Fullmetal Alchemist - Was danach geschah von abgemeldet (Was hätte passieren können...) ================================================================================ Kapitel 11: EIN UNGEWÖHNLICHER BESUCH FÜR DEN OBERSTLEUTNANT ------------------------------------------------------------ EIN UNGEWÖHNLICHER BESUCH FÜR DEN OBERSTLEUTNANT Samstagnachmittag – Grummans/Mustangs/Hawkeyes Anwesen Riza Hawkeye mochte den Samstag. Es war der Tag, an dem sie meistens frei hatte und an dem ihr Vorgesetzter meistens außer Haus war. Deswegen konnte sie erst lange ausschlafen, dann mit Hayate rausgehen und schließlich in aller Ruhe lesen oder arbeiten. Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb sie den Samstag mochte. Sie mochte den Samstag auch dafür, dass sie sich normalerweise mit Rebecca und Havoc am Schießstand verabreden konnte, aber diesmal hatten die beiden abgesagt, weil sie angeblich schon etwas anderes vorhatten. Hawkeye akzeptierte das und als sie Samstagmorgen aufstand, war sie fast schon froh darüber, dass die beiden abgesagt hatten, weil es in Strömen regnete. Kurz machte sich die Blonde Sorgen um ihren Chef, dann kam sie zu dem Schluss, dass er inzwischen wissen müsste, dass er bei Regen besser keine Flammenalchemie einsetzen sollte, weil das ohnehin scheitern würde. Sie ging nach unten, wo sie feststellte, dass ihr Vorgesetzter ihren Hund mitgenommen hatte, als er gegangen war, was er ihr aber auch gesagt hatte. Deswegen machte sie sich in aller Ruhe Frühstück, bevor sie duschte und bequeme Freizeitkleidung überzog. Dann nahm sie sich ein Buch und machte es sich auf dem alten Sofa im Wohnzimmer gemütlich. Was die wenigsten erraten würden, war, dass Hawkeye es hin und wieder genoss, ihre Ruhe zu haben. Sie fand es schön, wenn sie sich entspannen konnte und sich um nichts und niemanden Sorgen oder Gedanken machen musste. Das Buch, das sie las, hatte sie irgendwann mal von ihrem Vorgesetzten geschenkt bekommen. Er hatte behauptet, es selbst einmal gelesen zu haben. Oh mein Gott, dachte sie, nachdem sie die Hälfte des Buches gelesen hatte. Wenn er das selbst gelesen hatte, sollte er sich vielleicht mal mit einem Psychologen zusammensetzen und über seine Probleme sprechen. Dieses Buch … das ist eine Zumutung! Die Klingel schellte und erlöste sie von dem fürchterlichen Buch. Sie stand auf und ging eilig zur Tür, um zu öffnen. Davor stand eine ältere Frau, die sie ein bisschen verwirrt ansah, bevor sie einen Blick aufs Klingelschild warf. „Guten Tag“, sagte Hawkeye ruhig und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Was kann ich für Sie tun, Madam? Falls Sie zu meinem … Mitbewohner wollen, müssen Sie wohl warten. Er ist gerade ausgegangen…“ „Sind Sie Elizabeth, Miss?“, fragte die Frau freundlich. „Es ist mein Deckname bei der Arbeit und manchmal nennt mein Chef mich auch privat so, weil es dummerweise auch mein Zweitname ist“, seufzte sie. „Woher wissen Sie das?“ „Oh, ich habe wohl vergessen, mich Ihnen vorzustellen, Elizabeth“, sagte die Frau. „Ich bin Chris Mustang. Roy-Boys Tante und Adoptivmutter…“ Hawkeye musste bei dem Spitznamen ein Grinsen unterdrücken, aber sie war nicht ohne Grund für ihre Coolness bekannt. Keiner zweifelte daran, dass sie in der Lage war, jedes Gefühl zu unterdrücken. „Kommen Sie doch bitte herein, Madam“, sagte sie und trat einen Schritt zurück. „Er müsste irgendwann zurückkommen. Wenn er es nicht tut, ist es aber nicht meine Schuld, weil er unbedingt mit Becca shoppen gehen wollte.“ „Macht es Ihnen nichts aus, wenn ich hier auf Roy-Boy warte?“, fragte Madam Christmas leicht besorgt. „Ich möchte Ihnen keine Umstände machen, Elizabeth…“ Sie schüttelte nur den Kopf. „Ich habe heute frei und ich habe ohnehin nur gelesen“, sagte sie und ging voraus ins Wohnzimmer. „Außerdem glaube ich, dass er mich sofort degradieren würde, wenn ich seine Adoptivmutter wegschicken würde. Und ich hänge an meinem Job…“ „Sie sind also auch beim Militär, Elizabeth?“, fragte die Ältere. Sie nickte. „Ich bin – wenn ich im Dienst bin – Oberstleutnant Hawkeye. Manche nennen mich auch Mustangs Babysitter oder seinen Schoßhund.“ Sie stieß die Wohnzimmertür mit ihrem Fuß auf. „Alles Berufsrisiko, wenn man als einzige Frau in der Einheit ist.“ „Ich hoffe, er macht Ihnen nicht zu viele Sorgen“, sagte Chris Mustang. „Nein, nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe gewusst, worauf ich mich eingelassen habe, als ich damals nach dem Krieg zu seiner Assistentin geworden bin. Deswegen darf ich mich nicht beschweren.“ „Sie sehen aus wie jemand, der weiß, wie es in dieser Welt wirklich zugeht“, sagte Chris Mustang, während sie sich in einen Sessel sinken ließ. „Und ich hoffe, dass Roy-Boy sich wenigstens hin und wieder zu benehmen weiß. Er hat manchmal eine schreckliche Art, aber ich habe mich mit den Jahren vermutlich daran gewöhnen können…“ „Wie gesagt, ich habe mich freiwillig dafür entschieden, ihm zu folgen.“ Hawkeye zuckte die Schultern. „Und schon deswegen habe ich die Verpflichtung, hinter ihm zu bleiben, bis er sein Ziel erreicht hat. Vorteilhaft für mich ist natürlich, dass ich durch diese Arbeit viele interessante Menschen kennenlernen kann – auch wenn die meisten mich erst einmal umbringen möchten.“ Die alte Frau seufzte schwer. „Er spricht immer in den höchsten Tönen von Ihnen – wenn man ihn zum sprechen bekommt. Er sagt, dass Sie ihm immer wieder den Hals gerettet haben. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Er ist der letzte, der noch von uns übriggeblieben ist. Wenn er weg wäre, wären wir alle weg…“ „Tja, ich habe auch nur noch einen einzigen Großvater“, sagte ‚Elizabeth’, bevor sie ans Telefon ging, das zu klingeln begonnne hatte. „Oberstleutnant Hawkeye“, meldete sie sich. „Mit wem habe ich das Vergnügen?“ „Hier ist dein bester Freund, Jean Havoc!“, verkündete er lautstark. „Becca ist noch immer mit dem Chef unterwegs. Sie hecken irgendwas aus, würde ich sagen, und nachdem sie gestern im Büro unter Beweis gestellt haben, dass sich ihre Wertschätzung füreinander noch immer in Grenzen hält, würde ich sagen, dass es um dich geht. Normalerweise würden die beiden sich lieber selbst die Kugel geben, als Zeit miteinander zu verbringen. Deswegen gebe ich dir den Tipp, die Augen offenzuhalten, Riza.“ „Danke, Havoc“, sagte sie entspannt und seufzte. „Willst du rüberkommen? Wie ich Becca kenne, wird sie erst sehr spät nach Hause kommen und der Chef ist auch der Typ, der lange einkaufen geht, wenn er sich einmal dazu durchgerungen hat…“ „Ich bin in drei Minuten bei dir, Elizabeth.“ „Danke, Jacqueline“, sagte sie nüchtern. „Hast du was von Kate und Vanessa gehört?“ „Vanessa hat heute ein Date mit einer Person, die ihr früher einmal sehr nahestand. Und Kate ist zusammen mit Sheska unterwegs. Anderes Thema: Wieso schleichen die Elrics die ganze Zeit um dein Haus herum? Hast du sie etwa nicht hereingelassen?“ „Sollten die nicht langsam zurück zuhause sein?“ Hawkeyes Stirn legte sich in Falten. „Und was ist mit den Kindern? Dass Ed und Al nicht in der Lage sind, auf sich selbst aufzupassen, wundert niemanden, aber dass sie jetzt auch ihre Kinder in Gefahr bringen…“ „Lass uns darüber sprechen, wenn ich da bin, Elizabeth. Ich hab gehört, dass das Militär alle Telefonzellen in der Nähe der Wohnhäuser der wichtigen Offiziere verkabelt hat“, sagte Havoc. „Ich bin sofort da. Gott, es ist so ein Sauwetter!“ „Was hättest du getan, wenn ich nicht zuhause gewesen wäre?“ „Dann hätte ich mich Montag krangemeldet.“ „Und denkst du, dass ich deine Krankmeldung so einfach akzeptiert hätte? Man kann es auch herausfordern, Jaqueline.“ „Ja, Mama. Ich komme nach Hause. Mach dir keine Sorgen um mich.“ „Sei froh, dass ich bisher keinen Weg gefunden habe, jemanden durchs Telefon hinweg zu erschießen“, sagte Hawkeye grimmig und legte auf. Wenige Minuten später klingelte er und weil er wie alle Mitglieder der Einheit einen eigenen Schlüssel hatte, kam er auch ohne ihre Hilfe ins Haus. Die blonden Haare waren triefendnass und genau das traf auch für den Rest des Mannes zu. Hawkeye konnte nicht anders. Sie musste etwas dazu sagen. „Wenn du dich Montagmorgen krankmeldest, komme ich und schleppe dich falls nötig an den Ohren zur Arbeit“, drohte sie mit einem feinen Lächeln auf den Lippen. „Ich schlage dir vor, ins Bad zu gehen. Soweit ich weiß, hat der Chef da trockene Klamotten. Du machst das Parkett nass, Havoc. Würdest du dich vielleicht bitte in trockene Tücher bringen, bevor ich dich rausschmeiße?“ „Stimmt, der Chef wohnt ja auch hier“, sagte der Blonde. „Danke, Riza. Ich will dein kostbares Parkett nicht kaputtmachen. Ich bin gleich zurück, Schwesterherz…“ „Sei froh, dass ich den Befehl habe, im Haus nicht zu schießen“, sagte sie grimmig und ihre dunklen Augen funkelten. „Ich mache Kaffee. Seitdem ich unter Bradley arbeiten musste, bekomme ich keinen Tee mehr herunter.“ „Dein Kaffee ist sowieso der beste auf der ganzen Welt, Riza“, sagte Havoc, während er sich der Tür zuwandte. „Das sagt der Chef auch immer.“ „Wenn ich nicht so guten Kaffee kochen würde, bekäme ich euch Jungs gar nicht mehr ans Arbeiten“, sagte sie und wies auf die Tür. „So, und jetzt nimm Schwung auf. Als ich zuletzt nachgesehen habe, hatte ich noch den höheren Rang…“ „Und ich bin trotzdem für die Disziplin der Mannschaft verantwortlich, kleine Riza“, sagte er grinsend, während er gehorchte. „Du bist mir keine Rechenschaft schuldig, weil du im Prinzip nur dem Generalmajor gehorchen musst, aber ich muss auch nicht tun, was du mir befiehlst, nicht wahr?“ „Es ist das Haus meines Großvaters, in dem du dich gerade befindest, Havoc“, sagte sie, während sie in die Küche ging. „Deswegen habe ich hier die Oberhand. Und wenn du nicht tust, was ich dir sage, wirst du Montag krank sein…“ Madam Christmas betrachtete die kleine Szene belustigt, während sie sich fragte, warum man ihr die beiden nie vorgestellt hatte. Sie waren zweifellos amüsant. Die blonde Frau schien den Laden vollkommen im Griff zu haben, während der blonde Mann eher der Pausenclown zu sein schien. Aber er täuschte zu einem gewissen Teil auch über seine wahre Intentionen hinweg. Er spielte den unbesorgten Kerl, aber es schien nur eine Maske zu sein. Etwas, was verhindern sollte, dass man sich zu genau mit ihm auseinandersetzte. Und auch die Frau, Oberstleutnant Hawkeye, trug eine Maske. Chris Mustang war zu lange im Geschäft, um eine Maske nicht zu erkennen, wenn sie eine sah. Hinter der Fassade der Soldatin musste sich eine ganz andere Person verbergen. Sie sah sich kurz im Raum um. Auf der kleinen Kommode unter dem Fenster stand ein Gruppenfoto. Sie machte ihren Adoptivsohn in der Mitte des Bildes ausfindig. Seine Assistentin stand direkt daneben. Sie trug die Haare auf dem Bild hochgesteckt und ihr Gesicht war ernst. Rechts von ihr stand wiederum der Mann, der gerade den Raum verlassen hatte, und neben ihm stand eine dunkelhaarige Soldatin, deren Augen übermütig funkelten. Sie hatte einen Arm um die Schultern des blonden Mannes gelegt und hatte ihr Gesicht dem jungen Mann an ihrer anderen Seite zugewandt, der sich gebückt hatte, um einen Hund zu streicheln. Auf der anderen Seite begann das Bild mit einem etwas kleineren Mann mit roten Haaren, der über beide Ohren grinste und so aussah, als würde er seinem Chef gerade etwas sagen wollen. Der Mann, der links von ihrem Roy-Boy stand, war der älteste, wie es schien. Chris Mustang stand aus dem Sessel auf und ging hinüber, um sich anzusehen, welche Namen darunter standen: Leutnant Heymans Breda alias „Brenda“, Oberleutnant Vato Falman alias „Vanessa“, Generalmajor Roy Mustang ohne Decknamen, Oberstleutnant Riza Hawkeye alias „Elizabeth, Oberleutnant Jean Havoc alias „Jacqueline“, Oberleutnant Rebecca Catalina alias „Joyce“, Leutnant Kain Fuery alias „Kate“ und Black Hayate. Neben diesem Bild stand ein altes Schachbrett, dessen Figuren sorgfältig gearbeitet waren. Chris nahm die Spielfigur des Königs in die Hand und las darunter die Gravur Roy. Die Figur der Königin war mit Riza beschriftet. Der Springer, der neben der Königin stand hieß Rebecca und der Springer neben dem König hieß Jean. Vato war der Name des Läufers und Heymans der des Turmes, während einer der Bauern Kain hieß. Am Rand des Schachbretts stand in einer Handschrift, die die Frau noch nie zuvor gesehen hatte: Weiß zieht immer zuerst, Roy, und sobald du endlich kapiert hast, weshalb ich dir das hier schenke, kannst du mich anrufen und wir besprechen deine weitere Karriere. Und pass gefälligst gut auf meine Riza auf. Wenn ich sie noch mal im Krankenhaus besuchen muss, kriege ich die Krise. Liebe Grüße, dein alter Schachkumpan. „Es tut mir leid, dass es zurzeit so chaotisch ist“, sagte Hawkeye, während sie drei dampfende Kaffeetassen auf dem Tisch abstellte. „Wir haben zurzeit nur eine sehr zeitaufwändige Ermittlung am Hals und dann noch die Handelsverträge mit Xing. Ich kriege zurzeit kaum noch ein Bein auf den Boden. Es tut mir leid. Möchten Sie Kuchen, Madam? Ich glaube, wir haben noch welchen im Hause…“ „Ich mache Ihnen viel zu viele Umstände“, sagte Chris verlegen und drehte sich wieder zu der Frau um. „Es tut mir leid. Das nächste Mal, wenn ich zu Besuch komme, melde ich mich vorher bei Roy-Boy an. Dann können Sie rechtzeitig die Flucht ergriffen, Miss.“ Die Blonde lächelte freundlich. „Machen Sie sich bitte keine Gedanken“, sagte sie, während sie im Nebenraum verschwand. „Würde mein Großvater in der Gegend leben, hätte ich keine ruhige Minute mehr. Er terrorisiert mich jetzt schon mit tausend Anrufen pro Tag, so dass ich kaum zum Arbeiten komme, aber wenn er hier leben würde…“ „Du übertreibst mal wieder, Ladyhawk“, sagte Havoc, der gerade zurückkam und in den Kleidern des Generalmajors lächerlich aussah, weil sie ihm viel zu klein waren. „Und du solltest vielleicht die Elrics hereinholen, bevor sie sich da draußen noch den Tod holen.“ „Hayate kann…“ 'Elizabeth' brach ab, als sie realisierte, dass ihr Hund gerade außer Haus war, dann warf sie ihrem Kollegen einen prüfenden Blick zu. „Du übernimmst hier für mich. Kümmere dich bitte um Mrs Mustang, haben wir uns da verstanden? Ich werde meinem Ruf als Babysitter einmal mehr gerecht und hole sie herein. Du kannst den Kuchen aus der Küche holen. Und den Whisky aus dem Keller. Bis später.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)