My Beloved Target von Night_Baroness (Gin&Rye-FBI VS. Black Organization) ================================================================================ Kapitel 23: Reunion ------------------- Er hasste es, hilflos zu sein. Jeden Tag, den er in dieser verdammten Krankenstation verbrachte hatte er mehr und mehr das Gefühl, durchzudrehen. Die Zeiger auf der Uhr, die ihm gegenüber an der Wand hing, ließen ihn fast glauben in einem Paralleluniversum gefangen zu sein, in dem die Zeit sich dazu entschlossen hatte, einfach nicht mehr zu vergehen. Der einzige, der ihn ab und zu besuchte, war Rye. Obwohl er jedes Mal, wenn er seinen Kopf durch die Tür steckte, betonte, dass er gerne wieder gehen konnte, kam er immer wieder um ihn über die neusten Vorkommnisse in der Organisation zu informieren. Natürlich war er dankbar dafür. Schließlich hasste er es, wenn man ihn im Dunkeln ließ. Dennoch hätte er sich lieber die Zunge abgebissen, als es vor Rye zuzugeben. Eine der wenigen Überraschungen, die ihn während seinem Aufenthalt in seinem ganz persönlichen Gefängnis erleilten, war die SMS vom Boss. Wobei dies natürlich keine echte Überraschung war. Immerhin war das, wenn man seine Position betrachtete, das Mindeste. Die SMS enthielt selbstverständlich keine Gute-Besserungs-Wünsche, das wäre einfach nicht der Stil des Bosses gewesen. Was, wenn man den Wirkungsbereich der Organisation betrachtete, mehr als nur erleichternd war. „Die Agenten haben Japan alle vor etwa einer Woche verlassen, wie mir meine Spitzel bestätigen konnten. Über den Verbleib der Frau, die das FBI verraten hat, fehlt jede Spur. Antworte mir, sobald du dich weitgehend erholt hast, um weitere Anweisungen zu erhalten.“ Gin seufzte. Das war alles andere als eine gute Nachricht. Es bedeutete, dass sie wieder von vorne anfangen durften. Das FBI war einfach so davongekommen und nicht nur das, zu allem Überfluss hatten sie auch noch ein loyales Mitglied getötet, eines schwer verwundet und eines fast zu einer Zielscheibe gemacht. Seit diesem Tag waren nun fast zwei Wochen vergangen und Gins Nerven lagen blank. Hätte er eine Waffe gehabt, so hätte er den Arzt, der ab und zu kam, um ihn zu behandeln wohl längst erschossen. Diese ständige Monotonie, die ihn nun Tag für Tag heimsuchte, war der beste Nährboden für seine Ungeduld. Da sich der Arzt seit den frühen Morgenstunden nicht mehr hatte blicken lassen, beschloss er, ihm ein wenig Ärger mit dem Boss zu bescheren. Sollte er doch erklären, warum sein Patient weg war. Mit einem befriedigten Lächeln stand er auf und verschwand in das kleine Bad, welches direkt an das Krankenzimmer anschloss. Wenig später stand er in voller Montur vor seinem Bett und zündete sich genüsslich eine Zigarette an. Das Rauchen hatte er fast so sehr vermisst, wie das Töten. Zum Glück war noch eine Schachtel in seiner Manteltasche gewesen. Mit einem verächtlichen Lächeln ließ er ein wenig Asche als kleines Zeichen seiner Dankbarkeit für die freundliche Behandlung auf dem Laken zurück, bevor er die Zigarette ganz darauf ausdrückte und sich lässig, die Hände in den Manteltaschen, zur Tür wandte. Gin war wieder da. „Also wirklich, hat dir deine Mutter denn gar keine Manieren beigebracht?“ Lächelnd lehnte Vermouth im Türrahmen. Sie musste eben nahezu lautlos in den Raum geschlüpft sein, er hatte sie nicht einmal bemerkt. Ihre blauen Augen blitzten listig, als sie seinen kurzzeitig schockierten Blick einfingen. War er wirklich so aus der Übung? „Vermouth, wie schön dein Gesicht zu sehen.“ Seiner Stimme hörte man nichts davon an, dass er sich erst einmal hatte fangen müssen. Sie war kalt und sarkastisch wie eh und je. „Was hast du jetzt vor? Willst du allein mit deiner Knarre in die USA fliegen und beim FBI Amok laufen?“ Sie lachte leise, ohne sich zu bemühen, die Arroganz und den Spott die in diesen Worten lagen, zu verbergen. Gin schnaubte verächtlich und schob sie ein wenig zur Seite. Sie würde ihm seine gute Laune ganz bestimmt nicht verderben können. „Hast du Lust, etwas mit mir trinken zu gehen?“ Er sah sie einen Moment lang irritiert an, als hätte er die Frage nicht verstanden. Mit allem hatte er gerechnet, mit einer erneuten, vor Sarkasmus triefenden Bemerkung, mit Vorwürfen, mit einer Drohung…Aber das? „Also?“ Sie lächelte verführerisch. „Keine Angst, ich möchte mich nur mit dir unterhalten. Es ist ganz unverbindlich.“ Natürlich. Wieso kam ihm dieser Satz nur so bekannt vor? Ach ja, das letzte Mal hatten sie anschließend die Nacht zusammen in einem Hotel verbracht. Andererseits hatte er so die Chance, über sie Genaueres über die neusten Vorgänge in der Organisation zu erfahren, immerhin hatte sie bessere Verbindungen als Rye. Außerdem konnte es nicht schaden noch eine zweite Meinung einzuholen. „Na schön, wir treffen uns in einer halben Stunde im Café Poirot in Beika.“ Sie runzelte die Stirn. „Warum gerade da?“ „Weil ich es so will.“ Gin hatte das Café mehr oder weniger zufällig ausgewählt. Er hatte keine Lust gehabt zu diskutieren und außerdem mochte er es, die Zügel in der Hand zu halten. Er würde nicht länger dulden, dass ihm jemand widersprach oder sich jemand seinem Einfluss entzog. Die nächste Mission würde auf jeden Fall erfolgreich verlaufen, koste es, was es wolle. Selbst wenn er beim Widersprechen primär nicht an Vermouth dachte, es schadete auch nicht, wenn sie zuerst ihre Lektion bekam. Er setzte sich an einen kleinen Tisch, der ganz am Rand der schmalen Terrasse stand, abseits von den anderen Gästen. So hatte er einen guten Blick auf die rege bevölkerte Straße. Er mochte es, wenn es nichts gab, das ihm entging. „Du bist also tatsächlich gekommen, wie schön.“ Vermouth setzte sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf dem Stuhl im gegenüber. Um nicht erkannt zu werden, trug sie eine Maske, die ihr ein asiatisches Aussehen verlieh und die dazu passenden, langen schwarz-braunen Haare. Lediglich ihre Augen verrieten sie noch. Gin zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich unbeeindruckt von ihrem Auftritt zurück. Sein Blick schweifte wieder ab und wanderte erneut in Richtung der Straße. Er wollte ihr alles vermitteln, aber ganz bestimmt kein Interesse. „Was willst du?“ Er brauchte sie nicht anzusehen, um das spöttische Lächeln, das sich auf ihre Lippen stahl zu spüren. „Ich will mit dir reden.“ Er zwang sich nun doch sie für einen flüchtigen Moment in sein Sichtfeld aufzunehmen. „Worüber?“ Eine merkwürdige Ahnung beschlich ihn, als er ihre Augen betrachtete. Bevor sie weitersprach, baute sie noch eine wirkungsvolle Pause ein. Gin schwor sich, sich nicht provozieren zu lassen und nahm einen tiefen von seiner Zigarette. „Hmm…ich weiß nicht, über vieles.“ Die Kellnerin kam zu ihrem Tisch herüber und verlängerte die Wartezeit um ein paar schmerzvolle Augenblicke, die Vermouth dazu benötigte sich einen Kaffee zu bestellen. „Aber warum fangen wir nicht mit dir und Rye an?“ Gins Pupillen wurden für den Bruchteil einer Sekunde merklich kleiner. Der Grund für seine Überraschung war allerding nicht nur Vermouths ziemlich eindeutige Frage, sondern vielmehr die Person, die hinter ihr das Lokal betrat. Es war eine junge Japanerin, mit einem auffallend hübschen Gesicht und einem modischen Brillengestell auf der Nase. „Also?“ Vermouth, die von alledem nichts bemerkt hatte, sah ihn gespannt an. Sie schien sich unglaublich überlegen vorzukommen. „Was hast du dazu zu sagen?“ „Tja.“ Gin lächelte siegesgewiss. „Was würdest du sagen, wenn ich eine neue Spur für uns gefunden hätte?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)