Fullmetal Alchemist - Was danach geschah von abgemeldet (Was hätte passieren können...) ================================================================================ Kapitel 72: DILIGENCE – UNTERWEGS IM AUFTRAG DES GRÖßEREN WOHLS --------------------------------------------------------------- DILIGENCE – UNTERWEGS IM AUFTRAG DES GRÖßEREN WOHLS Die jüngste und letzte Tugend, Fleiß, war diejenige, die die Wahrheit als letzte auf die Welt losgelassen hatte. Sie war nur hundert Jahre alt und als sie geboren worden war, hatte es die anderen schon lange gegeben. Sie war in eine bereits existierende Struktur, in ein festes System hineingeboren worden und hatte nur noch die Regeln lernen müssen. Sie halt zusammen mit Charity und Chaste als überzeugte Anhängerin Restraints. Mit den dunklen Haaren und den grünen Augen sah sie ihrer älteren Schwester sehr ähnlich und normalerweise fand man sie auch immer an ihrer Seite. Diligence wurde seit ihrer Geburt immer von den anderen zurückgehalten. Ihr (Über)-eifer würde sie sonst zu schnell in große Schwierigkeiten bringen und keiner wollte, dass mehr Menschen als notwendig die Existenz der Tugenden bemerkten. Restraint war die beste für den Job der Dompteuse und sie schaffte es auch, ihre kleine Schwester immer im Griff zu haben. Diligence’ wichtigste Bezugspersonen waren Restraint und Chaste, gewissermaßen ihre Eltern. Jen, wie die anderen Tugenden sie nannten, war stets bestrebt, es Restraint leichter zu machen. Zu diesem Zweck legte sie tagtäglich verschlüsselte Akten an. Sie las Gedanken, schlich durch die Erinnerungen und stahl die Träume der Menschen. Andere hätten Skrupel, durch Träume und persönlichste Gefühle zu streifen, doch Diligence kannte solche Gefühle nicht. Sie war nur pflichtbewusst. Ihr Ziel war stets die größtmögliche Effizienz. Deswegen schlich sie auch regelmäßig durch die Träume ihrer „Eltern“. Waren Chaste und Restraint wach, konnte Diligence sie nicht lesen, weil sie zu stark waren. Sie kam sozusagen nur in den Vorgarten und scheiterte jedes Mal von neuem an der Haustür. Im Vorgarten konnte sie nur sagen, ob jemand log. Und weil Chaste und Restraint niemals logen und allerhöchstens täuschten, war das wertlos. Doch gerade schliefen die beiden tief und fest auf dem Sofa. Restraint hatte sich zu einer kleinen Kugel zusammengerollt und Chaste hatte sie an sich gezogen und beide Arme um sie gelegt, um sie zu wärmen. Aufgrund ihres immer zu niedrigen Gewichtes fror Restraint schnell und brauchte zusätzliche Wärme. Diligence zögerte nur kurz, dann atmete sie ein und trat in den Traum ihrer „Mutter“ ein. Restraint träumte davon, auf einer Wiese zu sitzen und ihr Gesicht im Sonnenlicht zu baden. In jedem ihrer Träume war Chaste mit von der Partie. Diligence wusste aus erster Hand, wie sehr Chaste und Restraint aneinanderhingen. Sie liebten einander mit ihrer ganzen Essenz und nur zusammen taugten sie etwas. Sie waren zusammen ein genauso gutes Team wie Charity und Diligence. Chaste war der einzige Mann, den Restraint in ihrer direkten Nähe duldete. Auf Reisen gaben sie sich stets bevorzugt als junges Ehepaar aus und ihre Tarnung war noch nie aufgeflogen. Diligence zog sich aus dem Kopf der älteren Tugend zurück, um sich in den Kopf ihres „Vaters“ zu schleichen. Sie war inzwischen eine geübte Traumgängerin und keiner ihrer Einbrüche war jemals bemerkt worden. Chaste träumte von Restraint, wie eigentlich immer. Sie war nicht grundlos seine wahre Obsession, seine einzige Sünde. Er liebte sie mehr als alles andere auf der Welt. Ihrer zarten, empfindlichen Schönheit hatte er Gedichte und Lieder gewidmet. Sie war sein Mittelpunkt, sein gesamtes Dasein. Und obwohl er sie liebte, konnte er diese Liebe nicht lieben. Diligence weinte, als sie aus dem Traum auftauchte und das Zimmer verließ. ‚Gedanken, Träume und Erinnerungen – das ist meine Welt. Sie sind alles, was ich wirklich beherrschen kann’, dachte sie. ‚Aber wenn das alles ist, was ich tun kann, dann reicht mir das nicht. Ich will die Welt verändern.’ Sie flitzte die Treppe hoch zu ihrem Zimmer und legte die hellen Kleider ab, um eine dunkelgraue Bluse und eine schwarze Hose anzuziehen, bevor sie in die Nacht aufbrach. Diligence mochte die Träume der anderen mehr als ihre eigenen. Besonders Menschen waren gute Träumer und sie liebte sie alle. Sie hatte einen Schichtplan und heute Nacht stand Generalleutnant Olivier Mira Armstrong ganz oben auf der Liste. Diligence landete lautlos auf dem Fensterbrett und glitt dann unbemerkt in die Traumebene ab. Olivier träumte nur selten, aber Diligence hatte eine traumreiche Nacht erwischt. Die blonde Generalin träumte von Briggs, aber es war falsch, denn alle Gänge waren leer. Sie fand all ihre Leute in ihrem Büro und nach und nach sagten ihr alle, dass sie kündigten und gingen wieder. Nur Miles blieb zurück, aber etwas stimmte nicht … er sah zornig aus und richtete seine Pistole direkt auf Olivier, sodass sie zwischen ihre Augen zeigte. „Sie haben Ihr Versprechen nicht halten können, Generalmajor Armstrong“, sagte er mit Grabesstimme. Olivier wollte protestieren, ihm sagen, dass sie inzwischen Generalleutnant war, aber kein Laut kam aus ihrer Kehle, als er abdrückte. Sie fuhr hoch, ihre Laken waren schweißgetränkt. Der Traum besaß eine gewisse Logik, der sie sich nicht entziehen konnte. Die Angst vor einem Verrat war tief ins menschliche Bewusstsein eingegraben und Miles’ Befehl lautete, Olivier zu beschützen, und seine wichtigste Waffe zu diesem Zweck war seine Pistole. Oliviers größte Furcht galt einem Verrat und das wusste sie auch. Sie streckte sich und trank einen Schluck Wasser, bevor sie sich wieder hinlegte. Sie brauchte ihren Schönheitsschlaf und das wusste sie auch. Diligence seufzte schwer, bevor sie in den nächsten Traum der Generalin eingriff. Olivier galt als zentrale Figur des „Großen Plans“ und damit sie nicht den Verstand verlor, waren alle Tugenden vollkommen frei und durften ihre besonderen Talente nach eigenem Gutdünken benutzen. Diligence machte davon gerne Gebrauch und veränderte Oliviers Traum so, dass die Barbie-Generalin davon träumte, mit Miles zu tanzen. Diligence war felsenfest davon überzeugt, dass es eine gute Idee war, Olivier von Miles träumen zu lassen, der sie wie eine Königin behandelte. Das war schließlich der echte Miles. Nachdem sie sichergestellt hatte, dass Olivier eine ruhige Nacht haben würde, verschwand Diligence wieder. Sie glitt die Straßen entlang und überwand den nächsten Zaun mühelos. Generalleutnant Lewellyn schlief ausschließlich auf dem Rücken. Ihre hellen Haare lagen ordentlich neben ihrem Kopf und flossen in silbernen Bächen über ihre Kissen. Sie hatte die Hände über dem Bauch gefaltet und wirkte friedlich. Aber der Schein trog. Lewellyn hatte in jeder Nacht fürchterliche Albträume. Sie floh vor den Schatten und wollte sich verstecken, aber es gab keine Verstecke. Diligence seufzte schwer und griff ein. Nachdem sie Lewellyns Erinnerungen vollständig durchsucht hatte, fand sie etwas, was sie dafür benutzen konnte: Die mehrjährige Arbeit der alten Generalin für und mit den Waisenkindern ihrer geliebten Heimatstadt. Dafür schlug Lewellyns Herz. Sobald sie sich sicher war, wieder einen Job ausgeführt zu haben, machte sie eine kleine Pause und trank in einem kleinen Café eine schöne Tasse Tee und aß dazu ein großes Stück Schokoladenkuchen. Das ging leider nur, wenn Restraint nicht dabei war, denn die ältere Tugend aß selbst nur dann, wenn Charity, Chaste und Diligence sie mit vereinten Kräften dazu zwangen. Leider schlug sich Restraints ewige Verweigerung von Nahrung auf die Essgewohnheiten der anderen Tugenden wieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)