Fullmetal Alchemist - Was danach geschah von abgemeldet (Was hätte passieren können...) ================================================================================ Kapitel 40: DIE MÄNNER UND FRAUEN DES KÖNIGS ZIEHEN --------------------------------------------------- DIE MÄNNER UND FRAUEN DES KÖNIGS ZIEHEN Der Bauer – Kain Fuery Fuery war nicht der Typ Soldat, der sich in der Gegenwart von Generalmajor Armstrong und Brigadegeneral Hamilton wohlfühlte. Beide Frauen waren sehr majestätisch und jede von ihnen könnte sein Genick mit bloßen Händen brechen. Aber er wusste, dass sie es nicht tun würden. Er war der einzige, der ihnen helfen konnte. Und sie brauchten ihn, so seltsam das auch klingen musste. „Sind Sie sicher, dass Sie es schaffen können, dieses Zimmer abhörsicher zu machen?“, fragte Kay Hamilton scharf, während sie am Fenster lehnte. Sie war einmal seine Vorgesetzte gewesen und zu dieser Zeit war sie nicht gerade von ihm begeistert gewesen, weil sie es einfach nicht mochte, wenn man Leute unter ihr Kommando brachte, um die sie nicht gebeten hatte. Und schon gar nicht war es ihr recht, wenn diese Leute auch noch von berüchtigten Staatsalchemisten geklaut waren. Kay war viel zu sehr auf ihre Karriere fixiert, um sich in irgendwelche dubiosen Sachen hineinziehen zu lassen. Fuery wusste das. Er wusste, dass die Frau die Hölle sein konnte, wenn sie wollte. „Ja, Madam“, sagte er. „Wenn Sie mir etwas mehr Ruhe ließen, würde es schneller gehen, aber wenn Sie mir lieber tausend Fragen stellen, wird es deutlich länger dauern. Wieso gehen Sie und Generalmajor Armstrong nicht einfach eine Tasse Kaffee trinken und lassen mich in Ruhe arbeiten?“ „Ist das der Ton, den man einem General gegenüber anschlagen sollte?!“, zischte Olivier. „Leutnant, ich weise Sie gerne darauf hin, dass Sie auch nicht unersetzlich sind. Ich kann noch immer meinen eigenen Kommunikationsoffizier herholen, damit er den Job macht.“ Kay hob die Hand. „Das ist schon in Ordnung“, sagte sie. „Leutnant Fuery ist ein ehemaliger Untergebener von mir und meine Untergebenen sind ausdrücklich dazu angehalten, mich anzupflaumen, wenn ich Mist baue. Deswegen ist das wirklich okay. Gut, Leutnant. Ich werde Sie alleine lassen. Sie sagen mir bitte einfach Bescheid, wenn Sie fertig sind. Es wird hoffentlich nicht mehr lange dauern, aber wie ich Ihre Fähigkeiten kenne, ist es auch wirklich unwahrscheinlich.“ „Danke, Madam“, sagte Fuery, während er sich weiter an die Arbeit machte. Der Turm – Heymans Breda Breda würde zusammen mit Oberst Armstrong nach East City zurückkehren. Er musste die Inspektion in Reole übernehmen. Normalerweise hätte er sich über so eine Chance gefreut, weil er damit Punkte für seine Beförderung sammeln konnte, aber nicht unter diesen Umständen. Er stand am Bahnhof und wartete auf seinen Zug, als Linette in Uniform auf ihn zukam. Sie salutierte kurz, bevor sie ihn ernst ansah. „Ich muss Ihnen nicht sagen, wie wichtig es ist, dass Sie den Laden für uns sauber halten, Leutnant“, sagte sie ernst. „Ich nehme an, dass Sie das schon jetzt wissen.“ Er nickte, dann hielt er inne. „Spielen Sie Schach?“, fragte er unvermittelt. Sie seufzte schwer, bevor sie nickte. „Außer Nessa spielen wir alle Schach“, sagte sie. „Merkt man es mir etwa so sehr an, dass ich mich für dieses Spiel begeistern kann?“ „Nun, es zieht sich irgendwie wie ein roter Faden durch so viele Leben. Grumman spielt Schach und hat gegen den Ishbal-Krieg gestimmt. Olivier spielt Schach und hat nie eine Entscheidung getroffen, die nicht das Beste für unser Land gewesen wäre. Alex spielt Schach und hat in Ishbal einen Befehl verweigert und ist vom Schlachtfeld geflohen. Mustang hat erst nach Ishbal damit angefangen und seitdem hat er nie mehr etwa wirklich Dummes getan. Und Ladyhawk spielt Schach und hat den Generalmajor bisher immer vor allen Gefahren beschützen können.“ Breda zuckte die Schultern. „Und jetzt auch noch Sie, Oberst. Es überrascht mich nicht, Sie sind eine kluge Frau. Ach, Falman und Sheska spielen auch beide Schach – und sind diejenigen, die bisher nur sehr selten unter Feuer standen. Vielleicht hilft Schach uns, uns selbst zu beschützen.“ Linette zuckte die Schultern. „Ich hatte kurz vor meiner Versetzung nach Aerugo aufgehört“, sagte sie. „Es war eine Phase, die man am ehesten als ‚Depriphase’ bezeichnen könnte. Ich habe nicht mal mehr Alchemie benutzt. Wie dem auch sei, ich bin aufgestanden, um der Welt zu beweisen, dass ich noch immer nicht am Ende bin.“ „Sagen Sie mir nur eines, Hamilton“, sagte er. „Wenn wir zurück sind, wären Sie dann an einer kleinen Partie Schach interessiert?“ Sie nickte. „Sicher“, sagte sie, bevor sie zurücktrat und förmlich salutierte. „Wir sehen uns.“ Es war ein Versprechen, von dem sie nicht wusste, ob sie es halten konnte. Der Läufer – Vato Falman Vato Falman war der neue Assistent von Generalleutnant Charlotte Lewellyn und nach zwei Stunden war ihm klar, dass er in seiner ganz persönlichen Hölle gelandet war. Lewellyn war unorganisiert und hielt sich nie an ihren Arbeitsplan. Außerdem war sie das genaue Gegenteil zu Mustang. Sie hing die ganze Zeit am Telefon und telefonierte mit ihrem Hauptquartier und ihren politischen Freunden, um über jede Veränderung informiert zu sein. Und sie rauchte noch mehr als Havoc. „Madam“, sagte er, während er die Kaffeetasse vor ihr abstellte. „Wollen Sie nicht vielleicht mit den anderen Generalinnen zu Mittag essen? Ich könnte das organisieren, wenn Sie wollen. Ich habe gute Beziehungen zu den anderen Assistenten…“ „Hören Sie gefälligst auf, mich immer ‚Madam’ zu nennen“, sagte die Generalin. „Und wir werden nicht in der Cafeteria zu Mittag essen. Zu wenig Privatsphäre. Nein, ich werde mein Essen unten zusammen mit Mustang einnehmen. Und Sie kommen mit. Sie haben keinen ausreichenden Rang, aber ich werde denen da unten sagen, dass ich jemanden bräuchte, der mich beschützt. Ich bin ja auch nicht mehr so jung wie früher. Leider. Ach, das waren noch Zeiten! Grumman, Catalina und ich, wir waren die Hölle. Frisch von der Akademie und dann ab mit uns! Zu unserer Zeit war es noch leicht, schnell aufzusteigen. Und wir waren gut. Die besten unserer Akademien, um genau zu sein.“ „Beeindruckend, General“, sagte Falman. Es war für ihn nichts Neues. Er hatte die Akte der Frau gelesen, bevor er sich bei ihr gemeldet hatte. Er wusste, sie war fähig. Nicht ganz so radikal wie Generalmajor Armstrong, aber auch nicht so milde wie Generalfeldmarschall Grumman. Sie vertrat ein paar sehr liberale Ideen und – das war auch das Problem – sie hatte ein gutes Gedächtnis. Deswegen war er nicht überrascht, als sie ihn nach zwei Stunden und acht Minuten ernst ansah. „Ich habe Ihre Akte gelesen, um mich besser erinnern zu können, Oberleutnant“, sagte sie, während sie das fragliche Dokument kurz ansah. „Sie sind sehr lange nicht befördert worden, wenn ich das richtig gedeutet habe. Ihre vorletzte Beförderung und die Beförderung bevor liegen über sechs Jahre auseinander. Um genau zu sein, sind Sie kurz vor Ausbruch des Ishbal-Massakers zum Oberfeldwebel befördert worden. Dann kam erst über sechs Jahre nichts mehr…“ „Ich musste einen Bericht über die Lage in Ishbal schreiben“, sagte Falman langsam. „Und ich habe den Leuten hier in Central die Fakten gegeben. Offenbar haben sie ihnen nicht gefallen, denn danach bin ich nicht mehr befördert worden. Jedenfalls nicht bis zu meinem Transfer in den Norden.“ „Ich verstehe“, sagte Lewellyn und stand auf. „Nun, ich würde diesen Bericht gerne lesen. Ich war damals nicht zufrieden mit der Politik hier in Central, das war kein Geheimnis, also hat man mich nie bezüglich meiner Meinung gefragt, Falman. Ich kann mir vorstellen, dass Grumman den Bericht auch gerne lesen würde, immerhin war Ishbal damals seine Sache, und ich kann mir vorstellen, dass er sich über diese Lektüre freuen würde. Ich erinnere mich an Sie, Falman. Sie waren früher ein hohes Tier in Central, oder? Hatten eine große Karriere im Sinn, als Sie eingetreten sind. Dann kam die Sache mit dem Bericht und hat alles für Sie ruiniert. Ich kann Ihnen den Namen des Mannes nennen, der für solche Berichte zu dieser Zeit verantwortlich war: Oberst Hakuro.“ „Und er ist einer der wenigen Generäle, die man nicht ausgetauscht hat…“ Falman schnappte nach Luft. „Glauben Sie also, dass er seine Finger im Spiel hätte?!“ „In meinen Augen ist Hakuro ein kleiner Bastard der für seine Karriere seine eigene Mutter verkaufen würde“, sagte die Generalin, während sie ihren Mantel überzog. „Kommen Sie, Falman, wir gehen und sehen mal nach Mustang. Und ich hoffe, dass es keine Schwierigkeiten geben wird.“ Der Springer auf der Seite des Königs – Jean Havoc „Ich habe keine Erfahrung mit Tatortuntersuchungen, Madam“, sagte Jean Havoc unsicher, als er Linette zum zerstörten Büro folgte. „Mal ernsthaft, ich habe nie in einem Krieg gedient. Ich kenne mich mit Explosionen nicht aus. Ich kann Ihnen nichts sagen, was Sie sich nicht selbst zusammenreimen können. Ich meine, Sie sind die Staatsalchemistin. Sie kennen sich mit Chemikalien aus. Ich bin nur ein einfacherer Scharfschütze.“ Sie lachte unterdrückt. „Der beste nach Hawkeye und besser als mein Partner oder ich selbst“, sagte sie, während sie ihre Brille aufsetzte. „Und Sie kennen Mustang, Havoc, was ich nicht tue. Ich weiß nur, dass meine Mutter zu ihren Lebzeiten eine hohe Meinung von ihm hatte und dass er in ihren Augen ein geborener Anführer war. Und ich bin unter anderem ins Militär eingetreten, weil ich sehen wollte, was er für ein Mann ist. Martin ist aus demselben Grund hier. Sein Cousin hat immer in den höchsten Tönen von Mustang gesprochen und wir lassen niemanden fallen, der mit Leuten, die uns wichtig waren, zusammen in Ishbal gedient hat. Wir lassen ihn nicht zurück, damit die Assgeier sich auf ihn stürzen können. Wenn wir gehen, dann nur mit ihm.“ Havoc nickte. Nichts anderes hatte er von ihr erwartet. Er war nicht der Klügste, aber er war gut darin, Menschen zu durchschauen. „Wir sollten uns also schnell etwas einfallen lassen, um ihn zu retten“, sagte er leise. „Ich weiß, dass uns die Zeit davonläuft und wir sollten am besten im Büro etwas finden, was uns in die komfortable Lage bringt, noch mehr Zeit für ihn zu gewinnen. Wenn Ladyhawk oder der Generalfeldmarschall doch nur vernehmungsfähig wären! Wenn es doch nur möglich wäre, einen Zeugen zu finden, der sagen könnte, dass Mustang unschuldig ist!“ „Denken Sie wirklich, dass es diesen Zeugen noch geben würde?“, fragte Linette mit einem bitteren Lächeln. „Der Attentäter hat das Falkenauge und den Generalfeldmarschall außer Gefecht setzen können. Er ist gefährlicher als gedacht. Wir müssen wachsam bleiben.“ Die beiden Soldaten kamen endlich zum zerstörten Büro und Linette drehte sich zu Douglas um. „Ich will eine halbe Stunde alleine mit den Trümmern haben“, sagte sie. „Wegetreten.“ Der Mann hielt ihrem Blick länger stand als die meisten anderen Menschen, dann trat er zurück. „Ja, Madam“, sagte er hörbar angewidert. „Ich habe verstanden.“ Linette warf den Zopf zurück. „Ich hoffe wirklich, dass Sie das getan haben, weil ich sonst noch genug Plätze in meinem Team drüben in Ishbal frei habe“, sagte sie. „Und mein letzter Ermittlungsoffizier hat es nicht überlebt. Ich bin nicht gerade die beste Chefin, wenn man nicht auf sich selbst aufpassen kann. Ich habe keine Geduld, um mich um die Babys zu kümmern, die es hier in Central überall gibt.“ Sie sah Havoc an. „Ostmänner sind deutlich belastbarer und loyaler“, sagte sie ergänzend, „und deswegen ist mein persönlicher Assistent mitgekommen. Ich nehme an, dass Mustangs Team sowieso bald aufgelöst wird, also habe ich mir schon einen von seinen Leuten geholt.“ „Sie haben den Generalmajor also schon aufgegeben?“, fragte Douglas und wirkte amüsiert. „Nach der Show, die Sie vor Gericht abgezogen haben, hätte ich gedacht, dass Sie bis zum bitteren Ende an seiner Seite stehen würden, um ihm die Hand zu halten, wenn er endlich für seine Sünde büßen muss. Ich meine, der Verrat an Oberst Hawkeye ist heftig. Damit hätte keiner hier in Central City jemals gerechnet. Wir dachten alle, er würde sie wirklich lieben. Und jetzt so etwas!“ Linette verzog keine Miene. „Wir werden sehen“, sagte sie leise, bevor sie Havoc in den Raum zerrte und ihn ansah. „Ich gebe ihn nicht auf, Oberleutnant“, zischte sie, „aber meine wahre Position muss so lange wie möglich geheim bleiben. Wenn sie denken, dass ich umgefallen wäre, haben sie mich und meine Leute mit etwas Glück nicht auf der Rechnung, wenn es wirklich zu einer Revolte gegen das Justizsystem kommen muss. Das ist der Plan, den Olivier und Kay ausgeknobelt haben. Sie haben ihre Stimmen verheizt, als sie den Erlass der Drei Generäle unterschrieben haben, aber ich bin noch ein Blankoscheck. Ich kann meinen Wert selbst bestimmen und zurzeit mache ich lieber ein bisschen langsam, bevor man mich auch noch ausschalten kann. Ich meine, es gibt dicke Akten über mich. Ich bin nicht gerade der beliebteste Oberst im Militär.“ Havoc lachte leise. „Aber Sie sind eine höllisch gute Vorgesetzte“, sagte er. Er arbeitete seit Mustangs Verhaftung als Assistent für sie und war von ihrer Gründlichkeit überrascht. Sie bewältigte die Unmengen Papierkram, über die Mustang immer gejammert hatte, innerhalb weniger Stunden. „Und Sie haben die Berichte und so bisher weder in Brand gesteckt noch aus dem Fenster geworfen oder sie im Kaffee ertränkt. Ich bin Ihnen dafür wirklich dankbar. Und Sie sind auch noch so schnell!“ Sie grinste. „Photographisches Gedächtnis. Deswegen bin ich auch eine höllisch gute Ermittlerin. Ich bin nicht so gut wie Falman, aber das muss ich auch nicht sein. Ich muss eine Seite nur kurz ansehen und weiß, worum es geht. Danach weiß ich, ob es wichtig oder nicht ist.“ Sie zuckte die Schultern, während sie durch die Trümmer spazierte und ohne Rücksicht auf ihre Hände darin wühlte, bevor sie einen zersprungenen Fotorahmen zutage förderte. Das Bild war größtenteils zerstört worden, aber sie nahm ein kleines Messer von ihrem Gürtel und schnitt das Bild heraus, bevor sie es umdrehte und leise pfiff, bevor sie ihren neuen Assistenten ansah. „Treffer“, sagte sie leise und grinste schief. „Solche Messer habe ich bisher nur bei Brigadegeneral Hughes gesehen“, sagte Havoc und sah es neugierig an. „Und er hat immer gesagt, dass es eine Spezialanfertigung gewesen wäre.“ „Ich habe sie von Martin“, sagte Linette, während sie ihm das Bild hinhielt. „Ich habe Ihnen wohl zu gratulieren, Havoc. Sie sind unser Mann für die Bewachung von Ladyhawk und Grumman.“ Er sah sie perplex an. „Aber nur Familie darf zu ihnen“, sagte er langsam, verwirrt. „Und das sind Sie, Havoc“, sagte sie. „Offenbar ist Hawkeye Ihre Halbschwester.“ Der Springer auf der Seite der Königin – Rebecca Catalina Währendessen war Rebecca Catalina gerade in South City angekommen. Sie hatte ihre Züge sehr knapp kalkuliert und profitierte von der üblichen Verspätung. Sie gönnte sich keine Pause. Sie nahm ein Taxi vom Hauptbahnhof und fuhr direkt zum Southern Hauptquartier. Ihre Uniform sah ein wenig derangiert aus, als sie durch die Gänge rannte und die fragenden Blicke ignorierte. Sie war schneller als sonst, als sie die Treppen hochrannte, die zum Büro ihres Großvaters führten. Olivier hatte ihr gesagt, dass sie alles aufbieten mussten, um Mustang zu retten. Deswegen war sie in den Süden gereist. Die Soldatin war ein wenig außer Atem, als sie schließlich durch den Vorraum schritt und die Sekretärin ignorierte, bevor sie klopfte und eintrat. „Becca“, sagte ihr Großvater erfreut, als sie hereinkam. „Ich habe es gehört. Und du musst wissen, dass ich sehr stolz auf dich bin. Du hast denen in Central gezeigt, aus welchem Holz wir sind. Nun, hast du irgendetwas für mich, was ich tun kann, um deinem Freund zu helfen? Ich kenne Mustang nicht gut, aber wieso hätte er Grumman töten sollen? Wieso? Es ergibt keinen Sinn! Ich habe einen meiner Leute zu der Verhandlung geschickt und du musst wissen, dass der Mann mir gesagt hat, dass zurzeit im Central Hauptquartier Chaos herrscht. General Hakuro gegen Generalleutnant Lewellyn, Generalmajor Armstrong und Brigadegeneral Hamilton. Ich unterschreibe die Petition, falls du eine Kopie davon dabei hast. Und dann machen wir uns auf den Weg nach Central, damit ich auf meine alten Tage noch einmal beweisen kann, dass es meine Sache ist, was mit meinem Land geschieht.“ Rebecca war sprachlos. Sie hatte erwartet, dass er ihr helfen würde, sicher, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass er soweit gehen würde. „Danke“, sagte sie leise. „Damit haben wir vier, die Zutritt zu Mustang und den beiden Verletzten haben. Das heißt, unser Radius und unsere Möglichkeiten sind stark angewachsen.“ Sie beugte sich vor und umarmte ihren Großvater. „Danke, Opa“, sagte sie sehr leise, fast so, als ob sie sich nicht sicher wäre, ob es erlaubt war. „Keine große Sache“, sagte er sanft und legte einen Arm um sie. „Nun, sie werden nicht froh sein, mich in Central zu sehen. Aber ich bin es Grumman und Charlotte schuldig, dass ich sie nicht auf halbem Weg fallenlasse. Und ich halte meine Versprechen ein, Rebecca.“ Er stand auf und nahm seine Dienstwaffe aus seinem Schreibtisch. „Und nach allem, was Grumman, Lotte und ich in den letzten Jahren hinter uns gebracht haben, wird es ein Kinderspiel sein, Central zu stürmen.“ Rebecca kicherte, während sie sich bei ihrem Großvater unterhakte und sie zusammen aus dem Raum schlenderten. Sie waren gerade auf der Haupttreppe, als Major Catalina erschien. Er sah seinen Vater und seine Tochter mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Wohin des Weges, wenn ich fragen darf?“, wollte er wissen. Rebeccas Großvater verstärkte seinen Griff am Oberarm der Enkelin. „Nach Central“, sagte er dann, als ob es etwas Alltägliches wäre, dass er einfach seine Region verließ. „Das kannst du nicht verstehen, John, weil du nie verstanden hast, was Kameradschaft bedeutet.“ „Rebecca Anna Catalina!“, schnappte Major Catalina und sah seine Tochter mit flammenden schwarzen Augen an. „Was soll das? Der Mann hat deine beste Freundin ins Koma geschickt und hätte ihr fast ihren Großvater genommen! Wann wirst du eigentlich jemals erwachsen?“ Rebecca verzog keine Miene. Das hier war noch harmlos. „Ich war als erste da“, sagte sie dann leise, „und ich kenne Mustang gut. Wesentlich besser als du, das ist klar. Und ich weiß, dass er Riza liebt. Du kannst es vermutlich nicht verstehen, weil deine Treue immer nur sehr sporadisch war. Und du verstehst es nicht. Während du irgendwo in der Welt umhergelaufen bist, um Karriere zu machen, war ich entweder bei Großvater oder bei Grumman! Die beiden waren mir in den letzten Jahren wesentlich näher als du! Als ich angeschossen worden bin, war es Grumman, der mich jeden Tag zuhause besucht hat, weil er sehen wollte, ob es mir gut ging! Du hast noch nicht mal angerufen! Und ich weiß, dass Grumman es mir niemals verzeihen würde, wenn ich seinen Kumpel sterben lasse. Und das ist der Grund, weshalb du es nicht verstehen kannst! Wir gehen nach Central, weil wir wissen, was es heißt, den Namen Catalina zu tragen!“ Die Königin – Riza Hawkeye Hawkeye hatte zu viel von der Gasmischung eingeatmet, aber das wusste sie nicht. Sie lag im Koma. Sie lag mit über dem Bauch gefalteten Händen in ihrem Krankenhausbett. Ihr helles Haar, lang und seidig, leuchtete auf den schneeweißen Kissen. Sie atmete flach und rührte sich nicht. Nur hin und wieder zuckten ihre Zehen, manchmal flatterten die fliederfarbenen Lider und manchmal seufzte sie ohne ersichtlichen Grund. Sie war sehr weit abgedriftet und hatte keine Ahnung von dem, was sich in der Welt außerhalb des Krankenhauses abspielte. Die Ärzte sagten, dass sie wieder aufwachen würden. Das war es, was alle antrieb. Sie hofften darauf, dass sie eines Tages wieder die Alte sein würde. Aber sie würde es nicht sein, wenn Mustang sterben würde. Als Rebecca ihre Freundin inmitten der Trümmer gefunden hatte, hatte es so ausgesehen, als ob es schon zu spät gewesen wäre. Dass sie nicht überleben würde. Aber sie lebte. Sie würde leben, bis man ihr nach ihrem Erwachen mitteilen musste, was in ihrer Abwesenheit passiert war. Und darum riss sich keiner. Rebecca wusste, dass es ihre Pflicht sein würde, als beste Freundin und erfahrene Überbringerin schlechter Neuigkeiten. Aber jeder hatte Angst vor Hawkeyes Reaktion. Sie würde sich vorwerfen, es nicht verhindert zu haben, weil sie nicht wirklich da gewesen war. Der König – Roy Mustang Roy Mustang musste warten und hoffen. Er musste auf die Fähigkeiten von Frauen vertrauen, denen er noch nie vertraut hatte und die er zu einem Teil nicht einmal kannte. Er wusste nur, was ein Versprechen aus Oliviers Mund wert war. Sie war nicht der Typ, der Verrat beging. Sie hatte andere Methoden, um sich an die Macht zu bringen. Und er wusste, dass sie vermutlich die einzige war, die seinen Kopf jetzt noch retten konnte. Und deswegen hoffte er. Er hoffte, weil das alles war, was er tun konnte. Und er wollte hoffen. Er wollte, dass alles wieder gut werden würde, aber es war schwer, noch neuen Mut zu schöpfen, wenn man wusste, was passieren würde. Die Tür zur Zelle wurde geöffnet. „Sie halten sich wacker, Mustang“, sagte eine rothaarige Frau mit einem breiten Grinsen. „Und vertrauen Sie uns. Wir wissen genau, was wir tun, auch wenn es nicht so aussehen mag.“ Sie schloss die Tür hinter sich. „Ich bin Brigadegeneral Kay Hamilton, aber weil wir zu dritt sind, reicht Kay vollkommen aus. Ich bin nicht in der Stimmung, mich ans Protokoll zu halten. Okay, Olivier schickt mich, damit ich Ihnen ein Update gebe. Offenbar ist die Königin noch nicht geschlagen. Ebenso wenig ist Generalfeldmarschall Grumman tot. Sie sind beide außer akuter Lebensgefahr und auf dem Wege der Besserung. Vielleicht erleichtert Sie das ein wenig. Sergeant Brosh war im Krankenhaus und hat mit ein paar von den Krankenschwestern gesprochen. Ihre Verlobte ist in einem stabilen Zustand und kann jederzeit aufwachen. Der Generalfeldmarschall ist ebenfalls in gutem Zustand, um genau zu sein, ist er wesentlich schwächer verletzt als Oberst Hawkeye.“ Mustang beugte sich vor und umfasste seinen Kopf mit beiden Händen. „Gut, das ist gut“, murmelte er. „Sie leben noch. Beide. Das ist gut…“ Er sah unvermittelt wieder auf. „Was ist mit dem Rest meiner Einheit? Hat man sie irgendwie in diese verdammte Sache hineingezogen?!“ Kay schüttelte den Kopf. „Nein, Sir“, sagte sie. „Wir lassen es nicht zu, wissen Sie? Und ich verstehe, weshalb all Ihre Leute so viel für Sie tun würden, Sir. Sie haben eine gute Ausstrahlung und man merkt, dass Sie sich um die Ihrigen kümmern. Oberleutnant Havoc arbeitet als Assistent für meine Schwester, für Linette. Da ist er sicher. Leutnant Fuery ist bei Major Elric und kümmert sich darum, dass das Herrenhaus der Armstrongs nicht verwanzt ist. Leutnant Breda ist zusammen mit Oberst Armstrong nach East City zurückgegangen und Oberleutnant Falman ist zum persönlichen Assistent von Generalleutnant Lewellyn gemacht wurden. Ich habe Sergeant Brosh unter meinen Schutz gestellt und Oberleutnant Ross ist zurzeit Oliviers Assistentin. Was Oberst Miles angeht, er hat zurzeit als einziger vollkommene Bewegungsfreiheit und er hat Serena unter seinen Schutz genommen. Die Leute hier in Central kennen sie nicht, also ist sie offiziell seine kleine Schwester.“ „Dass ich überhaupt in diese Situation kommen konnte!“ Mustang rieb sich die Schläfen. „Es ist eine Schande! Die Harpyie hatte Recht, als sie mir vorgeworfen hat, dass ich zu sorglos wäre! Und wenn wir schon einmal beim Thema sind: Wo steckt Catalina? Hat sie mich verraten?“ Kay schüttelte energisch den Kopf. „Als ich sie zuletzt gesehen habe, ist sie in einem Affenzahn in Richtung Bahnhof losgerast und sah so aus, als ob sie am liebsten ein paar Köpfe abreißen wollte“, sagte sie. „Und meine Informanten in South City haben mir berichtet, dass sie wohl im Southern Hauptquartier aufgetaucht wäre und sofort zum Generalmajor gegangen wäre. Ich würde sagen, sie ist nicht geflohen. Ich würde sagen, sie holt Verstärkung.“ „Ich … ich verstehe“, sagte er leise. „Ich habe Falman heute gesehen. Er kam mit Lewellyn, als sie mit mir zu Mittag essen wollte. Ich muss sagen, es war schön, ihn zu sehen.“ Kay konnte nicht lange bleiben. Sie musste ihre Tarnung als unfreiwillige Unterstützerin um jeden Preis aufrechterhalten. Deswegen ging sie bald wieder und war gerade weg, als General Hakuro mit breitem Grinsen in die Zelle stolzierte. „Und?“, fragte er leise. „Wie gefällt es Ihnen hier, Mustang? Machen Sie sich keine Sorgen, sobald Sie weg sind, ist Armstrong dran. Und dann werde ich der nächste Generalfeldmarschall.“ „Sie waren das“, sagte Mustang leise und sah den Mann hasserfüllt an. „Natürlich waren Sie es. Sie sind neben mir und Armstrong der einzige, der auch nur ansatzweise in der Lage wäre, das Land zu übernehmen, wenn Grumman eines Tages nicht mehr sein wird. Sie … Sie Verräter! Und wieso auch Riza? Das war kein Zufall, dass Sie dort war, als es die Explosion gegeben hat, richtig? Das war ein Teil des Planes, oder? Sie wollten meine Verlobte und meinen Mentor umbringen!“ „Sie sind ein kluges Köpfchen, Mustang“, sagte Hakuro grinsend. „Das war in der Tat unser Plan, aber es geht uns noch nicht einmal um Sie, Mustang. Sie sind nur ein Soldat, der die Gunst der Stunde genutzt hat. Es geht uns um die wahre Verräterin, um Armstrong. Sobald wir Sie losgeworden sind, werden Beweise dafür auftauchen, dass die gute Frau Bescheid wusste und den Anschlag sogar mit dem Geld aus ihren Aktiengeschäften finanziert hat. Dann wird sie sehr bald in dieser Zelle sitzen und auf ihren Tod warten. So, wie Sie es jetzt tun. Und machen Sie sich keine Sorgen, man wird Ihre Unschuld nach Ihrem Tod anerkennen. Ich habe den Bericht des Silver Alchemist gelesen und ich muss sagen, dass es schade ist, dass die Kleine so schlau ist, weil sie sich damit ihr eigenes Grab geschaufelt hat. Ich habe schon ein paar Militärpolizisten losgeschickt, um sie festnehmen zu lassen. Sie wird Ihnen sehr bald hier unten Gesellschaft leisten.“ „Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Weshalb hat der Angriff auch Riza gegolten?“ Hakuro grinste nur noch breiter. „Weil Ihre reizende Verlobte zu schlau ist. Sie wäre uns zu schnell auf die Schliche gekommen. Ich muss sagen, mein Partner hat an alles gedacht. Und er hat genau gewusst, was Armstrong tun würde. Und erstaunlicherweise hatte er Recht. Ich hätte gedacht, dass die Eisschlampe Sie sterben lassen würde, aber offensichtlich hat sie doch ein Herz.“ Mustangs Hände verkrampften und wenn er keine Handschellen tragen würde, hätte er den Mann auf der Stelle erwürgt. „Ich nehme an, der Richter war gekauft“, sagte er und war nicht überrascht, als Hakuro nickte. „Und jetzt auch noch Helena. Sie hat nichts damit zu tun, aber vermutlich macht es Ihnen Sorge, dass sie weiß, dass ich unschuldig bin.“ Der General nickte. „Und mehr Sorge macht es uns, dass die Kleine als potentielle Nachfolgerin für den Osten gehandelt wird“, sagte er zustimmend. „Sie ist zu klug für ihr eigenes Wohl. Machen Sie sich keine Sorgen, für sie wird es schneller gehen. Ihre Schuld kann nicht angezweifelt werden, sie hat selbst gesagt, dass es ihre Gase waren, die wir benutzt haben. Und weil sie leider Ihre Untergebene ist, wird das auch Konsequenzen für Sie haben, Mustang. Übermorgen sterben Sie. Armstrong hat uns ein paar Steine in den Weg gelegt, aber es ist zu spät.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)