Fullmetal Alchemist - Was danach geschah von abgemeldet (Was hätte passieren können...) ================================================================================ Kapitel 34: WEIL SIE JA NICHTS ANDERES ZU TUN HABEN… ---------------------------------------------------- WEIL SIE JA NICHTS ANDERES ZU TUN HABEN… Das Anwesen des Generalfeldmarschalls „Sag mir noch mal, weshalb wir uns das hier eigentlich antun“, sagte Olivier seufzend, während sie an ihrem Kleid herumzupfte. Es war nicht ihre Art, elegante Kleider zu tragen, aber das hier war ein wichtiger Anlass und wenn es wirklich wichtig war, zog sie auch ein Kleid an. Und dieses Kleid war umwerfend geschnitten. Es war knielang und aus wassergrünem Stoff. Normalerweise trug sie nur an Festtagen Grün, weil es ihr sehr patriotisch vorkam. In Blau lief sie den lieben langen Tag herum und Rot erinnerte sie immer wieder an Blut. Und Blut sah sie oft genug. Deswegen war Grün für einen Tag wie heute wie geschaffen. Sie liebte diese Farbe und wenigstens heute würde sie sie tragen können, ohne sich schuldig zu fühlen. „Wir tun es uns an, weil es für Sie eine ganz wichtige Chance bezüglich Ihrer Karriere ist“, sagte Miles wie mechanisch und bot ihr den Arm. „Und jetzt kommen Sie, Madam. Wir wollen den Generalfeldmarschall schließlich nicht warten lassen.“ Sie seufzte und hakte sich bei ihm unter. Das hatte rein praktische Gründe, weil sie nicht an Highheels gewöhnt war und darauf verzichten konnte, sich die Nase zu brechen. „Ich muss mich eines Tages wirklich mal dafür erkenntlich zeigen, was du immer für mich tust, Miles“, sagte sie, während sie die Treppen erklommen. „Ich merke das, auch wenn ich mich nicht immer dementsprechend verhalte. Und ich bin dir wirklich dankbar dafür, dass du so schnell zurückgekommen bist.“ „Oberst Miles, Generalmajor Armstrong!“, rief eine Männerstimme hinter ihnen und sie drehten sich um. Zwei Soldaten waren erschienen. Ein schwarzhaariger Mann und eine Frau mit silbernen Haaren, die sorgfältig frisiert waren. Beide trugen ihre Paradeuniformen und man konnte mit einem Blick feststellen, dass die Frau den höheren Rang hatte. Sie war Oberst und er war Oberstleutnant. „Oberstleutnant Force!“ Miles schnappte nach Luft, als er seinen Nachfolger sah. „Und Oberst Hamilton! Ich nehme an, Sie sind auch eingeladen?“ „In der Tat“, sagte die Frau gedehnt. „Eigentlich wollten wir längst zurück in Ishbal sein, weil wir die Glasfabrik wiederaufbauen müssen, nachdem sie letzte Woche grundlos niedergebrannt ist, aber der Generalfeldmarschall hat uns am Bahnhof abgefangen und uns zum Abendessen eingeladen.“ „Die Glasfabrik ist abgebrannt?“, fragte Miles und sah die beiden anderen Soldaten besorgt an. „Wie ist das möglich? Ich meine, ich habe die Pläne selbst gesehen. Sie hätte nicht brennen dürfen.“ „Herzlich willkommen in der Realität, Oberst“, sagte Helena schnippisch. „Ich wohne direkt gegenüber und als ich aufgewacht bin, stand sie schon lichterloh in Flammen. Ich bin raus und habe die Löscharbeiten geleitet, aber es war zu spät. Wir konnten nichts mehr retten. Sie wissen so gut wie ich, was das bedeutet. Irgendwer muss ein Interesse daran haben, uns zu sabotieren. Ich würde auf meine ältere Schwester tippen, aber sie macht sich nicht selbst die Finger schmutzig. Falls der Süden ein Interesse daran haben sollte, mich in Misskredit zu bringen, dann wäre der letzte Anschlag auf das Ishbal Hauptquartier ein Erfolg gewesen, was er aber nicht war. Mr Scar, Dr. Marcoh, Martin und ich hatten einige Probleme, die Soldaten ruhigzustellen und dafür zu sorgen, dass East City keine Berichte darüber bekommen hat.“ Sie zuckte die Schultern. „Ishbal ist eine selbstständige Behörde und ich werde einen Teufel tun, daran etwas zu ändern und sie unter das Kommando von East City zu stellen. Wir kommen auch ohne Verstärkung zurecht. Wir haben sehr viele junge, engagierte Soldaten. Sie sollten es sich vielleicht selbst ansehen, Generalmajor Armstrong. Ishbal ist für unser Militär noch immer eine haarige Sache, aber deswegen habe ich auch nur Soldaten herbeordern lassen, die während des Krieges maximal auf der Akademie waren. Es ist frisches Blut, was wir zurzeit dort haben.“ „Helena ist eine geborene Strategin“, sagte Force leise. „Sie hat neben ihrer Militärausbildung ein bisschen Psychologie studiert und seitdem ist sie eine Fachfrau für psychologische Kriegsführung. Sie hat bisher immer jede Prüfung mit besonderer Auszeichnung bestanden. Sie ist niemand, mit dem man sich anlegen sollte, solange man es vermeiden kann. Und als Oberst gehört sie nicht grundlos zur oberen Kommandoschiene. Sie kommt aus einer Familie mit militärischer Tradition, aber sie hat es für sich selbst entschieden, einzutreten, weil sie das Land beschützen will. Typisch Helena eben.“ „Wie amüsant du sein kannst, wenn du willst“, schnappte sie. „Wir sollten uns jetzt aber wirklich beeilen“, sagte Miles seufzend. „Die Sache mit der Fabrik, kriegen Sie das alleine hin, Oberstleutnant, oder brauchen Sie Unterstützung?“ „Unsere größte Sorge ist zurzeit, dass Generalmajor Mustang Wind von der Sache bekommt, aber wir konnten es bisher verheimlichen. Als wir wegen der Sitzung hergekommen sind, liefen die Aufbauarbeiten auf Hochtouren und die Sache war vollkommen unter der Kontrolle der Behörden“, sagte Force ruhig. „Mr Scar hat vermutet, dass es sich bei den Tätern um eine Vereinigung von Fundamentalisten handeln könnte, die uns aus Ishbal herausekeln wollen, aber wir sind daran gewöhnt, gegen den Strom zu schwimmen und unser Ding durchzuziehen.“ „Ich habe meine persönlichen Untergebenen zurückgelassen“, sagte Helena. „Und einige von ihnen haben sich am Wiederaufbau von Reole beteiligt. Es sind also alles nur Profis.“ Gedankenverloren nahm sie einen Handschuh aus ihrer Jackentasche und reichte ihn ihrem Begleiter. „Und ich bin mir sicher, dass bei unserer Rückkehr erste Ergebnisse vorliegen werden. Tabea ist Brandsachverständige gewesen und wird einen Teufel tun, mich hängenzulassen. Ich brauche ihr Urteil.“ „Du wälzt in letzter Zeit eine Menge Arbeit auf deine Leute ab, Lena“, sagte Force, während er ihr einen Briefumschlag zusteckte. „Aber ich nehme an, dass das daran liegt, dass du selbst eher damit beschäftigt bist, eine Lösung für ihr Problem zu finden.“ „Alle relevanten Unterlagen sind vernichtet worden“, fauchte sie. „Ich muss von vorne anfangen. Ich muss selbst eine Theorie bezüglich dieser Transmutation entwickeln, um sie umzukehren. Ich wünschte wirklich, es gäbe jemanden, der mir sagen könnte, wie es geht, aber leider erinnern sie sich nicht mehr gut genug an die Transmutation. Deswegen sind sie keine große Hilfe. Aber ich muss es schaffen, Martin. Wenn ich es nicht schaffe, wie könnte ich ihnen jemals wieder in die Augen sehen. Ich muss kämpfen und hoffen, dass ich es irgendwie ohne fremde Hilfe schaffe.“ Sie erreichten die Tür und klingelten, während Olivier und Miles einen Blick tauschten. Sie kannten einander und sie konnten sich quasi stumm verständigen. Und gerade waren beide sehr überrascht. Es war nicht, weil Grumman zwei Offiziere eingeladen hatte, die kaum einer der anderen Anwesenden besser kannte, es war, weil selbige Offiziere sich sehr seltsam verhielten und Dinge diskutierten, von denen kein anderer auch nur Kenntnis hatte. Das war verdächtig, wie Olivier fand. „Hast du eigentlich den Bericht über die andere Sache fertig?“, fragte Force leise, während sie warteten. „Du weißt schon, den über den Unfall. Ich meine, ich hatte dich darum gebeten, aber du hast so viel zu tun, es wäre nicht schlimm, wenn du noch mehr Zeit brauchen würdest.“ „Er ist fertig und wartet nur noch auf deine Unterschrift, Martin“, sagte Helena zufrieden. „Es wäre aber ganz nett, wenn wir das Thema wenigstens einmal begraben würden. Ich meine, es ist für mich der erste wirklich freie Tag seit Ewigkeiten.“ „Nicht nur für Sie, Hamilton“, sagte Olivier freundlich. „Ich war auch schon lange nicht mehr in der Position, freizunehmen.“ Sie wollte wissen, wie klug und diplomatisch die jüngere Frau war, ob sie als würdige Gegnerin in Betracht kommen würde. Olivier hatte sich schon immer für kleine Spielchen begeistern können und sie suchte immer nach einem ebenbürtigen Gegner, nach jemandem, den sie nicht so leicht manipulieren konnte. Und vielleicht hatte sie einen solchen Gegner im Gespann Force/Hamilton gefunden. Und sie hatte sich immer nach einem solchen Gegner gesehnt. Sie warf den beiden Offizieren einen prüfenden Blick zu. Sie waren ruhig, gefasst. Sie verhielten sich so, wie es ihren Rängen angemessen war: Professionell. Olivier hatte ihre Akten gelesen und hatte herausbekommen, dass beide zu den besten Absolventen der Western Militärakademie überhaupt gehört hatten. Sie nahm an, dass es Gründe hatte, dass sie seit dem Tag ihres Abschlusses immer für alle Missionen zusammen eingesetzt worden sind. Als sie die Chance hatte, fing sie Falman ab, als er gerade zum Dinner kam, und zerrte ihn in eine unbeobachtete Ecke des Salons. „Falman, was können Sie mir über Hamilton und Force sagen?“, wollte die Generalin ungeduldig wissen. „Oberst Helena Anastasia Hamilton und Oberstleutnant Hamilton waren zusammen auf der Akademie und sind schon damals dadurch aufgefallen, dass sie besonders als Team erfolgreich waren. Sie sind beide nach ihrem Aufenthalt an der Südfront mit dem Roten Drachen ausgezeichnet worden, tragen ihn aber aus den üblichen Gründen nicht“, leierte das Gedächtniswunder herunter. „Sie sind nach ihrer Rückkehr, annähernd unverletzt, in ein Büro versetzt worden, dass sich mit der Rekrutierung neuer Staatsalchemisten beschäftigen sollte. Das war ein direkter Befehl von Bradley, soweit ich weiß, und sie wurden ausgewählt, weil Hamilton genug Erfahrung hat, um einen potentiellen Staatsalchemisten ausfindig zu machen. Sie ist begabt, das sagen alle. Nur müssen sich ihre Schießfähigkeiten seit Aerugo drastisch verschlechtert haben. Ich schätze, dass liegt daran, dass sie sehr religiös ist. Und ich kann mir wiederum vorstellen, dass das für sie nicht immer leicht war. Ich meine, während der Verfolgung der Ishbalier in der Akademie zu sein, ist schon schwer, wenn man zu einem Teil Ishbalier ist, aber wenn man auch noch ein gläubiger Ishbalier ist, muss es noch schwerer sein. Und ich will nicht wissen, wie sie es durchgestanden hat, ohne entdeckt zu werden.“ Olivier legte die Stirn in Falten. „Force hat sie gedeckt“, sagte sie dann langsam, während ihr Blick quer durch den Raum zu den beiden Offizieren wanderte, die nebeneinander standen. „Könne Sie das auch sehen, Falman? Er scheint sehr beschützerisch ihr gegenüber zu sein.“ „Weitere Teile ihrer Einheit waren offenbar eine Reihe Chimären, die alle eine sehr eindeutige Einstellung dem Militär gegenüber haben“, sagte Falman leise. „Oberleutnant Tabea Wilkinson. Ich hatte ihre Akte kürzlich auf meinem Tisch. Sie ist offiziell Hamiltons rechte Hand, aber dafür hat sie zu viel Freiraum. Sie wird häufig mit Leutnant Heinkel zusammen gesehen, der Löwenchimäre. Wilkinson ist mit einer Tigerin transmutiert werden und ein bisschen rachsüchtig. Und sie ist nicht der Typ, den ich mir als Assistentin nehmen würde, wenn es darum geht, Leute zu rekrutieren. Sie würde jedem Interessenten erst einmal sagen, weshalb es besser wäre, die Finger davon zu lassen. Es macht keinen Sinn, wie das Ishbal Hauptquartier zurzeit aufgebaut ist. Hamilton und Force haben den Laden fest in der Hand und haben sogar darum gebeten, eine Zweigstelle der Militärakademie dort eröffnen zu dürfen. Sie wollen Ishbal von Central und East City unabhängig machen, das ist die einzige Erklärung, die ich im Angebot habe. Es passt alles, wissen Sie? Mustang hat im Osten auch offiziell die Order gehabt, Staatsalchemisten zu rekrutieren, aber Sie sehen, wo es geendet hat. Und ich kann mir vorstellen, dass Hamilton ebenfalls der Typ ist, der sein Land auch auf Kosten des eigenen Lebens verändern möchte.“ Olivier nickte. „Sie haben gut nach Briggs gepasst“, sagte sie langsam. „Erst hätte ich nicht gedacht, dass Sie sich so gut machen würden, aber Mustang hat ein gutes Händchen bei der Wahl seiner Freunde und Verbündeten, das muss man ihm lassen. Er weiß, wer nützlich sein kann.“ Falman lächelte geschmeichelt. „Und Sie waren auch nicht die schlechteste Vorgesetzte, Madam“, sagte er freundlich, bevor er an die Seite seiner Ehefrau zurückkehrte. „Sie werden weich, Madam“, sagte Miles trocken, während er ihr ein Glas Wasser reichte. „Sind Sie sicher, dass Sie nach dem eigentlichen Plan verfahren wollen? Ich habe so das Gefühl, dass wir unter Umständen früher in Briggs sein sollten als geplant. Mustang und seine Leute brechen auch schon heute Abend wieder auf. Wir sollten auch zurückfahren. Wir waren in den letzten Monaten fast mehr in Central beziehungsweise im Ausland als in Briggs…“ Die Generalin nickte. „Du hast Recht“, sagte sie gedankenverloren. „Wir sollten den nächsten Zug nach Hause nehmen, der akzeptabel ist. Wir wollen niemanden beleidigen, also sollten wir jetzt nett sein und brav lächeln und ein bisschen plaudern.“ Sie hakte sich wieder bei ihm unter. „Und du tust mir doch sicherlich den Gefallen, mir ein bisschen Gesellschaft zu leisten. Ich meine, ich bin hier die einzige ohne längerfristige Beziehung. Ausgenommen du und Breda, aber in seiner Gegenwart fühle ich mich immer so dumm. Und ich will nicht das Gefühl haben, dümmer zu sein als ein Leutnant.“ Miles nickte nur. Er verstand sie auch so und er war in weitaus schlimmeren Situationen gewesen. Olivier einen Abend lang Gesellschaft zu leisten war meistens sehr amüsant. Früher, als Bucaneer noch da gewesen war, hatten sie immer zu dritt über die anderen Anwesenden gelästert, aber das hatte sich geändert. Seitdem der Captain lächelnd gestorben war, war Olivier deutlich respektvoller den anderen Soldaten gegenüber. „Meine lieben Freunde, es gibt etwas zu essen!“, rief Grumman, der sich mit Lewellyn unterhalten hatte, bevor er sich bei der älteren Dame unterhakte und sie zum Tisch führte. Die anderen Paare folgten ihnen in gebührendem Abstand. Olivier war von Geburt aus Amestrierin und auch wenn ihr das Respekt von Seiten der Rassisten einbrachte, bedauerte sie es manchmal. Sie konnte sich nicht an Miles’ und Helenas’ Gespräch über die Kultur der Ishbalier beteiligen und keines der anderen Themen schien interessant. Sie hörte einfach nur zu. Das war es, was sie eigentlich nicht sonderlich konnte, aber diesmal schaffte sie es, den anderen tatsächlich nur zuzuhören und die unterschiedlichen Gruppen auszumachen. Die vermutlich kleinste Gruppe waren Helena und Force, die untereinander in erster Linie Anekdoten austauschten und trotz der Tatsache, dass es meistens ernste Hintergründe hatte, lachten die anderen. Die größte Gruppe war Mustangs Einheit, die sich köstlich zu amüsieren schien. Generalleutnant Lewellyn kam gut mit Havoc zurecht und so verließen die beiden zwischenzeitlich den Raum, um auf dem Balkon eine Zigarette zu rauchen. „Ich sollte langsam aufhören, schätze ich“, sagte die Generalin, „aber man kann damit den Jungs in den unteren Rängen Angst machen. Im Western Hauptquartier geht seit Jahren das Gerücht um, dass ich meine Zigarette mal auf der Handfläche eines Rekruten ausgedrückt hätte.“ „Hmh, vielleicht sollte ich auch anfangen“, sagte Olivier, die mit ihnen an die frische Luft gegangen war, und lehnte sich gegen die Balustrade. „Andererseits mache ich den meisten Soldaten auch so mehr als genug Angst und sie brauchen es nicht wirklich, vermutlich. Und dennoch bin ich immer an Strategien zur Einschüchterung von aufsässigen Rekruten interessiert…“ „Olivier, das ist nicht das, wozu ich dich so weit nach oben gebracht habe“, sagte Lewellyn und rümpfte die Nase. „Ich bin sicher, dass du inzwischen gelernt hast, deine Emotionen perfekt zu verbergen, wie ich es dir immer geraten habe, aber das galt eigentlich nur für die Fälle, in denen du es mit Bradley und Konsorten zu tun hattest. Grumman und der alte Catalina, das sind noch Soldaten vom alten Schlag. Sie sind dem Land ergeben und nicht ihrem Ehrgeiz. Es sind gute Leute.“ Olivier hob eine Augenbraue. Das hatte auch schon anders geklungen. Brigadegeneral Catalina hatte immer nur die besten Zeugnisse von ihrer alten Mentorin bekommen, aber Grumman hatte in den letzten Jahren auch hin und wieder den Ärger der Frau auf sich gezogen. Lewellyn war ebenso wie Grumman selbst aus Central verbannt worden. Für sie hatte man sich etwas besonders fieses einfallen lassen, einen Transfer nach North City, was nach Briggs der unbeliebteste Arbeitsort war. Wer dort landete, dessen Karriere war praktisch gelaufen. Später hatte man sie dann in den Westen geholt, weil man sie dort vermutlich besser unter Kontrolle gehabt hatte, aber Olivier hatte ihre militärische Grundausbildung im Norden absolviert und war auch für den Großteil der Zeit dort geblieben. Sie war nie an einer Karriere in Central interessiert gewesen, weil sie von allen Seiten immer nur gehört hatte, wie heuchlerisch und schwach die Führung dort war. Und sie hatten alle Recht gehabt. Central war noch immer die Wurzel allen Übels, wie Olivier fand. „Wieso hat er dich zurückgeholt?“, fragte die blonde Frau schließlich leise. Lewellyn zuckte die Schultern. „Es ist Grumman“, sagte sie erklärend. „Und er hat immer einen Plan in der Hinterhand, für den er Unterstützung braucht. Ich mag ihn, weil er meistens weiß, was er tut. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass er einen guten Riecher hat. Wenn er mich nach West City schickt, dann hat er sicherlich auch einen guten Grund dafür und ich bin mir sicher, dass er weiß, dass ich nur zurückgekommen bin, weil ich ihm noch einen Gefallen schulde. Außerdem bin ich hier in Central nicht gerade beliebt, wie du vielleicht bemerkt hast. Besonders Hakuro und Konsorten haben ein Problem mit mir, aber ich habe auch Probleme mit denen, deswegen ist es wieder fair.“ Unterdessen in East City Oberst Armstrong saß in seinem Büro und arbeitete stillvergnügt, als ein junger Sergeant hereinkam. „Oberst, in der Eingangshalle wartet eine junge Frau auf Sie und bittet darum, mit Ihnen zu sprechen“, sagte der Mann. „Hat sie … ein Schwert dabei?“, fragte Armstrong beunruhigt und schluckte schwer, als der Sergeant nickte. „Dann gehe ich besser zu ihr, bevor sie mich holen kommt“, murmelte der Oberst, bevor er seine Operatorin ansah. „Maria, du hältst hier die Stellung, bis ich zurückkomme.“ „Ja, Sir“, sagte sie geistesabwesend. Dann eilte Armstrong in die Eingangshalle, wo sich schon ein kleiner Volksauflauf gebildet hatte, aus dem eine kleine Frau hervortrat. Sie trug einfache, robuste Kleidung und lächelte freundlich, während sie ihr blauschwarzes Haar zurückwarf. „Lang ist’s her, Oberst“, sagte sie sanft. „Diesmal sehe ich einfach spontan bei Ihnen vorbei.“ „Miss Jun“, sagte er erleichtert. „Wie schön, Sie hier zu sehen.“ „Waren wir nicht schon beim ‚Du’ angelangt?“, fragte sie lächelnd. „Doch, da war tatsächlich etwas.“ „In der Tat“, sagte sie und aus dem perfekten Lächeln wurde ein Grinsen. „Können wir vielleicht irgendwo hingehen, wo ich mich setzen kann? Es war recht anstrengend.“ „Sicher“, sagte er und nahm ihr – ganz der Gentleman – ihren Koffer ab. „In meinem Büro ist zurzeit nur meine Untergebene.“ Dies sollte sich jedoch als Fehleinschätzung entpuppen, denn in der Zwischenzeit hatte Ross Gesellschaft von Brosh und Caroline bekommen. Armstrong hörte Carolines Gequietsche und entschied sich um. „Wir setzen uns am besten in die Bibliothek“, sagte er und schritt voraus. „Sie wird dir sicherlich gefallen.“ Jun lächelte und folgte ihm. „Ich war noch nie im Eastern Hauptquartier“, sagte sie, während sie sich neugierig umsah. „Wie viele aus der Führungsetage haben hier ihre Räumlichkeiten?“, wollte sie dann wissen. „Führungsetage heißt ab Oberstleutnant aufwärts“, sagte Armstrong nachdenklich. „Tja, eigene Büros haben eigentlich nur Generalmajor Mustang und ich. Oberst Hawkeye klebt noch immer wie eine Briefmarke an Mustang und die beiden anderen Mitglieder der Führungsetage hier in East, Oberstleutnant Force und Oberst Hamilton, sind längerfristig in Ishbal stationiert und ihre Büros hier im Hauptquartier stehen quasi leer.“ Er zuckte kurz mit den Schultern. „Der Osten ist karrieretechnisch nicht sonderlich beliebt. Man sitzt hier meisten lange nur herum.“ Sie erreichten die Bibliothek und nahmen an einem der Tische Platz. Ihnen gegenüber befand sich ein Arbeitsplatz, auf dem sich die Bücher nur so stapelten. „Cadet Hamilton?“, fragte Armstrong vorsichtig. „Sind Sie hier?“ „Ja, Sir“, sagte sie und tauchte hinter ihrem Bücherwall auf. „Sie sind wohl beschäftigt, Cadet?“ „Eine kleine Rechercheaufgabe für meine Schwester. Sie steht kurz vor dem Durchbruch.“ Serena salutierte. „Doktor Marcoh hat mich für sie hergeschickt.“ „Ihre Schwester arbeitet mit ihm, nicht wahr?“ „Sie ist eine Springerin, Sir. Sie arbeitet im Ishbal Hauptquartier, bei der Feldarbeit und sie assistiert Doktor Marcoh bei der Arbeit“, sagte sie. „Und wenn sie Freizeit hat, arbeitet sie an ihrer Fitness. Sie ist kein Mensch mehr, schätze ich.“ „Man hört, der Laden in Ishbal würde wirklich brummen…“ Sie nickte. „Alle geben ihr Bestes.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)