My Beloved Target von Night_Baroness (Gin&Rye-FBI VS. Black Organization) ================================================================================ Kapitel 17: Cognition --------------------- „Was zum…?“ Obwohl Rye im ersten Augenblick geschockt wirkte, fing er sich schnell wieder und beugte sich zu Stevens hinunter um seinen Puls zu fühlen. „Er ist tot.“ Bemerkte er überflüssigerweise. „Das sehe ich. Lass uns verschwinden.“ Anstatt dieser Aufforderung nachzukommen, begann Rye damit die Leiche zu inspizieren. Wollte er jetzt etwa auch noch Detektiv spielen? Stevens war tot und mehr hatte sie nicht zu interessieren, ob er nun vom FBI gewesen war oder nicht, spielte keine Rolle mehr. Gin betrat ebenfalls die Kabine und legte Rye eine Hand auf die Schulter, der anscheinend völlig von der Untersuchung der Einstichstelle gefesselt war. „Lass uns verschwinden bevor die Polizei hier auftaucht und unnötige Fragen stellt. Wir beschatten einfach einen anderen Agenten und vergessen die Sache.“ Zischte er in sein Ohr. „Polizei?“ Quietschte der Mann hinter ihm, der das Wort offensichtlich trotz Gins Flüsterton herausgehört hatte. „Wieso denn die Polizei? Es war doch ganz klar ein Selbstmord.“ „Nein.“ Rye richtete sich langsam auf und setze sein typisch arrogantes Siegerlächeln auf. „Es war Mord.“ Ja, er wollte Detektiv spielen. Na großartig. Gin lehnte mit verschränkten Armen und grimmigem Gesichtsausdruck an der Wand neben den Waschbecken und warf Rye immer wieder Blicke zu, die zweifellos als Verstöße gegen das Waffengesetz zu werten waren. „W-Wie kommen Sie darauf, dass es ein Mord war? Die Toilettenkabine war doch von innen verschlossen!“ „Sie sollten wirklich mehr Krimis lesen.“ Rye alias Sherlock Holmes warf dem armen Kerl einen spöttischen Blick zu. „Ein Mord in einem abgeriegelten Raum kommt dort relativ häufig vor. Es dient dazu die Spannung zu steigern.“ „Rye.“ Gin legte seine ganze Wut über diesen lästigen Zwischenfall in dieses Wort, was Rye allerdings lediglich dazu verleitete die Stirn zu runzeln. „Erleuchte uns einfach oder lass es bleiben, aber blas das Ganze nicht zu sehr auf. Ich will schließlich nicht meinen ganzen Abend hier verbringen.“ „Nur Geduld, ich fange sofort an, den Mörder zu entlarven. Ich dachte nur, ich könnte es ein wenig spannender machen, wo er mir doch sowieso nicht mehr entkommen kann, nicht wahr?“ Er blickte dem Japaner, der immer noch äußerst verstört dreinblickte, direkt in die Augen. „Wie meinen Sie das? Wollen Sie damit etwa sagen, dass sie mich verdächtigen?“ Rye zuckte lässig mit den Schultern. „Wer weiß? Sagen wir zunächst einfach mal, ich befrage Sie als Zeugen. Wie ist ihr Name?“ „Yosuke Kensei“ Die Stimme des Mannes zitterte. Er schien sich nicht sicher zu sein, ob er Rye überhaupt etwas verraten sollte, doch dieser baute sich in voller Größe vor ihm auf und hielt seinen Blick mit seinen eiskalten Augen fest. „Was sind sie von Beruf?“ „Ich bin Redakteur bei einer kleinen Zeitung.“ „Warum waren sie heute hier?“ „Ich…äh…Ich wollte mir das Herbstfest ansehen.“ Ryes Fragerei trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn. Gin seufzte. „Hör endlich mit dem Katz und Mausspiel auf und komm zum Punkt.“ Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis irgendjemand merkte, dass in der Toilette etwas nicht stimmte und die Polizei rief. Eine lästige Personenbefragung war nun wirklich das letzte, was Gin momentan gebrauchen konnte. Rye winkte mit einer lässigen Handbewegung ab. „Gleich bin ich fertig.“ Er zwinkerte ihm aufmunternd zu. Gin steckte sich eine Zigarette an. Das konnte noch dauern. „Als wir den ermordeten schreien hörten war es circa 20.30 Uhr, bei dieser Uhrzeit dürfte es sich dann auch wohl um den ungefähren Todeszeitpunkt handeln. Wo waren sie zu dieser Zeit?“ Der Mann schluckte deutlich sichtbar. „Ich bin so um kurz vor halb neun in die Toilette gegangen. Ich habe irgendwo etwas Klebriges angefasst und wollte es abwaschen. Plötzlich hörte ich einen Schrei aus einer der Toilettenkabine und dann kamen auch schon sie angelaufen.“ „Interessant.“ Gin grinste höhnisch. „Das ist allerdings ziemlich unwahrscheinlich, um nicht zu sagen unmöglich, da wir die Toilettentür zu keinem Zeitpunkt aus den Augen gelassen haben.“ „Ach willst du jetzt auch Detektiv spielen?“ Rye warf ihm einen herausfordernden Blick zu. „Wohl kaum. Ich will einfach nur von hier verschwinden, das ist alles.“ „Sie müssen sich irren. Ich sage die Wahrheit.“ „Wenn Sie das täten, hätten wir sie gesehen.“ „Na und wenn schon? Sie haben keinerlei Beweise, dass ich ihn umgebracht habe. Ich kenne den Typen nicht einmal!“ Während seine Stimme fast schon schrill wurde, färbte sein Gesicht sich zunehmend röter. „Oh doch, ich denke, den habe ich.“ Gin musste zugeben, dass er jetzt sogar ein wenig gespannt auf Ryes Ausführungen war. „Nun.“ Rye ging zurück in die Kabine, in der der Tote saß. „Zunächst kann es sich schon einmal nicht um einen Selbstmord handeln, wenn man den Winkel des Schwertes in Relation zu Tiefe des Stichs betrachtet. Hätte er es wirklich dazu benutzt, müsste es weiter unten stecken, da sonst seine eigene Kraft nicht ausgereicht hätte, um es so tief hineinzustechen.“ „Ach ja? Und woher wollen Sie das bitte so genau beurteilen können? Sind sie Polizist?“ Rye schüttelte amüsiert den Kopf. „Nein, nur ein Krimi-Fan.“ „Na schön, Herr Krimi-Fan. Dann erklären Sie mir doch mal wie jemand ihn erstechen konnte, wenn die Tür doch verschlossen war, derjenige konnte ja wohl schlecht in die Kabine fliegen, oder?“ „Tja, fliegen nicht, aber klettern sehr wohl. Vor allem jemand mit einer schlanken Figur, könnte leicht von der Nachbarkabine in die des Mordopfers gelangen, wenn er sich zunächst auf die Toilettenschüssel stellt. Jemand wie Sie es sind, nebenbei bemerkt.“ „Aber ich habe ihn nicht getötet!“ „Zumindest nicht mit diesem Schwert.“ Der Mann sah ihn verwirrt an. „Sie glauben mir?“ „Nein.“ Er drehte sich mit einem verstörten Gesichtsausdruck zu Gin um, wobei er wirkte wie ein gehetztes Tier. „Er glaubt nur nicht, dass es sich bei dem Schwert um die Tatwaffe handelt.“ „Du hast es also bemerkt?“ Gin nickte. „Die verkrampfte Körperhaltung, sowie der Speichelfluss und die laufende Nase deuten auf eine Vergiftung hin.“ „Bravo.“ Rye verbeugte sich spöttisch lächelnd. „Eine Vergiftung? Aber wie soll ich ihn bitte vergiftet haben? Ja, es stimmt, ich war die ganze Zeit in der Toilette. Ich habe gelogen, weil ich Angst hatte, Sie könnten mich verdächtigen.“ „Wissen Sie, was mich stutzig macht?“ Der Mann schüttelte den Kopf. „Ganz einfach. In keiner der Kabinen gibt es Klopapier, mit Ausnahme derer, in der die Leiche liegt.“ „Na und? Es ist nichts Ungewöhnliches, dass öffentliche Toiletten über eine schlechte Ausstattung verfügen. Vor allem auf gut besuchten Festen, wie diesem, wo die Toiletten ständig benutzt werden.“ „Und wenn ich ihnen sage, dass in dieser Kabine ursprünglich ebenfalls kein Klopapier gewesen ist?“ „Wie meinen Sie das?“ „Als ich vorhin auf der Toilette war, hörte ich Stevens fragen, ob sich in irgendeiner Kabine Toilettenpapier befände und ihm jemand anderes welches reichen könnte. Jemand aus der Nachbarkabine, muss ihm dann welches rüber gereicht haben. „Was soll das bitte mit dem Fall zu tun haben? Selbst wenn ich ihm Klopapier gereicht hätte, hätte das doch nichts zu bedeuten.“ „Oh doch, dass hätte es. Immerhin handelt es sich dabei um die Mordwaffe.“ Die Augen des Mannes weiteten sich. „Wie…?“ „Das Gift muss nicht unbedingt oral eingenommen worden sein, es gibt durchaus Gifte, die bereits bei Berührung mit dem menschlichen Körper tödlich wirken. Aufgrund der Symptome und der schnellen Wirkung würde ich auf Sarin tippen, eine flüssige, farb- und geruchlose Verbindung, die die Acetylcholinesterase in den Synapsen des parasympathischen vegetativen Nervensystems und an der neuromuskulären Endplatte verhindert, dadurch kommt es später zu Symptomen wie Pupillenerweiterung, Speichelfluss, Atemnot, Bewusstlosigkeit und schließlich dem Tod, alles hervorgerufen durch eine einzige kleine Berührung.“ „Aber das ist doch lächerlich. Ich kann ihn nicht getötet haben.“ „Oh doch.“ Gin trat neben Rye. Es wurde wirklich Zeit diese Farce zu beenden. „Sie haben die Toilette in der Absicht betreten, das Opfer umzubringen, nachdem Sie dieses einige Zeit lang beschattet hatten. Sie hatten schon vorher vorsorglich alle Klopapiervorräte entfernt und gingen davon aus, dass diese im Laufe des Abends nicht erneuert werden würden. Sie versteckten sich in der Kabine nebenan und warteten, bis er nach Klopapier verlangte. Als dies schließlich geschah gaben Sie ihm die mit dem Gift präparierte Rolle. Durch das Gift wurde zunächst eine Lähmung verursacht, die verhinderte, dass das Opfer sich bewegen konnte. Sie warteten, bis niemand mehr in der Toilette war und kletterten von Ihrer Kabine in die des Opfers, um ihm das Schwert, auf das Sie vermutlich auch vorsorglich seine Fingerabdrücke gebracht hatten, in die Brust zu rammen. Anschließend kletterten Sie zurück in ihre eigene Kabine und beeilten sich nach draußen zu kommen, um dann einen Schrei auszustoßen, den alle für den Todesschrei des Opfers halten sollten.“ „Das Schwert haben sie benutzt, um den Mord als spontanen Selbstmord aussehen zu lassen. Solche Schwerter gibt es häufig auf Festen wie diesen zu kaufen, das wollten sie ausnutzen und uns glauben lassen, er habe es eben erst gekauft und sich dazu entschieden, sich zu töten, nicht wahr?“ Für einen Moment starrte der Mann Rye noch an, dann ließ er die Schultern hängen und senkte den Blick. „Ja. Sie haben Recht. Es ist alles wahr.“ „Aber warum haben Sie ihn umgebracht? In welcher Beziehung standen Sie zu ihm?“ „Naja.“ Schweiß rann über die Stirn des Mannes. Es fiel im sichtlich schwer, über sein Motiv zu sprechen. „Ich bin jetzt seit ungefähr zwei Monaten mit meiner Freundin zusammen. Aber in letzter Zeit hatte ich irgendwie das Gefühl, dass sie etwas vor mir verheimlicht und nicht ehrlich zu mir ist. Ich habe ihr ein bisschen nachspioniert und festgestellt, dass sie sich mit diesem widerlichen Kerl trifft. Irgendeinem Ausländer, der auch noch doppelt so alt ist wie sie. Ich erfuhr durch Zufall, dass die beiden sich hier treffen wollten und beschloss mich dafür zu rächen, dass er sie mir weggenommen hatte. Ich dachte, wenn sie sehen würde, dass er sich umgebracht hatte, würde sie sich vielleicht die Schuld geben und wenn ich dann eine Stütze für sie wäre und sie von ihrer Schuldlosigkeit überzeugen könnte, würde sie vielleicht zu mir zurückkommen.“ „Wohl kaum.“ Der Mann sah Rye durch seine tränenverschleierten Augen an. „Eine Beziehung, die nur auf Lügen basiert kann nicht funktionieren. Wenn Sie wirklich ehrliche Gefühle für ihre Freundin empfinden würden, dann hätten Sie mit ihr darüber geredet, hätten für sie gekämpft oder sie gehen lassen, wenn sie Sie darum gebeten hätte. Aber ihr die Schuld am Tod ihres heimlichen Geliebten in die Schuhe zu schieben und dann zu hoffen, dass sie sich wieder in die eigenen Arme flüchtet, ist furchtbar egoistisch. Was wäre gewesen, wenn sie mit der Schuld nicht klargekommen wäre und sich selbst das Leben genommen hätte, wie wären sie damit umgegangen Schuld am Tod der Frau zu sein, die sie anscheinend immer noch lieben?“ Der Mann blickte betreten auf den Boden, während seine Tränen unkontrolliert wie zwei schmale Flussläufe über seine Wangen liefen. Er wurde von einem heftigen Schluchzer geschüttelt. „Rufen Sie die Polizei und stellen sich. Nur wenn sie sich ihrer Schuld stellen, können sie es bewerkstelligen, damit zu leben. Wenn sie es nicht tun, werden sie es für immer mit sich rumtragen müssen, und für alle Zeit, wenn sie ein Fest wie dieses sehen daran denken, wie sie das Leben der Person, die ihnen am meisten auf der Welt bedeutet, zerstören wollten.“ Seine Augen weiteten sich vor Angst und Schmerz und er stieß einen Schrei aus, der verdächtig an den erinnerte, den er als Stevens Todesschrei ausgegeben hatte. Ein Todesschrei. Das Ende eines Menschenlebens. „Ich werde mich stellen.“ Schluchzte er. „Ich bin es ihr schuldig.“ „Gute Entscheidung.“ Rye wandte sich von ihm ab und ging zum Ausgang der Toilette, Gin folgte ihm. „Danke.“ Die Stimme des Mannes war nur noch ein Flüstern, doch beide konnten es deutlich hören. „Tja, wie’s aussieht bin ich nicht der einzige, der einen großartigen Detektiv abgeben würde. Langsam solltest du dich wirklich fragen, ob es sich bei dir selbst vielleicht um einen N.O.C. handelt, denn du bist mindestens ebenso verdächtig wie ich.“ „Sehr komisch.“ Gin warf einen letzten Blick in Richtung des Tatorts zurück und erstarrte. Direkt neben dem kleinen Toilettenhäuschen stand eine junge Frau. Eine Japanerin mit schulterlangem, dunkelbraunem Haar, einer modischen Brille und unauffälliger Kleidung. Obwohl das durchaus kein ungewöhnlicher Anblick war, machte Gin irgendetwas stutzig. Vielleicht war es die angespannte Haltung der Frau, oder die Tatsache, dass sie versuchte, sich im Schatten der großen Bäume zu verbergen. Was hatte der Mörder doch gleich gesagt? Seine Freundin hatte sich in letzter Zeit merkwürdig verhalten und sich mit Stevens getroffen, einem FBI Agent. Was lag der näher als die Tatsache, dass es sich bei ihr um die Informantin handelte. Deshalb war er sich auch so sicher gewesen, dass sein Opfer zur Toilette kommen würde. Sie war der Treffpunkt der beiden gewesen. Allerdings handelte es sich bei der Frau keineswegs um eine untreue Freundin, sondern eher um eine FBI Agentin, vielleicht sogar um diejenige, die Rye nachts auf dem Parkplatz des Haido Parks getroffen hatte. Gin lächelte. Er liebte es, wenn sich alle einzelnen Fäden zu einem Strang zusammenfügten. „Ich bin gleich wieder da.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)