Living Lies von Varlet ================================================================================ Kapitel 17: Die dritte Lüge --------------------------- Mit verschränkten Armen stand Shuichi Akai im Büro seines Vorgesetzten James Black. Er beäugte seinen Boss misstrauisch. Irgendwie glaubte Akai nicht daran, dass Vermouth wegen einem Fall hier war. Es passte nicht zu den ganzen Begebenheiten. Selbst wenn James ihre Hilfe bei einer Verkleidung brauchte, so konnte er sich auch anders an sie wenden und nicht hier auftauchen lassen. Der Agent nahm die Sache nicht so leicht auf die linke Schulter. „So? Sie brauchen Sie für einen Fall“, murmelte der FBI Agent. „Das sagte ich doch“, nickte James. Der alte Mann steckte ein Stück Papier in eine Akte und schloss diese wieder. „Dir ist trotzdem eine Laus über die Leber gelaufen. Wenn du darüber reden willst…“ „Ich war vorhin im Archiv“, Shuichi lehnte sich gegen die große braune Tür des Büros. Die verschränkten Arme wirkten leicht bedrohlich bei seiner momentanen Statur. „Wo liegt das Problem?“ „Ich habe die Akten gefunden, oder sagen wir mal, ich habe die Akten nicht gefunden“, entgegnete Akai. „Die jetzige Akte wurde als ‚aufgeklärt‘ betitelt. Ein Josh Welsh, der im Labor ebenfalls gestorben ist, existiert nicht und was ebenfalls interessant ist, es gab vor 19 Jahren einen weiteren Unfall im Labor. Dabei starben eine Frau und ein Kind. Das Mädchen, auf das ich aufpasste hat allerdings keine Geschwister. Und jetzt will ich wissen, warum Sie die Akte gefälscht haben.“ James runzelte die Stirn. Sein Vorhaben flog auf, er wurde erwischt und rechnete in diesem Fall nicht daran, dass Shuichi einen Blick auf die Akte und die alten Akten warf. Eigentlich hätte er Shuichi besser eingeschätzt, doch James wusste, dass der junge Agent die Büroarbeit immer auf Andere abwälzte. Aber jetzt agierte er anders als geplant. „Ich höre.“ „Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass die Organisation dahinter steckt“, fing James an. „Aus dem Grund hab ich die Akte gefälscht. Sollte die Organisation irgendwie an diese gelangen, würde sie nur sehen, dass wir alles abgehackt haben. Sie hätten damit aufgehört. Nur leider habe ich mich geirrt und sie haben trotzdem nach ihr gesucht.“ „Das ist alles?“, skeptisch blieb der Blick des FBI Agenten auf James gerichtet. Das war eine logische Erklärung, aber sie war doch nicht ganz schlüssig. Die Organisation war auch ohne Kenntnis der Akte auf der Suche nach dem Mädchen. „Ja, das ist alles“, nickte der Gefragte. „Ich lasse momentan nach diesem Josh Welsh suchen. Bisher haben wir ihn nicht finden können. Josh Welsh existiert nicht. Wir haben auch kein Überwachungsvideo finden können. Allerdings bekamen wir von der Personalabteilung der Firma seine Daten. Mit dem Bild versuchen wir ihn nun mittels Erkennungssoftware zu identifizieren“, erklärte James. „Momentan haben wir allerdings noch keine Hinweise über diesen Mann.“ „Die Akte über den Unfall vor 19 Jahren fehlt. Was ist damit?“ James zuckte mit den Schultern. „Die Datei hab ich noch nicht nach unten gebracht. Du wirst nicht viel in dieser finden. Ich hatte den gleichen Gedankengang wie du. Aber es schien, als wäre der Unfall von damals wirklich nur ein Unfall gewesen“, sprach James. „Ich verstehe. Aber Ihnen ist eine Sache nicht aufgefallen“, grinste der FBI Agent leicht. „Die wäre?“ „Bei dem Unfall starb die Tochter unseres Forschers…“ „Das ist mir aufgefallen“, nickte der Boss. „Und jetzt passt du auf die Schwester auf.“ „Falsch. Die angebliche Schwester weiß nicht, dass sie eine hat“, meinte Shu. „Vielleicht hat ihr Vater ihr nichts davon erzählt“, konterte James. „Es ist so lange her. Wie ich las, war das Mädchen damals erst drei Jahre alt.“ „Das passt aber trotzdem nicht zusammen. Als ich mit Joanna ein wenig redete...“, wenn er es mal tat und sie nicht gleich abwürgte. „…erzählte sie mir auch gleich von ihrer verstorbenen Mutter. Sie erwähnte keine Schwester. Das ist doch komisch. Mutter und Kind sterben am gleichen Tag und sie weiß nur vom Tod der Mutter.“ „Vielleicht wollte ihr Vater sie einfach nur schonen. Solche Väter gibt es schließlich auch“, meinte James darauf. Er drückte die Brille mit seinem Zeigefinger wieder zurück an die Nase und sah zu Akai. „Du solltest dir darüber nicht allzu viele Gedanken machen. Ich glaube, dass hat alles eine logische Erklärung, wir sehen sie nur in diesem Moment noch nicht“, entgegnete der Vorgesetzte. „Möglich und trotzdem hab ich da so ein Gefühl“, sprach Shuichi. „Du und deine Gefühle. Wenn du dem Gefühl nachgehen willst, tu das, aber vergiss deinen Auftrag nicht“, warf James ein. „Keine Sorge. Die Suche danach wird mich nicht davon abhalten, die Organisation auszulöschen.“ Nicht wirklich zufriedenstellend von dem Gesagten, verließ Shuichi Akai das Gebäude des FBIs. Der junge Mann zündete sich ein weiteres Mal eine Zigarette an. James wusste scheinbar auch nichts und trotzdem blieb der FBI Agent skeptisch. James schien sich gar nicht für den Fall zu interessieren und ignorierte das alles. Irgendwas musste es damit auf sich haben, das wusste er. Mit schnellen Schritten machte er sich auf den Weg zur Schule, wo Jodie arbeitete. Es war besser mit ihr darüber zu reden, ehe er irgendwas tat, was für keinen einen Vorteil brachte. Rauchend stand der Kurzhaarige am Schultor und blickte zu den Fenstern. Irgendwo war sie. Gerade als Akai in die Richtung gehen wollte, blieb Ran vor ihm stehen. „Herr Akai, Sie sind also auch wieder da“, lächelte das Mädchen. „Es ist schön, Sie hier wieder zu sehen. Wie geht es Ihnen denn?“, wollte sie von ihm wissen. Shuichi blickte einfach nur auf sie herab. Er schwieg. „Herr Akai?“, fing das Mädchen erneut an. „Was ist?“, antwortete er kühl. „Ist irgendwas passiert? Miss Jodie ist auch da und Shiho wurde auch hier her gebracht. Ich war gestern bei Shinichi, da saß sie auf dem Sofa und bat ihn, bei ihm zu wohnen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Sie hat mir doch damals gesagt, was sie für ihn fühlt“, murmelte Ran. „Aber wahrscheinlich muss ich mir keine Sorgen machen, hab ich Recht?“ „Was fragst du mich das? Frag deinen kleinen Freund“, entgegnete der FBI Agent. Solche Probleme musste man mal haben, aber es gab wichtigeres im Leben als das. „Aber…Herr Akai…?“, nur langsam blickte Ran dem Agenten hinterher, der einfach so an ihr vorbei lief. Sie seufzte und schaute dem Himmel entgegen. Schweigend lief Shuichi die Treppe nach oben. Die Schüler starrten ihn an und einige schluckten. Shuichi sah nun mal nicht allzu freundlich aus, vor allem dann nicht, wenn er sich schnell auf den Weg machte. Ohne sich auch nur Gedanken darüber zu machen, dass noch Schüler im Klassenzimmer waren, öffnete er die Tür und sah zu Jodie. „Wir müssen reden.“ „Eh?“, gab Jodie verdutzt von sich. Die Blonde packte ihre Tasche zusammen und ging dann zu Shu, der sie wieder zurück in den Klassenraum drückte. Er schloss die Tür und sah sie an. „Irgendwas stimmt nicht. Du musst von der Kleinen heraus finden, ob sie eine tote Schwester hat“, sprach der Agent. „Wie kommst du jetzt darauf?“, wollte Jodie wissen. „Mach es einfach. Alles Weitere erklär ich dir nachher. Ach noch was, wenn ihr nachher nach Hause fahrt, pack ihre Sachen zusammen, sie zieht in die Kudo-Villa.“ „Aber Shu…ich dachte sie sollte bei mir bleiben“, warf Jodie ein. „Das war der ursprüngliche Plan, aber jetzt ist es ein anderer. Tu was ich gesagt hab“, meinte Akai darauf nur. „Ist die Villa denn groß genug? Ich hab gehört, Shiho wohnt dort jetzt auch“, murmelte die Blonde. Der FBI Agent grinste und trat wieder zur Tür. „Nein, Shu, das ist nicht dein Ernst…“, sie schüttelte den Kopf. „Das kannst du nicht machen…du willst sie als Köder benutzen“, schluckte Jodie. Wieder grinste Shuichi nur. Er öffnete die Tür und trat heraus. Dabei blickte er noch einmal kurz zurück. „Tu was ich gesagt hab“, kam nur von ihm. Shuichi hatte viel zu tun an diesem Tag. Nachdem was er heute erlebte, war sich Shu sicher, dass irgendwo ein Geheimnis verborgen war, auch wenn es noch so klein war. Allein durch seine Spürnase hatte Shuichi keine andere Wahl, als sich um diesen Auftrag zu kümmern. Für seinen perfekten Plan musste er allerdings noch einiges erledigen. Jetzt ging es nur noch darum zu erfahren, was es mit Joannas Mutter auf sich hatte. Und Shu wusste genau wo er suchen musste. Es war ein Ort, den er nur sehr selten aufsuchte. Der Friedhof. Das letzte Mal war er hier, als er Akemis Grab zu ihrem Geburtstag besuchte und jetzt war er wieder hier. Sein Blick glitt zu dem kleinen Haus, wo der Friedhofswärter saß. Akai ging hin und suchte Minuten später das Grab von Taros Frau auf. „Mhmm“, gab er von sich. Das Grab war vollkommen normal. Nichts, das auffällig war oder auf die schwarze Organisation hinwies. Warum sollte es auch anders sein. Momentan waren sie alle normale Menschen, aber irgendwas lag in der Luft, er konnte die angespannte Stimmung förmlich spüren. Der Schwarzhaarige schaute zu dem Grab an der linken Seite und wurde hellhörig, als er die Aufschrift darauf las. „Chris Carlet“, murmelte er. Es war zusammenhangslos und doch bekam er das Gefühl, als hätte das Grab was mit der Sache zu tun. Vor allem, als er sich das Todesdatum ansah. Es war genau das gleiche, wie bei der Mutter. Und auch das Alter stimmte perfekt überein. Jetzt musste er nur den Zusammenhang verstehen. Aber am Grab würde es ihm nichts bringen. Shuichi seufzte lautlos auf, er drehte sich um und machte sich auf den Weg um sich vom Grab zu entfernen. Er blieb stehen. Ach Akemi, sagte sich der FBI Agent. Er schüttelte den Kopf und ging die Straße weiter entlang, bis er am Grabstein von Akemi stehen blieb. Da war er also nun. „Du bist also auch hier.“ Akai drehte sich um und blickte zu der Frau, die ihn ansprach. „Genau wie du“, entgegnete er. „Ich komm immer hier her, wenn ich da bin“, sprach Shiho. Ihre Angst Shuichi gegenüber legte sie in der letzten Zeit ab und trotzdem war da immer noch ein Hauch von Verzweiflung. „Wieso bist du wieder hier?“, wollte er wissen. „Frag das deinen Boss. Man schickte mich her, weil ich mir das Labor ansehen sollte“, zuckte sie mit den Schultern. Die ganze Zeit über ließ Shiho den Agenten nicht aus den Augen. „Flieg wieder nach Hause“, gab Akai knurrend von sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)