Das Leben danach von gluecklich (Worst-Case-Szenario) ================================================================================ Kapitel 1: Alles auf Anfang, I. ------------------------------- Die rostigen Angeln quietschten, als die Tür nach innen aufschwang und den Blick freigab auf ein von Staub erfülltes Halbdunkel. Eine Katze strich ihm um die Beine, er schob sie mit dem Fuß weg, trat ein und schloss die Tür wieder. Er versuchte, einen der Rollläden hochzuziehen, der daraufhin zusammenbrach und krachend zu Boden fiel. Also ging er im gesamten Erdgeschoss umher und riss jeden Rollladen vom Fenster weg. Bei keinem fiel es ihm schwer. Alle zerbröselten praktisch in seinen Händen zu Asche und Dreck. Obwohl die Fenster so schmutzig waren, dass die Welt draußen aussah, als sei sie von grauen Schlieren überzogen, schien nun einiges mehr an Sonne herein, was dafür sorgte, dass man noch deutlicher sah, wie viel Staub hier in der Luft lag. Zum Glück war seine Lunge so einiges gewohnt. Nachdem er sich in jedem Zimmer genauer umgesehen hatte, stieg er die knarzenden Treppen hinauf und begutachtete das Obergeschoss. Auch hier plumpsten Rollläden wie Wasserfälle aus ihren Halterungen, der Staub war allgegenwärtig und ließ ihn sogar ein paarmal niesen. Die Decken waren viel niedriger, als er in Erinnerung gehabt hatte. Aber er musste sich ja auch eingestehen, dass er zum letzten Mal vor fast zwanzig Jahren hier gewesen war. Alles hier war baufällig, ein paar Scheiben waren eingeworfen worden und die meisten Möbel hatte sich wohl längst irgendwer unter den Nagel gerissen. Die, die noch da waren, waren zu nichts zu gebrauchen. Die meisten waren mottenzerfressen, unter manchen fand er Maden oder ganze Armeen von Weberknechten, aus einem rannte ihm sogar eine weitere junge Katze entgegen. Alles hatte Löcher, Risse, oder war gar nur noch zur Hälfte erkennbar. Er probierte ein paar Wasserhähne aus; aus den meisten kam überhaupt nichts, aus einem kam, nachdem er höchst besorgniserregende Geräusche von sich gegeben hatte, ein Schwall braun-grünlicher Schlamm. Die Wasserleitungen waren ein Witz. Schon immer gewesen. Als er wieder unten war, durchsuchte er die Küchenschränke. Bis auf einen Haufen Schaben, Spinnen und Fliegen waren sie alle leer, nur in einem fand er noch eine gigantische Sammlung Konservendosen. Er holte eine raus und betrachtete das Etikett, konnte jedoch nicht mehr erkennen, was da mal hatte draufstehen sollen. Also öffnete er die Dose und schaute rein – und konnte immer noch nicht erkennen, was es darstellen sollte. Es sah ein bisschen aus wie gesammelter Dünnschiss. Sah aus, als müsse er hier noch gehörig renovieren, bevor er richtig einzog. Das machte nichts, er hatte Zeit. Zeit und vor allem genug Geld, um das Hotel, in dem er jetzt wohnte, noch eine ganze Weile lang zu bezahlen. So lang eben, bis er mit der Arbeit hier fertig war. Er tat selten Dinge, die im Endeffekt wirklich eine positive Wirkung auf sein Gemüt hatten, aber wahrscheinlich war das hier so etwas. Er hatte jetzt ein Projekt. Er würde einfach so viel Zeit wie möglich darin stecken, dieses Drecksloch hier wieder zu einem Haus zu machen, das seiner würdig war. Und damit würde Xanxus sich hoffentlich endlich effektiv von der Tatsache ablenken können, dass man ihm alles genommen hatte, was er mal sein Leben geschimpft hatte. Mit einem leisen Seufzen trat er vor die Tür, die ein wenig schief in den Angeln hing, und schloss sie wieder hinter sich. Und dann strich ihm schon wieder etwas um die Beine. Stirnrunzelnd senkte Xanxus den Blick und entdeckte die Katze, die ihm eben noch aus einem Loch im Sofa entgegen gerannt gekommen war. »Wenn du Futter suchst, bist du hier eindeutig falsch«, sagte er tonlos, was das Tier natürlich nicht verstand. Die Katze begann, zu schnurren, und seine Hosenbeine vollzuhaaren. Bevor Xanxus sich darüber aufregen konnte, hörte er lautes Knattern, drehte den Kopf zur Seite und konnte gerade noch beobachten, wie ein Moped um die Ecke geschossen kam und mit einer Geschwindigkeit an ihm vorbeiraste, die nahelegte, dass das Ding ordentlich frisiert war. Ausdruckslos sah Xanxus dem scheppernden Gefährt nach und dachte, dass der Junge, der darauf gesessen hatte, maximal dreizehn sein konnte. Als das Geräusch des lauten Motors sich wieder verflüchtigt hatte, hörte er irgendwo in der Ferne Feuerwehrsirenen, und ganz in der Nähe sang ein Betrunkener Total Eclipse Of The Heart von Bonnie Tyler. Scheiße, er hatte keine Ahnung, wo er überhaupt anfangen sollte. Wie schlug man Profit aus dieser Hölle? Xanxus war sich sicher, dass es möglich war, absolut sicher, weil nichts einen reichen, erfahrenen Mafioso so herzlich empfing wie ein verarmtes, von Kriminalität durchzogenes Kaff. Aber er hatte schlicht und ergreifend keine Ahnung, wo er anfangen sollte. Es gab so viele Möglichkeiten. Die Schutzgeldbranche hier war gigantisch, er konnte dort anfangen und sich einfach an die Spitze setzen. Er konnte sich aber auch die Marktlücke in diesem Gebiet schnappen und für bessere medizinische Unterstützung sorgen. Oder er brachte ein bisschen Ordnung in den chaotischen Waffenhandel. Die junge Katze hatte begonnen, an seinem Schuh herumzukauen. Xanxus bückte sich, zog sie etwas mühsam von seinen Füßen weg und setzte sie im wilden Busch ab, der neben den stinkenden Mülltonnen wuchs. Sie fand das beschissen, aber Xanxus fand sie ja auch beschissen, also war das nur fair. Vielleicht sollte er einfach damit anfangen, seinem alten Viertel klarzumachen, dass er wieder da war. Dass nun andere Zeiten anbrachen, weil er das fortsetzen würde, was er als kleiner Junge bereits begonnen hatte. Ja, vielleicht sollte er damit anfangen, es die Leute wissen zu lassen. Xanxus war wieder zu Hause. Kapitel 2: Arbeitsloser Mafioso, I. ----------------------------------- MAXIMUM: 12 SHEETS, stand auf dem Aktenvernichter, der nicht nur aussah wie ein hungriges Monster, sondern auch noch so klang. Gähnend zählte er die nächsten zwölf Blätter ab und schob sie in den wartenden Schlitz, sah dann dabei zu, wie die Dokumente hinter der Kunststoffscheibe zu nutzlosen, langen Streifen verarbeitet wurden. Während er erneut zwölf Blätter von dem großen Stapel abzählte, hatte Squalo den Kopf auf seine linke Hand gestützt und gähnte schon wieder. Das hier war wahrscheinlich die langweiligste Arbeit, die er jemals für die Varia erledigt hatte. War ja ein ganz wundervoller Abschluss für seine Karriere. Es war der letzte Auftrag seines ehemaligen Bosses. Squalo hatte gar keine Ahnung, wieso er den überhaupt noch ausführte. Einerseits war er nicht mehr verpflichtet, auf Xanxus zu hören, und andererseits hatte er auch überhaupt keine Lust mehr, auf den Trottel zu hören. Squalo hatte sich seinen verfluchten Arsch aufgerissen, um diese Varia am Leben zu halten, und es hatte ihn verdammte Überwindung gekostet, Xanxus damals den Posten des Bosses zu übergeben, und was machte das Arschloch? Stürzte sie in den Ruin. Und während Squalo kurz nach der Verhandlung noch voller Kampfgeist gewesen war, das nicht auf sich sitzen zu lassen und doch irgendeine Möglichkeit zu finden, weiterzumachen, hatte Xanxus einfach die Schultern gezuckt und gesagt, sie sollten es einfach akzeptieren. Idiot. Verdammter Idiot. Diese Reaktion war wahrscheinlich auch nur eine Ausgeburt von Xanxus‘ Depressionen gewesen und eigentlich war der Kerl zu bemitleiden. Aber Squalo war schon immer besser im Aufregen gewesen, als im Bemitleiden. Außerdem wollte Xanxus ja gar nicht bemitleidet werden. Wohin der Trottel sich verzogen hatte, wusste Squalo. Was er nicht wusste, war, wohin die ganzen anderen Trottel sich verzogen hatten. Mittlerweile waren alle weg, die Zimmer und Suiten waren leergeräumt, auch das allerletzte Mitglied war aus dem ehemaligen Varia-Hauptquartier ausgezogen. Es war ein seltsames Gefühl, der einzige Mensch in diesem riesigen Gebäude zu sein. Aber lang war er ja auch nicht mehr hier. Er würde nur noch diesen Stapel an den laut ratternden Aktenvernichter verfüttern und dann würde sich auch Squalo verziehen. Nachdem er acht Jahre lang hier gelebt hatte. Schöne Scheiße auch. Ja, er war wütend auf Xanxus, wütender, als er es je auf den Kerl gewesen war. Wahrscheinlich war es das erste Mal, dass er überhaupt wirklich wütend auf Xanxus war. Vorher hatte er ihm immer alles verziehen, eben einfach, weil es Xanxus gewesen war. Aber diesmal ging das nicht so einfach. Ihm war die Lebensgrundlage unter den Füßen weggezogen worden – nicht nur Squalo, sie alle hatten ihre Arbeit, ihren Wohnsitz und ihr Leben verloren. Und das, weil Xanxus ein fauler Arsch war, ein schlechter Verlierer, ein therapieresistenter Säufer, der sich und seine Psyche nicht im Griff hatte. Nur deshalb. Squalo schnaubte leise, schob wieder zwölf Blätter in das laute Monster vor ihm und hielt das dritte Gähnen zurück. Oh, er hatte sich bereits aufgeregt. Während die anderen Mitglieder ihre Zimmer leergeräumt hatten, hatte Squalo seines zerstört. Und zwar bis auf den letzten Rest. Dort war gar nichts mehr heil. Er hatte es sogar geschafft, seine Klamotten irgendwie zu zerfetzen. Die letzte Varia-Uniform, die er besaß, war die, die er gerade trug. Er hatte sich auch schon vorher aufgeregt. Nach den Verhandlungen mit Nono hatte er erst einmal so stark gegen ein Straßenschild getreten, dass das nun schief war, und dann hatte er mindestens zwanzig Minuten damit verbracht, Xanxus anzubrüllen und zu beleidigen, wofür er sich am Ende einfach nur einen kräftigen Schlag ins Gesicht eingefangen hatte. Da die Verhandlungen ein paar Tage her waren, war die blaue Nase glücklicherweise kaum noch sichtbar. Jetzt war er einfach nur noch müde. Und er freute sich sogar irgendwie, aus diesem leeren Anwesen herauszukommen. Auch, wenn er danach einfach nur ins nächste leere Anwesen ziehen würde, aber dort würden wenigstens nicht so viele Erinnerungen an die Varia hängen. Andere Erinnerungen eben. Die letzten zwölf Blätter verschwanden in der Shredder-Hölle und Squalo betrachtete den Haufen Papier hinter der Scheibe stumm. Das waren alle wichtigen Dokumente gewesen, die die Varia besessen hatte. Zugegebenermaßen hatten sie als Haufen Auftragskiller recht wenig Papierkram zu tun gehabt, aber es hatte durchaus etwas gegeben. Schriftliche Aufträge, Anweisungen, vor allem aber Lagepläne, Angriffsstrategien und wichtige Taktiken. Es war sozusagen Xanxus‘ letzter Wille als Boss gewesen, das alles verschwinden zu lassen. Squalo hätte es ja sogar fast für einen relativ stilvollen Abgang gehalten, wenn er nicht den Grund dafür wüsste. Den wiederum fand er nämlich eher kindisch. Vongola Nono war nicht dumm. Er wusste sehr gut, dass die Varia eigentlich immer, seit es sie gab, ein wichtiger Bestandteil der Vongola gewesen war. In Krisenzeiten waren sie zuverlässiger Rückhalt gewesen, sie hatten Gegnern die Fressen poliert und die Ärsche aufgerissen, sie waren immer da gewesen, wenn der normale Durchschnittsmafioso nicht mehr weiter gewusst hatte. Sie waren die Elite der Mörder gewesen, sie hatten jeden aus dem Weg geräumt, den die Vongola allein nicht gepackt hatte. Sie waren eine nicht zu unterschätzende militärische Kraft gewesen, ohne die die Vongola so manche Konflikte kläglich verloren hätte. Trotzdem hatte er die Varia aufgelöst – weil das Risiko zu hoch war, dass es zu keiner Zusammenarbeit zwischen ihnen und der zehnten Generation kommen würde. Im Gegenteil. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass es noch weitere Revolten geben würde, dass Xanxus nicht aufgeben würde, dass irgendwelche anderen Idioten in der Varia nicht aufgeben würden. Dass der innere Konflikt niemals enden würde. Timoteo hatte da sehr begründete Verdachte gehabt. Es hätte tatsächlich gut sein können, dass die Varia die zehnte Generation nicht gestärkt, sondern eher geschwächt hätte. Und deshalb hatte er sie aufgelöst. Sie alle entlassen und weggeschickt. Na ja, im Endeffekt, dachte Squalo, konnten sie froh sein, dass man nicht nach alter Mafia-Manier versucht hatte, sie hinzurichten. Wäre sowieso nach hinten losgegangen. Jedenfalls war Timoteo sich der Tatsache bewusst, dass eine frische, recht unerfahrene zehnte Vongola-Generation ohne Unterstützung von Profis wie der Varia tendenziell ziemlich aufgeschmissen sein konnte. Deshalb hatte er deutlich werden lassen, dass er Sawada bei der Aufgabe unterstützen würde, sich eine neue solche Truppe zusammenzustellen. Xanxus und Squalo hatten darüber nur hohl lachen können. Als ob der Junge für so etwas die Eier in der Hose hätte. Aber da Timoteo angekündigt hatte, Sawada dabei so viel Beistand wie möglich zu leisten, war es wohl nicht ganz unwahrscheinlich, dass das wirklich irgendwann passierte. Und deshalb hatte Xanxus gewollt, dass ihre Unterlagen restlos vernichtet wurden. Damit sie dieser »neuen Einheit« in keinster Weise helfen würden und niemand auf die Idee kam, in den alten Archiven der Varia nach Inspiration zu suchen. Squalo blieb noch ein paar Minuten lang sitzen, weil er gerade in Xanxus‘ Bürosessel saß. Das hatte er noch nie gemacht. Das Arschgesicht hatte es hier wirklich verflucht bequem gehabt. Kein Wunder, dass er nie aufgestanden war. Letztendlich jedoch hielt er die Stille nicht mehr aus, stand ruckartig auf, klemmte sich den vollen Aktenvernichter unter den Arm und stapfte aus dem Büro. Er sah nicht zurück. Er verlor kein Wort, keinen einzigen Laut, in diesem leeren Haus. Als sei es ein ganz normaler Tag, als käme er bald wieder, verließ er die Varia-Residenz durch die große, vordere Flügeltür, ging mit großen Schritten durch den Garten und die Einfahrt, schwang sich in sein Auto und packte den Shredder auf den Beifahrersitz. Er fuhr zu der Mülldeponie, die die Vongola gelegentlich nutzte und sorgte dort dafür, dass gleich der ganze Shredder mit all den sowieso schon zerstörten Dokumenten eliminiert wurde. Dann fuhr er nach Mondello. Eigentlich war Mondello schon seit Jahrhunderten kein kleines Fischerörtchen mehr, aber auf Squalo würde es wohl auf ewig so wirken. Es war ein Vorort von Palermo – er war hier aufgewachsen. Es lag nah am Strand, nördlich vom Monte Pellegrino, die Leute dort waren Idioten, und wenn man erst einmal ein paar Jahre in Palermo verbracht hatte, dann war das hier ein Witz. Dennoch war es das erste, was ihm in den Sinn gekommen war, und vielleicht war es ja gar nicht so schlecht, wenn er mal wieder ein bisschen Freizeit am Meer verbrachte. Na ja – wahrscheinlich war es durchaus ziemlich schlecht. Squalo ließ sein Auto mitten in der Einfahrt stehen, schloss die Tür auf und betrat die kühle Eingangshalle. Seit seine Eltern tot waren, gehörte die gesamte Villa ihm. Eine Weile lang hatte er hier allein mit dem Dienstpersonal gelebt, aber nicht lang. Danach war ziemlich bald die Sache mit der Varia gekommen. Back to the roots, schätze ich, dachte Squalo grimmig und ließ die Tür hinter ihm ins Schloss fallen. Und dann stand er da. In der großen Halle, in der es nur Marmorboden, eine gigantische Treppe und gefühlte hundert Türen gab. Seit Squalo nicht mehr hier lebte, arbeitete hier logischerweise auch niemand mehr. Er hatte ja nicht gedacht, dass er die Varia jemals wieder verlassen würde. Jetzt war er wieder da, und wusste nichts mit sich anzufangen. Er konnte ja nichts anderes. Er war nach Mafioso-Regeln aufgezogen worden. Er war auf eine Schule gegangen, auf der es fast nur Mafioso-Kinder gegeben hatte. Für ihn war von Anfang an klar gewesen, was aus ihm werden würde. Er hatte nichts gelernt. Gottverdammt, er hatte ja nicht einmal einen Schulabschluss, weil er mit vierzehn erst einmal den Schwertkaiser aus dem Weg geräumt und sich in der Varia dann nicht mehr wirklich um Schule gekümmert hatte. Es gab nichts, was Squalo konnte, außer, mit seinem Schwert der Mafia zu dienen. Er war ein arbeitsloser Mafioso. Seufzend ging Squalo ein paar Schritte, ließ sich auf der mit dunkelblauem Samt überzogenen Treppe nieder und zog sein Handy. Er würde erst einmal etwas Leben in diese alte Villa bringen. Etwas anderes hatte er ja nicht zu tun. Kapitel 3: Im Auge des Sturms, I. --------------------------------- Bel fand das Ganze ziemlich kacke, aber irgendwie konnte ja keiner von ihnen etwas dagegen machen. Der Prinz fand sich zwar nur sehr ungern mit Dingen ab, aber er wusste, wann es soweit war. Er hatte Xanxus immer als Boss geschätzt. Sehr sogar. Und wenn dieser Boss sagte, dass es vorbei war, sie jetzt alle ihre fetten Suiten räumen und abhauen mussten, dann war das eben so. Wenn Xanxus nicht mehr kämpfte, dann kämpfte Belphegor auch nicht mehr. Ganz einfache Sache. Außerdem war er ja ein Genie, es gab sicherlich vieles, was er in dieser Welt mit sich anstellen konnte. Er könnte den Physiknobelpreis anstreben. Oder ein Mittel gegen Krebs finden und es dann niemandem geben. Irgendsowas in der Art eben. Natürlich, in die Varia hatte er sein gesamtes Herzblut gesteckt – und das, schon bevor man ihn überhaupt aufgenommen hatte. Ja, er hatte sie als sein Zuhause und seine neue Familie betrachtet… Aber Bel wusste ja selbst am besten, dass Familien im Endeffekt nur Schall und Rauch waren und einen immer im Stich ließen. War nichts Neues für ihn. Gar kein Problem. Gar kein Problem. Mit sichtbarem Ekel sah Mammon dabei zu, wie Belphegor einen Big Mac verdrückte und danach seinen ohnehin schon vollgestopften Mund zusätzlich mit Cola füllte. »Ich versteh nicht, wie du für dieses Zeug dein Geld ausgeben kannst«, seufzte er und beide ignorierten dabei die irritierten Blicke der passierenden Reisenden. Man sah nicht oft ein genervt sprechendes Baby in der Wartelounge am Flughafen auf einem Tisch sitzen. Schon gar nicht mit jemandem, der aussah wie Bel. »Ich versteh nicht, wie du dein Geld nicht dafür ausgeben kannst«, erwiderte Bel mit vollem Mund. »Mein Geld ist mir deutlich mehr wert als fett machender Fraß, der wahrscheinlich zur Hälfte aus dem besteht, was sie dort in ihrer Küche zusammenkehren und dann in die Fritteuse werfen.« »Also, ich werd davon nicht fett«, schmatzte Belphegor. »Und Dreck reinigt den Magen. Frittierter Dreck bestimmt auch.« »Ich bin froh, wenn ich dich los bin«, sagte Mammon trocken. »Komm bloß nicht auf die Idee, mir zu folgen.« Bel schnaubte, hatte daraufhin etwas Kohlensäure in der Nase, musste husten und dann kichern. »Wieso sollte ich«, antwortete er, nachdem er geschluckt hatte, »so einem hässlichen, grimmigen, geizigen und unhöflichen Baby irgendwohin folgen? Da hat der Prinz wahrlich Besseres zu tun.« »Zum Beispiel?«, fragte Mammon. »Du hast mir immer noch nicht gesagt, wohin du fliegst.« »Geht dich ja auch nichts an.« »Gehst du zurück in deine Heimat? Immerhin sollte da ein Königsthron auf dich warten, wenn deine Geschichte stimmt.« »Nö. Erstens ist es ja wohl klar, dass meine Geschichte stimmt. Zweitens würde ich das nicht meine Heimat schimpfen. Und drittens will ich gar kein König sein.« »Nicht? Wieso legst du dann so viel Wert auf dein Prinzsein?« »Gerade deshalb, Idiot. Als König müsste ich ja richtig arbeiten und mir Gedanken um das Volk machen und so weiter. Als Prinz muss ich nur da sein und gut aussehen.« »Verstehe. Das schaffst du gerade noch, hm?« Statt zu antworten zog Belphegor eine angebissene Gurkenscheibe aus seinem Burger und warf sie zielsicher geradewegs in Mammons Gesicht. Sie rutschte herunter und landete mit einem leisen, schmatzenden Geräusch auf dem Tisch, und Mammon seufzte auf. »Spielkind…« Belphegor zuckte die Achseln und zog schlürfend an seiner Cola, hielt dann jedoch plötzlich inne und hob den Kopf etwas. »Die sagen deinen Flug an«, sagte er am Strohhalm vorbei. »Sieht so aus«, erwiderte Mammon. Er wischte sich mit seiner Kutte noch einmal übers Gesicht, dann stand er auf, sodass er, auf der Tischplatte stehend, fast mit Belphegor auf Augenhöhe war. »Ich nehme an, du willst mich nicht bis zum Gate begleiten.« »Bisher war der Big Mac netter zu mir als du, also nein.« Mammon zuckte mit seinen winzigen Schultern. »Gut«, sagte er. »Dann … tschüss.« »Tschüss«, sagte Bel, noch immer mit dem Strohhalm im Mund, und winkte. Und dann ging Mammon, hüpfte vom Tisch und verschwand ziemlich schnell zwischen den Massen. Belphegor sah ihm nur ein paar Sekunden lang nach, dann wandte er sich wieder seinem Big Mac zu. Er hatte noch ein bisschen Zeit, bis sein Flug nach Kuba ging. Genug jedenfalls, um diesen Burger zu essen. Mammon und er waren keine Freunde gewesen. Eigentlich hatten sie permanent versucht, einander umzubringen, und waren sich gehörig auf den Sack gegangen. Mammon war ein ziemliches Arschloch, mit so jemandem wollte man gar nicht befreundet sein. Außerdem war Belphegor sich ziemlich sicher, dass er psychisch nicht dazu in der Lage war, jemanden als Freund zu bezeichnen. Und weil Mammon kein Freund gewesen war und die Varia sich nur als eine von vielen nichtsnutzigen Familien herausgestellt hatte, war das alles, was hier gerade passierte, gar nicht so schlimm. Belphegor aß seinen Burger, trank seine Cola leer und setzte sich dann in die erste Klasse eines Linienfluges von Palermo nach Havanna. Er sah ein bisschen aus dem Fenster, schlief ein bisschen und las zum zwanzigsten Mal sein Lieblingsbuch über Quantenphysik. Als er landete, hatte er ausgesprochen gute Laune. Als er in seinem luxuriösen Hotel in Strandnähe ankam, ebenfalls. Und als er sich dann am Büffet im Speisesaal das wohl gigantischste Abendessen des Jahrzehnts besorgte, war seine Laune sicherlich auf dem Höhepunkt. Und dann, als Belphegor abends in seinem breiten, weichen Bett lag und an die Decke starrte, erschien ihm die Welt plötzlich düsterer als je zuvor. Kapitel 4: Alles auf Anfang, II. -------------------------------- Mit den Händen in den Hosentaschen schlenderte Xanxus durch das Viertel, in dem er bis zu seinem siebten Lebensjahr aufgewachsen war, und sah sich um. Er hatte hier früher noch öfter vorbeigesehen. Eigentlich war er sogar noch zehn Jahre lang immer wieder hier aufgekreuzt. Ja, er hatte hin und wieder jemanden getroffen. Aber manchmal hatte er sich auch nur mal wieder umsehen wollen. Nach der Cradle Affair war er dann ja leider acht Jahre lang verhindert gewesen. Und dann war ziemlich schnell die Sache mit Japan gekommen. Demnach war es nun wirklich gut achteinhalb Jahre her, dass er hier gewesen war. Fast neun, eigentlich. Es war seltsam, wie man immer wieder erwartete, dass sich etwas verändert hatte, wenn man nach einer Weile hierher zurückkehrte. Obwohl gerade Xanxus doch wissen sollte, dass dieses Rattenloch sich nie verändern würde. Es war alles so, wie er es verlassen hatte. Seine alte Heimat empfing ihn mit offenen Armen – mit zitternden, von Heroinspritzen durchlöcherten Armen, und mit einem zahnlosen Grinsen, das nach Bier und schlechtem Wodka roch, und mit einem nervösen Lachen, das er einfach überhörte. Es gab nichts, was man hier hätte vermissen können. Nichts, worauf man sich freute, wenn man zurückkam. Es sah nicht aus wie ein Zuhause, und Xanxus hatte es damals wohl nur so genannt, weil er ein kleiner Junge gewesen war, der alles getan hatte, um zwischen den anderen Kindern die Macht an sich zu reißen. Nein, hier gab es wirklich nichts, was ihm in seiner Abwesenheit hätte fehlen können. Nur eines. Xanxus hatte Hunger. Selbst kochen fiel logischerweise flach, er könnte zurück ins Hotel fahren und sich dort die Sonne aus dem Arsch scheinen lassen, aber der Sinn stand ihm nach etwas anderem. Nach guter, häuslicher, italienischer Küche. Nach der besten häuslichen, italienischen Küche, die man hier überhaupt bekommen konnte, um genau zu sein. Die Straße, in die er einbog, hatte sich genauso wenig verändert wie alles andere hier. Die Häuser waren windschief und heruntergekommen, manche standen noch und sahen halbwegs bewohnbar aus, andere glichen Ruinen. Ein paar Autos standen am Straßenrand, aber keines von ihnen sah so aus, als könne man es fahren. Eines war komplett ausgebrannt und rußschwarz. Ein kläffender Hund lief einige Meter vor ihm quer über die Straße und verschwand in dem Gebüsch, das auf der anderen Seite lauerte. Die Häuser hier standen alle nur links, rechts ergaben sich unendliche Weiten von wild wachsenden Büschen, schiefen Bäumen und dem, was sie als Kinder das Paradies geschimpft hatten. Heute hörte Xanxus keine Kinderstimmen aus diesem Dickicht. Vielleicht hatte sich ja doch die ein oder andere Sache verändert. Dass das tatsächlich der Fall war, stellte er fest, als er vor dem Haus stehen blieb. Xanxus legte den Kopf schief, sah sich in der Straße um und überlegte, ob das hier denn wirklich das richtige Haus war. Aber das musste es eigentlich sein. Außer, sie waren mal wieder umgezogen. Als er das letzte Mal hier gewesen war, war das Haus genauso heruntergekommen gewesen wie alle anderen auch. Drinnen war es zwar recht nett eingerichtet gewesen, aber auch dort hatte es Löcher im Boden und Schimmel an den Wänden gegeben. Manche Zimmertüren waren kaputt gewesen, Fensterscheiben nur mit Duct Tape zusammengehalten. Die Rückstände eines prügelnden Familienvaters, den es damals schon gar nicht mehr gegeben hatte. Die eingeworfenen Fensterscheiben hatte man logischerweise auch von außen gesehen, die Fassade war angekokelt und mit Graffiti beschmiert gewesen, von der Tür war die Farbe abgeblättert und auf der kleinen Treppe davor hatte fast immer Erbrochenes oder Hundekot gelegen. Heute aber waren die Steintreppen sauber, gekehrt, und links und rechts von ihnen wuchsen kleine Blümchen. Die Tür war in einem satten Blau gestrichen, die Fassade war strahlend weiß. Alle Fenster wirkten intakt, und als Xanxus den Blick hob, stellte er fest, dass sogar die Dachziegel neu waren, und ebenso blau wie die Tür. Entweder hatte die alte Mama Rapino im Lotto gewonnen, oder sie waren wirklich umgezogen und hier wohnte jetzt irgendein Idiot, der sich die Mühe machte, ein Haus in dieser Gegend intakt zu halten. Xanxus hielt letzteres für wahrscheinlicher, aber er wollte es trotzdem versucht haben. Immerhin hatte er wirklich Lust, jetzt etwas zu essen, was Mama gekocht hatte, und wenn sie nicht mehr hier lebte, dann würde der Typ, der jetzt stattdessen hier lebte, ihm eben sagen müssen, was aus ihr geworden war. Er stieg also die drei kleinen, irritierend sauberen Stufen hoch und drückte auf die Klingel. Und es dauerte keine fünf Sekunden, bis die Tür aufschwang – und Xanxus niemanden sah. Na ja, er hatte damit gerechnet, dass hier irgendjemand wohnte, der normalgroß war, und deshalb auf Augenhöhe gesucht. Als er den Blick jedoch senkte, entdeckte er die Frau, die ihm geöffnet hatte. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, musste sie ungefähr 1,50 Meter groß gewesen sein, jetzt war sie bestimmt noch einmal fünf Zentimeter geschrumpft. Musste das Alter sein. Oh Gott, sie wohnten wirklich noch hier. Statt einer Begrüßung wollte Xanxus gerade fragen, woher zur Hölle sie das Geld genommen hatten, ihre Bruchbude so aufzuputzen, aber sie kam ihm zuvor. »Xanxus!«, rief sie, und es war so selten, dass Menschen seinen Namen mit so viel Elan und Freude aussprachen. »Mein Gott, das muss ja Ewigkeiten her sein! Diego ist noch gar nicht da, aber er wird sich sicherlich freuen, dich zu sehen! Komm rein, komm rein, ich hab gerade die Pizza in den Ofen geschoben, und wenn du willst, kannst du Kuchen haben! Trinkst du deinen Kaffee immer noch schwarz?« Sie ging zur Seite, um ihm Platz zu machen, und Xanxus war überfordert. Einige Sekunden lang stand er nur auf der Schwelle und wusste nicht so wirklich, wohin mit sich, bis er ihrem einladenden Lächeln nicht mehr standhalten konnte und eintrat. Drinnen roch es nach Hefeteig und Tomatensoße – Mama Rapinos selbstgemachte Pizza. Das Beste, was es auf diesem ganzen Planeten gab. Zweifelsfrei. Es war immer noch so eingerichtet wie früher, nur, dass es nicht mehr nach Schimmel roch und Xanxus auf Anhieb auch keine Löcher oder mit Tape geflickten Wände, Fenster oder sonstige Gegenstände sehen konnte. Die Sessel waren hell und groß, die Tische blitzblank gewischt, die Läufer darauf waren selbstgehäkelt, die Schränke aus dunklem Holz gefüllt mit kitschigem Geschirr, alten Büchern und tausenden Fotos. Und laut Mama lebte Diego scheinbar immer noch hier. Nicht besonders männlich. »Ja, immer noch«, hörte er sich schließlich auf ihre Frage wegen des Kaffees antworten. Er riss seinen Blick von der Einrichtung los, die immer noch aus dem letzten Jahrzehnt zu sein schien, und sah zu der kleinen, korpulenten Italienerin, die ihn immer noch anstrahlte. »Und meistens mit Schuss.« Sie zog die Brauen hoch, dann gluckste sie und tätschelte seinen Arm. »Vergiss es, Herzchen. In diesem Haus gibt es nach wie vor keinen Alkohol!« Hatte er sich fast schon gedacht. Aber das machte nichts, nicht hier, nicht bei Mama Rapino. »Setz dich, mein Schatz, ich komm gleich zu dir!«, sagte sie, fuchtelte vage in Richtung Wohnzimmer und huschte dann zurück in die Küche. »Käsekuchen?« »Äh«, machte Xanxus, während er durch den Flur schlich und sich umsah, als sei er in irgendeiner verqueren Parallelwelt gelandet. »Ja. Gerne.« Letztendlich überwand er sich und ließ sich am runden Wohnzimmertisch nieder, jedoch nicht, ohne sich weiterhin umzusehen. Die Möbel waren noch immer so wie früher, aber alles andere… Es wirkte noch friedlicher als damals. Noch gelassener. Keine kaputten Einrichtungsgegenstände, kein schreiendes Kleinkind, keine Nervosität vor der Polizei oder irgendwelchen Banden. Was in aller Welt hatten Diego und seine Mutter angestellt, dass es hier drinnen plötzlich wirkte, als befände er sich in irgendeiner friedlichen Vorstadt? Er hätte liebend gern gefragt, aber irgendwie fühlte es sich falsch an, sich damit an Mama zu wenden. Was Mama anging, so war man einfach nur froh, wenn sie fröhlich war und es ihr gut ging, und fragte nicht nach dem Warum. Das konnte ihm Diego später immer noch erzählen. Also saß Xanxus erst einmal gut eine halbe Stunde lang bei Käsekuchen und schwarzem Kaffee mit Barbara Rapino, der Mutter seines einzigen wirklichen Kindheitsfreundes, am Wohnzimmertisch, und unterhielt sich mit ihr über Gott und die Welt. Wie immer schien sie zu spüren, dass Xanxus ihr nicht unbedingt sagen wollte, wieso er hier war, also fragte sie einfach nicht nach. Es war so unglaublich angenehm, dass es einfach partout nicht in dieses Viertel passen wollte. Und dann hörte er irgendwann die Haustür auf- und zugehen, Klamotten raschelten, Schritte näherten sich, und als Xanxus aufsah, stand ein großer, vernarbter Mann in der Tür, der gerade, offensichtlich erschrocken, zusammengezuckt war. Xanxus und Diego sahen einander an, und nachdem Diego ein paar Mal geblinzelt und sich gefangen hatte, waren sie beide gleichermaßen emotionslos. »Xanxus«, sagte Diego schließlich und trat näher. »Ich hab gedacht, du wärst verreckt.« »Na, sowas sagt man bei so einem Wiedersehen aber nicht«, tadelte Mama und sah anklagend zwischen den zwei Männern hin und her. »Wollt ihr euch nicht mal umarmen?« »Nein«, sagten sie unisono. »Wann sollte ich denn verreckt sein?«, fragte Xanxus tonlos. »Na ja, du hast mir erzählt, du willst deinen Alten stürzen«, antwortete Diego und setzte sich ebenfalls an den Tisch. »Bist in den Krieg gezogen und danach hab ich nie wieder was von dir gehört. Das ist … neun Jahre her, oder? Hab angenommen, es hat nicht geklappt.« Xanxus verzog das Gesicht und sah in seinen Kaffee. »Hat es auch nicht«, sagte er. Diego nickte und fragte nicht weiter nach. Während seine Mutter seufzte, beobachtete er Xanxus. »Und weshalb bist du jetzt hier?«, fragte er schließlich. »Ich geh die Pizza schneiden«, sagte Mama, bevor Xanxus antworten konnte, und stand auf. »Wer ein Stück will, kann es sich in der Küche abholen.« »Danke, Mama«, sagte Diego, nicht ohne den Blick von Xanxus zu wenden. Der nickte ihr zu und lehnte sich dann langsam zurück. »Sind sozusagen alle rausgeflogen«, sagte er schließlich dumpf. »Die Varia ist Geschichte. Also bin ich wieder hier und kümmer mich um das Drecksloch.« »Nett von dir«, sagte Diego sarkastisch. »Also hast du vor neun Jahren versucht, deinen Vater umzulegen, und er wirft dich jetzt erst raus?« »Er ist nicht mein Vater«, sagte Xanxus. »Was?« »Der alte Sack. Er ist nicht mein Vater. Und die Auflösung der Varia war keine Folge auf meine Revolte von damals.« Diego seufzte. »Weißt du, Xanxus, wenn du mir einfach erzählen würdest, was los ist, müsste ich keine so dummen Fragen stellen.« »Du könntest auch einfach die Klappe halten«, antwortete Xanxus und sah sich um. »Woher in aller Welt habt ihr das Geld, um es hier so aussehen zu lassen?« Diego folgte seinem Blick kurz, dann zog er die Brauen hoch und zuckte die Achseln. »Ich arbeite«, sagte er schlicht. »Als was?«, fragte Xanxus spöttisch. »Mafioso?« Die Antwort war nicht die, mit der er gerechnet hatte. »Ja. So in der Art. Und wenn du vorhast, dasselbe zu tun, wirst du wohl nicht so einfach an mir vorbeikommen.« Kapitel 5: Arbeitsloser Mafioso, II. ------------------------------------ Squalo wusste nichts mit sich anzufangen. Er hatte eine Innenarchitektin angeheuert, die ihm innerhalb kürzester Zeit und für einen Haufen Zaster das Haus wieder eingerichtet hatte. Dann hatte er auf seinem neuen Bett die Innenarchitektin flachgelegt. Er hatte seine Varia-Uniform ganz hinten in den Schrank gehängt und sich ein paar neue Klamotten besorgt. Er hatte die Küche mit Lebensmitteln gefüllt, nur, um dann auswärts essen zu gehen. Er hatte auf seinem gigantischen Fernseher ein paar Kanäle durchprobiert, hatte dann eine halbe Stunde lang Ren & Stimpy geschaut, und hatte bei der folgenden SpongeBob-Folge erfolgreich der Versuchung widerstanden, das teure neue Ding einfach wieder aus dem Fenster zu werfen. Er hatte in der Scheune vorbeigeguckt und eine Weile lang im Heu herumgelegen. Dabei hatte er versucht, sich zu überlegen, ob er wieder Pferde anschaffen sollte oder nicht. Irgendwann hatte er gefunden, dass er jetzt gehörig stank und war deshalb duschen gegangen. Schlauer wegen der Pferde war er immer noch nicht. Und jetzt saß er am Teich im gigantischen Garten des Anwesens und warf Steine ins Wasser, was die Enten ziemlich nervte. Er wusste verdammt nochmal nichts mit sich anzufangen. Was zur Hölle trieben andere arbeitslose Menschen bloß? Manchmal hatte er sich Urlaub von der Arbeit gewünscht – im Nachhinein bereute Squalo, dass er sich nie wirklich welchen genommen hatte. Dann hätte er vielleicht üben können und wüsste jetzt, was er alles anstellen könnte. Es gab einfach nichts, was ihn reizte. Sein Schwertmeister-Gewissen sagte ihm, dass er bei Langeweile gefälligst einfach trainieren sollte, aber Squalo wusste gar nicht, wofür er trainieren sollte, wenn die Varia jetzt nicht mehr zu seinem Leben gehörte. Natürlich war Squalo gut und erfahren genug, um einfach so in die Mafia einzusteigen. Auftragskiller wurden immer gebraucht, und er war verdammt fähig, das wusste ganz Europa. Aber er war ein loyaler Bastard. Er arbeitete für die Varia, und nur für die Varia. Ohne seine Varia gab es auch keinen Superbia Squalo, Schwertkaiser. Deprimierend. In Squalos Hosentasche vibrierte sein Handy, und obwohl er keine Lust hatte, zog er es heraus und schielte aufs Display. Pferdefresse ruft an. War schon das vierte Mal heute, dass Dino versuchte, ihn zu erreichen. Squalo legte das Handy ins Gras und ließ es weitervibrieren. Nicht, dass Dino irgendwann auf der Matte stand und ihn fragte, wieso er ihn dauernd wegdrückte. So konnte er einfach behaupten, er habe zu tun gehabt, oder das Klingeln nicht gehört, oder sein Handy zerstört. Wieso er sein Handy überhaupt an hatte, wusste er gar nicht. Sein Unterbewusstsein hoffte auf einen Anruf von Xanxus, aber Squalo war eigentlich klar, dass der nie mehr kommen würde. Xanxus war sowieso nicht so der Typ fürs Telefonieren. Squalo schleuderte einen weiteren Stein, der eine Ente am Kopf traf. Das Tier kippte einfach seitlich um, ging für einen Moment im Teichwasser unter und kam dann schnatternd und strampelnd wieder an die Oberfläche. Sie schenkte Squalo ein äußerst wütendes Fauchen, der sie nur emotionslos betrachtete und einen weiteren Stein warf. Der wiederum landete neben der Ente im Wasser, aber das beruhigte sie auch nicht. Mit weiteren aggressiven Lauten kam sie auf ihn zugeflattert, Squalo erinnerte sich daran, dass die Biester verdammt scharfe Zähne hatten, streckte ein Bein aus und trat sie einfach weg. War ja keine Absicht gewesen, das mit dem Stein. Sollte sich das Vieh mal nicht so aufregen. Sein Handy vibrierte. Squalo seufzte. Während die benommene Ente sich wieder aufrappelte, stand auch er auf, ergriff das Scheißtelefon vom Boden und schob es zurück in seine Hosentasche. Er wandte sich vom Teich ab und betrachtete ratlos die Villa. Was zur Hölle sollte er jetzt machen? Squalo ging zurück ins Haus, streifte durch ein paar sinnlose Zimmer, die jetzt wenigstens hübsch eingerichtet waren, und überlegte, ob er sich vielleicht wieder einen Flügel zulegen sollte. Ähnlich wie bei der Sache mit den Pferden kam er zu keinem Schluss, weil er zu faul war, weiter darüber nachzudenken. Er stellte sich in die Eingangshalle und brüllte einmal durchs ganze Haus, nur so, um mal zu hören, wie das klang. Er ging in die Küche, schmierte sich einen Toast mit einer dicken Schicht Nutella und ließ sich fast zwanzig Minuten Zeit, ihn zu essen. Als es dunkel wurde, setzte er sich aufs Dach und musste dort feststellen, dass die Ziegel buchstäblich arschkalt waren. Also ging er wieder runter und stand zum hundertsten Mal in seinem Schlafzimmer, ohne zu wissen, was er machen sollte. Er war nicht müde, weil er ja den ganzen Tag über nichts getan hatte, was ihn hätte müde machen können. Schlafen fiel also flach. Und sonst…? Sein Handy vibrierte. Squalo verdrehte die Augen. Er zog es aus der Hosentasche und starrte aufs Display. Vielleicht hatte er ja gehofft, Narbengesicht riefe an. Fehlanzeige. Pferdefresse ruft an. Pferdefresse war ein ganz schön aufdringlicher Bastard. Leise atmete Squalo durch, dann trat er ans Fenster, hob das Handy ans Ohr und drückte auf den Knopf mit dem grünen Hörer. Er sagte nichts. »Squalo?« Am Telefon klang Dino immer noch wie ein Teenager. Squalo überlegte, ob er ihm das sagen sollte, entschied sich dann jedoch dafür, ihn lieber mit einem herzhaften »VOOOOOOOOI!« zu begrüßen. Dino schien davon nicht besonders begeistert. »Verdammt, Squalo! Ich versuche schon den ganzen Tag, dich anzurufen! Was zur Hölle treibst du?« Squalo sah aus dem Fenster und beobachtete, wie die Ente durch den Teich schwamm. »Nichts«, antwortete er wahrheitsgemäß. Am anderen Ende hörte er Dino schnauben. »Wo bist du? Ich hab mir Sorgen gemacht!« »Wieso? Ich bin … zu Hause. Schon die ganze Zeit. VOOOI! Wieso zum Teufel machst du dir Sorgen?« »Na, weil ich davon gehört hab«, sagte Dino, und Squalo war froh, dass er immer noch ziemlich angepisst klang, weil sein mitleidiger Unterton ihn sonst sehr aufgeregt hätte. »Und ich dich schon die ganze Zeit nicht erreichen konnte. Ich hab hier schon sonst was befürchtet.« Die Ente kletterte an Land und setzte sich hin. Squalo zog die Brauen hoch. »Zum Beispiel?« Für einen kurzen Moment war es still in der Leitung, dann hörte er Rascheln und Dino räusperte sich. »Na ja«, sagte er und verstummte wieder. »VOOOI! Bist du immer noch der Meinung, ich sei suizidgefährdet, Volltrottel?« »Du warst derjenige, der mir gesagt hat, ich hätte ihn nicht aus dem Haimagen holen sollen.« »Das hatte was mit Stolz zu tun und nicht mit Depressionen. Aber sowas verstehst du natürlich nicht.« »Squalo…« »Vooooi! Nur, weil der alte Sack meint, auf dicke Hose machen zu müssen, bevor er abdankt, werf ich mich doch von keiner Klippe!« »Schon gut.« Squalo glaubte, ein leichtes Lächeln in Dinos Stimme zu hören. Er wusste nicht, ob ihn das jetzt beruhigen oder noch mehr aufregen sollte. »Ich wollte einfach nur hören, wie es dir jetzt geht. Und… Na ja, und was du jetzt machst.« »Nichts«, wiederholte Squalo stumpf. »Wie, nichts? … Gar nichts?« »Vooi! Was soll ich denn schon machen?« »Weiß nicht«, sagte Dino und klang überrascht. »Du bist doch sonst immer voller Tatendrang. Keine Ideen für die neue Zukunft?« »Ich könnte dir den Kopf abreißen«, schlug Squalo vor. Dino gluckste. »Okay, okay«, sagte er. »Ich sehe, es könnte dir schlechter gehen. Also, du bist im alten Haus deiner Eltern?« »Ja.« »Macht es dir was aus, wenn ich die Tage vorbeikomm?« Misstrauisch beobachtete Squalo, wie die Ente ihren Kopf unter ihrem Flügel versenkte und einschlief. »Um was zu tun?« »Nichts Bestimmtes«, sagte Dino. »Einfach nur mal wieder vorbeisehen. Mich interessiert, wie die alte Villa mittlerweile aussieht.« »VOOOI!« Der Kerl regte ihn auf. »Rück raus mit der Sprache, Cavallone!« Er hörte Dino leise seufzen. »Squalo, ich weiß, du siehst das anders als ich, aber für mich sind wir Freunde. Ich will dich einfach mal wieder sehen und mich davon überzeugen, dass du in Ordnung bist. Gönnst du mir das?« Einige Sekunden lang starrte Squalo nur naserümpfend die Fensterscheibe an. Dann wandte er sich ab, trat gegen sein neues Bett, stellte fest, dass es zufriedenstellend solide war und zuckte die Achseln. »Von mir aus«, brummte er. »Komm irgendwann. Wahrscheinlich bin ich da.« »Danke«, sagte Dino geduldig. Und ohne noch irgendetwas zu sagen, legte Squalo auf. Er warf sein Handy aufs Bett und stampfte aus dem Zimmer. Und das war der Tag, an dem er begann, wahllos die Möbel im zweiten Wohnzimmer zu attackieren. Kapitel 6: Im Auge des Sturms, II. ---------------------------------- Belphegor hatte keine Ahnung, wo die anderen waren. Der Boss hatte natürlich kein Wort darüber verloren, Squalo auch nicht so wirklich. Belphegor konnte sich absolut nichts vorstellen, was die zwei ohne die Varia machen könnten. Der Boss selbst war wohl noch ein verdammt fähiger Mafioso, aber der war viel zu stolz, um ohne die Varia unter der Vongola zu arbeiten, und andere Familien fand er ja zu unwürdig. Wo auch immer er jedenfalls hingegangen war, Levi hatte ihn sicherlich verfolgt. Was Luss anging, so glaubte Bel, dass er gar nicht wissen wollte, wo der sich herumtrieb. Bestimmt war er auf irgendeinem Friedhof eingezogen und machte sich da jetzt schöne Nächte. Er wollte nicht zu genau darüber nachdenken. Mammon war in die Schweiz geflogen. Zu seinem Geld. Und angeblich winkten ihm da auch irgendwelche großen Geschäfte; zumindest hatte er das behauptet. Belphegor war sich nicht sicher, ob er ihm das glauben sollte, aber er tendierte zu Nein. War bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis der Idiot pleiteging und wieder bei der Mafia angekrochen kam, weil das einfach die beste Goldgrube für einen hinterhältigen kleinen Wichser wie ihn war. Tja, sie waren eben alle aufgeschmissen ohne die Varia. Zum Glück traf das auf Belphegor nicht zu. Er wusste immer irgendwas mit sich anzufangen. War ja nicht so, dass er vor der Varia kein Leben gehabt hätte oder so. Oder dass die Varia in seinem Kopf irgendeine wichtige Rolle gespielt hätte. Nein, so abhängig war er von diesem Verein nicht gewesen. So abhängig war er von gar niemandem. Er war genauso unabhängig wie es die Varia selbst gewesen war, und deshalb war alles in Ordnung und nach seinem kleinen Urlaub, den er sich hier in Kuba gönnte, würde alles weiterhin perfekt für ihn laufen. Belphegor lag schon seit Stunden wach in seinem Bett, fühlte sich nicht motiviert dazu, aufzustehen, und sah aus dem Fenster. Von hier aus konnte er sehen, wie die Sonne auf den Strand schien. Solchen Urlaub hatte er sich schon viel zu lang nicht mehr gegönnt. Und vielleicht würde er danach ja gleich hier bleiben. Kuba war in seinen Augen ziemlich beschissen organisiert, und trotzdem lebte es zu einem guten Teil vom Verbrechen. Da konnten sie so einen Experten wie ihn bestimmt gut gebrauchen. Gähnend drehte er sich wieder auf den Rücken, streckte sich und stellte fest, dass Rasiel auf seiner Kommode saß. Mit einem Ruck setzte Bel sich auf und starrte ihn an, und Rasiel legte den Kopf schief und starrte zurück. »Du bist tot«, sagte Bel laut. Rasiel lächelte bloß. Das war er. Er war eindeutig tot, da konnte er sich sicher sein. Er hatte den kleinen Schleimscheißer ja sogar begraben. Es bestand gar kein Zweifel. Er war tot, er konnte nicht hier sein, nach allen logischen Gesetzen der Natur konnte er nicht hier sein, was bedeutete, dass er nicht hier war, was bedeutete… Langsam und etwas zittrig atmete Belphegor aus. Okay. Das war ihm schon lang nicht mehr passiert. Während er die Psychen anderer Menschen mit großer Freude analysierte und auseinandernahm, hatte er sich von seiner eigenen stets ferngehalten. Ihm hatte das Wissen gereicht, dass er wahnsinnig war, und dass er wahnsinnig sein musste, um weiterhin so gut arbeiten zu können. Er musste nicht wissen, was genau nicht mit ihm stimmte. In einem Leben wie seinem war so etwas völlig zweitrangig. Das einzige jedoch, was er schon immer gewusst hatte, war, dass wohl irgendein seltsamer Fall von Schizophrenie bei ihm vorliegen musste. Belphegor hatte sich nie bewusst die Mühe gemacht, zu testen, ob die anderen Symptome ebenfalls auf ihn zutrafen, doch die Wahnvorstellungen wiesen definitiv auf diese Störung hin. Es waren optische Halluzinationen. Er sah Dinge, die nicht da waren – nun, meistens waren es Leute und nicht Dinge. Aber es war ewig her, dass ihm das zum letzten Mal passiert war. Kurz nachdem er Rasiel getötet und zur Varia gekommen war, hatten sie ihn noch heimgesucht, aber je besser es ihm dort gegangen war, desto seltener waren sie aufgetaucht und dann hatte er sie in den letzten Jahren gar nicht mehr gehabt. Und nun saß sein toter Bruder auf der Kommode in seinem Hotelzimmer, gegenüber dem Bett, und lächelte ihn spöttisch an. Das war kein besonders gutes Zeichen. Aber er wusste ja, dass er nur eine Halluzination war. Er war nicht echt, er konnte nichts tun und Bel musste nichts tun, weil der Idiot ja nicht mehr lebte. Von Rasiel musste er sich nicht beunruhigen lassen. Es war vielmehr seine Psyche, die ihn gerade zutiefst beunruhigte. Aber das würde schon wieder vorbeigehen. Hey, immerhin ging es ihm gut. Er hatte jetzt sozusagen lebenslangen Urlaub und war die nervigen Kollegen los. Er konnte sich gar nicht beschweren. Belphegor stand auf und kratzte sich durch die Boxershorts am Hintern. Nein, er würde sich jetzt nicht stören lassen. Von niemandem. Von gar nichts. Während er sich die Zähne putzte, lehnte er am Türrahmen des Badezimmers und beobachtete Rasiel dabei, wie er weiterhin auf der Kommode saß und ihn ebenfalls beobachtete. Auch während er sich anzog, ließ er ihn nicht aus den Augen. Irgendwann griff er nach der Fernbedienung, die gestern Nacht neben seinem Bett auf dem Boden gelandet war, und schmiss sie geradewegs in Rasiels Richtung. Belphegor sah, dass sein Bruder die Fernbedienung auffing, hörte aber, wie sie scheppernd auf der Oberfläche der Kommode aufkam, und grinste schief. Akustische Halluzinationen hatte er noch nie gehabt. Die Dinge, die er sah, waren ohne Ton. Sie konnten vielleicht seine Augen verarschen, aber nicht sein Gehör. Rasiel saß in Wahrheit nicht dort und hielt die Fernbedienung. Rasiel lag in Wahrheit irgendwo unter der Erde und vergammelte, und die Fernbedienung lag da auf der beschissenen Kommode. »Nicht mit mir, Wichser«, sagte Belphegor und wandte sich ab. »Nicht mit mir.« Er ging am Mittagsbüffet frühstücken – allein. Als er zurück in sein Zimmer kam, war Rasiel nicht mehr da. Na also. War sicher nur ein kurzer Rückfall gewesen, weil sein Hirn sich an den Urlaub gewöhnen musste, oder so. Als Belphegor sich von der Kommode wegdrehte, saß Mammon auf seinem Bett. Oh. Das war neu. Wenn er halluziniert hatte, dann eigentlich immer nur über Rasiel und hin und wieder über seine Eltern oder alte Angestellte. Aber nie über Kollegen oder irgendwen, den er nach dem Mord an seiner Familie kennengelernt hatte. Nie über Mammon. »Ich nehme mal nicht an, dass du von der Schweiz hierhergeflogen bist, um mit mir Badeurlaub zu machen«, sagte Bel prüfend. Mammon antwortete nicht. Na ja, hätte ja sein können. Etwas zögernd griff Belphegor hinter sich, tastend fanden seine Finger die Fernbedienung, die er nach dem Rasiel geworfen hatte, den es gar nicht gab, dann holte er aus und warf sie ein weiteres Mal – nach Mammon. Aus Mammons Kapuze kam eine seiner abartigen Tentakel und fing die Fernbedienung mitten in der Luft auf – während Belphegor genau hören konnte, wie sie in Wahrheit auf der Matratze landete. Eine Halluzination. Eine Illusion konnte es nicht sein. Dann hätte er die echte Fernbedienung nicht gehört – außerdem durchschaute er Mammons Illusionen für gewöhnlich von Anfang an. Das hier war keine. Das hier war eindeutig keine Illusion, sondern ein mieser Streich seines kaputten Gehirns. »Scheiße«, hörte Belphegor sich selbst sagen. Und er gab sich da absolut Recht. Das hier war tatsächlich ausgemachte Scheiße. Anstatt, wie geplant, sich am Strand die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen, verzog er sich in irgendwelche dreckigen Seitenstraßen und zerfleischte dort die nächstbesten Passanten. Dass Mammon die ganze Zeit dabei war, verdarb ihm gründlich die Laune. Kapitel 7: Alles auf Anfang, III. --------------------------------- Diegos Zimmer hatte sich verändert; es wirkte erwachsener. An den Wänden waren keine zerfetzten Poster und Filzstiftkritzeleien mehr, sondern dezente Tapeten, der versiffte Teppich war durch blitzblankes Parkett ersetzt worden, das kleine Bett war nun ein großes, schwarzes Doppelbett, der selbst gezimmerte Schreibtisch aus Sperrholz war zu einem gigantischen Monster aus mattschwarzem Metall mutiert, und der früher allgemein eher leere Raum war nun mit Bücherregalen gefüllt. In einer Ecke entdeckte Xanxus sogar einen verdammten Plattenspieler. Na ja, war sicherlich besser so. Schlimm genug, dass der Mann mit vierundzwanzig noch bei seiner Mutter lebte, da konnte wenigstens sein Zimmer so aussehen, als sei er halbwegs erwachsen. Diego saß auf seiner Bettkante, weil Xanxus es sich auf dem großen Bürostuhl aus Leder bequem gemacht hatte, der nun mitten im Zimmer stand. Und er hatte Diego gerade seine Frage beantwortet, woher die hässlichen Narben in seinem Gesicht kamen. Soweit er das sehen konnte, waren bei Diego keine neuen dazugekommen. Die zwei in seinem Gesicht waren schon da gewesen, als sie sich vor neun Jahren das letzte Mal gesehen hatten. Die große, X-förmige auf seiner rechten Wange stammte von Xanxus selbst, die hatte er ihm verpasst, als sie sich zum ersten Mal getroffen hatten und Diego seine Mutter beleidigt hatte. Die lange, die von seiner linken Wange bis zu seiner Kehle ging, kam von irgendeiner Messerstecherei, die Xanxus leider nicht miterlebt hatte. Als Diego die bekommen hatte, war Xanxus schon gut mit der Vongola beschäftigt gewesen, und damit, sich das eigene Leben zu ruinieren. Diego hatte zunächst mit Unglauben auf seine Geschichte reagiert und zwischendurch mehrmals gefragt, ob Xanxus ihn verarschte. Aber Xanxus verarschte ihn nicht, Xanxus verarschte Menschen generell eher selten, und damit hatte Diego sich irgendwann auch abgefunden. Und nun hatte er das Gefühl, dass es sogar ganz gut war, die Geschichte mal jemandem wie Diego erzählt zu haben. Diego kannte Xanxus, er hatte so ziemlich sein ganzes Leben mitbekommen, bis zur Cradle Affair eben. Und nun kannte er auch den Rest, und es schien sein Bild von Xanxus kein Bisschen zu verändern. »Tja, schöne Scheiße«, kommentierte er einfach nur, und Xanxus stimmte ihm gedanklich voll und ganz zu. »Jetzt frag ich mich nur noch, wieso er dich rausgeworfen hat, nachdem du aus deinem Eisklotz geschlüpft bist…« Xanxus zuckte die Achseln und lehnte sich in dem unverschämt bequemen Sessel zurück. »Da der alte Sack keine lebendigen Söhne mehr hat, musste ein anderer Decimo her«, sagte er tonlos. Er schielte kurz zu Diego, der nickte, und Xanxus sah an die Decke. »Hab versucht, ihn umzubringen.« Einen Augenblick lang war es still. Xanxus hatte wirklich wenig Lust, die ganze Japan-Geschichte auch noch hier auszubreiten, also ging er einfach mal davon aus, dass diese Information seinem alten Freund reichte, um zu verstehen, wieso die Kacke am Dampfen war. Aber statt des erhofften »Verstehe.« bekam Xanxus ein dumpfes Lachen zu hören. Stirnrunzelnd blickte er wieder zu Diego – der Mann sah seltsam aus, wenn er lachte. Dank der Narben im Gesicht konnte er die Mundwinkel nicht wirklich hochziehen, aber lachen musste er eben trotzdem. Freak. Diego gluckste nur noch kurz, und was er Xanxus dann schenkte, wäre ohne die Verletzungen auf den Wangen wohl ein Grinsen gewesen. »Und das hast du auch nicht gepackt?«, fragte er. Xanxus‘ Blick verdunkelte sich. »Nein«, antwortete er, nun mit unüberhörbarer Gefahr in der Stimme. »Der Hosenscheißer hat überlebt und wird demnächst als Boss eingeweiht. Und wegen der zweiten Revolte in acht Jahren wurden wir jetzt eben gefeuert… Aus Sicherheitsgründen.« »Verstehe«, meinte Diego endlich. Er wirkte immer noch so verdammt amüsiert, dass Xanxus ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen hätte. Wahrscheinlich hätte er das auch getan, wären sie nicht in diesem Haus. In Mama Rapinos Haus schlug man niemanden. Er hielt sich an Mamas Regeln. Xanxus seufzte hörbar. Er und Diego waren mal richtig gute Freunde gewesen; in einer Zeit, in der sie beide noch nicht ganz so emotional verkrüppelt gewesen waren wie heute. Sowas wie Freunde konnten sie jetzt wahrscheinlich gar nicht mehr haben, aber sympathisch war Diego ihm immer noch irgendwo. Er und seine Familie waren eben das einzig Gute, was es für ihn je in diesem Viertel gegeben hatte. Eines von vielen Dingen, die sich nie ändern würden, schätzte er. »Erklärst du mir jetzt im Gegenzug, was zur Hölle du genau arbeitest, dass du dir hier die Sonne aus dem Arsch scheinen lässt?« Diego zog die Augenbrauen hoch. »Ich handle«, sagte er schlicht. »Erinnerst du dich an die vielen leeren Garagen, hinten am Viertelende?« »Die, in denen Peppos Bande immer ihre Feinde hingerichtet hat?« »Genau die. Die gehören jetzt alle mir. Peppo hat sich vor gut sieben Jahren den goldenen Schuss gegeben, danach sind seine Hurensöhne fast alle abgehauen. Hab das Blut aus den Garagen geschrubbt und mich da breitgemacht. Die Leute bringen mir Zeug, das sie loswerden wollen. Meistens irgendwelche Beweisstücke oder geklaute Waffen. Ich horte sie und verkauf sie weiter… Meistens von Mafiosi an Mafiosi, oder Leute, die es werden wollen. Gibt einen Haufen Kohle, wie du siehst.« Xanxus schwieg einen Moment und dachte darüber nach. Diego wirkte zufrieden. Das war irritierend. »Du handelst mit Müll?«, hakte er nach. »So ziemlich«, sagte Diego unverblümt. »Würdest dich wundern, was die Leute alles kaufen wollen… Und es ist eine Marktlücke. Ich bin so ziemlich der einzige Idiot, der das macht. Ich mische mich kaum in den Waffenhandel ein und lass die Finger von Drogen und Menschen. Macht mir mit niemandem Stress, die Bullen halten sich nach wie vor von hier fern. Die letzten paar Jahre hat es hervorragend geklappt.« »Hmh«, machte Xanxus nur. Diego war immer ein Loser gewesen. So wie jeder hier. Er hatte eine große Klappe gehabt, aber das war alles gewesen. Ein Junge, der am Rockzipfel seiner Mutter hing, traumatisiert und sozial völlig unfähig war und sogar in den meisten Prügeleien den Kürzeren zog. Er hatte das Leben hier gehasst, immer. Xanxus war sich sicher gewesen, dass er nie eine Perspektive bekommen und sich einfach umbringen würde, sobald seine Mutter gestorben war. Es war verdammt ungewohnt, ihn so zu sehen. Dummerweise klang seine Geschichte relativ glaubwürdig, und dieses Haus war wohl das beste Beweisstück. Also musste Xanxus ihm wohl oder übel glauben, und vielleicht konnte er ihm dieses Glück ja sogar irgendwann gönnen… Vielleicht. Wahrscheinlich eher nicht. »Was ist aus Tessa geworden?«, fragte Xanxus schließlich. Früher oder später fragte er immer nach Tessa. Diego gluckste erneut. »Ein pubertäres Gör«, sagte er. Xanxus rechnete nach, sie musste jetzt vierzehn oder fünfzehn sein, und Diego schielte zur Wanduhr. »Sie wird bald wiederkommen. Nach der Schule geht sie immer erstmal mit Käpt’n Gassi.« Käpt’n war Diegos einäugiger Schäferhund. Xanxus war zuerst überrascht, dass der Köter noch lebte, aber dann zog etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich. »Sie geht zur Schule?«, fragte er ungläubig. Soweit er wusste, war Diego nie zur Schule gegangen. Auch Xanxus hatte seine ersten Erfahrungen damit erst gemacht, als die Vongola ihm Privatlehrer angedreht hatte, die er allesamt furchtbar gefoltert hatte. Hier im Viertel gab es gar keine Schule. »Ja, ich hab sie auf eine Schule in der Stadt geschickt«, sagte Diego mit einem ernsten Nicken. »Sie soll es später einfacher haben als ich. Und sie schlägt sich sogar ganz gut.« »Wow«, sagte Xanxus sarkastisch. Hatte er sich schon gedacht, dass aus Tessa ein schlaues Mädchen werden würde. Sie kam nach ihrer Mutter. »Vielleicht kann sie dir dann ja auch irgendwann Lesen und Schreiben beibringen.« »Ach, halt’s Maul«, sagte Diego ohne einen Anflug von Aggression. »Ich kann’s mittlerweile… Wie du siehst.« »Wie ich sehe? Die Bücher hier sind doch eindeutig bloß Heuchelei. Oder willst du damit angeben?« »Na ja, ich muss zugeben, dass ich mit meinen Büchern wohl nicht ganz so gut angeben kann wie du mit deiner Sammlung toter Vögel am Hals…« »Wie schlagfertig«, sagte Xanxus unbeeindruckt. »Ja…«, machte Diego langsam, dann ließ er sich rücklings auf sein Bett sinken. »Wo wohnst du jetzt eigentlich? Ich hoffe, du bist nicht hergekommen, um nach Asyl zu fragen.« »Nein, ich bin wegen der Pizza hergekommen«, antwortete Xanxus. »Wahrscheinlich sollte ich etwas anderes sagen, aber irgendwie hast du dich nicht verändert. Bis auf diese Kotspur in deinem Gesicht.« »Noch ein paar Witze über meine Narben und du hast bald noch weniger Augen als Käpt’n.« Xanxus sah aus dem Fenster. »Erinnerst du dich an die Villa, in der wir uns früher alle getroffen haben?« »Ja. Aber damit haben wir bald wieder aufgehört, weil sie schon damals total verfallen war. Erzähl mir nicht…« »Ich renovier sie.« »Weil du als gelernter Auftragsmörder so ein hervorragender Innenarchitekt bist?« »Weil ich sonst nichts zu tun habe.« »Achso.« Sie verbrachten noch einige Minuten damit, sich gegenseitig anzupöbeln, bis von unten das Geräusch der sich öffnenden und wieder schließenden Haustür ertönte. Sie hörten undeutlich Mamas Stimme, darauf folgten leise Schritte auf den Treppen und das Kratzen von Krallen auf dem Parkett. Als sich dann die Tür zu Diegos Zimmer öffnete, stürmte der große Schäferhund herein und wollte sich gerade auf sein Herrchen werfen, als ihm Xanxus auffiel. Sein einzelnes Auge blinzelte ihn einige Momente lang treudoof an, dann tapste er auf ihn zu, beschnupperte seine Beine und begann dann ohne Umschweife, seine Hände abzulecken. »Äh… Hallo.« Xanxus versuchte noch, seine Hände in Käpt’ns Fell abzuwischen und gleichzeitig seinen Kopf aus seiner Schrittregion zu drücken, als er den Blick hob und die Person entdeckte, zu der die etwas schüchterne Stimme gerade gehört hatte. Tessa war bildhübsch. Ihre früher glatten Haare fielen ihr in Wellen über die Schultern, die großen braunen Augen betrachteten ihn aufmerksam und während andere Teenager mit pickeligen Nasen und Stirnen zu kämpfen hatten, war das einzige Anzeichen ihrer Pubertät die Tatsache, dass sie begann, wie eine Frau auszusehen. Wie eine verdammt schöne Frau. Sie und Diego waren sich ja nie besonders ähnlich gewesen… »Hey, Tessa. Erinnerst du dich an Xanxus?«, fragte Diego, der seinen Hund nun mit einem Schmunzeln zu sich dirigierte und ihm mit seinen großen Händen das Fell durcheinanderbrachte. Tessas Augen verengten sich ein wenig, der Name zumindest schien ihr etwas zu sagen, und sie wandte ihren Blick nicht von Xanxus ab. »Du hast von ihm erzählt«, sagte sie langsam. »Nur Schlechtes, schätze ich«, sagte Xanxus. Tessa grinste. »Nicht direkt«, meinte sie. Diego räusperte sich und machte wegwerfende Handbewegungen. »Du hast ihn das letzte Mal gesehen, als du fünf warst«, sagte er, ein kleines bisschen lauter als nötig. »Da hatte er bloß die Narben noch nicht… Und das komische Zeug in seinem Nacken.« Tessa kratzte sich zwischen ihren dicken Locken am Kopf und zuckte mit den Schultern. Ihre anfängliche Schüchternheit schien ziemlich schnell verflogen zu sein, seitdem sie wusste, dass sie es mit einem alten Freund ihres Bruders zu tun hatte. »Kann sein«, sagte sie. »Ich soll nachfragen, ob ihr noch Pizza wollt… Und ob wir ein zusätzliches Bett aufbauen sollen.« »Nicht nötig«, sagte Xanxus und erhob sich langsam. »Pizza hatte ich wirklich genug… Und wahrscheinlich sollte ich sowieso langsam zurück ins Hotel.« »Xanxus, du hättest dich schon vor Ewigkeiten verpissen sollen«, sagte Diego und stand ebenfalls auf. »Ich bring dich zur Tür…« Der hochgewachsene Diego stand zwischen den beiden Damen in der Tür und sah dabei zu, wie Xanxus‘ schwarze Rückseite um die Ecke verschwand. »Schade, dass er so schnell gehen musste«, sagte Tessa. »Er sieht gut aus.« »Er ist viel zu alt für dich«, sagte Diego prompt. »Und noch dazu ein Arschloch.« »Du doch auch«, sagte Tessa. »Kinder…«, mahnte Mama und schloss langsam die Tür. Sie blickte hoch zu Diego und lächelte. »Er wird jetzt doch wieder öfter vorbeikommen, oder?« »Das wird er wohl«, sagte Diego und schielte glucksend zu seiner Schwester. »Kannst dich also sicherlich noch an ihm sattsehen. Der wird hier jetzt ständig reinplatzen… Wie es aussieht, schmeißen wir die Geschäfte in diesem Loch hier jetzt zu zweit.« Kapitel 8: Arbeitsloser Mafioso, III. ------------------------------------- »Der Garten ist mittlerweile ganz schön verwildert.« »Mhm.« »Hast du vor, nochmal Gärtner einzustellen?« »Keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht. Würde sie nur umbringen.« »Das wäre schade, ja.« »Es wäre unnötiger Ärger.« »Das auch… Ihr hattet hier früher Pferde, oder?« »Drei. Ja.« »Und waren in dem Teich da hinten nicht immer so viele Enten?« »Horden…« Dino gluckste. »Ich bin ja schon still«, sagte er, wofür Squalo nur ein ungläubiges Schnauben übrig hatte. Berechtigt. Dino merkte, dass er Squalo auf die Nerven ging, und dass Squalo eindeutig nicht über die alten Zeiten dieses Anwesens sprechen wollte, aber das alles hier war so interessant. Dino war seit Ewigkeiten nicht mehr hier gewesen, und allein der Garten hatte ihn schon beeindruckt. Er war gespannt darauf, was Squalo aus dem Innenleben gemacht hatte. Das würde er sich aber wohl für nach dem Essen aufsparen müssen. Wenn er Squalo jetzt auch noch darum anbettelte, ihn durchs Haus zu führen und ihm alles, was er neu hatte machen lassen, zu erklären, würde der ihm wahrscheinlich an die Gurgel springen. Also folgte er ihm einfach still ins Wohnzimmer, bewunderte den schönen, großen und bereits gedeckten Tisch, bevor er sich hinsetzte. »Was gibt’s denn?«, fragte er, als Squalo eher lieblos eine Platte mit duftend zubereitetem Fleisch neben die Salatschüssel stellte und sich ebenfalls setzte. »Ente.« Für einen Augenblick hielt Dino inne, um Squalo misstrauisch zu betrachten. Aber der war schon damit beschäftigt, seinen Teller zu füllen, und würde sicherlich nicht auf die Frage antworten wollen, ob das heutige Mittagessen mit dem Verschwinden der Enten im Teich zusammenhing. »Hast du vor, dir wieder Pferde zu holen?«, fragte Dino also, um sich selbst ein bisschen von dem etwas unheimlichen Enten-Thema abzulenken. Squalo rümpfte die Nase. »Eins in meinem Wohnzimmer reicht mir schon…«, brummte er und schob sich eine Gabel voll Salat in den Mund, bevor er den Kopf schüttelte. »Keine Lust mehr auf Reiten«, sagte er mit vollem Mund. »Hm…«, machte Dino und lächelte, leicht gequält, während er sich ebenfalls etwas auf den Teller lud. Squalo besaß die Höflichkeit ja nicht, aber daran hatte er sich schon lang gewöhnt. »Du wirkst, als hättest du auf vieles keine Lust mehr.« »Bravo, Sherlock.« Dino wollte seufzen, aß aber stattdessen ein Stück Ente und war plötzlich damit beschäftigt, in völliger Bewunderung erst seinen Teller, dann Squalo anzublicken. »Squalo – hast du das selbst gekocht?« Mit einem Ausdruck großer Irritation sah Squalo von seinem Teller auf. »Vooi! Natürlich!« »Das schmeckt unglaublich! Wo hast du das gelernt? … Nicht von Lussuria, oder?« »Als ob ich mir von der Schwuchtel irgendwas beibringen lassen würde!« Squalo wirkte ausgesprochen angegriffen. Er schnaubte. »Hab das damals von den Angestellten hier gelernt.« »Wirklich?« Der Blick aus Squalos Augen sagte ihm, dass er darauf besser keine Antwort erwarten sollte. »Tja, das … ist beeindruckend.« Squalo zuckte die Achseln. Die Zeiten, in denen er jetzt ›Voooi! Ich bin beeindruckend!‹ geantwortet und schief gegrinst hätte, waren scheinbar vorbei. Das war schade. Er wirkte erwachsener, aber auch so viel bitterer. Das begeisterte Lächeln war wieder aus Dinos Gesicht gewichen. Einige Sekunden lang aßen sie in Schweigen, dann schielte er vorsichtig wieder in seine Richtung. »Ist es nicht…«, begann er, hielt inne und wandte den Blick kurz ab. »Ist es nicht seltsam, wieder hier zu leben? Ich meine … ohne deine Eltern und alle anderen von früher…?« Squalo legte sein Besteck hin und Dino hatte schon Angst, dass er zu viel gefragt hatte. Aber er stand nicht auf oder beleidigte ihn. Noch kauend lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und drehte den Kopf zur Seite, scheinbar um aus dem Fenster zu sehen. Dann verzog er die Mundwinkel und blickte zurück zu Dino. »Irgendwie nicht«, antwortete er tonlos. Dino blinzelte etwas überrascht, und Squalo zog fragend die Brauen hoch. »Oh, na ja, ich dachte nur…«, fing Dino an und zuckte fahrig mit den Schultern. »Ich musste nur an Catalena denken, die… die nach dem Tod der anderen das alte Anwesen komplett hat niederbrennen lassen und in ein anderes gezogen ist…« Squalo wandte sich wieder seinem Teller zu und rammte seine Gabel in die tote Ente. »Hab davon gehört.« »Danach ist dir nicht, hm?« »Nein. Vooi! Das hier ist nur ein Haus. Mehr nicht. Hab keinen Grund, es niederzubrennen oder sonst irgendwelche symbolische Scheiße zu machen.« »Versteh schon…« Squalo trank einen großen Schluck Wasser und wandte seinen Blick wieder dem Fenster zu. »Habt ihr noch Kontakt?«, fragte er. »Cat und du?« »Äh, ja«, antwortete Dino und nickte. »Oft. Ihre Familie hat sich mit meiner verbündet.« »Mh«, machte Squalo nur. Und Dino registrierte, dass er ein heikles Thema angeschnitten hatte. Erneut ließ er einige Augenblicke in Stille vergehen, tröstete sich mit dem furchtbar köstlichen Fleisch und räusperte sich schließlich. »Spielst du noch Klavier?«, fragte er, bei dem Versuch, so unbeschwert wie möglich zu klingen. »Hatte in den letzten Jahren nicht wirklich die Gelegenheit dazu«, sagte Squalo und sah endlich wieder vom Fenster weg und zu Dino. »Der Flügel ist auch nicht mehr hier.« »Könntest dir ja einen neuen anschaffen«, schlug Dino vor. Die Finger seiner künstlichen linken Hand bewegten sich, als würden sie von allein die Idee abwägen, und Squalo betrachtete sie nachdenklich. »Ich hab darüber nachgedacht«, gab er zu. »Und?« »Mal sehen. Kann schon gut sein.« Dino grinste. »Mach’s doch einfach«, sagte er. »Den Platz hast du ja.« »Schon«, sagte Squalo. »Ich hab aber auch die Laune, ihn gleich am ersten Tag wieder zu zerstören.« Das schien Dino zu amüsieren – oder er war einfach froh, dass die Stimmung sich wieder etwas gelockert hatte. Er und Squalo schafften es tatsächlich, das restliche Essen mit einem ganz normalen, zivilisierten Gespräch zu verbringen, und sogar beide hin und wieder zu lachen. Obwohl die Frage auf seiner Zunge brannte, erkundigte Dino sich nicht nach den anderen Varia-Mitgliedern oder sonst irgendetwas, was mit der Vongola zu tun haben könnte, und das schien eine gute Taktik zu sein, denn gegen Nachmittag, als der Tisch bereits abgeräumt war und Dino den beeindruckenden Rest des Anwesens bewundert hatte, schien Squalo tatsächlich so etwas wie gute Laune zu haben. Sie schlenderten schweigend bis zum Rand des Grundstückes, Dino warf sich seine Jacke über und schielte auf sein Handy. »Okay, mein Fahrer steht schon eine Ecke weiter«, sagte er und sah lächelnd wieder auf. »Danke für das Mittagessen, Squalo, es war –« Squalo gluckste. »Du kannst immer noch nicht selbst Autofahren?« »Doch…« Dinos Ohren wurden rot. »Also, na ja. Ich hab einen Führerschein. Aber wenn ich selbst fahre, muss trotzdem einer meiner Leute nebendran sitzen, weil ich sonst… Na ja – du weißt schon.« »Voooi!« Er lachte, und obwohl Dino wusste, dass er sich damit nur über ihn lustig machte, erleichterte ihn diese Tatsache etwas. »Ja, ich weiß schon.« »Jedenfalls – was ich sagen wollte – danke, dass ich kommen durfte. Es war sehr … beruhigend.« »Ja?« Squalo schob die Hände in die Hosentaschen. »Also hast du dich jetzt davon überzeugt, dass ich mich nicht umbringen will?« Mit einem ertappten Grinsen schielte Dino zur Seite. »Ja… Hab ich. Nimm es mir nicht übel, Squalo.« Er gluckste. »Immerhin hab ich dir das Leben gerettet, da will ich doch nicht, dass du es gleich wieder wegwirfst.« Squalo verdrehte die Augen, grinste aber ebenfalls schief. »Du reitest immer noch darauf herum, dass du mich aus einem Haimagen gezogen hast?«, sagte er. »Vooi! Dann lass ich mich dich nur daran erinnern, dass du es auch warst, der mich gleich danach an einen Rollstuhl gefesselt und mir eine Knarre an den Kopf gehalten hat.« »Oh, das…« Dino zuckte die Achseln. »Ich musste meinen kleinen Bruder beschützen. Außerdem hätte ich meinen Leuten nie den Befehl gegeben, wirklich abzudrücken.« »Klar«, grinste Squalo und nickte die Straße runter. »Nie. Glaub ich dir aufs Wort, Bucking Horse, und jetzt verzieh dich zu deinem Fahrer, du Bonze.« Dino lachte, winkte und wandte sich ab. »Tschüß«, sagte er und schielte nochmal über die Schulter. »Meld dich, wenn du den Flügel gekauft hast!« »Natürlich…« Nur wenige Schritte noch sah Squalo ihm nach, dann wandte er sich ab und stapfte wieder durch das hohe, etwas feuchte Gras seines großen Gartens. Dino kommen zu lassen war eine schlechte Idee gewesen. Vielleicht wäre es in ein paar Tagen oder Wochen besser gewesen. Aber noch nicht jetzt. Mit den Armen fast bis zu den Ellenbogen in seinen Hosentaschen versenkt blieb er vor der alten Scheune stehen. Hinter ihm lag der Teich, der jetzt herrlich still war, ohne die nervige Ente. Und vor ihm… Ein leeres Holzhaus, noch immer voll mit Heu, stand da und starrte ihn an. Cat hatte ihr altes Anwesen verbrannt, nachdem man ihre Familie dort ermordet hatte. Squalo wiederum war nach dem Mord an seinen Eltern einfach da geblieben und hatte die Zeit mit den restlichen Angestellten verbracht, bis er Tyr getötet und die Varia übernommen hatte. Er hatte sich nicht groß Gedanken darum gemacht, dass er noch in diesem Haus lebte. Er hatte sich generell nicht groß Gedanken um irgendwas gemacht. Nur noch um den Kampf, das Schwert und die Varia. Rückblickend musste er feststellen, dass er wohl damals damit angefangen hatte, niemanden mehr an sich ranzulassen. Na ja, war in seiner Position wahrscheinlich besser so. Machte ja nichts. Und kurz danach hatte Cat ihm gesagt, dass er ein egozentrisches Arschloch war und es verdient hatte, einen Kampf, ein bisschen Stolz und »so einen beschissenen Freund wie Xanxus« zu verlieren, und er hatte sie seitdem nie mehr gesehen. Squalo betrat die Scheune und fragte sich, ob er die Pferde vermisste. Er wusste es nicht. Statt weiter darüber nachzudenken, ließ er sich in einen großen Haufen Heu fallen und blieb dort einfach für die nächsten Stunden liegen. Abends stand er auf, machte sich ein kleines Abendessen und legte sich ins Bett. Er konnte nicht einschlafen, schlurfte zurück in die Scheune und übernachtete im Heu. Den ganzen folgenden Tag über betrat er das Haus nur, um sich Kleinigkeiten zu Essen zu machen. Den Rest verbrachte er in der Scheune. Er trainierte dort wieder ein bisschen. Statt zu duschen fuhr er danach zum naheliegenden See und badete im eiskalten Wasser. Abends schlief er wieder im Heu. Am nächsten Tag hatte er keinen Hunger. Er stand erst nachmittags auf, um zum Friedhof zu fahren. Squalo stand gut eine Viertelstunde vor dem Friedhofstor, ohne einzutreten. Dann drehte er um und fuhr zurück. Dino hatte die Angewohnheit, Squalo nur durch Reden noch unzufriedener zu machen als er ohnehin schon war. Kapitel 9: Im Auge des Sturms, III. ----------------------------------- In den folgenden Wochen war Belphegor fast nie allein. Irgendjemand hielt es immer für nötig, ihn zu begleiten, und sie wechselten sich immer ab. Als hätten die Arschlöcher sich hinter seinem Rücken einen Schichtplan überlegt, um ihm ständig auf den Fersen zu sein, und um alles zu beobachten, was er tat. Aber an sich tat Belphegor nicht besonders viel. Er ging oft schwimmen oder tauchen, verbrachte viel Zeit damit Tiere im Wasser zu studieren. Im Wasser zu bleiben tat gut. Die Halluzinationen blieben zwar bei ihm, aber sie zogen sich nicht um und waren nicht besonders beweglich, zumindest an guten Tagen. An schlechten Tagen gingen sie manchmal tatsächlich mit ihm schwimmen, aber normalerweise konnte er unter Wasser herumhängen und sah im Augenwinkel komplett angezogene Vollpfosten um ihn herumschweben, das war nicht besonders eindrucksvoll. Er aß viel, weil das seine Hände beschäftigt hielt, und weil das Essen gut war. Nicht, dass er besonders hohe Ansprüche an Essen hatte. Als Kind war er nur das Beste gewöhnt gewesen, aber das hatte Fast-Food-Müll in seinen Augen nur noch verlockender gemacht, und nun aß er praktisch so gut wie alles. Und wenn seine Laune drohte, abzustürzen, brachte er jemanden um. Kleine Fische, unbedeutende Menschen. Randfiguren im großen Spiel der Welt. Vermutlich hatte keiner von ihnen den Tod verdient, aber die Welt war nicht fair und man bekam nicht immer was man verdiente. Er hinterließ keine Spuren, nie. Früher hatte er hin und wieder eines seiner Wurfmesser da gelassen, oder ein Stück Draht, oder sogar ein ganzes Varia-Wappen, einfach um Leute wissen zu lassen, dass sie sich mit den falschen angelegt hatten. Signaturen waren wichtig gewesen in einem Verein wie der Varia. Jetzt waren Signaturen nicht mehr wichtig. Bisher wusste niemand, dass Prince the Ripper in Kuba war und sich hier die Sonne aus dem Arsch scheinen ließ, und wenn es nach Bel ging, konnte das auch so bleiben. Er vermisste es zwar ein bisschen, dass Leute ihn erkannten und vor ihm kuschten wenn er sie nur angrinste, aber sich hier zu erkennen zu geben wäre zu gefährlich. Viel zu viel Stress und Aufwand, den er allein nicht auf sich nehmen wollte. Und das war er ja jetzt. Allein. Abgesehen von Rasiel natürlich. Manchmal Mammon, immer noch. Manchmal auch seine Eltern, und Mitarbeiter im Schloss, an die er sich noch erinnerte. Sie alle waren tot und hielten es trotzdem für nötig, ihn hier zu belästigen, ihn zu beobachten bei allem was er tat. Rasiel lachte ihn meistens aus, still, tonlos, weil sie keine Stimmen hatten, aber Mammon und seine Eltern waren schlimmer. Mammon und seine Eltern sahen enttäuscht aus. Hin und wieder zog er in Erwägung, sich unters Volk zu mischen. Unters Unterwelt-Volk. Sich einen neuen Namen machen, irgendeinen, nur nicht Prince the Ripper. Er war ein guter Auftragsmörder, schon immer gewesen, und Menschen wie er wurden immer gebraucht. Aber es fühlte sich nicht richtig an. Noch nicht, dachte er, vielleicht. Früher oder später musste er wieder irgendwo anfangen. Unglücklicherweise hatte er nicht unendlich Geld; die Varia hatte ihn sehr gut bezahlt, aber Belphegor gab gern viel aus und irgendwann würde er an die Grenzen seines Budgets stoßen. Aber im Moment war die Zeit noch nicht gekommen. Die Unterwelt feierte den Weggang der Varia. Das wusste er. Manchmal fragte er sich, ob auch Squalo und Xanxus davon gehört hatten, und wie viele Menschen deshalb starben. Mit ihnen waren viele gefährliche Mafiosi aus dem Weg geräumt, und die Vongola wirkte geschwächt. Ob letzteres stimmte, wusste Belphegor nicht, und es war ihm auch fürchterlich egal. Die Vongola hatte ihn nie groß interessiert. Sie hätte ihn interessiert, hätten sie die Ringkämpfe gewonnen, aber so war alles beim Alten geblieben und die Varia war sein einziges Zuhause gewesen. Na ja. »Shit happens«, sagte Belphegor zu seinem Kissen. Überraschenderweise antwortete es nicht, aber Bel war zufrieden damit, dass auch sonst niemand im Raum seinen Senf dazugeben musste. Keine Halluzinationen, im Moment. Ein Augenblick der Ruhe. Sein Handy vibrierte. Bel hatte keinen Klingelton, weil ihn nie jemand anrief. Als er noch gearbeitet hatte, hatte es öfter mal Kurznachrichten gegeben, sonst kaum etwas. Der einzige, der ihn manchmal angerufen hatte, war Luss gewesen, und dann war er für gewöhnlich einfach nicht rangegangen. Irgendwann hatte er Lussurias Nummer einfach gelöscht. Er hatte keine Ahnung, wer ihn jetzt anrufen sollte, vielleicht war es einfach nur irgendeine Telefonrundfrage. Faul drehte er sich auf die andere Seite und fischte sein Handy zwischen den Laken hervor, um das Display zu checken. MAMA ruft an. Sollte das ein verdammter Scherz sein. Belphegor konnte sich nicht daran erinnern, jemals jemanden als „MAMA“ in seinem Handy gespeichert zu haben. Wen denn schon? Aber es musste eine eingespeicherte Nummer sein, sonst würde er den dämlichen Namen ja nicht sehen. Was zur Hölle. War das Teil der Halluzinationen? Hatte er nun Wahnvorstellungen darüber, dass seine Mutter ihn anrief? Er konnte das Scheißteil vibrieren hören, hieß das, seine Halluzinationen breiteten sich auch auf sein Gehör aus? Und viel wichtiger, sollte er rangehen? Während er noch überlegte und sein Handy mit einer Mischung aus Panik und Ärger anstarrte, hörte es auf zu vibrieren. Stattdessen bekam er eine SMS, weil ihm jemand auf die Mailbox gesprochen hatte. Was zur Hölle. Zugegeben hätte er es niemals, aber seine Hand zitterte ein wenig, als er seine Mailbox aufrief und sich das Handy ans Ohr hielt, halbherzig vorbereitet auf eine akustische Wahnvorstellung von seiner enttäuschten aber sehr toten Mutter. »Beeeeel-chaaaaan!« Oh. Das war nicht seine Mutter. Jedenfalls nicht seine leibliche. »Ich wollte nur hören, wie es dir mittlerweile geht! Wir haben schon so lang nicht mehr gequatscht! Na ja, ich versuch’s später nochm–« Bel schnitt der Nachricht das Wort ab und rief stattdessen die Nummer an, sein Gesichtsausdruck mittlerweile pures Missfallen. »Beeel–!« »Ich hatte deine Nummer gelöscht.« »Ja, das war furchtbar! Also hab ich sie wieder eingespeichert.« »Du hast dich selbst als „MAMA“ auf meinem Handy eingespeichert.« »Ja!« »Ohne dass ich’s bemerkt hab.« »Du wirst mir doch nicht böse sein, oder?« Manchmal fand Bel es schwer, sich daran zu erinnern, dass dieser Mann Menschen tötete und flachlegte. »Vergiss es. Was willst du?« »Oh, ich wollte nur hören, wie es dir so ergangen ist. Immerhin hab ich seit Wochen nichts mehr von dir gehört, was treibst du so?« Bel schwieg und sah aus dem Fenster. Wie war es ihm ergangen? Nicht so pralle, fand er. »Ich bin okay«, sagte er. »Bin nach Kuba geflogen und häng seitdem in ‘nem Hotel rum.« Irgendwie armselig, dachte er, dass er nach Wochen immer noch im Hotel lebte. Er könnte woanders hinfliegen, oder sich hier eine Wohnung besorgen. Aber irgendwie bekam er ja den Arsch nicht hoch. »Oooh, das klingt wunderbar«, meinte Lussuria. Pause. »Was machst du so?«, fragte Bel. Das mindeste, was er tun konnte, war vorzugeben, Lussurias Leben interessierte ihn, schätzte er. »Och, ich bin noch in Europa, ich nehm hier und da ein paar Aufträge an, um mich über Wasser zu halten. Ist ganz schön, ich hab Paris gesehen!« »Paris ist hässlich.« »Ja, ein bisschen.« Die Spur eines Lächelns huschte über Belphegors Gesicht, während er das Strandleben außerhalb seines Fensters betrachtete. »Ich hab überlegt, ob ich hier auch wieder ins Business einsteige«, sagte er langsam. »Aber ich bin mir nicht sicher. Fühlt sich komisch an.« Ohne die Varia. Ohne euch. Bel wollte niemanden enttäuschen, oder verraten, dachte er, eine Sekunde lang, bevor er den Kopf schüttelte. War ihm doch egal, wen er enttäuschte oder verriet. Die Varia hatte keinen besonderen Platz in seinem Gewissen oder gar Herzen, wenn dort irgendjemand mit seinem Handeln nicht einverstanden war, konnte es ihm gepflegt am Arsch vorbeigehen. Niemand in der ehemaligen Varia war wichtig genug, um seine Taten zu beeinflussen. So war das. »Ach, Schätzchen«, sagte Luss, »du solltest tun, was dich glücklich macht.« Und schon fühlte sich die Aussicht auf einen Job ein klein wenig unkomplizierter an. Neben dem Fenster schwebte ein verschwommener, unechter Mammon, aber er sah nicht mehr allzu enttäuscht aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)