Allison von Mad-Dental-Nurse (Das Erbe des Wolfes) ================================================================================ Kapitel 12: Forever Young ------------------------- London hatte viele Strassen. Und noch mehr Menschen, die in diesen lebten. Obdachlose, Schnorrer oder noch andere, die ein Leben auf der Strasse vorziehen, als sich in der Gesellschaft einzuintegrieren. Einige von ihnen verschwanden einfach und wurden nie wieder gesehen. Keiner fragte nach ihnen. Wozu auch, je weniger Penner es gab, desto besser. Und so merkte niemand, wel grauenvolles Geheimniss hinter all den verschwunden Menschen steckte. Sie musste schon seit Tagen, vielleicht sogar schon Wochen, hier unten sein. In diesem Loch, tief unter der Erde. Eingesperrt wie ein Tier. In einem kleinen Raum, in dem nichts weiter stand als ein Bett, bezogen mit schmutzigen Laken. Es war still. Totenstill. Nur das Knirschen von Steinen unter ihren Füssen war zuhören. Ob sie die einzige war, wusste sie nicht. Sie hatte keine andere Frau gesehen oder gehört. Als er sie hierruntergebracht hatte, hatte sie nach Hilfe gerufen. Doch keiner hatte ihr geantwortet. Nur er. „Spar dir die Mühe. Hier wird dich keiner hören!“, hatte er geknurrt und sie in diese Kammer gestossen. Kaum dass sie drin war, warf er die schwere Tür ins Schloss und verriegelte sie. Seit dem hatte sie versucht, die Stunden zu zählen. Doch irgendwann gab sie es auf. Die Zeit zog sich ins unendliche und sie fragte sich, ob sie bereits vermisst und gesucht wurde. Oder ob man sie aufgegeben hatte, sie zu einer von vielen Vermissten erklärt hatte, die nicht gefunden wurden. Er brachte ihr Essen, durch einen Spalt unterhalb der Tür, wie bei einem Gefängniss, was es als nichts anderes war. Tief unterhalb der Erde, an einem fremden Ort. Als er sie ins Auto gezerrt hatte, hatte sie kaum Zeit gehabt, sich zuwehren oder um Hilfe zuschreien. Er verband ihr die Augen und knebelte sie. Dann fuhr er los. Sie wurde hinundher geschleudert und hinundwieder schien der Wagen über eine Wölbung in der Strasse hinüber zu poltern. Irgendwann war es vorbei und er zog sie wieder aus dem Wagen. Schleifte sie mit sich, als wäre sie ein schwerer Sack. Dann spürte sie, wie er sie eine Treppe hinunterzog. Und schließlich einsperrte. Sie rechnete schon gar nicht damit, dass sie hier rauskommen würde. Sicherlich würde er sie hier unten gefangen halten, bis sie verrottete. Aber irgendwann ging die Türe auf und er kam hinein. Mittlerweile war sie so schwach, dass sie kaum noch Gegenwehr leisten konnte und so war es für ihn ein leichtes, sie zu packen und rauszuschleifen. Den Gang entlang, der nur sperlich mit Lampen beleuchtet wurde und sich wie ein Labyrinth durch die Erde wand. „Wohin bringst du mich?“, wimmerte sie, doch sie erhielt keine Antwort, sondern wurde weiter gezogen, bis sie vor einer weiteren Tür standen. Er stiess sie auf und dahinter kam ein Raum zum Vorschein, der von zahlreichen Kerzen beleuchtet wurde. Unterhalb der steinernen Decke führte ein Balken aus massivem Holz, an dem Ketten hinunterbaumelten. Sie erinnerten sie an die Handschellen, mit denen Menschen im Mittelalter angekettet wurde und sie schluckte, als sie merkte, wie ihre Kehle trocken wurde. Auf dem steinigen Boden war ein Kreis aus roter Farbe gemalt, in dem ein riesiger Stern eingezeichnet und von einigen fremdartigen Symbolen umgeben war. Was hatte dieser Irre vor mit ihr? Eine schreckliche Ahnung stieg in ihr auf, War er so etwas wie ein Teufelsanbeter, der sie opfern wollte? Oft hatte sie igrendwelche Filme und BErikhte über diese Menschen gesehen und sich immer gefragt, wie krank die nur sein konnten. Und so einem war sie nun selbst in die Falle gegangen. Mit dem Mut der Verzweiflung versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien und wegzurennen. Doch dies ließ er nicht zu und versetzte ihr einen brutalen Schlag gegen die Schläfe, der ihren Kopf nachhinten riss. Kurz war sie zubetäubt, als sie ein Wort sagen oder gar schreien konnte. Taumelte hinter ihm her, dann spürte sie, wie er ihr die Handschellen anlegte und an der Kette riss. Ein schrecklicher Schmerz durchschoss ihren Köprer, ließ sie wimmern. Er trat zurück, aus dem Kreis heraus, ging zu einem Tisch auf dem ein dickes Buch und etwas anderes lagen. Aus dem Augenwinkel sah sie es metallisch aufblitzen, als er es nahm und auf sie zuging. Hielt es dann vor ihren Augen hoch, sodass sie es sehen konnte. Ein Dolch! Ihr Innerstes krampfte sich zusammen. Oh Gott, durchfuhr es ihr. Er will mich umbringen! Doch statt ihr den Dolch in die Brust zustossen, schnitt er damit in die Arme, sodass Blut daraus floss. Dann tauchte er die Spitze des Dolches in die Wunde. Bohrte darin, wobei sie aufschrie und sich den Ketten wand. Ein flüchtiger Blick auf sein Gesicht zeigte ihr, dass er kalt lächelte. Er schien es zu genießen, sie so zu quälen. Kurz flammte Wut in ihr hoch, wollte sie in sein Gesicht spuken lassen, doch der Schmerz war zugroß, als das sie dazu in der Lage wäre. Dann war es vorbei. Er nahm die Dolchspitze aus der Wunde und bückte sich zu dem mit roter Farbe aufgemalten Stern. Ließ ihr Blut darauf tropfen, bis sich eine kleine Pfütze gebildet hatte. Dann ging er wieder zum Tisch, Nahm dieses mal das Buch hoch und begann Worte lautvorzulesen, die ihr fremd waren und nicht wirklich klangen. Eine Mischung aus Zischen und Knurren. Sie hörte zu, konnte nicht anderster. Es war als würden die Worte sie in ihren Bann ziehen. Sie hypnotesieren. Sie in eine andere Welt ziehen. Langsam machte sich in ihr ein beängstigendes taubes Gefühl breit, welches erst in ihren Kopf begann und sich dann in ihrem gesamten Körper ausbreitete. Jeden Muskel und jede Faser lähmte, als hätte man ihr ein starkes Betäubungsmittel in den Körper gespritzt. Sie glaubte, dass das Schlagen ihres Herzens langsamer wurde. Panik mischte sich in das taube Gefühl und sie wollte sich dagegen wehren. Versuchen aus dieser Taubheit zuerwachen. Doch sie war schon zu sehr in dem Bann der Worte geraten, als das sie sich daraus noch befreien konnte und spürte, wie es immer stärker wurde. Wie es ihr das Bewusstsein raubte. Ihr wurde kalt und sie fror. Zitterte. Alles um sie herum drehte sich. Ihr schwanden die Sinne. Sie glaubte alles doppelt und dreifach zusehen. Nocheinmal blickte sie zu ihm, sah, wie er immer noch diese Worte vor sich hin redete. Dann versank die Welt um sie herum in tiefste Schwärze und das einzige, was sie spürte, war die Kälte, die sie einhüllte und davon trug. Mit einem heftigen Schlag gegen die Brust, schleuderte mich Brian zu Boden und kaum dass ich reagieren konnte, war er schon über mir und ließ seine Faust auf mein Gesicht zudonnern. Doch kurz bevor er zuschlug, stoppte seine Faust knapp vor meinem Gesicht. „Du musst besser werden, sonst wird dein Gegner dir den Kopf zertrümmern!“, sagte er, richtete sich dann auf und ließ mich aufstehen. Brian hatte seine Ankündigung leider wahrgemacht. Gönnte mir gerade mal einen Tag Pause, ehe es wieder in den Trainingsraum ging und er mich durch den Raum schleuderte. Da vermisste ich doch eigentlich die Fälle, in denen ich mich mit Dämonen herumschlage. Die waren auch anstrengend zwar, aber ich konnte mich auch ein wenig ausruhen. Ich wischte mir den Schweiss von der Stirn. „Ich werde es mir merken!“, murmelte ich. „Weiter geht’s!“, sagte er, ohne dass er mich gehört haben musste. „Mach mal pause, Darling!“, sagte Esmeralda, die gerade in den Trainingsraum kam. „Allison, hast du Lust mit mir und Fay heute einen Mädelsabend zumachen. Was trinken gehen und nett plaudern?“, fragte sie und strahlte mich an. Ich war zu baff, um erstmal was zusagen. Brian aber nicht. „Esmeralda, du weißt, dass sie trainieren muss, wenn sie für die nächsten Angriff vorbereitet sein will!“, sagte er. Esmeralda winkte ab. „Achwas, einen Abend mal was unternehmen kann nicht schaden. Sie ist auch eine junge Frau!“, sagte sie. „Und als solchte hat auch sie ein Recht, auf ein bisschen Spass!“ Brian schien nicht dieser Ansicht zusein, sagte aber nichts. Schüttelte nur den Kopf. Esmeralda sah mich an und zwinkerte verschwörerisch. Ich konnte nicht ander als zugrinsen. Fay gab mir einige schicke Klamotten für unseren Mädelsabend, wobei ich versprach, dass ich mir bei der nächsten Shoppinggelegenheit neue kaufen würde. Doch Fay sagte nur, dass es für sie in Ordnung sei, da sie genug an Klamotten hatte. Natürlich kleidete sie mich äußerst stilvoll ein. Eine weisse Bluse, deren Ärmel über den Ellenbogen endeten und meine Oberweite, die nicht gerade klein war, noch mehr hervorhebte. Dazu ein dunkler Rock, der, je nachdem das Licht drauffiel, grünlich schimmerte und der knapp meine Knie bedeckte und schwarze, hochkackige Stiegel. Darüber trug ich schwarze Lederjacke. Sie selbst eine rote Bluse, die ebenso ihre Reize hervorhebte und eine schwarze Hose. Darunter Stiefeletten. Da ich auch leider nicht die geringste Ahnung fürs schminken hatte, übernahm sie das auch und ich hatte das Gefühl, dass sie Spass daran hatte, mich zu schminken. Fast als wäre ich ihre persönliche Barbie zum stylen und schminken. Als ich in den Spiegel schaute, war ich erstaunt und fragte mich für den ersten Moment, ob ich das wirklich war. „Du siehst hammermässig aus!“, sagte Fay grinsend. „Ich fresse einen ganzen Strauch Knoblauch, wenn du heute Abend nicht einen einzigen Mann abkriegst!“ „Im Moment steht mir nicht der Sinn nach Männerbekanntschaften!“, murmelte ich und drehte den Kopf hinundher. „Ach, ein bisschen kucken kann man ja!“, sagte Fay kokett. „Hattst du schonmal einen Kerl?“, fragte ich und schaute sie im Spiegel an. Fay wirkte nun etwas verlegen. „Um ehrlich zusein, bin ich zusehr mit der Dämonenjagd beschäftigt, als das ich mich nach meinen Mr. Pfercet umschauen kann!“, sagte sie. „Außerdem würde es dieser keine einzige Minute mit meinem Dad aushalten. Der würde ihn dann auf Herz und Nieren prüfen und mein Dad ist in dieser Hinsicht, wie jeder Dad!“ Ich musste grinsen. War ja klar, dass Brian auf seine Tochter achtgibt. Besonders wenn ein Mann daherkommen würde. „Tja, so sind sie eben. Die Väter!“ „Hast du mal was von deinem Vater gehört?“, fragte Fay, die sich gerade Wimperntusche auftrug. Ich trat etwas beiseite und war nun etwas niedergeschlagen. In der ganzen Zeit hatte ich mich nicht ein einziges Mal bei ihm gemeldet. Sicher machte er sich die größten Sorgen. Ich nahm mir vor, ihn so bald wie möglich anzurufen. Nur um zuzeigen, dass ich noch lebe. Noch ehe ich auf ihre Frage antworten konnte, klopfte es an der Tür und Esmeralda steckte den Kopf durch die Tür. „Und Mädchen? Seid Ihr fertig?“ „Klaro. Wir können, Mum!“, sagte Fay überschwenglich und reichte mir Lipgloss. Schnell strich ich mir etwas darauf auf meine Lippen. Sah noch einmal in den Spiegel, dann nickte ich Fay zu. Als wir auf den Flur traten, war ich über das verdamm gute Aussehen von Esmeralda völlig sprachlos. Wir, ich und Fay, sahen schon aus, als seien wir für einen Abend in den besten Clubs angezogen. Aber Esmeralda…wow, kann ich da nur sagen. Sie trug ein bodenlanges Abendkleid, dass aus Seide oder so genäht sein musste. Es umflatterte sie, mit jedem Schritt den sie machte und schien ihr den Eindruck zugeben, als sei das Kleid aus flüssigem Feuer. Die Haare fielen ihr offen über die Schultern und umrahmten ihr perfektes Gesicht. Um ihre Schultern hatte sie ein Tuch gelegt, das etwas dunkler war, als das Kleid und ihre Füsse steckten in Riemensandalen, mit hochen Pfennigabsätzen. Sie glich mehr einer griechischen Göttin, als einer modernen Mutter. „Wow, Mum. Du siehst einfach scharf aus!“, sagte Fay. Das traf es nicht annährernd. Dennoch sah Esmeralda ihre Tochter tadelnt an. „Ich habe mich nur etwas feingemacht!“, sagte sie und schaute dann kritisch an sich hinunter. „Ich hoffe nur, dass es nicht zuviel ist!“ „Ach, Quark. Du siehst gut aus. Dad muss sich wirklich Sorgen machen, bei den Verehrern, heute Abend!“ „Nun übertreib es nicht, Fay. Ich bleibe deinem Vater treu!“, sagte Esmeralda und hatte plötzlich neckendes Funkeln in den Augen. „Aber ein paar Drinks dürfen sie mir gerne ausgeben!“ Daraufhin kicherten Fay und Esmeralda, während ich etwas unbeholfen dastand und mich fragte, ob ich mit in das Gekicher einstimmen sollte oder mich fragen sollte, ob Mama ebenso reden würde. Sicher nicht. Sie war eine attraktive Frau gewesen, klar und auch zu manchen Scherzen aufgelegt. Zumal wenn sie Papa necken konnte. Aber sie würde es niemals darauf ankommen lassen, dass ein anderer ihr den Hof machte. Aber auch bei Esmeralda konnte ich mir das nicht vorstellen. Sie schien Brian zulieben. Sehr sogar und dass sie niemals etwas mit einem anderen anfangen würde. Ich sagte mir daraufhin, dass ich nicht weiter darüber nachdenken sollte. Da es mich auch nichts anging und versuchte mich auf den bevorstehenden Abend zufreuen. „Lass uns gehen. Sonst denkt der Taxifahrer wir haben ihn vergessen!“, sagte sie. „Wir fahren mit dem Taxi?“, fragte ich und Esmeralda nickte. „Natürlich, so kann ich doch unmöglich Autofahren!“ Natürlich, darauf hätte ich auch selber draufkommen können. Ich sagte dazu nichts, sondern zog wie eine Schildkröte den Kopf ein. „Also, gehen wir!“, sagte Esmeralda und schob uns zur Treppe. Lex und Brian saßen im Wohnzimmer und als sie uns sahen, oder besser gesagt, Esmeralda, war in Brians Gesicht deutlich zusehen, was er von dem Outfit seiner Frau hielt. „So willst du rausgehen?“, fragte er und ich hätte schwören können, dass die Temperatur im Raum auf einige Minusgrade herabgesunken ist. „Ja, Dad!“, sagte Esmeralda. „Hmpf!“, machte Brian nur und drehte sich wieder weg. „Dann pass auf, dass du nicht entführt wirst!“ Esmeralda seufzte, schritt dann grazil auf ihn zu, beugte sich über die Lehne der Couch zu ihm hinüber und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Keine Angst, ich gehe dir schon nicht fremd!“, flüsterte sie, wandte sich dann an Lex und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Habt einen schönen Abend!“, rief er seiner Mutter hinunter. „Und macht nicht solange!“, kam es von Brian. „Versprochen!“, war Esmeralda Antwort und schon waren wir draußen. „Dad sollte wissen, dass du ihm nicht fremdgehst!“, schmollte Fay. Esermalda lächelte gütig. „Er weiss es auch!“ „Dann verstehe ich nicht, warum er gleich wieder so eine miese Laune hat!“ „Er ist eben auch nur ein Mann!“, sagte Esmeralda wieder. „Wenn du später selber einen Freund hast, wirst du es verstehen!“ „Also wenn Dad schon bei dir so reagiert, will ich eigentlich keinen Freund!“ Esmeralda lachte. Ich hörte nur nebenbei zu, sondern schaute aus dem Fenster und sah London beinacht an usn vorbeigleiten. Alles war hellerleuchtet. Pups, Clubs, Restaurants und auch den einen oder anderen Nachtclub, vor denen sich Menschen tummelten und um Einlass warteten. Einige von ihnen sahen ziemlich zwielichtig aus. „Wohin fahren wir eigentlich?“, fragte ich wandte mich von dem Nachtleben ab. „Zu einem wirklich guten Club. Dort gibt es gute Drinks und auch gutes Essen!“, sagte Esmeralda und sagte dem Mann dann wann er abbiegen sollte. Wenige Minuten später hielt das Taxi vor dem besagten Club. In sanftblauleuchtender und elegant geschwungener Schrift stand dort: Locus is Qiues! Vor der Tür standen zwei Herren, in Abendkleidung, die die Gäste, die nicht weniger elegant aussahen als wir, die Tür aufhielten und sie begrüßten. Die gesamte Fensterfront, die zur Strasse zeigte, war mit Fenstern ausgestatt, die aber von weissen, dichten Vorhängen behangen waren und somit wenig erkennen ließen, was da drin vor sich ging. Hinter den Vorhängen sah ich Lampen oder Kerzen brennen. Mit einem Mal fühlte ich mich wohl, als ich so vor dem Club stand. Trotz gutem Aussehen fühlte ich mich ziemlich undressed. Würden die mich überhaupt reinlassen? Bei Esmeralda und Fay würden sie sicher keine Probleme haben. Aber bei mir… Im Moment fühlte ich mich, neben ihnen, so attraktiv, wie ein Stück nasses Brot. Fay ergriff meine Hand. „Na komm schon. Lass uns reingehen!“, sagte sie und bevor ich auch nur Piep sagen konnte, zog sie mich mit sich. Esmeralda ging vorraus. „Guten Abend!“, begrüßte sie sie. „Ah, schön Sie wieder zusehen, Mrs. Matthews!“, begrüßte der eine sie und verneigte sich. „Es ist auch schön sie wiederzusehen, Daniel!“, sagte sie und setzte dabei das strahlenste Lächeln auf. Dann richteten die Männer ihre Blicke auf uns. „Heute in lieblicher Begleitung?“, fragte nun der andere und schien mich einen Moment länger, viel zulang für meinen Geschmack zu mustern. Wollte er sehen, ob ich etwas an mir hatte, was ihn dazu bErikhtige, mich wieder auf die Strasse zusetzen. Ich versuchte meine Unsicherheit zuverbergen und strafte ihn mit einem eisigen Blick. Das wirkte wohl, denn er schaute weg. „Ja, meine Tochter und ihre Freundin!“, sagte sie und machte eine kurze Handbewegung in unsere Richtung. Daniel nickte, dann gab er seinem Kollegen ein Zeichen uns die Türe aufzumachen. Esmeralda trat ein, wir folgten und während ich so an dem anderen Kerl vorbeiging, hätte ich meinen können, er würde meinen Hintern nun genauer betrachten. Ich drehte nur den Kopf herum, um zusehen, ob ich recht hatte. Aber kaum, dass ich zu ihm schaute, war sein Kopf auf die Strasse gerichtet. Männer, dachte ich. In dem Club war es angenehm. Lampen, die an den Wänden angebracht waren und mit milchigen Galslampenschirmen versehen waren, warfen ein sanftes Licht. Die Wände waren in einem sandfarbenen Farbton gestrichen und der Boden mit rotem Teppich ausgelegt. Für die Gäste waren Sitzgruben aufgestellt, bestehend aus zwei oder mehrern mit rotem Stoff besogenen Sesseln und in deren Mitte ein niedriger schwarzer Tisch. Etwas weiter hinter stand ein Podium auf dem ein lakierter schwarzer Flügel stand, an dem ein Mann im Smooking saß und Musik spielte. Eine Frau, mit schwarzen Locken, die ihr bis zum Hintern reichten und ein enggeschnittenes rotes Abendkleid trug, stand an einem etwas altmodisch aussehen Mikrofon und sang. Kellner, sowohl Männer als auch Frauen, gingen umher und servierten den Gästen Drinks und auch kleine Häppchen. Eine Bar, die alles an Flüssigen annzubieten hatte, war auf der anderen Seite eingerichtet und ein Barkeeper mischte gekonnt Cocktails. Eine Dame, die etwas streng angezogen war, stand am Gästebuch und sah uns an. „Einen Tisch für drei bitte!“, sagte Esmeralda. „Wie ist Ihr Name?“, fragte sie und klang dabei ziemlich gereizt. Was für eine Schreckschraube, dachte ich nur. Trotz dass ich sie zum ersten Mal sah und auch mich eigentlich davor hüten wollte, gleich so voreingenommen zu sein, wusste ich, dass die Gute jeden Morgen erstmal Maschendrahtzaun frühstückt. Esmeralda blieb locker, kramte in ihrer Tasche und zeigte Madame Schreckschraube ein Kärtchen. Kaum dass diese sie sah, wurde ihr Gesicht weiss und sofort war sie wesentlich freundlicher. „Ahh, Mrs. Matthews. Was für eine Freude. Einen Tisch für drei. Sofort!“, sagte sie und eilte vorraus. Esmeralda warf uns ein Grinsen zu und ging ihr nach. Fay und ich wiederum grinsten uns auch an. Keine Ahnung, wie sie das gemacht hatte, aber sie musste eine bedeutende Person sein, denn sonst wäre Madame Schreckschraube nicht gleich so freundlich gewesen. Die alte Schreckschraube führte uns zu einem Tisch, dessen Sitzgruppe aus drei Sesseln bestand und wir nahmen Platz. „Es wird gleich jemand kommen und sich um Sie kümmern!“, sagte sie und sah zu, dass sie sich aus dem Staub machte. Es dauerte auch nicht lang, als ein Keller zu uns kam und uns nach etwas zutrinken fragte. Ich bestellte mir ein Glas Wasser, woraufhin Esmeralda sagte, dass ich mir ruhig etwas mit mehr Prozent bestellen konnte, doch ich lehnte höflich ab. „Beim letzten Fall habe ich zuviel Prozentiges getrunken!“, sagte ich nur. Esmeralda lächelte daraufhin. „Verstehe!“ Sie selbst bestellte sich einen Cocktail, der irgendwie franzöisch klang und Fay eine Pina Colada. Als unsere Getränke kamen, stiessen wir an. „Auf einen schönen Abend!“, kündigte Esmeralda an. Und wir hatten einen schönen Abend. Wir lachten, redeten und tranken. „Danke nochmals, dass du mich da rausgeholt hast!“, bedankte ich mich nach einer Weile. „Es tut gut, mal abzuschalten!“ Esmeralda lächelte. „Das kann ich mir gut vorstellen. Eine junge Frau muss auch mal Spass haben!“, sagte sie. „Das ständige Kämpfen und Trainieren ist auch nicht gut!“ „Dad, ist wohl nicht dieser Ansicht!“, sagte Fay und nippte an ihrem Drink. Esmeralda gab ein Murren an sich. „Dein Vater ist eben übervorsichtig. Muss man zwar sein, in diesen Zeiten, aber er übertriebt es!“ Da wandte sie sich wieder mich. „Du hast dein ganzes Leben noch vor dir und auch wenn du nun kein normales Leben mehr führst, heisst das nicht, dass du dich vor allem abkapseln musst!“ Ich lächelte schwach. Ich wusste, dass ihre Worte mich trösten sollten. Das tat sie auch. Ein wenig. Aber ich konnte einen Anflug von Schwermut nicht unterdrücken. Ich blickte ins Glas, sah wie sich die Oberfläche meines Cocktails, ich hatte inzwischen genug von Wasser, bewegte und der schwache Schein der Lampen ließ diese funkeln. In den Lichtreflexen meinte ich die Geschehnisse der Vergangenheit zusehen. Meine Visionen, die Kämpfe und die Wesen, die mir begegnet waren. Das war alles andere als normal. „Ich hatte doch nie ein normales Leben!“, murmelte ich. Esmeralda und Fay sahen sich an. Ich konnte es irgendwie spüren. „Du hast ein Leben und kein Leben ist normal. Selbst ein normaler Mensch, hat kein normales Leben!“, sagte Esmeralda dann. Ich verstand nicht, was sie mir damit sagen wollte. Doch bevor ich sie fragen konnte, strahlte mich Esmeralda an. „Hey, mach doch nicht so ein Gesicht!“, sagte sie. „Sondern geniess den Abend!“ Er hatte sie in diesem Club gesehen. Oder besser gesagt gespürt. Er war wieder auf der Jagd und als er seinen Geist ausschickte, um sein nächstes Opfer zufinden, welches ihm wieder Macht geben konnte, hatte er sie gefunden. Eine Frau, mit solch einer Kraft in sich, dass er glaubte, sich zutäuschen. Doch als er sie sich genauer ansah, wusste er, dass dies die Frau war, die ihn mächtiger machen konnte, als die anderen vor ihr. Er konnte deutlich ihre Kraft, ihre Seele spüren. Sie beinahe sehen. Sie war wie eine Flamme, die in ihr pulsierte. Eine Flamme, die zu einem wahren Inferno werden konnte, wenn er diese entfachte und sie sich dann zueigen machen konnte. Er musste wissen, wo er sie finden konnte. So folgte er ihr, sobald sie und die anderen beiden Frauen, die zuzwar ebenso eine bemerkenswerte Kraft in sich hatten, aber für ihn uninteressant waren. Stieg in ein Taxi und sagte dem Fahrer, er solle dem Taxi folgen, in das die Frauen gestiegen waren. Die Fahrt führte weit hinaus aus der Großstadt und er fragte sich, wohin sie fuhren. Bis das Taxi mit den Frauen durch ein Tor fuhr und vor einem Herrenhaus hielt. „Soll ich weiterfahren?“, fragte der Fahrer. „Nein, ich weiss wo sie wohnt. Das reicht. Fahren Sie mich wieder in die Stadt!“ Der Fahrer tat, was sein Gast ihm sagte und als sie wieder in der Stadt waren und das Taxi hielt, bezahlte der Mann den Fahrer und wollte aussteigen. Der Fahrer wünschte ihm noch einen schönen Abend. Der Mann erwiderte diesen knapp und öffnete die Wagentür. Da aber sagte der Fahrer:„Es geht mich zwar nichts an, aber was wollen Sie von den Frauen?“, fragte der Fahrer und schaute in den Rückspiegel. Sein Fahrgast erstarrte mitten in der Bewegung und sah zu dem Fahrer. Grinste dann unheillvoll. „Wie Sie bereits sagten: Es geht Sie nichts an!“, sagte er und noch ehe es sich der Fahrer versehen konnte, schnitt ihm etwas Scharfes die Kehle durch. Die Trainingsstunde zog sich wie Kaugummi und egal wie sehr ich mich bemühte. Brian schickte mich immer wieder auf die Matte. „Es ist sinnlos. Dabei frage ich mich wirklich, wie du die vergangenen Kämpfe überhaupt überlebt hast?“, fragte er, mit in die Hüfte gestemmten Händen und sah mich abschätzend an. „Ich war eben nicht allein. Fay und Lex waren da und Erik nicht zuvergessen!“ „Du kannst dich nicht ständig auf sie und ihn verlassen. Du musst dich auch alleine wehren können!“, erwiederte er daraufhin und es leuchtete mir ein. Wer garantierte mir schon, dass Lex oder Fay oder beide oder auch Erik immer zur Stelle sein werden, wenn ich Hilfe brauchte. Ich musste lernen mich alleine wehren zu können. Auch wenn es mir nicht behagte. Also stand ich auf und stellte mich wieder in Angriffs-oder besser gesagt in die Verteidigungsposition, wobei das auch nicht ganz zutraf. Ich nannte diese Position die „In- fünf-Sekunden-wieder-auf-der-Matte-landen-Position“ Und so war es auch. Ich habe nicht gezählt, wie oft Brian mich schon auf die Matte schickte. Bei fünfzig hatte ich bereits aufgehört. Und es war auch nicht verwunderlich, dass ich mich mit blauen Flecken und schmerzenden Gliedern unter die Dusche stellte. Ich duschte eine halb Stunde. Das warme Wasser tat gut, linderte die Schmerzen. Ich wusste nicht wielange ich unter dem Wasserstrahl stand. Es musste sich wie eine halb Ewigkeit angefühlt haben, aber zumindest fühlte ich mich einigermassen erholt. Schnell huschte ich von dem Badezimmer zu meinem Zimmer, um die angenehme Wärme in mir zuverlieren und schloss die Tür. Drehte mich um und wollte gerade frische Klamotten anziehen, als ich in das Gesicht einer Frau sah. Ein anderer würde sich fragen, wie sie hierrein kam, doch diese Frage erübrigte sich, zumindest für mich, weil die Frau nicht aus Fleisch und Blut war, sondern aus blauem Licht war. Ihre Haare tanzten wie Schleier umher und ihr Gesicht war mit Angst erfüllt. Meins sicher auch. Denn obwohl es nicht neu war, dass ich Geister oder sonst was sah und ich eigentlich daran gewöhnt sein sollte, war ich dennoch bei diesem Anblick wie vom Blitzgetroffen. Eine eisige Kälte ging von ihr aus und ich konnte spüren, dass sie sich fürchtete. Aber vor was? Ich öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch sie öffnete ihren zuerst und sagte mit hohler gequälter Stimme:„ Hilf uns!“ Dann war die Erscheinung verschwunden und ich war allein. Die ganze Nacht musste ich an diese geisterhafte Frau denken, die einfach so vor mir erschienen und wieder verschwunden war. Zuerst dachte ich, es sei Helen Griffin, die doch nicht ihren Frieden gefunden hatte. Aber da fiel mir auf, je länger und öfter ich darüber nachdachte, dass diese Frau viel zu modern angezogen war und unmöglich die verstorbene Hellen sein konnte. Also wer war sie? Die Antwort sollte ich in der Küche finden. Ich betrat diese und sah, dass Fay, Lex, Brian und Esmeralda schon am Frühstückstisch saßen und frühstückten. Esmeralda schien sich wieder von ihrem Kaer erholt zuhaben, denn sie lächelte mich an. „Morgen, Allison!“, sagte sie und drehte sich zum Herd. „Möchtest du Pfannkuchen?“ „Ja, gerne!“ Ich setzte mich an den Tisch. Fay stellte mir eine Tasse mit frischaufgebrühtem Kaffee hin. „Oh, danke. Denn brauche ich jetzt!“, sagte ich. Auch wenn ich es nur ungern zugab, aber diese Geistererscheinung hatte doch mehr an mir gezerrt, als ich gedacht hatte. Zwar sollte es nicht so sein, aber es war erschreckend, wie einfach und schnell man mich dennoch überraschen oder erschrecken konnte. Ob das jemals anders werden würde. Fay maß mich, während ich darüber nachdachte, mit einem nachdenklichen und besorgten Blick. „Alles okay?“, fragte sie dann. Ich sah sie kurz an und nickte. „Ich denke schon!“, sagte ich und nippte an meinem Kaffee. „Sicher? Du siehst irgendwie…fertig aus!“, sagte Fay. Ich wollte schon sagen, dass das einen guten Grund hatte, als ich dann einen Blick auf die Zeitung warf, die Brian gerade in den Händen hielt und eine Anzeige erblickte, die mir das Atmen für einen kurzen Moment schwer machte. Auf der mir zugewandten Zeitungsseite war ein Foto von einer Frau abgebildet, die mir sehr bekannt vorkam. Unter ihrem Foto war ein kleiner Text verfasst. Ohne zu fragen griff ich über den Tisch und riss Brian die Zeitung aus der Hand und ließ den Text. „Jennifer Kingsten. 18 Jahre alt, wurde seid Wochen vermisst und tauchte nun tot auf. Mord ist ausgeschlossen, da sie, außer einigen Schnitten an den Armen, keine weiteren Verletzungen aufweist, die für den Tod verantwortlich sein könnten!“ Meine Hände fingen an zuzittern, als ich die Frau wiedererkannte. Ich hatte sie vor Stunden zuvor in meinem Zimmer gesehen. „Hilf uns!“, hatte sie gesagt. Ich hatte irgendwie den Verdacht, dass das Verschwinden der Frau, keine natürliche Ursache hatte, geschweige denn der Fund ihres Leichnams. Für die Polizei schien es nach einem Verbrechen auszusehen, aber ich vermutete, dass mehr dahinter steckte. „Stimmt was nicht, Allison?“, fragte Brian, der wohl gemerkt hatte, was in mir vorging. „Diese Frau…ich habe sie schonmal gesehen!“ „Wo denn?“, in seiner Stimme erkannte ich deutlich, dass er ahnte, was ich gleich sagen würde. „Gestern Nacht. In meinem Zimmer. Als Geist!“ „Sicher?“ Ich nickte. Brians Gesicht wurde dann nachdenklich und sagte erstmal nichts. Doch dann hob er den Kopf und sah uns an. „Vielleicht solltet ihr dieser Sache nachgehen. Ich werde sofort Sir James anrufen und bescheid geben, dass ihr kommt!“, sagte er, stand auf und ging zum Telefon. Eine Stunde später waren wir schon im Büro von Sir James. „Ihr Vater sprach von dem Fall der toten Vermissten. Sie wollen Ihn sich annehmen?“, fragte er und sah uns über den Rand einer Akte an. „So ist es, Sir James!“ „Nun da gibt es ein Problem?“ „Welches denn? Hat ein anderer schon den Fall übernommen?“ „Nein. Das nicht!“ „Was ist dann das Problem?“ „Das Problem ist, dass es keinen Fall gibt. Er ist abgeschlossen, nachdem die Leiche gefunden wurde!“ „Aber will den keiner wissen, was passiert ist? Was ist mit den Eltern?“ „Die haben sich damit abgefunden und wollen ihrer Tochter den Frieden geben!“ „Sir James, bei allem Verständniss. Aber wir gehen der Annahme nach, dass das kein natürlicher Tod war!“ „Sie meinen, es war Mord. Die Autopsie hat nichts festgestellt!“, erklärte er und legte die Akte beiseite. „Nun, die Autopsie hatte ja auch nicht Besuch von der Toten gehabt!“, sagte Lex und schob mich dabei vor sich, sodass ich nun vor Sir James stand. Ich warf ihm dabei einen wütenden Blick zu. Musste er mich denn so vorführen? „Sie hatten Besuch? Von der Toten?“ „Nunja, ich…ich habe ihren Geist gesehen. Sie bat mich um Hilfe!“ Das schien Sir James nun umzustimmen, denn er dachte kurz nach, dann griff er zum Telefon und wählte eine Nummer. „Ja, Sir James hier. Geben Sie mir bitte die Familie der Toten!“ Sir James gab uns die Adresse der Familie. Man konnte sich natürlich denken, dass diese ziemlich verwirrt war, als wir vor der Tür standen und sie uns reinließen. „Ich weiss, dass es ziemlich schwer für Sie ist, aber wir wollen Ihnen noch ein paar Fragen stellen!“, begann Lex, als sie uns reinlißen und wir uns ins Wohnzimmer setzten. „Was denn für Fragen? Wir haben doch schon alles gesagt, was Sie wissen wollten!“, sagte die Frau aufgelöst und ihre Stimme begann zu zittern. „Ja, aber es gibt noch einiges, was wir nicht wissen. Zum Beispiel, ob Ihre Tochter Freunde oder Feinde hatte?“, fragte Fay nun. Es war das übliche Spiel der Ausfragerei. Erst Lex, dann Fay. „Nein, unsere Abby war ein liebes Mädchen. Sie hat niemanden was getan!“, schluchzte die Frau und schnäuzte in ein Taschentuch. „Und wie steht es mit einem Freund. Wissen Sie etwas darüber?“, hakte Lex nach und dem Mann riss der Geduldsfaden. „Nun reicht es aber. Hören Sie endlich auf. Sehen Sie nicht, dass das ganze schon so schlimm genug für uns ist. Wir können Ihnen nichts mehr sagen und wollen es auch nicht. Gehen Sie jetzt!“ Fay und Lex schauten sich an, dann nickten sie. „Also gut. Aber bevor wir gehen, dürfte ich noch schnell ihre Toilette benutzen?“, fragte Fay und der Mann wollte schon den Kopf schütteln, doch Fay setzte ihr schönstes Lächeln auf und sagte mit flehender Stimme:„ Bitte!“ Da konnte selbst der härteste Mann nicht nein sagen. Und auch nicht er. „Nagut. Die Treppe hoch und dann die erste Tür gleich links!“, sagte er und Fay bedankte sich. „Geht schon mal zum Wagen. Ich komme dann nach!“, sagte sie, ehe sie die Treppe hoch ging. „Tut uns leid für die Störung!“, sagte Lex, stand auf uns ging zur Tür. Ich folgte ihm. Als wir draußen waren, stellte ich Lex zur Rede:„ Was sollte das denn? Sie haben uns doch nichts gesagt!“ Ich weiss, ich weiss, wie das klingt, aber egal wie sehr die Eltern auch trauerten, wir konnten doch nicht einfach so gehen. Immerhin, wer wusste schon, was die Frau getötet hat. Und ich glaubte, dass, wenn wir es erfahren würden, die Eltern sich besser fühlten. Doch Lex schien das nicht zu interessieren. Und das ärgerte mich. „Du hast doch gesehen, dass sie nicht mehr mit uns reden wollten. Also was soll es noch bringen weiter darauf rumzureiten!“, sagte er und schloss den Wagen auf. Ich stieg ein und kletterte auf den Rücksitz. „Außerdem…!“, begann er wieder und warf mir im Rückspiegel ein schiefes und verschwörisches Grinsen zu. „Ist Fay ja noch auf der Toilette!“ „Was soll das denn jetzt heissen?“, fragte ich, aber bevor Lex etwas antworten konnte, kam Fay in den Wagen gestiegen und schnallte sich an. „Okay, wir können gehen!“ Und Lex startete den Wagen. Wir waren auf dem Heimweg. „Und was machen wir jetzt?“, fragte ich. „Nun, wie wäre es mit ein wenig Schnüffeln?“, fragte sie und hielt ein kleines Büchlein hoch. „Wo hast du das denn her?“, fragte ich und lehnte mich nachvorne. „Das habe ich bei der Suche nach der Toilette im Zimmer der Verstorbenen gefunden!“, sagte sie und zwinkerte. „Natürlich zufällig!“ „Du hast es geklaut!“, platzte es aus mir heraus. „Geliehen, trifft es eher!“, erwiederte sie. Ich war sprachlos. Von Fay hätte ich sowas nie erwartet. „Und steht was interessantes drin?“, fragte Lex und beugte sich über Fays Schulter. „Bis jetzt noch nicht!“, sagte sie und blätterte im Buch. „Es sind die üblichen Einträge, einer jungen Frau!“ „Was erhofft Ihr Euch darin zufinden?“, fragte ich, weil ich mich immernoch nicht mit dem Gedanken anfreunden kann. Was, wenn die Familie mitbekam, dass Fay das Buch gestohlen hat? Ich mochte mir nicht vorstellen, was das für ein Theater geben würde. „Etwas, was uns sagt, was mit ihr passiert ist. Frauen schreiben doch alles in ihr kleines Büchlein!“, sagte Lex und grinste mich an. „Hattest du denn keines?“ „Hatte keine Zeit dafür!“, erwiederte ich schnell. „Ach, komm schon. Hattest du keine Geheimnisse als Teenie?“ „Die einzigen Geheimnisse, die ich habe, sind meine Visionen und die, schreibe ich nirgendwo auf!“, sagte ich etwas angesäuert. „Hätte ja sein können!“ „Hey, ich glaube ich habe hier was!“, rief Fay und unterbrach so unser Wortgefecht. „Hier steht etwas von einem Maximilliam!“ „Was für ein blöder Name!“, sagte Lex abschätzend. Fay warf ihm nur einen Blick zu, der deutlich sagte, er solle sich seine blöden Sprüche sparen. „Sie hat ihn auf einer Party kennengelernt. Mh, schien sehr verliebt in ihn zusein. Sie schreibt hier, dass sie sich auf ein gemeinsames Leben mit ihm freut, und dass sie es kaum erwarten kann, ihn ihren Eltern vorzustellen!“ „Aber ihre Eltern wussten nichts von ihm. Also kamen sie nicht mehr dazu!“, sagte Lex. Fay nickte. Blätterte weiter. Doch die Seiten waren leer. „Mehr hat sie nicht über ihn geschrieben!“, sagte sie und schloss das Buch. „Immerhin wissen wir jetzt wonach oder vielmehr wie nach wem wir suchen müssen!“ „Ähm, wir haben doch nur den Namen!“, sagte ich zweifelnd. „Wie soll uns das weiterhelfen?“ „In dem wir ihre Freunde nach ihm aushorchen!“, sagte Fay und hielt nun ein zweites Büchlein hoch. Ein Adressbuch. Ich stöhnte. „Sag nicht, du hast auch noch ihr Adressbuch geklaut?“ Fay grinste nur. Wir fragten uns durch das gesamte Adressbuch, bis wir endlich eine Freundin gefunden hatte, die auch etwas mit dem Namen Maximilliam anfangen konnte. „Was ihren Freund anging, hat sie sich etwas bedeckt gehalten. Sie sagte nur, sie wäre so glücklich, ihn getroffen zu haben. Und dass sie…naja…sich freut, wenn er sie bald zu sich holt!“, erklärte Hannah. Die einzige, die wirklich zuwissen schien, mit wem ihre Freundin ging. „Wie meinen Sie das? Sie zu sich holt?“, bohrte Lex nach. „Naja, sie sprach oft davon, dass er und sie miteinander durchbrennen wollten!“ „Und was war mit ihren Eltern? Wussten sie wirklich nichts davon?“ „Nein. Abbys Eltern waren ziemlich spießig. Wollten nicht, dass sie ihren Job für einen dahergelaufenen Kerl vernachlässigt!“, sagte Hannah und musste verächtlich grinsen. „Als ob ihr Job so toll wäre!“ „War sie denn unglücklich?“, fragte nun Fay. Hannah wiegte den Kopf hinundher. „Nein. Zumindest hat es ihr kein Spass gemacht. Aber aufgeben wollte oder besser gesagt, konnte sie ihn nicht. Ihre Eltern hätten ihr die Hölle heissgemacht!“ „Sieht so aus, als hätte sie ziemlich unter der Fuchtel ihrer Eltern gestanden!“, murmelte Lex. „Ohja, das hat sie. Die dürfte ja gar nichts, was Spass macht!“, beschwerte sich Hannah. „Sowas von verbohrt und…!“ Lex unterbrach sie schnell, ehe sie weiter schimpfen konnte. „Jajaja, schon klar. Um zum Thema wiederzurück zukommen: Mehr wissen Sie nicht? Ich meine, hat Abby Ihnen mehr erzählt, als das sie glücklich war?“ „Nein, tut mir leid. Wie gesagt: Sie hat sich sehr versteckt gehalten, was ihren Freund anging!“ „Mh, danke trotzdem. Wenn wir noch Fragen an Sie haben, werden wir uns melden!“, sagte Lex. Esmeralda trug die schweren Tüten mit den Einkäufen aus dem Geschäft und schlenderte die Strasse hinunter. Es war ein sonniger Tag und sie hatte alles fürs Abendbrot gekauft. Sie lief zum Wagen und wechselte die Papiertüte von der einen in die andere Hand, um in ihrer Jackentasche nach dem Autoschlüssel zusuchen. Dabei musste sie jedoch aufpassen, dass ihr die Einkäufe nicht runterfielen. Um das Gleichgewicht zuhalten, neigte sie ihren Oberkörper ein wenig zur Seite, während sie weiterhin in ihrer Jacke rumwühlte. „Komm schon, du blödes Ding. Wo bist du denn?“ „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte plötzlich eine Männerstimme und Esmeralda drehte sich erschrocken herum. Dabei entglitt ihr die Tüte und fiel hinunter. Der gesamte Inhalt fiel raus und verteilte sich auf der Gasse. „Mist!“, fluchte sie und bückte sich, um die Einkäufe wieder einzusammeln. „Warten Sie. Ich helfe Ihnen!“, sagte wieder diese Männerstimme und Esmeralda wollte ihm sagen, dass das nicht nötig war. Immerhin hatte er sie erschreckt. Doch als sie hochschaute, sah in sie in zwei Augen, die ihr für einen kurzen Moment den Atem nahmen. Doch dann riss sie sich wieder zusammen. „Danke, sehr freundlich von Ihnen!“ „Keine Ursache. Schließlich habe ich Sie erschreckt!“, sagte der Unbekannte Schönling und half ihr die Einkäufe wieder einzupacken. „Ich bin übrigens Robert. Robert Finnlay!“ Esmeralda sah ihn kurz an und sah in seinem Blick, dass er förmlich darauf wartete, dass sie darauf ansprang. Fast hätte sie gelächelt. Was für eine alte Anmache, dachte sie. Sagte trotzdem:„ Esmeralda Matthews!“ „Esmeralda? Was für ein außergewöhnlicher Name!“, bemerkte Robert mit einem Lächeln. „Ja, meine Mutter gab ihn mir, weil ich einer Vorfahrin ähnelte!“, erklärte sie und fragte sich sogleich, warum sie ihm das erzählte. Schnell stand sie auf, stellte die Tüten auf die Motorhaube und schloss den Wagen auf. Lud die Einkäufe dann auf den Rücksitz. Warf die Tür zu und drehte sich um. „Danke, dass Sie die Einkäufe eingesammelt haben!“, sagte sie und stieg auf den Fahrersitz. „Kein Ursache. Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann mal wieder!“, sagte Robert und beugte sich vor. Für Esmeraldas Geschmack etwas zuweit. Sie startete den Motor. „Sicher!“, sagte sie und fuhr los. Als sie die Strasse hinunterfuhr, schaute sie nocheinmal kurz in den Rückspiegel und sah, dass dieser Robert ihr nachsah. „Was für komischer Typ!“, dachte sie sich und bog ab. „Das hat nichts gebracht!“, beschwerte ich mich und schlug viel zu heftig die Autotür zu. „Wie gern würde ich wiedersprechen. Aber du hast Recht!“, sagte Lex und der Motor erwachte schnurrend zu Leben. Er drehte und wir fuhren zurück. „Ich verstehe das nicht. Niemand weiss etwas über diesen Freund von der Toten. Nicht mal ihre Freundin. Wenn ich sie wäre, hätte ich sie mit Fragen gelöchert und solange genervt, bis sie mit der Sprache rausrückt!“, sagte Fay. Lex zuckte mit den Schultern. „Wer weiss. Vielleicht hat dieser Freund seine Spuren gut verwischt!“ „Du meinst, so, als wolle er nicht gefunden werden?“, fragte ich und ich merkte das Ziehen in meinm Magen, welches mir sagte, dass ich ins Schwarze getroffen habe. „So ist es!“, sagte Lex und sah mich im Rückspiegel an. „Aber so richtig helfen tut es uns nicht, oder?“ „Nein, leider!“ „Und was jetzt?“ „Die Augen hoffen halten und hoffen, dass du wiedermal Besuch von einem Geist hast!“ „Und was wenn ich gar nicht will?“ Eine dumme Frage, ich weiss und ich wusste auch, dass ich mich wie ein Kleinkind anhörte. Aber es gefiel mir nicht. „Dir bleibt nichts anderes übrig!“, sagte Lex. „Natoll!“, murmelte ich und sank in den Rücksitz. Einige Tage später klingelte es an der Tür. Ich und Fay waren gerade im Wohnzimmer und lasen. Brian hatte sich erbarmen lassen und mir an diesem Tag frei gegeben. Lex lümmelte irgendwo herum und Brain saß bei uns im Wohnzimmer und blätterte in der Zeitung. Esmeralda ging an die Tür und schien etwas entgegen zunehmen. Dann schloss sie die Tür. „Wer war das, Mum?“, fragte Fay und schaute von ihrem Buch auf. „Ein Kurier. Er brachte etwas!“, rief Esmeralda zurück und an den Schritten hörte man, dass sie ins Wohnzimmer kam. „Und?“, fragte Fay wieder und sagte im nächsten Moment:„ Wow!“ Nun schaute auch ich auf und sah Esmeralda. Naja, besser gesagt: Ihre Beine, denn ihr Oberkörper war hinter einem emposanten Rosenstrauss verborgen. „Wow!“, sagte ich darauf. „Woher hast du den denn?“, fragte Fay wiederum und kam ihr nun entgegen. Esmeralda schwenkte den Strauss zur Sseite, sodass sie zum Vorschein kam. „Wie gesagt: Ein Kurier!“, sagte sie. Fay betrachtete den Strauss und beugte sich nachvorne. Roch an ihm. „Mhhh, riecht der gut!“, schwärmte sie. Ich hörte etwas Rascheln und schaute zu Brian. Verstohlen schaute er zu Esmeralda und als er die Rosen sah, verfinsterte sich sein Blick. Oh oh! Fay pflückte etwas aus dem Blumenstrauss und reichte es Esmeralda. „Hier, das steckte darin!“ „Nimmst du mal den Strauss. Ich möchte mir das auch mal ansehen!“, sagte sie und reichte den Strauss Fay. Dafür nahm sie die Karte und faltete sie auseinander. Sie seufzte. „Was ist, Mum?“ „Das ist von diesem Robert!“ „Welchem Robert?“ „Ach, er hat mir geholfen, meine Einkäufe wieder einzusammeln, nachdem sie mir runtergefallen sind!“, erklärte Esmeralda. „Ich dachte mir schon, dass dieser Kerl Hintergedanken hatte!“ „Was hat er denn geschrieben?“ „Für die schönste Frau, die mir je begegnet ist!“, sagte Esmeralda, nicht gerade begeistert. „Als kleine Entschuldigung, dass ich Sie erschreckt habe. Ihr Robert!“ Da stand Brian auf, ging auf sie zu und entriss ihr die Karte. Der Blick, mit dem er auf diese schaute, war voller Zorn und Feuer. Seine Wangenmuskeln zuckten. Ich spürte förmlich, wie er zu kochen begann. „Das ist wohl ein schlechter Scherz!“, knurrte er. „Er dachte sich wohl nichts dabei!“, versuchte Esmeralda nun die Lage zuretten, woraufhin Brian nur wieder knurrte. „Falls er überhaupt gedacht hat!“ „Immerhin sind die Rosen schön!“, bemerkte Fay mit einem leichten Lächeln. „Ja!“, murrte er. „Ich stelle sie mal in eine Vase. Nicht das sie noch vertrocknen!“, sagte Esmeralda schnell und eilte mit den Blumen in die Küche. Weg von Brian. Brian sah ihr nach und sein Blick schien sich in ihren Rücken zubohren. „Das wäre auch wirklich schlimm!“, bemerkte er und drehte sich weg. Ich schluckte nur und widmete mich wieder meinem Buch. Nicht das Brian doch noch, aus lauter Frust einfiel, mir meinen freien Tag zu streichen. Als er sich sicher war, dass ihn weder Fay und Allison noch seine Frau bemerkten, blickte er wieder zur Karte in seiner Hand und wenige Sekunden später ging diese in Flammen auf. Wer auch immer diese Rosen schickte, solle sich davor hüten, ihr den Hof zumachen. „Dein Dad scheint nicht gerade begeistert zusein, dass jemand deiner Mum einen Rosenstrauss sckickt!“, sagte ich, während wir in Fays Zimmer saßen und vor uns hin lümmelten. „Naja, welcher Mann wäre das nicht?“, erwiederte sie wiederum. Das leuchtete natürlich ein. „Auch wieder wahr!“ „Ich weiss, dass hörst du nicht gern, aber…!“, sagte Fay zaghaft und schaute kurz beschämt zu Boden. Ich ahnte, was sie mich gleich fragen würde. „Nein, ich hatte bisjetzt keinen weiteren Besuch von diesem Geist bekommen!“, sagte ich. „Das hört sich an, als wärst du froh darüber?“ „Bin ich auch, wenn ich ehrlich sein soll!“ „Du hast dich wohl immernoch nicht daran gewöhnt?“ „Wie soll ich das auch?“, fragte ich. „Wie war es für dich, als du erfahren hast, dass du…!“ Ich konnte nicht zuende sprechen, da mir klar war, dass das eine sehr persönliche Frage war. Fay jedoch lächelte. „Ich bin damit sozusagen aufgewachsen. Statt mit Puppen zu spielen, lernte ich, wie man sich mit Dolchen und anderen Dingen wehrt!“ „Haben deine Eltern nicht versucht, dich davor zuschützen?“ Nun schien meine Frage doch etwas in ihr angekratzt zuhaben, denn kurz huschte ein flüchtiger Schatten über ihr Gesicht. „Mum und Dad waren für eine lange lange Zeit nicht da. Ich und Lex waren allein gewesen. Trotz das jemand, ein alter Freund unserer Mutter, auf uns aufpasste und uns alles beibrachte, hätten wir sie gebraucht!“ „Wo waren deine Eltern?“ „Fort!“, antwortete Fay nur matt und ich wollte weiterbohren. Das war kein Grund, fand ich, seine Kinder allein zulassen. Doch Fay sah mich dann mit einem Blick an, als wollte sie darum anflehen, nicht weiter nachzufragen und ich respektierte das. Sie hatte im Grunde eigentlich dasgleiche durchgemacht, wie ich jetzt. Nur dass sie dabei noch jünger war. Fast schon schämte ich mich, dass ich mich bemitleidet hatte. Fay und Lex hatten es bestimmt nicht leicht gehabt ohne ihre Eltern. „Und ich jammere rum, weil mein Leben verpfuscht ist. Wie taktlos von mir!“, murmelte ich. Fay klopfte mir auf die Schulter. „Woher solltest du das auch wissen!“ Die nächsten Tage verbrachte ich wieder mit dem Training. Solange kein weiterer Besuch eines Geistes ins Haus stand, so fand es Brian zumindest, sollte ich weitermachen. Und ich hasste ihn dafür. Egal wielange und wie sehr ich es versuchte, ich landete immer wieder auf dem Boden. Irgendwann hatte Brian wohl genug, denn er warf sprichwörtlich das Handtuch auf den Boden und schüttelte den Kopf. „Es ist sinnlos!“, murmelte er. „Ich weiss nicht, was ich noch machen soll!“ Ich stand langsam auf und verzog schmerzlich das Gesicht. Ein Wunder, dass ich nur blaue Flecken und keine gebrochene Knochen hatte. So hart wie Brian mich ran nahm. Gerade wollte ich vorschlagen, dass er es mal etwas sanfter versuchen sollte, ließ es aber sein, als er sich umdrehte und mit einem enttäuschten Blick sagte:„ Deine Mutter war eine hervorragende Kämpferin. Aber du…?“ Er schüttelte den Kopf und ich spürte, wie Ärger in mir hochkam. Okay, ich bin eine miserable Schülerin, ich gebe es zu. Aber trotzdem… Was gab im das Recht mich mit meiner Mutter zuvergleichen und mich damit niederzumachen? Ich wusste zwar nicht, wie gut meine Mutter im Kämpfen war, aber ich konnte mir denken, dass er nicht log und ich war auch ein kleinwenig stolz darüber. Dennoch machte es mich auch wütend, dass ich mit ihr verglichen wurde. Ich war nicht sie… „Eine Schande. Deine Mutter würde sich für dich schämen!“, murmelte er abfällig und das brachte das Fass zum Überlaufen. Erstens schien er sie selber nicht gern gehabt zuhaben und zweitens würde meine Mutter sich meinetwegen niemals schämen. Auch wenn ich in manchen Dingen eine Niete war. Also was bildete er sich ein, so über sie zureden? Wütend und weil ich ihm eins auswischen wollte, schlich ich mich an ihm heran und stürmte dann nachvorne. Mit einem Satz, warf ich mich auf ihn und riss ihn zu Boden. Dabei drehte er sich auf den Rücken und schien erstmal perplex. Ich nutzte diesen Moment und drosch auf ihn ein. Dabei legte ich meine ganze Wut in meine Schläge. Doch Brian schien diese locker wegzustecken. Aber er machte sich auch nicht die Mühe, sie abzuwehren. Irgendwann hörte ich auf und schaute schweratmend auf ihn. Noch immer sah er mich an und fast konnte ich seinem Blick nicht standhalten. Ernst war er und durchdringend, als würe er in mich hineinschauen können, aber dann grinste er breit. Es war jedoch kein spöttisches Grinsen, sondern ein zufriedenes. „Was?“, fragte immer noch außer Atem und erstaunt. „Na endlich. Endlich hast du mich angreifen und niederwerfen können!“, sagte er und…war das Stolz in seinen Augen? Nun war ich perplex und rutschte von ihm runter. Brian richtete sich auf und klopfte sich, nicht vorhandenen Staub von den Klamottn. „Auch wenn ich dir absichtlich den Rücken zugedreht habe!“ Nun verstand ich und mein Mund klappte auf. „Das war ein Trick?“ Ich konnte es nicht glauben. Brian hatte mich ausgetrickst. Noch dazu hatte er meine Mutter mithinein gezogen, das machte mich noch wütender. „Das war alles Absicht? Sag mal gehts noch?“, fragte ich. Brian hob die Hand und lächelte diesesmal sanft. „Ich weiss, und es tut mir leid. Aber ich musste zu diesem Mittel greifen!“, sagte er und meine Wut verrauchte. Zum ersten Mal hatte er sich bei mir entschuldigt. Hatte ich doch zufest zu geschlagen? Ich wollte schon etwas sagen, doch da kam Lex. „Es gibt Arbeit!“ Unser neuer Fall war eine Geistererscheinung. Wiedermal. Sie ging in einem Haus umher, das einem gewissen Jonathan Hinsdale gehörte. Schon das hörte sich wieder so an, als hätte er monatlich einen fünfstelligen Betrag auf dem Konto oder vielleicht mehr. Und als ich sein Haus sah, eine alte und dennoch mit dem neuesten Schnickschnack ausgestattete Villa, wurde meine Vermutung bestätigt. Der Gute legte wirklich viel Wert darauf, dass man sah, wieviel Stil er hatte. Ein ordentlich geschnittener Rasen, teueraussehnde Mamorstatuen, die in einem parkähnlichen Garten standen. Büsche, die zu Tieren geschnitten waren. Alles in allem roch nach Geld. Nah vielem vielem Geld. Wir stiegen aus und wurden auch sogleich im Empfang genommen von einem etwas steifaussehenden Butler. „Mister Hinsdale erwartet Sie bereits. Bitte folgen Sie mir!“, sagte er und führte uns in eine Eingangshalle. Von der in ein Wohnzimmer, dass im Gegensatz zu dem von Brian und Esmerladas ziemlich düster wirkte. In diesem wartete schon der Hausherr. Angezogen in einem dunklen Anzug mit einem weißem Hemd und einer schwarzen Seidenkrawatte. Er war so um die Mitte dreißig. Hatte kurzes blondes Haar und einen stechenden Blick. Ich blieb erstmal stehen, während Fay und Lex weitergingen. Ich konnte mir nicht helfen, aber ich hatte ein ungutes Gefühl. Mochte es vielleicht an den ausgestopften Tierköpfen liegen, die da an der Wand hingen? Oder an diesem dunklen Zimmer oder vielleicht am beiden zusammen. „Bitte verzeihen Sie die Verspätung!“, entschuldigte sich Lex, wobei das eine glatte Lüge war. Mister Hinsdale lächelte. „Die Hauptsache ist, dass Sie hier sind!“, sagte er. „Sie sagten etwas von einer Geistererscheinung!“, sagte Lex. Hinsdale nickte. „Ja, seit einigen Wochen geht hier schon ein Geist um. Zu Anfang war es nur das Zuschlagen von Türen oder Fenstern. Geräusche, die was das Seufzen einer Frau klangen, wobei ich immer gedacht hatte, es sei der Wind. Bis…!“, begann er zu erklären. „Bis?“, hakte Lex nach und Hinsdale sagte in einem langen Atemzug:„ Bis diese Geiserfrau auftauchte!“ „Verzeihen Sie, wenn ich das sage, aber: Sie sehen nicht gerade aus, wie jemand, der sich davon fürchtet!“, sagte Fay. Mister Hinsdale lächelte nun. Er schien von Fays Worten geschmeichelt zusein. „Das stimmt auch. Nur…Sie müssen wissen, mein Grossvater ist schon sehr alt und an sein Bett gefesselt. Die Ärzte sagten, dass sein Herz schwach sei und wenn er nun diesen Geist sehen würde, dann…!“ „Verstehe, es würde ihn umbringen!“, schloss Lex. „Und Sie wollen, dass wir diesen Geist so schnell wir möglich beseitigen!“ „Richtig!“, sagte nun Hinsdale, da fiel sein Blick auf mich. „Und wer ist das? Ihr Vorgesetzter sagte schon, zwar dass Sie kommen würden, aber nicht eine dritte Person!“ Kurz schaute Lex zu mir. „Sie ist in der Ausbildung und will ein wenig Erfahrung sammeln!“, erklärte er dann. Hinsdale schien das zureichen, denn er lenkte seine Aufmerksamkeit wieder zu Lex und Fay. Ganz besonders auf Fay. Das schien ihr etwas unangenehm zusein. Sie machte einen Schritt zurück und stellte sich etwas hinter ihren Bruder. „Wie werden Sie vorgehen?“, fragte Hinsdale, der sich nichts anmerken ließ. „Wir werden uns hier ein wenig umschauen, wenn Ihnen das genehm ist, natürlich?“ „Bitte, je eher Sie was herausfinden, desto besser!“ Wir durchsuchten das Haus von oben bis unten. Doch die üblichen Hinweise, kalte Stellen und oder schattenhafte Erscheinungen blieben aus. „Gab es schon mal solche Vorfälle?“, erkundigte sich Lex bei Mister Hinsdale. Dieser schüttelte den Kopf. „Nein, nicht das ich wüsste. Ich bin auch nicht immer Zuhause. Die meiste Zeit bin ich beruflich unterwegs. Ich habe es nur von den Bediensteten gehört!“ „Ist einer der Angestellten hier, der die Geistererscheinung gesehen hat?“, bohrte Lex nach. „Lassen Sie mich nachdenken!“, murmelte Hinsdale. „Ja, Ricardo, der Gärtner hat den Geist zuerst gesehen!“ Ich musste schmunzeln. Das passte irgendwie ins Bild. Südländischer Name und der Beruf Gärtner. Und als wir besagten Gärtner sahen, wurde mein Bild von ihm noch mehr bestätigt. Ricardo war ungefähr so groß wie ich, hatte einen kleinen Bauch und trug den üblichen grünen Gartenanzug. Plus gelben Gartenhandschuhen. Er war gerade dabei Unkraut zu jäten und hörte das Rufen von Mister Hinsdale nicht, da er sich kleine Kopfhörer in die Ohren gestopft hatte, durch die er Musik hörte und das in solch eine Lautstärke, bei der wir selbst die Musik hören konnten. Entnervt stapfte Hinsdale zu seinem Gärtner und riss ihm die Kopfhörer aus den Ohren. Erschrocken sprang dieser auf. „Senior!?“, rief dieser und zog den Strohhut, den er aufhatte hinunter. Hielt ihn sich vor die Brust. Ihm schien es peinlich zusein, dass er seinen Boss nicht gehört hatte. Hinsdale stemmte die Hände in die Hüfte und sah seinen Gärtner kurz grimmig an, dann drehte er sich zur Seite, sodass der Gärtner uns sehen konnte. „Diese Leute sind hier wegen dem Geist, den du gesehen hast!“, sagte Hinsdale und der Mann sah uns kurz an. Als sein Blick traf, weiteten sich seine Augen und murmelte etwas. Machte das Kreuzzeichen. Mister Hinsdale tadelte ihn daraufhin. „Hör auf solchen Unsinn zu faseln und erzähle Ihnen, was du gesehen hast!“, fauchte Hinsdale, wobei das gleiche für den armen Mann hinauslief. Unbeholfen, wie ein Schuljunge, machte er einen Schritt auf uns zu und grub seine schmutzigen Fingernägel in den Strohhut. „Nun ich…!“, begann er mit seinem südländischen Akzent und sein Blick huschte mal zu Lex, mal zu Fay, mal zum Boden. Aber nicht zu mir. Als wäre etwas an mir, was ihm Angst macht. Ich machte daher einen Schritt zurück, aber nur so weit, dass ich etwas noch hören konnte. „Also?“, fragte Lex und sah den Mann abwartend an. „Ich wollte die Büsche neu schneiden und da…da sah ich es!“, stammelte er. „Da sahen Sie was?“, drängte Lex. „Diesen Geist. Eine Frau…Sie..sie sagte:„ Hilfe!“, dann verschwand sie!“ Ich horchte auf. Könnte das die gleiche Frau sein, die mir in meinem Zimmer erschienen ist? „Können Sie uns diese Geisterfrau beschreiben?“, fragte ich nur und der Mann schien kurz nachzudenken, dann beschrieb er sie und auch wenn ich weder ein Bild hatte oder sonst was ich ihm zeigen konnte, um meinen Verdacht zu bestätigen, wusste ich, dass er die Frau meinte, die ich gesehen hatte. Ich blickte Lex an und er schien zu verstehen. Er nickte, wandte sich dann wieder Mister Hinsdale zu. „Wir werden der Sache nachgehen. Wenn es wirklich ein Geist, wird er sicher Spuren hinterlassen haben, die uns Aufschluss geben, wie wir ihn loswerden!“, erklärte er und wir gingen. Als er diese Kraft spürte, war die Versuchung groß gewesen, sie sogleich an sich zureissen. Doch dann bemerkte er, dass etwas nicht stimmte. Diese Kraft war nicht annähernd die, die er zu anfang verspürt hatte. Etwas schien diese zu bedecken. Wie ein Schleier. Was war das bloss? Er musste es herausfinden. So schnell wie möglich. Langsam hob er seine Hand und blickte auf sie nieder. Wo die Haut vorher glatt und jung war, wurde diese nun von tiefen Falten und dunklen Flecken bedeckt. Ein Schauer rann ihm über den Rücken. Er wusste, das dies die ersten Anzeichen dafür waren, dass die Kraft, die er durch die gestohlene Seele erhalten hatte, nachließ und er erneut zualtern begann. Er blickte dann in den Spiegel, um zusehen, ob der Prozess auch sein Gesicht betraf, aber er stellte erleichtert fest, dass es noch nicht soweit war. Aber er wusste auch, dass es nicht lange dauern würde, bis auch sein Gesicht altern würde. Er musste handeln. Sonst war es zuspät. „Und was meinst du?“ Diesesmal war die Frage an mich gerichtet. Ich hob die Schultern. Ich wusste auch nicht sorecht, was ich dazu meinen sollte. „Es muss die die Frau sein, die ich gesehen habe. Aber was das mit Mister Hinsdale zutun hat…?“ Ich ließ den Rest des Satzes in der freien Luft schweben. „Vermutlich ist er dieser mysteriöse Freund der verstorbenen. Geld genug scheint er ja zuhaben!“, meinte nun Fay und schüttelte sich. „Hast du gesehen, wie er mich angesehen hat?“ Lex grinste. Ich konnte es sehen im Rückspiegel. „Klar, als seist du das nächste Opfer!“ „Damit macht man keine Witze, Lex. Ich hatte wirklich das Gefühl, als würde er…mich gleich…brrr, ich will gar nicht daran denken!“, schauderte Fay. „Wir sollten diesen Geist kontaktieren!“, sagte Lex und sah mich nun direkt an. Ich ahnte, auf was er hinaus wollte. „Habt Ihr denn ein Hexenbrett?“ „Wir haben alles, was man braucht, um mit den Geistern zusprechen!“, erklärte Fay. Warum wunderte mich das nicht? „Ist das Euer Ernst?“, fragte Brian skeptisch, als Lex eine Decke auf dem Tisch ausbreitete, auf dem ein Pentgram aufgemalt war. Ich war auch skeptisch. Nicht weil ich bezweifelte, dass das ganze nicht klappen würde, sondern weil mir noch sehr gut meine erste Geistersitzung in Erinnerung geblieben ist. „Was wenn was schief geht?“, fragte ich daher. Fay sah mich kurz an, als schien sie sich sehr gut zuüberlegen, was sie sagen sollte, dann aber lächelte sie mich zuversichtlich an und klopfte mir auf die Schulter. „Keine Sorge im Gegensatz zu diesem Möchtegern-Medium, haben wir wirklich Erfahrung damit!“ Auch wenn sie Erfahrung hatten, blieb in mir dieses ungute Gefühl. Brian schien ebenso nicht gerade überzeugt zusein. Sagte jedoch nichts mehr. Wir versammelten uns alle um einen Tisch und reichten uns die Hände. Außer Brian und Esmeralda. Die standen etwas abseits. Fay legte das geklaute Tagebuch der Toten in die Mitte der Decke. Dann schloss sie die Augen. „Wir sind hier, weil wir den Geist von Jennifer sprechen wollen!“, begann Fay. „Jennifer, kannst du mich hören?“ Der Beginn der Geisterbeschwörung war eigentlich genauso, wie die im Hotel, aber das Gefühl der Kälte und des Erstickens blieb aus. Nur der kalte Lufthauch, der die Anwesendheit eines Geistes bestätigte, war da und strich über uns hinweg. Die Kerzen begannen kurz zuflackern, ehe sie sich selbts ausbließen und sich dämmrige Dunkelheit über uns legte. „Wir rufen Dich, Jennifer. Komm aus dem Dunklen zuuns und erzähle uns, was mit dir geschehen ist!“ Langsam begann sich Rauch in der Mitte der Decke zu sammeln und zu kräuseln. Schraubte sich dann nach oben und verdichtete sich. Formte sich dann zu einer schemenhaften Abbildung einer Frau. Jennifer! „Was wollt ihr von mir?“, fragte ihre hohle Stimme. Sie klang weder wütend noch sonst irgendwie so, als wäre sie irgendwie sauer, dass wir sie gerufen haben. Sie schien keine einzige Empfindung zuhaben. Mein Hals wurde trocken. Ihre leeren Augen wanderten umher, sahen uns an. Ich schauderte. Noch nie hatte ich solche leeren Augen gesehen. Nicht mal bei einer Toten. Eine kurze Zeit blieb ihr Blick auf mich gerichtet, dann wandte sie sich an Fay, die sie gerufen hatte. Wir wollen wissen, wer dich aus dem Reich der Leben gerissen hat?“, sagte Fay. Der Geist flackerte, wie bei einer Fernsehstörung. Auf seinem Gesicht war nun ein schmerzlicher Ausdruck zusehen. „Ich weiss es nicht. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern!“, wisperte sie und hielt sich den geisterhaften Kopf. Fay, Lex und ich warfen uns enttäuschte Blicke zu. Nicht gerade die Antwort, die wir uns erhofft hatten. Fay versuchte es erneut. „Bitte! Es ist wichtig!“, drängte sie sie. Stille! Dann ging ein Ruck durch den Geist und ihre Augen weiteten sich. „Du bist in Gefahr!“, hauchte sie. Fays Augen wurden ebenso groß. Vor Erstaunen. „Wie meinst du das?“, fragte sie. Der Geist begann sich zu winden, als hätte er Schmerzen. „Er…er hat dich bereits als sein nächstes Opfer ausersehen!“, flüsterte sie. „Wer, Jennifer. Wer ist hinter mir her?“, fragte Fay, doch Jennifer sagte nichts mehr, sondern schrie einmal kurz auf und verschwand. Die Kerzen gingen wieder an und auf unseren Gesichtern war Ratlosigkeit zusehen. In Fays jedoch so etwas wie Sorge. „Alles in Ordnung?“, fragte Lex, der nun ebenso besorgt war. Immerhin schien seine Schwester die nächste zusein. Etwas, was Brian überhaupt nicht gefiel. „Wer auch immer er ist, sollte sich ein anderes Opfer suchen!“, knurrte er. „Brian!“, rief Esmeralda. „Ich werde schon aufpassen, Dad. Keine Sorge!“, sagte Fay. Brian schien das nicht zureichen. Und ich konnte ihn verstehen. „Immerhin wissen wir jetzt, wo wir suchen müssen!“, mischte sich Lex an. „Ich bin mir sicher, dass Jennifer diesen Hinsdale meinte. So wie er Fay angesehen hat!“ „Und er hat dich gewarnt. Mehr Beweise brauchen wir eigentlich nicht!“, sagte ich nun, wobei ich mich fragte, ob es wirklich so einfach sein konnte. Am nächsten Tag besuchten wir Mr. Hinsdale erneut. Wir hatten ein paar Fragen. Mr. Hinsdale schien sich zu freuen, uns wiederzusehen. Zumindest Fay. Fay versuchte sich im Hintergrund zuhalten. Lex spürte, wie unangenehm es seiner Schwester war, wie der Mann sie ansah und stellte sich schützend vor sie. „Haben Sie schon was herausgefunden?“, fragte er, der sich davon nicht beeidrucken ließ. „Ja, sagen Sie kannten sie eine Jennifer Kingsten?“, fragte Lex seinerseits und richtete sich in seiner vollen Größe auf. Mister Hinsdale runzelte nur die Stirn. „Nein, tut mir leid. Wieso fragen Sie?“ „Nun, es wurde die Leiche einer Frau gefunden. Sie hiess Jennifer Kingsten!“ Etwas flackerte in den Augen von Hinsdale auf, als er diesen Namen hörte. Ich hatte das Gefühl, dass er sehrwohl wusste, wer diese Frau war. Aber kaum dass ich es in seinen Augen gesehen hatte, verschwand es auch und Hinsdale sah betroffen drein. „Das…das ist schrecklich und es tut mir auch leid. Aber was habe ich damit zutun?“ „Nun, wir gehen davon aus, dass Sie sie gekannt hatten. Eine Freundin der Toten bErikhtete, dass sie jemanden kennengelernt hatte. Jemand, mit sehr viel Geld!“ Nun weiteten sich die Sugen von Hinsdale. „Moment, Sie denken, dass ich damit gemeint bin?“ „Wäre das so abwegig?“ „Ja, ich bin nicht der einzige Jungegeselle mit viel Geld. Davon gibt es in London genug. Es kann jeder sein!“, sagte er aufgebracht. „Außerdem war ich ständig auf Reisen. Ich hatte also keine Zeit eine Romanze mit einer Frau anzufangen!“ „Vermutlich nicht persönlich, aber wie steht es mit Singlebörsen. Davon gibt es genug!“, sagte Lex und sag Hinsdale lauernd an. „Und sind die üblichen Anlaufstellen für Mörder!“ Nun schien Hinsdale der Kragen zu platzen. „Jetzt reicht es. Was erlauben Sie sich? Ich habe mich an Ihren Vorgesetzten gewendet, weil es bei mir spukt und ich diesen Geist loswerden will. Und Sie stellen mich als einen Mörder hin!“, blaffte Hinsdale. „Machen Sie ihren Job und dann verschwinden Sie!“ Wütend über Lexs Verdacht, stapfte er davon. Lex pfiff. „Hui, na das nenne ich doch mal einen eindeutigen Beweis!“ „Was meinst du?“, fragte ich leise. „Der ist ja fast geplatzt!“ „Genau das wollte ich auch!“, sagte er. Dann ging er. „Hey, wohin gehst du?“, rief Fay. Lex blieb stehen, sah uns mit einem schiefen Grinsen an. „Wir sollen doch unseren Job machen. Also…!“ Mir ging die eben geführte Unterhaltung zwischen Lex und Hinsdale und dessen Ausbruch nicht aus dem Kopf. Je länger ich darüber nachdachte, musste ich Lex Recht geben. Hinsdale hatte viel zu auffällig darauf reagiert. So als würde er etwas verbergen wollen. „Ihr seid nahe dran!“, hörte ich Erik sagen und blieb stehen. „Glaubst du auch, dass er dahinter steckt?“, fragte ich leise. „Nunja, er scheint wirklich etwas verbergen zuwollen. Aber ich kann nicht nicht spüren, was!“, erklärte er. „Das klingt nicht gerade gut!“, flüsterte ich. „Ihr müsst vorsichtig sein. Was oder wer auch immer dahinter steckt, er ist mächtig!“, sagte Erik und in seiner Stimme schwang Sorge mit. Das beunruhigte mich. Erik war nicht der Typ, der schnell in Sorge geriet. Dass er es tat musste bedeuten, dass die Lage wirklich ernst war. Durch einen Spalt beobachtete er die junge Frau, die im Flur stand und in Gedanken versunken zusein schien. Er spürte, dass sie nicht allein war. Eine Kraft, die er zuvor nicht gespürt hatte, umgab sie und als er genauer hinsah, sah er einen Schatten hinter den ihren. Größer, dunkler. Was war das? Bevor er es genauer erkennen konnte, verschwand der dunkle Schatten und die Frau war allein. Interessant. Wirklich interessant. Leise schloss er die Tür. Ich hörte wie sich eine Tür schloss und drehte mich um, aber da war nichts. Doch ich ahnte, dass ich beobachtet wurde. Und das lag nicht an diesem typischen Klischee aus einem Horrorfilm. Nein, das sagte mir mein Gefühl. Einige Tage später flatterte eine Einladung ins Haus. Die war jedoch nicht für mich, Lex oder Fay gedacht, sondern für Esmeralda und Brian. Naja, eigentlich nur für Esmeralda. Sie kam von diesem Robert Finnlay. Er lud sie auf einen Wohltätigkeitsball ein. „Gehst du hin, Mum?“, frage Fay. „Weiss nicht. Ich habe eigentlich wenig Lust dafür. Aber es wäre auch unhöflich, nicht zugehen. Immerhin ist es für einen guten Zweck!“, sagte sie und schob die Einladungskarte wieder in den Umschlag. „Mich würde mal interessieren, woher er eigentlich unsere Adresse hat!“, murrte Brian und sah die Karte an, als wollte er sie am liebsten auffressen. Da machte Esmeralda ein etwas zerknirschtes Gesicht. „Ich glaube, das ist meine Schuld. Ich sagte ihm, wie ich heisse. Tja, da habe ich mich wohl selber in die Nesseln gesetzt!“, sagte sie und Brians Miene wurde noch böser. Sagte aber nichts. „Und? Gehst du hin?“, fragte er dann. „Ja, denke schon!“ „Kommst du mit?“ „Was denkst du denn?“ Daraufhin musste Esmeralda kichern. Der Ball fand auf einem beachtlichen Anwesen statt. Limousinen standen der Reihe nach in der Auffahrt, die zu einem großen Haus führte, das von einigen Lampen beschienen wurde. Herren in schwarzen Fracks eilten zu den Wagen und öffneten die Türen. Halfen den Damen hinaus und nahmen die Schlüssel entgegen, um den Wagen wegzufahren und zuparken. Brian lenkte den schwarzen Wagen die Auffahrt hinauf und blieb hinter zwei Autos vom Eingang entfernt stehen und schaute zum Anwesen. „Geschmack hat er ja!“, gab er unwillig zu. Esmeralda blickte hinaus. „Ich frage mich wirklich, was das für ein Wohltätigkeitsball sein soll? Ich erkenne keine berühmte Person hier. Aber Geld scheinen Sie wohl alle zuhaben!“, murmelte Esmeralda und drehte sich eine rote Locke um den Finger. „Sollen wir umdrehen?“, fragte Brian, der merkte, dass seine Frau sich bei diesem Anblick etwas unwohl fühlte und auch erleichtert war, diesem Ball entgehen zu können. Doch Esmeralda schüttelte den Kopf. „Nein, jetzt sind wir ja hier…!“, sagte sie. Einige Minuten später, wurde auf ihrer Seite die Tür geöffnet und ein Mann half ihr raus. Brian stieg aus und warf diesem die Schüssel über das Dach zu. Der Mann fing die Schlüssel etwas schusselig auf und umrundete dann das Auto, um sich ans Steuer zu setzen. Doch bevor er das konnte, hielt Brian ihn an der Schulter fest und sagte mit drohender Stimme:„ Keinen Kratzer, verstanden!“ Der Mann nickte eingeschüchtert. „Darling, mach dem armen Kerl keine Angst. Er macht nur seinen Job!“, rief Esmeralda. Brian sah ihn nach, dann warf er einen letzten warnenden Blick zu dem Angestellten und folgte ihr. Esmeralda wartete am Treppenansatz und hakte sich dann bei ihm ein. „Job oder nicht Job. Einen Kratzer und der Gute und seine Zähne werden getrennt schlafen!“, murmelte Brian mürrisch. Esmeralda lächelte. Sie wusste, dass er nicht wegen der Sorge um sein Auto miese Laune hatte, sondern dass sie hier waren. Auf einem Ball eines Mannes, der Esmeralda den Hof machen wollte. Sie hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Wange. „Versuch wenigstens, freundlich zusein!“, bat sie ihn, als sie vor den Eingang und den Gastgeber gegenübertraten. Robert Finnlay, begrüßte gerade den Gast vor ihnen. Als er Esmeralda sah, strahlte er über das ganze Gesicht. „Mrs. Matthews. Schön dass Sie kommen konnten!“, sagte er und ergriff ihre Hand um sie zu küssen. Brians Wangenmuskeln zuckten. Esmeralda hingegen warf ihm einen warnenden Blick zu. Daher riss er sich zusammen. „Es freut mich ebenso!“ Robert Finnlay sah Esmeralda für Brians Geschmack etwas zulange an und räusperte sich. Da sah Robert ihn an und versuchte wohl auch ihm gegenüber höflich zusein. „Und Sie müssen Ihr Bruder sein!“ „Ich bin Ihr Ehemann!“, sagte Brian sogleich, einige Takte zuschroff und stellte sich demonstrativ neben Esmeralda. „Oh!“, gab Robert nur von sich. Sichtlich und ehrlich verlegen darüber. Doch da war noch etwas anderes in seinen Augen, was Brian aufmerksam machte. Ein Aufflackern. Dunkel und bedrohlich. „Freut mich dennoch!“, sagte Robert schnell und machte eine einladene Handbewegung. „Treten Sie doch ein!“ Als sie in die Eingangshalle traten, hörten sie schon ein Wirrwarr von Stimmen. Und der beisende Geruch von Zigarren stieg Brian in die Nase. Angewidert rümpfte er die Nase. Dann traten sie in den kleinen Saal, der für den Ball extra hergerichtet war. Dieser war angefüllt mit Menschen, die förmlich nach Geld stanken. Alle waren ältere Herrschaften, in teueraussehenden Abendgardroben. Esmeralda und Brian schienen die einzigen jüngeren Gäste zusein. Als sie den Raum betraten wandten sich viele Köpfe zu ihnen herum. Einige der Gäste erkannten das junge Paar wieder und tuschelten. Doch die beiden beachteten dies nicht und gingen weiter. Einige der Gäste erkannten sie wieder. Die meisten von ihnen waren an der Börse oder Bank tätig oder verdankten ihren Wohlstand ihrer Vorfahren. Und jeden konnte Brian nicht leiden. Für ihn waren diese Menschen allesamt Speichellecker oder Intriganten, die nur auf eine passende Gelegenheit warteten, den anderen in der Öffentlichkeit niederzumachen, wie die Geier auf das ersterbende Aas. Brian ignorierte diese so weit es ging und machte ein bitteres Gesicht. Esmeralda merkte, seine Abneigung, den anderen Gästen gegenüber und strich über seinen Arm. „Lächeln, Darling. Lächeln!“, ermahnte sie ihn, auch wenn sie wusste, dass ihn das noch mehr auf die Palme bringen würde. Aber unter den Gästen waren auch einige hohe Tiere bei Scotland Yard und diese finanzierten ihre Abteilung. So zwang er sich zu einem Grinsen und nickte den Leuten zu, an denen sie vorbeiliefen und sie grüßten. Sie schritten weiter und kamen in einen kleinen Nebenraum, der zur dahinterliegenden Veranda führte und Brian ging darauf zu. Trotz dass sie nur kurz im Haus waren, brauchte er jetzt schon frische Luft. In dem großen Park, der hinter derm Haus lag, waren Lampen und runde Tische aufgestellt, an denen Gäste standen und an ihren Gläsern nippten. Unter einem blütenweisen Pavillon war ein Streichorchester und spielte. Hier war es wesentlich angenehmer. Hier waren nicht soviele Leute und genug platz, um sich zubewegen, während er drinnen das Gefühl hatte, als würde er ersticken. Tief holte er Luft. „Hier bleibe ich!“, sagte er. Esmeralda lachte leise. „Wir bleiben nicht lange!“ „Ich frage mich, warum wir überhaupt hier sind!“, murmelte Brian. „Ich hoffe doch sehr, dass Sie die Party genießen!“, hörten sie plötzlich Robert Finnlay sagen, der gerade auf die Veranda trat. Brian wollte schon was sagen, aber Esmeralda kam ihm zuvor. „Natürlich. Sie ist wunderbar. Für was veranstalten Sie eigentlich den Ball? Mit welchem Projekt beschäftigen Sie sich?“ „Mit der Jugend. Es gibt viele Jugendliche, die auf der Strasse leben und ein schweres Leben haben!“ „Also ein Street-Worker?“, fragte Esmeralda. „Ja!“ „Das ist wirklich ein gutes Projekt!“ „Ja, der Meinung bin ich auch. Ich finde, dass jeder die Chance erhalten sollte, ein gutes Leben zu führen. In den letzten fünf Jahren haben wir schon einige Fortschritte gemacht und einige von ihnen von der Strasse geholt. Aber leider gibt es immernoch genug Jugendliche, die in zerfallenen Häusern leben oder sich kriminellen Jugendbanden anschließen!“ „Ich bin sicher, dass Sie auch diesen ein Zuhause geben können!“ „Wenn ich mit Ihrer Unterstützung rechnen darf, dann sicher!“, sagte Robert und lächelte charmant. „Mir wird gleich schlecht!“, dachte Brian angewidert angesichts, dieser Worte und musste sich wirklich beherrschen, um Esmeralda nicht am Arm zupacken und sie von diesem Schleimer wegzuziehen. Krampfhaft versuchte er die Fassade zu halten, doch die Blicke, die er Finnlay zuwarf, sagten mehr als er verbergen konnte. Finnlay achetete nicht darauf. Entweder weil es ihn nicht kümmerte, oder weil er unter seinen Blicken zusammenschrumpfte. Stattdessen sah er Esmeralda an, die nichts zu merken schien. „Schön haben Sie es übrigens hier!“, sagte sie und schaute sich um. Brian schürzte nur die Lippen. „Unser Haus ist schöner!“, dachte er abfällig. „Und Größer!“ „Danke. Es ist schon seit Jahrhunderten im Besitz meiner Familie!“, erklärte Finnlay geschmeichelt. „Aber ich wohne nur hier, wenn ich arbeiten muss. Die meiste Zeit verbringe ich in meinem Landhaus!“, erklärte er, wohl in der Hoffnung, sie zu beeindrucken. Als ob sie so leicht zu beeidricken sei, dacht Brian abfällig. „Wenn Sie möchten, können Sie mich am Wochenende auf meinem Landsitz besuchen kommen!“, bot er ihr an und Brian wäre beinahe alles aus dem Gesicht gefallen. Als Finnlay sah, dass er mit dieser Frage Brian auf den falschen Fuss erwischt hatte und damit das Fass zum überlaufen brachte, sagte er schnell:„ Natürlich Sie beide!“ „Oh, das ist sehr freundlich. Aber ich glaube kaum, dass wir dafür die nötige Zeit haben. Leider. Wir ermitteln grad in einem Mordfall!“, erklärte Esmeralda, die sich zwar über das Angebot geschmeichelt fühlte, aber es für keine gute Idee hielt, dieses anzunehmen. Vor allem da Brian geradezu innerlich kochte. Die Hitze seiner Wut konnte sie deutlich in ihrem Rücken spüren. Finnlay wirkte kurz enttäuscht, dann aber hoben sich seine Brauen. „Einen Mordfall?“, fragte er erschüttert. Esmeralda nickte. „Ja, eine junge Frau. Sie wurde tot aufgefunden. Die einzigen äußerlichen Wunden, waren Schnitte an ihrem Arm. Die jedoch konnten nicht tödlich gewesen sein!“ „Könnte es Gift gewesen sein?“, fragte Finnlay, der sich ziemlich interessiert anhörte. Das wunderte Brian. Warum wollte ein Möchtegern-Street-Worker davon erfahren? „Kannten Sie die Tote etwa?“, fragte er trocken. „Wenn Sie mir sagen, wie sie hiess, kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen!“, antwortete Finnlay. „Ihr Name war Jennifer. Jennifer Kingsten!“ Kaum hatte Brian das gesagt, zuckte Finnlay zusammen. Etwas in seinem Gesicht verriet ihn. Brians Augen wurden schmal und er sah sich Finnlay genauer an. Suchte etwas in seinen Blicken, was ihm sagte, dass er wusste, als er zugab. Sah jedoch nichts. Nur Entsetzen. „Sie kannten Sie?“, fragte nun Esmeralda. Finnlay nickte. „Ja, sie…sie gehörte zu meiner Gruppe!“ „Lebte sie auch auf der Strasse? Wir sprachen mit ihren Eltern. Sie erwähnten nichs davon!“ Finnlay lächelte traurig. „Natürlich nicht. Ihr war es unangenehm, dass sie in meine Gruppe kam. Sie hatte zwar ein Zuhause und Eltern, die sich um sie kümmerten. Aber dennoch war sie nicht glücklich. Ihre Eltern waren sehr streng und hielten sie an der kurzen Leine. Partys, Freunde treffen und shoppen gehen, waren ihr kaum gegönnt, da ihre Eltern wollten, dass sie für ihre Zukunft arbeitete. Sie hatten für sie große Pläne und Jennifer wollte nicht in diese hineingepresst werden. Also wandte sie sich an uns, um Hilfe zufinden!“, erklärte Finnlay. „Und dann?“, bohrte Brian weiter, der nun seine Langeweile vergass und mehr wissen wollte. Finnlay hob die Schultern. „Nichts und dann. Irgendwann kam sie nicht mehr. Ich dachte, sie hätte sich mit ihren Eltern versönnt. Aber jetzt…!“ „Haben Sie denn nichts davon erfahren?“, fragte Esmeralda skeptisch. „Immerhin war sie in ihrer Gruppe. Und es stand auch in der Zeitung. Also müssten Sie da doch etwas davon erfahren haben?“ Finnlay schüttelte wieder den Kopf. „Nein, leider nicht. Wenn dann…!“ „Wussten Sie denn, dass sie einen Freund hatte?“ „Sie hat mal was von einem Mann gesagt, aber ich dachte mir nichts dabei!“ „Ziemlich schlampig für jemanden, der sich um das wohl der Jugend interessiert!“, spottete Brian und verschränkte die Arme vor der Brust. Finnlays Kiefermuskeln zuckten und in seinen Augen blitzte es. Doch er schluckte die Worte, die er Brian entgegenschleudern wollte und wandte sich an Esmeralda. „Bitte entschuldigen Sie mich. Aber ich muss mich noch um die anderen Gäste kümmern. Wenn Sie meine Hilfe brauchen, egal in welcher Weise, sagen Sie mir bescheid!“, sagte er etwas frostig und ging dann. Brian sah ihm nach und musste amüsiert die Lippen kräuseln. Esmeralda bemerkte dies natürlich und warf ihm einen finsteren Blick zu. „Du kannst es einfach nicht lassen?“, murrte sie. Brian machte ein unschuldiges Gesicht. „Ich weiss nicht, was du meinst!“ Esmeralda schüttelte den Kopf. Nichts gegen Eifersucht, das bringt Schwung in eine Ehe und zeigt, dass er sie wirklich liebt. Aber das ging wirklich zuweit. Sagte jedoch nichts. „Außerdem haben wir doch was Interessantes erfahren!“, sagte Brian sachlich. Esmeralda sah ihn nur an. Als ob das rechtfertig, dass er dem Hausherren auf seiner eigenen Party die Hosen auszieht, dachte sie. Aber wo er Recht hatte, hatte er Recht. Dass Jennifer in seiner Gruppe war, war wirlich interessant. Und sie fragte sich, ob es da noch mehr Mädchen, mehr Opfer gab, die aus seiner Gruppe waren. „Du denkst, dass er was mit den Morden zutun hat?“, fragte sie. Brian sagte nichts. Sondern sah nur in die Richtung, in der Finnlay verschwunden war. Sein Schweigen deutete sie als ein Ja. „Wir sollten uns die Leiche nochmal genauer anschauen. Vielleicht finden wir was!“, flüsterte Esmeralda. „Wenn Sie nich schon längst unter der Erde ist!“, murmelte Brian. „Gehen wir!“, sagte er daraufhin und die beiden drehten sich um. „Ich gehe vorher nochmal auf die Toilette!“, wandte Esmeralda ein. Brian war inverstanden. Jedoch hielt er sie am Arm fest und beugte sich zu ihr vor. „Pass auf!“, flüsterte er. Esmeralda runzelte die Stirn. Verstand nicht, warum er das sagte. Doch ein Blick in seine Augen verriet ihr, dass er den Braten hier nicht traute. Etwas schien ihn hier zustören. Esmeralda nickte. Fragte dann eine Dame, die wohl eine Kellnerin war, wo man die Gästetoilette finden konnte und ließ sich von ihr den Weg beschreiben. Esmeralda bedankte sich und stieg die Treppe hoch, die in den ersten Stock führte. Brian wartete am Ende der Treppe, die seine Frau hochgestiegen war und ließ den Blick umher schweifen. Er hatte seine Haltung den anderen Gästen gegenüber nicht geändert. Grüßte nur, wenn es sein musste. Eingie versuchten ihn, in ein Gespräch zuverwickeln, doch er lehnte mit einem höflichen Lächeln ab. Dann ließ er seine Gedanken zurück zu dem vor kurzem geführten Gespräch wandern und dachte über jedes einzelne Wort und jede Gestik von Finnlay nach. Etwas, an Brians Fragerei hatte ihn gestört. Und das wollte Brian genauer unter die Lupe bringen. Zwar glaubte er nicht daran, dass sie noch auf legalem Wege an die Leiche kommen würden, aber er war entschlossen, Licht in die Sache zu bringen. Und außerdem: Hatte er sich noch nie um Legale Dinge gescherrt. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihm, dass schon zehn Minuten vergangen waren, seit Esmeralda auf die Toilette gegangen war. „Wo bliebt sie denn?“, fragte er sich und schaute zur Treppe hoch. Normalerweisse brauchte sie nicht solange… Da stimmte doch etwas nicht. Esmeralda wusch sich die Hände und trocknete sie. Schaute dabei kurz in den Spiegel und richtete sich ihre Haare. Sie ließ sich Zeit. Auch wenn Brian unten auf sie wartete und so schnell wie möglich wegwollte, wollte sie sich dennoch Zeit lassen. Soll er ruhig auf sie warten. Sie wäre schon etwas länger geblieben, aber sie hatte gesehen, dass er sich hier ziemlich unwohl fühlte. Sie wusste, dass es nicht an den vielen Leuten lag, sondern eher daran, dass ein anderer Mann ihr den Hof und ihn damit wahnsinnig machte. Und das wiederum machte ihr ein wenig Kummer. Er sollte wissen, dass sie ihm treu ist und keinen anderen Mann neben ihm haben wollte. Aber anscheinend konnte selbst ein beherrschter Mann, wie er, eifersüchtig werden. Egal wie alt er ist. Esmeralda musste etwas lächeln. Dann aber bemerkte sie, dass sie ihn schon lange, viel zulange, warten ließ und verließ die Toilette. Sie lief den Flur zurück und hörte schon unten das Stimmengewirr der Gäste. Sicherlich klopfte er mit dem Fuss auf dem Boden herum und hatte schon dunkle Wolken über seinen Kopf. Ein Gedanke, der ihre Stimmung etwas hob. Beeilte sich aber dennoch. Aber ehe sie zur Treppe kam, erfasste sie ein heftiger Schwindelanfall. Als hätte man ihr einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf verpasst. Alles drehte sich. Esmeralda taumelte und hielt sich an der Wand fest. Sie hielt sich den Kopf und versuchte den Schwindel loszuwerden. Esmeralda war es, als versuch sie etwas gefangen zu nehmen. Und je mehr sie dagegen ankämpfte, desto stärker wurde dies. Was war das bloss? „Komm!“, hauchte eine Stimme. „Komm zu mir!“ Es durchlief Esmeralda eiskalt. Die Stimme war in ihrem Kopf und verstärkte diese Kraft, die an ihr zerrte. Sie klang verlockend und weich. Hypnotisch. Fast schon wollte Esmeralda nachgeben. Sich von dieser Kraft fortführen lassen. Aber dann spürte sie einen Ruck durch ihren Körper fahren und ein wütendes Knurren. Der Schwindel blieb noch einen Moment, verflüchtigte sich aber dann und ihre Sicht wurde wieder klarer. „Esmeralda? Esmeralda, alles in Ordnung mit dir?“ Brian hatte gespürt, dass es etwas nicht stimmte und war die Treppe hochgerannt. Als er seine Frau sah, die sich an der Wand abstützte, dachte er erst, sie hätte einen Schwächeanfall. Aber dann sah er diesen Schatten, der an der gegenüberliegenden Wand war und seine Schattenklauen nach ihr ausgesstreckt hielt. Nach ihr greifen wollte. Esmeralda schien sich noch dagegen wehren zu können, doch für wie lange. So verschwendete Brian keine Zeit und eilte auf sie zu. Als er bei ihr war, legte er sogleich mit Hilfe seiner Macht einen schützenden Mantel um sie und versetzte dem Schatten einen Stoss, der ihn vertrieb. Der Schatten, überrascht, dass jemand ihn angriff, verschwand und entließ Esmeralda aus seiner Gewalt. Kaum war dieser weg, versagten ihr die Beine und Esmeralda sank zu Boden. Brian fing sie auf und setzte sie vorsichtig ab. Nun hielt er seine Frau eng an sich gedrückt und hoffte, dass sie sich gleich wieder erholen würde. „Esmeralda?“, fragte er wieder besorgt. Esmeralda brauchte einen kurzen Moment, ann nickte sie. „Ja, ich denke schon“, sagte sie. Brian half ihr beim Aufstehen. „Was…was war das bloss?“, fragte sich Esmeralda und rieb sich die Stirn. „Keine Ahnung!“, sagte Brian und seine Stimme wurde gefährlich. „Aber was es auch ist…Ich werde es das nächste Mal grillen, wenn es wieder nach dir greift!“ Langsam stiegen sie die Treppe hinunter. Brian stützte sie noch immer und als sie in die Einganghalle kamen, verlangte Brian von einem des Hauspersonals, dass sie seinen Wagen brachten. Dieser nickte nur und eilte hinaus. Einige der Gäste bemerkten, dass mit Esmeralda etwas nichts stimmte und bildeten einen Kreis. „Was ist passiert?“ „Geht es Ihr gut?“ „Können wir ihr ein Glas Wasser bringen?“, kam es von den Gästen. Doch Brian wehrte diese ab und geleitete seine Frau nachdraußen. „Was ist denn los?“, mischte sich nun Mr. Finnlay ein und ging zu ihnen. Als er Esmeralda sah, die bleich im Gesicht war, war er zutiefst besorgt. „Was ist mit Ihnen. Kann ich etwas tun?“, fragte er und wollte ihr helfen. Doch Brian stellte sich ihm in den Weg. „Sie haben heute schon genug getan!“, fauchte er und ging. Ich und Fay hatten uns einen ruhigen Abend gemacht. Waren Duschen, natürlich jede für sich, ich weiss ja nicht, was für Fantasien ihr habt, und gönnten uns ein leckeres, kalorienhaltiges Eis. Dick eingewickelt in weichen Bademänteln und mit in Handtüchern gewickelten Haaren, saßen wir bei ihr auf der Couch und sahen fern. Was Lex machte, war uns eigentlich egal. Sicherlich trainierte er oder zockte irgendwelche Shooterspiele. Jungssachen eben. Natürlich unterhielten wir uns über den Ball, auf den Fays Eltern gegangen waren und über Brians Begeisterung. „Dein Dad ist mächtig angepisst!“, bemerkte ich und hoffte, Fay würde mir diesen Ausdruck verzeihen. Fay grinste. „Und wie!“ „Hat er denn kein Vertrauen zu deiner Mutter?“ „Doch schon. Aber weißt, als Dad und Mum…fortwaren, war doch noch Sebastian. Der zog uns auf, wie seine eigenen Kinder!“ Kurz huschte ein Schatten über Fays Gesicht und sie sprach schnell weiter. „Er brachte uns alles bei, was wir wissne mussten. Später erfuhren wir, dass er in unsere Mum verliebt gewesen war!“ „Oh, dein Dad wusste davon nichts?“ „Doch. Und dafür könnte er ihn heute noch masakrieren!“ Nun lächelte Fay wieder, aber in ihren Augen war immernoch dieser Schmerz zusehen. Etwas musste schlimmes musste mit diesem Sebastian geschehen sein. Ich ahnte schon, was, aber ich wollte es nicht aussprechen. Da hörten wir Schritte auf dem Flur und die Tür wurde aufgerissen. „Mum und Dad sind wieder da!“, sagte Lex, der sich wohl nicht daran störte, dass wir halbnackig auf der Couch saßen und ihn ansehen, als sei er gestört. Fay war die erste, die die Sprache wieder fand. „Ja und?“ Egal was Lex von uns erwartete, wie enttäuschten ihn wohl in auf ganzer Linie, denn er schnaubte und fügte mit Nachdruck zu:„ Mit Mum stimmt etwas nicht!“ Nun waren wir ganz Ohr. „Was? Was ist mit ihr?“, fragte Fay aufgebracht und vergass, dass sie, als sie aufsprang so einiges enthüllte. Lex wandte den Blick ab. „Das weiss ich nicht. Kommt einfach runter, dann seht ihr es!“, sagte er und wollte die Türe schließen. Hielt dann aber inne. „Aber zieht Euch vorher etwas an!“ „Was ist passiert, Mum?“, fragte Fay. Wir saßen alle im Wohnzimmer und warteten gespannt darauf, was Esmeralda zu erzählen hatte. Esmeralda nahm einen Schluck aus dem Glas, was etwas beinhaltete, was verdächtig nach Gin aussah und atmete einmal tief durch. „Genau, weiss ich das auch nicht. Aber als ich auf diesem Flur stand, hielt mich plötzlich etwas gepackt. Es…es war so, als wollte mich etwas…geistlich wegzerren. Mir meinem Willen nehmen!“, beschrieb Esmeralda. Brian hörte nur zu. Saß neben sie und sah sie an. Aber ich konnte deutlich an seinem Gesicht ablesen, dass er innerlich alles andere als ruhig war. „Wenn du nicht gekommen wärst…!“, sagte sie und sah sie ihn mit einem angstvollen Blick an. Brians Gesicht verfinsterte sich kurz, dann wurde sein Blick weich und er nahm sie in den Arm. „Jetzt bist du ja in Sicherheit!“ „Fragt sich nur für wielange!“ Unsere Köpfe fuhren herum und wir sahen Erik in einer dunklen Ecke stehen. Brian erhob sich. In jedem seiner Schritte lag eine Drohung. Ob diese Erik galt oder dem, was Esmeralda bedroht hatte, konnte ich nicht sagen. Als er vor ihm stand, sahen sie sich einen Moment an. „Du wusstest davon?“ „Ich wusste, dass etwas dahinter steckt. Schon als Fay, Lex und Allison das Haus durchsuchten!“, erklärte er. Wir stutzten. „Wie? Wie meinst du das?“, fragte ich verwirrt. Was hatte dieser Finnlay mit Hinsdale zutun? „Das solltest du wissen. Du hast es doch auch gespürt!“, sagte er und nun waren alle Blicke auf mich gerichtet. Ich fühlte mich in diesem Moment unangenehm ertappt. Und erinnerte mich an das seltsame Gefühl, was mich beschlich, als wir in dem Haus von Hinsdale waren. Dieses Gefühl, beobachtet zuwerden. „Ich…!“ Mit einem unguten Gefühl schaute ich jeden an, mied dabei aber Brian. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich das schon eher hätte sagen sollen. „Wieso hast du das nicht schon früher gesagt?“, platzte es aus Brian, der auf mich zustürmte. Esmeralda sprang schnell auf und stellte sich vor mich. „Brian, sie konnte es doch nicht ahnen!“, wandte sie schnell ein, wobei jeder von uns allen es besser wusste. „Außerdem ergibt das alles keinen Sinn. Laut von Euch wurde Mum im Haus von Mr. Finnlay angegriffen. Aber was Allison gespürt hatte, war in Mr. Hinsdales Haus. Wie kann das sein?“, sagte Fay nun. „Ich habe da so einen Verdacht!“, sagte Lex. Wir alle sahen ihn an und warteten darauf, dass er etwas sagte. „Was wenn es sich hierbei um die eine und dieselbe Person handelt?“ Wir alle tauschten verwirrte Blicke. Es klang schon irgendwie logisch, aber es wollte nicht wirklich zueinander passen. „Kannst du diesen Finnlay beschreiben?“, fragte Lex dann und Esmeralda beschrieb ihn ihren Verhrer. Lex versucht sich von ihm ein Bild zumachen. Als Esmeralda fertig war und Lex in seinem Kopf das Bild vervollständig hatte, schüttelte er den Kopf. „Nein, kann doch nicht sein!“, sagte er dann. „Aber eine Verbindung muss es da ja geben!“ „Außerdem…!“, sagte er dann und sein Gesicht wurde finster. „Gibt es da noch jemanden, der in Frage kommen würde!“ „Und wer?“ „Der Grossvater von Mr. Hinsdale. Zwar hat er gesagt, dass er bettlägrig ist, aber trotzdem haben wir ihn noch nie zu Gesicht bekommen!“ „Du denkst, dass auch er dahinter stecken könnte?“, fragte ich. Lex antwortete nicht, aber sein Blick sprach Bände. „Vielleicht sollten wir uns noch mal in beiden Häusern umsehen. Wäre ja möglich, dass wir was herusfinden!“, sagte Fay. „Aber seid vorsichtig. Wer von den beiden auch dahinter steckt, er ist gefährlich!“, warnte Esmeralda uns. „Ich werde schon auf sie aufpassen!“, sagte Erik, woraufhin Brian ihm einen mörderischen Blick ansah. „Auf Allison natürlich!“ „Und ich sollte Finnlays Einladung annehmen, ihn in seinem Landhaus zubesuchen!“, sagte Esmeralda nun und ihre Stimme war wieder voller Kraft. „Was? Nein!“, rief Brian. „Es ist die einzige Möglichkeit!“, erklärte Esmeralda schnell. „Dich doch noch zu kriegen oder diesem Mistkerl auf die Schliche zu kommen?“, fragte Brian scharf. „Natürlich ihm auf die Schliche zu kommen!“, sagte Esmeralda. „Aber er hätte dich beinahe bekommen!“ „Beinahe, ja. Und ich weiss jetzt, was mich erwartet!“ „Und was wenn du dich dabei in zu große Gefahr begibst?“ „Ich bin schon lange genug in diesem Geschäft um zuwissen, in was für eine Gefahr ich mich begebe!“, sagte Esmeralda bissig. Ich hatte das leise Gefühl, dass sich hier gleich ein Streit anbahnte. Fay tippte mir auf die Schulter und machte mit dem Kopf eine Bewegung, die mir sagte, dass Weite zusuchen. Sie schien das gleiche zu ahnen. Ich nickte und folgte ihr die Treppe hoch. Lex kam uns nach und selbst Erik stahl sich davon, auch wenn ich deutlich an seinem Gesicht sehen konnte, dass er sich diebisch darüber freute. Wir verkrümmelten uns in unsere eigenen Zimmer. Esmeraldas und Brians hitzige Stimmen waren noch ewig lange zu hören. Zum einen konnte ich Brian verstehen. Esmeralda war diesem mysteriösen Kerl beinahe ins Netz gegangen. Und das Risiko, dass es beim nächsten Mal anders werden könnte, war groß. Aber ich hatte auch Vertrauen, dass Esmeralda es schaffen würde. Wir hingegen, würden uns mit Hinsdale beschäftigen. „Und wie gehen wir vor?“, fragte ich vom Rücksitz aus, während wir die Strasse zum Herrenhaus einbogen und zum Tor vorrollten. „Wir werden erstmal sehen, ob wir reinkommen. Wenn ja, dann teilen wir uns auf und derjenige, der etwas findet, schlägt Alarm!“, erklärte Lex. Es war Wochenende. Und während wir zu Hinsdale fuhren, fuhr Esmeralda zum Landsitz von Mr. Finnlay. Natürlich unter Brians Protest. Ich musste mich mit einem Schmunzel daran erinnern, wie er wieder damit anfing und versuchte, sie dazu zuüberreden, daheim zu blieben. „Ich halte das immer noch für eine schlechte Idee!“, hatte er gesagt und sah sie mit verkniffener Miene an. Esmeralda hatte sich, wohl um Finnlay in Sicherheit zuwiegen ordentlich in Schale geworfen, was Brian noch mehr missfiel. Man sah ihm an, dass er sie gar nicht aus der Haustür lasse wollte und sie am liebsten in das nächste Zimmer eingesperrt hätte. Doch Esmeralda stellte sich stur hin und funkelte ihn an. „Fang nicht wieder damit an, Brian-Marcel Matthews!“, fauchte sie. Falls Brian noch was sagen wollte, so blieb ihm der Satz im Halse stecken und er machte ein zerknirschtes Gesicht. Murmelte etwas was wie: „Dickkopf!“, und „Verdammt!“, klang und machte ihr Platz, sodass sie aus der Tür treten konnte. Esmeralda stolzierte an ihm vorbei und wenige Minuten später hörten wir den Motor starten. Dann gingen auch wir. Lex klopfte seinem Dad auf die Schulter. „Gegen diese Mauer, kommst nicht mal du an!“, sagte er nur und ließen ihn zurück. „Ob Dad immernoch schmollt?“, fragte Fay und ich konnte ein Glucksen in ihrer Frage hören. „Natürlich schmollt er. Und nachdem Mum ihn mit seinen beiden Namen angeknurrt hatte, kann ich mir gut vorstellen, dass er sich auch ein wenig ins Hemd gemacht hat!“, feixte Lex und wir fuhren die Einfahrt hoch. „Naja, euer Dad scheint nicht der Typ zusein dafür!“, bemerkte. „Nun, er wird vielleicht nicht zittern und wimmern, aber er hat genug Respekt und Achtung vor Mum, um zuwissen, dass man sich nicht mir ihr anlegen sollte, wenn es darum geht, ihren Kopf durchzubekommen!“ „Eure Eltern gehen ja wirklich nett miteinander um!“ „Dafür lieben sie sich abgöttisch!“, bemerkte Fay mit einem Lächeln. „Nach allem was sie erlebt haben!“ „Das muss ja eine ganze Menge sein…!“ „Wenn du wüsstest!“, sagte Fay und Lex räusperte sich. Wir standen vor dem gusseisernen Tor und Lex hatte die Fensterscheibe des Wagens hinuntergelassen um zu klingeln. Zuerst gab es keine Antwort und wir dachten schon, dass keiner aufmachen würde. Doch dann ertönte eine schroffe Stimme. „Ja, wer ist da?“ Der Butler! „Wir würden gerne nochmal mit Mr. Hinsdale sprechen!“, sprach Lex in den Lautsprecher. „Mr. Hinsdale ist leider nicht im Haus. Kommen Sie morgen wieder!“ „Wir sind hier nicht zum Kaffeetrinken hier, sondern es geht um einen Mordfall und wenn Sie uns nicht reinlassen, werden ich Sie wegen Behinderung bei polizeilichen Ermittlungen einbuchten!“, drohte Lex. Dann herrschte Schweigen und wenige Minuten später summte es und das Tor schob sich auf. Lex startete den Wagen. „Na, bitte. Geht doch!“ Der Butler, offensichlich nicht arüber amüsiert, dass wir so ungebeten aufkreuzten, erwartete uns an der Auffahrt. Ohne ein Wort zusagen, ließ er uns ein. So gut wie fast alle Lichter im Haus waren gelöscht und es machte nicht den Eindruck, als würde Mr. Hinsdale hier sein. Ich tauschte einen Blick mit Fay, die mir nur stumm sagte, dass das kein Problem sei. „Wissen Sie wann er wiederkommt?“, fragte Lex den Butler. Dieser rümpfte die Nase. „Mr. Hinsdale ist außerhalb der Stadt. Wichtige Geschäfte tätigen. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wann er kommen wird. Es könnte sein, dass er erst übermorgen wiederdasein wird!“ „Das ist nicht weiterschlimm. Wir wollen uns nur mal umsehen!“, erklärte Lex. Der Butler sah ihn noch für einen langen Moment an, als würde er ihn am liebsten hockantig rausschmeissen, drehte sich aber um und ging dann. Als er weg war, sagte Lex dann:„ Fay, du übernimmst das Erdgeschoss. Allison, du das Obergeschoss und ich schaue mir mal den Garten an!“ „Und was wenn einer von uns was findet und Hilfe braucht?“, fragte ich, weil es mir nicht gefiel, sich zu trennen und jeder alleine auf die Suche, nach was auch immer zugehen. „Dann rufst du ganz laut nach Hilfe!“, sagte Lex ohne weiteres. Eigentlich logisch, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass mich keiner hören wird. Wenn Lex draußen im Garten war und Fay hier unten, dann… Wer weiss, was hier vor sich ging… „Du hast ja noch mich!“, hörte ich Erik plötzlich neben mir sagen. Das wiederum tröstete mich ein bisschen. „Also dann…!“, sagte Lex und wir teilten uns auf. Während ich die Stufen hochstieg hörte ich Fay, im Wohnzimmer umgehen und wie sie einige schwere Sachen verschob. Das Obergeschoss lag, wie das untere, in völliger Dunkelheit. Ich blinzelte paarmal, versuchte was zu erkennen. Doch seltsamer weise, waren meine Augen diesesmal nicht in der Lage, diese Dunkelheit zudurchbrechen und mir zusagen, wo was stand. Es war, als läge eine Art Schleier über ihnen. Vorsichtig tastent ging ich vor und nahm mir die ersten Tür vor, öffnete sie und schaute hinein. Es war das Badezimmer, nichts besonderes. Also schloss ich die Tür wieder und ging zur nächsten. Als ich die nächste öffnete, schlug mir augenblicklich ein unangenehmer Geruch entgegen. Er glich dem, der ständig in Krankenhäusern zugegen war. Und dennoch war etwas daran anders. Es roch nicht echt. Sondern irgendwie künstlich. Ich schob die Tür weiter auf und lugte hinein. Und machte sogleich einen Schritt zurück. Ich war unabsichtlich in das Schlafzimmer eines älteren Herrn geplatzt, der in seinem Bett lag und schlief. Das musste der Grossvater von Mr. Hinsdale sein. Verlegen darüber, dass ich einfach so reingeplatzt war, wollte ich schon wieder die Tür schlißen, als ich plötzlich inne hielt. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte das Gefühl, dass da was nicht stimmte. Vorsichtig trat ich an den Mann näher. „Mr. Hinsdale-Senoir…Verzeihen Sie, wenn ich sie störe, aber ich…!“, begann ich vorsichtig und trat noch näher, sodass ich nun an seinem Bett stand und ihn besser sehen konnte. Hinsdales Grossvater hatte die Augen geschlossen und schien mich nicht bemerkt zuhaben. Also entweder hat er einen gesunden Schlaf oder er war… Ich wollte den Gedanken gar nicht zuende führen, aber ich konnte mir keine andere Erklärung darauf geben. Um ganz sicher zusein, tippte ich ihn am Arm an. Er reagierte nicht. „Oh, lieber Himmel, lass ihn nicht tot sein!“, betete ich. Ich schaute mich nach einem Lichtschlater um. Wenn ich das Licht anschalte, würde er vielleicht doch wach werden. Ich sah eine kleine Lampe, die auf dem Nachttisch stand und schlatete sie an. Aber er wachte nicht auf. Was mache ich jetzt, dachte ich panisch und schaute zur Tür. Ob ich Fay rufen sollte? Oder gleich einen Notarzt oder noch besser einen Leichenwagen? „Beruhig dich wieder, Allison. Schau doch mal genauer hin!“, sagte Erik in meinem Kopf und ich zwang mich näher hinzusehen. Wobei ich gerne darauf verzischtet hätte. Dennoch tat ich es und betrachtete den schlafenden genau. Etwas war seltsam an seinem Gesicht. Es wirkte irgendwie steif und künstlich. Trotz der Falten, schien es nicht dem Gesicht eines alten Mannes zu gehören. Sondern eher einer…Puppe! „Was…?“, fragte ich und berührte das Gesicht des Mannes. Es fühlte sich genauso an, wie es aussah. Künstlich. Es war eine Puppe! Ich eilte hinaus auf den Flur und wollte nach Fay rufen, um ihr meine Entdeckung zuzeigen. Doch da sah ich, dass eine Tür offen war, die vorher noch nicht geöffnet war und das in dem Raum dahinter Licht brannte. Okay, das ist wirklich merkwürdig. Und unheimlich. Ich überlegte, ob ich nach Fay oder Lex rufen sollte, aber bis sie sah sein würden… Langsam ging ich auf die Tür zu. Ich spürte förmlich, dass es hier nach einer Falle roch. Doch ich ging weiter und trat in das Zimmer. Diesesmal war es ein Arbeitszimmer. Die Wände waren zum größten Teil vollgestellt mit massiven Bücherschränken, die vollgestopft waren mit Ordern und Büchern. Der Boden mit einem dunkel und teueraussehenden Teppich. An der Stirnseite des Zimmers, vor dem Fenster stand ein großer Schreibtisch und dahinter ein, mit der Rückenlehne mir zugedrehter, Stuhl. Auf der Lehne konnte ich eine Hand drauf liegen sehen. Ich stutzte. Hatte der Butler nicht gesagt, dass Mr. Hinsdale außer Haus war? Was ging hier nur vor? Ich wollte nun wirklich nach Fay rufen, da ich sicher war, dass sie mich hören würde. Da bemerkte ich diesen süßlichen Geruch. Er war metallisch und übelkeiterregend. Und er kam von dem Stuhl. Mit einem Male fühlten sich meine Knie weich an. Mein Magen zog sich zusammen und alles begann sich zu drehen. Dennoch zwang ich mich auf den Stuhl zu zugehen. Der Geruch wurde stärker, unterträglicher. Fast schon wollte ich kehrtmachen. Aber etwas hielt mich hier fest. Ich glaubte es sei Erik, der mich dazubringen wollte, es herauszufinden. Aber ich hörte weder seine Stimme noch hatte ich das Gefühl, als würde er meine Handlungen lenken. Es musste etwas anderes sein. Vermutlich der Wunsch nach Gewissheit. Wie auch immer. Ich streckte die Hand aus und holte tief Luft. Versuchte diesen widerlichen süßen Geruch auszublenden. Als ich die Lehne berührte, drehte ich langsam den Stuhl herum und sah, wer in dem Stuhl saß. Ich hätte zugerne gesagt, dass es eine gute und eine schlechte Nachricht gibt. Aber Fehlanzeige. Die schlechte Nachricht: Es war Hinsdale, der da saß. Die noch schlechtere Nachricht: Er war, er war tot. Die Ursache. Ein Dolch, der bis zum Anschlag in seinem Hals steckte. Die Augen des Toten starrten hoch an die Decke, der Mund weit aufgerissen. Ich wich zurück und presste mir die Hand auf den Mund. Mit wackeligen Beinen torkelte ich aus dem Abreitszimmer und den Flur entlang. „F…Fay…Fay…!“, würgte ich und eilte ins Wohnzimmer. Da war sie nicht. Vermutlich war sie in der Küche oder sonst wo. Kopflos eilte ich von einem Zimmer zum anderen und rief nach Fay. Doch sie gab keine Antwort. Verdammt, wo steckte sie bloss. Als ich sie drinnen nicht fand, ging ich hinaus. Vielleicht war sie ja bei ihrem Bruder. Ich hoffte es. Ich lief hinaus. Um das Haus herum und rief nach Lex und Fay. Eine lange Zeit kam keine Antwort von ihnen und ich fürchtete schon, ich sei hier allein auf diesem Grundstück, aber dann sah ich eine Gestalt auf mich zulaufen. Lex! Ich war heilfroh, ihn zusehen. „Gott sei dank. Lex!“, rief ich und eilte ihm entgegen. „Allison? Was ist denn los? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!“, sagte er erstaunt. „Das kommt hin. Da…da im Arbeitszimmer ist eine Leiche. Und in dem anderen, da…da liegt eine Puppe, die wie ein alter Mann aussieht!“, stammelte ich ohne Sinn und Verstand. Lex sah mich auch dementsprechend an. „Was redest du da?“, fragte er. „Ich weiss, dass es verrückt klingt. Aber ich spinne nicht. Ich weiss, was ich gesehen habe!“ „Okay okay. Beruhige dich. Wo ist Fay?“ „Ich dachte, sie ist bei dir!“ „Nein, ist sie nicht. Daher bin ich zu dir, weil ich dachte, sie sei hier draußen!“ Dann herrschte Stille, in der Lex mich nur ansah. Dann wurde sein Gesicht panisch. „Aber das würde ja bedeuten…!“, sagte Lex und stürmte plötzlich an mir vorbei. Ich folgte ihm. Er schien regelrecht über den Rasen zufliegen, so schnell wie er rannte. Ich hatte wirklich Probleme ihm zu folgen. „Lex…Lex was ist denn? Stimmt etwas nicht?“, rief ich, doch Lex sagte nichts, sondern rannte zur Vorfahrt. Eine wirklich dumme Frage, wie ich zugeben musste. Natürlich stimmte etwas nicht. Das Fay einfach nicht zu finden war und keiner von uns wusste, wo sie stecken könnte, war Beweis genug. Wir schienen ewig zu brauchen, ehe wir bei Vorderseite des Hauses ankamen und auf die, mit weissem Kies ausgelegte, Auffahrt stürzten. Kaum dass ich auch nur einen Fuss darauf gesetzt hatte, packte mich Lex am Kragen und riss mich mit einem heftigen Ruck nachhinten. Ich wollte fragen, was das sollte, doch da sah ich einen weissen Lieferwagen, der nur haarscharf an mir vorbeischoss und unter dem sperrangelweiten Tor davonbrauste. Ich blickte diesem atemlos nach, konnte nicht richtig die letzten Sekunden realisieren. Dann packte mich Lex wieder und zog mich auf die Füsse. „Penn nicht ein, wir müssen hinterher!“, schrie er mich förmlich an und schleppte mich hinter sich her. Wir stiegen in den Wagen und kaum dass ich saß und nicht mal richtig angeschnallt war, trat Lex auch schon das Gaspedal durch. Esmeralda klingelte an der Tür des Landhauses, das ziemlich weit abgelegen lag. Es war schon ziemlich spät geworden, als sie es endlich gefunden hatte. Es lag meilenweit von der Stadt entfernt. Und schien weit und breit das einzige Haus zusein. Zumindest hatte sie kein anderes gesehen. Sie blieb noch einige Minuten im Wagen sitzen, dann holte sie tief Luft und stieg aus. Es dauerte eine Weile, ehe man ihr öffnete. Doch es war nicht Finnlay, der da vor ihr stand, sondern ein Fremder. Gekleidet in einen Bedienstetenanzug. „Guten Abend. Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er höflich. Esmeralda brauchte einen kurzen Moment. Sie hatte erwartet, Finnlay allein hier anzutreffen. Aber offensichtlich wollte er auch hier seine Angstellten haben. Esmeralda musste etwas lächeln. „Ja, ich bin hier auf Mr. Finnlays Einladung!“, sagte sie höflich. Der Butler sah sie einen kurzen Moment an, dann nickte er und ließ sie hinein. „Mr. Finnlay ist noch nicht da. Aber er wird bald dasein!“, erklärte der Butler. „Kann ich Ihnen was zutrinken bringen?“ „Nein, danke!“, sagte Esmeralda. Sie wollte nüchtern sein, wenn es sich hier um eine Falle handeln würde. Sie setzte sich in dem kleinen Wohnzimmer auf eine gemütliche Couch und schaute sich immer wieder aufmerksam um. Sie versuchte, mithilte ihrer Sinne, diese unheillvolle Kraft aufzuspüren, die sie im Anwesen von Mr. Finnlay gespürt hatte. Aber sie spürte sie nicht, also suchte sie mit ihren Augen das Zimmer, nach irgendwelchen Hinweisen auf einen dunklen Zauber, ab. Fand aber auch nichts. Dabei war sie sich sicher, dass sie hier etwas finden würde. Entweder war Mr. Finnlay, sollte er Dreck am Stecken haben, ziemlich gerissen oder aber seine Weste war blütenweiss. Was Esmeralda natürlich nicht glaubte. Sie wusste es einfach. Es vergingen Minuten, die dann zu Stunden wurden und Esmeralda dachte schon, sie würde hier noch die ganze Nacht verbringen, als plötzlich ein völlig abgehetzter Mr. Finnlay reingeplatzt kam und sich bei ihr entschuldigte. „Bitte verzeihen Sie, dass ich so spät komme. Ich hatte noch einige geschäftliche Angelegenheiten zutätigen!“, entschuldigte er sich und setzte sich zu ihr. Esmeralda setzte ein verzeihendes Lächeln auf. „Das macht doch nichts!“, sagte sie. „Jetzt sind Sie ja hier!“ Mr. Finnlay lächelte und schien ich zu entspannen. „Es freut mich, dass Sie meiner Einladung nachgekommen sind!“ „Ich dachte, nachdem mein Mann so unhöflich zu Ihnen war, ist dass alles mehr als ich tun kann!“, sagte sie. Finnlay lächelte. „Ach, ich nehme es ihm nicht übel. Jeder, der so eine schöne Frau an seiner Seite hat, hat das Recht eifersüchtig zu sein!“ „Ja, aber er sollte mir Vertrauen!“, sagte sie. „Das stimmt schon. Aber so sind wir Männer nunmal!“ „Warum haben Sie mich eigentlich eingeladen? Ich nehme an, dass es nicht einfach nur so gedacht war!“ Finnlay lächelte. „Sie haben mich durchschaut, Mrs. Matthews. Ich habe mir wirklich gedacht, dass es von Vorteil sein könnte, sie als eine Gönnerin für meine Arbeit zu haben. Das muss ich zu meiner Schande gestehen!“ „Nun, meine Familie hat sich schon immer für das Wohl für andere eingesetzt. Meine Mutter, Gott sei ihrer Seele gnädig, war Polizistin und mein Vater Reporter!“, erklärte Esmeralda. „Warum nicht also die Kinder von der Straße holen und ihnen die Möglichkeit geben, wieder ein normales Leben zu führen!“ „Das sind genau meine Worte. Schön, das jemand anderes auch dieser Meinung ist. Es gibt schon vielzuviele Menschen, die nur an sich denken!“ „Solange Sie sich nicht irgendwelche Hoffnungen machen, dass aus unserer geschäftlichen Beziehung mehr wird. Denn dann muss ich Ihnen mitteilen, dass ich meinem Mann treu bin, bis in den Tod!“ „Für wen halten Sie mich?“, fragte Finnlay entrüstet, musste aber lachen. „Für einen widerlichen Feigling, der hilflose Menschen ermordet?“ Das dachte Esmeralda natürlich. Während sie mit ihm redete, achtete sie genau auf seine Gestik und seine Miene und meinte hier und da eine verrätische Bewegung oder ein Aufblitzen in seinen Augen zusehen. Für sie stand fest, dass er was zu verbergen hatte. Sie musste nur auf die passende Gelegenheit warten, in der sie zuschlagen konnte. „Für jemanden, der hinundwieder auf ein Abenteuer aus ist!“, sagte sie stattdessen mit einer verführerischen Stimme und lehnte sich etwas zu ihm zu Seite, sodass er einen feinen Einblick in ihren Ausschnitt erhaschen konnte. „Sie sind schließlich noch jung!“ „Sie sind aber auch nicht gerade alt!“, sagte Finnlay mit gebanntem Blick auf ihren Ausschnitt. Esmeralda musste sich mit größter Mühe ein siegesicheres Lächeln verkneifen. Auch wenn sie es nicht ihre Art war, so offen zuspielen, wusste sie, dass das der einzige Weg war, ihn aus der Reserve zulocken. „Wenn Sie wüssten!“, säußelte sie, streckte die Hand aus und wollte ihm über die Wange streichen, als sich plötzlich jemand räusperte und sie hochschrecken ließ. Es war der Butler, der in der Tür stand und darauf wartete, dass sein Vorgesetzter ihn zum Sprechen aufforderte. „Ja, was gibt es Miles?“, fragte Finnlay, etwas angesäuert und richtete sich auf. „Ich habe eine Frage zu dem Wein, den Sie gerne trinken möchten!“, sagte er und Finnlay schien erstmal nicht zubegreifen, was der Mann von ihm wollte. Doch dann… „Ja?“, fragte erund ging zu ihm hin. Der Butler winkte und bedeutete ihm, dass sie ein wenig außerhalb der Hörweite Esmeraldas gehen sollten. Das war ihr verdächtig. Sie wartete, bis sie um die Ecke gegangen waren und zog sich die Schuhe aus. Schlich dann zur Tür und lugte um die Ecke. Finnlay und sein Diener standen einige Meter vor einer Tür und flüsterten. Doch Esmeralda konnte jedes Wort hören. „Ist sie hier?“, fragte Finnlay und in seiner Stimme war eine ekelerregende Spur von Gier zu hören. Es drehte Esmeralda förmlich den Magen um. Über wen sprachen sie da? Um ein weiteres Opfer? Sie musste was unternehmen. Schnell. „Ja, ist sie!“, sagte der Diener Miles. „Die Dame wartet auf Sie!“ „Und du hast getan, was ich dir befohlen habe?“, knurrte Finnlay und nun schien sich der Diener überhaupt nicht mehr in seiner Haut wohl zu fühlen. „J-Ja, Sir…!“, stammelte er und trat von einem Fuss auf den anderen. „Musste das denn wirklich sein?“ „Dieser Schnorrer ist mir lange genug auf die Nerven gegangen. Ich bin es leid…Pass ja auf, dass es dir nicht auch noch so ergeht!“, sagte Finnlay finster und grinste dann teuflisch. „Es gibt immerhin genug Menschen, die für einen Hungerlohn arbeiten wollen!“ Der Butler verstand nur zugut, was er ihm damit sagen wollte und senkte nur den Kopf. „Ja, wohl, Sir!“, sagte er. Finnlay lachte. „So ist es gut. Und jetzt machen Sie alles fertig. Ich will beide so schnell wie möglich bereit haben!“, wies er ihn und ging wieder zurück ins Wohnzimmer. Genau auf Esmeralda zu. Diese reagierte schnell, eilte zu der Couch zurück und zog sich ihre Schuhe an. Gerade noch rechtzeitig, da Finnlay wieder in Wohnzimmer trat und sie anlächelte. Esmeralda erwiederte dieses wobei es ihr förmlich unter den Nägeln brannte ihm den Lauf einer Schusswaffe in den Mund zurammen und abzudrücken. Was für ein widerlicher Mistkerl, dachte sie. „Und haben Sie einen guten Wein gefunden?“, fragte sie mit süßer Stimme und legte den Kopf schief, damit er ihren freien Hals sehen konnte. Finnlay lächelte umso breiter. „Ja, er wird Ihnen munden!“ „Davon bin ich überzeugt!“, sagte sie. Dann machte sie ein verkniffenes Gesicht. „Es ist mir wirklich unangenehm, aber…wo finde ich die Toilette?“, fragte sie. Finnlay blinzelte, dann aber lächelte er wieder. „Im Flur, die zweite von rechts!“, sagte er. „Soll ich Sie begleiten?“ „Danke, das wird nicht nötig sein. Ich habe einen guten Orientierungssinn!“, versprach Esmeralda ihm und stand auf. Ging zu der ihr beschrieben Tür, öffnete sie und schloss sie sogleich hinter sich. Da sie ihm natürlich nicht traute und wiederum selbst keinen Verdacht erregen wollte, klappte sie den Toilettendeckel hoch und drehte das Wasser auf. Dann trat sie an die Tür und lauschte. Nichts. Keine Schritte, die sich ihr näherten oder etwas anderes, was ihr sagte, dass er ihr auflauerte. Esmeralda vergeudete keine Zeit und schob ihr Kleid hoch, bis ihr Oberschenkel frei war. Darunter kam ein Waffengurt zum Vorschein, in der eine Handfeuerwaffe der Sorte P8 und das dazupassende Magazin steckte. Esmeralda nahm beides heraus und lud sie. Es machte kurz Klick, als sie das Magazin durchzog. Esmeralda lächelte grimmig. „Mal sehen, ob du immernoch so nett bist, wenn ich dir damit den Schädel wegpuste!“, flüsterte sie. Drehte dann den Wasserhahn wieder zu und betätigte die Spülung. Leise öffnete sie die Tür und schaute durch den Spalt. Der Flur lag verlassen vor. Keine Spur von Finnlay und seinem Butler. Für sie stand klar, dass sie wohl unten sein mussten. Esmeralda spannte jeden Muskel an und schlüpfte hinaus. Um keinen Laut zu verursachen, zog sie sich erneut die Schuhe aus und ging dann zu der Tür, vor der Finnlay und der Butler gestanden hatten und die zum Keller führte. Umschloss mit ihren Fingern den Knauf, drehte ihn und schob die Tür auf. Es leises Knarren erklang, was für Esmeralda viel zulaut zu sein schien und ihr Gesicht verziehen ließ. Ohne zu darauf zu warten, ob das jemand gehört hatte, schritt sie über die Stelle und blieb vor der ersten Stufe, die hinunterführte, stehen. Bis auf die ersten fünf Stufen lag der Rest der Treppe in Dunkelheit. Doch Esmeralda brauchte kein Licht, um zusehen, wohin sie treten musste. Mit der Waffe im Anschlag stieg sie die Stufen hinunter. Zählte sie dabei ab. Während sie durch die Dunkelheit hinunterschritt, lauschte sie jedem Geräusch, um herauszuhören, wo und wie sich eine Gefahr ankündigte. Doch das einzige, was sie hörte war das Schlagen ihres Herzens und ihr eigener Atem. Trotz dass sie wusste, was sie erwartete und was sie zutun hatte, musste sie sich eingestehen, dass ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. Esmeralda lächelte verkniffen. „Nach all der ganzen Zeit, wo ich schon jage, sollte ich eigentlich daran gewöhnt sein!“, dachte sie sich und ging weiter. Sie war auf der zwanzigsten Stufe, als sie das Licht sah, dass schwach und diffus die unterste Treppe beschien und damit das Ende der Treppe bedeutete. Esmeralda atmete durch und überwand die letzten Stufen. Die Treppe endete im einen langen Gang, in dem links und rechts schweraussehende Türen eingelassen waren und mit Ketten versehen waren. Kleine vergitterte Fenster waren darin, die Esmeralda an die Türen eines Zellentraktes erinnerte. Hielt er etwa hier seine ganzen Opfer fest? Esmeraldas Hals schnürrte sich zu, als sie sich vorstellte, wieviele junger Mädchen und Frauen hier wohl ihr Ende gefunden hatten und wie sie in diesem Gefängniss verrotteten. Doch sie nutzte dieses Entsetzen als Nahrung für ihren Zorn, der sie zum weitergehen brachte und noch wachsamer machte. Am Ende des Ganges erwartete sie eine Kreuzung. Esmeralda schaute in beide Richtungen. In welche sollte sie zuerst gehen? Würde sie weitere Zellen sehen? Esmeralda nahm es an. So groß wie der Keller, das ganze Gelände waren, musste es tausend von Türen und Gängen geben. Aber nur in einem würde sie Finnlay und das zweite Opfer finden. Dass sie auch auf seiner Liste stand, stand außer Frage. Aber ihm würde sie nicht soleicht ins Netz gehen. Esmeralda blieb noch einige Minuten an der Kreuzung stehen und wollte schon in den rechten gehen, weil er ihr nicht solange vorkam, und es somit schneller gehen würde, ihn zu durchsuchen. Doch kaum dass sie einen Fuss vorsetzte, hallte ein markerschütterner Schrei durch den Gang und ließ Esmeralda erschauern. Die kahlen Wände warfen den Schrei tausendfach zurück und verzerrten ihn, sodass er kaum zu erkennen war. Aber Esmeralda konnte es. „Fay?!“, keuchte sie und rannte in die andere Richtung. Alle Vorsicht und Anspannung war vergessen. Dass ihre Tochter diesen Schrei ausgestossen, ließ sie schlimmes erahnen und sie hoffte, dass sie nicht zuspät kam. Esmeralda schickte unsichtbare Signale nach ihrer Tochter aus, um herauszufinden, wo sie war und traf in weiter Ferne auf Widerstand. Sie waren wie ein Echo ihrer selbst und ließen Esmeralda die Angst und den Schmerz spüren, der Fay verspürte. Esmeralda rannte schneller und stürzte förmlich in einen offnen Raum. Er war rundgebaut und von vielen Holzpfeilern abgestützt. Doch von Fay fehlte jede Spur. „Fay! Fay!“, rief Esmeralda außer sich und wirbelte um sich herum. Hoffte ihre Tochte rin irgendeiner Ecke zu finden. Aber sie war nicht da! „Was zum…!“, flüsterte Esmeralda und bemerkte plötzlich einen Schatten hinter sich. Sie drehte sich herum, wollte die Waffe auf den Angreifer richten, kam jedoch nicht dazu. Ein zweiter tauchte auf und ehe Esmeralda richtig realisieren konnte, was hier eigentlich passierte, schlug ihr der erste Schatten mit etwas hartem gegen die Schläfe und das nächste, was sie wahrnahm, war, wie sie in eine endlose Schwärze hinabglitt. Lex fuhr mit einem Affenzahn über die dunkle Landstrasse. Immer darauf achtend, dass er den weissen Lieferwagen nicht aus den Augen ließ. Ich krallte mich förmlich mit den Fingernägeln in den Sitz hineinn und stiess immer, sobald wir um die Kurve rasten, ein Stossgebet nach dem anderen. Lex darum zu bitten etwas langsamer zuwerden, war nicht möglich, da sein Gesicht eine einzige Maske aus Zorn war, aber auch aus Sorge. Ich kann ihn schon verstehen. Fay war entführt worden und schwebte in größter Gefahr. Aber musste er uns auch noch fast umbringen? Die wilde Fahrt endete vor einem Haus, außerhalb der Stadt. Es war perfekt. Aber irgendwas stimmte nicht. Es war eine dumpfe aber deutlich spürbare Ahnung. Ich wollte Lex darauf hinweissen, doch er war schon ausgestiegen und lief zum Haus. Ich folgte ihm. Doch kaum, dass ich auch nur in die Nähe kam, erfasste mich ein heftiger Schwindel und ich blieb taumelnt stehen. „Allison, was ist los?“, rief Lex. Ich schüttelte den Kopf, versuchte diesen Schwindel loszuwerden. Als es wieder einigermassen ging, rannte ich weiter. Während er hinlief und durch die Tür trat, zog er eine Schusswaffe und lud sie. Ich kam mir dabei recht ungeschützt vor. Ich schaute zu meinem Armreif, dachte kurz darüber nach meine Sense zurufen. Entschied mich aber dfür es erst zu rufen, wenn es soweit war. Lex durchsuchte das Wohnzimmer und dann das Bad. Als er wiederkam, hatte ein Paar eleganter Abendschuhe in den Händen. „Esmeraldas Schuhe!“, keuchte ich. Lex sagte nichts. Sondern schaute sich um. Als suche er nach etwas, dann ging er zu einer weiteren Tür, zog sie auf und schaute hinein. Und war verschwunden. „Lex, warte auf mich!“, rief ich und eilte zur Tür. Kaum das ich auf der Schwelle stand, kam schon wieder dieser Schwindel. Diesesmal war er stärker und ich musste mich am Türrahmen abstützen. Verdammt, warum war mir plötzlich so schlecht? „Allison? Etwas stimmt hier nicht!“, hörte ich Eriks Stimme und darin hörte ich, dass ihn, egal was auch immer es war, ihn genauso schaffte, wie mich. „Das Gefühl habe ich auch!“, würgte ich. Der Schwindel, den ich im Haus von Hinsdale gehabt hatte, war nichts dagegen. Minutenlang blieb ich da stehen und atmete tief ein. Ich viel lieber hier oben geblieben oder gar aus dem Haus gegangen. Nur um diesen Schwindel loszuwerden. Dennoch wusste ich, dass ich da runter gehen musste. Wenn Fay daunten war, brauchte sie unser beider Hilfe. Also riss ich mich zusammen, legte die Hand auf den Stein, um mich abzustützen und wollte den Fuss gerade auf die erste Stufe setzen, als plötzlich eine Hand aus der Dunkelheit geschossen kam und sich meine packte. Ich stiess einen spitzen Schrei aus, doch da legte sich auch schon eine weitere Hand auf meinen Mund und erstickte diesen im Nu. „Ich bins doch bloss!“, flüsterte eine Stimme. Lex! Wütend und immernoch erschrocken, dass er einach so vor mir aufgetaucht war, riss ich ihm die Hand von meinem Mund weg. „Spinnst du völlig. Du hast mich zutode erschreckt!“, sagte ich heiser. „Ich dachte schon, du hättest dich verirrt. Was machst du denn? Los, komm. Fay und Mom sind hier unten!“, erwiederte er. Hatte er mir denn nicht zugehört. Moment?! Fay und Mom? Esmeralda war auch hier?! Jetzt wusste ich, was mich so verwirrt hatte, als ich vor dem Haus stand. Mr. Finnlay hatte Esmeralda doch auf sein Landhaus eingeladen. Wieso war mir das nicht gleich aufgefallen? Doch jetzt war es zu spät sich deswegen Vorwürfe zumachen. Wir mussten Esmeralda und Fay da rausholen. „Hast du eine Taschenlampe?“, fragte ich. „Klar, hier, aber halte sie immer auf den Boden gerichtet!“, sagte er und drückte mir eine schlanke Taschenlampe in die Hand. Ich schaltete sie an und richtete den Strahl sogleich auf die Stufen. Das künstliche Licht wirkte fremd und unreal, auch wenn ich froh war, was zusehen. Aber meine Augen schienen sich nicht daran gewöhnen zuwollen. Dennoch stieg ich mit Lex hinunter. „Mum…Mum…Mum wach auf!“ Wie aus weiter Ferne hörte sie die Rufe und verstand erst nicht, wo sie war. Wie eine dunkle Wolke hielt sie diese dunkle Bewusstlosigkeit gefangen und Esmeralda hatte Mühe aus dieser zuerwachen. Sie hörte noch, wie jemand mit einem anderen sprach. Dann... „Mom…bleib weg von ihr, du Scheisskerl!“ Da holte sie ein brennender Schmerz in ihrem Arm wieder zurück und sie riss die Augen auf. Zuerst war alles verschwommen. Esmeralda musste einigemale blinzeln, ehe sie wieder richtig sehen konnte. Sie war immer noch in dem Kelleraum. Nur war sie nicht die einzige. Fay stand schräg neben ihr und war mit schweren Ketten, an den Händen über den Kopf, an einem Balken über ihr gefesselt. Auf ihrer Wange war ein blauer Fleck. Ein weiterer auf Bauchhöhe ihrer Bluse. Nur war dieser blutrot und glänzte feucht. Esmeralda durchlief es kalt. „Fay…was…bist du okay?“, fragte sie sie. „Dem Umständen entsprechend!“ „Wie kommst du eigentlich hierher?“ „Ich schätze mal auf den gleichen Weg wie du!“, sagte Fay und erinnerte sich daran, wie sie niedergschlagen worden war. Nachdem sie im Wohnzimmer und in der Küche nichts gefunden hatte, wollte sie sich den Keller anschauen. Doch dieser bestand nur aus einem Raum und war mit größtenteils von Weinfächern vollgestellt. Es stand noch eingie alte Sachen herum, aber nichts, was verdächtig gewirkt hätte. Fay wollte wieder hochgehen, als sie von oben das Zuschlagen einer Tür hörte. Fay wirbelte herum. Ein Windstoss musste sie zugeschlagen haben. Fay fluchte und wollte zur Treppe gehen, als plötzlich das Licht ausging. „Was zum…!“, keuchte sie. Es war mit einem Male still um sie herum. Nichts war zuhören, nur ihr eigener Atem. Sie holte ihr Handy raus und suchte nach Lexs Nummer. Kaum dass sie sie anwählen konnte, wurde ihr das Handy aus der Hand geschlagen und verschwand in der Dunkelheit. Fay drehte sich herum, suchte mit ihren Augen nach dem Angreifer. Sah ihn jedoch nicht. „Los, komm raus, du Feigling!“, fauchte sie und spannte sich zu einem nahenden Angriff an. Ein Scharren verriet Fay, wo sich ihr Angreifer versteckte hatte. Hinter ihr. Blitzschnell drehte sie sich um und schlug zu. Aber ihre Hand fuhr ins Leere. Fay wirbelte erneut herum,, weil sie erwartete, dass der Angreifer nun vor ihr war. Und tatäschlich. Schwach, sehr schwach, hob sich eine dunkle Gestalt von der dahinterliegenden Dunkelheit kaum merklich ab. Dass reichte Fay jedoch, um wieder den Angriff zustarten. „Na warte!“, fauchte sie wütend und ließ ihre Faust auf ihren Angreifer zurassen. Doch bevor sie ihn treffen konnte, sauste etwas anderes von rechts auf sie zu und traf sie am Kopf. Fay sah rote Funken vor ihren Augen explodieren. Dann Schwärze. Als sie wieder zusich gekommen war, fand sie sich in diesem riesigen Keller. Bis auf einen kleinen Altar, auf dem ein Messer und eine Schale und eine leere Spritze, lagen, war der Raum leer. Wo war sie hier. Sie ließ dann den Blick auf dem Boden wandern und schnappte nach Luft, als sie die verblassten Symbole, die um sie herum gezeichnet waren, erblickte. Ein alter, metallischer Geruch hing in der Luft. Kam Fay grauenhafterweise bekannt vor. Sie waren nicht mit gewöhnlicher Tinte geschrieben, sondern mit…Blut! Und jetzt erkannte Fay auch, was für Symbole es waren. Es traf sie wie ein Blitzschlag. Es waren Symbole, die nur Hexen oder Hexenmeister verwendeten, um Menschen die Seelen zustehlen und damit ihr eigenes Leben zu verlängern. Das hatte also dieser Hinsdale oder Finnlay oder gar beide vor. Sich mit Seelen vollpumpen. Und sie sollte es diesesmal sein. Eine eisige Kälte breitete sich in ihrem Magen aus. Fay schaute hoch zu ihren Handgelenken, die mit Ketten an gefesselt waren. Sie zog und rüttelte an ihnen, aber sie waren zufest, als dass sie ihre Hände hinauswinden konnte. Da zuckte sie zusammen, als sie einen stechenden Schmerz in ihrem Arm spürte. Er schien von ihrer linken Armbeuge zu kommen. Fay sah genauer hin und sah eine Einstichstelle, dessen Rand sich rötlich verfärbt hatte. Was war das denn nun wieder? „Sieh an, du bist endlich wach?“ Fays Kopf ruckte herum, als sie die Stimme hinter sich hörte. Langsam umrundete sie ein Mann und blieb vor ihr stehen. Sie hatte keinen blassen Schimmer, wer das war. Aber sie war sich sicher, dass sie den Täter vor sich hatte. Trotz dass er ein Hemd und eine dunkle Hose trug und somit den Anschein erweckte, ganz normal zusein, konnte Fay förmlich spüren, dass ihn etwas Schwarzmagisches umgab. Fay ignorierte die kalte Angst in ihrem Bauch und versuchte ruhig zu bleiben. Lex und Allison waren sicher schon auf den Weg hierher. Sie musste ihnen nur Zeit verschaffen, ehe sie hier waren. „Kennen wir uns?“, fragte sie kalt und sah ihn finster an. Der Mann lächelte. „Nein, aber mein…Partner kannte Sie!“ „Ihr Partner?“, fragte sie nur. „Ja, Mr. Hinsdale. Leider kann er nicht kommen. Ihm ist etwas dazwischen gekommen!“ „Sie haben also gemeinsame Sache gemacht. Hätte ich mir ja denken können!“, knurrte Fay. „So wie der mich angegafft hat!“ „Sie müssen ihm verzeihen, er kann sich eben nicht beherrschen, wenn er eine schöne Frau sieht!“ „War das bei den anderen genauso?“ Der Mann verzog abfällig das Gesicht. „Die anderen, waren nur kleine Häppchen. Du hingegen bis ein wahres Büffet!“, sagte er und umfasste ihr Kinn. „Wenn man von der anderen absieht!“ „Welcher anderen?“, fragte Fay und diesesmal siegte die Angst. Eine schreckliche Ahung kam in ihr hoch. „Du wirst sie schon sehr bald sehen. Sie dürfte bald hier sein!“ „Damit werden Sie nicht durchkommen. Meine Freunde…werden…!“ Fay stockte, als sich plötzlich alles um sie herum zu drehen begann. Ihr Arm, in dem der Einstich war, begann unangenehm zu brennen und dann wie taub zu kribbeln. Dieses breitete sich von ihrem Arm im gesamten Körper aus. Ließ ihn schwer wie Blei werden. Fay konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ihre Knie zitterten. Drohten unter dem Geiwcht nachzugeben. Der Mann lächelte nur. „Deine Freunde werden gar nichts. Zumindest nicht bevor ich mit Euch fertig bin!“, sagte er und lächelte grausam. Dann drehte er sich herum und schien zulauschen. „Wie ich höre, ist sie schon hier unten. Damit sie uns auch findet, sollten wir sie hierherlotsen, findest du nicht?“, fragte er und zog ein Messer aus seiner Hosentasche. Die Klinge blitzte auf und blendete Fay. Sie wollte darauf noch etwas erwiedern, als er ihr die Klinge in den Bauch stiess. Sie dann in der Wunde zudrehen begann. Fay schrie auf und krümmte sich. Und der Schwindel nahm zu, bis er ihr das Bewusstsein raubte. Das letzte was sie hörte war das böse Lachen ihres Peinigers. Als sie wieder zu sich gekommen war und die Augen öffnete, sah sie ihre Mutter. Ebenso wie sie, an den Handgelenken angekettet und ohne Bewusstsein. Der Schwindel, welcher sie noch vor kurzem erfasst hatte, war nun ein wenig abgeklungen, dennoch war sie nicht im Besitz ihrer Kräfte. Sie rief nach ihrer Mutter, doch Esmeralda reagierte nicht. Fay fürchtete schon das schlimmste. Was wenn sie nicht bewusstlos war? Fay wollte gar nicht daran denken. „Wie sehr sie sich ähneln!“, sagte plötzlich der Mann, der sie hier gefangen hielt. „Nun wundert es mich nicht, woher Sie das gute Aussehen haben!“ Er ging an ihnen vorbei, zum Altar. Drehte ihr den Rücken zu. Fay versuchte zu erkennen, was er da machte. Sie hörte wie etwas Flüssiges hineingeschüttet wurde und sah dann, wie er die Spritze aufzog. Nein, schoss es ihr durch den Kopf. Fay zerrte an den Handschellen, versuchte sich wieder rauszuwinden. Wenn er dieses Zeug auch noch ihrer Mutter spritzte… „Spar dir deine Kräfte. Du…ich werde sie noch brauchen!“, sagte er und drehte sich um. In seiner Hand die Spritzte, in der eine grünlich schimmernde Flüssigkeit aufgezogen war. „Was ist das?“, fragte sie. „Nur ein kleines Mittel, damit Ihr nicht auf die Idee kommt, Euch zu wehren!“ „Als ob wir das könnten!“, sagte Fay. Sie hoffte, dass er noch nicht gemerkt hatte, dass sie anders waren. „Oh, ich bin sicher, dass ihr das könntet. Eure Kräfte, die in Euch schlummern, ist ein eindeutiger Beweis!“, wiedersprach er und Fay wurde es ganz anders. „Ich habe es gespürt, gleich als ich sie traf. Und auch bei dir…!“, sagte er. „Ihr seid wirklich was Besonderes!“ Dann war er bei Esmeralda und setzte die Spritze an. „Mom…bleib weg von ihr, du Scheisskerl!“, schrie Fay wütend und zerrte an den Ketten. Doch der Mann ließ sich von ihr nicht stören und stach die Nadel tief in Esmeraldas Armbeuge und drückte den Kolben hinunter. Esmeralda gab einen kurzen Schmerzenslaut. Der Mann ging von ihr weg und Esmeralda erwachte. „Tja, so siehts aus!“, beendete Fay ihre Geschichte. „Und was hat dich hierhergeholt?“ „Ich!“, sagte plötzlich wieder der Mann und trat wieder vor. „Mr. Finnlay!“, sagte Esmeralda. „Das ist der Kerl?“, fragte Fay sie. „Was haben Sie mit dem anderen gemacht?“ „Nichts, was wichtig ist!“ „Haben Sie ihn getötet?“ Mr. Finnlay lächelte, was ihr ihre Frage bestätigte. „Sie wollten wohl nicht teilen, wie?“, fragte Esmeralda. „So etwas lasse ich mir doch nicht entgehen. Zwei zum Preis von einem!“, lachte er. „Sehr komisch!“ „Glauben Sie mir. Wenn Sie nicht solch eine Kraft in sich tragen würden, würde ich das alles nicht tun. Aber leider bleibt mir keine andere Wahl…!“ „Sie lügen. Wenn nicht wir, dann eine andere!“, fiel ihm Esmeralda derbe ins Wort. „Wie kommt es eigentlich, dass noch nie eine Leiche gefunden wurde. Sie leben doch sicherlich schon viele Jahrhunderte. Das fällt doch auf wenn einige Frauen spurlos verschwinden und dann tot aufgefunden werden!“ „Nun normalerweise bin ich auch vorsichtig und verwische meine Spuren. Aber als ich Sie und ihre entzückene Tochter traf, war mir klar, dass ich an Sie nicht so schnell rankommen würde!“, sagte er mit einem Grinsen. „Also musste ich die Letzte irgendwo hinlegen, damit man sie auch findet. Ich habe mich natürlich vorher über Sie erkundigt!“ „Verstehe. Und das meine Freundin die Seele ihrer letzen Opfers in ihrem Schlafzimmer gesehen hatte, geht wohl nicht auf Ihre Rechnung?“, fragte Fay dann wieder. Nun machte Finnlay ein erstauntes Gesicht. Es schien ihn zu überraschen. „Nein, ich dachte, ich hätte sie bereits in mir aufgenommen. Aber anscheinend hat ein Rest von ihr es geschafft zu entkommen!“, sagte er, zuckte dann aber die Schultern. „Wie auch immer…!“ Er drehte sich um und ging zum Altar. „Warten Sie bis ich hier loskomme, dann werde ich sie…!“ Esmeraldas Drohung endete und als Fay sah wie bleich ihre Mutter war, ahnte sie, was mit ihr passierte. „Mum!“, flüsterte sie sorgenvoll. Ich hatte keine Ahnung wielange wir schon durch dieses Labyrinth irrten. Durch die Dunkelheit schien die Zeit verloren gegangen zusein. Und was noch schlimmer war, dass der Schwindel immer schlimmer wurde, mit jedem Schritt den ich machte. Irgendwann musste ich stehenbleiben und mich an der Wand abstützen. „Geht es?“, fragte Lex. „Irgendwie schon!“, flüsterte ich. „Etwas stimmt hier nicht!“ „Und was?“, fragte er. Er schien nichts zu merken. Ich hob hilflos die Schultern, weil ich nicht wusste, wie ich es ihm sagen sollte. „Mir ist speiübel!“ „Hast vielleicht was Falsches gegessen?“, witzelte er. „Nein. Das ist es nicht. Erik spürt es auch!“, sagte ich und wischte mir über die Stirn. Ich fühlte kalten Schweiss an meinen Fingerkuppen. „Was spürt er?“ Ich brachte nur wieder ein Schulterzucken zustande. „Etwas, was uns beiden zuschaffen macht!“, sagte dann Erik, der neben mir stand. Er schien genauso damit zu kämpfen wie ich. Vermutlich noch mehr. Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Dann solltest du wieder nachdraußen gehen. Es bringt nichts, wenn du schwächelst!“ Erst dachte ich, er meinte mich damit und ich wollte schon etwas darauf erwiedern. Doch ich hörte Erik murren. Hol lieber Dad. Wenn Mum hier ist…!“, sagte er und ließ das Ende des Satzes im Raum hängen. „Und du meinst, dass dein Dad hier nicht schwächeln wird?“, fragte ich. Lex sagte darauf nichts. Sondern ging nur weiter. Ich blieb stehen und tauschte mit Erik einen Blick. „Geh du weiter. Ich werde Brian holen!“ „Was wenn das nichts bringt?“, flüsterte ich. Es lag nicht daran, dass ich Zweifel hegte, dass Brian es bis hierher schaffte. Sondern dass Erik und Brian vermutlich nicht mehr rechtzeitig zurück sein würden. Mir gefiel es einfach nicht, ohne Erik weiterzugehen. Vorallem da wir nicht wussten, mit was wir es zutun hatten. Aber nur ein Blick zu Erik genügte, um zuerkennen, dass es nicht weiter gut gehen würde, wenn er hier noch länger blieb. Wenn es wirklich zu einem Kampf kommen würde, musste Erik bei vollen Kräften sein. Und Brian dabei sein. Erik lächelte mich an. „Keine Sorge. Ich bin soschnell wie möglich zurück sein!“ Dann war er verschwunden. Ich blieb noch einige Minuten dastehen und schaute auf den Fleck, an dem Erik gestanden hatte. Ein Räuspern holte mich aus meinen Gedanken und ich schaute zu Lex, der einige Schritte gegangen war und nun auf mich ungeduldig wartete. „Na, hast du dich endlich von deinem Schatz verabschiedet?“, fragte er mich und ich versuchte diese Frage zu ignorieren. Doch das gelang mir nur zum Teil. Erik war nicht mein Schatz. Er war mein Beschützer, mein Partner. Ein Freund. Ich hatte keine Ahnung, wie Lex darauf kam. Aber sicherlich wollte er mich nur damit aufziehen. Das hatte geklappt und ich konnte nicht anders als „Arschloch!“, zu murmeln. Lex drehte sich nicht mal um. Doch ich wusste, dass er mich gehört haben musste. Wir gingen weiter. Bis wir den schwachen Schein von Licht an den Wänden sahen und das Echo von Stimmen hörten. Lex blieb stehen und bedeutete mir nun leise zusein und keinen Mucks zugeben. Ich nickte. Wir schlichen nun weiter und Lex hob die Waffe an, um zuschiessen, sollte es zu einem Angriff kommen. Esmeraldas Kopf ruhte auf der Brust und ihr Atem ging schwer. Ein unkontrolliertes Zittern ging durch sie hindurch und ließ sie immer wieder schaudern. Dieser Mistkerl musste ihr eine doppelte Dosis gespritzt haben, ging es ihr durch den Kopf und ließ kochende Wut in ihr hochkommen. „Was haben Sie mit ihr gemacht, Sie elender Scheisskerl?“, fragte sie wütend. Kämpfte dabei ihren eigenen Schwindel nieder. „Nur dafür gesorgt, dass sie, während dem Ritual, keinen Ärger macht!“, sagte Finnlay und nahm einen anderen Dolch und besah sich die Klinge eingehend. Fay betrachtete diesen ebenso. Es war nicht der Dolch, mit dem er sie verletzt hatte. Im Gegensatz zu diesem war der nun aufwendig gearbeitet. Die Klinge war an den Seiten gezackt und in dieser waren die gleichen Symbole, wie auf dem Boden, eingraviert. Der Griff mit dunklem Leder umwickelt und an dem Knauf war ein Pentagram. Fays Kehle wurde trocken. Ihr Blick huschte zu ihrer Mutter. „Mum!“, rief sie in ihren Gedanken. „Fay!“, hörte sie plötzlich in ihrem Kopf. Doch es war nicht ihre Mutter. Sondern Lex! Kurz machte ihr Herz einen Sprung und sie schöpfte neue Hoffnung. Lex und Allison waren hier. In der Nähe, denn sonst hätte sie ihn nicht so deutlich in ihrem Kopf gehört. Doch sicherlich würde es noch dauern, ehe sie hier sein würden. Sie musste sich also was einfallen lassen um Zeit zu schinden. „Mit wem werden Sie anfangen?“, fragte sie. „Üblicherweise beginnt man mit der Vorspeise, ehe das Hauptgericht kommt!“, sagte er und ging auf sie zu. Fay wurde schlecht bei dem Gedanken, dass er sie für ein Gericht hielt. „Reizend, dass Sie micht für was zuessen halten!“, knurrte sie. „Nun, du musst zugeben, dass du wirklich zum Anbeissen aussiehst!“, sagte er und trat nahe an sie heran. Hob die Klinge hoch. Doch statt mit dieser die Haut an ihren Armen aufzuritzen, strich er mit der Spitze über ihre Wange. „Und ich bin sicher, dass du hervorragend schmeckst. Beziehungsweise deine Seele!“ Fay konnte nicht anders, als ihm ins Gesicht zuspucken. Der Ekel und die Wut waren einfach zu groß, als dass sie sich noch beherrschen konnte. Finnlay wich zurück und wischte sich ihre Spuke von der Wange. Der gespielte höfliche Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand und wich einem Ausdruck von Wut. Er holte mit der freien Hand aus und schlug sie hart ins Gesicht. Fays Kopf ruckte nachhinten. Doch sie tat ihm nicht Gefallen um einen Laut des Schmerzens von sich zu geben. Er sollte nicht sehen, dass er sie hatte. „Lex, beeil dich!“, rief sie in ihren Gedanken und ihr Rufen wurde von einem. „Wir sind gleich da!“, beantwortet. Fay konnte nicht sagen, ob sie sich verraten hatte oder ob er etwas selbst bemerkt hatte, aber Finnlay schaute nun zur Tür, die weit offenstand. Ein leiser Fluch stahl sich von seinen Lippen. „Offensichtlich haben wir ungebetene Gäste!“, sagte er und machte eine wegwischende Handbewegung. Mit einem lauten Krachen fiel diese zu. Wir waren schon fast da, als Lex zusammenzuckte und kurz still stehen blieb. Ich wollte ihn fragen, was los sei. Doch dann richtete Lex sich auf und auch wenn es dunkel war, konnte ich sehen, dass Lexs Gesicht zu einer harten Maske geworden war. „Wir müssen uns beeilen!“, knurrte er dann und wir gingen weiter, als urplötzlich die Tür vor uns zufiel. Wohl gemerkt es handelte sich hierbei um eine Stahltür. Also eine, die man nicht so einfach eintreten konnte. „Nein!“, schrie Lex und stürzte auf die Türe zu. Er packte den Türgriff und zog daran. Doch die Türe rührte sich keinen einzigen Millimeter. „Verdammt. Ich krieg sie nicht auf!“, rief Lex wütend und zerrte dennoch wehrte. Schlug sogar dagegen. Ich stand nur da und wusste nicht, was ich tun könnte. Erik war noch nicht mit Brian zurück. Fay und Esmeralda waren hinter dieser Tür gefangen und wir standen hier und konnten nicht hinein. Da fühlte ich, wie mein Handgelenk warm wurde und ich blickte hinunter auf das Amband. Ein rotes Glühen ging von den darin eingefassten Steinen aus. Natürlich! Wieso bin ich nicht gleich darauf gekommen? Ich konzentierte mich und schon hatte ich den Stiel der Sense in der Hand. Ich schang sie hoch, sodass das Blatt hoch über aufragte und rannte zu Lex. „Lex, aus dem Weg!“, rief ich noch. Lex drehte sich um, wollte wohl noch etwas sagen, doch als er mich mit der Sense auf ihn zurannte, sprang er schnell zur Seite und ich ließ die Sense in die Tür schlagen. Die scharfe Klinge fuhr in das Metall, als sei es aus Butter und hinterließ den ersten tiefen Schnitt. Ermutig davon, dass wir so einen Weg hinein gefunden hatten, zog ich das Sensenblatt aus der Tür und ließ es wieder hineinfahren. Funken sprühten auf. Ich klemmte die Klinge in einige der tiefen Spalten und zog daran. Quietschend lösten sich da die ersten Splitter. Lex stand nur daneben und schaute zu. Flüchtig schaute ich zu ihm, wollte ihm sagen, dass er mir gefälligst helfen sollte. Doch als ich die Verblüffung in seinem Gesicht sah, ahnte ich, dass er sich wohl erstmal nicht rühren konnte. Also machte ich alleine weiter. Und mit jedem Schlag, mit dem ich diese verdammte Tür aufbrach, wurde der Gesang lauter, der von der anderen Seite kam. Finnlay hatte mit seinem Ritual begonnen, bevor Allison den ersten Schlag in die Tür tat. Er war zu Anfang ganz in seinem magischen Gesang vertieft, dass er nicht hörte, wie die metallische Tür immer mehr und mehr von der Sense aufgeschnitten wurde. Erst als diese nun aufgebrochen wurde, schien er zu merken, dass die Zeit knapp wurde. Er rief die Worte nun lauter und Fay konnte spüren, wie ihr ihre Kräfte geraubt wurden. Langsam aber deutlich spürbar. Ihre Beine begannen taub zu werden und gaben unter ihr nach. Nur die Ketten hielten sie noch aufrecht. Das Kribbeln wanderte weiter, hinauf über ihre Oberschenkel und über ihren Bauch. Hinauf zur Brust und Fay konnte spüren, wie ihr Herz nun langsamer wurde. Ihre Sinne schwanden. Noch viel schlimmer, als bei dem Betäubungsmittel. Sie blinzelte, versuchte dagegen anzukämpfen. Finnlay lachte, weil er spürte, dass Fay dagegen ankämpfte. Das war nur ein weiterer Beweis, dass sie eine starke Seele besaß. „Wehre dich nur weiter. So beschleunigst du das ganze nur. Je mehr du dich wehrst, umso mehr wird deine Seele aus deinem Körper gezogen!“, sagte er und sprach weiter. Ein letztes Mal rammte ich das Senseblatt in die Tür, die nur noch in Fetzen in den Angeln hing und sodass wir endlich hindurch gehen konnten. „Los, rein da!“, rief ich und kletterte durch die zertrümmerte Tür. Lex folgte mir. Die Sense behielt ich bei. Wer weiss, ob ich sie noch brauchen würde. Kaum dass wir durch die Tür waren, konnten wir die magische Spannung spüren, die diesen Raum erfüllte. Es haute mich beinahe um. Es war schlimmer als oben im Haus, oder im Vorgarten. Es fühlte sich an, als würde man blind gegen eine Wand laufen. „Was…was ist das bloss?“, fragte ich keuchend und hatte plötzlich Mühe, die Sense zuhalten. „Keine Ahnung, aber was auch immer das ist, es gefällt mir nicht!“, sagte Lex und hob wieder die Waffe. Ihm schien das ganze nichts auszumachen. „Sofort aufhören!“, rief Lex laut. Der Mann, der uns eben noch die Tür vor die Nase zugeschlagen hatte, drehte sich um. Er war so mit sich selbstbeschäftigt, dass er uns gar nicht bemerkt hatte. Nun aber sah er uns und sein Gesicht verzog sich einem triumphierenden Grinsen. „Ihr kommt zuspät!“, rief er. Wandte sich dann um, um mit seinem Ritual fortzufahren. „Achja!“, rief Lex und drückte ab. Der Schuss peitschte auf und ließ Finnlay zusammen zucken. „Zum letzten Mal: Aufhören!“, forderte Lex. Nun drehte sich der Mann wieder zu Lex und sein Gesicht war wutverzerrt. „Ich habe genug von diesen Unterbrechungen!“, knurrte er und baute sich vor Lex auf. „Ihr habt ja keine Ahnung, mit wem ihr Euch anlegt!“ Lex grinste spöttisch. „Ich schon. Ich sehe hier einen Magier, der Angst vor dem Tod hat!“, erwiederte er. Finnlay schnaubte. Ihm schien wohl nicht zugefallen, was Lex da gesagt hatte. „Ihre Zeit ist abgelaufen!“ Finnlay sah ihn nur durchdringend an, dann lächelte er kalt. „Ach, wirklich?“, fragt er und ich spürte nur, wie jemand hinter mir stand und zum Schlag ausholte. Ich duckte mich blitzschnell, riss dabei Lex um und nur wenige Minuten später, schwang eine Brechstange durch die Luft. Traf klirrend gegen den Türrahmen. Ich schaute auf und erstarre. Derjenige, der uns eben gerade so hinterrücks angegriffen war, war der Butler, der uns schon auf dem Anwesen Hinsdale die Tür öffnete. Was zum Teufel…? Doch mehr Zeit blieb mir nicht, da er wieder zum Schlag ausholte. Ich sprang auf die Füsse und schwang meinen Arm. Meine Faust donnerte in das Gesicht des hageren Mannes und beförderte ihn zu Boden. Okay, immerhin einer außer Gefecht. Nur noch einer. Ich wollte gerade Finnlay mit meiner Sense angreifen, als ich plötzlich einen entsetzlichen Schmerz in meiner Brust spürte. Es fühlte sich an, als würde mir jemand tausend glühend Messer in den Körper jagen und alle gleichzeitig drehen. Ich sank zu Boden, die Sense entglitt mir aus den Händen. Lex brach neben mir zusammen und krümmte sich ebenso vor Schmerzen. Finnlay lachte. „Habt Ihr gedacht, dass ich Es Euch soleicht mache. Ich habe zwar nicht mehr soviel Kraft, aber noch genug, um Euch festzunageln!“, rief er schallend lachend. Festnageln! So fühlte es sich wirklich an. Das einzige, was ich tun konnte, war, meinen Kopf zudrehen und zu Fay und Esmeralda zuschauen. In der ganzen Hektik, hatte ich sie nicht einmal ansehen können und als ich es endlich tat, schrie ich innerlich entsetzt auf. Was war das für ein blutiger Fleck auf Fays Bluse? War das ihr Blut? War sie verletzt? Wie schwer war sie verletzt? So wie sie in den Ketten hing, hatte ich die Befürchtung, dass es nicht mehr lange dauern würde, ehe sie… Ich drängte den Gedanken weit von mir fort. Wo blieben nur Brian und Erik? Wusste der Magier etwa, dass sie kommen würden, um uns zu helfen? Hielt er sie mit einem Bann fern? Ich schaute zu Lex, dessen Gesicht von Schmerzen verzerrt war und dennoch versuchte er aufzustehen. Was mit einem weiteren Schmerz quittiert wurde. „So, da wir das geklärt hätten, kann ich mich wieder meinem eigentlichen Vorhaben widmen!“, sagte Finnlay und drehte sich wieder zu Fay und Esmeralda um. Hielt aber inne und warf mir einen gemeines Grinsen zu. „Und wenn ich mit denen da fertig bin, kümmere ich mich um dich!“ Ich war nicht in der Lage etwas zusagen, sondern sah ihn nur an. Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf. Zum einen, dass er auch mir die Seele rauben würde und zum anderen, dass ich hoffte, er würde Magenschmerzen, oder was auch immer, davon bekommen. Finnlay schien zu merken, dass seine Worte eine Reaktion in mir ausgelöst hatte und leckte sich kalt lächelnd über die Lippen. „Das wird ein Festmahl!“ „Hoffentlich erstickst du an mir!“, presste ich unter Schmerzen hervor. Finnlay lachte nur, doch das blieb ihm im Halse stecken und starrte über mich hinweg zur Tür. Ich versuchte natürlich meinen Kopf zudrehen, um zusehen, was da war. Konnte dies jedoch nicht, da ich immernoch auf dem Boden gepresst wurde. Aber als ich die Kälte spürte, die über mir hinwegstrich, wusste ich, was ihn so erschreckt hatte. Erik! Und er war nicht allein. Sie traten um uns herum und bauten sich vor dem Mann auf. „Meiner Tochter und meiner Frau, willst du die Seelen stehlen?“, knurrte Brian und ich konnte deutlich am Klang seiner Stimme hören, dass er ihm zugern den Hals umdrehen würde. „Dafür wirst du brennen!“ Und dann sprang er auf Finnlay zu. Riss ihn zu Boden und ich hörte Knochen brechen und Finnlay schreien. Der Schmerz, der mich und Lex gefangen hielt, fiel ab, so plötzlich wie er kam und Erik half mir auf. Ich strauchelte noch etwas, fing mich aber wieder. „Geht es? Kannst du laufen?“, fragte er leise. Ich nickte. Erik schob mich zur Tür, setzte mich dann vorsichtig auf den Boden. „Ich hole die anderen. Warte hier!“ Erik befreite Fay und Esmeralda. Lex stützte seine Mutter, Fay schien es allein zu schaffen. Sie kam zu mir. „Machen wir, dass wir hier rauskommen!“, sagte Lex schnaubend. Während die anderen die Stufen hochstiegen, blieben ich und Erik vor der Kammer stehen und sahen zu Brian, der Finnlay fest am Kragen hielt. In seinem Gesicht war ein Ausdruck, der mir wirklich kalte Schauer der Angst über den Rücken laufen ließen. Seine Augen glühten förmlich und ein Knurren drang aus seiner Kehle. Finnlay schien es ebenso zuergehen. Nur war seine Angst wesentlich größer, da er wohl ahnte, was ihm blühte. Erik ahnte es auch. Er atmete tief ein und sagte im selben Moment, als er ausatmete:„ Brian!“ Der Ton seiner Stimmer erinnerte mich an einen Vater, der seinen Sohn vor einer Dummheit abbringen wollte. „Lass es!“ Brian blickte noch kurz zu Finnlay, dann sah er uns an und ich hätte schwören können, dass sein Blick noch finsterer wurde. „Nein!“, knurrte er und blickte wieder zu Finnlay, der sich sogleich in seinem griff zu winden begann. Brian unterbrach diesen Versuch, in dem er ihm einen brutalen Hieb ins Gesicht gab. Finnlays Kopf ruckte in einem unnatürlichen Winkel nach hinten und ich fürchtete schon, dass er ihm das Genick gebrochen hätte. Doch der Mann lebte noch. Benommen zwar, aber er lebte. „Brian…!“, versuchte es Erik nochmals, doch Brian ließ nicht mit sich reden. „Geht! Sofort!“, knurrte er und warf uns nocheinmal einen warnenden Blick zu. Erik, der es wohl aufgegeben hatte, ihn zur Vernunft zu bringen, nickte nur, ergriff mich an der Hand und zog mich mit sich die Treppe hinauf. Ich wollte Erik fragen, was Brian mit ihm vorhatte, als ich plötzlich unten ein Tosen, wie von Explosionen und Finnlay schreien hörte. Noch schriller, als vorher und ich glaubte mein Herz würde stehen bleiben. Noch nie hatte ich einen Menschen so schreien hören. So quallvoll und wagte es mir nicht vorzustellen, was Brian da mit ihm machte. Dennoch schaute ich hinunter und sah ein rotes Flimmern an den Wänden, welches schnell heller wurde und plötzlich eine ungeheuerliche Hitze spürte, die ebenso wie das Flimmern stärker wurd eund zu uns hinauf kam. Gefolgt von dem Tosen, was mich an…Feuer erinnerte…! „Erik!“, keuchte entsetzt und noch ehe ich noch etwas sagen konnte, hörte ich Erik laut fluchen:„ Dieser Bastard!“ Er packte mich nun um die Hüfte und sprintete förmlich die Stufen hoch. Überwand die letzten Stufen. Das Tosen wurde lauter und die Hitze unerträglicher. Wohl wissend, was ich da hinter mir sehen würde, drehte ich mich trotzdem um und ich glaubte, vor Entsetzen ohnmächtig zuwerden. Hinter uns raste eine wahre Feuerwalze die Stufen hoch und genau auf uns zu. Wieder schrie ich zu Erik, der sich kurz umdrehte und sah, wie nahe das Feuer kam. Er fluchte wieder, was aber diesesmal in dem Rauschen und Krachen unterging und sprang. Hart krachten wir auf dem Boden. Zumindest ich. Denn Erik hatte, kaum das wir die Kellertreppe hinter uns ließen, die Tür zum Keller zugeworfen und sich mit seinem gesamten Gewicht dagegen geworfen. Als die Feuerwalze von der anderen Seite auf die Tür prallte, tat es einen Schlag und Erik wurde kurz zurückgestossen, blieb aber an der Tür stehen und hielt die Tür zu. Ich sah, wie einige Flammenzungen durch den Türspalt hervorzuckten und nach ihm griffen. Erik zischte, als einige von ihnen ihn streiften. Noch einige Minuten ging es so und ich hörte das Brüllen der Flammen hinter der Tür. Ich wollte mir schon die Ohren zuhalten, weil ich glaubte taub dabei zuwerden, als es plötzlich totenstill war. Erik wartete einige Minuten noch, dann öffnete er die Tür und ich sah das ganze Ausmaß der Gefahr. Das Holz der Tür, die Wände und sogar die Treppe waren völlig verkohlt. Rauchfäden stiegen von diesen auf und verbreiteten einen widerlichen Geruch. Ich verzog das Gesicht, weil ich in dem Geruch vom verbrannten Holz, auch den Geruch vom verbrannten Fleisch zu riechen glaubte. Verbranntem Menschenfleisch. Großer Gott, Brian! Ich sprang auf die Füsse und stürzte in den verkohlten Gang. Hier war der Geruch noch schlimmer und ich presste mir die Hand aufs Gesicht, um nicht mehr als nötig einzuatmen. „Brain…Brian!“, rief ich in die Schwärze hinein. Doch es kam keine Antwort. Was wenn er…? Erik fasste mich am Arm und zog mich zurück. „Dem geht es gut!“, sagte er und ich glaubte, meinen Ohren nicht zutrauen. „Was? Wie soll es dem gut gehen? Eben gerade tobte hier ein Inferno!“, rief ich fassungslos und wollte mich losreissen. Doch da hörte ich Schritte, die näher kamen und wenige Minuten später kam jemand die Treppe hoch. Brian! Putzmunter und ohne einen Kratzer. Wie ging das? Ich starrte ihn nur mit offnenem Mund an, während er an mir vorbei ging und das Haus verließ. Nach wenigen Stunden kam die Polizei nachdem Brian angerufen hatte und eine Gasexplosion gemeldet hatte. Eine Gasexplosion! Bei der Hitze und der Wucht des Feuers würde ich eher sagen, dass die Hölle kurz mal durchgelüftet hatte. Aber ich sagte nichts und ließ die Beamten ihre Arbeit machen. Man untersuchte die Zellen, die unversehrt waren und fand unzählige Frauenleichen. Einige schon älter als zwanzig Jahre und noch älter. Brian machte den Männern klar, dass es sich bei Mr. Finnlay und dessen Familie um Frauenmörder handelte, die seit Jahrhunderten wohl schon ihr Unwesen trieben. Und Mr. Hinsdale war wohl sein Komplize, den er sich aber vom Halse geschafft hatte, da dieser ihn wohl verraten wollte, so nach Brians Worten und die Beamten gaben sich damit zufrieden. Wir hingegen wussten es besser. Nach und nach erfuhren wir, dass Finnlay ein Hexenmeister war, der schon im Mittelalter, Frauen entführte und tötete, um ihre Seelen in sich aufzunehmen, um selbst ewig zuleben. Praktisch ein Vampir, der Seelen aussaugte. Laut Fays Aussagen war Hinsdale ebenso einer. Beide hatten immer zusammen gearbeitet und die Beute aufgeteilt. Aber in dem Falle von Esmeralda und Fay, wollte Finnlay beide für sich haben. Also musste der Butler Hinsdale beseitigen. „Aber wie? Hexenmeister sind doch nicht so einfach zutöten? Oder etwa doch?“, fragte ich nach dem wir darüber gesprochen hatten. „Nun um einen Hexenmeister zutöten, braucht man schon bestimmte Dinge. Die eine, ein Dolch, mit einem bestimmten Gift bestrichen. Die andere, Feuer!“, sagte Brian. Ahja. Feuer, also! Das würde erklären, wieso aufeinmal diese Feuerwalze aufgetaucht war. Aber eine Frage blieb noch: Wie konnte Brian das überleben? Ich wollte ihn das gerade fragen, weil es mich wirklich interessierte, als Erik plötzlich meine Hand erfasste und sie feste drückte. Ich sah ihn an. Er schüttelte den Kopf. Und etwas in seinen Augen sagte mir mehr als deutlich, dass ich es wirklich lieber lassen sollte. Also sagte ich mir, dass Brian sich wohl noch rechtzeitig in einer der Zellen gerettet haben musste. Anderster konnte ich es mir nicht erklären. Spät am Abend stand Brian auf der Veranda und schaute in die Nacht hinaus. Alle anderen schliefen schon und so würde sie keiner hören. Er ahnte schon, dass er nicht lange allein sein würde und das, was im Hause von Mr. Finnlay geschehen war, sicherlich nicht ohne Folgen bleiben würde. Und er sollte nicht lange warten. Einige Minuten später, stand Erik neben ihm und sah ihn mit einem finsteren Blick an. „Du hast es also wirklich getan!“ Es war kein Vorwurf oder eine Frage, sondern eine Feststellung. Brian verzog keine Miene. „Willst du mir jetzt einen Strick daraus drehen?“ „Nein, ich kann gut nachvollziehen, was dich dazu getrieben hat!“, sagte Erik. „Aber dennoch…Rache kann einen selbst auffressen, wenn man sich zusehr davon hinreissen lässt. Und für welche wie uns, kann es noch gefährlicher werden!“ „Wieso? Wir sind doch schon von Gefühlen wie Rache und Wut zerfressen. Was sollte da schon passieren?“ Eriks Gesicht nahm nun einen bitteren Ausdruck an. „Ein Dämon, der sich selbst verliert, kennt den Unterschied zwischen Freund und Feind nicht!“, murmelte Erik. „Was willst du mir damit sagen?“, fragte Brian finster. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Erik sich gegen ihn wenden würde. Aber trauen konnte er ihm auch nicht. Trotz allem was sie gemeinsam erlebt hatten. „Willst du mir drohen?“ Erik lächelte schwach. „Nein, ich will dich warnen. Ich würde ungern gegen dich kämpfen wollen!“, sagte er und ging dann. Bevor er jedoch in den Schatten tauchte, blieb er stehen und drehte sich halb zu Brian herum. „Es ist nicht wegen deinem Höllenfeuer, welches mich vernichten kann. Sondern dass ich dich gut leiden kann. Auch wenn du in mir einen Störenfried siehst!“, sagte er immernoch schwach lächelnd und Brian konnte deutlich in seiner Stimme hören, dass er nicht log. Was ihn verwirrte. Doch bevor er darauf etwas erwidern konnte, war Erik auch schon verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)