher. Ich danke Ihnen ebenso für diesen wunderbaren Gedanken!“ Dann trugen wir unsere Kisten hinein, wohlwissend um die Blicke in unseren Rücken. Okay das ist wirklich strange! Ich kam mir vor wie in einem dieser Filme, wo Leute in ein Dorf kommen, dessen Bewohner ein Geheimnis hatten, dass es zu verteidigen galt. Um jeden Preis. Es hatte etwas Beklemmendes und ich ließ wachsam den Blick umher wandern. Aldbury war eines dieser Dörfer, dessen Häuser auf landschaftlichen Postkarten zu sehen war und hatte einen gewissen Charme. Manche waren aus roten Ziegelsteinen gebaut, andere wiederum waren weiss gestrichen, wirkten aber nicht minder historisch. Die Gegend selbst war landlich und abgeschieden. Ruhig konnte man meinen. Man hörte Kühe und Schafe, die auf ihren Weiden standen und grasten. Diese Idylle konnte jedoch nicht verbergen, dass hier etwas nicht stimmte. Wie gesagt, ich hatte ein beklemmendes Gefühl, als ich hier mit Fay die Kisten in das Haus räumte, dass unser neues Heim sein würde. Und ich fragte mich, ob es wirklich eine angenehme Abwechselung war, mal einen normalen Fall zu übernehmen. Als wir fertig waren, schlossen wir die Tür hinter uns und wir ließen uns auf die Couch fallen. Gedankenverloren ließ ich den Blick um herschweifen. Das Haus wirkte von Innen so, als würde hier noch immer der vorherige Besitzer leben. Als wäre er nur kurz aus der Haustür. Was natürlich ein Trugschluss war, und es somit noch unangenehmer machte. Bis auf die persönlichen Gegenstände, war das Haus komplett eingerichtet. Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer. Alles war da um hier wohnen zu können. Es fehlte so gut wie gar nichts und das wunderte mich ein wenig. Dennoch war ich auch froh, dass wir nicht auf dünnen Matrazen auf dem Boden schlafen und Essen aus der Büchse zu uns nehmen mussten. Von außen wirkte das Haus recht alt, aber von Innen war es sehr modern. Nur der Holzofen, der für zusätzliche Wärme sorgte, schien noch ein Relikt aus der Vergangenheit zu sein. Ich stand auf und ging zu diesem. Inspizierte ihn sehr genau und wandte mich dann an Fay. „Meinst du, das Ding funktioniert noch?“ Fay hob die Schultern. „Vielleicht. Probieren wir es doch aus!“ Neben dem alten Ofen waren einige Holzschaite zu einem Haufen aufgeschichtet und Fay nahm sich eingie davon. Öffnete die Tür, legte sie sorgältig hinein. „So. Jetzt noch ein Feuerzeug und ein Stück Papier, dann geht es los!“, murmelte sie und suchte ihre Hosentaschen nach besagtem Feuerzeug ab. Ein Stück Papier ließ sich schneller finden, da hier noch einige lose Zettel rumlagen. Ich schnappte einige davon und reichte sie Fay. Inzwischen hatte sie auch ihr Feuerzeug gefunden und zündete das Papierstück an. Legte es auf die Holzschaite, die sogleich anfingen zu schwellen und zu brennen. Dann schloss sie die Tür und drehte an einem kleinen Rädchen, damit der Qualm abziehen konnte. „So. Das wäre es!“, sagte Fay zu frieden und nach wenigen Minuten wurde es tatsächlich wohlig warm. Dann drehte sie sich zu mir herum und breitete sie Arme aus. „Und was sagst du? Wie gefällt es dir hier?“ Ich sah sie verdattert an. Hatte ich etwas verpasst? Waren wir nicht hier um einen Mordfall auf zu klären? Und jetzt tat Fay so als wären wir hier um Urlaub zu machen! „Ähh…!“, gab ich nur von mir, schüttelte dann den Kopf. „Ich habe echt keine Ahnung. Warum fragst du mich das?“ Da nahm Fay einen nachdenklichen Ausdruck an und sie wirkte wieder ganz so als würde sie nach den ersten Hinweisen suchen. „Naja…ich hatte den Eindruck, dass du dich hier nicht wirklich wohlfühlst! So wie du dich immer wieder umgeschaut hast!“ „Nun…ja. Ich hatte schon irgendwie so ein difuses Gefühl!“, gab ich zu. Fay nickte. „Bei mir war es nicht anders!“, sagte sie, streckte sich. „Aber darüber können wir uns morgen Gedanken machen. Wir sollten erstmal auspacken. Zumindest unsere Schlafsachen und ins Bett gehen!“ Das hörte sich durchaus verlockend an. Wir waren zwar nicht gerade spät los gefahren, aber als wir in Aldbury ankamen, dämmerte es bereits und es würde nicht lange dauern, ehe es Nacht wurde. Wir aßen noch etwas, dann suchten wir nach dem Schlazimmer, das gemütlich und geräumig war. Dass es hier nur ein Bett stand, störte mich nicht. Ich war weder prüde noch verkklemmt. Nur wenn Lex an Fays Stelle gewesen wäre, hätte lieber auf der Couch geschlafen. Nicht das ich Lex nicht traute, aber…okay okay…ich traute ihm doch nicht. Zumindest nicht so weit, dass er irgendeinen Blödsinn zu veranstalten würde. So oft wie er mich aufzog. „Tja, dann mal gute Nacht!“, sagte Fey und schlug ihre Bettdecke zurück. Ich ging auf die andere Seite und machte dasgleiche mit meiner. Als ich darunter schlüpfte und mich auf die Matraze legte, merkte ich wie weich diese war. Angenehm und schon merkte ich, wie ich müder wurde. „Ich hoffe doch sehr, dass du kein Bettdeckenklauer bist?“, fragte mich Fay noch, bevor ich in den Schlaf driftete. „Iwo!“, sagte ich noch und kuschelte mich in meine Bettdecke ein. „Nacht!“ Der Geruch von krossgebratenen Speck und aufgebrühtem Kaffee weckte mich aus einem traumlosen Schlaf und ließ mir das Wasser im Mund zusammen laufen. Noch mit meinem Shirt bekleidet, dass ich als Nachthemd trug, tappte ich in die Küche und sah Fay darin herumwerkeln. Während ich noch müde war und mein Hirn nicht gerade aufnahmefähig war-mal abgesehen davon, dass ich nur den Kaffee und den besagten Speck riechen konnte-, schien Fay hingegen ein Morgenmensch durch und durch zu sein. Sie nahm die Pfanne mit dem Speck und den Spiegeleiern vom Herd mit einer Hand, während sie mit der anderen einen Untersetze bereitlegte und die Pfanne darauf absetzte. Dann wandte sie sich der Kaffeemaschine zu und goß die schwarze Brühe in zwei Tassen. „Morgen!“, sagte sie als sie mich in der Türe stehen sah und lächelte. In diesem Moment sah sie Esmeralda so ähnlich. „Morgen!“, grummelte ich am Kopf kratzend und ließ mich auf den Holzstuhl sinken. Fay lächelte und tat mir etwas von dem Frühstück auf den Teller. Schweigend frühstückten wir. Dabei hingen wir beiden gleichen Gedanken nach. Wie würden wir vorgehen? Welchen Zeugen oder Verdächtigen würden wir uns als erstes vornehmen? Welche Geschichte würden wir den anderen Leuten auftischen, dass sie uns nicht auf die Schliche kamen? Fay schien meine Fragen meinem Gesicht ab gelesen zu haben. Zumindest was die letzte Frage anging. „Am besten erzählen wir, dass wir zwei gute Freundinnen sind, die der Großstadt entkommen wollten!“, erklärte sie und holte mich so aus meinen Grübeleien. Dagegen war nichts ein zu wenden. „Und wie machen wir das mit Geld verdienen? Ich glaube kaum, dass Scotland Yard uns diesen kleinen Urlaub finanziert?“ Fay lächelte amüsiert und schüttelte den Kopf. „Nein. Ich fürchte, wir werden uns einen Job suchen müssen!“ „Aber so könnten wir uns natürlich umhören, ohne verdächtig zu wirken!“ „Und wo und wie sollen wir uns hier einen Job suchen. Hier sieht es nicht so aus, als würde man hier Leute suchen!“, sagte ich. „Ich bin sicher, dass es hier eine Art Lokal oder Gastwirtschaft gibt!“ „Ja und?“ „Warst du nicht mal Kellnerin?“ „Ja!“, gab ich gedehnt zurück. „Was willst du mir damit sagen?“ Nun sah mich Fay verschwörisch an. „Wo, glaubst du, kann man soviel Informationen sammeln als in einer Gaststätte?“ Der Wirt sah sich meine Unterlagen mit gefurschten Augenbrauen an und sah mich dann skeptisch an. Ich trat ein wenig nervös von einem Fuss auf den anderen und hoffte, dass er mich nicht wegschickte. Fay hatte schließlich Recht. Hier gab es soviele Quellen und Gerüchte wie sonst nirgendwo. Fay hingegen würde von Zuhause aus arbeiten.Soll heißen: Sie würde via Skype ihre Eltern und Scotland Yard auf den Laufenden halten. Ich stattdessen sollte Ohren und Augen offen halten. Falls ich hier eine Stelle bekomme. „Sie kommen also aus Paris und haben schon Erfahrung als Kellnerin?“, fragte der Wirt dann mit dröhnender Stimme. Ich nickte. Daraufhin sah er mich prüfend an. „Nun diese Gaststätte ist was anderes als so ein französisches, piekfeines Cafe!“, sagte er. Ich hob die Schultern. „Das stört mich nicht!“ „Hm…naja. Wir werden sehen. Hier!“, sagte er und reichte mir dann eine weiße Schürze. „Binden Sie das um und gehen Sie in die Küche!“, wies er mich an und ich machte, was er sagte. Die Leute, die in der Küche arbeiteten, sahem mich auch erstmal forschend an, dann aber schienen sie erleichtert zu sein, dass ihr Chef eine weitere Kraft einstellte und zeigten mir alles, was ich wissen musste. Wo ich die Bestellungen ab zu holen hatte und wohin das schmutzige Geschirr hinkam. Eine der anderen Kellnerinnen, eine rotharrige Schönheit mit dunklen Augen, zeigte mir, welche Tische mir zugeteilt waren und um die ich mich zu kümmern hatte. Dabei fragte sie mir Löcher in den Bauch. Ob ich wirklich aus Paris kam? Warum und was micht hierher verschlagen hatte? Und ob meine Augenfarbe echt war? Ja, ich kam aus Paris. Gründe, die privat waren, hatten mich und meine Freundin hierher gebracht und ja, meine Augenfarbe war kein Fake. Die Augen der Kellnerin, die sich als Jackie vorgestellt hatte, wurden groß. Offenbar kam sie nicht oft hier raus. Dann aber war es aber auch schon vorbei mit dem Smaltalk als die ersten Gäste eintrafen. Die Gaststätte oder vielmehr der Schankraum war ziemlich eng eingerichtet. Tische um Tische standen herum und ebenso viele Stühle, die besetzt waren und ich hatte erstmal alle Hände voll zutun, um die Wünsche der Gäste entgegen zu nehmen und den anderen ihre Bestellung zu bringen. Es war wie ein Hindernislauf, der darauf bestand Leuten aus zu weichen, die aufstanden und umherliefen. Sowohl Gäste als auch andere Kellner, oder über Dinge hinweg zu steigen, die auf dem Boden lag. Sprich Taschen, Koffer und den einen oder anderen Hund. Eines von dieser Spezie kläffte mich an, als ich über ihn hinwegbalancierte und sein Nickerchen störte. Ich beeilte mich, warf diesem Köter einen bösen Blick zu und fauchte. Zum Glück merkte die Besitzerin nichts, da sie zu sehr in ein Gespräch versunken war und es im allgemeinen ziemlich Laut war, als das sie das Kläffen ihres Hundes undmein Fauchen hören konnte. Der Hund zog sich sogleich unter dem Stuhl zurück und beäugte mich ängstlich. Zufrieden dieser Tölle das Maul gestopft zu haben, wandte ich mich um und servierte. Als ich fertig war, rief mich der Wirt in sein kleines Büro. „Nun für den ersten Tag nicht schlecht. Und keiner der anderen hatte sich über Sie beschwert!“, begann er, kaum dass ich mich gesetzt hatte. Das gab mir etwas Mut und Zuversicht, da ich unbedingt diesen Job haben musste und nicht bitteln und betteln wollte. Ich atmete auf und entspannte mich nun etwas. „Ich glaube, es wäre durch aus ein Versuch wert!“, sagte er und holte ein beschriebenes Blatt Papaier hervor. Kritzelte etwas darauf und schob es zu mir herüber. Es war ein Arbeitsvertrag! Fast wollte ich schon jubeln, hielt mich aber zurück. Dennoch mit einem glücklichen Lächeln, nahm ich den Stift und unterschrieb. „Und wie war es? Hast du den Job?“, fragte mich Fay und ich wedelte ihr mit einem selbst zu friedenem Grinsen mit der Kopie des Arbeitsvertrages vor der Nase herum. Fay grinste und reckte beide Daumen in die Höhe. „Und du? Was hast du so den ganzen lieben Tag gemacht?“, fragte ich wiederum. Statt etwas zu sagen, machte sie eine weitausholende Armbewegung und ich sah nun, dass alle unsere Sache aus-und eingräumt war. „Ich habe unser neues Zuhause auf Fordermann gebracht!“, erklärte sie schnippisch. „Sorry!“ „Konntest du schon etwas herausfinden?“, fragte Fay mich später, nachdem wir zusammen spätes Mittagessen zu bereitet hatten und es uns nun schmecken ließen. Ich schüttelte den Kopf. „Ich hielt es für das Beste, erst mal nicht mit der Tür ins Haus zu fallen!“, erklärte ich zwischen einigen Bissen. Fay nickte. „Sehr vernünftig!“ „Hörst du dich auch um?“, fragte ich dann. Irgendwie gefiel es mir nicht, dass nur ich die Lauscherin spielen sollte. Nicht dass der Killer mich als nächstes ins Visier nahm. „Natürlich. Ich werde mich morgen mal umhören. Natürlich meine Tarnung aufrecht halten. Aber hier und da ein wenig Fragen schadet ja nicht!“ „Pass bloß auf!“, bat ich sie. „Wer weiss, was hier auf uns wartet!“ Fay hatte sich nach einem Bauernladen erkundigt, in dem man alles nötige kaufen konnte. Dieser befand sich nicht unweit von der Mitte des Städtchens und war, wie jedes andere Haus hier, aus roten Backsteinen gebaut. Ein großes Schaufenster zeigte, was man hier erstanden konnte. Frische Backwaren, Frückte und Gemüse. An einer Stange hingen sogar einige Würste. Fay war beeindruckt und trat ein. „Guten Tag!“, grüßte sie. „Guten Tag!“, grüßte eine stämmige Frau, die hinter einer Theke hervorkam und sich die Hände an der Schürze abwischte. Als sie Fay erkannte, sagte sie:„ Sie sind doch vorgestern hierher gezogen, nicht wahr?“ Fay nickte. „Ja. Freut mich!“, sagte sie und reichte ihr die Hand. Die Frau, die sich als Agatha vorstellte, nahm sie und schüttelte sie kräftig. „Ebenso. Was kann ich für Sie tun?“ Fay holte eine Liste hervor und las der Frau die Dinge vor, die sie brauchte. In einer Holzkiste legte sie alles hinein und bat Fay, ihn bis zur Kasse zu folgen. Ein nach dem anderen tippte sie in die Kasse ein und legte es beiseite. Fay wartete geduldig, bis die Frau von sich aus ein Gespräch anfing. Auf keinen Fall wollte sie den Anschein erwecken, dass sie aus einem besonderen Grund hierhergezogen. „Gefällt es Ihnen hier?“, fragte die Frau. Fay lächelte flüchtig. Dann sagte sich im gelassenen Ton:„ Ja. Es ist was anderes als die Großstadt. Schön ruhig!“ Agatha schaute kurz auf, sah sie etwas zerknirscht, so als habe Fay etwas Falsches gesagt und murmelte vor sich hin. „Ruhig. Das war mal!“ „Wie bitte?“, fragte Fay und beugte sich vor. Agatha winkte ab, schüttelte den Kopf. Sagte dann aber in einem bedauerndem Ton:„ Aldbury war mal ruhig. Aber seit diese…diese schrecklichen Morde passieren…!“ Fay hob perfekt gespielt die Brauen. „Morde?“ Agatha sah sie kurz verwirrt an. Dann aber wirkte sie betroffen. „Wussten Sie davon nichts?“ Fay schüttelte den Kopf. Und die Frau seufzte entsetzt, schlug dabei ein Kreuzzeichen. „Hat das niemand gesagt?“ „Nein. Die Maklerin hat kein einziges Wort darüber verloren!“ „Das ist doch nicht zu fassen!“, sagte Agatha und schlug mit der flachen Hand auf die Holzplatte. „Diese…aber mich wundert das nicht. Bis jetzt hatte sie keinen einzigen Käufer für die freigewordenen Häuser. Da kam es ihr nur Recht, dass zwei Ahnungslose sich nun bei ihr gemeldet haben!“ „Also, jetzt haben Sie mich neugierig gemacht!“, sagte Fay. „Was waren das für Morde?“ Agahte antwortete nicht sofort, sondern schien erstmal darüber nach zu denken, ob sie wirklich eine Außenstehenden davon erzählen sollte. Schien es sich dann aber anders überlegt zu haben und begann mit verschwörerischem Flüsterton:„ Alles fing vor einem Monat an. Zuerst dachte sich keiner was dabei. Auch hier passieren schlimme Dinge. Aber als dann der zweite und dritte Mord passierte, fingen wir an uns Sorgen zu machen. Die Polizei versuchte dem Mörder auf die Spur zu kommen, aber es gab weder Hin-noch Beweise. Das einzige, was der Mörder zurückließ, waren die Leichen und diese Schnitte in ihren Handflächen!“ „Was denn für Schnitte?“ Agatha hob die Schultern. „Das weiss keiner. Vielleicht macht es diesem Mistkerl einfach nur Spass!“ „Und was ist mit den Opfern? Hatten die irgendwas an sich? Etwas, was den Mörder dazu brachte sie…?“ Fay war sich bewusst, dass sie mit dieser Frage sich verdächtig machen würde. Ganz wie eine Polizistin klang. Aber sie setzte dennoch darauf, dass Agatha das alles der typischen Neugierde von neuen Nachbarn zuschrieb. Ihre Hoffnung wurde erhört. „Naja…eigentlich soll man über Tote nicht schlecht reden und ich kannte weiß Gott nicht alle, aber…die kleine Anne, die…die war wirklich ein Satansbraten!“ Fay erinnerte sich daran, dass in der Akte von einem Opfer im Teenageralter die Rede war. Sie, Anne, hatte die vier in der Handfläche geschnitten bekommen. Nun war Fays Interesse noch mehr geweckt. „So? In wiefern?“ Agatha rümpfte die Nase. „Sowas respektloses habe ich meinen Lebtag noch nicht gesehen. Nicht nur zu den Nachbarn hatte dieses Mädchen ein loses Mundwerk und benahm sich unmöglich. Auch bei ihren Eltern, die Ärmsten, zeigte sie sich wie ein verwöhntes Balg! Gab Widerworte, beleidigte sie und ließ sich von vorn bis hinten bedienen!“ „Naja, Kinder sind nun mal in dem Alter so!“, gab Fay verlegen zurück. Agatha winkte erneut ab und wirkte beleidigt. „Papalappap. Selbst in dem Alter sollte man seine Eltern respektieren und achten!“, sagte sie. „Mein Reden. Denn so will es der Herr!“, ermahnte eine weibliche Stimme und eine dünne, hochgewachsene Frau in einem altmodischen Bauernkittel und mit einem Tuch zusammengebundenen Haaren trat ein. Sie übersah gefliessentliich Fay und ging schnurrstracks zu Agatha. Fay wiederum schaute sie forschend an. Und schnell wurde ihr klar, dass diese Frau sehr konservativ war. Altmodisch könnte man schon sagen. An ihrern Füßen trug sie Holzschuhe. Ihr Haar hatte sie zu einem strengen Knoten zusammengesteckt und trug ein geblümtes Kleid, das mehr einem Arbeitskittel glich. Das diese Frau Fay immer noch ignorierte, beachtete sie nicht wirklich und sondern lächelte nur feundlich. „Guten Tag!“, sagte sie dann als das Schweigen schon peinlich wurde und reichte ihr die Hand. Die Frau schaute sie wie etwas an, dass sie nur ungern berühren wollte. „Das ist unsere Nachbarin, Miss…?“, sagte Agatha, die das Eis brechen wollte und schaute Fay fragend an, da sie ihren Nachnamen nicht wusste. „Kerrigan!“, sagte Fay daraufhin. „Christa Kerrigan!“ Die Frau rümpfte erneut die Nase, veschränkte die Hand vor sich. „Mrs. Jenkins!“ „Sie sind also neu hierhergezogen? Sie und noch jemand anderes!“ „Ja, ich und meine Freundin. Miss Annabelle Jackson!“ „Darf man fragen, was Sie hieher verschlagen hat? Sie sehen nicht gerade wie jemand aus, der das Landleben liebt!“ „Nun, was noch nicht ist, kann ja noch werden. Wir wollten dem Stress der Großstadt entfliehen und da hier was freigeworden ist…!“ Mrs. Jenkins zog den Mund krauss und sah sie abfällig an. Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie Fay als jemanden sah, der hier nicht hin gehörte. „Ich hoffe doch sehr, dass Sie nicht einer von diesen Reporten sind, die sich wie Geier auf uns gestürzt und unsere Ruhe mit ihrer aufdringlichen Fragerei zunischte gemacht hatte!“, kam es bissig von ihr. „Ruhe? Was für eine Ruhe? Seit diesen Morden, ist es schon inne hin vorbei mit der Ruhe!“, giftete nun Agatha sie an. „Ich kann Ihnen versichern, Mrs. Jenkins, ich bin weder von der Presse noch habe ich irgendein Interesse daran, diese ganze Geschichte puplik zu machen!“, versicherte Fay, die die angespannte Stimmung ein wenig lockern wollte. Wobei sie diese höfliche Frau ebenso eins rein würgen wollte. Sowas bissiges war ihr noch nie begegnet. Selbst Dämonen waren nicht so auf Krawall gebürstet. Mrs. Jenkins schnaubte abfällig. „Wer es glaubt!“ „Hör endlich auf meine Kunden zu vergraulen, Esther. Du hast es doch gehört. Die junge Dame und ihre Freundin sind hierher gezogen, weil sie aus der Stadt wollten. Und wir können froh sein, wenn hier frisches Blut einzieht!“, sagte Agatha. Betroffen fuhr sie dann fort. „Wobei ich diesen Pressefritzen selbst gern den Hals umdrehen würde. Seit dieser unsägliche Artikel rausgekommen ist, kommen keine Touristen mehr hierher!“ „Aber die Polizei kümmert sich doch darum, oder etwa nicht?“, fragte Fay besorgt. Sie klang ganz wie jemand, der es nun bereute, hierher gezogen zu sein. „Natürlich natürlich, Liebes. Machen Sie sich keine Sorgen. Aber seien Sie und ihre Freundin dennoch vorsichtig und gehen Sie nicht allein aus dem Haus!“, versicherte Agatha ihr hastig. Mrs. Jenkins murmelte etwas vor sich hin. „Bist du hier um was zu kaufen, oder nur um dein Gift zu verspritzen, Esther?“, fragte dann Agatha herausfordend. Mrs. Jenkins lächelte halbherzig und ignoierte die offene Anfeindung. „Natürlich will ich was kaufen!“ „Ich empfehle mich dann. Einen schönen Tag noch!“, sagte Fay und verließ das Geschäft. „Ich sage dir Allison, diese Jenkins ist ein Drache vom feinsten. Bei ihr trifft der Spruch „Haare auf den Zähnen“, nicht im Mindesten zu. Das sind vielmehr Borsten!“, sagte Fay, während ich ihr half, die Sachen aus zu räumen und in den Regalen zu verstauen. Ich konnte es mir gut vorstellen. So wie Fay sich über diese Frau ausließ und ihre offene Abneigung sie ankotzte. Ohje…ich hatte ja erwartet, dass nicht alle uns mit offnenen Armen erwarteten. Ein Stänkerer muss es immer geben. Im diesem Fall war es eine Frau. Was das ganze natürlich noch schlimmer machte. „Denkst du kann uns Ärger machen?“, fragte ich. Sie hatte auch erzählt, dass vor uns einige Reporter hier waren und alles auf den Kopf gestellt haben. Dass das Misstrauen Fremden gegenüber erwacht war, war ja nur logisch gewesen. Fay hob die Schultern. „Bis auf Keifen und Zischen kam nichts von ihr. Aber trotzdem sollten wir aufpassen!“, sagte sie. „Wir sind hier schließlich in einem Dorf und neu hinzugezogen. Doppelte Gefahr also!“ Das stimmte und ich fragte mich, was uns hier noch alles erwartete. Ich hatte Spätschicht. Hieß ich durfte bis spät in die Nacht arbeiten durfte. Doch bevor ich aus dem Haus ging, reichte mir Fay etwas. Eine kleine handliche Sprühdose. „Was ist das?“, fragte ich. „Pfefferspray!“ Ich sah sie fassungslos an. „Echt jetzt?“ „Nur für alle Fälle!“, versicherte sie mir. Fast wollte ich schon sagen, dass ich das nicht brauchte, da Erik ja auf mich aufpasste. Aber…so sicher war ich mir nicht. Nicht seit unserem kleinen Gespräch, in dem ich ihn bat, mir von seiner Vergangenheit zu erzählen. Seit dem gab er keinen Mucks von sich. Und das beunruhigte mich ein wenig. Was war nur los mit ihm? „Nimm es trotzdem!“, bat mich Fay. Ich steckte es ein. „Und halt die Ohren offen!“ Wieder Mal war viel los in der Gaststätte und ich war froh, dass ich eine gewisse Ausdauer entwickelt hatte, als ich noch in Paris arbeitete. Und es gab mir auch ein Gefühl von Normalität. So verrückt das auch klang. Aber ich genoss es. Die Hektik, die Kunden, die nach einem riefen, das Klappern von Tellern und die Klingel, die der Koch immer betätigte, wenn das Essen fertig war. Das alles hatte mir gefehlt. Und war im Gegensatz zu der ganzen Dämonenjagd ein Klacks. Die nächste Bestellung kam von einem Mann, der mit einigen anderen am Tisch saß und sich angeregt unterhielt. Ich balancierte die Gläser Bier auf meinem Tablett gekonnt über die Köpfe der Gäste. Stellte dann eines nach dem anderen ab. Tat so als würde ich mit den Gedanken bei dem nächsten Gast sein, dabei lauschte ich. „Ich frag mich wirklich, wann die Polizei diesen Scheisskerl endlich hochnimmt?“, sagte ein bärtiger Kerl, in einem karierten Hemd. Er nahm einen tiefen Schluck und knallte das Glas heftig auf den Tisch. Ich merkte mir nichts an. Machte mich daran einen leeren Tisch mit einem feuchten Lappen ab zu wischen. „Wie lange soll das noch gehen?“ „Willst du die Sache etwa selbst in die Hand nehmen, Joe?“ „Wenn es nicht anders geht?“, gab der Bärtige, Joe, zurück. „Mach keinen Blödsinn!“, ermahnte ein anderer. „Auch wenn ich dieses Schwein auch gerne selbst in die Finger bekommen würde. Aber…welche Beweise haben wir schon?“ „Du willst also wirklich, dass wir die Hände in den Schoss legen und abwarten, Bill?“, keifte Joe finster und taxierte seinen Kumpel mit dem Blick eines bissigen Hundes. „Nein, natürlich nicht!“, sagte Bill. „Wir sollten die Augen offen halten. Und der Polizei Bescheid geben, sollte sich was tun!“ Joe knurrte etwas vor sich hin. Ich konnte ihn schon irgendwie verstehen. Es würde mich auch wütend machen, wenn ein Mörder sein Unwesen trieb und nichts dagegen unternommen wurde. Geschweige denn dass die nötigen Beweise fehlten. Mir wurde klar, dass dieser Mörder wirklich rafiniert vorgehen musste, wenn er schon solange unentdeckt blieb. Dabei fragte ich mich wie das sein kann. Aldbury war nicht gerade eine Großstadt. Hier kannte jeder jeden. Und dennoch schien der Mörder sich sehr sicher zu sein. Aber warum dann dieses ganze Theater? Wäre es nicht sinnvoller diese Opfer auf nimmer wieder sehen verschwinden zu lassen? Warum machte er sich die Mühe und ließ die Leichen dort, wo man sie findet? Riskierte, dass man ihm doch irgendwann auf die Schliche kommen würde? „Weil er will, dass man von ihm Notiz nimmt!“, hörte ich eine Stimme in meinem Kopf und verharrte. Erik! Seine Stimme nach so langer Zeit zu hören, war wie, als wenn man jemanden, den man lange vermisst hatte, urplötzlich wiedersehen würde. Und bei dem man sich nicht sicher ist, ob man sich darüber freuen sollte. „Er will sich oder den anderen irgendwas beweisen!“ „Aber was?“, fragte ich ihn Gedanken. Darüber schien Erik nichts sagen zu können und das wiederum frustrierte mich. Toll, erst mit mit der Nase darauf stoßen und jetzt zieht er sich wieder zurück. Was für ein Beschützer! „Hey, wo bleibt mein Bier?“, rief jemand und holte mich aus meinen Gedanken. Ich machte mich schnell daran, den Mann zu bedienen. Hatte jedoch ein Ohr immer noch auf die Gruppe von Männern. Als ich wieder in die Küche war, fragte mich der Koch, wo Jackie wäre. Ich hob die Schultern. Verprach aber, das ich mich auf die Suche machen würde. Weit konnte sie ja nicht sein. Ich schaute erstmal auf der Toilette nach. Als ich sie da nicht fand, ging ich zum Hinterausgang und fand sie. Mit dem Rücken an der Wand gelehnt, qualmte sie lässig eine und bließ den blauen Dunst hinaus. „Hey!“, sagte ich. Jackie schaute zu mir und lächelte etwas verlegen. Hob schuldbewusst die Zigarette. „Sorry, aber ich musste mal eine qualmen!“ „Solange du mich nicht hängen lässt!“, sagte ich. Jacki schüttelte den Kopf, zog noch einige Male, dann drückte sie sie aus und ging wieder mit mir hinein. Kaum als ich wieder daheim war, erzählt ich Fay, was ich so alles mit bekommen hatte. Fays Gesicht nahm einen nachdenklichen und auch wissenden Blick an. „Es überrascht mich nicht, dass einige diesen Kerl in die Finger bekommen wollen!“, sagte sie. „Ich fürchte sie würden sogar soweit gehen und sich insgeheim gegenseitig verdächtigen!“ „Warum sollten Sie das? Immerhin ist hier ein kleines Dorf. Hier schein jeder mit den anderen befreundet zu sein. Da liegt es doch eher nahe, dass sie jemandem misstrauen, der neu hierher gezogen ist!“ „Jemanden, wie uns meinst du wohl?“, fragte mich Fay. Okay. Das war nicht gerade clever von mir, aber ich sprach nur das aus, was mir gerade durch den Kopf ging. Das klang irgendwie logischer als dass sie sich untereinander verdächtigen würden. „Das denke ich mir auch. Und ich kann mir auch gut vorstellen, dass man uns mit Argusaugen beobachten wird!“ „Aber wie du gerade sagtest, dass ist ein kleines Dorf. Im Vergleich zu London, einer Millionenstadt. Auch wenn man lange sich untereinander kennt, braucht es nur so etwas wie diese Mordserie und alle Freundschaft ist vergessen. Wilde Spekulationen, eine gehörige Portion Angst und Wut auf den Täter, der unter ihnen wütet, reicht dazu aus! Und alle Freundschaft schlägt um in Misstrauen!“ Mir lief es dabei kalt den Rücken hinunter, während Fay das sagte. Und ich musste ihr Recht geben. Menschen konnten sich um hundertachtziggrad drehen, wenn ihr Leben aus den Bahnen gerissen wurde. Mein Leben, war der beste Beweis dafür. Es klopfte am nächsten Tag an der Tür und es dauerte einige Minuten, ehe man Lex aufmachte. Eine Frau in schwarzer Kleidung öffnete. Ihr Gesicht war ausgelaugt und ihre Augen rot vom vielen Weinen. Lex merkte, wie er einen Kloß im Hals bekam. Er war zwar jemand, der gerne seinen Senf zu allem und jeden dazu gab, aber in manchen Dingen, schaffte er es nicht den Coolen zu spielen. Das hier war eins davon. Er wusste, dass die Fragen, die er der Frau stellen würde, alles andere als feinfühlig waren, da sie dadurch gezwungen war wieder alles auf zu rollen. Fay hatte ihm von dem Mädchen erzählt, das eines der Opfer war und auch von dessen Hintergrund. Sie bat ihn, sich mal schlau zu machen und nach möglichen Hinweisen zu recherchieren. „Ja? Sie wünschen?“, fragte sie mit zittriger Stimme. „Guten, Madam! Scotland Yard schickt mich. Ich…ich würde Ihnen und Ihrem Mann gerne ein paar Fragen stellen!“, erklärte Lex. Die Frau zögerte kurz, dann aber nickte sie und ließ ihn hinein. „Liebling!“, rief sie. „Hier ist jemand von Scotland Yard!“ „Scotland Yard?“, fragte eine barsche Männerstimme und ein stämmiger Kerl kam in die Diele. Auch er war völlig von der Trauer um seine Tochter zerfressen. Wirkte dennoch so als wolle er dem nächstbesten zu brei schlagen. Lex versuchte ruhig zu bleiben und hielt dem Mann seinen Ausweis hin. „Ich weiß, dass es Ihnen schwerfällt, aber ich würde gerne einige Fragen ihrer Tochter betreffend stellen!“ Das Ehepaar schaute sich an. Die Frau stand wieder kurz davor in Tränen aus zu brechen, während das Gesicht des Mannes sich verfinsterte. „Wissen Sie wieviele schon uns irgendwelche Fragen wegen unserer Anne gestellt haben und was für absurde Theorien sie sich daraug ausdachten und sich nicht davor scheuten, diese zu veröffentlichen? Es hieß, wir hätten unsere Tochter dazu getrieben, weil wir sie angeblich eingeengt haben!“ „Ich…ich verstehe. Ich versichere Ihnen, dass ich nichts dergleichen vorhabe und ich die ganze Sache als vertraulich behandeln werde!“, versprach Lex ihm. „Also gut. Was wollen Sie wissen?“, fragte dann der Mann. „Ich möchte gerne wissen, ob sich Ihre Tochter irgendwie anders verhalten hat? Wirkte sie so, als würde ihr jemand drohen oder unter Druck setzen? Hat Sie Probleme mit jemanden oder mehreren? Gab es Streit zwischen Ihnen und ihrer Tochter?“ Zu jeder Frage schüttelte das Paar den Kopf und verneinte. Sie behaupteten, dass ihre Tochter rein gar nichts falsche gemacht hatte. „Anne war bei jedem sehr beliebt. Jeder mochte sie. Sie war so ein liebes Mädchen. Und jetzt ist sie…!“ Ihre Mutter brach mitten im Satz ab und schluchzte. Ihr Mann legte den Arm um ihre Schulter. „Wir können es immernoch nicht glauben. Immer wieder fragten wir uns, warum sie? Was haben wir falsch gemacht? Anne…sie…sie hatte das nicht verdient…!“ „Jetzt hört endlich auf, sie als eine Heilige dar zu stellen!“, platzte plötzlich eine weitere Stimme dazwischen und alle schauten hoch zur Treppe, auf der ein Mädchen stand und alle drei giftig anschaute. „Ihr tut so als wäre Anne wirklich ein Opfer. Dabei war sie es doch, die Euch das Leben zur Hölle gemacht hat!“ „Charlotte…wie kannst du nur?“, rief ihre Mutter aufgebracht. „Sie war deine Schwester!“ „Sie war ein Biest!“, konterte Charlotte. „Wann immer es ging, hat sie nur Probleme gemacht und Euch dastehen lassen, wie die letzten Idioten!“ Charlottes Mutter senkte den Kopf und weinte. Das Bild, welches sie von ihrer toten Tochter aufrechterhalten wollte, bekam erste Risse und brach dann in sich zusammen. „Wie oft seid Ihr schon zu Pater Remington gelaufen und habt nach Rat gefragt?“ Lex horchte auf. Offensichtlich war ihre Tochter doch nicht so ein Engel, wie sie immer glauben lassen wollten und er ahnte, dass das der Grund für ihren Tod war. „Du scheinst deine Schwester dafür selbst verantwortlich machen zu wollen?“ Dann wandte er sich an ihre Eltern. „Dürfte ich mit Ihrer Tochter unter vier Augen reden?“ Der Vater wollte schon wiedersprechen, schien es sich aber anders überlegt zu haben. Sie gingen nach draußen auf die kleine Terasse und setzten sich. „Wann hast du gemerkt, dass sich deine Schwester verändert hat?“ Charlotte hob die Schultern. „Seit sie…naja in die Pupertät kam!“ „Wie alt war sie da?“ „Vierzehn!“ „Typisches Alter!“, meinte Lex. „Wie alt bist du denn, wenn ich fragen darf?“ „Ich bin siebzehn!“ „Also die große Schwester!“ Charlotte gab ein Schnauben von sich. „Das hat Sie einen Dreck gekümmert!“ „Wie hat sie sich so verhalten? Hat sie ihre Grenzen ausgetestet?“ „Wenn es nur das gewesen wäre. Ich wäre froh gewesen, wenn sie nicht zur gegebenen Zeit zu Hause gewesen wäre. Oder wenn sie sich davon geschlichen hätte. Ich war ja nicht besser. Aber sie…Immer wenn sie spät abends nachhause kam, roch sie nach Zigarettenrauch. Davon dass sie betrunken war, mal ganz zu schweigen. Außerdem schien sie immer wechselnde Männerbekanntschaften zu haben. Unsere Eltern waren nicht gerade begeister!“ Lex musste sich ein schwaches Lächeln verkneifen. Das konnte er sich gut vorstellen. Hier schienen die Leute, besonders die Eltern noch eine etwas konservative Erziehung zu führen. „Sie…sie sind manchmal schon ein wenig altmodisch. Aber als sich Anne immer mehr und mehr zum Schlechtesten veränderte, merkte auch ich, dass sie damit irgendwann gegen eine Mauer kracht. Ich habe versucht, ihr ins Gewissen zu reden, aber sie hörte nicht auf mich und nannte mich eine prüde Zicke!“ „Du sagstest, dass deine Eltern den Pfarrer oft um Rat fragten?“ Charlotte nickte bitter. „Ja, sie wussten sich nicht anders zu helfen!“ „Und wurde es danach besser?“ Das Mädchen schüttelte mit einem bitteren Lächeln den Kopf. „Nein. Es wurde noch schlimmer!“, erklärte sie. „Sie schien darin Ihre Bestätigung gefunden zu haben, dass sie…dass sie damit die Aufmerksamkeit hat, die sie wollte!“ Lex hob die Brauen. „Aufmerksamkeit?“ Charlotte biss sich auf die Unterlippe. „Naja…ich…ich habe mir so meine Gedanken gemacht. Nachdem sie…Jedenfalls von uns beiden war ich diejenige gewesen, die stets gute Noten schrieb, während die ihren immer mittelmässig waren. Nicht schlecht um sitzen zu bleiben aber auch nicht überragend. Bis dahin hatte es sie nicht sonderlich gekratzt, wenn unsere Eltern sie deswegen pushen wollten. Und ich beneidtete sie deswegen auch. Da sie sich nicht so unter Druck setzen ließ Aber dann, als unsere Eltern anfingen, mich in den Vordergrund zu stellen, schien sich ein Schalter in ihr umgelegt zu haben!“, erklärte Charlotte und eine Träne rann ihr über die Wange. Lex reichte ihr ein Taschentuch. Charlotte nahm es dankend und wischte sich die Wange ab. „Mum und Dad denken sicher, dass mich ihr Tod kaltlässt. Und am anfang war ich auc wütend auf sie, aber…je länger und öfter ich darüber nachdenke, merke ich, dass ich ebenso schuld daran bin. Ich…ich hätte mich mehr für sie einsetzen sollen, anstatt sie zu irgendwas zu drängen…!“ „Hast du mal mit deinen Eltern darüber gesprochen?“ Charlotte nickte und das mit solch einem Gesicht, das Lex deutlich sagte,, dass sie damit nichts erreicht hatte. „Oft genug, aber sie wollten es nicht hören. Irgendwann habe ich es aufgegeben!“ Dann trat Stille ein. Und Lex ließ ihre Worte auf sich wirken. Dass alles war nichts weiter als eines von vielen Familiendramen, mit einem tragischem Ende. Nur dass es dieses Mal kein Suizid war. „Danke, dass du mir alles erzählt hast!“, sagte Lex dann und stand auf. Er reichte ihr die Hand. „Wenn dir noch etwas einfällt, dann ruf mich unter dieser Nummer an!“, sagte er und gab ihr noch eine Visitenkarte. Dann verabschiedete er sich von ihr. „Wow, das klingt nach dem üblichen Schema eines Familiendramas!“, erklärte Fay, als Lex ihr von seiner Unterhaltung mit der Schwester und den Eltern der Toten geführt hatte. „Ich werde mich mal weiter umhören und herausfinden, was die anderen Opfer vor ihrem Ableben so getrieben haben!“ „Tu das. Ich habe das Gefühl, dass jedes dieser Opfer ein…Geheimnis hat!“ „Der Meinung bin ich auch!“, sagte Lex. „Ich werde mich mal mit dem Pfarrer unterhalten. Vielleicht weiß der ja was!“ „Wenn, dann wird er sicher nichts ausplaudern. Pfarrer haben auch so etwas wie Schweigepflicht und ich bezweifle, dass die Opfer ihm gestattet haben, darüber hin weg zu sehen…!“ Fay machte ein finsteres Gesicht. „Das Gefühl habe ich auch!“, gestand sie. „Und ich bezweifle, dass einer von den Leuten hier gerne darüber spricht!“ „Ist das ein Wunder. Mit der Landruhe ist es hier vorbei und sicher misstrauen sie jedem, der neu hierher kommt!“ „Wem sagst du das!“, seufzte Fay. „Diese Mrs. Jenkins zum Beispiel hat mich angesehen als würde sie mich zum Teufel wünschen!“ Lex lachte am anderen Ende. „Das liegt nur an deinen Haaren!“ Fay verzog das Gesicht. Strich sich dabei das rote Haar zurück. „Wie auch immer. Sag uns bescheid, wenn du mehr weisst!“ „Ihr auch. Haltet Augen und Ohren auf!“ Fay erzählte mir, was sie von Lex erfahren hatte. Es klang eigentlich nicht sonderlich spektakulär. Ein Teenie, der im Schatten seiner Schwester stand und deswegen rebellierte. Nichts Neues eigentlich. Aber ihn zu ermorden… Das ging dann doch schon etwas zu weit. Offensichtlich gab es hier jemanden, der es nicht gern sah, wenn man hier gegen die Stränge schlug. Und nach allem was ich in der Gaststätte gehört habe, würden einige von den Anwohnern zugerne den Killer in die Finger bekommen. Ich musste wieder an Eriks Worte denken. „Er will sich oder den anderen irgendwas beweisen!“ Mir lief es dabei kalt den Rücken hinunter. Und ich wollte mir nicht vorstellen, wie groß sein Geltungsdrang sein musste. Was wenn er noch weitermorden würde? Und wer wäre das nächste Opfer? Nach welchem Muster geht der Killer vor? „Wir sollten ins Bett gehen. Es ist spät!“, sagte Fay und holte mich aus meinen Gedanken. Doch schlafen konnte ich beim besten Willen nicht. Fay hingegen schlief wie ein Stein. Ich wälzte mich noch einmal von einer Seite auf die andere. Dann gab ich es auf, stieg vorsichtig aus dem Bett um Fay nicht zu wecken, zog mir meine Hausschuhe und eine Jacke an. In der Küche führte eine Hintertür in in einen kleinen Garten. Ich schloss diese auf und hoffte, dass das Qietschen nicht zu laut war. Auch wenn ich bezweifelte dass Fay es hören würde, wollte ich sie dennoch nicht wecken. Immerhin eine von uns sollte ausgeschlafen sein. Ich setzte mich auf die kleine Bank und versuchte den Kopf frei zu bekommen. Schaute dabei in die Nacht hinaus. Es war still. Nur das Rascheln der Bläter in den Bäumen. Der ganze Ort schlief. Und auch wenn ich mich gerne dieser Ruhe angeschlossen hätte, konnte ich es nicht. Eine innere Unruhe überkam mich. Es war irgendwie absaurd, dass ein Fall um einen menschlichen Mörder mich dermaßen außer Fassung bringt. Dabei waren Dämonen wirklich schlimmer. Aber das rumsitzen half auch nichts. Frustriert seufzte ich auf und fing an auf und ab zu laufen. „Kannst du nicht schlafen?“ Ich blieb abrupt stehen und schaute ins Dunkle. Nur eine kleine Lampe beleuchtete die Veranda auf der ich stand und ihr Licht zog sich wie ein halbkreis um diese. Alles was außerhalb davon lag, lag in tiefster Dunkelheit. Es war unheimlich und die ruhige Atmosphäre war dahin. Ich schaute ins Dunkle und meinte erstmal mir Eriks Stimme eingebildet zu haben. Doch dann schälte sich seine Gestalt aus dem Dunkeln und ich hielt den Atem an. Etwas schien nicht mit ihm zu stimmen. Ich konnte es mir selbst nicht erklären. Es war vielmehr ein Gefühl. Er stand einfach nur da und schaute zu mir hinüber. Ich starrte zurück. Glaubte eine Kälte von ihm ausgehen zu spüren. Eine…gefährliche Kälte. Ich machte automatisch einen Schritt zurück. Auch wenn es mir schwerfiel es ein zu gestehen: Ich fürchtete mich vor ihm! Ich erkannte ihn kaum. Und fühlte mich wieder daran erinnert, wie ich mit ihm nachts durch den Wald lief und in ihm etwas sah, was die äußere Fassade verbarg. Nur dieses Mal schien es heftiger zu sein. Die Gefahr, die nun von ihm aus ging, schien greifbarer zu sein. Ich konnte es förmlich. „Du solltest wieder reingehen. Hier draußen, ist es zu gefährlich!“, hörte ich ihn sprechen und erschauerte beim Klang seiner Stimme. Sie war tief, grollend und bedrohlich. So, als wäre es nicht der Mörder, vor dem ich mich in Acht geben sollte. Sondern vor ihm. Ich presste die Lippen aufeinander und wollte zuerst wiedersprechen. Doch ich fühlte deutlich Eriks bohrenden Blick auf mir. Vielleicht noch mehr als die Bedrohung, die von ihm ausging. In seinen dunklen Augen glaubte ich sogar ein Glimmen zu sehen. Wie bei Kohlen, die noch heiß waren und vor sich hinglommen. Ich kam mir vor, als würde ich einem wilden und gefährlichen Tier gegenüber stehen und wagte es nicht mich um zu drehen. Denn wenn ich es tat, ihm den Rücken zu kehrte, würde er mich angreifen. Würde mich zu Boden werfen und… Ich schütelte den Kopf. Nein, das war zu absurd. Zu verrückt. Erik würde niemals… Doch eine kleine Stimme raunte mir zu, dass ich mich nicht all zu sehr darauf verlassen sollte. Da ich immerhin sogut wie nichts von ihm wusste. Und dass seine Vergangenheit in tiefster Dunkelheit lag. Ohne den Blick von ihm zu lassen, ging ich zur Tür, öffnete sie und trat in das Haus. Als ich die Tür schloss, atmete ich auf. Merkte, wie die Anspannung von mir abfiel, wie ein zu schwerer Mantel. Ebenso die Kälte. Dennoch fühlte ich mic schwach auf den Beinen und ließ mich dann auf den Stuhl sinken. Was war nur los? Was war nur los mit ihm? Wieso machte er mir solch eine Angst? Oder bildete ich mir das alles nur ein? Spielten mir meine Sinne einen Streich, weil ich ihm misstraute? Lange saß ich so da und überlegte. Versuchte mich zu beruhigen. Ich sollte wieder zu Bett gehen. Nochmal versuchen ein wenig Schlaf zu bekommen. Als ich unter der Decke lag und Fays gleichmässiges Atmen hörte, merkte ich, wie mich eine dumpfe Ruhe erfasste. Ich schloss die Augen und fiel wenig später in einen tiefen Schlaf. In einem Zug leerte ich die Tasse frischaufgebrühten Kaffee, als würde ich nach einer langen Zeit in der Wüste endlich wieder Wasser bekommen. Fay sah mich mit gehobenen Brauen an, sagte aber nichts. Sondern setzte sich mir gegenüber. Die Angst klebte an mir wie Pech und ich wünschte mir, dass das alles nur ein böser Traum war. Meine Hände zitterten. Um es zu verstecken, umklammerte ich die Tasse als hinge mein Leben davon ab. „Hast du schlecht geschlafen?“ Fays Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich nickte, weil ich sie nicht anlügen wollte. Es reichte ja schließlich auch nur ein Blick, um zu merken, dass ich eine unruhige Nacht hatte. „Ich…ich hatte einen ziemlich üblen Traum!“, erklärte ich lahm. Wobei ich deutlich wieder diese Stimme hörte, die mich eine Lügnerin nannte. Fay legte den Kopf schief. Dann wurde ihr Blick besorgt. „Magst du darüber reden?“ Das klang wirklich verlockend. Und so sehr ich mich ihr anvertrauen wollte, so bekam ich die Worte einfach nicht über die Lippen. Es war wie eine Blockade. Ich winkte stattdessen ab. „Lass nur. Es war ja nur ein…Traum!“ „Wirklich nur ein Traum? Oder vielleicht doch eine Vision?“, fragte sie dann und ich merkte, wie sich mein Magen verknotete. Ich wollte schon abwinken, da ich eigentlich nicht wirklich geträumt hatte, hielt dann aber inne. Ich hatte oft Visionen gehabt, in denen ich wach war. Sie spielten sich wie ein innerer Film in mir ab. Mir lief es kalt den Rücken hinunter als ich mir diese Option durch den Kopf gehen ließ und hoffte, dass das nur Einbildung war. „Ja, aber bis jetzt waren meine…Visionen auch nicht immer so zuverlässig!“, murmelte ich um mich selbst zu beruhigen. Faye sagte erstmal nichts. Schaute nachdenklich in ihren Kaffee. „Das stimmt!“, räumte sie dann ein. „Aber das waren auch immer Ausnahmen!“ Ich musste sie wohl verwirrt angeschaut haben, denn Fay lächelte etwas milde. „Manche Dämonen, wie diese Würmer können sich irgendwie tarnen, sodass es schwer ist, sie auf zu spüren. Und der kleine Junge und dessen Familie, die tragisch aus dem Leben schieden, wollten eigentlich wieder vereint sein und ihren Frieden haben! Dafür brauchten sie aber Hilfe!“ Genau dasgleiche hatte Erik auch gesagt. „Also gibt es Ausnahmen!“ „Wie in vielen Dingen!“, erwiderte Fay. Ich stöhnte innerlich auf. Natoll. Das hat mir gerade noch gefehlt. Dass meine Gabe nur bei bestimmten übernatürlichen Gegnern funktioniert. „Vielleicht solltest du dich nochmal hinlegen und eine Runde Schlaf nachholen!“, schlug sie dann vor, wofür ich ihr dankbar war. Eine Mütze voll Schlaf konnte ich wirklich gut gebrauchen. Vorallem wenn ich heute Abend wieder auf die Arbeit musste. So frühstückte ich fertig und legte mich dann nochmal hin. „Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen, aber leider unterliege ich dem Beichtsiegel! Und sogut wie jeder hier kam zu mir um zu beichten. Auch natürlich die Opfer dieser…dieser grässlichen Taten!“, sagte Pfarrer Remington bedauernd als Lex ihn am nächsten Tag in der Kirche aufsuchte. Lex lächelte schwach. Nichts anderes hatte er erwartet. Ein Pfarrer durfte, selbst wenn derjenige, der die Beichte ablegte, dessen Geheimnis nicht offenbaren. Um dessen Andenken nicht in den Schmutz zu ziehen. In diesem Fall eher lästig als nützlich wie Lex fand. „Verstehe. Können Sie mir sonst irgendwie weiterhelfen? Wissen Sie vielleicht woher die Verstorbenen ursprünglich kamen? Ob Sie hier geboren wurde oder was Sie vorher gemacht haben?“ Pfarrer Remington legte die Stirn in Falten. Zögerte sichtlich damit, Lex doch noch ein paar Auskünfte zu geben. Dann seufzte er. „Nun ja einige sind schon hier geboren, aber zwei von ihnen, die beiden Männer, sind vor ein paar Jahren hier her gekommen. Was Sie aber vorher gemacht haben…!“ „Steht denn nichts in den Akten, die Sie bei sich in Scotland Yard haben. Wenn einer von Ihnen eine, sagen wir düstere Vergangenheit hat, muss das doch da drin stehen!“ Das stimmte. Aber bis jetzt waren sie auf nichts gestoßen. Und Lex bezweifelte, dass ein Aktenkundiger seinen richtigen Namen behalten würde, wenn er untertauchen wollte. Geschweige denn dass man seine Visage auf einem Foto finden würde. Und Menschen veränderten sich ja im Laufe der Zeit. Wenn sie untergetaucht waren, hatten sie sicher einige Vorkehrungen getroffen, um nicht erkannt zu werden. Neue Identität und mit falschen Namen. „Da haben Sie Recht. Unsere Leute in Scotland Yard durchforsten jede einzelne Akte. Vielleicht findet sich dort ein Hinweis!“ Und das stimmte. Im Moment wurden sämtliche Leichen untersucht. Finger-und Gebissabdrücke verglichen. Doch die Datenbank war groß und es würde sicher etwas Zeit brauchen, ehe man eine Spur hatte. Pfarrer Remington nickte, stand auf und reichte Lex. „Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiter helfen kann. Und hoffe dennoch, dass Sie bald den Täter finden werden!“ Lex stand ebenso auf, ergriff die Hand des Pfarrers und schüttelte sie. „Danke!“ Danach verließ er das kleine Pfarrhaus neben der Kirche. „Kein einziges Wort?“, wiederholte Fay am anderen Ende und klang nicht gerade begeistert. „Nope!“, bestätigte Lex. „Beichtsiegel. Mehr sage ich nicht dazu!“ Fay stiess ein Seufzen aus. „Super. Gerade der Pfarrer hätte uns helfen können!“ Dann schwieg sie erstmal. Überlegte. „Wielange würde es dauern, bis wir eine Aufhebung des Beichtsiegels bekommen?“ Lex hob die Brauen. „Du willst dich mit der Kirche anlegen?“ „Nicht mit der Kirche. Aber es muss doch möglich sein, an Infomationen ran zu kommen!“ „Ein Versuch wäre es wert. Aber versprechen kann ich dir nichts!“ „Versuch es einfach okay?“ „Mache ich!“, versicherte Lex ihr. „Und wie läuft es so bei Euch?“ „Naja…schleppend, so wie bei dir!“, erklärte sie. „Allison sagte zwar, dass es schon einige gibt, die den Kerl gerne selbst schnappen wollen. Aber einen konkreten Verdacht haben dir nicht. Ich kann mir aber denken, dass sie sich insgeheim gegenseitig verdächtigen. Wie es Leute in einem kleinen Dorf eben gerne machen!“ „Darum wollte ich nie aufs Land ziehen!“, erklärte Lex. „Wie macht sie sich denn? Unsere kleine Azubi?“ Fay hörte deutlich das breite Grinsen ihres Bruders in seinen Worten und verdrehte die Augen. „Sie macht sich gut. Liegt noch in den Federn!“ „Um diese Zeit?“ „Ja, sie…sie hatte gestern ziemlich lange geschafft. Da wollte ich sie nicht wecken!“ „Verstehe!“, sagte Lex. „Ich melde mich wie gesagt, wenn endlich eine Spur habe!“ „Ist gut. Bis dann!“, sagte Fay und legte auf. Einige Minuten lang stand Fay vor dem Telefonapparat und überlegte. Zwar hatte Allison behauptet nur schlecht geschlafen zu haben. Aber es reichte ein Blick von Fay um zu sehen, dass da mehr dahinter steckte. Etwas schien Allison ziemlich erschreckt und Angst gemacht zu haben. Etwas, was sie sich nicht traute zu verraten. Sie überlegte, ob sie ihren Vater anrufen und ihm davon erzählen sollte. Vielleicht wusste er ja was. Aber kaum das sie den Hörer wieder in der Hand hatte, hielt sie inne. Und legte ihn wieder auf die Gabel. „Es wäre falsch!“, ging es ihr durch den Kopf. „Vermutlich war es wirklich ein böser Traum!“ Dennoch ließ das bedrückende Gefühl der Sorge nicht nach und sie öffnete leise die Tür zum Schlafzimmer und schaute hinein. Allison lag im Bett. Hatte sich zur Tür gedreht, sodass Fay sie ansehen konnte und suchte in ihren schlafenden Zügen nach Anzeichen eines unruhigen Schlafs. Doch Allisons Züge waren entspannt und ihr Atem ging gleichmässig. Fay atmete erleichtert auf und schloss wieder die Tür. Leise ging sie wieder ins Wohnzimmer. Setzte sich auf die Couch und überlegte. Was sollte sie als nächstes tun? Lex würde als Ermittler die Leute hier befragen. Dass sie sich dabei vermutlich in Schweigen hüllten oder nicht ganz mit der Sprache raus rückten, war mehr als wahrscheinlich. Wenn schon der Pfarrer nichts ausspukte… Vielleicht sollte sie sich selbst mal schlau machen. Mit dieser Agatha zum Beispiel. Sie schien einiges zu wissen und nicht misstraurisch ihr gegenüber. Anders als diese Mrs. Jenkins. Die hatte wirklich was gegen neue Leute, die hierher gezogen sind. Ob das bei den anderen auch so war? Wollten diese Leute am liebsten für sich sein? Und duldeten keine Außenstehende? Es gab nur einen Weg das raus zu finden. Sie schnappte sich einen Zettel und einen Stift, schrieb Allison ine Nachricht darauf und verließ dann das Haus. Der nachgeholte Schlaf hatte mir gut getan. Ich fühlte mich nun einigermassen ausgeruht und die Angst war nur noch schwach. Doch statt gleich auf zu stehen, blieb ich noch einige Minuten im Bett liegen. Irgendwie wollte ich noch nicht aufstehen. Sondern schaute vor mich hinund grübelte. Wie so oft. Irgendwann aber stand ich auf, duschte und zog mir was Frisches an. Ich ging in die Küche und goss mir den Rest vom Kaffee ein. Es fühlte sich an wie der zweite Morgen und dementsprechend schmeckte auch der Kaffee. Ich verzog ein wenig das Gesicht, kippte aber den Rest tapfer runter. Dann schaute ich nach Fay. Sie war nicht da. Auf dem Tisch im Wohnzimmer sah ich einen Zettel und las. „Bin unterwegs. Die Nachbarschaft aushorschen. Komme bald zurück! Fay!“ Ich musste etwas lächeln und schaute auf die Uhr. Viertel vor Vier. Es blieb noch genug zeit, ehe ich wieder auf die Arbeit muss. Arbeit! Ein komisches Wort für etwas, was ich nur als Tarnung sah. Wenn ich sorecht überlebe…Das alles wirkte so surreal. Zu anfang hatte ich mich schon gefreut eine normale Arbeit zu haben. Aber nun… Es fühlte sich nicht richtig an. So, als sei das nicht das, was ich wirklich tun sollte. Es fühlte sich nicht mehr wie arbeiten an. Eher vielmehr als etwas, dass ich nur neben bei machte und nur mit halben Herzen. Ich hatte schon Kellnern nicht sonderlich gemocht. Es brachte zwar Geld, aber so richtig glücklich war ich auch nicht. Nun aber…naja…war es einfach nur eine Tätigkeit. Seltsam. Aber inzwischen war alles seltsam. Seit ich hier war. Seit ich… Ein Poltern ließ mich zusammen fahren und ich schaute zur Tür. Durch das kleine Fenster in der Tür konnte man nach draußen schauen und sehen, wer da davor stand. Aber da war niemand. Ich runzelte die Stirn und wollte mir sagen, dass das nur Einbildung war. Dennoch zog es mich zur Tür. Ich öffnete sie langsam und schaute durch den Spalt. Niemand stand davor. Ich wollte sie gerade wieder zu machen als mein Blick auf einen Stein fiel, um den ein Zettel gebunden war. „Was sollte das denn jetzt?“, murmelte ich, hob den Stein auf und ging wieder hinein. Gleich als ich den Stein mit der Nachricht in der Hand hielt, hatte ich so ein ungutes Gefühl. Unschlüssig was ich damit machen sollte, stand ich erstmal da. Kaute auf der Unterlippe heru. Vielleicht sollte ich auf Fay warten. Vielleicht weiss sie, was damit zu machen ist. Ach was. Das war nur ein Stein und keine Bombe. Mit einem Seufzen, löste ich das Gummiband von dem Stein und nahm den Zettel. Faltete ihn auseinander und las die wenigen Zeilen, die darauf standen. Ich musste schlucken. In großen Buchstaben stand: „Ihr habt hier nichts zu suchen. Verschwindet!“ Minutenlang stand ich da. Wusste nicht wie ich auf diese Nachricht reagieren sollte. Was ich sagen sollte. Mir erschien diese Nachricht wie ein schlechter Scherz. Aber dabei wusste ich, dass das ernst gemeint war. Irgendjemand wollte uns hier nicht haben. Nur wer? Fay kam nach einigen Stunden zurück und an ihrem Gesicht konnte ich sehen, dass sie nicht gerade Erfolg hatte. Und als sie mein Gesicht sah, wurde ihres nun noch blasser. „Allison…was ist denn los?“ Ich sagte nichts, sondern zeigte den Zettel. Fay ging darauf zu. Nahm ihn und ließ ihren Blick darüber wandern. Dann verzog sie angewidert das Gesicht und zerknüllte den Zettel. „Bah!“, gab sie nur von sich und warf ihn in den Mülleimer. Dann wandte sie sich an mich. „Mach dir nichts drauß!“ Wie immer war viel zu tun gewesen. Die Gaststätte war wieder bis zum bersten voll. Mit den gleichen Leuten wie am Vorabend. Und auch wenn ich schon wusste, was für ein Thema die Runde machen würde, hörte ich zu. Servierte und ließ den Blick wachsam umher wandern. „Guten Abend!“, grüßte mich eine Stimme und ich hielt kurz inne. Vor mir saß der Pfarrer und lächelte mich freundlich an. „Guten Abend!“, erwiderte ich. „Sie hätte ich wirklich nicht hier erwartet!“ Das stimmte. Für mich sah der Pfarrer nicht so aus, als würde er seinen Abend in einer Schenke verbringen. Pfarrer Remington hob die Schultern. „Hin und wieder bin ich es, der die Nähe zu meinen Schäfchen sucht!“, sagte er mit einem Lächeln. Ich lächelte ebenso. „Was darf es denn sein. Ein Bier?“ Es sollte ein Scherz sein. Ich kenne keinen Pfarrer, der ein Bier trank. Pfarrer Remington winkte ernst ab. „Ein Glas Wasser reicht!“, sagte er dann. Ich nickte. „Kommt sofort!“ Als ich ihm das Glas brachte, bedankte er sich. „Haben Sie sich bereits hier gut eingelebt?“ „Ja. Es ist mal was ganz anderes!“, flunkerte ich. Das Lächeln des Pfarrers wurde ein wenig breiter. Gerade wollte er etwas sagen, als es plötzlich hinter mir laut klirrte und schepperte. Ich drehte mich herum und sah Jackie, die von einem der Gäste wegtaumelte und wütend anschaute. Dieser hingegen hielt sich die Wange. Es reichte ein Blick um zu wissen was los war. Offensichtlich hatte er seine Hand nicht unter Kontrolle. AuchRemington sah das wohl. Ich hörte ihn hinter mir Seufzen. „Seine Arme Frau. Die Gute weiß zwar, dass Ihr Mann ein Schürzenjäger ist, aber es schmerzt sie immer wieder!“ Ich drehte mich wieder zu ihm herum. „Soll das heißen, dass das schon mal passiert ist?“ Ich wollte die Unwissende spielen. Dabei war das nichts Neues für mich. Oft hatte ich in meiner alten Arbeit irgendendwelche Kerle getroffen, die meinten mir oder den anderen Mädels an den Hintern zu tatschen. Und es überraschte mich auch nich, sowas hier zu sehen. Auch wenn das hier ein Dorf war und jeder hier jeden kannte. Was es nicht unbedingt besser machte. Remington seufzte wieder. „Der gute Jack scheint das Gelübde, was er einst geleistet hat, nicht sonderlich zu pflegen. Während seine Frau, die liebe Hannah, alles für ihn tut und treu wie ein Hund ist!“ Ich hörte deutlich die Bitterkeit und Enttäuchung in seiner Stimme. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er diesen Jack mehr als einmal zur Vernunft bringen wollte und wie oft sich dessen Frau beim Pfarrer den Kummer von der Seele geredet hatte. Fast schon wurde ich selbser sauer auf diesen Kerl. „Wieso lässt sie sich nicht scheiden?“ „Für eine Außenstehende ist das einfach zu sagen. Aber Hannah gehört zu der Sorte Frau, die daran glauben will, dass er sich doch noch bessert!“ „Außerdem hat sie sonst niemanden, bei dem sie unterkommen könnte!“ „Also muss sie das ertragen?“ Ich kam nicht umhin empört zu klingen. Mir ging dieses Schicksal dieser Frau schon irgendwie nahe. Pfarrer Remington zuckte hilflos die Schultern. „Es steht nur zu hoffen, dass er sich endlich besinnt und auf den rechten Weg kommt!“ Es war spät als ich endlich Feierabend hatte. Zum einen war ich froh, aber zum anderen, als ich nach draußen trat und merkte, wie dunkel es war, zögerte ich und spielte mit dem Gedanken, Fay an zu rufen und sie zu bitten mich ab zu holen. Dann aber sagte ich mir, dass ich nicht so ein Schisser sein sollte. Ich hatte es schließlich nicht sonderlich weit und würde schnell zuhause sein, wenn ich mich beeilte. Dennoch hatte ich ein beklemmendes Gefühl, während ich los lief und immer wieder Blick umher schweifen ließ. Die letzte Nacht hing und das darin erlebte, holte mich wieder ein mit der Wucht eines Alptraums, den ich für vergessen gehofft hatte. Ließ meinen Puls wieder raßen. Meine Hand glitt zum Pfefferspray, welches Fay mir zu anfang gebeben hatte. Aber ich bezweifelte, dass mir das helfen würde, sollte mich etwas anderes als ein Mensch angreifen. Zwar versuchte ich es nicht zu zulassen, aber ich musste dabei an Erik denken, wie er da in der Dunkelheit gestanden und mich angesehen hatte, als wollte er… Ich schüttelte den Kopf. Hör endlich auf, in ihm so etwas wie eine Gefahr zu sehen. Er würde dich niemals angreifen! Er ist schließlich...dein Beschützer! Kaum dachte ich das, hörte ich in meinem Inneren ein hähmisches Lachen, was mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ und dass in mir den Verdacht weckte, beobachtet zu werden. Ich beschleuinigte meine Schritte. Fühlte dabei die Gefahhr, die mir im Nacken saß und meine Angst verstärkte. Schließlich rannte ich. Als ich endlich die Lichter von unserem Haus sah, der Weg zog sich trotz Rennens wie Kaugummi, atmete ich auf. Schloss die Tür auf und knallte sie sogleich zu als ich drinnen war. Fay sah vom Fernseher auf und schaute mich entgeistert an. Dann aber war sie ganz in ihrem Element und kam zu mir. „Allison alles okay?“, fragte sie mich und umfasste meine Schultern. Dabei merkte ich erst jetzt wie ich zitterte. Ich nickte, sagte aber kein Wort. In ihren Augen musste ich ausgesehen haben, als wäre der Teufel hinter mir her gwesen. „Ja, ich…!“, brachte ich endlich nach einigen Atemzügen hervor. Hielt aber inne weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich fühlte mich wie zuvor vollkommen außer Stande ihr zu sagen, was eigentlich mich so aufwühlte. Dabei wäre es so einfach gewesen. „Ich…ich dachte, dass ich mich jemand verfolgt!“ Und dass das Pfefferspray mir nichts gegen diesen nützen würde, dachte ich anschließend. „Hast du jemanden gesehen?“, fragte Fay mich nach einem prüfenden Blick. Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich hatte bloß das Gefühl!“, erklärte ich. Fay legte den Arm um mich und bugsierte mich zur Couch. „Hier, setz dich. Ich mache dir erstmal einen Tee!“, sagte sie und ging in die Küche. Ich schaute ihr nach. Und verfluchte mich selbst, dass ich einfach nicht alles gesagt hatte. Warum bloß war ich so feige? Sicher kann sie mir helfen. Sie hatte sicher Erfahrung in solchen Dingen. Aber was wenn sie das ihrem Vater erzählt und dieser das als eine Art Bedrohung sah. Was würde er tun? Erik etwa angreifen und aus dem Weg räumen? Zu zutrauen wäre es ihm. Beide schienen eine wirkliche komische Art von Bekanntschaft zu pflegen. Während Erik ihm immer wieder unter die Nase rieb, dass er meiner Mutter wegen irgendwas schuldete, schien Brian ihm am liebsten an den Kragen gehen zu wollen. Und so langsam fragte ich mich, was dahinter steckte. Welche Schuld konnte soviel wiegen, dass Erik ihn immer wieder daran erinnerte? Was auch immer es war, aber Brian schien sich darin nicht sonderlich wohl zu fühlen. Nein. Ihn konnte ich nicht einweihen. Zwar mochte er in mir so etwas wie einen Klotz am Bein sehen, dultete mich aber dennoch. Aber bei Erik… Ich war mir nicht sicher, was er tun würde, wenn er nur den Hauch eines Verdachts hätte, was ihn betraf, und wollte es mir auch nicht ausmalen. „Hier!“, sagte Fay und holte mich so fürs erste aus meinen finsteren Gedanken. Stellte mir eine dampfende Tasse Tee hin. Ich nahm sie, roch kurz daran. Es roch nach Kräutern und Honig. Vorsichtig nippte ich daran. Schmeckte Baldrian und noch etwas anderes. Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Trank weiter vom Tee. Und nach einer Weile fühlte ich mich besser. Ich sah Fay dankbar an. Sie wartete noch ein Weilchen. „Du konntest wirklich niemanden sehen?“, fragte sie mich dann vorsichtig. Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Es war einfach nur das Gefühl. Aber das reichte schon aus!“ „Fühlte es sich an, als würde es sich hierbei um einen Menschen handeln oder um was anderes?“, fragte sie dann. Gute Frage. Bisher habe ich keinen Unterschied gesehen. Und mir kam dabei ein schlimmer Gedanke. „Meinst du, dass da auch ein…ein Dämon dahinter steckt?“ Fay schien erstmal selbst darüber nach zu denken. „Bis jetzt habe ich keine Aktivitäten bemerkt, die dafür sprechen. Mal abgesehen von diesen Zahlen, die die Opfer haben. Aber sicher wäre es, wenn dir alle Optionen für denkbar halten!“ „Dann wird das Pfefferspray wohl nicht reichen!“, murmelte ich. Und schaute dabei auf mein Handgelenk, um das sich das schwarze Armband wand. Fay schien meinem Blick gefolgt zu sein. „Wenn, dann hast du immer noch eine Chance, dich zu wehren!“, meinte sie. Aber ich hatte da so meine Zweifel. Sie nagten an mir. Machten es mir nicht gerade leicht, darauf zu vertrauen. Wie sehr ich es hasste, ständig über Vertrauen nach zu denken. Dabei sollte ich es besser wissen. Erik gab es mir, damit ich mich schützen konnte, wenn er es nicht konnte. Wenn er mal nicht zur Stelle war. Und bis jetzt hatte es auch immer funktioniert. Aber was wenn ich es irgendwann gegen Ihn verwenden muss? Könnte ich das? Würde es das tun? Sich gegen ihn wenden? Und was wenn nicht? Je mehr ich darüber nachdachte, wurde mir übel bei diesem Gedankenn und hoffte, dass es niemals so weit kommen würde. Auch wenn Erik sich in Schweigen hüllte, was ihn und seine Vergangenheit betraf, wollte ich dennoch nicht gegen ihn kämpfen. Es schien mir nicht richtig. Meine Finger glitten über das Armband und ich meinte es unter meiner Berührung pulsieren zu spüren. Als wäre es lebendig. Ich unterdrückte ein Schaudern. „Wir sollten jetzt ins Bett gehen!“, hörte ich Fays Stimme. Ich hatte nichts dagegen. Auch wenn ich fürchtete, dass ich wieder wachwerden und Erik in dieser bedrohlichen Dunkelheit wieder sehen würde. Aber besser als die Nacht wach zu bleiben und vor Erschöpfung weg zu dämmern. So oder so. Ich würde mich sicher wieder in solch einer Situation wiederfinden. Da machte es keinen Unterschied. Ein Geräuch hatte mich aufgeweckt. Ich richtete mich auf. Lauschte. Fay schien es nicht gehört zu haben, da sie weiterschlief. Ich wollte sie schon wecken. Auf keinen Fall wollte ich alleine nach sehen. Nach der Nachricht von heute Vormittag war es gut möglich, dass man uns einen Besuch abstatten wollte. Aber so sehr ich es auch versuchte, ich bekam sie nicht wach. Irgendwann gab ich es auf, kletterte aus dem Bett, griff mir das Pfefferspray und eine Taschenlampe, die jede von uns nun sicherheitshalber auf unseren Nachtschränkchen stehen hatten und schaute nach. Sah jedoch weder eine zerbrochene Fensterscheibe noch irgendwelche andere Anzeichen, dass hier jemand sich einen schlechten Scherz erlaubt hatte. Und ich wollte schon zurück ins Schlafzimmer. Da aber kam mir die Verandatür in der Küche in den Sinn und ich blieb wie angewurzelt stehen. Was wenn sich da einer zuschaffen gemacht hatte? Langsam und vorsichtig ging ich in die Küche, schaltete aber das Licht nicht ein. Ging dann zur Tür und schaute nach, ob man sie gewaltsam geöffnet wurde. Nein. Zum Glück nicht. Sie war verschlossen. Ich schaute nach draußen, durch das Fenster. Dahinter lag nichts anderes als Dunkelheit und gegen jede Vernunft, öffnete ich die Tür und ging hinaus. Das kleine Licht draußen sprang an und warf einen schwachen Schein auf die Veranda. Ich schwengte die Taschenlampe umher und leuchtete die Fläche ab, die die Lampe nicht erfassen konnte. „Ist da jemand?“, rief ich laut genug. „Kommen Sie raus. Ich weiß, dass Sie da sind!“ Nichts tat sich. Das hätte ich mir auch denken können. Sicher war derjenige schon über alle Berge, als er sah, dass ich nach draußen kam. Oder aber er lauerte irgendwo in den Büschen und wartete, bis ich mich umdrehte, damit er sich auf mich werfen konnte. Ich fasste das Pfefferspray stärker und machte mich bereit auf einen Angriff. Dabei kam ich mir wie eine dieser nervösen Frauen vor, die hinter jeder Ecke eine Gefahr vermutete und zu übertriebenen Reaktionen neigten. Aber ich wollte auch nicht von irgendeinem Spinner überrascht werden. „Entweder Sie kommen jetzt aus Ihrem Loch, in das Sie sich verkrochen haben oder ich komme zu Ihnen und zerre Sie raus und dann setzt es was!“ Nichts. Kein Rascheln, keine Schritte. Nicht mal ein Atmen. Zum Teufel nochmal. Spielten mir meine Sinne jetzt schon so weit einen Streich, dass ich mir Sachen einbildete? Aber ich hatte doch was gehört. Nocheinmal leuchtete ich alles ab. Wollte mir nicht eingestehen, dass ich einer Täuschung aufgesessen war. Da flackerte aufeinmal das Licht der Taschenlampe. Ich schüttelte sie, damit sie wieder einwandfrei funktionierte. Es klappte. Allerdings nur kurz. Denn sie flackerte wieder. Das Flackern glich einem Morsecode. Lang Lang Kurz, dann Pause. Dann wieder Kurz. Pause. Kurz Kurz Lang Kurz. Pause. Kurz Lang. Pause. Dann viermal Kurz. Pause. Kurz Lang Kurz. Dann ging sie vollständig aus. „Was zum…?“, fragte ich und schlug dagegen. Aber es tat sich nichts. Noch ehe ich daraus schlau werden konnte, begann auch noch das Licht über mir an der Veranda zu flackern. Im gleichen Rhythmus wie die Taschenlampe zuvor. Langsam wurde mir das doch unheimlich. Das konnte doch nicht wahrsein. Ich schaute zu dieser hoch und hoffte, dass das einfach nur eine Störung war. Dass diese es schaffen würde. Als diese dann aber mit einem leisen Pling auch noch ihren Geist aufgab, stand ich nun in der Dunkelheit und war starr vor Schreck. Eine plötzliche Stille trat ein, die mich nervös machte und die die Wahrscheinlichkeit schrumpfen ließ, dass ein Mensch hier sein könnte. Ich hatte nun den Eindruck dass etwas anderes hier war und mich belauerte. Etwas, das gegen das Pfefferspray nichts ausrichten konnte. „Erik!“, flüsterte ich und ließ den Blick unruhig hinundher schweifen. „Bist du hier?“ Nichts. Nur Stille. Die Nervösität schlug in schleichende und zugleich lähmende Angst um und ließ meine Stimme zittern. „Lass den Unsinn. Du machst mir Angst!“ Wie als haben meine Worte etwas gewirkt, hörte ich nun doch etwas. Ein Rascheln, dann das Auftreten von etwas, was mich an Füße erinnern ließ. Nein, nicht von Füßen. Dafür waren sie zu dumpf. Es klang eher wie das Geräusch von…Pfoten oder zumindest von ziemlich großen Pranken. Stapfend und näherkommend. Ich machte sogleich einen Schritt zurück und starrte in die Richtung aus der die Geräusche kamen. Aus der Dunkelheit schälte sich langsam aber sicher etwas hervor. Eine gebückte Gestalt. Groß, massig und zottelig. Zuerst dachte ich, ein Hund hätte sich hier verlaufen. Aber kein Hund war so groß wie ein Pferd. Oder hatte gar Augen, die in der Dunkelheit zu glimmen schienen wie Kohlen. Mir fuhr der Schreck in die Glieder. Das war kein Hund. Auch wenn er die Gestalt eines solchen hatte. Als es näher kam, konnte ich es nun etwas besser erkennen. Spitze aufrechtstehende Ohren, ein langer umherschwingender Schweif. Große Pfoten, die in sich in das Gras drückten. Und eine lange Schnauze, unter dessen Lefzen scharfe, dolchartige Reisszähne zum Vorschein kamen. Sie leuchteten wie kaltes Eis auf und ließ mich starr vor Angst werden. Scheisse, was zum Teufel war das bloß? Etwa ein Werwolf? Ein kehliges Knurren war plötzlich von diesem Ungeheuer zu hören und seine Augen glühten nun lodernd auf. Ich sah, wie es seine Muskeln anspannte. Sich bereit machte zum Sprung. Es war deutlich zu sehen was es vorhatte. Noch bevor ich irgendwie reagieren konnte, schien die Zeit für mich plötzlich wie in Zeitlupe zuvergehen, wobei hingegen das Monster plötzlich blitzschnell war. Ich sah wie es loshetzte, sprang und mit weitaufgerissenem Maul auf mich stürzte. Ich konnte nur noch einen Schrei ausstoßen, ehe mich das Monster in einem Stück verschlang und mich eisige Kälte umschloss. Dann wurde es schwarz um mich. Ich erwachte mit einem erstickten Schrei, doch es reichte aus, um Fay auf zu wecken. Alarmiert schaltete sie das Licht ein. „Allison!“, rief sie erschrocken. „Was ist los?“ Ich war unfähig, etwas zu sagen. Sondern schaute panisch vor mich hin, während mein Körper wie unter einem schlimmen Fieber anfing zu zittern. Es kam mir vor als sei das alles wirklich passiert. Als hätte mich dieses Monster wirklich verschlungen. Noch deutlich fühlte ich die Kälte, die in seinem Schlund geherrscht hatte und jeden meiner Gedanken und Empfindungen auslöschte, sodass es nichts mehr in mir gab. Nur Leere. Ich zog die Knie an mich heran und schlang die Arme darum. Machte ich klein, damit ich mich besser wärmen konnte. Ich konnte deutlich Fays besorgte Blicke auf mir spüren und auch, dass sie sich wahnsinnige Sorgen um mich machte. „Allison!“, versuchte sie es erneut und fasste mich an der Schulter. Ein Wimmern kam als einzige Antwort über meine Lippen. Wasrum passierte das? Wieso träumte und erlebte ich sowas? Waren das doch Visionen? Wollte Erik mich etwa vor sich selbst warnen? Aber warum? Er würde mir doch niemals etwas tun? Oder etwa doch? „Willst du darüber sprechen?“, fragte mich Fay am nächsten Morgen am Frühstückstisch. Aber ich schüttelte den Kopf. Auf keinen Fall wollte ich das nochmal durchleben. Ich wollte nicht mehr daran denken. Einfach nur vergessen. Doch ich musste einfach nur die Augen zu machen und schon sah ich dieses riesige Maul voller Zähne, das mich verschlang. Fay seufzte. Ich wusste, dass sie mir nur helfen wollte. Dass sie es gut meinte. Aber ich konnte erstmal nicht darüber sprechen. Und selbst wenn ich es täte, wie konnte sie mir dabei helfen? Immerhin wusste keiner von uns beiden, wer oder was dieses Monster wirklich war. „…Hier draußen, ist es zu gefährlich!“, hatte er gesagt. Das hatte deutlich nach einer Warnung geklungen. Nur vor was wollte er mich warnen? Meinte er dabei sich selbst? Oder doch eine andere Gefahr? Ich hoffte das letzteres. Der Gedanke, dass Erik die nahende Gefahr war, machte mich schier verrückt. „Bitte, lass das das nicht Erik sein!“, dachte ich nur. Fay sah mich eine Weile noch an, dann stand sie auf und räumte ab. Ich merkte ihr deutlich an, dass sie mit sich kämpfte. Auf der einen Seite wollte sie mich wohl nicht drängen, mit der Sprache raus zu rücken, aber auf der anderen Seite wollte sie nicht so einfach nachgeben. Ich schätzte das schon an ihr. Sie war wirklich eine gute Freundin. Nicht nur weil sie denselben Job hatte, noch dazu länger als ich, sodass sie mir was vorraus hatte und wusste, was zu tun war. Sondern auch weil sie mich nicht wie ein Kleinkind behandelte. Nicht so wie ihr Bruder. „Allison!“, sagte sie und ich schaute zu ihr. In ihren Aunge sah ich den gleichen mütterlichen Blick, den ich schon bei Esmeralda gesehen hatte und kurz fühlte ich mich sicher. „Ich weiß, dass es schwer für dich ist und kann verstehen, wenn du dich davor fürchtest. Aber…eines solltest du wissen: Du musst das nicht allein durchstehen! Du kannst mir alles sagen!“ Und das glaubte ich ihr. Ich lächelte. Es fühlte sich an wie das erste Lächeln nach einer langen Zeit. Gerade wollte ich ihr etwas sagen, als plötzlich ein Polizeiwagen an unserem Wohnzimmerfenster vorbeiraste. Mit Blaulicht und tönender Sirene. Sofort waren wir alarmiert und eilten nach draußen. Folgten dem Polizeiwagen. Eine Menschentraube hatte sich bereits auf einer Kreuzung gebildet und tuschelte. Die Polizisten, die aus dem Streifenwagen gestiegen waren, hatten es schwer, die Leute zurück zu drängen, sodass der Gerichtsmediziner sich den Toten anschauen konnte. Wir schoben uns durch die Leute, die uns daraufhin einen finsteren Blick zu warfen. Fay schien in der Menge jemanden gefunden zu haben, denn sie schnappte mich am Arm und zog mich hinter sich her. Sie blieb neben einer älteren Dame stehen. „Was ist passiert?“, fragte sie die Frau. Diese sah Fay aufgelöst an und schüttelte den Kopf. „Schon wieder ein Toter. Dieses Mal ist es Jack Hanning!“, erklärte sie nur. Mir sagte der Name nichts und auch Fay nicht. Aber als ich einen Blick auf den Toten warf, der da lag, vielmehr auf sein Gesicht, zog es mir den Boden unter den Füßen weg. Es war dergleiche Jack, dem Jackie am vorabend eine verpasst hatte. Meine Knie wurden weich. „Und Doc? Was sagen Sie?“, fragte einer der Polizisten. Doc schaute sich die Leiche noch eine Weile an. Nahm dann dessen Hand und drehte sie, sodass er die Handfläche sehen konnte. „Wie die vorherigen Opfer. Stich ins Herz und eine römische Ziffer in die Hand geritzt. Dieses Mal ist es eine sechs!“, erklärte er im sachlichen Ton. Danach machte er sich Notizen. „Das geschieht ihm Recht. Diesem untreuen Mistkerl!“, raunte eine giftige Stimme und ich schaute zu einer Frau, die nur wenige Meter von mir entfernt stand. Ihr Gesicht war zu einer grmmigen Maske verzerrt und alles an ihr sprach für Abscheu, die sie gegenüber dem Toten verspürte. Es hatte gar nicht ihres Kommentars bedurft. Als sie dann zu mir schaute, verfinsterte sich ihr Gesicht und whisperte in unheilvollem Ton mir zu:„ Gott straft alle Sünder!“ Nachdem die Polizisten und der Gerichtsmediziner mit ihrer Arbeit fertig waren, kam sogleich der Leichenwagen. Zwei Männer legten den Toten in einen Plastiksarg und luden ihn ein. Als diese weggefahren waren, zerstreuten sich die Leute und gingen nachhause. Auch ich und Fay machten uns wieder auf den Heimweg. Und auch wenn keine von uns etwas sagte, wusste jeder, was die andere dachte. Immer wieder musste ich an den Blick und an die Worte dieser Fraue denken und ich wollte schon fragen, ob das diese Mrs. Jenkins war. Aber da kam mir Fay zuvor. „Diese widerliche alte Krähe!“, knurrte sie. „Lass mich raten: Das war Mrs. Jenkins?“ Fay schnaubte nur. „Ja! Möchte mal wissen, was Ihr Problem ist. Es können ja nicht alle wie im Mittelalter leben, wie Sie!“ „Mir tut Ihr Mann ganz schön leid. Sicher lässt Sie ihn nicht sehr oft ran!“, bemerkte ich mit einem Kichern. Solche Leute, die streng nach Schema F leben und die Bibel förmlich anbeten, sind sicher alles andere einfach. Fay verzog den Mund zu einem bitteren Grinsen. „Sicher ist er der nächste auf der Liste. Wenn schon dieser Jack abgemurkst wurde, weil er seine Finger nicht bei sich behalten konnte, wird sich Ihr Mann auch was anderes suchen!“ Okay, das klang nicht gerade aufbauend. Aber es brachte mich wieder zum Nachdenken. „Was sagte eigentlich nochmal der Doc? Dass es diesesMal eine Sechs war? Auf seiner Hand meine ich?“ Fays Gesicht nahm nun auch einen nachdenklichen Ausdruck an. „Ja. Und sicher hat das auch wieder was bedeuten!“, murmelte er. „Fragt sich nur was?“ „Vielleicht hat ja dein Bruder was rausgefunden. Wollte er sich nicht auch wenig umhören?“ „Ja, aber bis jetzt hat er sich noch nicht gemeldet!“, sagte sie niedergeschlagen. „Dabei wären wir sicher weiter, wenn wir endlich wüssten, was das Motiv von diesem Killer ist!“ Fay wischte sich über das Gesicht, als wäre sie tot müde. „Uns bleibt leider nichts anderes übrig als zu warten!“ Die Stimmung in der Schenke war nun wie ausgewechselt. Wo vorher noch Leute munter geplaudert hatten oder irgendwelche Pläne geschmiedet hatten, in denen sie mit den Mörder weiss Gott was anstellen wollten, war nun bedrückende Stille. Und wenn gesprochen wurde, dann leise. Im gesenkten Ton und niedergschlagener Stimmung. Auch der Pfarrer war wieder in der Schenke. Seine Stimmung ebenso im Keller, wie bei den anderen. Aber ich glaube ihn traf es noch am schwersten. Da er sicher nicht gewollt hat, dass ein Gemeindemitgleid so schnell aus dem Leben schied. Er fühlte sich für jeden hier verantwortlich. Ich trat an den Pfarrer heran. „Darf ich Ihnen was bringen?“, fragte ich höflich. Der Pfarrer nur kurz zu mir auf. Senkte dann wieder den Kopf. „Einen Brandy!“, sagte er nur. Ich erwiderte darauf nichts. Sondern ging an die Bar und gab die Bestellung auf. Ich hatte in diesem Fall Verständniss dafür. Ich wartete gerade darauf, dass mir der Wirt das gewünschte Glas einschenkte, als ich hörte, wie jemand den Pfarrer ansprach. „Wielange soll das noch gehen?“ Ich drehte mich halb herum und sah wie sich einige Männer vor ihm aufgebaut hatten und in finster anschauten. „Sie sagten, Sie würden Scotland Yard einschalten, damit das endlich ein Ende hat. Aber nichts tut sich!“, blaffte einer von ihn. Ich erkannte sofort wieder. Es war Joe, der schon voher Stunk gemacht hatte. „Scotland Yard nimmt sich gerade des Falles an. Sie tun, was Sie können!“, erwiderte der Pfarrer müde. Joe lachte nur bitter. „Sie tun, was Sie können!“, echote er. „Einen Scheiss tun die. Nur Fragen stellen. Nichts weiter!“ „Sie könnten sicher schneller vorran kommen, wenn Ihr Euch nicht so in Schweigen hüllen würdet! Oder irgendwelche falsche Tatsachen verbreitet!“ Die Stimme des Pfarrers wurde nun scharf und ich sah wie Joes Gesicht eine tiefrote Farbe annahm. In dem Moment fragte ich mich, ob er vorher was getankt hatte. Denn ein nüchterner Mann würde einen Pfarrer sicher nicht so anfahren. Außerdem begann er nun bedenklich zu schwanken. Mit einem wütenden schnauben schnappte er sich den Pfarrer und riss ihn auf die Füße. „Das nennt sich ein Pfarrer? Nicht in der Lage die Gemeinde zu schützen und irgendwas unterstellen!“ Er holte schon aus um ihm eine zuverpassen. Aber seine Freunde hielten ihn gerade noch zurück und auch der Wirt meldete sich nun. „Hör auf mit dem Mist, Joe. Und geh mal an die frische Luft. Ein Schlägerei ist jetzt das letzte, was ich hier haben will!“ Joe wehrte sich noch einige Male und wollte sich seine Freunde vom Hals schaffen. Dann aber schien er doch vernünftig zu werden und ließ sich von diesen nach draußen schleppen. Als ein wenig Ruhe reinkam, kam ich wieder zum Pfarrer, der sich seine Kleidung richtete und sich wieder setzte. Ihm war deutlich an zu sehen, dass ihn das alles ziemlich mitnahm. „Hier. Ihr Brandy!“, sagte ich und stellte das Glas ab. „Oder soll ich Ihnen was anderes bringen?“ Pfarrer Remington lächelte schwach. „Nein, danke!“ Er nahm das Glas und nippte vorsichtig daran. „Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir ein wenig Gesellschaft leisten würden. Sie scheinen nicht so voreingemommen, wie die anderen zu sein!“ Zuerst war ich mir unsicher und schaute kurz zu meinem Chef. Der schien hingegen nichts einwenden zu haben. Also erklärte ich mich einverstanden und setzte mich dem Pfarrer gegenüber. Vielleicht war das auch eine gute Möglichkeit an Infomationen ran zu kommen. „Sie scheinen auch mit dem Latein am Ende zu sein!“, sagte ich. Die Miene des Pfarrers verfinsterte sich. „In der Tat. So langsam weiß ich gar nicht mehr, was ich tun soll. Vor einigen Tagen war ein Mitarbeiter von Scotland Yard bei mir. Natürlich stellte er mir wieder Fragen über die Verstorbenen und was sie in der Vergangenheit so getrieben haben. Gerne hätte ich es ihm gesagt. Aber leider bindet mich mein Gelübde daran zu schweigen!“ Dann schaute er in die Runde. Aber wenn die anderen endlich zur Vernunft kommen und selbst den Mund aufmachen würden, wäre der Mörder schon längst gefasst. Aber so…!“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. Und ich verstand was er meinte. Ihm waren die Hände gebunden. Den anderen aber nicht. „Vielleicht brauchen Sie nur etwas Zeit. Bis sie das Schweigen brechen?“, vermutete ich. Remington lächelte nun traurig. „Ihr Wort in Gottes Ohr!“, sagte er und tätschelte mir freundschaftlich meine Hand. Dabei bemerkte er das Armband. Er runzelte die Stirn und machte erstaunte Augen. „Ein interessantes Schmuckstück!“, sagte er dann und betrachtete es genauer. Im ersten Moment wollte ich die Hand wegziehen. Doch das hätte etwas Verdächtiges. So ließ ich es ihn anschauen. „Ja, es…es ist ein Geschenk!“ Da sah der Pfarrer auf und ein Funkeln lag in seinem Blick. „Etwa von einem Verehrer?“ Ich musste fast lachen. Ein Verehrer wohl kaum. Aber ich hütete mich, die Wahrheit zu sagen. „Nein. Ein Verehrer nicht. Meine…meine Freundin hat es mir geschenkt!“ „Sie scheinen sich sehr nahe zu stehen oder?“, fragte er dann. Ich nickte. „Ja. Sie…sie war immer für mich da!“, erklärte ich. Damit lag ich gar nicht mal so falsch. Fay war wirklich für mich da. Ich musste an das denken, was sie heute Morgen gesagt hatte. „Du musst das nicht allein durchstehen! Du kannst mir alles sagen!“ Mir wurde sofort warm ums Herz und ich musste unwillkürlich lächeln. „Wie lange kennen Sie sich schon?“, fragte mich Remington. „Schon ziemlich lange!“, gestand ich. Auch wenn ich mich langsam fragte, wieso er mich sowas fragte. Aber vermutlich wollte er sich nur ablenken und ein wenig Smalltalk halten. „Ich hoffe, dass Sie jetzt nichts Falsches denken von Aldbury. Eigentlich ist das wirklich ein schönes Stückchen Erde!“, gestand er. „Das tue ich nicht. Ich hoffe auch, dass Sie diesen Typen so schnell wie möglich schnappen!“, sagte ich ehrlich. Da hörte ich den Wirt rufen. Ich schaute zu ihm und er wiederum zeigte auf einen Tisch, dessen Gäste sich abmühten, mich auf sich aufmerksam zu machen. Ich nickte und bedeutete ihm, dass ich ihn verstanden habe. „Tut mir leid. Aber ich muss wieder an die Arbeit!“ Der Pfarrer lächelte milde. „Kein Problem. Und danke, dass Sie sich ein wenig mit mir unterhalten haben!“ „Immer wieder gern!“ Fay wartete auf mich vor dem Hintereingang. Nach allem was passiert war, wollte sie mich nun nicht mehr allein nachhause laufen lassen. Ich kam mir dabei wie eine sechsjährige vor, die man von der Schule abholen musste. Aber ich war auch froh. Denn so würde ich mich nicht mehr so unwohl fühlen. „Und wie war es?“, fragte sie mich. Ich hob die Schultern. „Naja…die Stimmung dadrin war echt down. Und einer von den Leuten wäre beinahe auf den Pfarrer losgegangen!“, berichtete ihr. Fay machte nur:„ Hm!“ „Das ganze beginnt langsam zu brodeln und zu kochen, wie ein Hexenkessel!“ „Denkt du, die Leute hier werden sicher irgendwann etwas ziemlich Dummes tun?“ Fay verzog spöttisch das Gesicht. Und das reichte mir schon als Antwort. Sicher würden Sie irgendwann die Geduld verlieren und zu drastischen Methoden greifen. Welche das waren wollte ich mir nicht vorstellen. „Leute aus einer kleinen Gemeinde neigen zu solchen Methoden, wenn in Ihren Augen nichts getan wird!“ Allmählich glaubte ich, dass Fay schon seine solche ähnliche Erfahrung gemacht hat. Wie sonst könnte sie so sicher darüber sprechen. „Dann sollten wir uns beeilen!“, sagte ich. „Nicht dass Sie uns noch auf den Scheiterhaufen zerren!“ Da musste Fay lachen. Aber es war ein freudloses Lachen. So als wäre das gut möglich. Den nächsten Tag hatte ich frei. Aber das lag sicher nur daran, weil Sonntag und damit auch Gottesdienst war. Zum Glück hatte Fay für solche Momente auch passende Kleider angezogen. Schwarz und sehr konservativ. Heißt bis zum Hals zugeknöpft und so lang, dass die Knie bedeckt waren. Ich betrachtete mich ein wenig skeptisch im Spiegel. Irgendwie kam es mir falsch vor. Ich bin zwar schon sonntags in die Kirche gegangen und wusste, wie man sich dafür kleidet. Aber in diesem Fall wirkte das alles wie eine Farce. Zumal diese Mrs. Jenkins uns für Sünder hielt und uns sicher nicht dort sehen wollte. Keine Ahnung, aber es war so ein Gedanke, den ich nicht abschütteln konnte. „Glaub mir. Auch ich würde jetzt noch gerne im Bett liegen. Aber wir dürfen nichts auffallen!“, sagte Fay. In meinen Augen war das auch der einzige gute Grund. Der Pfarrer wartete am Eingang der Kirche und grüßte jeden, der reinging. Auch mich und Fay. Besonders mich und ich merkte, wie ich rot wurde. Wie mochte das aussehen. Ein Pfarrer, der eine Frau, die noch nicht lange hier lebte, auf eine weise grüßte, die eigentlich nicht üblich war. Nicht angemesssen war. Fay nahm mich am Arm und zerrte mich mit sich. „Was sollte das denn?“, fragte sie mich und schaute kurz zurück zum Pfarrer. „Keine Ahnung. Aber mir ist das auch nicht gerade angenehm!“, sagte ich kleinlaut. „Ja, und ich fürchte, dass du dir damit noch Feinde machst!“ Ich sah sie mit einer Mischung aus Frage und Bitterkeit an. Sie hingegen schaute an mir schräg vorbei und ich folgte ihrem Blick. Und stöhnte innerlich. Mrs. Jenkins saß auf der anderen Seite, schräg gegenüber von uns und taxierte mich mit finsteren Blicken. Klasse! Wieso musste ich immer wieder ihren Weg kreuzen. Das hier war zwar ein Dorf, aber selbst hier musste es doch möglich sein, sich nicht so oft ins Gehege zu kommen. Ich versuchte sie zu ignorieren aber ich konnte deutlich ihren stechenden Blick auf mir spüren. Die ganze Messe über musste ich das erstragen und hatte mehr als einmal den Wunsch auf zu stehen und den Gottesdienst zu schmeißen. Riss mich aber zusammen. Bloß nicht auffallen! Aber wenn ich so recht überlege, scheint das auch hier nicht gerade leicht zu werden. Der Gottesdienst schien sich unendlich in die Länge zu ziehen. Umso erleichterter war ich, als die Glocken läuteten und das Ende der Messe verkündeten. Ich atmete auf. Nach und nach standen die Leute auf und strömten Richtung Ausgang. Auch dort wartete der Pfarrer und verabschiedete sich. Dieses Mal aber gönnte er mir nur ein kurzes Nicken, welches ich höflich erwiderte. „Solangsam entwickelt das sich hier zu einem echten Spießrutenlauf!“, sagte Fay als wir daheim waren und sie einen extrastarken Kaffee aufsetzte. „Ich frage mich echt, was die für ein Problem hat!“ „Vielleicht ist sie eifersüchtig auf dich!“, sagte Fay und grinste feixend. Ich verzog das Gesicht. „Machst du Witze?“, platzte es aus mir heraus. „Wieso sollte die auf mich eifersüchtig sein?“ „Naja, so wie die dich angeschaut hat, könnte man denken, du würdest dich für den Pfarrer interessieren. Oder er für dich!“ „Mach dich nicht lustig über mich!“, sagte ich bitter. „Ich geb ja zu. Remington sieht schon gut aus. Aber er ist ein Geistlicher. Ein katholischer noch dazu. Sein Job verbietet ihn irgendwelche Anbändeleien!“ „Das heißt nicht, dass er nicht in Versuchung geraten könnte!“ So langsam nahm das absurde Züge an. Ich hoffte inständig, dass sie mich dabei nur auf den Arm nahm. Ich schüttelte den Kopf. „Du hast eine blühende Fantasie!“ Am Abend bekamen wir einen Anruf, der es in sich hatte. Lex hatte endlich etwas herausgefunden. Es betraf die beiden Männer, die jeweils eine sieben eingeritzt bekamen. „Es hat etwas gedauert, aber endlich habe ich was gefunden, was uns weiterbringt!“, erklärte er durch das Telefon. Fay hatte den Lautsprecher angeschaltet, sodass wir beide zuhören konnten und konnten es kaum abwarten. „Echt? Und was?“, fragte sie. Sie war genauso aufgeregt wie ich. „Mal langsam ja. Also…wie es aussieht haben die beiden vor ungefähr zwei Jahren einen Diebstahl verübt. Raubüberfall auf eine Bank. Einige Million haben die dabei mitgehen lassen. Alles schien recht harmlos abgelaufen zu sein. Trotz dass sie bewaffnet waren, haben sie niemanden über den Haufen geschossen. Somit gab es auch keine Toten. Danach waren sie dann untergetaucht. Keiner wusste wohin es sie verschlagen hatte. Nach Aldbury kamen sie erst einige Monate später, als wohl genug Gras darüber gewachsen war. Keiner hier schien sich zu fragen, woher diese beiden Gestalten kamen oder wie sie zu viel Geld kamen. Aber offensichtlich schien sie jemand erkannt zu haben. Oder zumindest über den Banküberfall bescheid zu wissen. Wieso sonst sollten beide jetzt tot sein?“ „Und was ist mit den anderen Opfern?“ „Sorry. Aber da ist mir nichts bekannt. Wir konnten die beiden Opfer auch nur identivizieren, weil wir dessen Fingerabdrücke im Archiv hatten!“ „Verstehe. Aber immerhin etwas!“, räumte Fay ein. „Was ist mit Euch? Habt Ihr was rausgefunden?“ Fay seufzte. „Nein, leider nicht. Es gab wieder einen Toten. Stellt Euch schon mal eine weitere Autopsie ein!“ „Wieder mit einem Stich getötet und eine Zahl in der Haut?“, fragte Lex. „Japp. Dieses Mal eine sechs!“ Dann herrschte kurz Stille. „Hm, dass ist jetzt nur eine Vermutung, aber was wenn diese Zahlen nicht rein zu fällig sind. Was, wenn sie irgendwelche Bedeutungen haben ?“ „Dass sie irgendwelche Bedeutungen haben, habe ich mir auch schon gedacht. Die Frage ist nur welche?“, sagte Fay bitter. „Wenn wir rausfinden, warum die beiden Männer die sieben hatten, dann kriegen wir auch raus, was es mit den anderen auf sich hat!“ „Ich frage mich generell wieso jemand zwei Räuber ermorden sollte. Rache kann es nicht sein. Denn es gab ja keine Opfer, wie du sagtest. Und auch wenn das ein Verbrechen ist und sie nicht dafür belangt wurden, finde ich das schon ein wenig extrem!“, kam es von Fay nachdenklich. „Ich meine: Es ist ja nicht so als ob sie eine Todsünde begangen haben!“ Bei diesem Wort klingelte etwas in mir. „Was sagtest du gerade?“ Fay sah mich an, als hätte ich sie nicht verstanden. Oder vielmehr mich nicht. „Dass sie keine Todsünde begangen haben!“, wiederholte sie dann und schien sich daraus keinen Reim zu machen. Ich hingegen schien aufeinmal einen Geistesblitz zu haben. „Haben wir eine Bibel?“ „Bitte?“ Fays Augen wurden groß wie Untertassen und sie fragte sich wohl, was das solle. Doch statt weiter auf eine Antwort zu warten oder sie nochmal zu fragen, stand ich auf, lief zum Bücherregal und fing an zu stöbern. Ich hatte bis jetzt noch keine Bibel hier in diesem Haus gesehen, aber dennoch hoffte ich, dass ich eine finden würde. Und ich wurde nicht enttäuscht. Mit einem triumphierenden Grinsen zog ich den alten Schinken hervor und kehrte wieder auf die Couch zurück. Fay sah mich immer noch an, als wäre ich nicht ganz dicht. „Was ist denn da los bei Euch?“, fragte Lex, der sich wohl auch fragte, was ich da trieb. Ich sagte nichts, sondern schlug das Buch auf und begann wie wild darin zu blättern. Solange bis ich die richtige Stelle gefunden hatte. „Hier. Ich glaub, ich hab’s!“ „Was hast du?“, fragte Fay und beugte sich zu mir. „Lex, sag mir nochmal welche Zahlen die jeweiligen Opfer hatten!“, bat ich ihn. Lex seufzte. Wohl eher weil er genervt war. Tat aber, worum ich ihn bat und mit jedem Opfer und dessen Zahl wurde ich mir sicher. „Würdest du mir endlich mal sagen, was das alles soll?“, fragte er dann und ihm riss nun wirklich der Geduldsfaden. „Ganz einfach. Jdes Opfer hat diese Zahl, wegen es gegen eines der zehn Gebote verstoßen hat. Die beiden Männer haben die sieben. Und die steht für das Gebot…!“ „Du sollest nicht stehlen!“, hauchte Fay tonlos. „Du hast Recht!“ „Und das Mädchen musste sterben, weil sie gegen Gebot nummer vier verstieß!“ Das alles ergab auf einmal einen Sinn und war soch einfach zu erklären. „Jetzt wo du es sagst…Sie hat Ihre Eltern nicht gerade stolz gemacht!“, sagte nun Lex und selbst am Telefon konnte ich hören, dass er sich einen Facepalm verpasste. „Darauf hätte ich auch kommen sollen!“ „Wir haben auch erstmal nicht den Wald voller Bäume gesehen!“, gestand Fay. Nach und nach schrieben wir die Namen der Opfer, die Zahlen, die man ihnen verpasst hatte und für was sie standen. Und solangsam formte sich immer mehr ein Bild daraus. Wer auch immer dahinter steckte: Er war versessen darauf all jene zu bestrafen, die gegen die zehn gebote verstießen! „Es ist wohl klar, dass wir es hier mit einem Fanatiker zutun haben. Der über Leichen geht!“ Mir fiel da nur eine Person ein, die dafür in Frage kam. Und gerade wollte ich es aussrpechen, doch da kam mir Lex zuvor. „Das denke ich auch! Und sicher wird er sich bald ein neues Opfer suchen!“ Der Meinung waren wir auch. Und wir mussten ihm zuvor kommen. Nur wie? Die einfachste und logischte Möglichkeit war es, zu behaupten, einer von uns hätte ebenso gegen die Gebote verstoßen. Aber wie wahrscheinlich war es, dass der Killer sich uns aussucht und kein anderes Opfer auserkort. Immerhin kannte dieser Killer die meisten von hier schon länger und wartete sicher nur darauf, bis sie unachtsam wurden. Genau das muss auch Fay durch den Kopf gehen. Denn in ihrem Gesicht arbeitete es. „Hm…!“, machte sie nur. „Ich habe da so eine Idee, wie wir ihn aus der Reserve locken könnten!“, sprach sie dann weiter und sah mich dann mit einem seltsamen Blick an. Okay. Was ging ihr gerade durch den Kopf? Was für eine Idee hatte sie? Noch bevor ich sie das fragen konnte, fragte sie mich:„ Was hälst du davon von anderen Ufer zusein?“ Fays Frage hatte mich erstmal ganz schön aus der Bahn geworfen und ich hielt das erstmal für einen Scherz. Aber dann sickerten ihre Worte in meinen Kopf und ich starrte sie nur mit offenem Mund an. „Wie-wie?“ „Findest du nicht, dass das ein wenig übertrieben ist?“, fragte ich dann etwas zerknirscht. Wie kam sie bloß auf so eine Idee? „Weil wir nur so schneller die Aufmerksamkeit des Killers auf uns ziehen können!“, erklärte Fay sachlich. Aber das genügte mir nicht. „Wo liegt da der Unterschied ob wir einfach gute Freundinnen oder ein lesbisches Paar sind?“ „Bei guten Freundinnen würde einige männer hier auf dumme Ideen kommen. Gerade weil wir hier noch neu sind. Frischfleisch praktisch gesehen. Bei einem lesbischen Paar allerdings, werden die sich sicher das Maul zerreissen und somit den Killer auf unsere Spur bringen!“ „Und was macht dich da so sicher? Selbst wenn wir lesbisch sind, was wir nicht sind, wieso sollte der Killer uns gerade ins Visier nehmen?“ Fay hob die Braue und sah mich an, als würde ich hinter dem Mond leben. „Du weisst nicht viel von Erzkatholischen, wie?“, kam es dann trocken von ihr. „Für die ist die gleichgeschlechtiliche Liebe genauso schlimm und widerlich wie Sex vor der Ehe. Wenn der Killer wirklich so ein Fanatiker ist, wie wir vermuten, dann dürften wir in Null komma Nichts ganz oben auf seiner Abschlussliste stehen!“ Okay, das leuchtete ein. Aber dennoch habe ich da meine Zweifel. Wie sollten wir diesen Leuten weißmachen, dass wir nicht auf Bananen stehen? „Und wie soll das gehen? Soll ich mir ein Schild umhängen mit der Aufschrift: Ich bin eine Lesbe?“ Fay gluckste, schüttelte dann den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Es reicht, wenn du den Eindruck erwweckst, als würdest du dich für Männer nicht interessieren. Halt sie dir vom Hals!“ Das war wirklich nicht schwer. Zumal mich keiner dieser Männer hier interessierte. Die meisten von denen waren so alt, dass sie mein Vater hätten sein können. Ich musste an den Kerl denken, der Jackie zu nahe gekommen war. Ich hoffte insgeheim, dass er der einzige war, der so drauf war. „Und wie sollen wir dann diesen Killer schnappen? Ich meine, der wird sicher nicht lange zögern, um einen von uns zu erwischen. Welche Geschichte willst du denn überhaupt erzählen, um ihn auf uns zu hetzen? Ich kenne kein Gebot, dass verbietet, lesbisch zu sein. Erzkatholisch hin oder her!“ „Das stimmt. Daher werden wir noch behaupten, oder viel mehr ich werde behaupten, dass ich aus einer gescheiterten Ehe komme. Dass ich zu spät gemerkt habe, dass ich nicht Männer, sondern Frauen liebe und meine Ehe daher keinen Sinn hatte!“, erzählte Fay theatrahlisch und schniefte. Ich sah sie nur an. Die Frau hätte Schauspielerin werden sollen. „Wow. Das nenne ich wirklich mit Feuer und Flamme dabei zu sein, wenn du dir so eine Story ausdenkst!“ Fay grinste stolz. Ich muss gestehen, dass ich mich etwas davor fürchtete, mich schlafen zu legen. Der Alptraum von letzter Nacht blieb mir noch all zu deutlich in Erinnerung und ich wollte diesem Monster nicht schon wieder begegnen. Auch wenn es nur ein Traum war, fühlte es sich so real an, dass ich mich in einer meiner Visionen fühlte. Mir lief es kalt den Rücken runter. Und auch wenn es eigentlich albern war, bat ich Fay, dass wir noch ein wenig fernschauten. Und dabei war es schon kurz vor elf. „Bist du denn nicht müde?“, fragte sie. Ich schüttelte den Kopf. Sagte, dass ich viel zu aufgekratzt sei. Jetzt wo wir endlich das Motiv des Killers erkannt hatten. Fay sah mich noch lange mit einem forschenden Blick an und ich ahnte, dass sie mir das nicht so recht abkaufte. Aber sie drängte mich auch nicht und war einverstanden. So saßen wir auf der Couch und schauten fern. Ich hatte mich in eine warme, weiche Decke gekuschelt und schaute auf die Mattscheibe, ohne dabei darauf zu achten, was da eigentlich lief. Fay beobachtete wie Allisons Kopf immer wieder mal nach unten auf ihre Brust sank und sie gleich darauf wieder hochschreckte. Dabei versuchte sie auch krampfhaft ihre Augen offen zu halten, was ihr natürlich kläglich misslang. Fay wollte sie schon doch dazu zu überreden sich schlafen zu legen. Aber sie hatte auch gesehen, wie sehr sie sich davor fürchtete und fragte sich wieder, was sie nur so ängstigte. Eins wusste sie aber: So konnte das nicht weitergehen. Irgendwann aber siegte die Müdigkeit über Allison und sie sank in sich zusammen. Fay wartete noch einen kurzen Moment dann, schaltete sie den Fernseher aus und legte Allison behutsam auf die Couch. Leise schlich sie sich aus dem Wohnzimmer und machte das Licht aus. Dabei schaute sie noch einmal zu Allison, die tiefatment da lag und hoffte, dass sie dieses Mal eine ruhige Nacht haben würde. Erik saß mit steinerner Miene auf dem kleinen Wohnzimmertisch und schaute auf Allison hinunter. Deutlich, trotz der Dunkelheit, konnte er sehen, wie sich ihre Augen hinter den Lidern unrhig hin und her bewegten. Konnte die Unruhe, welche sie ergriffen hatte, deutlich spüren, als wäre es seine eigene. Vielleicht war es auch so. Seit er in diesen Spiegel gesehen hatte, spürte er, wie etwas, was er tief in sich eingeschlossen hatte, nun ausbrechen wollte. Wie es mit scharfen Krallen an der Mauer kratzte, die es eingesperrt hielt und dabei tiefe Furschen hineingrub. Erik konnte förmlich das wütende Knurren und Fauchen hören, welches das Wesen ausstieß und nach seiner Freilassung verlangte. Hart presst er die Lippen aufeinander und ballte die Fäuste, dass seine Fingerknöchel weiß hervorstachen. Verbissen drängte er das Wesen zurück. Verstärkte die schützende Mauer um dieses herum. Woraufhin das Ding noch vehementer und wütender dagegen schlug. „Ich lasse nicht dich raus. Egal ,wie sehr du tobst!“, schwor er sich. Doch statt weiter das Monster wütend brüllen zu hören, lachte es nun höhnisch und glaubte sogar es sprechen zu hören. „Denkst du wirklich, dass du noch länger dagegen ankämpfen kannst?“ Ein eisiger Schauer rann ihm über den Rücken. Und kurz blitzte ein Bild vor seinem inneren Auge auf. Erin, die ausgemergelt und mit dumpfen Augen vor sich hin starrte. Totenbleich und mit zitternden Händen. Dann veränderte sich das Bild und sie war nun wie ausgewechselt. Ihr Gesicht war zu einer grässlichen Grimasse verzogen, ihre Augen waren dunkel und glühten im kalten Feuer. In Erik zog es alles zusammen, als er sich daran zurück erinnerte und zwang dieses Bild aus seinem Geist. Sein Blick hing noch immer auf Allison und sein Gesicht nahm nun einen kummervollen Ausdruck an. Auf keinen Fall wollte er, dass sich das wiederholte. Auch wenn er wusste, dass es nicht leicht sein würde. Dennoch musste er es versuchen. Schon allein weil er IHR versprochen hatte auf Allison acht zu geben. Die Ladenglocke bimmelte, als Fay in den kleinen Lebensmittelladen eintrat. „Guten Morgen!“, grüßte sie die ältere Dame. Agatha winkte und lächelte. „Guten morgen!“ Langsam und gemütlich schlenderte Fay durch die Gänge. „Finden Sie alles?“, fragte Agatha und wischte sich die Hände an der Schürze ab. „Ja…ich denke schon!“, sagte Fay und schaute dabei auf ihre Einkaufsliste. Sie hatte alles. Bis auf eines. „Haben sie vielleicht etwas, was einen Nachts ruhigschlafen lässt?“, fragte Fay. Agatha schien erstmal nicht zu verstehen. Dann aber nickte sie. „Natürlich. An was haben Sie da gedacht. Etwas Pflanzliches vielleicht? Lavendel ist ein gängiges Hausmittel. Ohne Chemie oder sowas!“, schlug Agatha vor. „Hört sich gut an!“, sagte Fay. Agatha eilte davon, kam dann aber nach einigen Minuten wieder. In ihrer Hand ein frischer Bund Lavendel, der einen intensiven Duft verströmte. „Haben Sie etwa Schlafstörungen?“, fragte Agatha, während sie ein Artikel nach dem anderen über den Scanner führte und den Betrag eintippte. „Ich nicht. Meine Freundin aber!“ Dann, nach einer Weile, fuhr Fay in einem betroffendem Ton fort:„ Vermutlich fällt es ihr schwerer sich hier ein zu leben, als gedacht!“ „Hm…wenn ich ehrlich sein darf: Zwei so junge Damen, wie Sie es sind, scheinen wirklich nicht hierher zu gehören. Nicht falsch verstehen. Aber Aldbury ist viel zu, naja…verschlafen, als das zwei junge Leute hier leben könnten!“ Fay lächelte verständnissvoll. „Um ehrlich zu sein, wünschte ich, es liegt nur an der Abgeschiedenheit, die uns hierher geführt hat!“ Nun machte sie ein betroffendes Gesicht, dabei musste sie innerlich lächeln. Sie sah die Chance gekommen, ihre Idee um zu setzen. „Zeit die Gerüchteküche ein wenig zum brodeln zu bringe!“, dachte sie. Agatha sah sie daraufhin betroffen an. Sicher stellte sie sich die schlimmsten Dinge vor, die die beiden jungen Frauen bewogen hatte, das Stadtleben hinter sich zu lassen. „Ich…Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen, weil…weil ich meine Familie ziemlich schwer enttäuscht habe und meinem Mann…das Leben ruiniert habe. Aber…ich sah keinen anderen Ausweg!“ Fay schaute nieder, sah aber wie Agathas Gesicht zu arbeiten anfing. „Tut mir leid, ich…ich will Sie wirklich nicht damit belästigen!“, sagte Fay schnell. „Nein…nein. Schon gut!“, kam es aus Agathas und Fay musste fast lachen. Es war immer wieder erstaunlich wie einfach es war die Neugier von Außenstehenden zu wecken und sie dabei nichts merken zu lassen. „Ich habe mir schon gedacht, dass das nicht alles sein kann!“ „Und Ihre Freundin? Wieso kann Sie nicht schlafen?“ „Weil Sie der Grund für all das ist!“ Agathas Augen wurden groß als sie das hörte. „Wegen Ihr habe ich meinen Mann verlassen!“ „Wir…wir lernten uns in einem Cafe kennen. Sie arbeitete dort und…naja…es kam, wie es kommen musste. Wir trafen uns immer häufiger und schließlich…verliebten wir uns in einander!“ Agathas Augen wurden so groß, dass Fay insgeheim fürchtete, dass sie ihr aus dem Kopf herausfielen. „Sie…soll das heißen, dass Sie…!“ Fay nickte. „Ja, wir…wir sind ein Paar!“ Ein zaghaftes Lächeln huschte über ihre Lippen. Für einen Moment war es totenstill und Agatha sah sie nur an. Dann aber schien sich die Frau gefasst zu haben. Sie räusperte sich. „Ich muss zugeben, dass ich sowas nicht erwartet habe!“, räumte sie ein. Fay lächelte schwach. „Es ist auch nicht gerade üblich, wenn man als Frau eine Ehe wegen einer anderen Frau beendet!“ „Ja!“, stimmte Agatha zu und schaute Fay ein wenig verunsichert an. Fay konnte ihr deutlich ansehen, dass sie sich fragte, wie sie sich nun ihr gegenüber verhalten sollte. „Ich hoffe zumindest, dass wir hier nun ein wenig Ruhe bekommen!“, sagte Fay und nahm die Tüte mit den eingekauften Sachen. Den betroffenden, erschütterten Blick Agathas spürte sie deutlich in ihrem Rücken und Fay musste sich zusammen reißen, um nicht los zu prusten. „Und sie hat es wirklich geschluckt?“, fragte ich nachdem Fay zurück kam und mir haarklein alles erzählt. Fay grinste zufrieden von einemOhr bis zum anderen. „Der Köder ist ausgeworfen. Jetzt müssen wir nur noch warten!“ Ich wünschte ich könnte Fays Enthusiasmus teilen. Aber bei der Vorstellung, dass man sich über uns das Maul zerriss und uns damit ins Visier des Killers brachte, behagte mir nicht. Auch wenn ich wusste, dass sowohl Fay als auch Lex nun Augen und Ohren aufhalten und den Killer schnappen würden, sobald dieser sich rührte. Ich hatte da meine Zweifel. Was wenn der Killer einen Komplizen hatte? Zwar sprach alles für einen Einzeltäter, aber sicher konnten wir uns auch nicht sein. Fay schien meine Skepsis zu merken, denn ihr Strahlen ließ nun nach. „Ich weiß, was dir gerade durch den Kopf geht!“, sagte sie. „Und du hast recht. Es ist ein Risiko. Aber uns bleibt nichts anderes übrig als zu warten! Und die Leute nun genau beobachten. Wenn ich mich nicht irre und Agatha richtig einschätze, wird sie sicher gleich dem nächstbesten davon erzählen, der in den Laden kommt!“, murmelte Fay. Kurz lächelte sie, so als würde sie sich darauf freuen. Ich konnte ihre Freude allerdings nicht teilen. Geistig sah ich mich schon auf einem Seziertisch im Leichenschauhaus. In meiner Hand eine sechs eingeritzt. Mir wurde schlecht bei dieser Vorstellung und ich drängte diese aus meinen Gedanken. „Hab Vertrauen. Fay und Lex werden das nicht zu lassen!“, sagte ich mir stattdessen. Und musste dabei an Erik denken. Vertrauen. Dieses Wort steht zwischen uns wie eine Mauer, die ich nicht überwinden konnte. Auf der einen Seite wollte ich ihm vertrauen. Tat es wohl auch ein wenig, da er immer zur Stelle war, wenn es brenzlig wurde. Aber auf der anderen Seite…wusste ich nichts über ihn. Woher kannten meine Mutter und er sich? Klar, sie waren Partner. Das hatte Erik mir am Anfang gesagt. Aber das erklärte nicht, wie sie zusammen gekommen waren. Ich glaube nicht, dass sie sich bei ihren Streifzügen über den Weg gelaufen waren. Zumal Erik kein normaler Mann war. Er war…nicht von dieser Welt. Dass liegt klar auf der Hand. Aber es blieb dennoch die Frage nach dem Woher… Es bestand kein Zweifel, dass meine Mutter wusste, was oder wer er war. Und sie musste ihm vertraut haben. Denn warum sonst sollte sie ihn darum gebeten haben, auf mich auf zu passen? Nur wie weit reichte ihr Vertrauen? Hatte sie auch so ihre Bedenken? Oder sah sie ihn wirklich als einen Verbündeten. Als einen Partner. Als einen…Freund? „Hey, alles okay?“, fragte Fay mich und holte mich so aus meinen Gedanken. „J-Ja…ich…ich war nur ganz woanders!“ Fay legte den Kopf schräg und hob dabei die Brauen. Ich fühlte deutlich, wie sie mich zu durchleuchten versuchte. Ahnte sie was? Schnell drehte ich mich weg und klaubte meine Sachen zusammen. Meine Schicht begann bald und ich wollte nicht zu spät losgehen. Ich hatte wirklich Mühe mit den Gedanken nicht woanders zu sein. Doch immer wenn ich mal fünf Minuten hatte, in denen ich kurz tief durchatmen konnte, musste ich daran denken. Nicht an die bestehende Gefahr von diesem fanatischen Killer erwischt zu werden, sondern an Erik. Hatte dabei das Gefühl, dass ich mich im Kreis drehte und diesen einfach nicht durchbrechen konnte. Eriks Vergangenheit ließ mich einfach nicht los. Es waren immer die gleichen Fragen, die mir durch den Kopf schwirrten. Und mich natürlich umso mehr aufwühlten. Ach, verdammt. Warum jetzt? Wo ein gestörter Killer Jagd auf alle macht, die gegen die heiligen Zehn Gebote verstoßen? Wieso kann ich mir nicht Gedanken darüber machen, wenn wir das alles hinter uns haben? „Hey, träumst du? Die Bestellung von Tisch fünf ist fertig!“, blaffte mich mein Chef an und riss mich aus meinen Grübeleien. Schnell machte ich, dass ich die Bestellungen an den besagten Tisch brachte und nahm sogleich die nächste an. Konzentierte mich darauf alles sorgfältig auf zu schreiben, wobei ich deutlich die Blicke der Leute vor und hinter mir zu spüren glaubte. Kurz schaute ich von meinem Block auf und stellte fest, dass mich einige der Gäste hier mit einem lauernden Blick anschaute. Ich bekam sofort einen Kloß im Hals. Und musste mich daran erinnern, was Fay gesagt hatte. „Wenn ich mich nicht irre und Agatha richtig einschätze, wird sie sicher gleich dem nächstbesten davon erzählen, der in den Laden kommt!“ Das musste schneller gegangen sein als Fay es für möglich gehalten hatte. Aber was anderes war ja auch nicht zu erwarten. Aldbury war schließlich ein Dorf. Hier kannte jeder jeden. Dennoch fühlte es sich an, als würden sie mich mit ihren Blicken durchbohren wollen und ich konnte mir vorstellen, was ihnen durch den Kopf ging. Oh man. Das konnte ja heiter werden. Noch nie habe ich mich so sehr auf den Feierabend gefreut, wie jetzt. Fay wartete bereits auf mich und als ich und sie die Gaststätte hinter mir ließen, atmete ich erleichtert auf. „Ein harter Tag, wie?“, fragte Fay, worauf ich ihr einen finsteren Blick zu warf. „Hast du eine Ahnung!“, murrte ich. „Deine Vermutung hat sich übrigens bestätigt. Fast jeder scheint hier über unsere...Beziehung bescheid zu wissen!“ „Oh, wirklich! Das ging ja schnell!“, sagte Fay. Ich gab nur ein Knurren von mir. Fay sah mich von der Seite an und seufzte. Sie schien zu wissen, woher meine miese Laune kam. „Ich gebe es zu. Das war nicht gerade die schlauste Idee!“, räumte Fay ein. „Das wir lesbisch sind und du angeblich eine Ehe hast platzen lassen…selbst ein Idiot sieht doch, das daran was faul ist!“, murmelte ich. „Unterschätze niemals konservative Menschen. Denen ist das egal ob das nach Falle riecht oder nicht. Für sie zählt nur, dass das nicht in ihr Weltbild passt!“, sagte Fay. „Außerdem hassen sie alles, was sie nicht verstehen. Oder verstehen wollen!“, fügte sie hinzu und ich meinte so etwas wie bittere Ernücherung darin zu hören. Ich biss mir auf die Unterlippe. Vermutlich hatte sie sowas schon öfters erlebt. Schweigend liefen wir weiter. Dabei ließ ich immer wieder den Blick umher wandern. Es war zu einer Angewohnheit geworden, seit ich…seit ich Monster jagte. Oder viel mehr seit sie mich jagten. Ich rechnete damit hinter einem Baum oder hinter einem dunklen Fenster eine Gestalt zu sehen, die uns belauerte. Vielleicht der Killer? Oder einer der Bewohner, in deren Augen wir nun die Ausgeburt der Hölle sind? Fay merkte natürlich, was mir gerade durch den Kopf ging und lächelte. Sie legte den Arm um meine Schulter. „Hey, no Panik. So schnell geht das auch nicht!“ Ich stand vor dem Bett und sah es an, als wäre es eine tödliche Falle. Dabei schrie mein Körper danach, sich rein zu legen und die Augen zu zu machen. Aber wie in der letzte Nacht hatte ich auch jetzt Angst, ein zu schlafen. Ich wollte nicht wieder mit diesem Ungeheuer konfrontiert werden. Fay merkte natürlich, wie sehr ich mit mir kämpfte. „Hier, nimm das!“, sagte sie nach einer Weile dann und reichte mir einkleines Säckchen, das einen würzigen Duft ausströmte. Ich erkannte ihn. „Lavendel?“ Verwirrt schaute ich sie an. „Hilft einen besser schlafen zu können!“ Ich musste schwach Lächeln und wog das Säckchen in meiner Hand. Auch wenn es nett von ihr war, bezweifelte ich, dass es mir helfen würde. Dennoch wollte ich nicht undankbar sein. Und die Aussicht, eindlich mal wieder richtig schlafen zu können, mit welchen Mitteln auch imme, war durch aus verlockend. „Danke, Fay!“ Zu Anfang war es noch ein wenig schwer, Schlaf zu finden, aber als ich einige tiefe Atemzüge genommen und den Duft des Lavendel eingeatmet hatte, merkte ich, wie ich immer träger und auch entspannter wurde, bis ich dann doch einschlief. Und zu meiner Erleichterung, hatte ich auch keine Alpträume. Ich rollte mich gerade auf die andere Seite und wollte mich tiefer in meine Decke einkuscheln als mich ein Geräusch aufweckte. Platsch! Platsch! Platsch! Ich öffnete die Augen und schaute auf. Was war das? Platsch…Platsch…Platsch… War irgenwo was undicht und tropfte nun rein? Ach Qutasch. Es hatte in der ganzen Zeit, in der wir hier waren nie geregnet. Unwahrscheinlich, dass es hier rein regnete. Aber was war es dann. Ich schlug die Decke beiseite und verließ das Schlafzimmer. Lauschte. Da! Da war es wieder und als ich genauer hinhörte, merkte ich, dass es nicht nach Wasser klang, das irgendwo aufplatschte. Sondern irgendwie dumpf. Als würde jemand Schlammbrocken auf etwas werfen. Platsch…Platsch… Es kam von der Eingangstür. Keine Ahnung wie ich das hören konnte, aber ich hörte es einfach und ging zur Eingangstür. Mit einem Schwung riss ich sie auf. Aber nichts und niemand waren da. Gerade wollte ich die Tür wieder schließen, als mein Blick auf das Holz dieser fiel und ich kurz glaubte, meine Augen würden mir einen Streich spielen. Nach einigem Blinzeln aber sah ich, dass ich richtig sah und wusste nicht ob ich lachen oder fluchen sollte. Die Tür war über und über mit Eiern beworfen worden. Das war also das Geräusch gewesen. Jemand hatte sich einen Spass daraus gemacht und unsere Tür neudekoriert. Zäh lief der Eidotter an der Tür hinunter, während die Schalen noch an dem Holz kleben blieben. Lauernd und suchend schaute ich mich um. Vielleicht hatte sich der Übeltäter irgendwo versteckt und fruete sich diebisch, dass man sein Werk entdeckt hatte. Aber nichts… Ich blieb noch lange so stehen und mein Blick wechselte von der beschmierten Tür hin zu den Gebüschen, hinter denen man sich bestimmt prima verstecken konnte. „Hey, wieso lässt du die Tür offen stehen? So stickig ist es hier drinnen doch nicht!“, hörte ich Fay rufen und einige Minuten später neben mich treten. Als sie es dann auch sah, gab sie nur ein trockenes „OH!“, von sich. Mit finsterer Miene, einem Putzeimer und einem Lappen, schrubbte ich die Sauerei von der Tür. Immer wenn ich das Tuch in das Putzeimer tauchte und den Lappen ausrang, stellte ich mir vor, wie ich diesem Spaßvogel die Gurgel umdrehte. Ich bin bei Gott kein aggressiver Mensch, aber bei sowas sehe ich rot. Ich zweifelte nicht daran, dass das mit unserer kleinen Romanze zutun hatte. Jemand hier ging es deutlich mehr als gegen den Strich, dass sich hier ein lesbisches Paar niedergelassen hat. Fay hatte dazu nichts weiter gesagt. Nur dass es allmählich losgeht. Und dass selbst sie nicht erwartet hätte, dass das so schnell um sich greift. Für sie war zwar schon klar gewesen, dass wir nun in ein bestimmtes Licht gerückt werden, aber nicht dass die Anfeindungen so schnell, Schlag auf Schlag kommen. Zuerst wollte sie die Schmierei beseitigen, doch ich sagte, dass ich das machen würde. Ich hatte eine stinkwut im Bauch und die wollte ich beim Putzen auslassen. Auch wenn ich nur zu gern denjenigen in die Finger bekommen hätte, der das hinterlassen hat. Es ist doch immer wieder erstaunlich wie rückständig und primitiv manche Menschen sind. Fast schon könnte man Mitleid mit Ihnen haben, weil sie nie über den Tellerrand hinaus schauen konnten. Aber nur fast. Meine Wut war dafür zu groß. „Schade um die Eier!“, murmelte ich vor mich hin. „Was ist denn hier passiert?“, fragte plötzlich eine Stimme und ich hielt inne. Schaute dann auf und sah Pfarrer Remington vor mir stehen. Er betrachtete die verschmierte Tür mit gehobenen Brauen. Ich richtete mich auf und wischte mir die Hände an der Jeans ab. „Jemand hielt es für komisch unserer Tür einen neuen Anstrich zu verpassen!“, murrte ich. „Oh!“, gab Remington nur von sich. „Haben Sie gesehen, wer es war?“ Ich schüttelte den Kopf. „Wenn, dann glauben Sie mir, hätten wir ihm schon diesen Blödsinn aus getrieben!“, kam es drohend von mir. „Zumindest ich!“ Ich spürte deutlich den Blick, den mir der Pfarrer zu warf. Aber ich störte mich daran nicht. Wieso sollte ich mich auch verstellen und die Naive, die Überraschte spielen? „Hatten Sie schon mal sowas erlebt?“, fragte er mich dann nach einer Weile und ich hielt inne, bevor ich weitermachte. In mir klingelte es und ich hatte einen wahnwitzigen Einfall. Ich seufzte schwer. „Ja, leider!“ Nach einer wohlbedachten Pause, sagte ich dann: „ Offensichtlich gibt es immer noch Menschen auf der Welt, die in im Mittelalter stecken geblieben sind und glauben, dass es sich hierbei um eine Krankheit handelt!“ Die Brauen des Pfarrers wanderten noch höher und ich konnte deutlich hören, wie es in seinem Kopf arbeitete. Ich musste fast grinsen, riss mich aber zusammen. „Wie…Wie meinen Sie das?“, fragte Pfarrer Remington. „Naja…!“, druckste ich und tat so als sei es mir irgendwie unangenehm. Dann aber holte ich tief Luft und sagte: „ Ich und…wir sind ein Paar!“ Für einen kurzen Moment entweichen Pfarrers Remington sämtliche Gesichtszüge. Verwirrung lag deutlich darin, aber dann begriff er und ihm klappte der Mund auf. Ich machte ein etwas verlegenes Gesicht. „Ich hoffe, ich habe damit nicht Ihr Weltbild ruiniert!“ „Nein…nein. Alles in Ordnung. Ich…!“ Er räusperte sich. „Ich hätte es nur nich gedacht, dass Sie…!“ „Sie sehen nicht so aus!“ Nun fühlte ich mich ehrlich beleidigt. Wie sehen denn Lesben für ihn aus? Mannsweiber mit Nasenpiercing und tattowiert bis zum geht nicht mehr? Der Pfarrer musste gemerkt haben, was mir gerade durch den Kopf ging. Denn er hob die Hände und sagte hastig: „Ich wollte Sie nicht beleidigen…!“ Ich winkte ab. Tat so, als würde mich das nicht weiter jucken. „Machen Sie sich nichts draus. Jeder, der davon erfährt reagierte so!“ Nach einem kurzen Blick zur Tür, seufzte ich. Ich schüttelte gespielt enttäuscht den Kopf und zwang mich zu einem Lächeln. „Darf ich Sie zu einer Tasse einladen?“ Pfarrer Remington zögerte kurz. Dann aber nickte er. Vermutlich wollte er nicht unhöflich sein. Ich brühte uns einen Pfefferminztee auf und goss ihn in zwei Tassen ein. Wortlos reichte ich eine Remington und setzte mich ihm gegenüber. Danach trat unangenehmes Schweigen ein und ich bereute nun, dass ich so gastfreundlich war und ihn einlud. Zumal es nicht sicher war, wem wir trauen konnten. Jeder könnte der Killer sein. Selbst… Mein Blick ging verstohlen zu Remington, der gedankenverloren in seinem Tee rührte. „Ach, Quatsch. Du spinnst doch!“, sagte ich zu mir selbst. „Ein Mann Gottes würde niemals morden!“ Dabei hatte ich aufeinmal einen faden Geschmack auf der Zunge. Und musste mich an den Geschichtsunterricht erinnern. Wie war das mit dem finsteren Mittelalter und der Hexenverfolgung? Ich schauderte und versuchte nicht weiter daran zu denken. Versuchte vielmehr mir ein zureden, dass die Zeiten sich geändert haben und dass ein Pfarrer in keinem Dorf zu sowas fähig wäre. Und sei dieses Dorf und dessen Bewohnter noch so konservativ und beschränkt. Ich schaute Remington über den Rand meiner Tasse an. Hm. Er wirkte auf mich so als würde er nicht wirklich hierher passen. Völlig fehl am Platz. Zugegeben. Er sah gut aus und hätte sicher auch gute Chancen auf einen Job in der Stadt gehabt. Vielleicht als Banker. Oder Direktor. Dass er hier in diesem Kaff lebt und den Leuten die Beichte abnahm, schien nicht richtig zu ihm zu passen. Ich stellte mir vor, wie er jeden Tag im Beichtstuhl saß und sich die kleinen oder großen Sünden seiner Mitmenschen anhörte und dabei kein eigenes Urteil haben durfte. Auch ich habe mir die Sorgen und Nöte anderer angehört. Aber da waren es auch Freunde gewesen, die mir ihr Herz auschütteten. Zumindest bis zu dem Punkt, wo ich mich distanzierte. Aber auch das hatte sich wieder geändert, als ich Marie, Lucy und Gweny getroffen hatte. Dennoch war das kein Vergleich. Freunde waren was anderes als irgendwelche Menschen, die ich grad mal am Morgen in der Kirche sehe und von denen erwartet wird, dass man ihnen hilft. Ohne sie wirklich zu kennen. Und dabei auf alles zu verzischten. Auf ein Leben, dass andere führen durften. Fast hatte ich Mitleid mit ihm. Sagte mir aber dann, dass er sich diesen Beruf ausgesucht hatte und es mich nichts anging. Fragte mich aber, was jemanden hierher verschlug und zu solch einer Arbeit gebracht hatte. War das vielleicht sein Herzenswunsch? Gehörte er zu der Sorte Menschen, die die Welt ein bisschen besser machen wollten? Eine aussterbende Art, wie ich finde. Da man in den Nachrichten meistens nur von schlimmen Dingen hörte. Die meisten von Menschen verursacht. Oder hatte man ihn dazu gedrängt? „Stimmt was nicht?“, fragte Remington und holte mich so aus meinen Gedanken. Ich schreckte etwas zusammen und merkte sogleich, wie meine Wangen brannten. Oh Shit! Hatte er bemerkt, wie ich ihn angestarrt habe? Schnell senkte ich den Blick. „Nein. Alles in Ordnung!“, sagte ich. Konnte aber dennoch nicht aufhören darüber nach zudenken und irgendwann musste ich ihm diese Frage stellen. „Was hat Sie eigentlich hierher verschlagen?“ Remington schaute auf und wusste wohl nicht was ich mit dieser Frage meinte. Dann aber begriff er und lächelte. „Meine Bestimmung!“ Ich musste fast schon lachen. Echt jetzt? Das nannte er Bestimmung? „Bestimmung?“, wiederholte ich und hob die Brauen. Remington lachte kurz. „Ich weiss, wie sich das in Ihren Ohren anhört, aber es ist so!“, erklärte er. „Ich wusste ganz genau, was ich aus meinem Leben machen wollte. Anderen Menschen helfen und sich um ihre Nöte zu kümmern, ist das, was ich für das Richtige hielt!“ „Und dafür mussten Sie gleich Pfarrer werden? Was ist mit Arzt oder Anwalt?“ Am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen. Was dachte ich mir nur dabei? Wenn dieser Mann dieses Leben führen will dann bitte. Aber es wollte mir einfach nicht in den Kopf. Wer würde freiwillig ein Leben in Enthaltsamkeit führen wollen? Remington schien sich über meine Frage nicht sonderlich zu ärgern, denn er lächelte nur mild. „Das wäre auch eine Möglichkeit. Aber für mich schien es nicht das richtige zu sein. Es stimmte passte zu mir einfach nicht. Und außerdem…!“, sagte er und senkte dann die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. „Kann ich kein Blut sehen!“ Da musste ich etwas grinsen. „Was ist mit Ihnen? Haben Sie schon Pläne für die Zukunft?“, fragte er mich dann und ich hörte deutlich in meinem Kopf etwas schrillen. Ein klares Zeichen dafür, dass ich nun höllisch aufpassen musste. Ich hob die Schultern. „Im Moment möchte ich erstmal hier wieder etwas zur Ruhe kommen!“ Ich schaute auf die Tischplatte und betrachtete die Astlöcher. Konnte aber deutlich spüren, wie Remington mich anschaute. Mich förmlich durchleuchtete. Und das gefiel mir nicht. In dem Moment, als habe sie meine Gedanken gehört, kam Fay rein. Beladen mit Tüten voller Lebensmittel. Als sie unseren „Gast“ sah, machte sie große Augen. „Oh!“, gab sie von sich. Lächelte dann. „Ich wusste nicht, dass Sie uns besuchen, Pfarrer!“ „Es war ein rein spontaner Besuch!“, flunkerte ich. Vor einem Pfarrer lügen? Ganz schlechte Idee, Allison! Fay sah kurz mich an, dann wieder zum Pfarrer. „Bleiben Sie zum Essen?“ „Bedaure, aber ich habe noch einiges zu tun!“, sagte Remington und stand auf. Wirkte dabei ein wenig verlegen. „Vielleicht beim nächsten Mal!“ „Über was habt Ihr denn so gesprochen?“, fragte Fay, während sie den Salat durchmischte. „Ach, über dies und das!“ Ich hatte nicht weiter versucht über mein kleines Schwätzchen mit den Pfarrer nach zu denken. Da es mir nun ziemlich komisch vorkam. Er hatte so überzeugt von seiner „Bestimmung“ gesprochen, dass ich mich irgendwie ein wenig unwohl gefühlt habe. Seinen Beruf zu leben schön und gut, aber… Etwas hatte mich doch daran gestört. Oder leide ich schon an Paranoia und sah Geister, wo keine waren? „Alles okay?“ fragte mich Fay und holte mich aus meinen Gedanken. „Ähm…ja!“, gab ich schwach von mir. Fay sah mich von der Seite an und ich konnte förmlich ihre Gedanken hören. Sie lügt! Nichts ist in Ordnung! „Ich habe ihn gefragt, warum er sich gerade dieses Kaff ausgesucht hat!“, gestand ich dann doch. Weil ich dieses Schweigen, welches zwischen uns lag, nicht mehr aushalten konnte. Fay ließ diese Erklärung auf sich wirken, nickte dann. „Und? Was sagte er?“ „Das er sich dazu bestimmt gefühlt hat. Also als Pfarrer hierher zu kommen!“ Fays Mund verzog sich zu einem dünnen Grinsen. „Das es sowas noch gibt!“ „Ziemlich albern, oder?“ „Albern schon. Aber nichts Ungewöhnliches. Jeder versucht eine Bestimmung zu finden!“ „Du etwa auch?“, neckte ich sie. „Klar. Nur habe ich meine schon längst gefunden!“, erwiderte sie. „Bösen Monstern in den Arsch zu treten!“ Daraufhin mussten wir lachen. Und es tat gut. Auch wenn es nur kurz war. Aber es tat gut mal wieder zu lachen. Ich lag noch lange wach im Bett, während Fay friedlich neben mir lag und im Traumland wanderte. Es war jedoch nicht die Angst vor einem neuen Alptraum, die mich wachhielt. Sondern etwas anderes. Immer wieder geisterte mir ein Wort durch den Kopf und machte mich nachdenklich. Bestimmung! Zuerst habe ich darüber nur gelächelt, weil ich nicht so richtig daran glaubte. Aber nun fing ich doch an, mir darüber Gedanken zu machen. Was war meine Bestimmung? Etwa auch gegen diese Monster zu kämpfen? Für den Rest meines Lebens? In meinem Inneren wurde alles zu Stein und ich musste schlucken, weil sich in meinem Hals ein fetter, schleimiger Kloß bildete und es mir schwer machte, zu atmen. Auch wenn ich es immer schrecklich gefunden hatte, dass ich nichts gegen die Geschehenisse unternehmen konnte, die ich vorher sah und die dann wahr wurden, so fürchtete ich mich jetzt davor, dass das mein Leben sein würde. Wie als wollte etwas diese Angst schüren, tauchten all jene auf, die ihr Leben verloren hatten, weil sie mich kannten. Marie…Lucy… Und auch Gewny wäre beinahe drauf gegangen, wenn wir sie nicht rechtzeitig gerettet hätten. Das aber konnte mich nicht wirklich trösten. Das war nur eine Ausnahme gewesen. Das fühlte ich und ich fragte mich dabei, wieviele noch sterben würden und ob ich das überhaupt verhindern konnte. Wir kämpften immerhin gegen Monster, nicht gegen Menschen, die verwundbar waren und vielleicht Fehler machten. Ich verlor mich derart in diesen Gedanken, dass ich es irgendwann nicht mehr aushielt und aus dem Bett kletterte. Ich wickelte mich dann in die Tagesdecke und ging hinaus in die Nacht, um ein wenig Luft zu schnappen. Setzte mich auf die Bank und lehnte mich zurück. Schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. „Kannst du nicht schlafen?“ Ich machte einen Satz zur Seite als ich Eriks Stimme hörte und wünschte ihm zugleich irgendwas Schlimmes an den Hals. Wieso musste er mich denn immer so erschrecken? Dementsprechend sah ich ihn an. Er hielt sich ein wenig abseits von mir. Genauer gesagt im Schatten, der am Rande der Beleuchtung der Veranda war und mich von diesem aus anschaute. Sofort musste ich an den Traum denken, in dem ich diesem Monsterwolf gegenüberstand und der mich verschlang. Ich zog die Decke fester an mich, als könnte ich mich so schützen und rutschte etwas von ihm weg. Erik sah natürlich, dass ich mich nicht geradfe wohl fühlte. „Hattest du wieder einen Alptraum?“ Meine Augen wurden groß und ich sog scharf die Luft ein. Mein Herz stockte, nur um dann schneller als gut war zu schlagen. Mir wurde heiß und kelt zugleich. Deutlich ein Zeichen von Panik. Woher wusste er das? Hatte er etwa meine Gedanken gelesen? Ich schütelte langsam den Kopf. War nicht in der Lage ein Pokerface auf zu setzen und so sah er deutlich, wie sehr seine Frage mich aus der Bahn geworfen hatte. „Was ist es dann?“ Ich konnte nicht sofort antworten. Nur langsam drang seine nächste Frage in meinen Verstand und ich brauchte noch weitere Minuten, ehe ich antworten konnte. „Ich…ich frage mich, ob das nun mein…Ob das von nun an immer so sein wird?“ Erik legte den Kopf schien. Das konnte ich trotz der Dunkelheit, die ihn umgab, erkennen. Und ich schauderte ein wenig. Er schien förmlich mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Als sei er ein Teil von ihr. Fast schon wollte ich ihn bitten, etwas näher ins Licht zu kommen. Erinnerte mich aber dann wieder daran, dass er sich womöglich auflösen würde, sobald er in den Schein der Lampe trat. Ich zwang mich dazu, ihn nicht mehr an zu sehen, sondern fixierte einen Punkt irgendwo vor mir. Wenn ich nicht weiterhin in diese Dunkelheit schaue, werde ich vielleicht etwas ruhiger. Aber das klappte nicht. Denn nun fühlte ich deutlich seine Blicke auf mir und ich fror. Da half nicht mal die Decke. Denn die Kälte kam aus meinem Inneren. „Dass ich immer wieder gegen diese…diese Monster kämpfen muss!“ Darauf sagte Erik erstmal nichts und sein Schweigen machte mich noch nervöser. Flüchtig schaute ich zu ihm, ohne den Kopf zu bewegen. Konnte seine Umrisse sehen. Es schien ewig zu dauern, ehe er etwas sagte. „Du musst nicht, wenn du nicht willst!“ Daraufhin drehte ich nun den Kopf und sah ihn wieder an. Diesesmal erstaunt. Ich muss nicht, wenn ich nicht will? Warum dann mache ich das alles? Wieso erlebe ich diesen Horror und muss mit ansehen, wie andere zu Schaden kamen? Diese Fragen jagten immer wieder durch meinen Kopf und machten mich wütend. Ich sprang auf und stapfte auf ihn zu. Herausfordernd und wütend funkelte ich ihn an. „Warum? Warum dann mache ich dass alles? Wenn ich nicht muss?“ Erik sah mich nur an. Und meine Wut wurde größer. Wo ich vorher noch nervös war und mich fürchtete, war ich nun so frustriert und sauer, dass ich ihn am liebsten am Kragen gepackt und ihn geschüttelte hätte. Stattdessen sah ich ihn nur an und wartete auf eine Antwort. Grrr…. Erik sah mich an und schien zu überlegen. Lange zu überlegen. Viel zu lange für meinen Geschmack und ich merkte nun wie ich wieder unruhig werde. „Sag doch endlich was!“, drängte ich ihn in Gedanken. Doch statt etwas zu sagen, lächelte er nur. Und es war ein trauriges Lächeln. Es kam einer Orgfeige gleich und ich wusste nicht wie ich darauf reagieren sollte. Meine Knie wurden weich und meine Wut, meine Frustration und sogar meine Unruhe lösten sich auf. Zurück blieb das hohle Gefühl von Verwirrung. Was zum Teufel sollte das? Wieso lächelte er? Wusste er etwas selbst nicht, was er darauf antworten sollte? Das machte mich nun noch mehr nervöser und ich wollte ihn schon wirklich packen und schütteln. Doch da beugte er sich vor, streckte die Hand nach mir aus und berührte meine Wange. Es war nur eine flüchtigte Berührung, aber sie reichte aus meine Knie weich werden zu lassen. „Niemand zwingt dich dazu. Es ist deine Entscheidung. Aber eins musst du dir klar sein: Du wirst immer im Visier der Schattenwelt sein. Es werden immer irgendwelche Monster hinter der her sein!“, sagte er und fast wollte ich aufschreien. Ihn anschreien. Niemand zwingt mich? Was habe ich dann für eine Wahl, wenn, wie er sagte, Monster hinter mehr her sein werden? Habe ich überhaupt eine Wahl? Wie sieht diese aus? Was für eine Alternative bleibt mir, wenn ich nicht weiterhin gegen Monster kämpfe? Soll ich mich in einem Loch verkrieschen? Ewig auf der Flucht sein? Was soll das für ein Leben sein? Und da wurde es mir klar. Erik hatte Recht. Ich hatte eine Wahl. Entweder ich lebe um zu sterben. Oder ich kämpfe um zu leben. Und früher oder später musste ich mich entscheiden. Ich stand am Thresen und wartete bis mein Chef die fünf Krüge mit Bier gefüllt hatte. Lud sie dann auf mein Tablett und balancierte sie durch den Schankraum. Dabei versuchte ich die bohrenden und forschen Blicke zu ignorieren, die mir die Gäste zu warfen. Dabei meinte ich sogar sie hinter meinem Rücken tuscheln zu hören. „Was für eine Verschwendung!“ „Eine Lesbe! Wieso muss sie eine Lesbe sein?“ „Bin sicher, dass man sie umpolen kann!“ Mir wurde schlecht und ich schaltete sofort auf Durchzug. Jackie sah mich ebenso befremdet an, als ich zusammen mit ihr in die Küche ging um die leeren Teller zurück zu bringen. Ich versuchte mich dumm zu stellen und mir nichts anmerken zu lassen. Was natürlich alles andere als einfach war. „Hab ich was im Gesicht, oder schaust du mich so an?“, fragte ich sie irgendwann und klang dabei ziemlich ruppig. Da es mir auch irgendwie auf den Geist ging. „Nein!“, sagte Jackie bloß und machte, dass sie aus der Küche kam. Weg von mir als ob ich eine Krankheit hätte. Wut stieg sogleich in mir hoch und ich musste mich beruhigen. „Es ist nur ein Job…Nur eine Tarnung!“, ermahnte ich mich. Dennoch kratzte es ehrheblich an meinem Ego, dass ich nun behandelt wurde, wie eine Geistesgestörte. Blöde, verbohrte Spießer. Wer uns die Eier an die Tür geworfen hatte, haben wir natürlich nicht raus bekommen. Da schwiegen sich alle aus. Was mich noch frustrierter machte. Umso froher war ich als meine Schicht endlich vorbei war. Wie immer wartete Fay auf mich. Und sie wollte mich mit einem Lächeln grüßen. Doch das verging ihr schnell, als sie meine finstere Miene sah. „Ohje…du hattest keinen angenehmen Tag oder?“ „Schlecht wäre noch untertrieben!“, murrte ich und erzählte ihr was ich so alles erlebt hatte. Fay sagte nichts dazu. Dazu gab es auch nichts zu sagen. Denn wir beide wussten, was hier los war. Allmählich wurde das zu einer wahren Hexenjagd. „Hat sich eigentlich Lex nochmal gemeldet? Hat er was rausgefunden?“, fragte ich weil ich das Schweigen, welches zwischen uns lag. Fay schüttelte den Kopf. Und meine Laune sank tiefer in den Keller. Auf einmal hatte ich den Wunsch, mich in die Wanne zu legen und ein langes ausgibiges Bad zu nehmen. Kaum dass ich in der Wanne lag, schloss ich die Augen und versuchte das Gefühlschaos, welches in mir tobte zu ordnen. Aber immer wieder sah ich wie die Gäste mich anstarrten und hinter meinem Rücken tuschelten. Eigentlich sollte mich das nicht sonderlich kümmern. Das war nur ein Job. Wie jeder andere auch. Also warum machte mich das so fertig? Lag es vielmehr daran, dass ich mich die Leute nun meiden würden. Mich behandelten wie eine Aussetzige. Wie ein Freak? Dunkle Erinnerungen aus meiner Kindheit kamen in mir hoch und ließen mich frieren. Trotz des warmen Wassers. Ich sank tiefer in das Wasser und wollte nicht weiter daran denken. Irgendwann hielt ich es aber dann nicht mehr aus und stieg aus der Wanne. Fay wartete unten im Wohnzimmer auf mich. Sie saß auf der Couch, vor ihr auf dem kleinen Tisch eine Schüssel mit PopCorn. Als sie mich sah, grinste sie. Ich hob die Brauen. „Was ist? Hab ich was verpasst?“ Ich fühlte mich müde und wollte nur noch ins Bett. „Nö, aber ich dachte ein netter Filmabend schadet nicht!“, sagte sie und wedelte mit einer DVD durch die Luft. Ich hob nur die Brauen. Wie kam sie denn daran auf? Ich trat zu ihr und schaute mir die DVD genauer an. Als ich jedoch den Titel las, dachte ich, sie verarscht mich. „Das Bikini Bitch Battle Massaker?“ Fay grinste nur breit. Ich hingegen war nicht gerade begeistert. Schon der Titel des Films verriet mir, dass es sich hierbei um einen Trashfilm handelte, wenig Wert auf Qualität legte. Geschweige denn auf eine gute Story. Darauf hatte ich defintiv keine Lust. Ohne auf irgendwelche Einwände zu warten, las Fay die Inhaltsangabe durch. „Es sollte ein Sommer voller Spass (und vorallem wildem Dauerrammeln werden). Aber es kommt anders. Candy und Sandy, zwei heiße Blondinnen und beste Freundinnen, wollen den Titel der Beauty Bikini Queen einheimsen und dabei ist Ihnen jedes Mittel Recht. Als am Ende keine der beiden diesen erhellt, sondern ihre ergste Konkurrentin Clarissa, schwören sie blutige Rache und begehen einen großen Fehler. Ohne zu ahnen, was sie da anrichten, beschwören sie einen alten Dämon herauf, der jeden abschlachtet, der schuld an ihrem Scheitern ist!“ Ich verzog das Gesicht. „Ach komm schon! Das wird sicher lustig!“, ermutigte mich Fay und legte die DVD ein. Ich zögerte und wollte mich schon umdrehen und die Treppe hochgehen. Hielt aber dann inne. Vielleicht ist es genau das, was ich brauchte um mich ab zu lenken. Warum nicht. Besser als im Bett zu liegen und sich den Kopf darüber zu zerbrechen. So setzte mich mit zu ihr auf die Couch und schnappte mir eine handvoll Pop Corn. Der Film war genauso wie ich gedacht hatte. Einfach nur billig und hirnrissig. Die beiden Hauptdarstellerinnen hätten genauso gut in einem Porno spielen können. Da hätten sie sicher mehr Chancen auf eine Karriere gehabt. Der Film hob zwar meine Laune nicht sonderlich, aber es lenkte mich zumindest ein wenig ab. Naja wenn man sich über die billige Produktion wundern und den Kopf schütteln, ablenken nennen kann. Als es endlich zuende war, streckte ich mich. „Was für ein Schund!“, bemerkte ich. Fay hob die Schultern. „Aber immerhin besser als hier rum zu sitzen und sich über diese Trottel da zu ärgern!“ Da hatte sie Recht. Aber jetzt wo der Film zuende war, kamen diese Gedanken wieder. „Meinst du, du kannst heute Nacht schlafen?“, fragte mich Fay dann und sah mich besorgt an. Ich war mir da selbst nicht so sicher. Zwar hatte ich die letzten paar Nächte eingiermassen gut geschlafen, ohne irgendwelche Altpräume, aber dennoch hatte ich Angst. Fay las wohl meine Gedanken. Denn sie ging in die Küche und kochte mir einen Tee. „Hier, das wird helfen!“ Sie reichte ihn mir und ich nippte vorsichtig daran. Ich schmeckte Kamille und Lavandel. Eine komische Mischung, aber wenn es half, dass ich ruhig schlief, warum nicht. So leerte ich nach und nach die Tasse und merkte nach wenigen Minuten auch schon, wie ich ruhiger, schläfriger wurde. Es war jedoch nicht die Art von schläfrigkeit, die ich zuvor verspürt hatte. Nicht diese Art, in der Mann einfach nur die Decke über den Kopf ziehen und nichts hören und nichts sehen will. Sondern eine angenehme Variante, in der man sich wohlfühlt und am liebsten an Ort und Stelle schlafen möchte. Ich schaffte es gerade noch mich hoch ins gemeinsame Schlafzimmer zu schleppen und mich umständlich aus meinen Klamotten zu schälen. Dann lag ich auch schon in den Federn. Und mir fielen sogleich die Augen zu. Als ich sie wieder aufmachte, fand ich mich in einem nächtlichen Wald wieder. Ich fror entsetzlich, da ich nur in meinem Nachthemd da stand. Zumal fragte ich mich auch, wie ich hierher gekommen war. Bin ich schlafgewandelt? Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich das jemals gemacht hatte. Wie, also war ich hieher gekommen? Ich sah mich um. Doch außer Bäumen und Büschen sah ich nichts. Nebelschwaden waberten um mich herum und unter meinen Füßen fühlte ich kalte Erde und Moos. Sofort fing meine Nase an zu jucken und musste ein Niesen unterdrücken. Mist, wenn ich hier noch länger bleibe, hole ich mir noch ne dicke Erkältung. Doch diese Befürchtung wurde schnell von einer anderen abgelöst. Nein. Nicht schon wieder. Ich war wieder in einer Vision. Ich fragte mich sofort, was mich hier erwarten würde. Wieder der Wolf? Wieder dieses Ungeheuer, dass mich in Stücke reißen wollte? Der Gedanke einer weiteren Begegnung mit ihm machte mich starr vor Angst. Lähmte mich. Machte es mir unmöglich mich zu rühren oder gar einen klaren Gedanken zu fassen. Wieso nur? Wieso passierte das? Ein Rascheln ließ mich hochschrecken und trieb meinen Puls bis zum äußersten. In meinen Ohren hörte ich deutlich das Wummern meines Herzens und glaubte keine Luft zu bekommen. Ich schaute in die Richtung, aus der das Rascheln kam und zwang meine Augen dazu, die Dunkelheit, die da vor mir herrschte zu durchdringen. Mit dem Ergebnis, dass es vor meinen Augen zu flimmern begann. Ich presste sie zusammen und rieb sie um das Brennen dahinter los zu werden. Als ich sie wieder öffnete, stand er mir. Groß und bedrohlich. Ein Berg aus Muskeln und Fell. Glühende Augen starrten zu mir herüber. Und ich meinte ein tiefes kehliges Knurren zu hören. Obwohl alles in mir danach schrie, mich um zu drehen und das weite zu suchen, blieb ich wo ich war. Auf keinen Fall dieses Ungetüm aus den Augen lassen. Langsam setzte ich einen Fuss nach dem anderen nach hinten, sodass ich genug Abstand zwischen mir und diesem Ungeheuer brachte. Doch dieses schien genau zu wissen, was ich vorhatte. So senkte es den Kopf und ließ ein deutliches drohendes Knurren hören. Ich blieb stehen. Und musste wieder dagegen ankämpfen los zu rennen. „Was willst du von mir?“, brüllte ich erstickt und war erschrocken und auch wütend über mich selbst, dass ich dabei so erbärmlich klang. In den Augen des Monsters blitzte es kurz und ich meinte ein Lachen zu hören. Es zog alles in mir zusammen und ich schlang die Arme um mich. Langsam setzte sich der Wolf in Bewegung und kam auf mich zu. Schlich um mich herum als würde er nur den passenden Moment abwarten, um mich an zu fallen. Soleicht wollte ich es ihm nicht machen und folgte seinen Bewegungen. Wir umkreisten uns wie Gegner. Wobei ich mir keine allzu großen Chancen ausrechnete. Da dieses Vieh mich locker überragte und Zähne und Klauen hatte. Das einzige, was ich hatte war mein Nachthemd. Als mein Blick allerdings mein Handgelenk streifte, stockte mir der Atem. Der Armreif! Er erschien mir in diesem Moment wie die Rettung. Ich konzentierte mich sogleich darauf eine Waffe aus diesem herbei zu rufen. Das musste dieses Monster gemerkt haben, denn sofort bleckte es die Zähne und knurrte nun so laut, dass ich es hören konnte und dass ich glaubte, dass die Erde erzitterte. Ich erstarrte und blickte zu dem Tier, das die Muskeln anspannte und sich auf mich werfen wollte. Doch ehe es noch einen weiteren Schritt auf mich zu machen konnte, stellte sich ein zweiter Wolf vor mich. Ebenso pechschwarz und nicht minder groß. Dem ersten schien es offentsichtlich nicht zu gefallen, dass sich ein zweiter einmischte, denn er senkte den Kopf und fixierte den anderen über den Nasenrücken. Der anderer schien sich nicht davon einschüchtern zu lassen. Dennoch spürte ich deutlich, dass er auch sich anspannte. „Lass sie zu frieden!“, hörte ich es in meinem Kopf. Und mein Herz setzte einen Schlag aus. Erik! Das war Eriks Stimme. Aber wie… Der feindliche Wolf knurrte und in seinen Augen blitzte es. Erik baute sich umso mehr vor mir auf. „Geh ganz langsam zurück!“ Das war das einzige, was er sagte. Den Blick starr auf den anderen Wolf gerichtet. Ich wolle schon einen Schritt nach hinten machen. Hielt aber inne. Was wenn Erik dieses Ungeheuer nicht in Schach halten konnte? Wenn esihm irgendwie entwischte und mich dann… Erik schien mein Zögern bemerkt zu haben. Ohne auch nur einmal seinen Gegner aus den Augen zu lassen, sagte er dann: „Vertrau mir!“ Und dieses Mal tat ich es. Fragte nicht warum, oder hatte irgendwelche Gegenworte. Sondern machte nun doch einen Schritt nach hinten. Entfernte mich immer mehr und mehr von den beiden schwarzen Wölfen, die bloß mit ihren Blicken Gefechte austrugen und ich wollte nicht wissen, was passieren würde, wenn sie ganz aus meinem Sichtfeld verschwanden. Mit jedem Schritt den ich machte zog nun Nebel auf und ich wollte mich schon umdrehen. Weil ich fürchtete, dass aus eben diesem ein weiteres Untier auftauchen würde. Vielleicht das gleiche, welches Erik eben noch aufhalten konnte und es hatte sich doch an ihm vorbeigeschlichen. Sofort spannte sich jeder Muskel in mir zusammen. Aber nicht passierte und ich ging weiter. Weiter und weiter. Bis der Nebel mich umschloss und sich alles um mich herum auflöste. Als Erik sich sicher war, dass Allison sicher war, atmete er innerlich auf. Und fragte sich, wie sie hierhergekommen war. Hier, in einer Welt, die zwischen dem Dies-und Jenseits lag. Zu der nur er Zutritt hatte. Das dachte er zumindest. Als er dann Allisons Presänz bemerkte, bevor er sie überhaupt sah, und dann noch ihm gegenüber stehend, schrillten sämtliche Alarmglocken. Schnell war er zu ihr gerannt und hatte sich schützend vor sie gestellt. Ihr waren das Erstaunen und der Schrecken deutlich ins Gesicht geschrieben. Er konnte sich sehr gut vorstellen, dass sie nicht recht verstand und hätte ihr gerne alles erklärt. Doch dafür war keine Zeit. Zuerst musste sie von hier weg. „Denkst du wirklich, dass du sie noch länger anlügen kannst?“, hörte er den anderen Wolf hähmisch und wandte sich ihm zu. Ohne auf seine Frage ein zu gehen, wurden seine Augen schmal und er stiess ein Knurren aus. „Du hast sie hier her gebracht, oder?“ Der andere Wolf sagte nichts, sondern fing an, um her zu schleichen und Erik dabei verschlagen und lauernd an zu schauen. „Das sollte deine geringste Sorge sein!“, sagte er dann. „Was meinst du, wie lange es dauern wird, bis sie erfährt, wer du wirklich bist? Wer wir wirklich sind?“ Erik versteifte sich sofort. Gerne hätte ihn ausgelacht. Ihm gesagt, dass es niemals passieren wird und das Allison, selbst wenn es irgendwann zu treffen würde, ihm deswegen nicht den Rücken zu kehren würde. Aber er musste nur tief in sich hinein horchen um zu wissen, dass sein Gegenüber Recht hatte. Das Misstrauen ihm gegenüber war immer noch präsent. Auch der andere schien es gemerkt zu haben und bleckte die Zähne. Dann veränderte er sich seine Gestalt, schrumpfte in sich zusammen und erhob sich dann. Nahm die Form eines Menschen an. Erik veränderte nun auch seine Gestalt und beide standen sich jetzt als Menschen gegenüber. Ein lebender grinsender Totenschädel blickte ihn an und aus seinen Augen sprühte es kalt vor Hähme. Erik presste die Lippen hart aufeinander. Wie sehr hatte er dieses Gesicht gehasst. Sein Gesicht! „Früher oder später wird sie es erfahren. Und dann wird sie wirklich einen Grund haben, dir zu misstrauen!“, sagte der andere und löste sich dann in dunklen Rauch auf. Ich erwachte in unserem Bett. Blinzelte ein paar Mal. Schaute an die Zimmerdecke. Zuerst fühlte sich das alles so unwirklich an. Selbst Körper fühlte sich an als würde er nicht mir gehören. Ich brauchte eine Weile ehe ich mich wieder im Hier und Jetzt fand. Ich warf die Decke zurück und schaute mir meine Fußsohlen an, aber weder Moos noch Dreck hingen da dran. Hatte ich das alles wirklich geträumt? Anders konnte es ja nicht gewesen sein. Aber es fühlte sich echt an. Oder habe ich mich irgendwie an einen anderen Ort teleportiert ohne dabei richtig, körperlich da zu sein? War sowas denn möglich? Nach all dem Scheiss, würde mich das nicht wundern. Dennoch blieb eine Frage offen. Wieso habe ich zwei Wölfe gesehen, wenn der eine Erik war? Wer war der zweite Wolf? Etwa ein neuer Gegner? War dieser Serienkiller nicht die einzige Bedrohung? Wobei, wenn ich so genauer darüber nachdachte, verblaste neben den zweiten Wolf allerdings die Gefahr, die vom Killer ausging. Irgendwie machte mir dieser Wolf mehr Angst. „Alles in Ordnung?“, fragte Fay mich. Sie schien mir an zu sehen, was mir gerade im Kopf durchging. Wie so oft. „Ich bin mir nicht sicher!“, murmelte ich, während ich auf meinem Brötchen herumkaute. „Hast du schlecht geschlafen?“ Eine Frage, die schon fast zum Alttag gehörte. Wie die, ob man noch einen Kaffee will. Das ich weder was sagte noch nickte, schien ihr schon als Antwort zu genügen. „Magst du darüber reden?“ Und ob ich das wollte. Ich wollte mir alles von der Seele reden, denn sonst würde ich noch verrückt werden. Nur wie sollte ich anfangen? „Woher kennt Ihr eigentlich Erik?“ Die Frage war mir einfach so über die Lippen gekommen und ich war erstmal selbst erstaunt, warum ich gerade diese Frage stellte. Aber dann gab ich zu, dass diese berechtigt war. Erik schien sie zu kennen und sie kannten ihn auch. Woher auch immer. Wobei Brian und er sich anscheinend nicht so grün sind. Dennoch aber zusammen arbeiteten. Mit einem Mal schien es sich Fay anders überlegt zu haben. Denn kaum hatte ich die Frage ausgesprochen hatte, nahm ihr Gesicht einen ziemlich unsicheren Ausdruck an. So, als müsse sie genau überlegen, was sie als nächstes sagte. Und das machte mich wiederum äußerst nervös. „Nun!“, begann sie nach einigen schweigsamen Minuten. „Wir…er…wir hatten mal zusammen gegen einen fiesen Dämon gekämpft. Zusammen mit deiner Mutter!“, gestand sie und es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Meine Mutter? Dass sie auch gegen Monster gekämpft hatte, hatte ich ja bereits erfahren. Wobei es mir immer noch schwer fiel, das zu glauben. Aber irgendeine Verbindung muss es ja gegeben haben, wenn sie sich alle kannten. Dennoch fühlte sich das alles an, wie ein schlechter Scherz. Ich verstand nun nichts mehr. Das alles wurde mir zuviel und ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte. Fay biss sich auf die Unterlippe. „Vielleicht sollten wir das auf ein andernal verschieben!“, schlug sie mir vor. Auch sie schien sich nicht gerade wohl dabei zu fühlen. Da sie zumal über meine Schulter schaute und etwas zu sehen schien, was mir wiederum unsichtbar blieb. Ich drehte mich dennoch um und kaum dass ich das tat, streifte mich ein eiskalter Lufthauch und ich wusste, dass das Erik war. Doch lange Zeit darüber nach zu denken blieb mir nicht, da aufeinmal etwas durch das Küchenfenster krachte und polternd zu Boden fiel. Wir machten einen Satz nachhinten und wusste erstmal nicht, was abging, dann aber sahen wir, was da durch das Fenster geflogen kam und wir seufzten frustriert. Es war ein Stein, umwickelt mit einer Schnurr, an der ein Zettel befetigt war. Nicht schon wieder. Ich schnappte mir sogleich den Stein, zog den Zettel unter der Schnur raus und entfaltete ihn. „Raus aus unserem Dorf, Ihr elenden Huren!“ Schlagartig war meine Unsicherheit verflogen und rasende Wut packte mich. Ich musste nicht lange überlegen, um zu wissen wer uns diesen netten Brief geschickt hatte. Wie von der Tarantel gestochen, stürmte ich aus dem Haus. Zuvor hatte ich mir aber geistesabwesend den Zettel geschnappt. Ich wollte nicht ohne Beweise vor diese Hexe treten. Fay versuchte noch mich zurück zu halten, aber ich hörte nicht auf sie. Zuwütend war ich, als das ich noch die Füße still halten könnte. Schnell war ich draußen und lief los. Ich wusste zwar noch nicht, wo ich hingehen musste, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich einfach nur meiner Wut folgen musste. Irgendwie würde ich schon das Haus dieser alten Hexe finden. Und ich fand es. Zumindest fand ich sie. Mrs. Jenkins kam gerade aus der Haustür. „Mrs. Jenkins!“, schrie ich schrill. Diese blieb wie angewurzelt stehen. Kaum dass sie mich aber sah, machte sie auf dem Absatz kehrt und eilte wieder ins Haus. Laut knallte sie die Tür hinter sich zu. Doch davon ließ ich mich nicht abbringen. Ich stürmte auf die Tür zu und hämmerte wie wild gegen das Holz. „Mrs. Jenkins. Machen Sie die verdammte Tür auf!“, schrie ich wütend. Diese feige Schlange. Erst schmeisst sie uns einen verdammten Stein durch das Fenster, wohl wissend dass sie uns damit hätte verletzen können und nun schliesst sie sich in ihr Haus ein. Glaubt sie wirklich, dass die mir so entwischen konnte? Ich schlug und trat gegen die Tür. Wollte wenn es nötig war, mir mit Gewalt Zutritt ins Haus verschaffen. „Jetzt mach endlich auf, du alte Schachtel!“, keifte ich. „Annabelle!“, hörte ich Fay hinter mir rufen. Ich achtete nicht auf sie, sondern ließ meine Wut weiterhin an der Tür aus. Auch wenn ich wusste, dass diese Frau nicht aufmachen würde. „Annabelle, jetzt beruhig dich doch!“ Fay packte mich an den Schultern und wollte mich zurückziehen. Ich wehrte mich wie eine wilde Katze. Keifte, fauchte und wollte sogar auf sie losgehen. Ich war nicht mehr ich selbst. „Annebelle!“, bat mich Fay nun eindringlicher, riss mich herum, sodass ich sie ansah, und ich hielt inne. „Alli! Komm wieder zu dir!“ Ich begann am ganzen Körper zu zittern und ich glaubte, meine Knie würden mich nicht aufrecht halten können. Was war nur los mit mir? Wieso war ich von null auf hundert so voller Hass und Wut? Vielleicht war das alles zuviel für mich. „Was ist denn hier los?“, rief plötzlich Pfarrer Remington. „Wir…ähm…wir haben nur einen kleinen Streit mit Mrs. Jenkins!“, versuchte Fay das ganze runter zu spielen. Ich musste fast bitter lachen. Kleinen Streit! Das war wirklich untertrieben. Die Alte hat uns einen Stein durch das Fenster geworfen. Zusammen mit dieser netten Botschaft. Pfarrer Remington sah uns mit gehobenen Brauen an. Er schien Fays Worte nicht richtig glauben zu können. Klar. Er hatte ja gesehen, wie ich ausgerastet bin. Denn sonst wäre er nicht hier. Und das er nun wissen wollte, was hier vor sich ging, war ja verständlich. „So wie Sie an die Tür gehämmert haben, könnte an meinen, dass es sich hierbei mehr als nur einen Streit handelt!“, sagte Remington und schaute dabei mich an. Ich schaute beschämt zu Boden. „Was hat denn diesen Streit ausgelöst?“, fragte er dann. Fay sah ich an. Das sah ich aus dem Augenwinkel und mein Blick fiel auf den Zettel, den ich noch immer in der Hand hatte. Zuerst zögerte ich. Dann aber hielt ich ihm hin. Pfarrer Remington nahm ihn und las. Sein Gesicht nahm einen enttäuschten Ausdruck an. Wandte sich dann der Haustür von Mrs. Jenkins und rief nach ihr. „Mrs. Jenkins. Würden Sie bitte die Tür öffnen. Ich möchte mit Ihnen sprechen!“ Es dauerte eine Weile, ehe sich die Tür öffnete und eine vollkommen verschreckte Mrs. Jenkins raustrtat. Kaum dass ich sie sah, wollte ich mich auch schon wieder auf sie stürzen. Doch Fay packte mich am Arm und hielt mich eisern fest. Eingeschüchtert trat Mrs. Jenkins auf die Schwelle und sah nervös zu uns herüber. Besonders mich sah sie an als sei ich der Leibhaftige. Und das freute mich irgendwie. „Haben Sie das geschrieben?“, fragte Pfarrer Remington und hielt ihr den Zettel hin. Mrs. Jenkins Augen wanderten über die Zeilen und sie schüttelte sofort den Kopf. „Lügnerin!“, wollte ich schon schreien, hielt mich aber zurück. Darauf hin sah Remington uns an. Eine peinliche Stille entstand. „Dann war es jemand anderes!“, sagte Fay zu ihm. Sah dann zu Mrs. Jenkins. „Tut mir leid, dass wir Sie erschreckt haben!“ Dann schleifte sie mich mit sich. Als wir dann Zuhause waren, stellte sie mich zur Rede. „Was ist nur in dich gefahren?“ Ich ließ mich entkräftet auf die Couch fallen. Wusste selber nicht, was ich darauf antworten sollte. So zuckte ich einfach nur die Schultern. Fay sah mich an, dann seufzte sie. Setzte sich neben mich. „Auch wenn sie es war, kannst du nicht einfach so losstürmen und gegen Türen treten. Was werden die anderen denken?“ Das war mir eigentlich so ziemlich egal. Ich war einfach nur wütend. Und frustriert. In diesem Moment kam ich mir von Fay verraten vor. Wieso hatte sie nicht eingehender darauf behart, dass es sich herbei nur um Mrs. Jenkins als Täterin handeln konnte? Selbst sie musste es doch einsehen. Wieso also? „Wir dürfen nicht auffallen!“, rief sie mir eindringlich ins Gewissen. „Nicht auffallen? Wir spielen ein lesbisches Liebespaar!“, platzte es aus mir heraus. „Wobei du den Part hast, der eine Ehe beendet hatte. Nur um mit jemand anderen zusammen zu sein!“ Meine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht, den Fay sah auch ein, dass ihr Vorsatz nicht gerade einfach zu erfüllen war. „Okay, dann nicht so weit auffallen als es nötig ist!“ Mein kleiner Ausraster am Morgen war natürlich das Gesprächsthema als ich auf Arbeit ging. Wann immer ich den Gästen den Rücken zudrehte, begannen sie schon hinter mir zu tuscheln und ich musste mich echt zusammenreißen, ihnen nicht auch gleich an die Gurgel zu gehen. Sicher hatte die gute Mrs. Jenkins rumerzählt, dass ich wie eine Furie auf sie losgehen wollte. Vermutlich dass sogar der Teufel dabei in mir gesteckt hatte. Ich hatte keine Ahnung, wie ich ausgesehen haben musste, aber nach ihrem Gesichtsausdruck und wie schnell sie im Haus war, musste ich wirklich wie ein rasender Dämon ausgesehen haben. Fast schon musste ich darüber grinsen. Aber dann fragte ich mich wieso ich so aggro gewesen war. Das konnte doch nicht allein daran liegen, dass meine sexuelle Verirrung einigen gegen den Strich ging? Vielleicht lag es auch daran, dass mich diese Träume einfach nur verunsicherten und fertig machten. Ich musste daran denken, was Fay gesagt hatte und wie sie dabei gewirkt hatte. So als würde sie zögern, mir alles zu erzählen. Was war da damals passiert? Wusste sie etwas, was sie mir nicht erzählen wollte? Was vielleicht meine Zweifel Erik gegenüber noch verstärken konnte? Ich musste sie nochmal darauf ansprechen. Aber erstmal musste ich diesen Tag hinter mich bringen. Jackie sah mich auch hin und wieder an als würde ich gleich jemanden ein Tablett um die Ohren hauen. Vermutlich ihr. Ich seufzte innerlich. Ich kam mir allmählich wie in einer Schlangengrube vor. Und die größte Schlange war Mrs. Jenkins. Auch wenn es mich so sehr danach verlangt, dieser Schnepfe einen zweiten unliebsamen Besuch ab zu statten, so musste ich mich dennoch zusammenreissen. Wer weiß, was ich damit noch alles los trete. Sicher würden sie mich irgendwann aus dem Dorf jagen. Irgendwann war die Arbeit fertig und ich konnte Nachhause gehen. Ich verzischtete aber darauf Fay bescheid zu sagen. Ich wollte nicht, dass sie für mich den Babysitter spielte. Wenn ich wirklich angegriffen werde, dann würde ich mich zu wehren wissen. Mein Blick fiel auf das Armband. Wie so oft. Aber konnte ich denn mit dieser Waffe einen Menschen verletzen? Bis jetzt habe ich nur Monster damit angegriffen. Würde sie gegen einen Menschen ebenso Wirkung zeigen? Darüber wollte ich mir eigentlich keine Gedanken machen. Ich tastete nach dem Pfefferspray in meiner Jackentasche. Als ich es unter meinen Finger spürte, atmete ich etwas erleichert auf. Auch wenn ich nicht wirklich daran glaubte, dass ein einfaches Pfefferspray gegen einen Irren helfen würde, hatte es dennoch etwas Beruhigendes. Ich lief die Strasse weiter. Dabei schaute ich mich hin unter wieder um. Zwar war ich allein auf der Gasse, aber das hiess nicht, dass ich aus einem Versteck oder mehreen heraus beobachtet wurde. Und nach meinem kleinen Ausraster bin ich ganz sicher auffällig geworden. In diesem Punkt konnte ich Fay verstehen. Aber was soll’s. Passiert ist eben passiert. Und so lief ich die Strasse weiter. Habe die Hände tief in den Taschen gegraben und die Schultern hoch gezogen. Auch wenn ich mir immer wieder sagte, dass ich mich einfach nur beeilen und die Augen offen halten musste, hatte ich dennoch ein mieses Gefühl. In meinem Nacken begann es zu kribbeln und ich schüttelte mich. Schon konnte ich unser kleines Haus sehen und beschleunigte meine Schritte. Als ich plötzlich ein Licht in einem der Häuser sah und stehen blieb. Das Haus kannte ich doch. Es gehörte dieser alten Gewitterziege. Eigentlich sollte mich das nicht kümmern. Was interessierte es mich, was diese Schrulle macht. Ich wollte schon weitergehen, als ich sah, dass sich der Vorhang etwas teilte und ein Gesicht dahinter auftauchte, welches nicht Mrs. Jenkins gehörte. Es war das eines Mannes. Ungefähr in dem Alter von Mrs. Jenkins. Hatte eine Halbglatze und trug eine dicke Brille. Sein Gesicht machte einen etwas verlegenen, ja fast schon verschreckten Eindruck. Das konnte ich selbst in dieser Entfernung erkennen. Einige Minuten sahen wir uns an. Dann schien man ihn erwischt zu haben, denn er drehte sich erschrocken herum und zog den Vorhang wieder zu. Fast wollte ich schon darüber den Kopf schütteln. Wenn dieser Mann wirklich irgendwie was mit Mrs. Jenkins zu zun hat, dann konnte der arme Kerl wirklich einem leidtun. „Ein Mann? In Mrs. Jenkins Haus?“, staunte Fay, die auf ihrem Brot herumkaute. Ich nickte. „Ja, ich dachte auch, dass ich einen Knick in der Optik habe!“ Fay musste ein wenig grinsen. „Hätte nich gedacht, dass sich ein männliches Wesen in ihre Nähe wagt!“ „Für jeden Topf gibt es einen Deckel!“, murmelte ich. Ich war mir inzwischen sicher, dass es sich hierbei entweder um den Ehemann oder Lebensgefährten von Mrs. Jenkins handeln musste. Dabei fragte ich mich immer mehr wie es eine Frau wie sie geschafft hatte, sich einen Mann zu angeln. Hatte sie ihn unter Drogen gesetzt? Ich weiß, ich klang in diesem Moment ziemlich gehässig, aber ich konnte nicht anders. „Hat sich Lex mal gemeldet?“ Fay schüttelte den Kopf. „Nein. Offensichtlich schient er sich genauso im Kreis zu drehen wie wir!“ Mit einem frustrierten Seufzen warf sie die Brotrinde auf den Teller. „Wir wissen, nach welchen Muster der Killer seine Opfer aussucht. Aber wir wissen nicht, wer dafür in Frage kommen würde. Es könnte eigentlich jeder sein!“ „Ich wüsste schon wen!“, kam es prompt von mir. Fay lächelte etwas. „Daran habe ich auch schon gedacht. Aber ohne einen Beweis, können wir nichts tun!“ „Außerdem!“, begann sie dann nach einer weile und klang dabei ziemlich skeptisch. „Scheint Sie nicht der Mensch dafür zu sein. Sie keift und zettert zwar…aber Mord…!“ „Was macht dich da so sicher?“ Sie hob die Schultern. „Ist so ein Gefühl!“ „Wir sollten uns nicht nur auf eine Person beschränken. Es kommen viele in Frage. Auch wenn das hier ein Dorf ist!“ Da war was Wahres dran. Aber für mich war Mrs. Jenkins die Verdächtige Nummer eins. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen wie sie jemanden niederschlug und abstach. Dazu braucht man schon ein gewisses Maß an Entschlossenheit. Im negativen Sinne natürlich. Fay hatte Recht. Wer immer das auch war, musste sich förmlich in seinem Wahn verbissen haben. Es lief mir kalt den Rücken hinunter. Es stimmte, was Esmeralda sagte. Nicht immer waren Dämomen das Übel. Und sofort war ich mit meinen Gedanken wieder bei Erik. Bravo. Wieso ließ mich das einfach nicht los? Wieder stand ich in diesem Wald. Auf dieser Lichtung. Und wieder diesem Wolf gegenüber. Erik! Doch dieses Mal war es anders. Er saß einfach da und schaute mich an. Keine Agression, keine Anzeichen dafür, dass er mich bedroht. Es war als wäre er wieder ganz der alte. Ruhig und beherrscht. Und dennoch spürte ich, dass es etwas in der Luft lag. Ich konnte es mir nicht richtig erklären, aber etwas schien sich zwischen uns zu befinden, was wie eine Mauer war. Lange Zeit schauten wir uns nur an. Dabei sah ich, wie sich seine Umrisse veränderten. Sie schienen für einen kurzen Moment zu verschwimmen. Wie Nebelschwaden zu zerfasern und sich dann wieder zu verfestigen. Irgendwann aber konnte ich es nicht mehr aushalten. Diese Stille machte mich noch wahnsinnig. „Was soll das?“, fragte ich aufgebracht. Meine Stimme zitterte dabei. Ich musste mich zusammen reissen, um nicht hysterisch zu klingen. „Was ist das für ein krankes Spiel? Wieso sehe ich dich doppelt? Und in dieser Gestalt?“ Erik sagte nichts. Sondern sah mich nur an. Das und dass er meine Frage wohl überhört zu haben schien, machte mich wütend. Unfähig aber irgendwas zu tun konnte ich ihn nur weiterhin ansehen. Es war reine Verschwendung ihn an zu brüllen, ihm zu drohen oder vor Wut zu schreien. Dennoch tobte in mir etwas, was nur schwer zu kontrollieren war. „Warum sagst du nichts, verdammt nochmal!“, presste ich hervor. Ich begann am ganzen Körper zu zittern. Eriks Augen schimmerten für einen flüchtigen Augenblick. Dann erhob er sich und kam langsam auf mich zu. Ich machte sofort einen Schritt zurück. Trotz meinem Ärger auf ihn, wollte ich dennoch vorsichtig sein. Nicht dass es sich hier bei um Eriks Zwilling handelte, und mich doch noch angriff. Erik schien meine Gedanken gehört zu haben, denn er blieb stehen und senkte den Kopf. Etwas in seiner Haltung veränderte er sich. Er schrumpfte in sich zusammen. Wurde kleiner. Wirkte nun nicht mehr so bedrohlich. Dennoch blieb ich vorsichtig. Immerhin wusste ich nicht, welchen Erik ich vor mir hatte. Eine lange Zeit standen wir da und schauten uns nur an. Und während wir uns nichts sagten, merkte ich deutlich, wie sich alles um uns herum veränderte. Es wurde dunkler und kälter. Nebelschaden stiegen nun auf und schienen uns ein zu hüllen. Erik wurde nach und nach vom Dunst verschluckt, sodass ich nur noch schwach seine Umrisse sehen konnte. Dann waren auch diese verblasst und ich war allein in diesem Nebel, der nun so dick wie sonst was war. Ich rief nach Erik, weil ich mich auf einmal ziemlich verlassen und verloren vorkam. Wo ich vorher noch voller Misstrauen war, wollte ich nun, dass er wieder kam und bei mir war. Dann fing alles um mich herum an, sich auf zu lösen. Der Nebel leuchtete von innen heraus auf. Wie als wenn ein Scheinwerfer durch die Suppe dringen wollte. Nach und nach wurde das Leuchten immer stärker, bis der Nebel gänzlich um mich herum erstrahlte und ich die Augen zukneifen musste, da das Leuchten mich blendete. Als ich sie wieder öffnete, schaute ich an die Zimmerdecke von meinem und Fays Schlafzimmer. Mit einem Stöhnen wischte ich mir über das Gesicht. Ich hatte geträumt. Schon wieder. Und wieder war es so real gewesen. Minutenlang lag ich einfach nur da. Ich hatte langsam genug davon. Ständig diese Erscheinung von Erik als Wolf und diese unerklärbare Bedrohung, die von ihm ausging. Wollte er mich vor etwas warnen? Etwa vor sich selbst? Ich musste es wissen. Von einem wilden Entschluss erfasst warf ich die Decke zurück und sprang aus dem Bett. Noch heute würde ich Erik zur Rede stellen. Fay wunderte sich ein wenig, als ich sie bat, mich für ein paar Stunden allein zu lassen. Hatte aber keine Einwände dagegen. Sondern sagte, dass sie sich dann ein wenig umhören würde. „Vielleicht kriege ich etwas über unsere liebe Mrs. Jenkins raus!“ Kaum, dass sie aus dem Haus war, machte ich mich daran im Haus alle Vorhänge zu ziehen. Dann setzte ich mich an den Tisch und rief nach Erik. Ich wusste, dass er nur erschien wenn es dunkel war. Zwar war es im Haus nicht so dunkel, wie bei Nacht, aber ich hoffte dennoch dass er erscheinen würde. Doch als einige Minutn vergangen waren, in denen nichts passiert war, trommelte ich unruhig auf der Tischplatte herum und schaute mich um. „Erik!“, kam es ungeduldig von mir. „Komm her. Wir müssen reden!“ Immer noch nichts und so langsam wurde ich sauer. Machte er das mit Absicht? Oder ahnte er, was ihm blühte und wollte mir einfach nicht Rede und Antwort stehen? Denn wenn es so war, müsste er doch wissen, dass er damit mein Misstrauen um so größer werden ließ. Und auch wenn meine Vernunft mir sagte, dass es keinen Sinn hatte, weiter auf ihn zu warten, wollte ich mich nicht so einfach damit abfinden. „Erik!“ Und einen Wimpernschlag später, saß er mir gegenüber. Mit zusammen gepressten Lippen und einem bitteren Ausdruck in den Augen. Zuerst war ich ein wenig erschrocken, doch dann riss ich mich zusammen. „Ich habe einige Fragen. Und ich will Antworten. Keine Ausreden!“, begann ich entschlossen. Eriks Blick wurde noch dunkler, falls das überhaupt möglich war und er verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann los. Frag mich!“ Sofort merkte ich, wie sich mein Hals zusammen schnürrte und mir das Sprechen auf einmal ziemlich schwer fiel. Was war jetzt auf einmal mit mir los? Ich war eben noch so fest entschlossen, Antworten zu bekommen. Und jetzt kriegte ich keinen Mucks aus mir heraus. Lag es vielleicht an seinen Ausdruck, seine Haltung. Oder daran, dass der Raum nun noch dunkler geworden war, seit er mir gegenüber saß. Ich brauchte eine Weile, ehe ich mich zusammen gerissen und meine Stimme gefunden hatte. „Wie-Wieso sehe ich dich als Wolf? Wieso gibt es zwei von dir? Wer…wer ist dieser zweite Erik?“ Es sprudelte nur so aus mir heraus und ich merkte, wie ich auf einmal zu zittern begann. Erik ließ mich ausreden und als ich fertig meine Fragen gestellt hatte, sah er mich für eine Weile schweigend an. In seinem Gesicht, das konnte ich trotz des Dämmerlichts sehen, arbeitete es. Er kaute auf der Unterlippe herum und sein Blick ging ins Leere. Er schien mich selbst nicht mehr zu sehen. Dann, als das Schweigen zwischen uns, in meinen Ohren zu dröhnen begann, wurde sein Blick klar und er holte tief Luft. „Glaubst du an das Böse?“ Ich blinzelte verwirrt. Was sollte diese Frage. Natürlich glaubte ich an das Böse. Immerhin kämpfte ich jedes Mal dagegen. Wie sollte ich nicht daran glauben? Gerade wollte ich das auch aussprechen, aber Eriks Blick ließ mich sofort verstummen. Nein, er meinte nicht diese Art vom Bösen. Nicht diese Geister und Dämonen. In meinem Bauch wurde alles zu Eis.Und ich wagte nicht laut aus zusprechen, was mir durch den Kopf ging. Bilder aus der Vergangenheit kamen in mir hoch. Bilder von meiner Mutter. Wie sie sich von einer Minute auf die nächste veränderte. Mal war sie die liebevolle Mutter, die mir so sehr fehlte, mal war sie jemand anderes. Jemand, der mir Angst machte. Ich musste zugeben, dass ich mich in diesem Moment schämte. Weil ich mich vor meiner eigenen Mutter fürchtete. Ich verdrängte sowohl schnell diese Erinnerungen als auch die Bilder. Doch es blieb ein bitterer Nachgeschmack. Erik schien genau zu wissen, was mir gerade durch den Kopf ging, denn sein Blick wurde weich. Aber auch traurig. Er lehnte sich zurück und dachte lange-sehr lange nach. Dabei schaute er nach unten. Dann sprach er weiter und seine Stimme klang belegt. „Man kann gegen unzählige Dämonen kämpfen, wie man will. Aber es gibt einen Feind, gegen den man nur schwer bestehen kann. Fast gar nicht!“ Da schaute er mich wieder an und sein Blick bohrte sich tief in mich hinein. „Und das ist man selbst!“ Mein Hals schnürte sich zu. „Willst du damit sagen, dass du auch etwas Dunkles in dir hast!“ Selbst in meinen Ohren hörte sich das bescheuert an. Ich wusste, dass Erik kein normaler Mensch war. Dennoch behagte es mir nicht, dass auch von ihm eine Gefahr ausgehen könnte. Hatte er mir nicht selbst gesagt, dass er mich beschützt, ich ihm dafür vertrauen soll? Damit, mit dieser Frage, war er doch alles über den Haufen! Ich wurde nicht schlau aus ihm. Wieder erinnerte ich mich. Dieses Mal an den Wolf aus meinen Träumen. An den, vor dem ich mich fürchtete und in mir reifte ein Verdacht. „Dieser zweite Wolf...ist er deine…deine dunkle Seite?“ Wieder hörte sich das total bescheuert an. Aber anders konnte ich das nicht ausdrücken. Erik presste die Lippen aufeinander. Ich hatte mit meiner Frage voll ins Schwarze getroffen. Und ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass mich das beruhigte. „Dann waren das nicht nur Träume…?“, flüsterte ich. Mir wurde kalt. „Ich kann mir das auch nicht erklären!“, sagte er und ich wusste, dass er die Wahrheit sagte. „Aber irgendwie bist du…hat er dich…!“ Er schüttelte den Kopf. Wusste offensichtlich selber keine Antwort. Das war auch nicht nötig. Ich wusste nun, was ich wissen wollte. „Dann…kannst auch du mich angreifen?“ Meine Stimme war nichts weiter als ein Flüstern. Eriks Augen begannen zu flackern. In seinem Gesicht sah ich deutlich wie etwas darunter anfing zu brodeln. Kein Ärger. Keine Enttäuschung. Sondern etwas was mich viel mehr versunsicherte. „Das wird nicht passieren!“, kam es grimmig von ihm. „Ich werde es nicht so weit kommen lassen!“ Gerade wollte ich etwas darauf erwidern. Ob er wirklich dieses Versprechen halten konnte? Was wenn das Böse in ihm doch stärker war? Dinge, die ich eigentlich nicht stellen wollte, die aber dennoch mich quälten. Da klopfte es jedoch und ich zuckte zusammen. Erik blickte zur Eingangstür. „Fay?“ Ich schüttelte den Kopf. Fay hatte einen Schlüssel. Und so schnell war sie sicher nicht wieder zurück. Vielleicht war es auch Lex? Aber dann hätte er sich doch vorher gemeldet. Nein, wer auch immer vor der Tür stand. Er gehörte nicht zum Team. Ich schaute Erik an. Er die Tür. Sein Blick war lauernd. Er war wieder ganz der wachsame Beschützer. Mit einem Nicken gab er mir zu verstehen, dass ich zur Tür gehen soll. Langsam ging ich zu dieser, legte die Hand auf die Klinke. Schaute dann noch mal zu Erik. Er stand nur eine Armlänge von mir entfernt. Gab mir somit Deckung, falls vor der Tür ein ungebetener Gast stand. Ich holte tief Luft, dann drückte ich die Klinke herunter und sah einen Mann vor mir stehen. Doch es war nicht Pfarrer Remington. Sondern jemand, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Das dachte ich zumindest. Als ich ihn mir aber nochmal genauer ansah, erkannte ich ihn. Es war der Mann, der mit diesem Drachen lebte. Mrs. Jenkins. Wie am Abend zuvor sah er wie jemand aus, der sein ganzes Leben unter der Fuchtel eines anderen gestanden hatte. Im dem Fall von seiner Frau. Schon wie er angezogen war, sagte er deutlich, dass er nicht selbstständig denken konnte. Ein fies-karierter, kurzärmeliger Pollunder. Darunter ein steifgebügeltes weißes Hemd und eine graue Hose. Gekrönt wurde das alles von der dicken Hornbrille und dem ergrauten Haar, das sich schon ein wenig am oberen Ansatz lichtete. Es war gemein, dass zu denken, aber bei dem hatte Mrs. Jenkins echt leichtes Spiel ihm das Leben schwer zu machen. „Guten Tag!“, sagte dieser Schatten eines Mannes. „Guten Tag!“, grüßte ich ihn zurück. Als dann eine peinliche Stille entstand, machte ich den nächsten Schritt. „Kann ich Ihnen helfen?“ „Ähm…nein. Ich…ich wollte mich nur für das Verhalten meiner Frau entschuldigen!“, kam es zögernd von ihm. Und ich war baff. Wieso entschuldigte gerade er sich bei mir? Wenn, dann sollte seine Frau… Ach, was sage ich da. Diese alte Hexe wird sich sicher nicht entschuldigen. Eher friert die Hölle zu! Ihr Mann hingegen scheint es wirklich unangenehm zu sein, dass seine Frau dermaßen rumgiftet. „Keine Ursache!“, sagte ich, da ich nicht ihn zur Schnecke machen wollte. Er schien ja wohl ein netter Kerl zu sein. Und er tat mir ein wenig leid. „Sie ist eigentlich ganz umngänglich!“, fuhr er fort und ich wollte schon laut auflachen. „Nur ein wenig…verschlossen. Und überzeugt von den guten alten Sitten!“ Ja, das habe ich gemerkt. „In ihren Augen erscheint alles falsch und nicht richtig, was ihr Weltbild betrifft!“ Das war noch untertrieben. Ich musste mich ziemlich zusammen reißen, um kein Kommentar dazu zu geben. „Ich hoffe dennoch, dass Sie und Ihre Freundin sich hier wohlfühlen!“ Gerade wollte ich ihm sagen, dass wir uns hier sicher noch einleben werden, als ich eine mir bekannte keifernde Stimme hörte. „Hubert, was machst du da?“ Ruckartig drehte sich Mr. Jenkins herum und sah seine Frau auf uns zu maschieren. Sofort schrumpfte Mr. Jenkins in sich zusammen und zog den Kopf zwischen die Schultern, als ob er erwartete, dass sie ihn schlug. „Ich…ich wollte nur nachsehen, ob bei der jungen Dame hier alles in Ordnung ist. Da die Vorhänge zu gezogen waren!“ Mr. Jenkins schnaubte verächtlich. „Das ich nicht lache. Was geht es dich an, ob bei diesem…diesem verdorbenen Weibsstück alles in Ordnung ist?“ Bei diesen Worten hatte ich aufeinmal eine enorme Wut im Bauch und wollte etwas Passendes dazu sagen. „Verzeihung!“, hörte ich Erik hinter mir und zuckte zusammen. Ihn hatte ich vollkommen vergessen. Ich drehte mich zu ihm herum. Sah, dass er nun direkt hinter mir stand und sich beschützerisch aufgebaut hatte. Mr. und Mrs. Jenkins Gesichter spiegelten den gleichen erschrockenen Ausdruck. Vermutlich hatten sie nicht erwartet, dass ich Besuch hatte. „Dürfte ich erfahren, was meine Schwester verbrochen hat und sie deswegen so von Ihnen beschimpft wird?“ Mrs. Jenkins, immernoch etwas aus der Bahn geworfen, brauchte etwas um sich wieder zu sammeln. Dann straffte sie die Schultern. Versuchte sich nichts anmerken zu lassen und die taffe Frau zu mimen, die sie sonst immer an den Tag legte. Was ihr leider nicht wirklich gelang. „Wie können Sie als Bruder so gelassen sein? Stört es Sie nicht, dass Ihre Schwester eine Ehe auf dem Gewissen hat?“ Ich verdrehte die Augen. War ja klar, dass sie wieder diese Schiene fuhr. Es gab vielleicht Familien, die ein Mitglied wie einen Verbrecher behandelte, wenn dieses so etwas wie Ehebruch verursachte oder begann. Dennoch hoffte ich, dass es nur wenige gab. Erik schaute kurz zu mir, dann hob er die Schultern. „Solange es sie glücklich macht, habe ich nichts dagegen!“ Mrs. Jenkins schnappte nach Luft und für einen kurzen Moment dachte ich, dass sie umkippt. In einer theatralischen Geste, hib sie die Hände, als wollte sie ihn anflehen. „Wie können Sie das befürworten? Sie sind doch auch ein gottesfürchtiger Mensch!“ Da grinste Erik. „Nein. Weder fürchte ich, noch glaube ich an Gott!“ Das war zuviel für sie. Sie schnappte sich ihren Mann an der Hand, drehte sich auf dem Absatz um und rauschte davon. Noch als sie abhaute, hörte ich sie zu ihrem Mann sagen fassungslos sagen:„ Komm, Hubert. Ich will nur weg von diesen Gottlosen!“ Ich schloss die Tür und sagte erstmal nichts. Sah dann zu Erik, der ein breites Grinsen hatte. Was mich natürlich ansteckte. Dann begann ich zu lachen. „Das war sowas von genial, Erik!“, lachte ich begeistert. „Die wird sicher lange brauchen, um sich davon zu erholen!“ Erik grinste noch kurz. Dann wurde er ernst. „Hoffentlich war das kein Fehler!“ Ich winkte ab. „Ach, Quatsch. Was soll Sie schon machen?“, fragte ich. „Mich umbringen?“ Kaum hatte ich das ausgesprochen, wurde mir klar, dass das Eriks Befürchtung war. Denn der Killer suchte sich nur Opfe, die sündigten. Und das ich diesen förmlich herausgefordert, verursachte mir eine Gänsehaut. Auch wenn ich ihr sowas nicht wirklich zu traute, schien Mrs. Jenkins bestens in die Rolle des Mörders zu passen. Genug fanatisch schien sie mir zu sein. „Ein Vorteil hat es ja zumindest!“, holte Erik mich aus meinen Gedanken. „Wenn Sie wirklich die ist, die wir suchen, wird sie sicher aktiv werden!“ „Und wenn, dann schnappen wir sie uns!“, kam es grimmig von mir. „Wie? Mr. Jenkins war hier und hat sich bei dir entschuldigt?“, fragte Fay mich, als sie wieder daheim war. „Ja und es dauerte nicht lange ehe seine Ehefrau aufkreuzte und hier wieder ihr Gift verspritzt hatte!“, sagte ich und musste dannn grinsen. „Erik hat sie aber mit Pauken und Trompeten verscheucht!“ Fays Augen wurden groß, als sie das hörte. „Erik? Er war hier?“ Ich nickte. Erst jetzt merkte ich, dass ich ihr nicht den Grund genannt hatte, warum ich allein sein wollte. Und ich hatte nun ein schlechtes Gewissen. Fay war meine Freundin und sie hatte mir mehr als einmal gezeigt, dass sie um mich besorgt war, seit wir hier waren. Mir war klar gewesen, dass ich mich damit verdächtiger machte als zu vor. Es war nicht richtig ihr ins Gesicht zu lügen. „Ja,…ich…ich wollte mit ihm etwas bereden!“, kam es verlegen von mir. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie mich ansah und darauf wartete, dass ich weiter sprach. „Ich…ich weiss einfach nicht, was ich glauben soll!“ Fay sagte nichts. Brauchte sie auch nicht. Es sprudelte einfach so aus mir heraus. „Ich würde gerne glauben, dass Erik mich beschützt. Das er der ist, für den ich ihn halte. Aber etwas in mir sagt auch, dass da noch etwas anderes in ihm ist. Etwas…Gefährliches!“ Fay hörte sich alles an und sagte erstmal nichts. Schien selber darüber nach zu denken. Ich sah sie an und merkte plötzlich, wie sich ihr Gesicht veränderte. Deutlich glaubte ich zu sehen, wie sie sich über etwas Gedanken machte. So als wüsste sie etwas, was sie mir aber nicht sagen wollte. Warum auch immer. „Fay, gibt es da etwa was, was ich wissen sollte?“, fragte ich unbehaglich. Fay biss sich auf die Unterlippe. Wich nun meinem Blick aus. „Fay!“, kam es von mir. Flehend. Drängend. „Was sagte Erik denn?“ Wie vor de Kopf gestossen, schaute ich sie an. Fragte mich, wieso sie mir mit dieser Frage aus dem Weg ging. Und verspürte Ärger in mir hoch kommen. Doch ich schluckte diesen runter und bemühte mich um eine ruhige Antwort. „Das es in jedem etwas Böses gibt. Auch in ihm!“ Fay schwieg. Nickte dann. Hatte sie etwa das vermutet? Nein. Denn sonst würde sie nicht so ein Geheimnis daraus machen. Da steckte mehr dahinter. „Fay, wenn du etwas weisst, was Erik betrifft, dann sag es mir bitte!“ Fays Gesicht nahm einen gequälten Ausdruck an. Und mein Magen drehte sich um. Was in Gottes Namen wusste sie. Noch bevor ich Fay noch weiter daszu drängen konnte, klingelte das Telefon. Wir beide schracken zusammen. Wie als wenn das ihre Rettung gewesen war, sprang sie zum Telefon und riss es förmlich von der Wand. „Ja, hallo?“, sagte sie aufgekratzt. Darauf herrschte kurzes Schweigen. „Lex!“, kam es als nächstes und ich merkte, wie erstaunt sie klang. Es war lange her gewesen, seit wir mit Lex gesprochen hatten und ich fragte mich, was der Grund dafür war. „Du hast was rausgefunden? Wirklich? Und du bist dir da ganz sicher? Okay, ich sage es Allison!“ Danach legte sie auf und schaute mich mit funkelnden Augen an. „Du wirst nicht glauben, was Lex rausbekommen hat!“ Für sie schienen die letzten vergangenen Minuten nicht gegeben zu haben. Was mich wieder ein wenig ärgerte. Aber ich wollte auch wissen, was Lex da aufgedeckt hatte. „So? Was denn?“ Fay grinste, so wie es Erik noch vor kurzem getan hatte. Sie setzte sich neben mich und sagte: „ Die gute Mrs. Jenkins ist vorbestraft!“ Mir fiel die Kinnlade runter als ich das hörte. Und auch wenn mich das eigentlich nicht wundern sollte, war ich dennoch überrascht. „Und wegen was?“ Fays Grinsen ging von einem Ohr zum anderen. „Wegen Belästigung, Sachbeschädigung und Verleumdung!“ Okay, das wunderte mich nun wiederu nicht. „Und warum hat man sie nicht verknackt?“ Fay hob die Schultern. „Vielleicht wogen die Strafttaten nicht schwer genug!“ Naja, ich weiss nicht. Auch wenn das zeigte, dass sie Dreck am Stecken hatte, passte das nicht zusammen. Da fehlte was. „Ist das alles? Keine Körperverletzung oder gar versuchter Mord!“ Fays Grinsen schwand nun und sie schüttelte den Kopf. „Nein. Leider nicht!“ Dieses „Leider“, klang aus ihrem Mund so falsch. Als würde sie das wirklich bedauern. Ich hob die Brauen. „Glaub mir, wenn es so gewesen wäre, wäre mir wohler. Denn dann könnten wir sie festnehmen und alles wäre vorbei!“ Da gab ich ihr Recht. „Ich frag mich echt, wieso das wieder macht. Sie sollte doch wissen, dass sie damit nur wieder Ärger kriegt!“, wandte ich ein, weil ich nicht begriff, wieso sie wieder kriminell wird. Aber ehrlich gesagt war mir das auch egal. Soll die Alte doch was auf die Finger bekommen. „Vermutlich kann sie einfach nicht aus ihrer Haut!“, behauptete sie dann. Verbohrt ohne ende traf es wohl eher. „Ihr Mann sagte schon, dass sie ziemlich engstirnig ist. „Also sind wir wieder bei Null!“ Ich sank tiefer in die Couch. Fay war wohl genauso niedergeschlagen. Ihr schien es auch nicht zu gefallen. Als ich auf die Arbeit kam, hätte die Stimmung nicht eisiger sein sollen. Kaum dass ich in die Gaststätte betrat, wurden mir finstere Blicke zu geworfen. Ich seufzte innerlich und ging in die Küche. Wortlos band ich mir die Schürze um und meldete mich zum Dienst. Jackie und alle anderen warfen mir weiterhin verstohlene Blicke zu. Ich versuchte es zu ignorieren, wobei es mich schon nervte. Ich wusste sofort, wem ich es zu verdanken hatte, dass ich wieder woll im Rampenlicht stand. Vielleicht sollte ich ihr mal Eier an die Tür werfen? Irgendwann war die Schicht vorbei und ich machte mich sofort auf den Heimweg. Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in mir aus. Ich wusste nicht, warum, aber ich fühlte ich beobachtet. Oder besser gesagt…belauert. Das war mir ja schonmal passiert und ich versuchte ruhig zu bleiben. Aber dieses Mal war es schlimmer. Es schnürte mir die Kehle zu und in meinem Inneren krampfte sich alles zusammen. So als erwartet etwas in mir einen Angriff. Schnell machte ich mich auf. Schaute dabei immer um mich und musste erstaunt aber auch besorgt feststellen, dass alles um mich herum dunkel war. Ich blickte auf meine Uhr. War es wirklich so spät? Nein. Es war zwar kurz vor Elf, aber dennoch mussten doch einige der Dorfbewohner noch wach sein. So früh konnten sie doch nicht schlafen gehen. Ich wollte aber auch nicht länger darüber nachdenken und lief weiter. Um meine Unruhe unter Kontrolle zu bekommen, fing ich an zu summen. Keine bestimmte Melodie. Sondern einfach nur Summen. Sah mich dabei aber immer noch um. Auch wenn alles danach schrie, dass da etwas im Busch war, meldete sich auch der Teil in mir, der rational dachte. „Du wirst langsam paranoid!“, schalt sie mich. Ist das ein Wunder? Immerhin läuft hier ein gestörter Mörder herum. Und es könnte jeder hier sein. Das schien zu reichen, denn die Vernunft sagte nichts mehr und zurück blieb weiterhin das Gefühl belauert zu werden. Und noch etwas war da, was mir nicht gefiel. Der Heimweg schien sich mit einem Male zu verlängern. Zog sich wie Kaugummi. Dabei lief ich schon schneller. Mist. Nun joggte ich. Ich atmete auf als ich die Lichter unseres Hauses sah. Noch im Laufen holte ich meinen Schlüssel heraus und wollte ihn schon ins Schloss stecken, als ich ein Geräusch, ein Rascheln, hörte. Zuerst dachte ich, es kam von einem Busch hinter mir, was schon schlimm genug war. Aber da war weder ein Busch noch etwas anderes hinter dem man sich verstecken könnte und was raschelte. Ich lauschte und hoffte ein wenig, dass es sich wiederholte. Das tat es aich und ich wusste nun woher es kam. Aus dem Garten hinter unserem Haus. Auch wenn alles in mir danach schrie, die Polizei zu rufen, schlug ich das in den Wind. Sicher war das nur ein Tier. Eine Katze, die sich verlaufen hatte und nun in einem Gestrüpp feststeckte. Und wenn nicht, wenn es sich wirklich hier um einen Einbrecher handelte, hoffte ich, dass Fay es ebenso mitbekommen hatte und schon auf der Lauer lag. Schnell aber dennoch leise schlich ich um das das Haus herum und kletterte über den Zaun, der das Haus und den Garten umfasste. Kaum das ich in diesem stand, sah ich schon wie sich eine dunkle Gestalt an der Hintertür zuschaffen machte. Tatsächlich! Ein Einbrecher! Sofort begann mein Herz zu rasen und tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. War das der Killer? Soll ich die Polizei rufen? Wird sie rechtzeitig hier sein? Hat Fay ihn schon bemerkt? Alles in unserem Haus war dunkel. Adrenalin pumpte durch meinen Körper und ich dachte noch eine Weile nach. Dann holte ich mein Handy raus, tippte Fay eine Nachricht und hoffte, dass sie sie noch rechtzeitig las und die Polizei rief. Als ich das getan hatte, wusste ich, dass ich nun handeln musste und fasste einen mutigen aber auch riskanten Entschluss. Ich würde den Einbrecher überwältigen und solange festhalten, bis die Polizei eintraf. Noch schien der Einbrecher mit der Tür beschäftigt zu sein. Nur wie lange noch? Ich atmete einmal tief durch, duckte mich und pirschte mich von hinten an ihn heran. Er schien mich nicht zu bemerken. Gut. Dann hätte ich leichtes Spiel. Ich war nur noch wenige Schritte von ihm entfernt. Hielt dann inne, zählte von Drei rückwärts und warf mich dann mit aller Kraft auf ihn. Der Einbrecher gab einen erschrockenen Laut von sich und wollte sich von mir losreissen. Doch so leicht machte ich es ihm nicht. Ich schlang die Arme um ihn und trat mit den Knien heftig gegen seinen Rücken. Versetzte ihm dann mit meinem rechten Faust einen Schlag gegen seine Schläfe. Einmal. Zweilmal. Dreimal. Umklammerte noch seine Hüfte mit meinen Beinen, was ziemlich besheuert aussah. Aber das war mir in diesem Moment egal. Ich wollte verhindern, dass er sich befreite und auch abhaute. Wir rangen lange miteinander. Aus purer Verzweiflung, weil er endlich loskommen wollte, warf er sich nun mit dem Rücken gegen die Hauswand. Und damit mich. Ich achtete nicht auf den heftigen Schmerz in meinem Rücken, hielt mich noch fester an ihm fest. Es schienen Stunden zu vergehen als endlich die Dunkelheit vom aufblitzenden Blaulicht durchbrochen wurde und unformierte Leute in den Garten stürmten. Ich atmete erleichtert auf. Fay hatte meine SMS bekommen. Sofort waren die Beamten da und umstellten uns. Mein Gegner hatte inzwischen aufgegeben. Ergeben hob er die Hände und ging auf die Knie. Zwei der Beamten ging auf. Einer ergriff seine Hände und legte ihm Handschellen an. Ein anderer griff nach der Sturmmaske und zog sie ihm vom Kopf herunter. Darunter kam weder das Gesicht von Mrs. Jenkins noch ihres Mannes zum Vorschein. Ich muss gestehen ich war ein wenig enttäuscht. So entsetzt wie sie war, dachte ich, dass sie erneut einen Versuch machte, uns eins rein zu würgen. Aber vielleicht hatte sie ihn ja angestiftet. Der Kerl, der vor uns auf dem Boden kniete, wusste natürlich, dass er in Schwierigkeiten steckte. Und bereute es sichtlich. Fay kam aus der Hintertür und kam zu mir. „Alles in Ordnung?“ Ich nickte bloß. Dann wandte sie sich an den Einbrecher. Schaute ihn sich genau an. „Kennen Sie ihn?“, fragte der Beamte, der dem Mann die Handschellen angelegt hatte. Die Frage galt uns beiden. Mit einem Male kam mir das so unwirklich vor. Und als ich begann das alles zu begreifen und noch mal zu durchleben, merkte ich, dass ich eine Gänsehaut bekam. Dieser Einbrecher wollte uns überraschen. Uns attackieren. Uns womöglich auch umbringen. War er der Killer? Eine innere Stimme sagte, dass dem nicht so war. Dieser Kerl machte nicht den Eindruck, als sei er gestört genug, um diese Morde zu begehen. Vielmehr wirkte er, als sei er in was hineingeschlittert, was er selbst nicht begreifen konnte. Oder wollte. Ohne eine weitere Frage, führten die Polizisten den Mann ab. Einer von ihnen drehte sich dennoch zu uns um und sagte, dass wir uns für weitere Fragen bereit hallten sollten, falls noch welche anstehen sollten. Dann ging er ohne auf unsere Antwort zu warten. „Ob Mrs. Jenkins diesen Einbrecher angeheuert hat?“ Fay machte eine vage Handbewegung. Wir saßen am Frühstückstisch und versuchten uns das Geschehene irgendwie zu erklären. Noch immer hatte ich den Verdacht gehabt, dass Mrs. Jenkins ihre Finger im Spiel hatte. Es musste einfach so sein. „Möglich ist es!“, fragte Fay. „Aber dann müsste sie sich bewusst sein, dass er sie verrät!“ Das leuchtete ein. Aber vielleicht war sie so verblendet, dass ihr das nicht bewusst war. „Was passiert jetzt?“ Fay hob die Schultern. „Vermutlich werden Sie ihn befragen und der wird sicher auspacken, um seine eigene Haut zu retten!“, erklärte sie gelangweilt. Es klang so als hätte sie das schon hunderte Male erlebt. „Dann werden Sie zu Jenkins gehen, Sie damit konfrontieren, wobei Sie natürlich alles abstreiten wird. Wird sich irgendwelche Lügen ausdenken, die sie wiederum noch verdächtiger machen werden, wodurch das alles sich uuuuunnötig in die Länge zieht!“ Ich musste etwas grinsen. „Klingt ziemlich aufregend!“ „So als würde man dem Gras beim wachsen zu sehen!“ Ich kicherte. „Das alles entwickelt sich langsam zur einer Hexenjagd und ich fürchte, dass die gute Mrs. Jenkins nicht die einzige ist, die einen Hals auf uns hat!“, sagte Fay dann, wodurch sie bei mir einen Nerv traf und das Kichern erstarb. Ich musste mich daran erinnern, wie die Leute in der Gastwirtschaft mich angesehen haben und dann hinter meinen Rücken anfingen zu tuscheln. Ich hatte sogleich ein ungutes Gefühl. Fay hatte Recht. Dabei war ich mir in Bezug auf Mrs. Jenkins so sicher. Mist! Am Mittag klingelte es an der Tür. Natürlich wollte keiner von uns auf machen. Nach all dem wollten wir keinen sehen. Es war albern, aber weder Fay noch ich verspürten das Bedürfnis mich jemanden aus dem Dorf zu sprechen. Als es jedoch zum dritten Mal klingelte, öffnete ich dennoch. Pfarrer Remington stand da. Ich stöhnte innerlich. Auch noch der! Und ich konnte mir denken, um was es bei seinem Besuch ging. „Guten Tag, Pfarrer Remington!“, grüßte ich verhalten. Pfarrer Remington wirkte ein wenig verlegen. „Darf ich…darf ich reinkommen?“ Fast wollte ich schon „Nein!“, sagen. Riss mich aber zusammen. Auf keinen Fall wollte ich es mir auch noch mit ihm verscherzen. Wer weiss, was dann noch kommen würde. So ließ ich ihn rein. Fay war genauso unerfreut wie ich, ließ sich aber nichts anmerken. „Pfarrer Remington, was verschafft uns Ihren Besuch!“ Pfarrer Remington lächelte etwas. „Ich…ich hab gehört was gestern passiert ist!“, begann er. Ich musste mich zusammen nehmen, um nicht mit den Augen zu rollen. Klar, wer hatte nicht davon gehört. Das machte schließlich rasend schnell die Runde in diesem Kaff. „Sie müssen mir glauben. Ich kenne diesen Jungen und er ein guter Mensch. Hat sich nie etwas zu schulden kommen lassen!“, sagte er entschuldigend. Fay sagte nichts, hörte nur zu. Ich hingegen musste mir auf die Lippe beißen, um nicht spöttisch auf zu lachen. Musste aber dann innehalten. Ich selbst hielt den Kerl für jemanden, der nicht von sich aus zu sowas in der Lage ist. Vielmehr als hatte jemand ihn angestiftet. „Sie meinen, dass das nicht allein auf seine Kappe ging?“ Es klang eher wie eine Feststellung als eine Frage. Remington sah mich mit einer Mischung aus Erstaunen und Zweifel an. „Können Sie sich vorstellen, wer der Drahtzieher ist?“ Nun überwog der Zweifel. Fay sah mich warnend an. Sagte mir mit ihren Blicken, die Ahnunglose zu spielen. Doch jetzt hatte ich die Bombe platzen lassen. Remington schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kenne die Menschen, die hier leben. Niemand würde das tun!“ „Nicht mal Mrs. Jenkins?“ Fays Blick wurde nun panisch. Aber ich konnte einfach nicht die Klappe halten. Remingtons Augen verengten sich. „Das ist eine schwere Anschuldigung!“, sagte er. „Was heißt hier schwer!“, meinte ich. „Dieser alten Hexe traue ich alles zu!“ „Sie sollten nicht einfach jemanden verurteilen, ohne einen Beweis!“ „Jaja. Kommen Sie mir jetzt nicht damit. „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen nächsten!“. Ich kenne das Gebot!“ „Richtig. Und ich werde es nicht dulden, dass Sie so über jemanden aus meiner Gemeinde reden!“ Ich wollte schon zu einer gepfefferten Erwiderung ansetzen, als ich seinen Blick sah. Sofort begann ich zu frösteln. Sein Blick hatte etwas drohendes. Und etwas sagte mir, dass ich nun nichts mehr falsches sagen sollte. „Sie wollte sicher nicht schlechtes über Mrs. Jenkins sagen. Es ist nur, dass das uns langsam an die Substanz geht!“, mischte sich nun Fay ein um die Wogen zu glätten. Wiedermal. Remington schien das zu besänftigen. „Das verstehe ich natürlich. Dennoch bitte ich Sie, Sie beide, mit solchen Vorwürfen sich zurück zu halten!“ Wieder lag mir etwas auf der Zunge, was ich zu gern los werden wollte, doch da sah mich Fay warnend an. Und dieses Mal hörte ich auf sie. Statt etwas zu sagen, nickte ich nur. Es wunderte mich nicht, dass unser nächtlicher Besucher auch in der Gaststätte das Gesprächsthema Nummer Eins war. Kaum dass ich in die Küche kam, hielten alle bei ihrer Arbeit inne und schauten mich an, als sei ich unerwartet aus dem Knast gekommen. Ich ließ mich davon nicht einschüchtern und zog mich um. Die ganze Zeit, während ich kellnerte, spürte ich deutlich die Blicke, die mir die Gäste zu warfen. Und auch was sie hinter meinem Rücken tuschelten. Zum zigten Mal. „Bei den Lesben wollte jemand einbrechen!“ „Ja, hab ich auch gehört!“ „Weiss man, wer es war?“ „Nein. Aber sicher war es der Killer!“ „Wieso der?“ Darauf war ich jetzt auch gespannt. Ich hatte auch vorher schon mit diesem Gedanken gespielt. Und es dennoch verdrängt. Auch wenn das die nächste Möglichkeit gewesen wäre. Warum aber dann so auffällig. Er müsste doch wissen, dass er dabei aufflog. Und sein Leben lang im Knast verbringen würde. Oder viel wahrschienlicher in der Klapse landete. Nein. Das war sicher nur ein Typ, der uns eins rein würgen wollte. Und das sicher nicht aus eigenem Antrieb. Wieder musste ich an Jenkins denken und mein Ärger bekam neue Nahrung. Dabei musste ich auch an die Unterhaltung mit dem Pfarrer denken. Und an den Blick, den er hatte als ich Jenkins verdächtige. Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Bis jetzt hatte ich immer gedacht, dass Pfarrer Remington der typische Pfarrer des Dorfes war. Stets besorgt um das Seelenheil seiner Gemeinde und darauf bemüht über seine Schäfchen zu wachen. Aber nun... Hatte ich das Gefühl, dass hinter der Maske des Pfarrers mehr steckte als ein Mann Gottes. Plötzlich flog die Tür zus Gaststätte auf und ein wutentbrannter Mann stürmte hinein. „Wo ist das Mistsück, was meinen Jungen angezeigt hat?“ Schlagartig war es mucksmäuschen still und alle der Anwesenden schauten zu dem Neuankömmling. Ich blieb da stehen, wo und wie ich war und rührte mich nicht. Fuck! Das musste ja so kommen. Als niemand etwa sagte, tobte der Mann erneut. „Du!“ Ich zuckte zusammen. Wenn ich mir vorher die Mühe gemacht habe, mich nicht verdächtig zu machen, musste ich nun einsehen, dass das ein Schuss in den Ofen war. Ich hörte, wie er auf mich zu stapfte. Gerade wollte ich mich umdrehen, da packte er mich schon an der Schulter und wirbelte mich zu ihm herum. Kaum blickte ich ihm ins Gesicht, hatte er mich schon am Kragen und schüttelte mich. „Du verdammte Drecksschlampe!“ „Ganz ruhig, Joseph!“, mischte sich mein Chef ein und kam hinzu. Er wollte ihn von mir lösen, doch soleicht ließ sich der wütender Kerl nicht beruhigen. „Halt dich da raus. Das ist was zwischen mir und dieser wideerlichen Lesbe!“ Dann wandte er sich wieder an mich. „Was fällt dir ein, meinen Jungen an zu zeigen?“ „Er hat versucht bei uns ein zu brechen!“, presste ich hervor, weil ich trotz der bevorstehenden Eskalation, nicht einsah, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben. „Lüge!“, schrie er mir ins Gesicht. „Alles nur Lügen. Du bist an allem Schuld. Du und deine Freundin!“ Da hob er die andere Hand und formte sie zu Faust. Wollte er mich wirklich schlagen? Hier, vor aller Leuten. Ich blickte mich flüchtig um. Doch keiner der Anwesenden schien Interesse zu haben, mir zu helfen. Mal abgesehen von meinem Boss, der kaklweiss da stand und erstmal nicht begriff, was hier vor sich ging. Bevor er jedoch einschreiten konnte, zog der Kerl seine Faus zurück um sie dann auf mich zurasen zu lassen. Doch bevor er mich treffen konnte, wurde er von einer anderen Hand gestoppt. Die Zeit schien für einen kurzen Moment stehen zu bleiben und wir alle starrten auf den, der den Schlag verhindert hatte. Es war Pfarrer Remington! Ich war noch nie so froh gewesen. Und kurz vergass ich auch dieses Schauern, was mich beschlichen hatte. „Lass auf der Stelle die Faust sinken, Joseph. Oder muss ich die Polizei rufen?“ „Halten Sie sich da raus, Remington!“, grunzte Joseph, ließ mich nicht aus den Augen. Als ob ich abhauen würde. Noch immer hielt er mich fest. „Nein. Egal, was du denkst. Die Hand gegen jemanden zu erheben, und noch dazu gegen einer Frau, macht es nur noch schlimmer!“ „Das ist keine Frau!“, knurrte Joseph. „Sie müssen es doch selber zugeben. Seit sie hier sind, gibt es nur Ärger!“ „Den hatten wir auch schon, bevor sie kamen!“, rief Remington ihm ins Gewissen. Noch immer flackerte Wut in Josephs Augen. Und ich fürchtete schon, er würde trotz Remingtons gutem Zureden zuschlagen. Aber dann ließ er mich doch los. Machte einen Schritt zurück und drehte sich dann schaubend um. Ohne ein weiteres Wort stapfte er davon. Ich atmete erleichtert auf. Das war knapp. Aber als ich Remington danken wollte, sah ich dass er mich finster anschaute. Ich schluckte die Worte hinunter, weil ich das Gefühl hatte, dass sie unangebracht waren. „Sie sollten lieber gehen!“, sagte er nur. „Das denke ich auch. Noch mehr Ärger kann ich nicht gebrauchen!“, sagte nun auch mein Chef. Und ich hatte das dumme Gefühl, dass da noch was kam. „Im Interesse aller, halte ich es für das Beste, wenn du deine Sachen nimmst und gehst!“ Mehr musste er nicht mehr sagen, da ich wusste, was das hieß. Ich bin gefeuert. Und zu meiner Überraschung wunderte mich das nicht. Ich war nicht mal niedergeschlagen. Viel mehr verspürte ich so etwas wie kalte Gleichgültigkeit. Wortlos ging ich meine Sachen holen, nahm die Schürze ab und verließ das Lokal. Fay wirkte ziemlich besorgt, als ich erzählte, was passiert war. Und ich teilte auch ihre Sorge. Wenn schon ein aufgebrachter Vater auf mich los ging, nur weil ich seinen Sohn wegen Einbruchs angzeigt habe, was würde dann noch auf uns zu kommen. Es würde mich nicht wundern, wenn sie irgendwann mit Mistgabeln und Fackeln vor unserer Tür stehen und uns aus dem Dorf vertreiben. Uns womöglich noch schlimmeres antaten. Ich schüttelte mich, weil ich mich plötzlich an das finstere Mittelalter erinnerte, in dem angebliche Hexen aus welchen Gründen auch immer, auf dem Scheiterhaufen landeten. „Sollten wir die Polizei rufen. Ich meine, Ihnen sagen, dass man versucht uns Angst ein zu jagen!“, schlug ich mit belegter Stimme vor. „Haben die sich überhaupt gemeldet?“ Fays Gesicht wurde nun finster und sie murrte. „Die Untersuchungen laufen noch!“, sagte sie. „Aber so wie es aussieht steht unser Wort gegen seines!“ „In wiefern? Die haben doch gesehen, was Sache ist!“ „Ja, aber der Kerl behauptet, dass es sich hierbei um einen missglückten Streich handelt!“ Mir fiel alles aus dem Gesicht. Missglückter Streich? „Sicher wird er mit einer Verwarnung davon kommen!“, erklärte Fay. Das wurde ja immer besser. Ich hatrte einiges dazu zu sagen, verkniff es mir aber. Der kleine Vorfall in der Gaststätte hatte doch Spuren bei mir hinterlassen. Der Vater war drauf und dran gewesen mich fertig zu machen. Das bildete ich mir nicht ein. Sondern ich habe es deutlich in seinem Blick gesehen. Und mir graute davor, was noch kommen würde. „Wäre es möglich, dass wir Polizeischutz bekommen?“ Ich fühlte mich auf einmal müde und zerschlagen. Fay lächelte schwach. „Mit was für einer Begründung? Etwa das wir fürchten von den Leuten gelyncht zu werden?“ „Ja, verdammt. Immerhin rennt hier ein gestörter Killer rum und wir haben ihm mehr als einen guten Grund gegeben, um auf seinerListe zustehen!“, platzte es aus mir raus. „Die Polizei hier denkt leider nicht so!“, sagte Fay. „Für die ist das alles hier der typische Kleinkrieg von wütenden Leuten, die ein Problem mit einander haben!“ Gerade wollte ich darauf etwas erwidern. Doch Fay hob die Hand. „Glaub mir, ich fühle mich auch nicht gerade wohl. Und ich würde zu gerne alles hinschmeißen, aber wir sind kurz davor den Typen zu schnappen!“ „Du denkst, dass der Killer ein ER ist!“, fragte ich zweifelnd. Für mich war diese alte Schreckschraube unsere Verdächtige Nummer eins. „An wen denkst du da?“ „An den Pfarrer!“ Fays Antwort traf mich unerwartet und dennoch stimmte sie dabei etwas in mir an. Es war wie eine dünne, feine Saite, die zu schwingen begann. Ich musste daran denken, wie er mich angesehen hatte als ich etwas über Mrs. Jenkins gesagt hatte. So lauernd und gefährlich, dass ich schaudern musste. „Du meinst wirklich, dass Remington dahinter steckt?“ „Wer sonst? Wer sonst weiß so gut über jeden bescheid?“ „Aber sollte er nicht besser wissen, dass das falsch ist. Das er damit selbst gegen die Gebote verstößt!“ Fays Blick wurde aufeinmal düster. „Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Mann Gottes selbst die Initiative ergreift und sich die Hände schmutig macht, weil es aus seiner Sicht richtig ist!“ Mit anderen Worten: Wir sind wieder im Mittelalter und wer auch immer der Killer ist, er denkt, dass er der Richter ist! „Vielleicht sollten wir Lex anrufen und ihn bitten uns zu beschatten!“ Mir war irgendwie nicht wohl dabei. Ein Killer! Zwei Verdächtige! Auch wenn es mir nicht gefiel, nahm die Sache langsam Fahrt auf. Fay teilte wohl meinen Gedanken und wählte sogleich die Nummer von Lex. „Ich soll auf euch aufpassen?“ Lex staunte, als wir ihm erzählten, was sich die letzte Zeit abgespielt hatte. Doch das legte sich dann wieder. „Hm, wäre wohl das Beste!“, murmelte er. „Nach allem was ihr mir so erzählt habt!“ „Habt Ihr schon eine bestimmte Person im Verdacht?“ „Sogar zwei!“, sagte Fay und hob zwei Finger hoch. „Und wen?“ „Einmal unsere liebe Nachbarin und den Pfarrer der Gemeinde!“ Beim letzten hob Lex die Brauen. „Ernshaft?“ Offensichtlich glaubte Lex auch nicht daran, dass der Pfarrer der Täter ist. Aber dann. „Naja, wäre nicht das erste Mal. Wobei das ziemlich klischeehaft wäre!“ „Vielleicht stecken auch beider dahinter!“, schlug ich vor. Ich hatte dieses rumrätseln satt. Fay und Lex tauschten Blicke. „Wäre auch möglich. Pfarrer Remington weiss über jeden bescheid und diese Hexe scheint auch einen guten Draht zu ihm zuhaben!“, grübelte Fay. „Dann schlage ich vor, dass wir uns die Gute mal vorknöpfen. Wenn die beiden wirklich zusammen arbeiten, dann müssen wir uns an sie halten. Sie scheint die Schwachstelle zu sein!“ Wenig später brachte ich den Müll raus. Bevor Lex ging, sagte er, dass wir ihm bescheid geben sollten, sollte sich was verdächtiges tun. Er würde sich hier in einem Hotel ein Zimmer nehmen und auf unseren Anruf warten. Sollte das passieren würden er und Fay Mrs. Jenkins beschatten und dann zuschlagen. Mein Aufgabe? Ich sollte Schmiere stehen und dafür sorgen, dass keine stiften ging. Wie ich das jedoch machen sollte? Keine Ahnung! Fay grinste. „Hau einfach zu. Du triffst schon!“ Ich konnte darüber nicht lächeln. Noch immer musste ich darüber nachgrübeln und fragte mich, ob das wirklich alles so reibungslos ablaufen würde, wie Lex und Fay sich das dachten. Das alles klang viel zu einfach. Aber andererseits hatten Lex und Fay das sicher zigmal gemacht. Ganz ruhig, Allison. Das wird schon, redete ich mir ein. „Muss das sein? Können wir es nicht gut sein lassen?“, hörte ich jemanden jammern. „Ich kann das nicht!“ „Stell dich nicht so an. Bei dem letzten Mal hattest du nichts dagegen!“ Sofort spitzte ich meine Ohren. Diese Stimme kannte ich doch. Mr und Mrs. Jenkins! Worüber unterhielten die sich da? „Du weisst genau, dass ich nicht der Typ dafür bin und das mir Gewalt zu wider ist!“ „Du wusstest genau auf was du dich da einlässt!“ „Wieso bist du nur so versessen darauf?“ „Du weisst wieso!“, zischte sie. Ich riskierte einen Blick über die Schulter. Sie standen nicht gerade nah von mir entfernt und schienen mich nicht bemerkt zu haben. Trotzdem konnte ich deutlich hören, was sich da zwischen den beiden abspielte. Und mir stellten sich die Nackenhaare auf. Ich wartete noch kurz, dann machte ich mich ins Haus und gab Fay bescheid. Die griff sofort nach dem Handy und alarmierte Lex. Sobald es dunkel wurde, schlichen Fay und ich uns aus dem Haus und nahmen den Weg durch die Hintergarten zu dem des Ehepaares Jenkins. Lex wartete auf uns bereits. Kaum das wir bei ihm waren, drückte er Fay eine Glock in die Hand, die Fay sofort entsicherte. Ich musste schlucken und war nun froh, dass ich nur Schmiere stehen sollte. „Warte hier!“, wies mich Fay an. Ich nickte. Was anderes konnte ich nicht machen. Lex machte sich an der Hintertür zu schaffen und öffnete diese lautlos mit einem Dietrich. Er ging als erster, schaute ob die Luft rein war und gab Fay ein Zeichen ihm zu folgen. Langsam und mit vorgestreckter Waffe durchschritten sie die Küche, die im Dunkeln lag. Dann lichen sie ins Wohnzimmer. Auch hier war alles dunkel. Als nächstes war das Schlafzimmer dran. Nichts. Lex warf Fay einen Blick zu. Mehr Möglichkeiten sich zu verstecken oder was auch immer zu machen blieb nicht mehr. Da drang plötzlich ein dumpfer Laut durch die Bretter unter ihnen. Zuerst wussten sie nicht was das für ein Geräusch war. Als es sich dann aber wiederholte, erkannten sie es. Es war ein Stöhnen. Fay und Lex waren sofort alarmiert und schauten sich angespannt um. Woher kam dieser Laut und wie kamen sie dorthin. Lex hielt plötzlich inne und winkte Fay zu. Zeigte dabei auf etwas. Fay folgte seinem Finger und musste fast lächeln, als sie die Tür entdeckte. Beide gingen auf diese zu und als Lex sie öffnete, kam eine Treppe dahinter zum Vorschein, die nach unten führte. Natürlich. Der Keller! Fay schaute ihren Bruder mit einem schiefen Grinsen an. „Echt jetzt!“ Leise aber auch zügig liefen sie die Stufen hinunter und standen dann vor einer weiteren Tür. Diese war jedoch nur angelehnt. „Ziemlich nachlässig!“, raunte Fay. Lex zuckte nur die Schultern und drückte sie auf. Kurz warteten sie einen Moment, dann gingen sie in den Raum daneben. Dumpfes Murmeln war zu hören, doch als sie näherkamen, wurde das Murmeln deutlicher. „Nein, bitte nicht!“, hörten sie eine Männerstimme jammern. „Sei ruhig. Du bist selber dran schuld!“, keifte eine weitere Stimme. Diese erkannte Fay sofort. „Das ist Mrs. Jenkins!“ Lex sagte nichts dazu, sondern spannte sich an. „Bitte, ich flehe Sie an!“ Lex hielt fünf Finger hoch und zog einen nach dem anderen ein. Zählte so runter. Als er bei Null war, machten sie einen Satz nach vorne und hielten ihre Waffen hoch. Bereit zu schießen, wenn es nötig sein musste. „Keine Beweg…What the Fuck?“ Mit allem hätte Fay gerechnet. Zumindest was mit Mord zu tun hätte. Aber das nicht. Anstatt Mrs. Jenkins über einem weiteren Opfer stehend zu sehen, die einen Dolch hielt, stand sie vor ihrem Mann, der an einem Andreakreuz gefesselt war und nichts außer einer ledernen Unterhose anhatte. Sie selbst trug ebenso wenig. Eine Ledercorsage, einen Tanga und hochhackige Stiefel. In ihrer Hand eine Gerte. Fay dachte, sie wäre im falschen Film. Verstohlen schaute sie sich um. Sah dass an den kahlen Steinwänden einige an diverse Sachen hingen. Paddel, Peitschen, Nippelklemmen, Knebel und sogar Dildos in allen Variationen. Eine peinliche Stille entstand. Dann aber musste Fay breitgrinsen. „Mrs. Jenkins!“, sagte sie gedehnt und gab sich alle Mühe schockiert zu wirken. Mrs. Jenkins schien auch erstmal nicht zu verstehen, doch dann schoss die Schamesröte in ihr Gesicht. „Was in Gottes Namen machen Sie hier?“ Fay grinste verschlagen. „Vorsicht! An ihrer Stelle würde ic ganz leise sein. Oder soll ich allen Mal erzählen, was für eine Neigung sie haben. Den einen oder anderen dürfte das sicher interessieren!“ Mrs. Jenkins wurde kreidebleich. „Das wagen Sie nicht!“ „Wollen wir wetten? Nach dem ganzen Terror den wir Ihnen zu verdanken haben, wäre das nur fair!“ Man sah Mrs. Jenkins deutlich an, dass sie um Fassung rang. Dann schaute sie auf die Waffen, die Fay und Lex immer noch auf sie richteten. „Wieso sind Sie überhaupt hier? Was haben Sie vor? Wollen Sie uns etwa erschiessen?“ „Nein!“, sagte Lex, konnte sich ein Grinsen aber auch nicht verkneifen. „Gestatten, Scotland Yard!“ Mit diesen Worten steckte er die Waffe weg und holte dafür seinen Ausweis. Ebenso Fay. Mrs. Jenkins Augen traten soweit aus den Höhlen hervor, dass Fay schon dachte, sie würden ihr rausfallen. „Wir würden uns gerne mit Ihnen unterhalten!“ „Ich werde mal unseren Azubi holen und Entwarnung geben!“, sagte Lex und sagte noch schadenfroh an das Ehepaar:„ Nicht weglaufen!“ Fay grinste nur. Dann wandte sie sich wieder an Mrs. Jenkins. „Also. Wie gesagt bin ich von Scotland Yard. Ebenso meine…Freundin. Und wir ermitteln in diesem Mordfall, der hier ja die Runde macht. Können Sie uns mehr darüber sagen?“ Mrs. Jenkins verstand nicht wirklich. Immernoch war sie wie vom Blitz getroffen. Dann aber schien sie sich zu besinnen und zu begreifen. „Scotland…Scotland Yard!“, stammelte sie dann und schüttelte schließlich den Kopf. „Nein…nein!“ Fay nahm ihr das nicht ab. Aber bevor sie weiterhacken konnte, kam Lex die Treppe hinunter gerannt und war aufgekratzt. „Fay, wir haben ein Problem!“, sagte er hekcitsch und schaute hoch zur Treppe. „Wieso? Was ist los?!“, fragte sie und wunderte sich was in ihren Bruder gefahren war. Dann aber sah sie, das Allison nicht dabei war. „Lex, wo ist wo ist Allison?“ Als ich wieder zu mir kam, merkte ich, wie ich über den Boden gezogen wurde. In meinem Kopf war ein zäher Nebel. Ich wusste erstmal nicht, was passiert war. Ich blinzelte paar Mal um den Schleier, der mir die Sicht nahm los zu werden. Doch kaum das die Sicht besser wurde, begann mein Schädel zu dröhnen, als hätte ich zu tief ins Glas geschaut. Außerdem war mir speiübel. Noch dazu kam, dass sich meine Schläfe seltsam nass anfühlte. Ich wollte die Hand heben um diese ab zu tasten. Doch da fiel ich auf den Boden und konnte ein schmerzhaftes Stöhnen nicht unterdrücken. Ich blieb einige Atemzüge ruhig liegen. Tastete aber dann vorsichtig den Boden unter mir ab. Ich fühlte Erde, feuchtes Laub und einige kleine Steine. Über mir sah ich den dunklen Nachthimmel und einige Bäume. War ich in einem Wald? Wie war ich hierher gekommen? Und wer hat mich hier hin gebracht? „Komm zu dir, Allison!“, hörte ich Erik wie aus weiter Ferne. „Erik!“, flüsterte ich und schaute hoch. Sah wie sich dann jemand über mich beugte. „Erik?“ „Nein, tut mir leid, mein Kind. Aber ich bin nicht Erik!“, sprach dieser Jemand sanft zu mir. Doch es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich kannte die Stimme. „Vater Remington?“ In kurzen Stichpunkten erzählte Lex Fay was passiert war, als er das Haus verlassen hatte. Allison war verschwunden! Der einzige Hinweis, was mit ihr geschehen war, war das Blut, welches auf einem Stein klebte und frisch glänzte. Fays Gedanken überschlugen sich und sie warf Mrs. Jenkins einen drohenden Blick zu. „Sollten Sie auch nur das Geringste damit zu tun haben, zeige ich Ihnen was wirkliche Schmerzen sind!“ Dann verließen sie den Keller und das Haus. „Ich rufe sofort bei der örtlichen Polizei an und geben denen bescheid!“, sagte Lex, während sie zum Auto liefen und einstiegen. „Wer hat sie? Und wohin ist sie verschleppt worden?“, kam es aufgebracht von Fay, die sich anschnallte. Lexs Gesicht war wild entschlossen. Er startete den Motor. „Keine Ahnung. Aber er kann nicht weit sein!“, sagte er. Und wählte die Nummer der Polizei. Gab ihnen bescheid, dass eine Entführung stattgefunden hatte und dass sie alle verfügbaren Kollgen schicken sollten. Während schaute Fay besorgt drein. Sie machte sich schreckliche Sorgen aber noch mehr machte sie sich Vorwürfe. „Das ist meine Schuld. Ich hätte sie nicht allein lassen sollen!“ Lex warf ihr kurz einen Blick zu und biss sich auf die Unterlippe. Auch er machte sich Sorgen um Allison, aber es war keinem von ihnen geholfen, wenn sie sich jetzt gegenseitig den schwarzen Peter zu schoben. „Du bist nicht schuld daran. Damit hatte keiner von uns gerechnet?“ „Wir hätten wachsamer sein sollen!“, warf Fay dazwischen und vergrub das Gesicht in den Händen. „Und jetzt ist Allison in Gefahr und wir wissen nicht, wo sie ist!“ „Sie ist im Wald!“, kam es plötzlich von der Rückbank. Lex und Fay fuhren zusammen, was zur Folge hatte, dass Lex das Lenkrad verriss und der Wagen kurz ins Schlingern geriet. Als Lex wieder die Kontrolle über den Wagen hatte, drehte er sich um sah Erik dort sitzen. „Waszur Hölle machst du hier?“ Erik sah ihn schräg von der Seite an. „Euch sagen, wo Allison ist!“ „Und woher wiesst du das?“ „Willst du wirklich jetzt darüber mit mir streiten?“, kam es gereizt von Erik. „Uns läuft die Zeit davon!“ „Wieso bist du dann nicht bei ihr?“, schnaubte Fay. Ihre Sorge schlug ihn Wut um. Erik war ihr Beschützer und anstatt bei ihr zu sein, vergeudete er wertvolle Zeit. Erik sah sie finster an. „Wir treffen uns dort. Bis gleich!“ „Wo genau? Im Wald?“, fragte Lex. Doch da war Erik schon weg. „Was….verdammt!“, schnaubte Lex und lenkte den Wagen Richtung Wald. Meine Versuche mih zu wehren, als Vater Remington mich an einen Baum fesselte, waren nicht der Rede wert. Ich war immernoch zu ausgeknockt als das ich etwas gegen ihn ausrichten konnte. Und so saß ich da, auf dem feuchten Waldboden. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn böse an zu sehen und ihm hinundwieder einige Beleidgungen an den Kopf zu werfen. Diese überhörte er jedoch. Als wenn er alle Zeit der Welt hätte, zog er sich etwas über, was wie einn Gewand aussah und holte etwas aus einer kleinen Schatulle. Kurz blitzte es auf und als er sich um drehte, spannte sich alles in mir an. Ein Dolch! „Denken Sie wirklich, dass Sie damit durchkommen? Meine Freundin wird sicher schon die Polizei gerufen haben!“ Vater Remington lächelte milde. „Bis jetzt bin ich das. Und um deine kleine Hurenfreundin werde ich mich auch noch kümmern!“ Mir wurde noch übler als vorher schon und ich spukte ihn an. Fay hatte Recht gehabt. Hinter all dem steckte der Geistliche. Ich könnte mich ohrfeigen, wären mir die Hände nicht gebunden. „Und welche Zahl wird mir ehrenvoll eingeritzt?“ „Kannst du dir das nicht denken, du verkommenes Weib?“ „Sie sind krank!“ „Nein, ich bin auserwählt. Die Welt von Sündern zu befreien!“ „Da haben Sie sich ja was vorgenommen!“, giftete ich. „Irgendwo muss ich ja anfangen!“ Bedrohlich kam er dann näher. Ich rutschte automatisch zurück, was durch den Baum jedoch verhindert wurde. „Bleiben Sie mir vom Leib!“, fauchte ich und trat nach ihm. Vater Remington hatte immernoch dieses Lächeln, aber seine Worte waren eiskalt. „Keine Angst. Ich mache es schnell!“, versprach er und begann auf einmal das „Vater unser!“, runter zu beten. Kranker ging es echt nicht. Verzweifelt trat ich nach ihm, doch er wich meinen Tritten aus und setzte sich dann auf meine Beine. Dann packte ermich am Hals und drückte mir den Kopf gegen das Holz. Ich röchelte und bäumte mich unter ihm auf. Sah aus zusammengekniffenen Augen zu ihm auf und sah, wie er mit der anderen Hand den Dolch hob und mit der Spitze auf meine Brust zielte. Als er mit „Amen“, endete, stiess er zu und ich schloss die Augen in Erwartung des tödlichen Stoßes. Dieser kam jedoch nicht. Denn etwas musste sich auf ihn geworfen und zur Seite gerissen haben. Sobald der Griff um meine Kehle verschwunden war, rang ich nach Luft und schaute zum Vater, der sich wie wild über den Boden wälzte und auf etwas einschlug. Was es war, konnte ich nicht erkennen Aber ich konnte ein bedrohliches Knurren und wildes Kläffen hören. Wie gebannt sah ich zu, wie dieser Scheisskerl um sein Leben kämpfte und schrie und ich genoss es. Fast schon wollte ich meinen Retter anfeuern. Ich hoffte sehr, dass er ihm den Kopf abriss. „Alli?“, hörte ich plötzlich neben mir und mein Herz machte einen Hüpfer. Ich drehte den Kopf und blickte direkt in Fays Gesicht. „Fay!“ Aufeinmal liefen mir Tränen über die Wangen. Schnell machte sie die Fesseln los. Stürmisch fiel sie mir um den Hals und sagte immer wieder, dass es ihr leidtäte. Ich schluchzte nur und lachte auch. Nur nebenbei sah ich wie nun mehrere Leute auftauchten. Unter ihnen auch Lex. Hey, alles okay?“, fragte er. Ich nickte. „J…Ja!“ Lex lächelte und strubbelte mir durchs Haar. Eigentlich würde ichihm dafür eine knallen, weil ich mir dabei wie ein kleines Kind vorkam, aber ich war so heilfroh, dass mich noch rechtzeitig gefunden hatten, dass mir das ziemlich egal war. „Man kann dich auch keine Minute allein lassen!“, witzelte er, was ihm inen bösen Blick von Fay einbrachte. „Gib mir einfach nächstes Mal auch eine Glock!“, konterte ich. Nun mussten wir alle drei lachen. Doch unsere kleine muntere Unterhaltung wurde unterbrochen, als wir das wütende Rumbrüllen des Pfarrers hörten. „Lasst mich los, Ihr Narren!“, schrie er. Wir blickten zu ihm. Sahen wie er sich gegen die Polizisten wehrte, die ihn abführten. Dann als er an uns vorbeigeschliffen wurde, warf er uns einen hasserfüllten Blick zu. „Ihr! Ihr elenden Huren. Dafür werdet Ihr in der Hölle brennen. Möge das Höllenfeuer Euer Fleisch verzehren und Euch unglaubliche Qualen bereiten!“ Fay erhob sich und baute sich vor ihm auf. Ich musste nicht sehen, mit was für einen Blick sie ihn ansah, denn der Pfarrer wich auf der Stelle vor ihr zurück als ihn anblickte. Sie musste ihn mit dermaßen Zorn angesehen haben, dass er sofort still wurde. „Schafft ihn weg, bevor ich mich vergesse!“, zischte sie durch zusamen gebissenen Zähnen. Ein Arzt schaute sich später meine Kopfwunde an und erklärte mir, dass es nicht weiter schlimm war. Fragte ich ob mir übel wäre. Als ich verneinte, schien er beruhigt. Verband sie dennoch mit einem Pflaster und legte mir ans Herz, dass, sollte es mir schlechter gehen, ich sofort ins Krankenhaus gehen solle. Als alles vorbei war, packten wir zusammen und fuhren Heim. Wir waren allesamt froh, dass es nun vorbei war und Ruhe einkehrte. Doch als unser Haus in Sicht kam, sahen wir auch schon die Menschentraube, die sich auf der Strasse versammelt hatte. Das ganze Dorf musste auf den Beinen sein. Einige der Polizisten waren auch da und unterhielten sich mit einigen von ihnen. Wir alle stöhnten auf. Eins musste man der Polizei lassen. Wenn es sein musste, konnten die echt fix sein. Etwas abseits standen Mr. und Mrs. Jenkins und schauten etwas verdrießlich drein. „Machen wir es schnell!“, raunte Faymir zu. Ich hatte nichts dagegen. Alle zusammen stießen wir die Türen des Autos auf und machten dass wir ins Haus kamen. Krachend fiel die Tür ins Schloss. Wenig später, als ich warm geduscht hatte und mich einigermaßen erholt hatte, saßen wir auf der Couch und tranken heiße Schokolade. Wobei mir eigentlich nach was Hochprozentigem war. „Was macht dein Kopf?“, fragte Fay. Ich tastete nach dem Verband und zuckte etwas zusammen. „Geht so!“ „Du hattest Recht, was den Pfarrer anging!“ „Glaub mir, ich fühle mich dabei nicht gerade besser!“, kam es gedämpft von ihr. „Jetzt ist dieser Spinner weggesperrt. Und ihr könnt ruhig schlafen!“ Da verzog Fay das Gesicht. „Ich bezweilfe, dass ich in nächster Zeit schlafen werde geschweige denn die Augen zumachen kann, ohne Mrs. Jenkins als Domina zu sehen!“, jammerte Fay. „Ich werde sehr viel Alk brauchen um das zu vergessen!“ Mir wäre beinahe die Tasse aus der Hand gefallen, als ich das hörte. „Halt was?“ Lex grinste breit. „Ach, stimmt ja. Das weisst du ja noch nicht!“, feixte er und erzählte alles ganz ausführlich und mit einem blitzen in den Augen. Ich glaubte nicht, was ich da hörte. Diese verklemmt, rumpredigende Mrs.Jenkins, die uns das Leben schwer machte, weil wir nicht in Ihr Weltbild passten, war eine Domina. Ich musste schallend lachen. Das war die beste Nachricht an diesem Abend. Aber ich war auch sprachlos. So was Verlogenes. Ich hoffte, dass sie daran noch lange zuknabbern hatte, dass Lex und Fay ihr kleines Geheimnis entdeckt hatten. „Wäre ich nur dabei gewesen. Ich hätte die Alte dermaßen zerlegt!“, knurrte ich. Fay kicherte. „Zerbrich dir darüber nicht den Kopf!“ „Richtig, morgen packen wir alles zusammen und dann verlassen wir dieses Kaff!“, pflichtete Lex ihr bei und hob die Tasse um an zu stossen. Irgendwann gingen wir ins Bett. Das heißt Fay und ich schliefen in unser Bett, während wir Lex auf die Couch verbannt hatten. Doch schlafen konnte ich nicht. Die letzten vergangenen Stunden hatten ihre Spuren bei mir hinterlassen und ich konnte die Erinnerung daran nicht abschüttlen. Wann immer ich die Augen schloss, sah ich wieder Pfarrer Remington, der über mir war und mich ermorden wollte. Der Wahnsinn in seinem Blick verfolgte mich wie einen schrecklichen Alptraum und machte es mir schwer Ruhe zu finden. Dass mich Dämonen töten wollten, war nichts Neues für mich. Ich hatte mich irgendwie daran gewöhnt. Aber dieses Mal war es ein Mensch. Noch dazu ein Pfarrer. Ich war nicht gerade naiv was das betraf. Ich wusste ja selbst, dass Menschen aus welchen Gründen auch immer zu Monstern werden konnten. Schließlich war mein Vater selbst ein Polizist und ich bekam schon das eine oder andere mit. Dennoch hatte es mich tief getroffen. Und es würde mich noch die ganze Nacht lang beschäftigen. Schließlich gab ich es auf und stieg aus dem Bett. Ich ging geradewegs in die Küche und wollte nach draußen an die frische Luft. Mittlerweile war es wieder ruhig draußen, sodass ich in Ruhe dort stehen und ein wenig frische Luft schnappen konnte. Ich legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete einige Male tief durch. „Es ist vorbei!“, begann ich dann vor mich hin zu murmeln. „Endlich vorbei!“ „Es ist noch nicht vorbei…Es ist noch nicht vorbei!“, brabbelte der Pfarrer vor sich hin wie ein Mantra. „Es ist noch nicht vorbei!“ Laut stiess er dann immer wieder diesen Satz aus und schlug gegen die Stäbe seiner Zelle. Im Nebenraum saßen die Polizisten, die die Nachtwache hatten. Aber sie hörten nicht auf daswas der Insasse sagte. Für sie war er ein weiterer Straftäter, der die Nacht hier verbringen sollte und morgen dann abtransportiert wird, um vor dem Richter geführt zu werden. „Ahnungslos…allesamt ahnungslos. Versteht Ihr denn nicht? Das Böse greift um sich. Und verdirbt alle Menschen. Macht sie zu Sündern. Zu Werkzeugen des Teufels!“, sinnierte er. „Und ich…Ich bin der einzige, der das stoppen kann!“ Er war so in diesem Wahn versunken, dass er nicht merkte, wie die Lampen an der Decke, die den Flur erleuchteten, eine nach der anderen flackerte und dann erlosch. Erst als die Lampe in seiner Zelle ebenso ausging, hielt er inne und schaute hoch. Was war los? Sicher ein Stromausfall, dachte er dann und wartete darauf, dass das Licht wieder anging. Als es jedoch weiterhin dunkel blieb, wurde er langsam nervös. Mit einem wachsenden Unwohlsein stierte er in die Dunkelheit und rief nach den Polizisten. Doch sie schienen ihn nicht zu hören. Oder wollten es nicht. Was sollte das? Wieso hörten Sie ihn nicht? Noch immer schaute er in die Dunkelheit. Spielten ihm seine Augen einen Streich oder wurde die Dunkelheitundurchdringlich. Fast schon erdrückend. Noch dazu kam mit dieser Dunkelheit eine beissende Kälte, die ihn zusammen fahren ließ und ihn zum Zittern brachte. Wie ein Leichentuch legte sie sich um ihn und schien ihm die Luft zu rauben. In kleinen weißen Wolken stieg sein Atem auf. Mehr und mehr kroch die Kälte durch seine Kleider und bohrte sich wie tausend Nadeln in seinen Körper. Vater Remington spürte deutlich, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Etwas bedrohliches lag in der Luft und er spürte, dass er nicht allein war. Sogleich bekreuzte er sich und betete. Da packte ihn etwas ihn und warf ihn brutal gegen die Gitter. Die Wucht trieb ihn die Luft aus den Lungen und er rang nach Atem. Doch er hatte nicht die Gelegenheit sich von diesem Angriff zu erholen, als er erneut gegen die Wand geschmettert wurde. Das widerholte sich einige Male, ehe ihn die unsichtbare Macht hochhob und ihn festhielt. Wehrlos wie ein Insekt zappelte er im Griff und versuchte sich vergebens los zu reißen. Hielt aber inne als sich aus der Dunkelheit eine Gestalt schälte, die die Dunkelheit in der Zelle selbst noch übertraf. Schemenhaft sah Vater Remington die Konturen eines kalhen Totenschädels, dessen Zähne scharf und spitz waren. Aus den Augenhöhlen glimmte es rot. Remington war es so als würde sich der Blick dieses Wesens in seinen Verstand brennen und ihm schier zerfressen. Furcht erfasste und lähmte ihn. „Gütiger Herr. Hilf mir…!“, krächzte er. Die Gestalt lachte nur. „Dein Gott wird dir nicht helfen können!“ Dann herrschte Stille. Doch dann gellten die Schmerzensschreie des Pfarrers durch den Flur. Esmeralda saß im Halbdunkeln im Wohnzimmer und schaute in das fast erloschene Kaminfeuer. Lex hatte ihr und ihrem Mann berichtet, dass sie den Mörder gefunden haben. Ein Pfarrer! Und was er mit Allison vorhatte. Sie musste düster darüber lächeln. Wer hätte das gedacht. „Da zeigt sich doch deutlich, wie sehr die Menschen uns Dämonen ähneln!“, dachte sie bitter. Zum Glück war Erik noch zur rechten Zeit gekommen und hatte ihn aufgehalten. Ein süßlicher Geruch riss sie aus seinen Gedanken und ließ alles in ihr verkrampfen. Süßlich, metallisch. Sie erkannte ihn sofort und machte sie nervös. Es war der Geruch von Blut. Menschlichem Blut! Woher kam er? Esmeralda sprang aus dem Sessel als dieser Geruch intensiver wurde. Wachsam ließ sie den Blick umherschweifen. Sie hatte ungutes Gefühl. EineVampirin, die sie ja war, würde bei diesem Geruch in wilde Raserei verfallen, aber etwas an diesem Geruch störte sie. Und als Esmeralda Schritte hörte, spannte sich alles in ihr an. Allmählich schälte sich eine Person aus der Dunkelhei, die Esmeralda vertraut war. Und als die Gestalt nach und nach deutlicher zu sehen war und vor ihr stand, sog Esmeralda scharf die Luft ein. Erik! Aber was stimmte nicht mit ihm. Er stand einfach nur da. Sein Blick ging ins Leere. Er wirkte wie entrückt. Als würde er nichts um sich herum wahrnehmen. Nicht Esmeraldas verstörter Blick, nicht seine Anspannung und auch nicht das Blut, was an seinen Händen klebte. „Erik!“, kam es von Esmeralda angespannt. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Das etwas nicht mit Erik stimmte, wurde ihr mehr und mehr bewusst und es gefiel ihr nicht. Und als sie das Blut an Eriks Händen sah, war ihr, als würde ihr jemand kaltes Wasser überschütten. „Erik!“, presste sie aus zusammengebissenen Zähnen hervor. „Was hast du getan?“ Erik sagte jedoch nichts, sondern starrte weiterhin vor sich hin. „Erik!“ Nun schrie Esmeralda und versuchte ihr Unbehagen zu unterdrücken. Was immer mit Erik war, es war sicher nichts Gutes. Endlich reagierte Erik auf ihr Rufen und blinzelte. Schien selbst nicht zu wissen, was mit ihm war. Ein verwirrter Ausdruck zeigte sich auf seinem Gesicht. Doch dann veränderte sich dieser Ausdruck und wurde zu etwas Dunklem. Mit Schaudern sah Esmeralda, wie sich Eriks Züge zu einem grausamen Grinsen verzogen. Es lief ihr kalt den Rücken hinunter. Das war nicht Erik! Sondern etwas, was seine Form angenommen hatte. Noch bevor Esmeralda etwas tun konnte, war Erik verschwunden. „Was zum Teufel…!“, flüsterte sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)