My Beloved Target von Night_Baroness (Gin&Rye-FBI VS. Black Organization) ================================================================================ Kapitel 33: Bangkok ------------------- Das Erste, was Gin von der riesigen Stadt wahrnahm, war die schwüle Hitze, die ihm entgegenschlug und beinahe eine betäubende Wirkung hatte. Das nächste, was sich vor ihm auftat war ein gehetztes, verschwitztes Knäul aus Menschen, Lärm und Fahrzeugen, die eine sonderbare Art geordnetes Chaos bildeten, wie es selbst ihn, der in Tokyo aufgewachsen war, beeindruckte. „Entzückend hier.“ Vermouth zog mit einer geübten Bewegung ihren rubinroten Lippenstift nach und gesellte sich zu ihm, dicht gefolgt von Sherry, die sich wachsam, aber dennoch verhalten, umsah. „Wie geht es jetzt weiter?“ Gin löste seinen Blick eilig von ihr – er hatte sie seinem Gefühl nach einen Moment zu lange angesehen – und winkte einem Taxifahrer, der sogleich geschäftig nach ihrem sporadischen Gepäck griff und es im Kofferraum seines Wagens zu verstauen begann. „Wir fahren erst einmal ins Hotel und planen von da aus das weitere Vorgehen. Priorität hat zunächst ihr Hauptquartier aufzuspüren.“ Das Tiger Palace war ganz und gar nicht das, was sich normale Menschen unter einem Palast vorstellten. Andere Länder, andere Sitten, dachte Gin grimmig, als er die morsche Holztür zu seinem Zimmer aufsperrte, in dem sich wenig später alle versammeln sollten. Wer zur Hölle war für die Buchung des Hotels verantwortlich gewesen? Wusste dieser jemand nicht, dass es so etwas wie Internetbewertungsseiten gab? Aber vermutlich gab es Wichtigeres, mit dem man sich jetzt befassen sollte. „Nun gut, das hier ist ein genauer Plan von Bangkoks Zentrum, mit dem wir uns zuerst befassen sollten. Alle Straßen, auch die kleinen Gassen, sind eingezeichnet, ebenso wie die wichtigsten Gebäude namentlich genannt sind.“ Vermouth hatte einen kleinen Laptop auf dem klapprigen Tisch aufgebaut, der so wurmzerfressen und morsch war, dass Gin nur darauf wartete, dass er jeden Augenblick in sich zusammenkrachen würde wie ein der Abrissbirne zum Opfer gefallenes Haus. Aber bislang hielt er sich gut. „Ich denke, wir sollten erst mal die größeren Wolkenkratzer observieren und nach Auffälligkeiten suchen. Gut möglich, dass sich ihr Hauptquartier in einem Kellerraum oder Dachgeschoss befindet.“ Sherry nickte. „Für ein Labor wäre vor allem ein Kellerraum vorteilhaft, da er trotz der Hitze leicht kühl zu halten wäre, was manche Stoffe dringend benötigen, ebenso wie die Wissenschaftler, die an ihnen arbeiten, um sich zu konzentrieren.“ Obwohl sie immer noch etwas wie eine verschreckte kleine Maus wirkte, die eben einer Katze entkommen war, sprach sie mit derselben selbstsicheren Kompetenz, die sie schon im Hauptquartier der Organisation an den Tag gelegt hatte. Das gefiel ihm. Er lächelte ihr zu, was sie veranlasste, hastig wegzublicken und steckte sich eine Zigarette an. Vermutlich war der Laden sogar mehr wert, wenn er abbrannte… „Dann ist der Plan folgendermaßen: Wir teilen uns auf und beobachten den ganzen Tag jeweils einen Block, wobei wir keine Wolkenkratzer auslassen, auch die nicht, die angeblich genau kategorisiert sind, weil Shopping Center, Büros oder Ähnliches in ihnen liegen. Auch wäre es vorteilhaft, die Dinger wenn möglich von Innen anzusehen, natürlich ohne aufzufallen. Aber ich gehe mal stark davon aus, dass Basilisk nicht damit rechnet, dass wir kommen.“ Vermouth seufzte, und nahm vorsorglich den Laptop vom Tisch, der bedrohlich knarzte. Behutsam legte sie es auf das Bett, dessen Tagesdecke auch schon bessere Tage gesehen hatte. „Dir ist aber klar, dass das ungefähr ewig dauern würde? Zeit, die uns leider nicht zur Verfügung steht, wenn sie Rye wirklich beseitigen wollen.“ Sherry schüttelte unvermittelt den Kopf. „Nein.“ Zwei überraschte Augenpaare sahen sie an. „Wenn sie das Mittel brauchen, dann brauchen sie ihn lebend. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie es nicht so einfach mit seinem Blut extrahieren können. Sie brauchen ihn wohl vorerst als Forschungsobjekt.“ Sie schluckte bei der Vorstellung, was sie mit Rye machen würden und der Schweiß, den die Hitze über ihr Gesicht jagte, mischte sich mit einer Spur kalten Angstschweißes. „So gewinnen wir höchstens etwas Zeit. Aber nicht genug. Wir wissen ja nicht einmal, ob das Hauptquartier wirklich in Downtown ist. Machen wir uns nichts vor, wenn ich nicht bald Calvados‘ Updates kriege, sind wir verloren. Wir können Rye unmöglich ohne irgendein Vorwissen über Basilisk retten.“ Auf einmal wanderte ihr Blick zu Gin. Ein neckischer Funke lag darin, etwas, was ihm ganz und gar nicht gefiel. „Warum willst du ihn überhaupt retten, Gin? Er ist ein N.O.C. oder nicht? Warum willst du ihn nicht in der Hölle schmoren sehen, so, wie er es verdient?“ Auf einmal war es beinahe unerträglich still im Raum. Sogar die Autos, die draußen vorbeifuhren, schienen verstummt zu sein. Gin glaubte selbst zu spüren, wie die Hitze sich langsam aber sicher in eisige Kälte verwandelte, etwas, das sicher nicht von der kaputten Klimaanlage herrührte, die seine Gedanken mit einem mürrischen Surren quittierte. „Ich tue es, weil der Boss es befohlen hat, ganz einfach.“ „Aber jetzt sind wir hier, in einer scheinbar aussichtslosen Situation. Warum erklärst du ihm das nicht einfach und wir geben auf? Du willst deinen Rye doch nicht etwa wirklich retten?“ Deinen Rye. Sie weiß es. Er hatte keine Ahnung, wie sie es geschafft hatte, aber irgendwie war es Vermouth gelungen herauszufinden, dass er ihn geküsst hatte. Oder hatte sie sie neulich beobachtet, kurz bevor Rye gegangen war? Hatte die Spannung zwischen ihnen gespürt? Aber eigentlich war das Woher auch egal. Sie wusste es und jetzt würde sie es gegen ihn verwenden. Er atmete scharf aus, wobei die Luft scharf wie ein Messer durch seine Zähne zischte. „Ich will Rache, das ist alles.“ Sie hob überrascht die Augenbrauen. „Ich will ihn wimmern und weinen sehen, wenn ich ihn aufschneide und dann will ich sein Blut in Strömen fließen sehen. Ich will an ihm ein Exempel statuieren und zeigen, dass niemand verdammt nochmal seine Spielchen mit der Organisation treiben kann!“ Er schlug mit voller Wucht auf den Tisch, was dessen Holz nun endgültig zum Zerbersten brachte und nur einen vermoderten Haufen knarzendes und bebendes Gerümpel zurückließ. „Wir brechen sofort auf.“ Gin lehnte sich seufzend an eine Häuserwand und betrachtete gelangweilt ein paar vorbeiziehende Touristen. Sein anfänglich wütender Elan, war schnell verflogen, nachdem er einige Stunden in der prallen Sonne gewartet hatte, ohne irgendwelche Auffälligkeiten zu bemerken. Sein Zielobjekt, bei dem es sich um einen Wohnkomplex in der Innenstadt, der so heruntergekommen war, dass er beinahe einem Slum glich handelte, lag vollkommen verlassen da. Aber der Schein trügt ja meistens, nicht wahr? Lediglich ein paar Kinder spielten schon eine Weile auf einem sandigen Platz neben einer notdürftig geknüpften Leine, auf der nur schmutzige Wäsche zu hängen schien, was verhältnismäßig sinnlos war, mit einem alten Fußball und sahen ein paar Mal neugierig herüber. Vermutlich, weil niemand bei knapp 40 Grad schwarz trägt, dachte er grimmig und rückte seinen Hut zurecht. Er hatte das dringende Bedürfnis jemanden umzubringen. Dieses Gefühl änderte sich auch nicht, als ihn ein dumpfer Schlag beinahe auf die staubige Straße fallen ließ. „Entschuldigen Sie vielmals, das wollte ich nicht! Sorry.“ Ihm stockte der Atem. Diese Augen, diese Haare. Das konnte doch nicht möglich sein? „Wer bist du?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)