Living Lies von Varlet ================================================================================ Kapitel 20: Der Spitzel ----------------------- Das Wiedersehen mit Shuichi Akai fühlte Vermouth ziemlich auf. Sie war überrascht ihn zu sehen, rechnete sie doch nicht damit, dass er die erste Person sei, der sie über den Weg lief. Natürlich wusste sie, dass irgendwann im Quartier auftauchte, aber James versicherte ihr immer wieder, dass er zu jenen Zeitpunkten nicht dort sei. Scheinbar waren die Annahmen falsch und nicht richtig begründet, denn er war vor Ort. Wieso musste er nur wieder auftauchen? Die letzte Zeit war sie gut alleine zurecht gekommen und wusste sich zu helfen, doch nur eine Begegnung mit ihm, warf sie gleich aus der Bahn. Shuichi Akai war Vergangenheit - das alles hier war Vergangenheit – und trotzdem fühlte es sich wieder so nah an. Chris schüttelte den Kopf. Sie durfte das Vergangene nicht so nah an sich heran lassen. Das hatte sie gelernt und wusste, wie schwer ein Leben in der Vergangenheit sein konnte. Akai war Vergangenheit, James war Vergangenheit, die Organisation war Vergangenheit. Trotzdem holte sie diese ein. Alte Bilder flackerten vor ihrem inneren Auge auf, die Bilder waren so real und wollten nicht verschwinden. „Verdammt“, zischte Vermouth, als sie mit ihrem Wagen anhielt. Sie legte ihren Kopf auf das Lenkrad und sah aus dem Fenster. „Warum musstest du mich nur anrufen“, entgegnete die Blonde leise. Sie schloss ihre Augen, öffnete diese aber in der nächsten Sekunde wieder, um nicht die vergangenen Bilder zu sehen. „Das darf doch nicht wahr sein.“ Sich wieder, in die richtige Lage begebend, richtete sich Chris auf. Erneut startete sie den Motor und fuhr zu ihrem Hotel, wo sie nächtigte. Täglich wechselte sie dieses, nur um unauffindbar zu bleiben. Doch jetzt wusste sie, dass es trotzdem Menschen gab, die in der Lage waren, sie zu finden. Es überraschte sie, dass Akai nicht einer der ersten war, der sie kontaktierte. Vermouth schüttelte den Kopf, sie parkte ihren Wagen und ging in die Richtung des Hotels, wo sie heute wohnte. Stunden später lief die Schauspielerin aus dem Hotelzimmer heraus. Sie war gänzlich anders gekleidet. Ein Bart zierte ihr sonst so schmales Gesicht, sie hatte markante Wangenknochen und eine haarige Mähne am Kopf. Mal wieder schlüpfte sie in eine Rolle, eine die sie diesmal ins Verderben führen konnte. Aber es musste sein. Chris begriff schnell, welche Bedrohung diesmal von der Organisation ausging und das sie handeln mussten. Die Schauspielerin war bewusst, dass es nicht einfach war, in das Gebäude hineinzukommen. Die Organisation hatte genügend Mittel und Wege Eindringlinge zu bekämpfen und loszuwerden. Wartend, aber auch versteckend, blickte sie immer wieder zu dem Gebäude. Erst als ihr ein bekanntes Gesicht vor die Linse huschte, kam sie heraus. Vermouth beschleunigte ihren Schritt um das Organisationsmitglied zufällig zu treffen. Sobald Madeira an der Eingangstür stand, kam auch Vermouth dazu. „Morgen“, grüßte sie die Frau. „Morgen, Rum. Ist dein Auftrag schon vorbei?“, wollte Madeira wissen. „Wie mans nimmt. Ich muss oben nur was nachsehen, danach bin ich wieder weg“, erläuterte sie mit einer Männerstimme. Wenn jemand einen anderen sehr gut nachahmen konnte und sämtliche Charakterzüge der Person darstellte, dann war es nur Chris. Sie war die Beste in diesem Gebiet. Es fiel ihr nicht schwer sich in die Menschen hinein zu versetzen. Sie wusste, was zu tun war. Und für diese Rolle brauchte sie nicht einmal Übung. Ihr war bewusst, dass sich Rum, welchen sie gerade kopierte, bei einer Mission außerhalb befand, weswegen es ein leichtes werden würde, an die nötigen Informationen zu kommen. Auch die Sprache und die Haltung beherrschte sie einwandfrei. „Dann pass auf, dass du nicht versagst. Der Boss ist sauer.“ „Was ist passiert?“, kam es von der Schauspielerin. „Absinth hat seinen Auftrag endlich erfüllt und musste sich für den Showdown mit Gin und Wodka zusammen tun. Jetzt hat doch tatsächlich dieser dämliche Forscher das Programm mit zwei Passwörtern gesichert und wir kommen nicht an das zweite, weil die anderen bei einer wichtigeren Mission sitzen“, erzählte sie knurrend. „Dann waren sie sich alle sicher, dass die Tochter des Forschers das Passwort kennt und Gin wollte sich darum kümmern. Aber du weißt ja, wie Gin ist, er erledigt seine Aufträge mit Bravour und knallt jeden ab. Doch diesmal kam ihm dieser Akai in die Quere und brachte das Mädchen in Sicherheit. Der Boss ist sauer, weil sich das alles solange hinzieht. Und dann können wir diese Verräter Kir und Vermouth nicht finden“, erläuterte Madeira wütend. Sie war, wenn sie jemanden hatte, dem sie vertraute, eine richtige Klatschtante. Ein Grund mehr, warum sich Vermouth dafür entschied die Rolle von Rum einzunehmen. „Tz. Gin, ich frag mich, wie der sich so hocharbeiten konnte.“ „Nicht nur du. Auch Absinth stellt Gin In Frage. Bisher hat jeder Verräter mit ihm zusammen gearbeitet. Das fällt langsam auf“, nickte die junge Frau. „Schauen wir mal, wann Gin degradiert wird“, grinste Vermouth darauf. Das Gespräch verhalf ihr unauffällig in das Gebäude hinein zu kommen. Wie immer nutzte Madeira ihre Kennung um die Türen zu öffnen. Nach einer kurzen Verabschiedung fuhr Vermouth alleine im Fahrstuhl nach oben. Als sie ankam, pirschte sie sich langsam zu den Büroräumen und öffnete die Tür langsam. Als sie bemerkte, dass keiner im Raum war, wandte sie sich an einen der Computer. Wie immer war die Organisation gut ausgerüstet und brachte jede Information an einen Computer an. Sie grinste leicht. Es war immer noch die gleiche Taktik, als hätten sie nichts dazu gelernt. Auf der anderen Seite aber war es auch etwas, womit keiner rechnete. Die normale Reaktion auf Verräter war, dass man Passwörter und alle Systeme wieder veränderte, nur damit diese nicht an die Daten heran kamen, doch genau ein solches Handeln wurde erwartet. Aus dem Grund änderte die Organisation nichts. Nur die wenigen würden es mit den ‚alten‘ Passwörtern versuchen. Auf Vermouths Bildschirm öffnete sich das Programm mit der Zeitschaltuhr. Zuerst realisierte sie nicht, was es mit dieser auf sich hatte, als sie bemerkte, dass der Timer bereits nach unten lief. „Scheiße“, gab sie leise von sich. Die Uhr lief und lief. Ihr genauer stand war 02:13:57. Das ehemalige Organisationsmitglied schluckte. In knappen zwei Stunden würde irgendwas in die Luft fliegen und ihr dumpfes Gefühl sagte ihr, dass das FBI mit involviert war. Mit der Maus klickte sie mehrfach an der Uhr herum, versuchte den Timer zu stoppen – zwecklos. Nichts ging. Kein einziger Klick brachte einen Erfolg. „Was machst du hier?“ Vermouth schaute nach hinten. „Absinth“, fing sie an. „Was machst du hier?“, fragte er erneut. „Muss was nachsehen. Bin gleich wieder weg“, erklärte sie ihm und schloss das Programm. Sie stand auf und trat an ihm vorbei. „Warum glaub ich dir das nicht?“, wollte er wissen. „Ist nicht mein Problem“, kam die Antwort. „Du bleibst hier.“ Absinth hielt das andere, ältere Organisationsmitglied am Arm fest. „Lass mich los“, zischte Chris wütend. „Und wenn nicht, was tust du dann? Du kommst jetzt erstmals mit.“ „Das geht nicht. Ich habe einen Auftrag“, entgegnete sie. „Ach wirklich? Wie kannst du denn hier sein, wenn ich vor einer Stunde mit Rum telefoniert hab? Du bist also tatsächlich wieder hier her gekommen, Vermouth“, zischte Absinth. „Ihr werdet mit eurem Plan nicht durchkommen. Egal was ihr versuchen werdet, sie werden euch aufhalten“, warf die Schauspielerin ein. „Ach denkst du das wirklich? Das seh ich nicht so. Sie werden sich schon bald alle zusammen im Jenseits befinden“, grinste er. „Das werde ich zu verhindern wissen.“ „Und wie? Willst du mich verführen, damit ich dich dann laufen lasse? Vergiss es. Dein Spiel ist vorbei, Vermouth“, gab Absinth von sich. „Sag niemals nie“, knurrte die Frau. Durch ihre zahlreichen Rollen wusste sie sich zu verteidigen. Sie hob ihr Bein an und trat ihm dann voller Wucht in die Brust. Bei dem Sturz von Absinth nach hinten, reagierte sie schnell. Sie ließ sich auf ihn fallen und durchsuchte im Moment der Überraschung seine Jackentaschen. Als sie endlich das hatte, was sie brauchte, richtete sie seine Beretta auf ihn. „Sag leb wohl.“ Mit einem Schuss erledigte die Schauspielerin das Organisationsmitglied. Von dieser Entfernung war alles andere auch nicht möglich. Mit einem Seufzen stieg sie von ihm herunter. Die Beretta legte sie ihm in die Hand als hätte er Selbstmord begangen. Während der Präparation entdeckte sie eine CD, die dem Opfer aus der Tasche fiel. Sie nahm sie an sich und steckte sie weg. Schnell wandte sich die verkleidete Frau von ihm ab und lief aus der Tür heraus. Auf die Beobachter achtete sie gar nicht mehr. Wieder in ihrem Wagen sitzend, zog Vermouth die Maske von Rum herunter. Ihre blonde Mähne entblößte sich und auch das weibliche Gesicht kam zum Vorschein. Sie atmete tief ein und griff nach ihrem Handy, welches sich in der Jackentasche befand. Schnell wählte sie eine, ihr sehr bekannte Nummer. „Was willst du?“, kam es von dem Angerufenen, als er endlich abnahm. „Die Organisation plant euch auszulöschen. Irgendwo ist eine Bombe“, erzählte sie. „In knapp zwei Stunden geht sie hoch.“ „Ich bin auf dem Weg.“ „Wohin?“, Vermouth war überrascht. „In der Nähe der Kudo-Villa gibt es einen Bombenalarm. Mit deiner Info bin ich mir sehr sicher, dass ich weiß, wo sich die Bombe befindet“, antwortete Akai. „Die Kudo-Villa? Aber…warum da…?“, nuschelte sie. „Ich habe sie als Köder ausgelegt…sie alle…“ „Du hast was? Bist du verrückt geworden? Was machst du, wenn die Bombe in die Luft fliegt?“, warf Vermouth ein. Sie schluckte. Ihr Cool Guy und Angel waren in Gefahr. „Komm ja nicht auf die Idee dich dort blicken zu lassen“, entgegnete Shu. Er hatte die Sache voll im Griff und nach eigener Aussage von Chris immerhin noch knappe zwei Stunden Zeit, um die Bombe zu finden. Ohne einen weiteren Kommentar legte Shuichi auf. „Jetzt hab ich euch“, grinste der FBI Agent. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)