Falkenfedern von Crevan ================================================================================ Kapitel 2: Unerwarteter Besuch ------------------------------ Desmond sah an sich hinab, sein Blickfeld war noch leicht verschwommen. Er trug eine weiße Kutte, die von einer roten Schärpe zusammengehalten wurde. Darüber befand sich ein breiter brauner Ledergürtel... die silberne Gürtelschnalle mit dem Wappen der Auditore fehlte. Ein etwas ungewohnter Anblick... der Mann seufzte angestrengt auf. Er schloss die Augen und lauschte den Geräuschen der Umgebung, atmete tief ein und ballte seine Hände zu Fäusten. Dabei fühlte er, dass an seiner linken Hand ein Finger fehlte... Desmond fiel es schwer sich an Altaïr zu gewöhnen. Zu lange hatte er nicht mehr in dessen Haut gesteckt... buchstäblich. Als er seine Augen wieder öffnete, baute sich rings um ihn ein Dorf auf. Die Häuser und Menschen waren ihm vertraut. Er stand mitten in Masyaf, dem 'Assassinendorf'. Altaïr's Kopf neigte sich leicht von links nach rechts, er sah sich um. Dabei zog er sich seine weiße Kapuze etwas tiefer in das Gesicht, das wie das von Desmond eine Narbe an der Lippe aufwies. Woher sie stammte, war jedoch unklar... Langsam aber sicher verknüpften sich Desmond's Nervenstränge mit Altaïr – es würde nicht mehr lange dauern, bis er gänzlich zu dem Assassinen wurde. „Desmond? Hörst du mich?“ die Stimme hallte in seinem Kopf wider. Es war Shaun... „Den Daten zufolge sollte sich die erste Erinnerung irgendwo in Damaskus befinden – dein Vorfahr hatte dort irgendetwas für den Orden zu erledigen. Wo der Hinweis ist, kann ich dir nicht sagen aber halt die Augen offen. Altaïr wird sie finden. Alles klar? Bis später.“. Über Altaïr's Lippen ging ein kaum hörbares 'Ja... bis später' in einer für die Passanten fremden Sprache, sie wichen leicht von dem Assassinen zurück. „Altaïr! Da seid ihr ja! Friede sei mit euch!“ ein weiterer Mann in einer weißen Robe mit Kapuze kam auf ihn zu „Al Mualim schickt mich. Es gibt Unruhen in Damaskus... ihr sollt sofort aufbrechen. Es ist nichts Großes, einige unserer Novizen haben Ärger gemacht...“ der Bote war etwas außer Atem und sah den Ranghöheren auffordernd an. Altaïr schrak aus seinen Gedanken hoch. Er realisierte erst jetzt, was der Mann ihm angeordnet hatte, wirkte leicht durcheinander. Woran hatte er gerade gedacht...? Er hatte es vergessen. „Ist alles in Ordnung?“ fragte ihn der Ordensbruder besorgt, Altaïr nickte nur beiläufig „Ich breche sofort auf...“ er wollte sowieso nach Damaskus reisen, da er dort etwas zu erledigen hatte. Nur... Moment... was eigentlich? Heute war einfach nicht sein Tag... In Damaskus angekommen, hielt sich Altaïr bedeckt. Er wollte kein Aufsehen erregen, denn wütende Templer waren das Letzte, was er heute gebrauchen konnte. Etwas ziellos wandelte er zwischen den Menschen umher. Vielleicht sollte er zunächst einfach einmal den Verbindungsmann in dieser Stadt aufsuchen, um sich Informationen über seinen Auftrag – oder besser gesagt die rebellierenden Novizen - zu beschaffen... Eine leichte Brise fuhr in Altaïr's Gewänder und brachte sie zum Wehen. Seine dunklen Augen suchten die Straße nach dem richtigen Weg zu dem Assassinenbüro ab. Er war schon länger nicht mehr hier gewesen, doch nichts hatte sich seit seinem letzten Besuch in Damaskus verändert. Sein Blick blieb jedoch an etwas hängen. Einer Feder. Gut, eine Feder war an sich nichts Ungewöhnliches, doch dieses Exemplar lag einige Meter entfernt auf einer Bank und bewegte sich – trotz des Windes – kein Stück. Irgendwie wirkte sie deplaziert... sich den Regeln der Physik überordnend... einfach falsch. Altaïr schritt auf den Gegenstand zu. Von welchem Vogel war sie...? Altaïr's Kopf legte sich leicht schräg. Er kannte diese Art. Sie war die Feder eines Falken! Die Verbindungsmänner seines Ordens benutzten sie, gaben sie einem Auftragsnehmer vor einem Attentat und forderten sie – mit dem Blut des Opfers daran - nach getaner Arbeit wieder zurück. „Desmond? Das hier ist eine der Markierungen. Aus den DNA-Strängen von Altaïr gingen sie, nicht wie aus denen von Ezio als die begehrte Dame, ahem, sondern als Federn hervor... keine Ahnung wieso, finde es heraus. Berühre sie und du wirst an den Anfang der ersten neuen Erinnerung gebracht!“ ertönte es in Altaïr's Kopf. Moment... wie? Eine Feder...? Ging es hier nicht um eine Templerin? Was sollten Templer denn mit Federn anfangen? Ihre Feinde damit tot kitzeln? Desmond? Dame? Altaïr schüttelte seinen Kopf. Was war das gewesen? Hörte er nun schon Stimmen? Seine Hand griff nach der seltsam anmutenden Falkenfeder vor sich. Die Welt um ihn löste sich schlagartig in gleißendes Licht auf. Altaïr hangelte sich auf das Dach und betrat mit geschmeidigen, schnellen Bewegungen das Büro. Er befand sich in Jerusalem, Al Mualim hatte ihn hierher entsandt. Es galt einen weiteren Dorn in dessen Auge zu beseitigen und der Verbindungsmann in dieser Stadt sollte ihm weitere Anweisungen und Informationen hinsichtlich dessen geben. Etwas außer Atem betrat er den kleinen Raum mit der Theke, auf der diverse unfertige Pläne lagen... Stadtkarten soweit Altaïr das richtig wahrnahm. „... Altaïr“ kam es ihm – begleitet von einem unerfreuten Unterton – entgegen. „Ich wundere mich darüber, dass Al Mualim DICH schickt.“. Die Augen des Assassinen fixierten einen Ordensbruder, der mit einer finsteren Miene hinter der Theke stand und soeben aufgehört hatte zu zeichnen. Ihm fehlte der linke Arm... „Ich habe schon gehört, dass du in der Stadt bist. Du verhältst dich stets wie eine Horde - trampelnder Kamele.“. Die Stimmung im Raum lag weit unter dem Gefrierpunkt, doch Altaïr fasste sich „Malik. Friede sei mit euch.“ er verneigte sich leicht. Malik verzog seine Lippen nur zu einem schiefen, herablassenden Grinsen. Immer diese Förmlichkeiten... Altaïr. Wegen seiner Überheblichkeit hatte er seinen geliebten Bruder Kadar und seinen Arm verloren. Er wünschte sich, Al Mualim hätte diesen Kerl vor einigen Tagen nicht nur zum Schein getötet. Es war eigentlich seltsam so von Altaïr zu denken... eigentlich waren sie sehr lange gute Freunde gewesen und hatten viel miteinander erlebt und durchgemacht... die Zeit als Novizen, diverse Aufträge ihres Meisters... stets hatten sie sich aufeinander verlassen können. „Hast du etwas für mich?“ Altaïr versuchte nicht auf Malik's Stimmung einzugehen. Er sprach so und so ungerne über Gefühle... davon abgesehen, dass er sich denken konnte, warum ihn der andere so hasserfüllt ansah. Er schluckte leicht und sein Blick wanderte kurz zu Malik's linker Seite. „Ja, habe ich vielleicht. Später. Warum legst du dich nicht hin? Du hast bestimmt eine lange Reise hinter dir.“ entgegnete der Einarmige nur trocken und wand sich wieder seiner Stadtkarte zu. Er wollte in Ruhe weiter zeichnen und fing damit an Altaïr einfach zu ignorieren. Dieser wiederum stand nun da wie bestellt und nicht abgeholt... eine Spur von Ärger keimte in ihm auf. Doch als Altaïr so darüber nachdachte... eigentlich hatte Malik Recht... seine Augen waren schwer, er war lange unterwegs gewesen und hatte heute schon gegen einige Soldaten der Templer kämpfen müssen. Also warum sich nicht kurz schlafen legen? In jedem Büro gab es eine Ecke dafür, bestückt mit vielen zum Ausruhen einladenden, weichen Kissen und Decken. Also wandte er sich von seinem Ordensbruder ab, um sich hinzulegen. Er spürte dabei Malik's stechenden Blick in seinem Nacken... irgendetwas stimmte hier nicht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)