Fullmetal Alchemist - Was danach geschah von abgemeldet (Was hätte passieren können...) ================================================================================ Kapitel 20: DAS AUFEINANDERTREFFEN DER EISKÖNIGIN UND DER STAHLROSE DES SÜDENS ------------------------------------------------------------------------------ DAS AUFEINANDERTREFFEN DER EISKÖNIGIN UND DER STAHLROSE DES SÜDENS Es war schon lange her, dass irgendwer es gewagt hatte, Generalmajor Olivier Mira Armstrong länger als zwei Minuten warten zu lassen. Inzwischen saß die Herrin der Briggs seit einer halben Stunde in einem leeren Büro und wartete darauf, dass sich die Befehlshaberin von Leora endlich blicken lassen würde. Leora war die letzte Stadt vor der Südgrenze und gerade herrschte ein bisschen Stress, aber normalerweise sollte ein einfacher Major wissen, dass der Besuch eines Generals wichtiger war als die Verteidigung einer Stadt. Jedenfalls fand Olivier das. Als jemand eintrat, sah sie auf, aber es war nur ein ganz gewöhnlicher Sergeant. „Major Hamilton ist auf dem Weg hierher“, sagte er erleichtert. „Sie nimmt sich die Zeit, kurz mit Ihnen zu sprechen, Madam, bevor sie sich weiter um die Verteidigung der Stadt kümmert. Sie möchte Sie in ihrem Büro sprechen. Wenn Sie mir bitte folgen würden…“ Olivier stand auf und hielt ihren dicken Mantel fest im Griff, als sie dem jungen Mann durch die ausgestorbenen Flure folgte. Natürlich musste die Grenze gehalten werden, aber sie fand es sehr seltsam, dass ein einfacher Major mit einer solchen Verteidigung beauftragt worden war. Der Sergeant rannte regelrecht durch die Gänge, dann hielt er an und klopfte vorsichtig gegen eine Tür. „Falls es unwichtig sein sollte, sind Sie Ihren Job los, Mayer, und ich lasse Sie vors Kriegsgericht stellen!“, wetterte eine Frauenstimme im Inneren lautstark. Der Sergeant öffnete die Tür. „Generalmajor Armstrong aus Briggs, Madam”, sagte er nervös. „Der Generalfeldmarschall hat sie hierhergeschickt. Betrachten Sie das als wichtig genug, um mit ihr zu sprechen?“ „Sie kann hereinkommen“, sagte Major Kay Hamilton nach einer kurzen Pause. „Ich brauche zwei Tassen Kaffee und für mich einen Whisky.“ „Sehr wohl, Madam.“ Sergeant Mayer sah Olivier an. „Gehen Sie ruhig hinein und lassen Sie sich bitte nicht umbringen.“ „Sie belieben wohl zu scherzen“, sagte die Eiskönigin leise. Der Mann schüttelte den Kopf. „Die Rose des Südens kann stechen, müssen Sie wissen, Madam, und wenn sie schlecht gelaunt oder verletzt ist, sticht sie auch Verbündete und Kameraden. Deswegen sollten Sie auf der Hut sein“, sagte er, bevor er verschwand. Olivier straffte sich, bevor sie den Raum betrat. Es war ein karg eingerichtetes Büro, ohne irgendwelche Zierden. An der Wand gegenüber der Tür hing die grüne Flagge und an der rechten Zimmerseite stand der Schreibtisch auf einer kleinen Empore. Und an diesem Schreibtisch saß Major Kay Hamilton. Sie war eine auffallend große Frau und ihre hellroten Locken reichten bis zu ihrer Hüfte, als sie aufstand. Sie hatte dunkelgrüne Augen, die lebhaft funkelten, und vor ihr lag ein elegantes Schwert, das am Knauf mit Smaragden verziert war. „Generalmajor Armstrong“, sagte Kay gedehnt, bevor sie salutierte. „Sie haben sich keinen guten Zeitpunkt für Ihren kleinen Überraschungsbesuch ausgesucht. Wir befinden uns gerade im Kriegszustand mit Aerugo und ich komme gerade vom Schlachtfeld.“ „Ich nehme an, Sie sind Major Kay Hamilton“, sagte Olivier langsam, während sie die Frau musterte. „Ich bin überrascht, dass wir uns nie getroffen haben. Immerhin sind wir beide für eine Grenze zuständig…“ „Ich kann es mir nicht erlauben, mein Hauptquartier auch nur für einen einzigen Tag zu verlassen“, gab die Rothaarige zurück und wies auf den freien Stuhl. „Wenn ich nicht angeschossen worden wäre, hätten Sie mich hier heute nicht angetroffen. Eigentlich war mein Aufenthalt an der Front bis morgen angesetzt.“ Olivier lächelte dünn. „Da habe ich ja wirklich großes Glück gehabt“, sagte sie. „Ich wollte nur die Frau kennenlernen, die während der verwirrenden Ereignisse vor zwei Jahren das Land vor einer Invasion aus dem Süden beschützt hat. Deshalb bin ich hier. Ich bin von Ihrer Zielstrebigkeit wirklich sehr beeindruckt, Major, aber ich verstehe nicht, wie Sie in der Lage waren, den Süden nach dem Versprochenen Tag vollständig zu übernehmen, nachdem man Generalleutnant Chase abgezogen hat.“ Kay schnaubte verächtlich. „Das war ausgesprochen einfach“, sagte sie, während sie ihre Uniformjacke auszog, um ihren Arm mit dem Whiskey zu desinfizieren. „Als ich gehört habe, was er getan hatte, befand ich mich gerade zusammen mit all meinen treuen Untergebenen in einem einzigen Raum. Und meine Leute haben mir gesagt, dass es an der Zeit wäre, dass ich Initiative ergreife. Wir haben das südliche Hauptquartier mit acht Männern übernommen. Und dann erhielt ich einen Anruf des Generalfeldmarschalls, dass ich mich fürs Erste um den Süden und die Südgrenze kümmern soll. Das war’s. Es war nur ein gutes Timing, dass wir da hatten.“ Olivier verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie können von Glück reden, dass man Sie nicht dafür vors Kriegsgericht gestellt hat, Hamilton“, sagte sie trocken. „Die Heldin der Südgrenze wird nicht vors Kriegsgericht gestellt, wenn ihre einzige Straftat darin besteht, dass sie einen korrupten Generalleutnant unter Arrest gestellt hat. Es war eine besondere Zeit und ich habe von meiner Mutter gelernt, dass man in solchen Zeiten Befehle geben muss, die ungewöhnlich sind. Sie werden feststellen, dass es eine sehr friedliche Machtübernahme war. Es gab nur ein paar Verletzte, als ich aus Versehen eine falsche Wand eingerissen habe.“ „Sie sind also eine Alchemistin…“ Die Blonde legte die Stirn in Falten. „Sie wissen, wo ich stationiert bin. Deswegen sollte es Sie eigentlich ein wenig wundern, dass ich einmal quer durchs Land gereist bin, um Sie zu treffen.“ Kay legte die Fingerspitzen aneinander. „Das wundert mich in der Tat“, sagte sie. „Aber da ich weiß, wo meine Schwester gestorben ist, nehme ich an, dass Sie von mir die Unterlagen meiner Mutter über die Wasseralchemie haben wollen. Nur kann ich sie Ihnen leider nicht übergeben.“ „War Mustang war schneller?“ Olivier zerbrach ihre Kaffeetasse fast, als sie ihre Hand zur Faust ballte. „Oder wer hat sich diese Technik geschnappt?“ Die rothaarige Alchemistin seufzte schwer. „Erstens“, sagte sie, „habe ich in meinem ganzen Leben noch kein einziges Wort mit Generalmajor Mustang gewechselt. Alles, was ich über ihn weiß, weiß ich von meiner Mutter. Sie und Mustang waren Kameraden in Ishbal. Zweitens habe ich mich nur sehr oberflächlich mit der Wasseralchemie beschäftigt und das ist auch schon lange her. Ich habe zwar ein Buch darüber geschrieben, aber das basiert ausschließlich auf den Erfahrungen meiner Jugend.“ Sie hob die ersten drei Finger ihrer Hand. „Drittens ist die Wasseralchemie nach der Flammenalchemie die vielleicht tödlichste Waffe – und ich benutze sie ausschließlich, um meine Leute vor der feindlichen Armee zu beschützen. Ich bin Soldatin, Madam, und keine Staatsalchemistin. Viertens darf ich Ihnen diese Forschungsunterlagen nicht geben, weil meine beiden Schwestern ihr Leben gegeben haben, um sie zu beschützen.“ Sie hob die gesamte rechte Hand. „Fünftens habe ich die Unterlagen meiner Mutter schon nicht mehr, seitdem ich in die Militärakademie eingetreten bin.“ Oliviers Mund wurde gefährlich schmal. „Wieso glaube ich Ihnen nicht?“, fragte sie. „Ich bin nicht Generalmajor, weil ich dumm bin, Hamilton. Sie haben die Unterlagen. Wieso wollen Sie, dass ich glaube, dass Sie die Unterlagen nicht besitzen? Ich bin eine sehr viel höhergestellte Offizierin, Major.“ „Das mag sein, aber es dient Ihrem eigenen Wohl, dass Sie diese Unterlagen niemals zu Gesicht bekommen, Generalmajor. Es sind Forschungen, die es niemals hätte geben dürfen. Die Briefe meiner Mutter malen ein Bild von Ishbal. Und Sie können mir glauben, es ist ein sehr hässliches, aber reales Bild.“ Kay stand auf und griff in ihre oberste Schreibtischschublade. „Der Crystal Alchemist hat einmal gesagt, dass er die Forschungen des Teufels betrieben hätte, als er den Stein der Weisen erforscht hat. Nun, dann muss ich sagen, dass die Forschungen meiner Mutter ebenfalls nicht gottesfürchtig waren. Die Wasseralchemie in einer Wüstenregion einzusetzen, ist gewissermaßen Gotteslästerung. Ich weiß, welchen Ruf Sie haben, Generalmajor, aber selbst jemand wie Sie sollte erkennen, wo die Grenzen liegen.“ Sie knallte eine dicke Mappe auf ihren Schreibtisch, nachdem sie ihr eigenes Schwert eingesteckt hatte. „Das hier sind die Briefe meiner Mutter. Nachdem sie nicht aus Ishbal zurückkam, haben wir uns geschworen, es zu Ende zu bringen. Wir haben ihre Forschungen alle zu jedem Zeitpunkt nachvollziehen können. Die Wasseralchemie war unser aller Projekt.“ Sie nahm wieder Platz und schlug ihre Mappe auf. „Ich war keine zwanzig, als Mutter starb. Nerissa, meine älteste Schwester, hätte nicht nur sich selbst fast umgebracht, als sie ihre Forschungen nicht länger nur bei der Wasseralchemie belassen hat.“ „Menschliche Transmutation?“, fragte Olivier gedankenverloren. „Für jemanden, der so sentimental ist, wie meine Schwester es war, ist der Tod einer geliebten Person fast unmöglich zu akzeptieren. Wir haben uns in alle Richtungen des Landes zerstreut, damit niemand erraten konnte, wer von uns was erforschte.“ Kay stützte ihr Kinn auf ihren Handballen ab. „Und zu ihrem großen Pech ist Serena Nessa auf die Schliche gekommen. Menschliche Transmutation. Für eine Alchemistin vom Kaliber meiner ältesten Schwester war die Versuchung zu groß, nehme ich an. Aber sie hatte nicht das Recht, Serena in diese verdammte Sache mit hineinzuziehen. Rena hat die Wahrheit gesehen.“ „Sie scheinen nicht viel von Gefühlen zu halten“, stellte die blonde Offizierin fest. „Ich habe den Befehl erhalten, diese Grenze zu halten“, sagte Kay ernst. „Wenn ich mich von meinen Gefühlen leiten lasse, verliere ich nur meine Informationen und meinen Ruf. Ich weiß, wie mich meine Leute hier nennen. Stahlrose des Südens. Ich bin davon sehr geschmeichelt.“ Sie blätterte in den Unterlagen. „Jedenfalls ist Nessa an den Folgen der Transmutation gestorben. Sie hat den Preis für sich selbst und auch für Serena bezahlt, weil sie es verbockt hat. Ich habe eben gesagt, dass ich in erster Linie Soldatin bin, und ich habe es auch so gemeint. Ich habe gelernt, den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren. Deswegen bin ich nicht so begeistert davon, dass ich meine Schwestern eigentlich dafür hassen müsste, dass sie so dumm waren…“ „Ich sehe, wir haben eine Menge gemeinsam“, sagte Olivier erfreut. „Sie scheinen nicht viel von Schwäche zu halten, Major. Haben Sie jemals darüber nachgedacht, sich nach Briggs versetzen zu lassen? Ich habe zurzeit einen Posten in meinem Team frei. Und es wäre für Sie sicherlich karriereförderlich, wenn Sie unter einem anderen Kommando arbeiten würden. Was sagen Sie?“ „Es wäre für mich ein Rückschritt, nach Briggs zu gehen, Generalmajor“, sagte Kay, während sie milde lächelte. „Hier habe ich ein ganzes Hauptquartier unter meinem Kommando. Ich befehlige die gesamte South Armee, die hier an meiner Grenze kämpft. Wenn ich zu Ihnen nach Briggs gehen würde, müsste ich wieder gehorchen.“ „Was ist Ihr Ziel, Hamilton?“, fragte Olivier. „Es ist allgemein bekannt, dass Mustang nach Grummans Rücktritt Generalfeldmarschall werden wird. Was wollen Sie also noch groß beim Militär erreichen?“ Major Kay Hamilton stand erneut auf und ging hinüber zu der Wand, an der eine große Karte des Südens hing, dann wies sie auf eine kleine Stadt. „Sagt Ihnen der Name Lutetia etwas, Generalmajor?“, fragte sie leise. „Falls nicht, gebe ich Ihnen ein kurzes Update. Diese Stadt war vor gut achtzehn Jahren von unserem Nachbarland Aerugo besetzt worden. Daraufhin schickte das Oberkommando in Central eine einzige Staatsalchemistin dorthin. Sie hatte den Befehl, die Stadt auszuradieren, weil man sonst ihre neugeborene Tochter umgebracht hätte. Der Name der Alchemistin war Reine Hamilton. Der Name der Tochter war Serena Hamilton.“ Sie drehte sich zu Olivier um. „Wenn wir Alchemisten richtig liegen und eine Transmutation wirklich aus den Schritten Verstehen, Zerstören und Rekonstruieren besteht, dann war die Generation meiner Großmutter die Generation des Verstehens, die meiner Mutter die des Zerstörens und meine eigene ist folglich die des Wiederaufbaus.“ Sie nahm wieder an ihrem Schreibtisch Platz und schob Olivier die Mappe zu. „Interessanterweise vergessen die meisten Menschen immer, dass Roy Mustang nicht der erste Flammenalchemist ist“, sagte sie leise. „Er ist der zweite.“ Olivier sah sie alarmiert an. „Wie meinen Sie das?“, fragte sie scharf. „Der Name Hawkeye ist in den Kreisen der Alchemisten vor etwa zwanzig Jahren sehr viel enger mit dem Wort ‚Flammenalchemie’ verbunden gewesen als der Name Mustang“, sagte Major Hamilton und ein feines Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. „Ich weiß das, weil meine Mutter sehr gut mit Master Hawkeye befreundet war. Sie haben bis zu Mutters Staatsqualifikation einen sehr regen Briefwechsel unterhalten. Leider habe ich diese Briefe nicht“, fuhr sie fort, „aber ich kann Ihnen sagen, wer diese Briefe hat. Serena war diejenige, die den Wert dieser Korrespondenz zuerst erkannt hat. Ich habe zu lange gebraucht, um das zu begreifen. Ich weiß auch nicht, was die beiden geschrieben haben, aber ich weiß, dass es meine Schwester … inspiriert hat. Deswegen ist Rena auch die wahre Meisterin der Wasseralchemie. Wenn Sie eine Wasseralchemistin in Briggs haben wollen, dann sollten Sie sich an meine Schwester wenden.“ Olivier dachte für einige Minuten darüber nach. Sie selbst war selbst in der Zeit, in der sie sich noch mit der Alchemie auseinandergesetzt hatte, ein mehr oder weniger hoffnungsloser Fall gewesen. Um ihre Grenze zu halten, würde sie sich zwar noch einmal damit auseinandersetzen, aber wenn es jemanden gab, der es beherrschte und darüber hinaus noch jung genug war, um sich von ihr beeinflussen zu lassen, wäre das besser. Es würde ihr eine Menge Stress ersparen. „Wo kann ich Ihre Schwester finden?“, fragte sie schließlich. Kay lehnte sich zurück. „Meine Schwester hat einen Komplex“, sagte sie. „Rena will immer allen helfen. An Ihrer Stelle würde ich dort suchen, wo die Not am größten ist. Ich kann Ihnen ein Foto von ihr mitgeben. Sie können es vervielfältigen lassen und an alle Einheiten im ganzen Land verteilen. Dann werden Sie sie sicherlich schnell finden.“ Olivier zog eine Augenbraue hoch. „Sollten Sie Ihre kleine Schwester nicht eigentlich beschützen wollen?“, fragte sie leise. „Rena und ich … wir sind miteinander fertig“, sagte Kay und zog ihre Uniformjacke wieder an, bevor sie Olivier ein Foto reichte. „Sie hat mir nicht verziehen, dass ich unsere Alchemie hier im Süden wieder für einen Krieg einsetze.“ „Viel Glück mit Ihrer Grenze“, sagte die Blonde, während sie hinausging und einen Blick auf das Foto warf. Es zeigte eine junge Frau mit langen Haaren, die silbriggold schimmerten. Sie trug eine Augenklappe und war sehr blass. Ihr Kleidungsstil war ein wenig außergewöhnlich, weil sie sehr schlichte Kleider trug, aber auch wenn Olivier nicht gerade diejenige war, die bei der Amestris Fashion Week in der ersten Reihe saß, war sie durchaus in der Lage, Designerware zu erkennen. Früher, als sie noch zuhause bei ihren Eltern gelebt hatte, hatte sie oft (gezwungenermaßen) mit ihrer Mutter die Modenschauen besucht und deswegen kannte sie sich ein bisschen damit aus. Deswegen sah sie mit einem Blick, dass Serena Hamilton vermutlich nicht gerade in den Elendsvierteln zu finden war. Aber Olivier konnte sich wie ein Pitbullterrier in ihren Zielen verbeißen und sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, sich die Wasseralchemie unter den Nagel zu reißen und das nicht nur, weil sie Mustang damit jederzeit nutzlos werden lassen konnte, obwohl das natürlich ein weiterer Vorteil dieser Alchemie war, wie sie fand. Sie verließ den Militärstützpunkt und stieg in den Wagen, mit dem sie aus South City angereist war, bevor sie sich wieder zum Bahnhof kutschieren ließ. Von dort aus rief sie Miles an. „Ich muss noch mal zurück nach Central“, sagte sie. „Major Hamilton war aber überraschend kooperativ, wenn man bedenkt, dass ich sie mitten während eines bewaffneten Konfliktes aufgesucht habe. Ich will, dass du mir alle Informationen über Serena Hamilton beschaffst, die du kriegen kannst. Ich nehme an, dass Mustang sich seinerseits schon um diese Technik bemüht, aber ich brauche das wesentlich dringender. Sei also so gut und beschaffe mir alle Informationen. Dann machst du bis zu meiner Rückkehr die Spezialeinheit startklar, damit sie das Mädchen überall suchen können.“ „Aye, Ma’am“, war die knappe Antwort des Mannes. „Leutnant Henschel und seine Männer werden bis zu Ihrer Rückkehr bereit sein. Aber müssen Sie so einen Einsatz nicht erst vom Oberkommando in Central absegnen lassen?“ „Ich setze die Spezialeinheit ein, weil ich ganz genau weiß, dass Grumman das nie im Leben absegnen würde“, sagte Olivier leise. „Unter Umständen müssen wir die Männer in Mustangs Herrschaftsgebiet schicken, und wie ich den Kerl kenne, wird er ihnen nie im Leben Unterstützung gewähren. Ich hoffe nur, dass du weißt, was das heißt.“ „Das heißt, dass wir alle in große Schwierigkeiten geraten, wenn jemals herauskommt, dass dieser Einsatz von uns geplant wurde, Madam“, sagte er beunruhigt. „Sind Sie sich sicher, dass diese Technik es wert ist, dass Sie unter Umständen unehrenhaft aus der Armee entlassen werden, wenn herauskommt, dass Sie die Autorität eines anderen Generals so offensichtlich missachten und untergraben?“ Miles durfte so etwas sagen. Er war der einzige, der so mit Olivier sprechen durfte. Er war auch der einzige, dem sie zuhörte, wenn er Kritik äußerte. Und weil er sich der Verantwortung, die er für sie und ihren Ruf trug, durchaus bewusst war, machte er von diesem Sonderrecht auch regelmäßig Gebrauch. Er musste auf sie aufpassen, ohne dass sie merkte, wie viele Sorgen sie ihm manchmal machte. Sie war die Hölle, fand Miles. Sie schaffte es immer, sich mit den falschen Offizieren anzulegen. Er hatte sie vor ihrer Abreise in den Süden vorsichtshalber vor Major Kay Hamilton gewarnt, weil er in weiser Voraussicht das Konfliktpotenzial zwischen den beiden Frauen erkannt hatte. Sowohl die Stahlrose des Südens, als auch die Eiskönigin waren bei Freund und Feind fast gleichermaßen gefürchtet. Hamilton war dafür bekannt, im Zweifelsfalle erst zu schießen und dann zu fragen. Sie galt als gefühlskalt und es gab das Gerücht, dass sie innerhalb von zwei Jahren mehr persönliche Assistenten verschließen hatte als Generalleutnant Chase innerhalb von dreiundzwanzig Jahren. Miles hatte daraus geschlossen, dass diese Frau eine jüngere Ausgabe seiner Königin sein musste, was gruselig war. Aber offenbar hatte Generalmajor Armstrong ihre Begegnung mit Major Hamilton unbeschadet überlebt, wobei er erst aufatmen würde, wenn Olivier sicher in Briggs angekommen war – und das würde sicherlich noch ein paar Tage dauern. Bis dahin würde er tun, was immer sie von ihm verlangte. „Diese Technik ist das Risiko wert, Miles“, sagte Olivier leise. „Wir brauchen sie. Wir brauchen die Technik und wir brauchen das Mädchen.“ „Madam, Sie wissen, dass ich niemals auf die Idee käme, Ihre Entscheidungen zu hinterfragen, aber halten Sie es für klug, Leutnant Henschel auf eine so sensible Mission zu schicken?“, fragte Miles. „Er und seine Männer sind eher gut für das Grobe. Sie werden es nicht schaffen, dass Mädchen nach Briggs zu bringen. Sie werden Miss Hamilton nur verängstigen und ich kann – ehrlich gesagt – gut darauf verzichten, einen Bericht darüber zu schreiben, dass Männer aus Briggs ein junges Mädchen quer durchs Land schleppen.“ „Das würde voraussetzen, dass Mustang herausfindet, dass wir dahinterstecken, Miles“, sagte Olivier langsam. „Ich kann dich nicht schicken. Wenn einer von Mustangs Leuten dich irgendwo findet, ist erst recht klar, dass ich dahinterstecke. Nein, wir brauchen ein junges, unverbrauchtes Gesicht. Irgendwen, den Mustang nicht kennt. Jemanden, der in keiner offiziellen Beziehung zu Briggs steht. Ach, was rede ich da? Miles, es ist dein Job. Ich würde sagen, du beginnst deine Suche in Ishbal.“ „Ja, Madam. Ich breche auf, sobald Sie zurückgekommen sind.“ „Hervorragend, Miles, aber sagen Sie Henschel, er soll sich seine nächste Beförderung verdienen und reisen Sie schon heute ab. Ich erwarte täglichen Bericht von Ihnen.“ Zur selben Zeit an der Südgrenze „Major!“ Sergeant Mayer salutierte vor seiner Vorgesetzten, als sie auf ihn zukam. „Ich hoffe, dass Generalmajor Armstrong Sie nicht gestört hat. Sie sollten nicht so schnell wieder aufs Schlachtfeld zurückkehren. Sie sollten sich von Ihrer Verletzung erholen.“ Sie grinste nur und legte eine Hand auf den Knauf ihres Schwertes. „Sie kümmert sich um ein Problem, das ich viel zu lange aufgeschoben habe“, sagte sie trocken, während sie sich einem Oberst zuwandte, der es hasste, ihr gehorchen zu müssen. „Wie ist die Lage, Oberst Löffler?“, fragte Kay herablassend. „Wir halten die Angreifer bisher gut im Schach, Major Hamilton“, sagte er und sah nicht besonders glücklich aus. „Ich bin überrascht, Sie so schnell wieder hier zu sehen. Ist es nicht erst zwei Stunden her, dass Sie getroffen wurden? Sie sollten sich eigentlich an die Vorschriften halten und sich ein wenig schonen…“ „Ich habe mich wohl verhört, Löffler“, sagte sie kühl und streifte ein Paar Handschuhe über. „Sie werden sicherlich nicht wirklich die Autorität der Befehlshaberin infrage gestellt haben, nicht wahr?“ „Nichts läge mir ferner, Madam“, sagte er leise. „Sehr gut.“ Sie wandte sich dem Schlachtfeld zu und presste beide Hände auf den Boden, bevor plötzlich Eisdolche aus dem aufgerissenen Wüstenboden hervortraten und die angreifenden Soldaten aufspießten. Direkt danach wurde das Schlachtfeld plötzlich von der Wassermasse eines naheliegenden Flusses überschwemmt. „Ich nehme an, dass das Ihre Frage nach meiner Kompetenz beantwortet“, sagte Kay mit eiskalter Stimme, während sie ihre eigenen Soldaten ansah. „Was ist los? Was haltet ihr davon, eure Arbeit zu machen? Ich sehe es nicht ein, weshalb ich alles machen sollte! Es ist nicht nur meine Aufgabe, hier aufzuräumen.“ „Major Hamilton?“ Sie drehte sich um und sah drei Männer in Uniform auf sich zukommen. Einer von ihnen trug einen Briefumschlag, der andere eine kleine Kiste. „Ich bin Major Hamilton“, sagte sie und machte eine wegwerfende Handbewegung in Richtung ihrer Untergebenen. „Wegtreten.“ „Herzlichen Glückwunsch, wir bringen Ihnen Ihre Beförderungspapiere“, sagte der Mann mit dem Umschlag. „Oberst Kay Hamilton.“ „Danke.“ Sie nahm alles entgegen. „Grüßen Sie mir Ihren Vorgesetzten, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen. Und falls Sie die Freundlichkeit besitzen würden, Generalmajor Mustang einige Dokumente zu übermitteln, wäre ich Ihnen auch sehr dankbar.“ Sie griff in ihre Aktentasche und nahm einen dicken Ordner heraus. „Vielleicht wird er verstehen, was es damit auf sich hat“, sagte sie kichernd. „Immerhin nimmt er für sich selbst in Anspruch, der beste Staatsalchemist zu sein…“ Zwei Tage später – Eastern Hauptquartier Generalmajor Mustang wurde kreidebleich, während er den Ordner durchging, den man ihm aus dem Süden geschickt hatte, dann sah er auf. „Außer Hawkeye gehen jetzt alle sofort raus“, sagte er mit rauer Stimme. „Ihr kommt erst nach der regulären Mittagspause zurück, haben wir uns verstanden?“ Seine Untergebenen gehorchten. Sie fanden es zwar seltsam, dass ein Ordner den Chef so aus dem Konzept bringen konnte, aber es war Mustang und manchmal war es da klüger, nicht zu fragen, sondern einfach zu tun, was er sagte. Hawkeye ging direkt zum Schreibtisch ihres Vorgesetzten und sah ihn an. „Gibt es ein Problem?“, fragte sie ruhig. „Könnte man so sagen.“ Er drehte den Ordner so, dass sie auch lesen konnte, was dort stand. Sie überflog die oberste Seite kurz und sah dann auf. Als sich ihre Blicke trafen, waren ihre Gesichtsausdrücke identisch. Beide sahen sehr besorgt aus. „Denkst du, was ich denke, Riza?“, fragte Mustang. Sie nickte. „Das ist unverkennbar die Handschrift meines Vaters“, sagte sie leise, „und ich frage mich, wem er diese Briefe geschickt hat. Und vor allem, woher Oberst Hamilton sie hat. Der Name Hamilton lässt eine Glocke bei mir im Kopf läuten, aber ich weiß nicht mehr, weshalb ich damals auf der Beerdigung das Gefühl hatte, den Namen schon zu kennen. Klar, sie hatte in Ishbal eine gewisse Reputation, aber…“ „Lies dir das mal durch“, sagte er und wies auf einen Brief. „‚Ich kann kaum schreiben, so sehr zittert meine Hand. Ich habe es geschafft. Es ist vollendet. Gerade habe ich meine Unterschrift unter meine Forschungsunterlagen gesetzt. Flammenalchemie ist mit hoher Sicherheit die größte Erkenntnis der letzten Jahre. Ich muss sagen, dass mich deine neuen Erkenntnisse inspiriert haben. Aber willst du deine Entscheidung nicht noch einmal überdenken? Du hast dich für einen Weg entschieden, auf dem du nicht mehr umkehren kannst. Ich hoffe, du hast auch an das gedacht, was das für deine Töchter bedeutet. Ich kann deine Entscheidung nicht nachvollziehen, aber ich nehme an, du hattest deine Gründe. Aber du hättest mich mit diesen billigen Ausreden verschonen können. Ich hoffe, du bekommst, was du willst, aber du weißt, was du dafür bezahlen musst. Du kannst nicht nur nehmen. Du wirst Opfer bringen müssen. Ich wünsche dir Glück – und ich wünsche dir viele Regentage. Liebe Grüße, Berthold.’“ „‚Ich wünsche dir viele Regentage’“, wiederholte Hawkeye gedankenverloren. „Also wird sie wohl kaum Flammenalchemie erforscht haben. Flammenalchemisten sind an Regentagen schon aus Gründen der Physik nutzlos.“ „Sehr lustig, Riza“, sagte Mustang grimmig. „Aber wieso denkst du, dass es eine Frau ist, an die dieser Brief gerichtet ist?“ „Instinkt.“ Sie zuckte die Schultern. „Ich dachte außerdem, dass wir übereingekommen wären, dass Sie mich im Büro nicht duzen, Generalmajor.“ „Wir sind ganz alleine.“ „Und trotzdem sind wir im Büro“, beharrte sie. „Du kannst manchmal wirklich eine Spielverderberin sein, Riza“, sagte er, während er sich weiter durch die Briefe arbeitete. Sie seufzte und stellte sich hinter ihn, damit sie über seine Schulter sehen konnte. Das hieß für die beiden, dass sie Arbeit sparten. „Oh nein“, sagte Mustang, als er einen grob skizzierten Transmutationskreis sah. „Dein Vater hat dir all seine Geheimnisse auf den Rücken tätowiert, damit niemand jemals an seine Geheimnisse kommen kann, und gleichzeitig betreibt er eine lebhafte Korrespondenz mit einer Alchemistin, der er sogar seine Transmutationskreise zeigt? Ich kann kaum glauben, dass er so … verrückt war!“ „Und sehen Sie nur, da hat jemand dran herumgekritzelt“, sagte Hawkeye, die ebenso blass war wie ihr Vorgesetzter. „Und es ist eine Kopie. Wer immer Hamilton auch diesen Ordner gegeben hat, er muss selbst daraus irgendwelche Schlussfolgerungen abgeleitet haben. Wir hätten von einem dritten Flammenalchemisten erfahren, da bin ich sicher, also muss es sich auf ein anderes Fachgebiet bezogen haben. Irgendetwas, wozu wir die Verbindung nicht sofort sehen, weil es unwahrscheinlich erscheint…“ Mustang hätte sie in diesem Moment küssen können, aber er wusste, dass er vermutlich nur ein paar Kugeln um die Ohren geschossen bekommen hätte. „Natürlich“, sagte er langsam. „Wasseralchemie. Hamilton und ich haben in Ishbal immer Witze darüber gemacht, wie ironisch es war, dass sich unsere Transmutationskreise so ähnlich sahen, wenn man bedenkt, wie gegensätzlich unsere Ausrichtung war. Es war nicht viel, aber es half dabei, die Schuldgefühle wenigstens für einen Moment zu vergessen“, setzte er nach. „Sie war nicht für den Krieg gemacht. Sie war eine Forscherin, obwohl sie nach Grand den höchsten Rang von uns hatte. Sie war ein sehr warmherziger Mensch. Ishbal hat sie zerstört. Wir sind zusammen angekommen. Als ich sie drei Tage später wiedergesehen habe, war sie zerschlagen. Nichts hat mehr an die Frau erinnert, die ich im Zug getroffen habe. Sie war krank, glaube ich. Es ging ihr nicht sonderlich gut. Ich habe mitbekommen, wie einige der normalen Soldaten darüber gesprochen haben, ob es richtig wäre, eine kranke Frau aufs Schlachtfeld zu lassen, aber die Verantwortlichen waren der Meinung, dass sie auch so effektiv genug wäre.“ Er schüttelte den Kopf. „Eine vierfache Mutter wurde als menschliche Waffe eingesetzt. Wie … abartig.“ „Natürlich“, murmelte Hawkeye und seufzte schwer. „Ich erinnere mich daran. Als ich noch sehr klein war, kam sie manchmal zu Besuch. Meine Mutter war schon tot und sie war oft monatelang die einzige Frau, die ich zu Gesicht bekommen habe. Sie und mein Vater haben oft sehr laut gestritten. Meistens dann, wenn die Forschungen nicht so gut liefen. Oder auch, nachdem er mir das Tattoo auferlegt hat. Sie wusste davon. Damals haben sie nicht nur gestritten, sondern es ist auch in einen Kampf übergegangen. Ich glaube, dass sie es ihm ebenso wenig verzeihen wie er ihr ihre Staatsqualifikation verzeihen konnte. Für ihn war es Verrat, dass sie plötzlich die Silberuhr hatte. Das war nicht von ihm abgesegnet und er hat sie dafür gehasst.“ Mustang streckte die Hand aus und legte sie auf Hawkeyes Hand, die auf den Papieren lag und dann drückte er kurz die Hand seiner Untergebenen. „Es ist nicht deine Schuld, was passiert ist“, sagte er ruhig. „Ich weiß, dass du dazu neigst, dir die Schuld an allem zu geben, was in den letzten Jahren vorgefallen ist, aber du hast immer nur das Beste gewollt, Riza. Du hast das starke Herz einer Löwin und nur deswegen sind wir beide noch immer hier. Wir haben zusammen gekämpft. Immer zusammen. Deswegen war ich auch so unglaublich erleichtert, als Grumman dich wieder unter mein Kommando gestellt hat. Es war der Moment, in dem ich wirklich realisiert habe, dass es vorbei ist und dass wir gewonnen haben. Deswegen habe ich auch nicht verstanden, weshalb du solange gebraucht hast, um dasselbe zu verstehen.“ Sie senkte den Blick. „Es gab noch so viel, was hätte passieren können“, sagte sie ernst und erwiderte den Druck seiner Hand sanft. „Auch wenn wir die Homunkuli besiegt haben, hätten wir noch immer vor ein Militärgericht gestellt haben können.“ „Na und?“ Er zuckte mit den Schultern. „Alleine Olivier hatte in den letzten Jahren mehr Anklagen am Hals als du und ich in unserem ganzen Leben. Und ich wette, dass sie in Briggs auch eine Menge vertuscht haben…“ Er wandte sich wieder den Briefen zu. „Wir müssen die Originale finden, Riza“, sagte er ernsthaft. „Ich kann es nicht verantworten, dass du deinen Rücken geopfert hast, während dein Vater so unvorsichtig war und seine ach so kostbaren Forschungsunterlagen per Brief an eine Bekannte verschickt hat. Ich werde die Originale finden, Riza, und wer immer sie auch hat, er wird mir ein paar Fragen beantworten müssen. Und ich werde nicht lockerlassen, bis ich die Antworten auf diese Fragen bekommen habe.“ „Ich habe Ihnen gerade erst gesagt, dass ich darauf bestehe, dass Sie mich im Büro bitte entweder ‚Oberst’ oder ‚Hawkeye’ nennen. Bitte. Ich bin nicht an den Ort gekommen, an dem ich heute stehe, indem ich mich bei meinen Vorgesetzten eingeschmeichelt habe, und das wissen Sie auch, Generalmajor. Würden Sie also bitte…“ Ihre Stimme verlor sich, als sie merkte, dass er ihr nicht wirklich zuhörte, weil er sich wieder den Briefen zugewandt hatte. „SIR!“, rief sie verärgert und wusste im selben Moment, dass es ein Fehler gewesen war, weil er mit einem Mal ganz Ohr war. „War das da gerade etwa das böse Wort mit S?“, fragte Mustang, während er ein besonders maliziöses Lächeln aufsetzte. „Ich dachte, wir hätten einen Deal, Ladyhawk. Und du weißt genau, dass ich das nicht nur einfach so dahergesagt habe.“ „Sie wissen genau, dass ich Sie wegen sexueller Belästigung melden könnte“, sagte sie trocken und ihre Augen wurden schmal. „Sie haben Becca gesagt, dass sie das tun soll, wenn Heller noch mal ankommt. Ich glaube zwar nicht, dass er noch mal so dumm sein wird, aber ich nehme an, dass das System auf alle Männer anzuwenden ist.“ Er grinste schief. „Und ich dachte immer, dass alle Frauen hier im Hauptquartier sich insgeheim fragen würde, wie es wäre, mich zu küssen“, sagte er schmollend. „Oh, falls es Sie tröstet, Sir, dann kann ich Ihnen ja verraten, dass es eine Menge Frauen gibt, die sich über so etwas Gedanken machen, aber ich widme mich lieber meiner Arbeit. Und solche Gedankengänge würden vermutlich nur ablenken“, sagte Hawkeye so kühl wie eh und je. „Selbst Olivier dürfte sich mehr Gedanken darüber machen als ich.“ „Du bist grausam, Riza“, sagte er seufzend. „Und du bist inzwischen übrigens schon bei zwei Küssen. Du hast mich gerade schon wieder Sir genannt.“ „Ich habe dieser Vereinbarung niemals zugestimmt“, schnappte sie. „Du hast nichts gesagt, als ich diese Liste da vorne an die Bürotür genagelt habe, und aus diesem Grund hast du der Vereinbarung durchaus zugestimmt“, sagte er selbstzufrieden. „Oder hast du es nicht einmal gesehen?“ Sie drehte sich weg und marschierte auf die Tür zu, um die Liste zu lesen. Ja, sie hatte mitbekommen, dass er dort irgendetwas aufgehängt hatte, aber sie hatte bisher keinen Grund gesehen, es sich anzuschauen. Vielleicht hätte sie das tun sollen … Strafmaßnahmen bei unpassender Ansprache des Befehlshabers: Leutnant Breda, Heymans – Kein Essen im Büro Oberleutnant Catalina, Rebecca – Überstunden, während Havoc früher gehen darf Oberleutnant Falman, Vato – Keine Bücher über Militärgeschichte im Büro Leutnant Fuery, Kain – Kein Spielen mit Schneewittchen und Hayate während der Arbeitszeiten Oberleutnant Havoc, Jean – Überstunden, während Rebecca früher gehen darf Oberstleutnant Hawkeye, Riza – Küsse für den Chef!!! „Das ist hoffentlich nicht Ihr Ernst, Si- Generalmajor“, sagte Hawkeye scharf. „Eigentlich schon“, sagte er. „Wieso fragst du? Alle anderen haben zugestimmt. Es ist praktisch eine Mehrheitsentscheidung gewesen.“ „Das nehme ich dir verdammt übel, Becca“, grummelte sie, bevor sie die Tür aufriss und die Flucht ergriff. Bevor er realisiert hatte, dass sie sich gerade aus dem Staub machte, verging eine ganze Minute, dann nahm er die Verfolgung auf. „Hast du Hawkeye gesehen, Maria?“, rief Mustang, als er an Ross vorbeikam. „Sie ist eben hier vorbeigekommen und hat irgendwas von wegen ‚Ich bringe dich um, Rebecca’ gemurmelt, während sie ziemlich wütend aussah“, erwiderte Brosh. „Sie ist in Richtung Hauptausgang gegangen.“ „Herzlichen Dank“, sagte der Generalmajor. „Ich merke mir das. Ihr werdet euch auf mein positives Urteil verlassen können, wenn es um eure nächste Beförderung geht.“ „Das ist doch nicht nötig, Sir“, sagte Ross. „Wir haben doch nur eine ganz normale Frage beantwortet. Dafür müssen wir nicht befördert werden.“ Er lachte, als er über seine Schulter sah. „Ich muss sie finden, bevor sie an eine neue Waffe kommen kann“, rief er, während er auf den Hauptausgang zulief und dabei an seinen Untergebenen vorbeikam, die ihn ein bisschen irritiert ansahen. „Ladyhawk ist eben an uns vorbeigekommen und sie sah nicht gerade glücklich aus“, sagte Havoc. „Und sie wollte Becca erschießen.“ „Ja, sie schien irgendwie ein bisschen unausgeglichen zu sein“, nickte Rebecca. „Ich würde ja nach ihr sehen, aber ich habe Angst, dass sie mich dann erschießt.“ „Ich übernehme das am besten selbst“, sagte Mustang und grinste. „Ihr macht mit eurer Arbeit weiter. Es kann sein, dass wir erst mal nicht mehr ins Büro kommen. Sie ist nicht nur auf dich sauer, Rebecca. In erster Linie werde ich es abbekommen.“ „Vergiss den Termin beim Doc nicht, Roy“, sagte Havoc. „Aus irgendeinem Grund wollten er uns noch mal sehen, bevor er den Bericht an den Generalfeldmarschall schreibt.“ „Ich hoffe, dass es nur irgendeine Formsache ist“, sagte Mustang, während er die nächste Treppe hinunterlief, um seine beste Frau nicht entwischen zu lassen. Als er jedoch auf den Vorplatz kam, stellte er fest, dass er sich grundlos abgehetzt hatte, weil Hawkeye die Gelegenheit ergriffen hatte, den Boden vor dem Eastern Hauptquartier genauer kennenzulernen. Sie war hingefallen und richtete sich gerade wieder auf. „Hab ich dich!“, verkündete Mustang, als er sie einholte, dann warf er einen Blick auf die Wunde an ihrem Knie. Ihre Uniformhose war aufgerissen und deswegen konnte er ihr aufgeschlagenes Knie in all seiner Pracht bewundern. „Tut das weh?“, fragte er. „Nein, das ist alles andere als schmerzhaft“, fauchte sie. „Natürlich tut das weh. Mein Knie ist nicht mehr daran gewöhnt, dass ich hinfalle. Es brennt außerdem wie Feuer.“ „Bleib sitzen“, sagte er. „Ich kümmere mich darum. Immerhin ist es meine Schuld, dass du gefallen bist.“ Er nahm ein Taschentuch aus der Jackentasche und tupfte die Wunde vorsichtig ab. „So, ich hoffe, dass ich mich jetzt nicht blamiere“, murmelte er, bevor er die Hände erst kurz zusammenlegte, um sie dann auf das Knie zu legen. Es gab ein helles Transmutationsleuchten, dann schloss sich die Wunde wieder. „Heilalchemie?“, fragte Hawkeye interessiert. „Sie haben Fortschritte gemacht.“ Er zuckte die Schultern, während er ihr aufhalf. „Nicht immer werden wir das Glück haben, dass May auftaucht, wenn einer von uns gerade verblutet“, sagte er. „Und als guter Anführer meiner Einheit muss ich alles in meiner Macht stehende tun, damit meine Leute nach Dienstschluss noch genauso lebendig sind wie am Morgen.“ Er bückte sich und es gab ein zweites Transmutationsleuchten, als er die Hose flickte. „Bitte, du bist wieder wie neu.“ „Danke“, sagte sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)