Das erste Labyrinth von InfernalMirror (Von QueenThief) ================================================================================ Kapitel 1: Wunsch ----------------- Ein zwölf Jahre alter Junge sass auf einer Bank unter einem Baum in der Mitte des Parks von Domino City und las in einem kleinen, roten Buch. Seine Haut war gebräunt, wie es die der meisten Ägypter war, und besass das schönste Paar von amethystfarbenen Augen auf der Welt. Sein langes, flachsblondes Haar fiel über seine Schultern und verlieh ihm das Aussehen eines Engels. Wenigstens war das das, was die schneeweisse Schleiereule dachte, die neben ihm auf der Bank sass. ~~~~~~ „Malik! Malik, hey!“, rief ein Junge mit New York-Akzent. Malik sah von seinem Buch auf und sah seinen besten Freund, Joey Wheeler, der auf ihn zu kam. Auch Joey war zwölf, hatte kurzes blondes Haar und hellbraune Augen. Malik warf einen Blick auf Joeys Outfit und seufzte. Er fühlte sich immer zu vornehm angezogen in seiner Nähe. Nicht wie Joey (der wie gewöhnlich seine zerschlissene Jeans, alte Sneaker und ein langes weisses T-Shirt mit einer blauen Fünf trug), trug Malik schönere Kleider. Zum Beispiel trug er im Moment neben seinen dunklen Jeans und Schuhen ein braunes Hemd, das einen violetten Stern auf einem Ärmel hatte, der ihm wie der andere zum Handgelenk reichte. „Hallo Joey“, grüsste Malik ihn. „Hey.“ Joey wollte sich hinsetzen, doch hielt plötzlich inne. „Weg da, Vögelchen.“ „Sprich nicht so mit ihm, Joey“, schalt Malik ihn und tätschelte den Kopf der Eule. „Schon gut“, seufzte Joey, dann kniete er nieder, als würde er vor einem König stehe. „Dürfte ich mich bitte neben meinen Freund setzen, eure königliche Gefiedertheit?“ Der Vogel schien darüber nachzudenken, doch dann rückte er näher zu Malik, der grinste. „Ich denke, das heisst ,nein‘, Joey.“ Joey zog einen Schmollmund. „Dann frag du ihn. Dir hört er immer zu.“ Malik lächelte und sah die Eule an, die dem Jungen ihre volle und ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken schien. „Könntet Ihr Joey sich bitte hinsetzen lassen, mein König?“, fragte Malik, „Es würde mich glücklich machen.“ Die Eule machte den Eindruck von Nachdenklichkeit, bevor sie ohne Warnung aufflog und sich auf einen Ast weit oben im Baum setzte. Jeder Andere wäre erstaunt gewesen, doch für die beiden Jungen war das nichts Neues. Seit dem Tag, da die Eule wie aus dem Nichts auf Maliks Schulter gelandet war und sich nur davon machte, wenn Malik etwas Sarkastisches wie „Oh, grosser und weiser Herrscher über alles, bitte beweg deinen gefiederten Hintern!“ sagte, behandelten die Jungen den Vogel, als wäre er ein König. Es war kindisch, doch es versorgte sie mit immer währender Unterhaltung ein und ihnen fielen unendlich viele Wege ein, ihren neuen Freund anzusprechen. Joey setzte sich auf den nun freien Teil der Bank. 
„Was liest du?“, fragte er. „Ein Buch“, antwortete Malik. „Über was?“ „Das Labyrinth.“ „Was ist das?“ „Einer schöner Ort voller Goblins, Elfen, Feen, Monster und Ritter.“ „Und der Plot?“ „Bitte?“ „Du weisst schon; die Handlung.“ „Oh! Es hat keine.“ „Was?“, meinte Joey überrascht, „Das ist verrückt. Es gibt keine Bücher ohne Plot!“ „Doch“, entgegnete Malik, „Arthur Hawkins hat dieses Buch geschrieben wie einen Bericht über diesen Ort. So scheint das Labyrinth realer.“ „Dann kann‘s ja nicht allzu gut sein“, vermutete Joey, nahm seinem Freund das kleine Buch aus der Hand und blätterte durch die Seiten. Eine Seite fiel ihm auf. „Goblinkönig, Goblinkönig! Wo immer du auch sein magst! Bring dies Kind weit weg von mir!“ 
Das ist der Ausruf der im Labyrinth am bekanntesten ist, denn das sind die Worte, die den König des Labyrinths zu deiner Türschwelle rufen, auf dass er ein ungewolltes Kind mitnehme. Das Baby wird in das Labyrinth gebracht werden, wo es leben wird, wie es dem König passend erscheint. Wenn es Glück hat, wird es eine Fee werden und in einem Dorf leben, das vom Cousin des Königs regiert wird. Doch wenn das Kind Pech hat, wird es in einen Goblin verwandelt und in Gefangenschaft im Schloss mit dem König und all den Goblins leben, die seine Diener sind. Ich warne dich, Leser, diese Worte niemals zu sagen, denn der Blitz würde einschlagen und der Donner brüllen und dein Wunsch würde erfüllt werden. „Und, was hältst du davon, Joey?“, fragte Malik und riss den braunäugigen Jungen aus seiner Trance. „Es ist ein wenig unheimlich“, gab Joey zu, „aber es ist interessant.“ ~~~~~~ Malik und Joey sprachen schon eine ganze Weile, während sie von der mysteriösen Eule beobachtet wurden. Joey war in der Mitte einer Beschwerde über den zu hohen Preis von Eis gewesen, als er von der Kirchenglocke unterbrochen wurde, die in der Ferne die Zeit angab. Sieben Schläge. Maliks Augen weiteten sich. Es war sieben Uhr! Er hätte vor einer Stunde zu Hause sein sollen! Joey schien ein sehr ähnliches Problem zu haben, denn sie beide sprangen gleichzeitig auf, riefen sich ein „TSCHÜSS!“ zu und rannten in verschiedene Richtungen los. Die weisse Eule folgte Malik. ~~~~~~ Eine halbe Stunde später kam Malik müde und tropfnass zu Hause an. Es hatte in der Hälfte seines Weges nach Hause zu regnen begonnen und es hatte noch noch nicht aufgehört. Der Junge schluckte einige Flüche hinunter, als er seine Mutter sah, die auf der Veranda auf ihn wartete. „Wir haben alle auf dich gewartet, Malik. Du bist eineinhalb Stunden zu spät!“, schalt sie ihn, als er an ihr vorbei ins Haus ging. „Es tut mir Leid, okay!“, schrie er, „Ich weiss nicht einmal, wieso ich überhaupt nach Hause kommen muss, Isis passt doch schon auf Mokuba auf!“ „Wag es nicht mich anzuschreien, junger Mann!“, rief seine Mutter, „Isis passt auf euch beide au- Wo gehst du hin?“ Malik war schon in der Mitte der Treppe, als seine Mutter merkte, dass er nicht mehr da war. „In mein Zimmer!“; schrie er zurück, bevor das Geräusch einer zuknallenden Tür das Haus erschütterte. ~~~~~~ Es klopfte an der Tür. „Was?“, zischte Malik mit giftiger Stimme und ein melodischer Klang antwortete ihm. „Ich bin‘s, Bruder. Kann ich hereinkommen?“ „Klar, Isis.“ Die Tür öffnete sich und ein junges Mädchen betrat das Zimmer. Sie war vierzehn Jahre alt und ihre Haut war nur ein Ton heller als Maliks, sie hatte langes, rabenschwarzes Haar und ozeanblaue Augen. „Mutter und unser Stiefvater sind vor einer Weile gegangen, sie hatten im Restaurant reserviert“, sagte sie, „Aber sie wollten wirklich mit dir sprechen.“ „Na klar!“, fuhr Malik sie sarkastisch an, „sie haben beinahe die Tür eingebrochen, so sehr wollen sie mich umarmen!“ Es war lange still, bevor Malik traurig schniefte. „Sie haben sich nicht einmal verabschiedet.“ „Bruder-“ „Nein!“, unterbrach er sie. „Wag es nicht es noch mal zu sagen! Sie übersehen mich immer! Und jedes Mal sagst du, dass sie es nicht so meinen!“ „Bruder-“, versuchte Isis es noch einmal, doch wieder unterbrach Malik sie. „Ich sagte NEIN!“ Nun hatte er Tränen in den Augen. „Ich wette, von Mokuba haben sie sich verabschiedet, oder? Dieses kleine BALG!“ „Bruder, bitte beruhige dich“, wies sie ihn an und umarmte ihn. Doch er wand sich aus der Umarmung und setzte sich auf den Stuhl an seinem Pult. Der nächste Versuch ihn zu trösten wurde vom Läuten des Telefons im Korridoe unterbrochen und Isis verliess das Zimmer um abzuheben. Malik versuchte zuzuhören. „Hallo?“, hörte er seine Schwester grüssen. „Oh, hey Linda. Was? ...Wann? ...Verdammt! Okay, alles klar! Ich komme so bald ich kann... Okay, tschüss.“ Isis legte auf und rannte den Flur entlang. „Rishid! Rishid, wach auf!“, rief sie und klopfte laut an die Tür ihres Adoptivbruders. Er war etwa achtzehn Jahre alt, hatte bronzefarbene Haut, goldene Augen und einen langen, schwarzen Pferdeschwanz an seinem Hinterkopf, ansonsten war sein Kopf kahl. Ihre Eltern hatten ihn adoptiert, weil sie gedacht hatten, dass sie keine Kinder haben könnten, doch dann hatte ihre Mutter Kinder geboren und Rishid hatte willentlich die Rolle des Beschützers übernommen. „Hallo, Meisterin Isis“, sagte Rishid fröhlich, als er die Tür geöffnet hatte, „Ist alles in Ordnung?“ „Ich brauche deine Hilfe, Rishid“, antwortete sie. „Das Auto von einer meiner Freundinnen hat kein Benzin mehr und jetzt steckt sie fest. Es ist der Mercedes ihres Vaters, es steht also nicht in Frage ihn oder einen Pannendienst anzurufen. Könntest du mich zu ihr fahren und ihr etwas Petrol nachfüllen? Bitte?“ Der Mann lächelte. „Natürlich. Ich helfe gerne.“ „Ich komme auch mit“, sagte eine Stimme hinter ihr. Da stand ein Junge, der etwa zwei Jahre äler war als sie und Malik ähnlich sah. Er hatte langes, dunkelblondes Haar, das aus eigener Kraft abzustehen schien und seine Haut und seine Augen waren ähnlich wie Maliks, nur ein wenig dunkler. „Geh wieder ins Bett, Mariku“, wehrte sie sich und der Junge verengte die Augen. „Ignorier mich nicht, Isis“, warnte er sie, „Ich bin nicht so nett wie klein Malik. Du wirst mich mitnehmen. Ansonsten sage ich Mutter und unserem dummen Idioten von einem Stiefvater, dass du schon wieder abhauen musstest, um einer deiner dummen, schlampigen Freundinnen aus der Tinte zu helfen.“ „Na gut, dann komm eben mit, Mariku!“, sagte Isis hastig, „Ich habe keine Zeit zum Streiten, meine Freundin ist ein gutes Stück weg von hier und wir werden uns beeilen müssen, wenn wir vor Mutter und Vater wieder zu Hause sein wollen! Lasst uns gehen!“ „Alles klar“, fügte Mariku arrogant hinzu und alle drei drehten sich in die Richtung der Treppe, wo Malik stand, einen enttäuschten Ausdruck auf dem Gesicht. „Und mich fragt keiner?“, fragte er. „Nein“, antwortete Mariku unverblümt, „wen kümmerst du schon einen Scheiss?“ „Mariku! Halt die Klappe!“, schalt Isis ihn und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Malik. „Es tut mir Leid kleiner Bruder, aber du musst dich um Mokuba kümmern, bis ich wieder zurück bin, ich will nicht, dass er hier ganz alleine ist. Wir sehen uns wenn ich zurück bin und wenn Mama anruft deckst du uns, okay?“ Malik bekam nicht einmal eine Gelegenheit zu antworten, denn gleich darauf rannten alle drei an ihm vorbei die Treppe hinunter. „Malik!“, hörte er Isis ihm noch zurufen, „Denk daran, öffne die Tür für niemanden! Du kannst nie wissen, wer es ist!“ Nach diesen Worten waren das Geräusch der zuknallenden Eingangstür und des Schlüssels zu hören, der sich im Schloss drehte. ~~~~~~ Das letzte und jüngste Mitglied der Familie der Ishtar war ein fünf Jahre alter Junge mit dem Namen Mokuba. Er war ziemlich sanftmütig verglichen mit dem Rest der Familie und er war das einzige Kind der Einheit, dessen Haut von einem olivfarbenen Ton war anstatt dem gebräunten wie die der Anderen. Das lag daran, dass er ihr Halbbruder war und nach seinem Vater kam, der hellhäutig war. Neben seiner olivfarbenen Haut besass er eine wilde Mähne schwarzen Haares und ein Paar dunkelviolette Augen, die gerade die Tür von Maliks Schlafzimmertür musterten. Auf dem Bett lag Malik, der in seinem Buch las. Ja, das unglücklich berühmte burgunderfarbene Buch, das seinen Namen in goldenen, gestickten Lettern auf dem Umschlag trug, sodass ihn jeder sehen konnte. Labyrinth... Dann fragte sich Mokuba, wieso Malik diesen Text überhaupt so mochte. Wieso sah er ihn immer mit diesem wehmütigen Gesicht durch die cremefarbenen Seiten blättern? Es gab bestimmt noch andere Bücher im Haus oder in der lokalen Bibliothek, die interessanter waren als das, was dieses winzige Ding enthielt. „Was willst du, Mokuba?“, fragte Malik, wobei er sich nicht die Mühe machte, von dem Buch aufzusehen. „Ich lese. Geh zurück ins Bett.“ Aber der Jüngste der Familie weigerte sich zu gehen. Stattdessen betrat er das Zimmer, kam zu ihm und setzte sich zögernd auf Maliks Bett, während er das Buch in Maliks Händen nicht aus den Augen liess. „Ich kann nicht schlafen. Ich will eine Geschichte hören“, sagte er und Malik verdrehte die Augen. „Über was?“ 
„Was steht in dem Buch, das du immer liest?“ Malik grinste und begann ohne Warnung mit seiner Geschichte. „Also, weisst du, es gibt noch eine andere Welt als unsere. Sie wird „Das Labyrinth“ genannt und fantastische Wesen leben dort. Und sie wird von einem König regiert, der...“ Der gebräunte Junge hielt plötzlich inne und dachte nach. Dann begann er wieder. „Der sich in einen Jungen verliebte.“ Mokuba nickte und sein Burder fuhr fort. „Dieser Junge“, erzählte Malik, „wurde immer von nicht nur seiner Mutter und seinem Stiefvater übersehen, sondern auch von seinen älteren Brüdern und seiner Schwester. Sein jüngerer Bruder wurde besser behandelt als er. Auch wenn der Junge traurig darüber war, hielt er durch. Tagein, tagaus bis-“ „Bis was?“ „Bis eines Tages, an dem er müde und verletzt, von seiner ganzen Familie verlassen und gezwungen war, auf seinen kleinen Bruder aufzupassen und er es nicht mehr aushielt.“ Malik stand plötzlich vom Bett auf und hob Mokuba auf, der ihn verängstigt ansah. „Dann rief der Junge nach dem König des Labyrinths: ,Ich halte es nicht mehr aus! Goblinkönig, Goblinkönig, wo auch immer du sein magst, nimm dies Kind weit fort von mir!‘“ „Ahhh!“, kreischte Mokuba erschrocken auf und verdeckte sich verängstigt mit beiden Händen das Gesicht. „Malik, bitte, halt ihn auf!“ Der ältere Junge lachte und setzte seinen kleinen Bruder ab. „Das ist nicht real, Mokuba“, versicherte er dem Jungen, „Das gibt es nur in dem Buch, das ich lese. Es tauchen keine Goblins auf, um dich mitzunehmen.“ „Versprochen?“, fragte der Fünfjährige. „Versprochen“, antwortete Malik bestimmt. Nun da er jemanden hatte, der ihm seine Aufmerksamkeit schenkte und für einmal seine Gesellschaft wollte, fühlte er sich ein wenig glücklicher. Natürlich änderte das die Tatsache nicht, dass Malik immer noch etwas verärgert war, weil Mokuba an einem Tag mehr Aufmerksamkeit bekam als er in- Oh, wer wusste schon wie lange! Das Geräusch der Eingangstür einen Stock tiefer, die aufgeschlagen wurde und dann gegen die angrenzende Wand schlug liess die beiden Jungen plötzlich zusammenschrecken. „Das müssen Isis, Mariku und Rishid sein“, verkündete Mokuba fröhlich, „Gehen wir sie begrüssen.“ „Okay“, stimmte Malik zu, aber er konnte nicht verhindern, dass er dachte: ,Sie sind viel früher zurückgekommen, als ich erwartet habe...‘ Die zwei Kinder gingen aus dem Schlafzimmer und den Korridor entlang. Doch sie hielten am Kopf der Treppe inne, als sie von unten seltsame Stimmen hörten. „Alles klar Jungs, es geht los. Jetzt eins nach dem Anderen. Ihr zwei sucht nach irgendwelchen unerwarteten Problemen“, sagte eine tiefe, ominöse Stimme. Sie gehörte offensichtlich einem Mann. „Unerwartete Probleme?“, fragte ein anderer Mann, „Zum Beispiel schlechte Beleuchtung?“ „Nein, du Idiot“, fuhr ihn der dritte und letzte Typ an, „Wir sollen nach Leuten suchen.“ Danach waren Schritte zu hören, die auf die Treppe zu kamen. Mokuba starrte seinen älteren Bruder steif an, das Gesicht voller Schrecken, bis Malik sich von seinem eigenen Schock erholte und ängstlich flüsterte: „Los!“ Beide Jungen rannten so schnell und leise wie sie konnten ihren Weg durch den Korridor zurück und in das Zimmer ihrer Eltern. Mokuba tauchte sofort unters Bett unter, während Malik zum Telefon stürzte, das auf dem Nachttisch stand. Der Jüngere richtete seine Aufmerksamkeit auf Malik, als er ihn fluchen hörte. „Die Leitung ist tot. Muss wegen dem Sturm sein.“ „Ich habe Angst, Bruder!“, wimmerte Mokuba, „Wo ist Rishid?“ „Warte einen Moment, Mokuba. Ich muss nachdenken“, wisperte er. ,Okay, wir müssen uns verstecken- Aber unter dem Bett ist zu offensichtlich, genauso wie im Bad! Und das sind die einzigen Möglichkeiten!“ Der Regen pochte auf die Türen des Balkons und Malik fluchte. Er musste auch daran denken, dass Rishid wegen den rutschigen Strassen langsamer nach Hause fahren musste. Mokuba und Malik konnten tot und das Haus aller Wertgegenstände beraubt sein, bevor das Auto ihres Bruders auch nur in die Strasse einbiegen konnte. Behalt das Telefon bei dir. Der Balkon! Mokuba hörte das Geräusch von Gegenständen, die auf den Boden fielen und nach unten gebracht wurden und von Türen, die harsch aufgestossen wurden. Der arme Junge konnte es sich genau vorstellen; ein paar Monster von Männern, die Eine nach der Anderen die Türen auftraten, dabei alle Räume plünderten und jeden Moment näher an die momentane Zuflucht der Jungen kamen. „Mokuba, komm hier ,rüber!“, zischte Malik und riss den Jungen aus seinen Überlegungen. „Ich habe eine Idee. Beeil dich.“ Der Jüngere krabbelte schnell unter dem Bett hervor und trat zu seinem Bruder an die geschlossene Balkontür heran. „Was ist los?“ „Wir klettern den grossen Baum in der Nähe des Balkons herunter, okay?“ „Werden sie denn nicht hören, wenn wir die Balkontür öffnen, weil es regnet?“ „Doch, deshalb müssen wir schnell sein.“ „Hey, Sid!“, sagte eine gedämpfte Stimme aus der Richtung des Korridors, „Ich seh hier zuerst nach.“ „Gut, gut“, antwortete eine andere. Im Zimmer ergriff Malik den Griff der Balkontür. „Bereit, Mokuba?“ „Bereit, grosser Bruder“, das Kind nickte entschlossen und Malik stiess die Tür auf. Regen ergoss sich in das Zimmer ihrer Eltern als Malik seinen kleinen Bruder auf den windigen Balkon hinausstiess. Gleich danach öffnete sich die Tür des nun durchnässten Raumes und gab die Sicht auf einen wütend aussehenden, breitschultrigen und etwa sechs Fuss hohen Mann frei. Er spurtete schnell durch den Raum und fing Malik ein, genau als Malik es schaffte, Mokuba über den einen Meter Distanz zwischen dem Balkon und den dicken Ästen des grossen Baumes hinweg zu helfen. „Malik!“, schrie Mokuba, als er zusah, wie sein Bruder gegen das Mammut ankämpfte, dass ihn festhielt. Er streckte seine Hand nach dem Anderen aus. „Komm schon, Bruder!“ „Au! Du kleines Miststück!“, brüllte der Mann plötzlich, wobei er Malik losliess. Der Ägypter erkannte seine Chance sofort, stürzte zum Rand des Balkons und stiess sich auf den Ast neben Mokuba ab. „Los, Kleiner!“, drängte Malik ihn und sie begannen den Baum hinabzuklettern. „Zygor, was zur Hölle ist passiert?“, rief die Stimme von vorher, Sid; ein grosses, dürr aussehendes Ding mir flammend roten Haaren und einer riesigen, ovalen Brille. Der Mammutmann - Zygor - warf Maliks verschwindender Gestalt einen mörderischen Blick zu. „Diese kleine Ratte hat mich in die Hand gebissen!“, sagte er, bevor er vom Balkon auf den selben dicken Ast sprang, den die beiden Ishtar-Brüder zuvor genutzt hatten. „Aber ich krieg ihn!“ Der ganze Baum schien unter Zygors Gewicht zu knirschen, als er den beiden Brüdern nach kletterte. Sid sah, wie sein Freund den Knöchel des blonden Kindes erwischte und ihn mit genug Kraft zurückriss, dass er sich vorstellen konnte, dass er ihm damit hätte das Bein ausreissen können. Unglücklicherweise schaffte es Zygor nicht, das gewünschte Szenario herbeizuführen. Stattdessen brach der dünne Ast, der die beiden Geschwister gehalten hatte durch das Gewicht und den Druck und beide Kinder fielen für einen Moment durch die tieferen Äste des Baumes. ~~~~~~ Maliks Gesicht und Körper waren zerschnitten und blutig und seine sonst hellen amethystfarbenen Augen waren dunkel und tränennass, während er sich mit der Linken einen dünnen Ast umklammerte und mit der Rechten seinen weinenden Bruder festhielt. Der dünne Ast in seiner linken Hand war gerade das Einzige, das ihn und seinen Halbbruder davor bewahrte, auf den Boden zu stürzen, der etwa sieben Meter tiefer lag. Und wenn Malik nicht schon mit der Tatsache beschäftigt gewesen wäre, dass er um sein Leben hing, während ein riesiger Mann boshaft auf ihn nieder grinste, hätte er sich die Zeit genommen zu verfluchen, dass er in so einem hohen Haus lebte. Sie Situation traf ihn wie eine Tonne Ziegelsteine. Es war so weit. An diesem Punkt hatte er nur zwei Optionen, wovon eine war nicht loszulassen und von diesem Zygor-Typen gefangen zu werden. Das war keine allzu gute Wahl. Zur Alternative konnte Malik jedoch nur wählen, den Ast loszulassen und zu Boden zu fallen, wo er und Mokuba entweder sofort sterben oder sich ein paar Dinge brechen und verdrehen konnten, was davon abhing, wie sie fallen würden. Aber Zygor würde ihnen folgen, oder? Und ohne Energie übrig und so erschöpft wie die beiden Jungen waren, würden sie es nicht schaffen, diesem Monstermann zu entkommen. Also war es wirklich egal, was die Entscheidung war, oder? Der Ausgang war der Selbe: Er und Mokuba würden in die Hände von Zygor, Sid und ihres Bosses gelangen und sie würden schliesslich getötet werden. Malik blickte auf Mokuba nieder, dessen Gesicht in keiner besseren Verfassung war als seines und dessen Augen sich in Panik zudrückten, während Ströme von heissen Tränen über seine Wangen rannen. Dann blickte der Blonde hoch und sah in die hässliche Fratze von Zygor, dessen Mund sich zu einem hämischen Grinsen verzog und dessen Augen so scharf schienen wie Zwillingsmesser. Malik wandte seinen Blick ab und sagte: „Es tut mir Leid, Mokuba. Du solltest nicht hier sein, sondern bei Rishid und Isis - In Sicherheit.“ „Es - Es ist nicht deine Sch-Schuld, grosser Bruder“, stotterte Mokuba. Malik drückte seine Augen fest zu, um seine Tränen zu verbergen. Doch, es war seine Schuld und jeder in seiner Familie würde es so sehen: ,Mokuba ist gestorben, weil, Malik nicht fähig war, ihn zu beschützen!“, Dann dachte Malik an das Labyrinth - Diesen unglaublich wundervollen, magischen und schönen Ort, von dem er immer träumte, ob er das Buch gerade las oder nicht. Wieso konnte es nicht wirklich sein? Er hatte bewiesen, dass es nicht real war, als er diese Worte vorher gesagt hatte. Wenn es real wäre, dann wäre Mokuba verschwunden, als Malik den Wunsch ausgesprochen hatte. Wenn das passiert wäre, hätte Malik wenigstens sterben können, ohne dass Mokuba auch leiden musste. Aber nein, Malik würde im Wissen sterben, dass er seinen kleinen Bruder im Stich gelassen hatte. ,Ich wünschte, Mokuba wäre jetzt nicht hier‘, dachte Malik niedergeschlagen. ,Ich wünschte- Ich wünschte-‘ Der Junge seufzte gebrochen und öffnete die Augen, um Mokuba anzusehen. „Ich wünschte die Goblins würden wirklich kommen und dich mitnehmen... Jetzt gleich.“ Kapitel 2: Ins Labyrinth ------------------------ „Ich wünschte, die Goblins würden wirklich kommen und dich mitnehmen... Jetzt gleich.“ Maliks Worte schienen in der Luft zu vibrieren und jedes Partikel der Atmosphäre um ihn aufzuwirbeln. Sie wiederholten sich, wieder holten sich, immer und immer wieder, bis die Essenz der Worte sich vereinigte, kombinierte und veränderte. Am Schluss war das einzige Geräusch, das noch übrig war, ein himmlisches Summen, ein irreales Schnurren, dass in den Strömen des beissenden Windes echote, laut genug, dass es jedes einzelne Fenster des Hauses der Ishtar zerschmetterte und Sid und Zygor überwältigte wie ein übersüsses Parfüm an einem engen, geschlossenen Ort. Doch es wirkte sich nicht auf Malik und Mokuba aus. Sie hörten das seltsame Brummen durch den Sturm, doch es war gedämpft. Sie konnten den plötzlichen, süssen Geruch von Lavendel durch den frischen Duft des Regens wahrnehmen, doch er war weniger stark. Malik starrte stumm die beiden Diebe an. Sid war zu Boden gesackt und verdeckte seine Ohren, während ihm Schweissströme über die Stirn liefen und er wimmerte. „Mach, dass es aufhört! Bitte!“ Malik sah, dass ihn etwas mit jedem Wort mehr erstickte. Währenddessen hatte Zygor den dünnen Ast unter ihm losgelassen, um sich die fleischigen Finger in die Ohren zu schieben und vor dem unaufhörlichen, betäubenden Dröhnen zu fliehen, dass auf ihn eindrang, während er seinen Atem so gut wie möglich anhielt, um zu verhindern, dass das satte Geräusch in seine Nasenlöcher eindringen würde. Durch den vorherigen Gedanken hatte er keinen Untergrund mehr und wurde aus dem Baum geworfen, als eine nächste grosse Windböe vorüberzog. Er hatte sich den rechten Arm gebrochen. Aber das hielt ihn nicht vom Schreien ab. Auf der anderen Seite hatte er nun wieder Atem geholt und begann vor Schmerz aufzuheulen und somit bewies, dass der Sturm, der gerade tobte, im Vergleich etwas sanftes war. ,Wieso passiert das?‘, fragte sich Malik, erstaunt durch die plötzliche Hysterie der beiden Männer. ,Sie klingen, als hätten sie Schmerzen! Aber wie...?‘ „Malik, was ist los?“ Mokubas verängstigte Stimme holte ihn aus seinen Gedanken. „Was passiert hier? Was ist mit ihnen los?“ „Ihnen tut etwas weh, Mokuba“, sagte er, „Aber wir haben jetzt grössere Probleme, Kleiner, also halt dich fest an meiner Hüfte fest.“ Als der Blick des Kindes verwirrt wurde, erklärte er weiter. „Ich kann uns besser zurück auf den Ast ziehen, wenn ich beide Hände frei habe.“ Der Schwarzhaarige nickte und hob seine freie Hand, um seinen Arm um Maliks Taille zu legen und löste die andere dann schnell aus Maliks Hand und hielt sich an seinem Bruder fest. Sobald Malik sicher war, dass sein kleiner Bruder einen sicheren Griff um seine Taille hatte, griff er mit der freien Hand nach dem Ast über ihm und begann, sie beide hoch zu hangeln. Plötzlich erleuchtete ein Lichtfunken den Himmel über ihnen, unmittelbar gefolgt von einem ohrenzerfetzenden ,BUMM!‘ ,Oh du heiliger Ra...‘ Malik erstarrte vor Furcht und Schock. ,Kein Wunder, dass der Sturm so schlimm ist! Er ist direkt über uns!‘ „Grosser Bruder, beeil dich bitte! Ich habe Angst!“ Mokuba weinte in Maliks Rücken. „Es ist alles in Ordnung, Mokuba!“, rief Malik, der sich genug erholt hatte, um wieder reden zu können. „Wir schaffen das!“ Doch in seinen Gedanken war seine Meinung eine Andere. ,Nein, wir schaffen es nicht, wenn wir nicht zurück ins Haus kommen! Wer weiss, wann sich diese Arschlöcher erholen und dieser Baum eine grosse Fackel sein wird!‘ Malik kletterte so schnell er konnte auf den Ast, wo er Mokuba von seinem Rücken und auf den Ast neben ihm rutschen liess. „Ich hatte solche Angst, grosser Bruder“, gab Mokuba laut schluchzend zu. „Nicht jetzt, Mokuba“; sagte Malik abweisend und schob ihn leicht an, damit er sich beeilte. „Wir müssen zurück ins Haus, dieser Baum ist nicht sicher.“ Beide Jungen kletterten die schwankenden Äste hoch, auf die offene Balkontür zu. Malik war der erste, der über die Lücke zwischen den Ästen des Baumes und dem Balkon sprang. Mokuba folgte ihm und sprang in die warmen Arme seines Bruders. Malik verlor keine Sekunde. So schnell Mokuba in seinen Armen war, wurde er auch schon durch die immer noch offene Balkontür getragen und abgesetzt. Auch der Fünfjährige hatte Glück. Malik bezweifelte, dass Mokuba gerne gesehen hätte, wie dieser Sid noch auf dem Balkon um sein Leben würgte. Malik wollte dann auch durch die Tür treten, als er plötzlich für den Bruchteil einer Sekunde das erste Mal in dieser Nacht seinen eigenen Schatten sah. Er wurde auf den Balkonboden vor ihn geworden, als ein helles Licht hinter seinem Rücken aufflackerte. Der amethystäugige Junge hielt einen Moment in der Mitte seines Schrittes inne. Ein kraftvolles, lautes ,BUMM‘ folgte dem Lichtblitz ohne Verzögerung; es war genau das gleiche Geräusch wie das des Donners vorhin. Es war so schnell vorbei; ein schreckliches Knacken von brechendem Holz, ein Zischen durch die Luft und Zygors Schreie, die abrupt stoppten, als das letzte Geräusch zu hören war. Das Geräusch von Holz, das auf den Boden krachte. ~~~ Malik schloss die Balkontür und sackte dann neben Mokuba zusammen. Sie konnten von draussen immer noch den unerschütterten Sturm hören. Sids Schreie waren verstummt, weil er offensichtlich vor kurzer Zeit erstickt war. Jetzt war das einzige unnatürliche Geräusch, das übrig war, das mysteriöse, leise Summen und dessen Lavendelduft. Malik wusste in diesem Moment nicht einmal, was er tun sollte. Da war er, hielt sich an der Tür fest, versuchte wieder zu Atem zu kommen, während draussen ein vom Blitz getroffener, umgefallener Baum mit einem toten Mann unter sich lag - erschlagen, ein weiterer toter Mann auf dem Balkon, sein kleiner Bruder war verletzt und es bestand die Möglichkeit, dass der Boss der beiden toten Arschlöcher immer noch einen Stock tiefer herumwühlte. ,Diese Typen sind tot - beide! Wie konnte das nur so aus dem Ruder laufen?‘, dachte Malik, ,Diese Nacht ist absolut schrecklich!‘ Doch auch nach dem allem dachte er immer noch an das Labyrinth. Er dachte daran, was bis jetzt passiert war, und wie sehr es der Geschichte ähnelte, die er Mokuba vorhin erzählt hatte. Also, weisst du, es gibt noch eine andere Welt als unsere. Sie wird „Das Labyrinth“ genannt und fantastische Wesen leben dort... ,Ich wünschte...‘, dachte Malik. „Ja, das hast du getan...“, schien eine Stimme in seinen Gedanken zu flüstern, „Du hast gewünscht... Deshalb habe ich dir geholfen...“ Maliks Augen weiteten sich. Wo genau kam diese Stimme her? Und sie wird von einem König regiert, der sich in einen Jungen verliebte... „Das ist wahr...“, flüsterte die Stimme wieder. Die Stimme war ein rauer, tiefer Bariton und schien einen britischen Akzent zu haben. „Du hast so eine unglaubliche Seele... Wie könnte ich dem widerstehen...?“ Malik bekam nun allmählich Angst. Wer oder was sprach zu ihm? Wieso konnte er nicht aufhören, sich an diese Geschichte zu erinnern? Und wie wusste was auch immer mit ihm sprach überhaupt von der Geschichte, die er Mokuba erzählt hatte? Dieser Junge wurde immer von nicht nur seiner Mutter und seinem Stiefvater übersehen, sondern auch von seinen älteren Brüdern und seiner Schwester. Sein jüngerer Bruder wurde besser behandelt als er... „Ich weiss mehr, als du denkst...“ Die Stimme lachte ein finsteres Lachen, das Maliks Kopf erfüllte und ihn schaudern liess. „Ich weiss, dass all diese Worte... Wahr sind...“ ,Nein!‘, schrie Malik in Gedanken, ,Raus aus meinem Kopf! GEH WEG!‘ Auch wenn der Junge traurig darüber war, hielt er durch... „Jedoch warst du nicht zufrieden...“ Der Bariton sprach wieder. „Heute Nacht... Könnte sich alles zum Besseren werden... Kein tagein, tagaus mehr...“ Bis eines Tages, an dem er müde und verletzt und... „Sieh dich an; du kannst kaum stehen... Du bist müde... Du bist verletzt...“ Er war von seiner ganzen Familie verlassen und gezwungen worden, zu Hause zu bleiben und auf seinen kleinen Bruder aufzupassen und... „Alle haben dich mit deinem kleinen Halbbruder alleingelassen... Sie haben sich nicht um dich gekümmert...“ Er hielt es nicht mehr aus... „Du hältst den Schmerz wirklich nicht mehr aus, oder...?“ Der Junge rief nach dem König des Labyrinths... „Und der König des Labyrinths antwortete...“ „Malik!“ Mokubas Stimme erscholl wie eine Glocke in seinen Ihren. „Hilf mir!“ Malik verfluchte sich dafür, dass er die momentane Situation vergessen hatte und verfluchte ebenfalls, was auch immer diese verdammte Stimme war, denn nun hatte er ein ganz neues Problem. Ein grosser Mann, der dem - nun verstorbenen - Zygor in Grösse, Muskeln und Gemüt Konkurrenz machte, stand vor ihm, ein vor Angst erstarrter Mokuba in der einen Hand, einen scharf aussehenden Dolch in der anderen. „Nein! Bitte tu ihm nicht weh!“, flehte Malik, doch der Mann lächelte nur grausam. „Bandit Keith nimmt von niemandem Befehle an, du kleiner Scheisser“, knurrte er. „Ich kann tun, was immer ich will!“ „Nein“, sagte eine Stimme hinter ihm, „Dann würdest du von mir sprechen.“ Die Person, die das sagte, sah nicht aus, als wäre sie in der Position, so etwas zu sagen. Er schien etwa siebzehn Jahre alt und zu sein und war ausserordentlich hübsch. Seine Haut war bleich und schneeweisses Haar fiel ihm in feinen Spitzen über den Schultern, wo es etwas nach seinen Schulterblättern endete. Er trug elegante Kleider; enge hellgraue Hosen und ein weisses Shirt mit Puffärmeln unter einer schwarzen Lederweste, die zu seinen beinahe kniehohen Stiefeln und seinen Handschuhen passte. Ein Mantel hing über seinen Schultern und folgte ihm hinter ihm über den Boden als er vortrat, was seine majestätische Ausstrahlung noch verstärkte. ,Majestätisch...‘, dachte Malik nach, ,So wie... Ein König?‘ „Du klingst erbärmlich“, sagte der Mann und schnipste. Sofort stand Mokuba an seiner Seite und Bandit Keith und sein Messer waren weg - hatten sich in dünne Luft aufgelöst. Dann nahm der prachtvolle ,König‘ Mokubas Hand in seine eigene und brachte ihm so dazu, aus dem Türbogen und in Maliks Richtung zu gehen. Der junge Ägypter konnte ihn immer noch nicht richtig sehen, doch Malik war sich sicher - mehr als sicher - dass etwas wie Glitzer um der Gestalt des neuen Fremden in der Luft schwebte. ,Könnte das... Magie sein?‘ ,Nein!‘, rügte Malik sich. Wie konnte er so absolut dumm sein, dass er schon wieder an Magie dachte, wenn irgendeine phantastisch unglaubliche, doch furchteinflössende Person seinen jüngeren Bruder an der Hand hielt? „Du scheltest dich zu viel... Malik...“, sprach der Fremde, während er dem Zwölfjährigen näher kam. „W-Woher kennst du m-meinen Namen?“, stotterte Malik, „W-Wer bist du?“ „Jemand mit grosser Macht“, antwortete der ,König‘, „Du solltest mich bereits kennen. Du warst es, der sich Hilfe gewünscht hat, oder?“ Nun stand er direkt vor Malik. „So eine niedergeschlagene Ausstrahlung, nicht?“, fragte der ,König‘ beiläufig, „Überhaupt nicht angemessen für eine Seele so hell wie die deine. Wollen wir nun den Ort wechseln, hm?“ Malik wurde die Chance die Bedeutung dieser Worte zu ergründen nicht gegeben, denn er verlor jeden Sinn, als er sah, wie die Ecken des Raumes um ihn dunkel wurden und eine dünne Schicht von dunkelviolettem Rauch sich um die Beine der Drei schlang. Langsam, langsam wurde der Nebel dicker und der Raum dunkler, bis Malik überhaupt nichts mehr sehen konnte... „Malik! Grosser Bruder, hilf mir!“ ~~~ Nach einem Augenblick war alles vorbei. Wörtlich. Und Malik bedauerte es. Er blinzelte. Und als er die Augen öffnete, flutete warmes Nachmittagssonnenlicht über ihn herein. Und auch wenn das für jeden anderen perfekt gewesen wäre, Malik - der so lange im Dunkeln gewesen war - verbrannte sich praktisch die Augen. Als er sich jedoch an die plötzliche Helligkeit gewöhnt hatte, sah Malik sich langsam an seinem neuen Aufenthaltsort um. Was er sah erstaunte ihn unvergleichlich. Vor ihm stand das kolossalste Rätsel, das jemals errichtet worden war, eine grosse, dicke Wand, die durch das ganze Netzwerk verlief, Stein auf der Aussenseite, Wald in der Nähe der Mitte und im Zentrum stand ein gigantisches, extraordinäres Schloss. Das Labyrinth... Aber das konnte nicht sein! Oder...? „Willkommen, Malik... In meinem Königreich...“ Der Junge drehte sich sofort um, um der Quelle der unvorhergesehenen Stimme ins Gesicht zu sehen. Dort, sich gegen einen dünnen, trockenen Baum lehnend, war der ,König‘ von vorher. ,Warte... König?‘ Maliks Augen weiteten sich. „ Du- Du b-bist der König des Labyrinths! Der Goblinkönig...“ „Beinahe korrekt, Malik“, sagte der König, richtete sich von dem Baum auf und kam zu dem Jungen. Malik stand bewegungslos da und musterte den Goblinkönig im sanften Sonnenschein. Malik begann einige Dinge zu bemerken, die er in der Dunkelheit nicht hatte sehen können, zum Beispiel, dass der König gar nicht so abnormal aussah. Er hatte eine durchschnittliche Grösse; was hiess, dass Maliks Kopf wegen ihres Altersunterschiedes nur bis zum Bauch des Königs reichte. Der Junge bemerkte auch, dass seine Augen von einer schönen, burgunderroten Farbe waren, dunkelrot mit einem mahagonibraunen Stich. Der König war auch nicht ,aufgedonnert‘: sein Körper war geschmeidig, doch trotzdem muskulös. Er mochte in der Dunkelheit wie eine Phantasie ausgesehen haben, aber im Licht sah er beinahe... Gewöhnlich aus. „Nein“, sagte Malik ohne nachzudenken enttäuscht, „Du kannst nicht der Goblinkönig sein. Du siehst normal aus.“ „Ich? Normal?“, fragte der König, offensichtliche Abscheu in seiner Stimme. „Du stufst weisses Haar und rote Augen als normal ein?“ „Albinos sehen so aus“, entgegnete Malik. „Der König des Labyrinths kann kein Mensch sein... Er ist allmächtig. Wieso sollte er Interesse an Menschen haben...?“ Die Worte liessen einen bitteren Nachgeschmack in Maliks Mund zurück. Der König hob eine weisse Augenbraue. „Aber du willst glauben, dass ich er bin, oder? Lüg mich nicht an, Malik. Die Worte, die du gerade gesprochen hast, gehören dir nicht.“ „Wem gehören sie dann?“, konterte Malik, doch der König schien überhaupt nicht verunsichert. „Sie gehören deinem älteren Bruder, Malik. Er sagte sie erst gestern Morgen zu dir, als er gesehen hast, wie du wieder das Buch über das Labyrinth gelesen hast.“ ,Woher weiss er das?‘ Malik hielt inne. „Hast du mich ausspioniert?“ „Ja“, kam die ehrliche Antwort. „Ich habe mich aber soweit kontrolliert und war ein Gentleman. Ich habe dich nur beobachtet, wenn du das Buch gelesen hast. Und in keinem anderen Moment habe ich deine Einsamkeit gefährdet. Es ist eine Schande, dass Papier nicht wasserfest ist... Ich hätte dich so gerne ein Bad nehmen sehen.“ Malik errötete ob diesen Worten. Der König grinste und kam auf ihn zu, bis er genau vor dem Jungen stand, dann kauerte er sich nieder. Aus dieser Nähe sah der König furchteinflössend aus. Diese Augen bohrten sich in Malik Seele, mischten ihn auf. Oh ja... Jetzt gab es keinen Zweifel. Dieser Mann war beinahe definitiv der allmächtige und berüchtigte König des Labyrinths... Es war unglaublich, wie leicht der König jemandes Meinung über ihn ändern konnte, bloss indem er ihm in die Augen sah. Malik zitterte vor Angst, bloss deswegen. Aber dieser Blick - wenn es überhaupt als einer empfunden werden konnte - war keiner der Abneigung oder Abscheu... Oh nein, dieser Blick barg etwas in seinen Tiefen, das Malik sehr viel mehr erschreckte als es blosser Hass vermocht hätte... Dieser Blick barg Verlangen... „Du zitterst.“ Der König beobachtete ihn, als er Maliks Kinn mit seiner behandschuhten Hand anhob. „Ich habe diesen Effekt auf Menschen.“ „Wa-Was willst d-du von m-mir?“, stotterte Malik, doch der König hörte ihm nicht zu. Er versiegelte seine Lippen in einem langsamen, leidenschaftlichen Kuss mit Maliks. Maliks Augen weiteten sich, die des Königs waren geschlossen. Der Kuss war unschuldig, der König liess seine Zunge nur leicht über die geschlossenen Lippen des Ägypters gleiten, um den Geschmack seines Paradieses zu kosten. Doch alle guten Dinge mussten enden und mit dem Kuss geschah es nicht anders, als Malik sich beinahe brutal vom König wegstiess. „Pfui Teufel!“ Malik fiel mit den Knien weinend auf den rauen, staubigen Boden. Er hustete und spuckte und versuchte, sich davon abzuhalten, daran zu denken, was gerade passiert war. „Mochtest du das nicht?“ Der König war überrascht. „Iiih! Nein!“ Malik hatte sein würgen beruhigt und stand auf. „Küssen ist widerlich!“ „Und wer hat dir das gesagt?“ „...Mariku“, Maliks Stimme klang gedämpft und unsicher. „Dein älterer Bruder ist wirklich ein Ignorant. Küssen ist nicht widerlich, Malik. Man geniesst es“, erklärte der Goblinkönig, doch Malik hörte nicht zu. „Ich will nach Hause“, sagte der gebräunte Junge, „Zurück zu Mokuba.“ Der Goblinkönig kicherte. „Aber er ist hier, in dieser Welt. „Was? Nein, das kann nicht sein! Hast du ihn nicht bei mir zu Hause zurückgelassen?“ „Nein. Er ist hier, in meinem Schloss.“ Malik drehte sich um, um das Schloss im Mittelpunkt des Labyrinths anzusehen. ,Das Schloss jenseits der Stadt der Goblins...‘ Er drehte sich zurück zum König. ,Bitte Herr Goblinkönig, bitte gib ihn zurück.‘ Der König gluckste wieder. „Ich habe einen Namen, weisst du. Bakura.“ „Bakura?“, wiederholte Malik. „Dann bitte, Bakura, gib mir meinen Bruder zurück! „Wieso?“, sagte Bakura spielerisch. „Du warst schliesslich derjenige, der ihn weggewünscht hat.“ Das traf Malik unvorbereitet. „Aber ich habe nicht-“ Er hielt inne. Ich wünschte, die Goblins würden wirklich kommen und dich mitnehmen... Jetzt gleich... „Das habe ich“, realisierte er und versuchte schnell, die Situation zu bessern. „Aber das habe ich nicht so gemeint, Herr Bakura! Ich wollte bloss, dass er in Sicherheit ist! Bitte, du musst ihn zurückgeben!“ Der weisshaarige Mann verschränkte mit einem Grinsen die Arme. „Was gesagt wurde, wurde gesagt, Malik.“ „Nein! Gib ihn zurück!“, schrie Malik befehlerisch. Es gibt etwas, von dem alle Labyrinthianer wissen, dass sie es nicht tun sollen. Man soll niemals versuchen, dem König etwas zu befehlen. Es wird einem nicht so gut ergehen, wenn man es tut. „Wag es nicht, mich herumzukommandieren, Malik!“, knurrte Bakura. „Ich bin der König und ich nehme von niemandem Befehle an!“ Dann hob er eine Hand, um dem Jungen eine Ohrfeige zu verpassen und Malik schloss die Augen fest und wartete auf den Schlag. Aber etwas brachte Bakura dazu zu stoppen und seine Hand zu senken. Es kränkte den König, daran zu denken, wie schwach dies Handlung wäre. ...Er durfte dem Jungen nicht wehtun. „Er kann nicht mehr zurück in deine Welt, Malik“, sagte Bakura und Malik öffnete verwirrt die Augen. „Sieh her...“ Dann machte er mit der Hand eine ausschweifende Geste und eine klare Kristallkugel tauchte aus dem Nichts auf. „...Ich kann genauso leicht alle deine Träume wahr machen. Alles was du begehrst wird dein sein. Du musst nur hier bei mir bleiben...“ „Nein!“, antwortete Malik sofort. „Dann wird das Kind eben leiden!“ Diesmal war der Ton des Königs harsch, doch er unterdrückte seine Wut genug, um es noch einmal versuchen zu können. „Schau, Malik“, sagte er unverzüglich. „Dreh den Kristall und sieh hinein.“ Er drehte die kleine Kugel in seinen Händen und warf sie zu Malik, die sie genau rechtzeitig fing, um sie nicht fallen zu lassen. Malik tat dasselbe, das der König getan hatte, wenn auch weniger geübt, und starrte dann in die Tiefen der Kugel. Er sah seine ganze Familie... Sie entschuldigte sich, winkte ihn in ihre Arme und schluchzte in dem, was man nur Schuldgefühle nennen konnte. Malik sah Bakura in die Augen und der König erklärte: „Sie zeigt dir deine Träume...“ „Wie bekomme ich meinen Bruder zurück, Herr Bakura?“, fragte er gelassen. „Wie können er und ich das Labyrinth sicher verlassen?“ Die Wut des Königs war offensichtlich. „Alles klar, Malik“, sagte er, „Ich schlage dir einen Handel vor. Wenn ihr - du und dein Bruder - das Schloss innerhalb von 13 Stunden erreichen könnt, werde ich euch beide freilassen.“ „Wirklich?“ Malik sah abermals zum Schloss. „Es sieht nicht so weit weg aus.“ „Es ist weiter weg, als du denkst“, warnte Bakura vor, „und du hast nicht viel Zeit.“ „Was passiert, wenn ich das Schloss nicht rechtzeitig erreiche?“, fragte Malik. Bakura drehte sich um und ging von ihm wäg, während seine Gestalt immer durscheinender wurde. „Wenn du keinen Erfolg hast, gehört dein Bruder mir... Du kennst die Geschichte...“ Seine Stimme schwand, als er sich auflöste. ~~~ Ein gepflegter, schwarzer BMW bog schnell in die Strasse der Ishtar ein. Darin sassen Rishid auf dem Fahrersitz mit dem Fuss fest auf dem Gaspedal und Isis auf dem Beifahrersitz, die hysterisch schrie, er solle schneller fahren, während er antwortete, dass er bereits 90 km/h fuhr und dass das bereits über der Geschwindigkeitsbegrenzung sei. Auf dem Rücksitz sass ein irritiert aussehender Mariku, der sich gerade darüber beschwerte, dass Isis eine dumme Idiotin war, und ein junges Mädchen mit stachligem grünen Haar, die mit Seilen an Knöcheln und Handgelenken gefesselt war. Rishid bewies, dass er wirklich in Sekundenschnelle zum Stehen kommen konnte, als er auf die Bremse trat und das Auto gehirnzermarternd schüttelnd vor dem Haus der Ishtar anhielt. Der Sturm war nun vorüber, so konnte Isis klar die immer noch angelehnte Tür und die kaputten Wertgegenstände im Haus sehen. „Nein“, keuchte sie, sprang aus dem Auto und verfiel ins Rennen in Richtung des Hauses. „Mokuba! Malik! Bitte antwortet mir! Sagt, dass ihr in Ordnung seid! Bitte!“ „Miss Isis, wartet!“ Im Wagen drehte sich Mariku zu dem gefangenen Mädchen. „Wo sind meine Brüder?“ Seine Stimme war todernst. Das Mädchen hatte Angst. ,Dieser Junge sieht aus wie ein Psycho!‘, dachte sie. „Wie sollte ich wissen, was Bandit Keith mit ihnen gemacht hat? Ich war nur der Köder, um euch alle aus dem Haus zu kriegen, sodass er es plündern konnte.“ Der Blick des gebräunten Jungen hätte entweder Blei schmelzen oder die Sonne gefrieren können. Das Mädchen fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen; sie würde Keith dazu bringen, ihr etwas teures zu kaufen dafür, dass er ihr diese ganzen Schwierigkeiten eingebracht hatte! Mariku löste den Blick von dem Mädchen, um Rishid anzusehen. Der grosse Mann öffnete die Tür des Autos und warf sich das gefesselte Mädchen wie einen Sack Kartoffeln über die Schulter. Er weinte still. „Wie sieht‘s aus?“, fragte Mariku. „Wo sind Mini-Ich und der Zwerg?“ „Bitte steigt aus, Meister Mariku. Miss Isis ruft die Polizei an. Wer auch immer Meister Malik und Meister Mokuba hat, muss ein mörderischer Irrer sein.“ „Wieso?“ Der Jüngere hob eine Augenbraue. „Was hast du gefunden?“ „Der Sturm muss stark gewesen sein.“ Rishid wartete darauf dass Mariku aus dem Auto ausstieg, bevor er es abschloss und auf das Haus zuging, das Mädchen über der Schulter. Mariku folgte ein oder zwei Schritte hinter ihm. „Die Eiche hinter dem Haus ist entwurzelt worden und es sieht aus, als liege ein toter Mann darunter; gross und muskulös und mit stachligem schwarzem Haar.“ Mariku war überrascht, als das grünhaarige Mädchen keuchte: „Zygor...“ Rishid fuhr fort. „Da war eine weitere Leiche auf dem Balkon. Es sieht aus, als sei er erstickt. Gross und dünn, rote Haare und Brille. Das Mädchen keuchte abermals. „Sid...“ „Aber wie könnte Malik jemals jemanden umbringen?“, fragte Mariku. „Ich denke nicht, dass es Meister Malik war“, antwortete Rishid. „Ich denke, dieser ,Keith‘ von dem die Exfreundin von Miss Isis hier, Linda, immer gesprochen hat, hat wahrscheinlich Meister Malik und Meister Mokuba entführt und seine eigenen Kameraden umgebracht, damit sie still sind.“ Mariku fühlte einen kleinen Stich in der Brust. Also waren seine kleinen ,Spielzeuge‘ weg? Verdammt! Als sie das Haus betraten und in das Wohnzimmer gingen, sahen sie, wie Isis laut ein Telefongespräch führte. Rishid setzte das grünhaarige Mädchen, a.k.a. Linda, auf das Sofa und die beiden Männer setzten sich links und rechts von ihr hin, während sie zappelte und versuchte freizukommen. Malik warf wieder einen Blick auf Linda, immer noch wütend - Nicht traurig! Wütend! Er sah sich zu bösartig um Traurigkeit zu empfinden. Er war wütend darüber, seine kleinen Brüder verloren zu haben. „Ich bin so froh, dass du dumm genug warst, deinen Plan fallen zu lassen.“ „Und ich bin so froh, dass du die Gewohnheit hast, handliche Folterinstrumente wie ein Seil im Auto des Glatzkopfs hier aufzubewahren“, fuhr sie ihn sarkastisch an. Er schenkte ihr ein böses Grinsen, das förmlich zu brennen schien und sagte in einer beunruhigenden Sing-Sang-Stimme: „Ich kann zusehen, wie du hingerichtet wirst; was für ein Spass!“ „Sie wird wahrscheinlich nur ins Gefängnis gesteckt werden“, kommentierte Rishid. „Scheissdreck“, fluchte Mariku und Linda seufzte erleichtert. ~~~ „Verdammt!“, fluchte Malik, als er abermals gegen die riesige Steinwand trat. Und wieder. Und wieder! Wie sollte er es durch dieses Labyrinth schaffen, wenn er nicht einmal den Eingang finden konnte? Die unnützen Attacken des gebräunten Jungen auf die Wand stoppten abrupt, als er eine Stimme hinter sich hörte. „Weisst du, du wirst deinen Fuss brechen, wenn du so weitermachst.“ Malik drehte sich schnell um, erwartete, dass es der Goblinkönig war, doch wurde von einem vollkommen anderen Gesicht begrüsst. Kapitel 3: Magischer Tanz ------------------------- Malik drehte sich schnell um, erwartete, dass es der Goblinkönig war, doch wurde von einem vollkommen anderen Gesicht begrüsst. Malik vermutete, dass der Fremde etwa um achtzehn Jahre alt sein musste. Er war gross - beinahe sechs Fuss -, hatte einen schön getönten Hautton, kurzes braunes Haar und saphirblaue Augen, die einen Mann augenblicklich hätten erstarren lassen können. Seine Kleidung schien für die Strasse gemacht zu sein; verblichene und zerrissene braune Hosen, ein ausgefranstes Hemd und braune Arbeitsschuhe, die wahrscheinlich schon oft getragen worden waren. Das seltsamste an dem Mann waren jedoch seine Ohren, denn anders als normale Menschenohren waren die Ohren dieses Mannes lang und verjüngten sich oben zu einer Spitze. „Wer hat dich denn gefragt?“, fuhr Malik ihn zur Antwort auf seine vorherigen Worte an, „Das geht dich nichts an.“ Der blonde Junge drehte sich wieder um und fuhr damit fort, die dicke Aussenwand des Labyrinths zu begutachten - also auf sie einzutreten. Der Mann mit den spitzen Ohren stöhnte. „Dummes, sterbliches Gör.“ Dann nahm er eine Art Sprühdose vom Boden und begann, ein paar recht grosse Insekten zu beseitigen, die herumschwirrten. ,Moment, das sind keine Käfer, das sind Feen!‘ Malik hatte das gerade realisiert, als der Mann wieder den Knopf der Dose gedrückt hatte und eine weitere geflügelte Kreatur zu Boden schickte. Das amethystäugige Kind keuchte und wollte ihm helfen, aber der Mann hielt ihn auf, indem er nach seiner Hand griff. „Dummer Junge, die guten Feen sind im Labyrinth“, warnte er. „Diese hier würden dir bloss die Hand abbeissen. „Oh“, schluckte Malik. „Na gut. Danke für die Warnung.“ Er versuche seine Hand zurückzuziehen, aber der offensichtlich stärkere Mann führte ihn zu einem grossen Felsen und wies ihn an, sich zu setzen. Malik tat wie ihm geheissen, während der spitzohrige Mann ein paar Schritte ging, um einen Haufen von Lumpen vom Boden aufzuheben. Doch als er genauer hinsah, sah Malik, dass der Haufen von Lumpen etwas ganz anderes war; ein zerrissener, alter Trenchcoat einer tiefen, dunkelroten Farbe, lang genug um über den Boden zu fegen und mit mehr Taschen, als es nötig war. ,Das gibt‘s ja nicht‘, dachte Malik, während er zusah, wie der Mann den Mantel anzog, ,Darin könnte man die ganze Kartensammlung meines Bruders verstecken und hätte immer noch Platz.‘ Der Fremde kam wieder zu Malik und nahm etwas aus einer der Taschen. „Hier“, sagte er und gab dem Jungen den Gegenstand. „So sehr ich Sterbliche auch hasse, den Goblinkönig hasse ich noch mehr.“ Malik sah ihn verwirrt an, bevor er das Objekt nahm; ein Taschentuch. „Wische dir damit über das Gesicht“, wies ihn der Mann an und Malik tat abermals, was er verlangte. Als er den Stoff wieder von seinem Gesicht nahm keuchte er, als er fühlte, wie plötzlich all seine Schmerzen wichen. Er fühlte sein Gesicht. Er war geheilt worden! Die Schnitte und Prellungen die er von der Auseinandersetzung mit Zygor und dem Fall durch die Eiche davongetragen hatte waren vollkommen verschwunden. „Ich d-danke Ihnen... Herr... Äh... Herr...“ „Kaiba. Mein Name ist Seto Kaiba.“ ,Herr Kaiba?‘, dachte Malik. ,Das klingt zu formell. Ich bin sicher ich kann ihn Seto nennen.‘ Dann sagte er: „Dann vielen Dank, Seto. Das hilft mir sehr.“ Seto schien zu husten. ,Hat er mich gerade ,Seto‘ genannt? Niemand darf mich so nennen!‘ „Stimmt etwas nicht, Seto?“, fragte Malik. „Nein, alles in Ordnung“, sagte Seto. Was spielte es schon für eine Rolle, ob ihn irgendein belangloser Sterblicher bei seinem Vornamen nannte? „Du bist also dieser Malik, oder? Ich habe gehört, dass du kommen würdest.“ „Ja, das bin ich“, antwortete der Junge. „Ich bin Malik Ishtar von Domino und ich bin hier, um meinen Bruder zurückzuholen.“ „Gut, dann hast du dir dein Vorhaben ja ausgesucht“, sagte Seto. „Wie auch immer, das geht mich nichts an. Ich will nur sehen, wie Bakura reagiert, wenn du etwas stärker aussiehst, wenn ihr euch das nächste Mal trefft.“ Seto wollte gehen, doch Malik hielt ihn auf. „Warte! Sag mir wenigstens, wieso du hier bist“, bat der Junge. „Ich weiss nichts über dich. Vielleicht könnten wir sogar Freunde sein. Ich will hier wenigstens eine nette Person kennen.“ „Ich bin nicht nett, Junge“, widersprach Seto kalt. „Und ich will nicht dein Freund sein. Aber wenn du das wissen musst, ich bin ein Elf und der Verwalter der äusseren Wand des Labyrinths. Und, bist du jetzt glücklich?“ Maliks Augen flackerten vor Freude. „Dann musst du wissen, wie man in das Labyrinth gelangt!“ „Ja, das weiss ich.“
 „Also dann, wo ist die Tür?“ „Welche Tür?“ Malik hielt einen Moment inne und ein verwirrter Ausdruck schlich sich auf sein Gesicht. Meinte dieser Typ das ernst oder nicht? „Die Tür zum Labyrinth.“ „Ja?“ „Wo ist sie?“ „Wo ist was?“ „Die Tür!“ „Welche Tür?“ „Arrgh!“, rief Malik frustriert, „Es ist hoffnungslos, dich etwas zu fragen!“ „Nicht“; sagte Seto geheimnisvoll, „wenn du die richtigen Fragen stellst.“ Malik seufzte. „Wie kann ich das Labyrinth betreten?“

„Ahh, siehst du, das ist die richtige Frage.“ Seto grinste und drückte einen Stein der Wand. Die ganze Wand schien sich zu spalten, doch Malik bemerkte schnell, dass es eigentlich einige wohl versteckte Türen waren, die sich nun öffneten, um einen staubigen Weg zu offenbaren. Malik ging durch eine grosse Türe hindurch und liess die hohe Steinwand hinter sich. Sie war etwas nass und glitzerte im Licht. Dünne, wuchernde Ranken schlangen sich über das obere Ende der Wand. Nachdem er ein paar Schritte mehr in den ersten Teil des gefürchteten Labyrinths genommen hatte, sah der Junge nach links und rechts und begutachtete den schmutzigen Weg so gut es ging. Zu seiner Linken konnte Malik nichts sehen ausser einen unendlichen Streifen des selben schmutzigen Sandes, auf dem er gerade stand, der von goldenen, glitzernden Ästen überfüllt war. Er sah auch, dass die dumpfen Wände, zwischen denen er nun stand, dem Pfad zu folgen schienen. Zu seiner Rechten war es genau das Selbe. „Macht‘s Spass?“, fragte eine Stimme hinter ihm nach. Seto... „Welchen Weg soll ich nehmen?“, fragte Malik. „Wieso sollte ich das wissen?“, antwortete Seto neutral und Malik knurrte verärgert. Er hatte keine Zeit für so etwas! Er musste Mokuba retten „Alles klar.“ Malik verengte seine Augen, seine Verärgerung offensichtlich. „Also, welchen Weg würdest du nehmen?“ „Ich?“, fragte Seto überrascht. „Ich würde gar keinen nehmen. Es ist purer Selbstmord auch nur so weit zu gehen, wie du es bereits getan hast.“ Malik schluckte. Er hatte noch kaum einen Schritt ins Labyrinth getan und dieser unbedeutende Fortschritt wurde schon als gefährlich angesehen...? „Wenn du keine weitere Hilfe mehr bist“, sagte er schlussendlich, „dann kannst du gehen.“ „Du bist schnell darin, Leute von dir zu weisen“, beobachtete Seto. „Bedeutet das, dass du keine Freunde hast?“ Das traf Malik unvorbereitet. „Natürlich habe ich Freunde!“, log er sofort. Aber genau so war es. Eine Lüge. Er hatte wirklich keine Freunde abgesehen von Joey und der weissen Eule aus dem Park. Trotzdem, manchmal war selbst Joey nicht da, weil er mit seiner kleinen Schwester zusammen sein wollte. Malik konnte das verstehen. Schliesslich hielten Geschwister meistens zusammen. Na gut, abgesehen von den Ishtar-Geschwistern. Rishid arbeitete immer, Isis machte die gefürchtete ,Ich bin in der Pubertät, lass mich in Ruhe‘-Phase durch, Mariku hing mit seiner Gang von zukünftigen Kriminelle herum und Mokuba war immer bei ihren Eltern. Malik passte nicht wirklich zu jemandem in seiner Familie. Die Wahrheit war... Malik war meistens ganz allein... Die weisse Eule aus dem Park war die einzige, die wirklich immer zu ihm gehalten hatte. Immer wenn er draussen das Buch über das Labyrinth las, konnte er die Eule sehen, wie sie ihn beobachtete, als ob sie versuchen würde, ihm etwas zu sagen, dass er schon immer so sehr hatte hören wollen; ,Ich werde für dich da sein... Bis ans Ende der Zeit...‘ Trotzdem hielt Malik seine Fassade aufrecht. „Ich habe Freunde! Tonnen! Ich kann mich kaum an all ihre Namen erinnern, so viele habe ich! Kim, Brett, Lisa, Kenneth, Tiffany, und so weiter! Also sag bloss nicht ich habe keine Freunde, ich wette, ich habe viel mehr als du!“ Damit begann Malik, nach links zu gehen, den sandigen Pfad entlang und weg von Seto. Letzterer seufzte genervt und trat aus dem Labyrinth. Er drehte sich auf dem Absatz um und drückte abermals den Schalter in der Wand. Malik zuckte zusammen, als er die grosse Steintür zuknallen hörte. Dann runzelte er besorgt die Stirn. Jetzt war er alleine... ~~~ Kleopatra Ishtar und ihr Mann, Jason Trait, betrachtete die Szenerie. Dutzende von Polizisten, Feuerwehrmännern und sogar Gerichtsmedizinern scharten sich um das Haus. Die meisten Feuerwehrmänner waren auf der Hinterseite, wo sie ein Feuerwehrauto und einen Kran benutzten, um die Eiche vom Boden zu heben, während die in den Labormänteln auf dem Seitenbalkon des Hauses waren, wo sie sich über etwas beugten. Und wo waren die Polizisten nicht? Ein Meer aus blauen Uniformen bedeckten das Haus regelrecht von oben bis unten; sie redeten, untersuchten, schrieen, überprüften und so weiter... „Komm schon“, sagte Jason, nahm die Hand seiner benommenen Frau und führte sie die Einfahrt hinauf und in ihr Haus. Als sie die Tür zum Esszimmer erreichten - die Jason förmlich aus den Angeln riss, als er sie öffnete - liess er ein so allmächtiges Brüllen vernehmen, dass selbst einige Feuerwehrmänner ausserhalb des Hauses sich Deckung suchten. „WAS ZUR HÖLLE GEHT HIER VOR?!“ ~~~ Malik rannte so schnell wie er konnte, wobei er über jeden von wo auch immer auf den Pfad gefallenen Ast sprang, der ihm im Weg war. Weiter und weiter, aber der Pfad endete nicht. Er konnte das Ende der quälenden Gasse nicht einmal sehen. „Wieso eigentlich ,Labyrinth‘?“, fragte er ins Leere, als er langsamer wurde. „Es hat keine Kurven oder Ecken oder irgendwas! Es geht einfach weiter und weiter!“ Als er wieder ein wenig zu Atem gekommen war, begann er wieder zu rennen. Er durfte nicht aufgeben! Er würde nicht aufgeben! Er würde Mokuba nicht wieder im Stich lassen! Er hatte es schon einmal getan, als er ihn ins Labyrinth weggewünscht hatte. Nein. Dieses Mal würde Malik ihn angemessen retten, ohne irgendwelche magische Hilfe. „Hallo du!“, rief eine Stimme, „Warte!“ Malik hielt abermals an und drehte sich um, um einen Jungen zu sehen, der auf ihn zu rannte. Er war klein, hatte grosse violette Augen und ein Lächeln, das strahlend genug war, dass es selbst die Sonne beschämen könnte. Ausserdem hatte der junge unglaublich komisches Haar; blonde Strähnen vorne und schwarz und rot hinten. „Hallo“, sagte der Junge wieder, als er Malik eingeholt hatte,“Mein Name ist Yugi. Brauchst du Hilfe? Du bist jetzt schon eine Weile gerannt und ich würde dir wirklich gerne Helfen, wenn ich kann.“ „Das ist sehr nett von dir“, sagte Malik zu Yugi. „Eigentlich-“ „YUGI MUTOU! Komm sofort zurück!“, unterbrach eine andere Stimme. Die neue Person war nicht so klein wie Yugi und hatte himmelblaues Haar und hellgrüne Augen. „Oh Ryou“, schmollte Yugi, „Komm schon.“ „Es tut mir sehr Leid, junger Herr“, entschuldigte sich Ryou, „Yugi kann einfach nicht anders als zu helfen.“ „Schon in Ordnung“, antwortete Malik. „Äh... Seid ihr auch beide Elfen?“ „Nein“, antwortete Yugi, „Wir sind bloss bescheidene Diener des Königs. Auch wenn wir ihn nicht mögen.“ „Yugi!“, sagte Ryou verblüfft, „Sag das nicht! Er könnte dich hören!“ „Keine Sorge, Ryou“, antwortete Yugi und zog den grösseren Jungen zu sich, um ihm einen Kuss zu stehlen, „ Du wirst mich beschützen, oder?“ Malik räusperte sich und beide Labyrinthianer sahen ihn wieder an. „Entschuldigung“, sagte er, „ich will euch nicht unterbrechen, aber wisst ihr, wie man zum Schloss in der Mitte des Labyrinths kommt?“ „Nein“, sagten sie beide gleichzeitig und Malik runzelte die Stirn. Dann meldete sich Yugi zu Wort. „Aber wenn du auf den richtigen Weg willst, dann geh einfach durch diese Lücke“, er deutete auf die Wand und Malik warf ihm einen abschätzigen Blick zu. „Aber da hat es keine Lücke.“ „Natürlich hat es eine!“, behauptete Yugi. Dann sprang er buchstäblich durch die Wand, wobei die Oberfläche sich kräuselte. Malik richtete seinen erstaunten Blick auf Ryou, der sagte: „Dieser Ort ist voller Durchgänge, du hast sie bloss nicht gesehen. Komm schon, es tut nicht weh.“ „Danke“, sagte Malik, bevor er durch die Wand sprang. Auf der anderen Seite traf er Yugi in einem Wirrwarr aus sieben Fuss hohen Steinwänden und Windungen und Kurven überall. „Danke, Yugi.“ Er drehte sich zu dem Jungen. „Ich bin dankbar für die Hilfe.“ „Kein Problem“; antwortete der Kleinere. „Ich hoffe, du kommst mit deiner Aufgabe gut zurecht. Oh, und wenn du meinen älteren Bruder triffst, sag ihm bitte, dass ich ,Hallo‘ gesagt habe, okay?“ „Versprochen“, stimmte Malik zu. Dann sah er zu, wie der Junge mit den drei Haarspitzen zurück durch die Wand sprang. ,Alles klar‘, dachte Malik und drehte das Gesicht zum Irrgarten, ,Nächster Versuch...‘ ... Das Schloss in der Mitte des Labyrinths könnte als Meisterwerk empfunden werden. Mit den hohen Steinwänden, endlosen Korridoren und etwa zweihundert grossen Räumen war das Schloss nicht nur gut befestigt, sondern gleichzeitig auch elegant und majestätisch. Von den vielen Räumen, die das Schloss besass, konnte der König des Labyrinths meist im Thronsaal gefunden werden. Dieser Saal war gross genug, dass er ungefähr hundertundfünfzig Goblins bequem zur gleichen Zeit beherbergen konnte und war so gestaltet, dass der Thron in der Mitte des Raumes stand, auf einer erhobenen Plattform, sodass man dem König nicht die Nähe der Goblins anmasste. Im Moment sass der zuvor erwähnte Goblinkönig seitwärts auf seinem Thron, das linke Bein über der Armlehne, das rechte Bein auf dem Boden. Den rechten Ellenbogen hatte er auf der anderen Armlehne und stützte sich mit dessen Hand den Kopf. Er hatte den Umhang für den Moment abgelegt und trug stattdessen einen langen, schwarzen Marmorstock bei sich, auf dessen Spitze ein glitzernder Kristall eingefasst war. Diesen Stock hielt er in seiner freien Hand und tippte damit unentwegt auf den Zeh seines rechten Schuhs. Etwa hundert Goblins füllten den Raum; sie plauderten, tranken Alkohol, sprangen hyperaktiv umher, lachten und versuchten jedes entwischte Haushuhn wieder einzufangen. Es war alles etwas chaotisch, wenn man es sich nicht gewöhnt war und es reizte Bakura bis zur Spitze; was das konstante fummeln mit dem Stock erklärte. Doch bald hörte Bakura damit auf und schaute stattdessen die Treppe hinunter, die zur Plattform führte, auf der sein Thron stand. Dort sah er einen kleinen Jungen mit widerspenstigem schwarzen Haar, dessen Knöchel mit Eisenfesseln an den Stuhlbeinen gehalten wurden. Mokuba weinte leise, Tränen rannen ihm über die Wangen und tröpfelten auf den Boden. Für jeden anderen wäre der Anblick absolut herzzerbrechend gewesen. Aber für den Goblinkönig war er einfach nur erbärmlich. Er verstand nicht, wie so ein starkes, schönes, himmlisches Wesen wie Malik mit diesem erbärmlichen, kläglichen Häufchen Elend verwandt sein konnte. Trotzdem schienen sie sich einige Eigenschaften zu teilen... Zum Beispiel waren sie beide mutig. Bakura erinnerte sich an das letzte Kind, das er einem kraftlosen Teenager genommen hatte. Beide Geschwister hatten lang und laut geweint wie die Schwächlinge, die sie waren. aber Mokuba war stark wie Malik. Seine Tränen waren stumm. Beide Brüder schienen ebenso angestrengt zu versuchen, einander nicht zu enttäuschen. Malik wagte sich durch für seinen jüngeren Bruder durch das Labyrinth, während Mokuba als Gegenleistung versuchte, Bakura nicht die Genugtuung zu verschaffen zu wissen, dass er Angst hatte. ,Mokuba erinnert mich wohl doch an dieses Luder Malik‘, dachte Bakura. Mokuba sah auf und sah, dass Bakura ihn beobachtete. Natürlich war er gescheit genug zu wissen, dass er nur zu einem König sprechen durfte, wenn dieser ihn zuerst ansprach. Doch Bakura sprach ihn wirklich an. „Mokuba. Das ist dein Name, oder?“, fragte er und fuhr fort, als das Kind erstaunt nickte. „Du erinnerst mich an Malik. Du erinnerst mich an mein Püppchen.“ Die meisten Goblins hatten diese Worte so schnell bemerkt wie ein Ertrinkender ein Floss bemerken würde. Der König sprach kaum mit irgendwelchen seiner Gefangenen - abgesehen davon, wenn er sie mit falscher Hoffnung quälte, natürlich - deshalb war es eine grosse Sache, dass der allmächtige König des Labyrinths sich die Zeit nahm, ausgerechnet mit einem Gefangenen zu sprechen. „W-Was?“, fragte Mokuba kleinlaut, sein Hals rau vom Weinen. Du solltest dir darüber im Klaren sein, dass jeder Adlige gerne (mir fällt kein besserer Begriff ein) angibt. Der Grund, dass ich das sage, ist, dass - wie alle Monarchen - der Goblinkönig gerne Dinge tut, die alle Beobachter verblüfft. Der König liebt es, des Betrachters offensichtliches Erstaunen zu sehen, wenn er mit der Hand winkt und aus dem Nichts Musik ertönt. Seine verblüffend schöne Stimme und unglaubliches Tanzgeschick haben seine Gefangenen und Untertanen immer wieder verblüfft. Wenn du jemals in die Situation geraten solltest, eine seiner Darbietungen sehen zu können, solltest du es geniessen, denn er ist nicht oft gut gelaunt. „Ich sagte“, wiederholte Bakura und winkte leicht mit der Hand. Ein schneller doch regelmässiger Rhytmus schien die Luft zu füllen und seiner Bewegung zu folgen. „Du erinnerst mich an mein Schätzchen...“ Ein wahlloser Goblin folgte dem Hinweis, als Bakura die Treppe zum Thron hinunterstieg. „Welches Püppchen?“, fragte der Goblin. Bakura ging ein paar Schritte, bis er dem Goblin gegenüber stand und antwortete: „Das Püppchen, das die Macht hat.“ „Welche Macht?“, fragte der Goblin abermals und Bakura griff nach seinem Nacken und riss ihn zu sich, als er antwortete. „Die Macht des Voodoo.“ „Wu-du?“ „Tu es.“ Bakura liess den Goblin los und drehte sich um, als ob er weggehen wollte. „Was tun?“ Der König drehte sich schnell auf dem Absatz um, packte den Hals des neugierigen Goblins und warf ihn in die Luft. „Erinner mich an mein Schätzchen!“, sang Bakura zur Antwort, als der Goblin mit einem Knall auf dem Boden auftraf und all die anderen Goblins laut lachten. Mokuba zuckte zusammen, als der leise Rhytmus um ihn plötzlich zu gewaltiger, schneller Musik wurde. Bakura hatte aus dünner Luft Musik beschworen, so gross war seine Macht. Die Stimme des Königs begleitete die Komposition mit einem Lied, das einfach... Magisch war. Bakura begann zu singen, wobei er seinen Stock benutzte wie ein Mikrophon. „Ich sah ein Schätzchen, Es weinte so sehr, wie ein Schätzchen weinen konnte, Was konnte ich tun?“ Mokuba wurde von der traumhaften Stimme des Königs hingerissen. Wie konnte eine so niederträchtige Kreatur solche süssen Melodien singen? Bakura sang, während er in die Mitte des Raumes ging; „Der Liebling des Schätzchens hatte es verlassen und das Schätzchen traurig gemacht, niemand wusste, was zu tun war!“ Dann brachen alle Goblins im Saal in Gesang aus und begleiteten ihren König. „Welchen Zauber sollte man benutzen?“ „Schleim und Schlangen?“, fragte ein kleiner Goblin. „Den Schwanz eines Welpen?“, fragte ein nächster. „Donner oder Blitz?“, fragte ein dritter. Der König drehte sich und zeigte auf Mokuba. „Dann sagte das Schätzchen!“ Mokuba lachte und der ganze Raum sang den Chorus mit Bakura, während er durch den Saal tanzte; „Tanz, Magie, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz, Leg den Zauber des Schätzchens auf mich!“ Dann benutzte Bakura seinen rechten Fuss, um einen unglücklichen Goblin hoch in die Luft zu treten. Einige Goblins hatten herumzuhüpfen begonnen, als sie wieder zu sangen begannen, Bakura winkte mit der Hand in die Luft und die Wesen konnten automatisch hoher springen. Das war grossartig! Mokuba hatte unglaublichen Spass! Alle im Raum anwesenden sangen wieder; „Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Leg diesen magischen Sprung auf mich!“ „Schlag das Schätzchen, lass es frei!“, schlug ein piepsiger Goblin vor und gab einem anderen eine Ohrfeige zu Demonstration. Bakura verdrehte die Augen und ging zu zu Mokuba, der zurückwich. Mit einer Bewegung aus dem Handgelenk des Königs zerfielen die Fesseln um die Knöchel des Kindes zu Staub. „W-Wieso h-hast du das g-getan?“, fragte Mokuba verängstigt. „Mach mit“, forderte Bakura ihn auf, „Lass uns Spass haben. Schliesslich wirst du in genau neun Stunden und dreiundzwanzig Minuten mein sein.“ Damit nahm Bakura die Hand des Kindes und führte ihn in die Mitte des Raumes durch all die rufenden und lachenden Goblins hindurch. Eines der Wesen lag sogar betrunken neben einem Weinfass und versuchte, alle Möchtegerntrinker von seinem Vorrat fernzuhalten. Der König begann abermals mit seiner bezaubernden Stimme zu Singen und dieses Mal tanzte Mokuba an seiner Seite. „Ich sah mein Schätzchen, Es strengte sich so sehr an, wie ein Schätzchen sich anstrengen konnte, Was konnte ich tun?“ Goblins huschten um Mokuba herum, während sie zu Bakuras Lied tanzten. „Mein Schätzchen hatte keinen Spass mehr, Und mein Schätzchen war traurig, Niemand wusste, was zu tun war!“ Wieder stimmten alle Goblins in Bakuras Gesang ein; „Welchen Zauber sollte man benutzen?“ „Schleim und Schlangen?“, fragte Goblin mit strähnigen Haaren. „Den Schwanz eines Welpen?“, fragte ein nächster.mir buschigem Haar „Donner oder Blitz?“, fragte eine Goblinfrau. Bakura zeigte wieder auf Mokuba. „Dann sagte Schätzchen!“ Diesmal lachte der Junge auf und begann mit allen anderen den Chorus zu singen; „Tanz, Magie, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz Leg den Zauber des Schätzchens auf mich!“ Dann hob Bakura Mokuba auf und warf ihn in die Luft. Der König war überraschend stark; er schwitzte noch nicht einmal. Mokuba schrie zuerst, aber als er vom König wieder gefangen wurde, wusste er, dass er sicher war. Also begann er, das lustige Spiel zu geniessen, das Bakura begonnen hatte und er wurde er flog immer höher und höher in die Luft jedes Mal, das er vom König geworfen wurde. Das Lied ging weiter, dieses Mal begleitet von Mokubas Lachen; „Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Leg diesen magischen Sprung auf mich!“ „Schlag das Schätzchen, lass es frei!“, schrie die ganze Goblinmenge miteinander. Bakura warf Mokuba ein letztes Mal in die Luft und liess ihn von einer Goblinwache fangen. Als die Füsse des Kindes wieder auf festem Boden standen, begann es wieder mit Bakura zu tanzen. Der König strahlte förmlich Spass aus und Mokuba glaubte, dass Malik es geliebt hätte, seinen Fantasyhelden so zu sehen. Wie schade, dass das niemals möglich sein würde... Alle Anwesenden sangen und tanzten, lachten und hüpften. Und sie sangen weiter und weiter, bis das Lied, das aus der Luft selber erschienen zu sein war, verklang... „Tanz, Magie, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz, Tanz, Magie, tanz, Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Spring, Magie, spring, Leg den Zauber des Schätzchens auf mich... Ooh...“ ~~~ Malik war vollkommen erschöpft. Er hatte jeden Trick ausprobiert, den er kannte, doch er fand einfach keinen Weg, durch den steinernen Irrgarten zu gelangen! Seine erste Idee war simpel und fundamental gewesen. Er hatte ein Stück Faden genommen, das er in der Tasche seiner Jeans gefunden hatte und es an Steinblock am Eingang des Labyrinths gebunden und ihn entwickelt, während er hineingegangen war, um zu wissen, wo er schon durchgegangen war. Das erlaubte ihm, wieder zurückzugehen, sollte er den falschen Weg erwischen und war in der Theorie eine sehr gute Idee. Doch im Labyrinth nutzte Theorie nichts, denn die eigentlichen Wände des Irrgartens hatten sich brutal zusammengeknallt und den Faden auseinander gerissen! Die zweite Idee hätte ebenso funktioniert, wenn der Trickreichtum des Labyrinths selber nicht gewesen wäre. Malik hatte einen kleinen Kiesel genommen und begonnen, weisse Pfeile auf den steinernen Pfad zu zeichnen, die zeigten, wo er schon gewesen war. Unglücklicherweise waren irgendwelche winzigen Kreaturen, die unter dem Pfad lebten aus dem Boden erschienen und hatten den markierten Stein mit ihren Händen gereinigt, als er sich umgedreht hatte. Dann war jeweils ein weisses ,Puff‘ und eine Staubwolke gefolgt und der Stein war wieder sauber und unversehrt gewesen. Also hatte Malik versucht, stattdessen Pfeile auf die Wände zu zeichnen. Das genau Gleiche war passiert. Malik hielt an, als er realisierte, dass er in eine Sackgasse gelaufen war. Er versuchte, zurückzugehen; doch nur, um zu sehen, dass die Wände des Labyrinths abermals zugeschnappt hatten und ihn einsperrten. „Nein!“; schrie er voller Angst, „Ich bin gefangen!“ Plötzlich hörte er ein Kichern hinter sich, dann noch eines und noch eines und noch eines! Er drehte sich um und sah vier Männern ins Gesicht. Gut, an die Oberschenkel in den meisten Fällen. Ein grosser Mann stand ganz links. Er trug einen violetten Umhang und eine schwarze Halbmaske. „Mein Name ist Umbra.“ Er grinste. Ein weiterer glatzköpfiger Mann stand zu seiner linken. Er trug einen orangen Kampfsportanzug. „Mein Name ist Para“, sagte er. Der Mann, der zu Paras linker stand, sah genau aus wie er, nur mit dem Unterschied, dass er grün trug und sich als „Dox“ vorstellte. Das letzte Mitglied der Gruppe war bei weitem der kleinste und dickste von allen. Er war angezogen wie Umbra, bloss mit einer weissen Halbmaske. „Ich bin Lumis“, sprach er. „Aber vor einer Sekunde war das noch eine Sackgasse“, sagte Malik verwundert. „Dieser Ort ist so launisch! Wie soll ich es durch dieses Labyrinth schaffen, wenn es sich die ganze Zeit verändert?“ Die Männer lachten alle. „Ich sehe schon, wieso der König den hier mag“, sagte Umbra. „Er hat Mut!“ „Und sieht auch nicht so schlecht aus“, antwortete Dox, während er Malik beäugte. „Er ist sehr reizend...“ Bei der ungewollten Aufmerksamkeit wich Malik beinahe zurück, wenn nicht die Tatsache gewesen wäre, dass diese Gorillas vielleicht einen Weg aus diesem sich stetig verändernden Irrgarten kannten. Malik beschloss, das Gespräch zu unterbrechen. „Entschuldigung, weiss jemand von euch, wie man durch dieses Labyrinth kommt?“ „Nein“, sagte Lumis, „Aber der einzige Weg aus diesem bestimmten Teil des Labyrinths sind die Türen hinter uns.“ Malik warf einen Blick hinter die Männer und tatsächlich waren dort zwei hölzerne Türen in die Steinwand eingelassen, eine direkt hinter Para und die andere im Rücken von Dox. „Ja“, stimmte Umbra zu, „Aber wir sollten dich warnen; eine Tür führt dich aus diesem Irrgarten und die andere in den-“ „Bu-bu-bu-bumm!“, sagte Lumis leise. „- Sicheren Tod“, endete Umbra seinen Satz und die anderen drei fügten hinzu: „Uuuuuh!“ „Also, welche ist welche?“, fragte Malik, nun mit ein wenig Angst. „Uh, das können wir dir nicht sagen“, sagte Lumis. „Was?“, fragte Malik, „Wieso nicht?“ „Wir wissen es nicht“, antwortete Umbra. „Aber sie wissen es“, ergänzte Lumis und zeigte auf Para und Dox. Malik verdrehte leicht die Augen. „Dann frage ich sie eben.“ „Nein.“ Die abrupte Stimme erschreckte Malik einen Moment, bevor er realisierte, dass es Dox war, der sprach. „Du kannst uns nicht fragen, du kannst nur einen von uns fragen. Das gehört zu den Regeln.“ Dann sprach Para: „Ja, und ich sollte dich warnen, dass einer von uns immer die Wahrheit sagt und einer von uns immer lügt. Das ist auch eine Regel, er lügt immer.“ Er machte ein Geste zu Dox, der empört antwortete: „Das stimmt nicht! Ich sage die Wahrheit!“ „Oh, was für eine Lüge“, neckte Para ihn mit einem Keuchen. Umbra grinste und Lumis musste seinen Mund verdecken, um sein offen hörbares Gelächter etwas zu unterdrücken. „Ich wette, ihr hättet nicht gedacht, dass ich dieses Trick kenne, oder?“, fragte Malik und von allen anderen Gesichtern verschwand das Lächeln. „Denn das tue ich und es endet damit, dass ihr beide Lügner seid.“ Das Kind sah die plötzliche Bleichheit der Männer, als er zu Para ging und ihn fragte: „Welche Tür würdest du benutzen?“ Der glatzköpfige Mann war in die Ecke getrieben worden, also tat er das Einzige, auf was er und sein Bruder programmiert waren, immer zu tun. Er log. „Ich würde durch die Tür direkt hinter mir gehen“, antwortete er jammernd. „Du lügst“, beobachtete Malik, „Das heisst, dass die Tür hinter Dox die sichere ist.“ Damit öffnete sich die besagte Tür und offenbarte einen langen, dunklen Tunnel, hinter dem man ein Gartenlabyrinth sehen konnte. Malik ging ohne Mühe an den Männern vorüber und ging durch die Tür. Unglücklicherweise schickte Umbra eine Welle von dunkler Magie in den Tunnel, als Malik etwa in dessen Mitte angekommen war. Ein massives, rundes Stück des Bodens verschwand vollkommen! Das Stück Boden, auf dem Malik gerade gestanden hatte. Malik schrie auf und fiel sofort in eine dunkle Röhre, über der der Tunnel einst platziert worden war. Diese Röhre konnte nur als etwas beschrieben werden; vollkommen schmutzig. Tausende von schimmeligen, schleimgrünen Händen ragten aus den Wänden der Röhre und jede versuchte, während Maliks Fall nach ihm zu greifen. Etwa in der Mitte der Röhre hatten ein paar Hände es wirklich geschafft, sich genug fest an Malik zu klammern, dass sie seinen Fall aufhielten. Der Junge war vollkommen angewidert, als er die vielen Glieder anstarrte, die seine Beine, Arme und Hüfte festhielten. Er war noch verblüffter, als ein paar Hände die Form von etwas ähnlich einem Gesicht bildeten und mit ihm zu sprechen begannen! „Hallo“, grüsste es mit einer männlichen Stimme. „W-Was bist du?“, fragte Malik, bleich vor Unbehagen. „Wieso, wir sind die ,Helfenden Hände‘!“, antwortete es. „Siehst du das nicht?“ Malik ignorierte die Frage und versuchte stattdessen, den stahlgleichen Griff einer der Hände an seinem Arm zu lockern. „Ihr tut mir weh!“, wimmerte er. Einige weitere Hände bildeten ein ,Gesicht‘ neben dem ersten, das grausam fragte: „Willst du, dass wir dich loslassen?“ Malik verlagerte seine Aufmerksamkeit davon zu versuchen, eine Hand von seinem Arm abzuschütteln zu dem neuen ,Gesicht‘, Angst auf seinen Zügen. Er bekam keine Chance zu antworten, denn sofort liess jede Hand, die ihn hielt, ihn gleichzeitig los und er begann wieder, die Röhre hinab zu fallen. Das Lachen der Hände begleitete Maliks Schreie, während er ein gutes Stück fiel, bis alle Geräusche abrupt verstummten, als eine weitere Gruppe von Händen abermals seine Arme und Beine ergriffen. Andere Hände gruppierten sich, um ein Gesicht mit einem Schnabel als Mund und einer Faust als Nase zu formen, das ihn betrachtete. „Also gut, wo lang jetzt?“ „Was meint ihr damit?“, fragte Malik. „Herauf oder herunter“, fügte das Gesicht hinzu, „Und wähle schnell, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“ Malik widerstand aus der Angst wieder fallen gelassen zu werden dem Drang zu antworten ,Oh doch, die habt ihr‘. „Also gut“, sagte er schlussendlich, „Ich denke, es ist das beste, wieder zur Oberfläche zu gelangen, also wähle ich oben.“ Kollektives Stöhnen war in der ganzen Röhre zu hören, zusammen mit dem Murmeln von Worten wie ,Das ist nicht fair!‘ und ,Er hätte doch ,herunter‘ wählen sollen!‘ Doch eine einzelne Stimme zog jedoch Maliks Aufmerksamkeit auf sich und liess ihn von Furcht erstarren. „Lasst uns ihn trotzdem fallen lassen!“, schrie sie. „Erinnert euch, der König hat gesagt - und ich zitiere - wir sollen ,das Menschenkind mit allen Mitteln, die nötig sind, stoppen‘, heisst das also nicht, dass wir die Regeln dieses Mal verändern können?“ Einige Rufe folgten, die in einem Singsang endeten; „Lasst ihn fallen! Lasst ihn fallen! Lasst ihn fallen!“ Gelächter erschallte abermals, als die Hände, die Malik hielten, ihre Griffe lockerten. Malik schrie auf, als er fühlte, wie die Schwerkraft ihn nach unten zog und er wieder zu fallen begann, weiter und weiter bis er fühlte, dass seine Füsse für den Bruchteil einer Sekunde auf einer harten Oberfläche auftrafen. Überall flog Staub umher und der Junge hustete, als er langsam aufsass. Er spürte die neuen blauen Flecken, die sich bildeten. Er hörte das Knallen von Eisen und sah auf um zu sehen, dass die ,harte Oberfläche‘ von vorhin eine runde Metalltür war, die sich in die hohen Decke einfügte, die gerade zugeknallt worden war. Er war nun in einer Zelle mit rutschigen, sandbedeckten Wänden bedeckt mit Spinnweben, keinem nennbaren Ausgang und einer einzigen Lichtquelle, die durch die Schlitze der Metalltür oberhalb schien. Malik fluchte, als er hörte, wie das Lachen der Hände langsam erstarb und unterdrückte den Drang zu weinen. Doch als er die Zelle näher betrachtete und ein altes, verfallendes Skelett, das in einem Ecken an die Wand angekettet war, entdeckte, hielt er es nicht mehr aus. Erst als er dieses schreckliche Ding sah, verstand er wirklich, wo er war; am einzigen Ort, von dem im Buch über das Labyrinth gesagt worden war, dass er so leicht eine Leiche beherbergen konnte. Es gibt nur eine Art von Orten im Labyrinth, an der jemals irgendeine Form eines toten Lebewesens existieren könnte. Sie wird Oubliette genannt und davon gibt es im Labyrinth viele. Diese schrecklichen Kammern sind Verliese, in die der König alle sperren wird, die unglücklich genug waren, sich ihm zu widersetzen. Nimm dich in Acht, Leser, und vermeide diese Zellen was auch immer passieren mag, denn ihr einziger Sinn ist einer, dem man stets misstrauisch begegnen muss. Der einzige Zweck der gefürchteten Oubliettes ist es, jeden vergessen zu machen, dass ihre Gefangenen jemals existierten. Dort werden ungewollte Leute hingeschickt, damit sie jeder vergisst. „Ich bin in einer Oubliette“, weinte Malik. Tränen rannen über seine Wangen und tropften auf den dreckigen Boden. „Jetzt werde ich Mokuba niemals retten können! Ich werde hier ganz alleine sterben und niemand wird jemals merken, dass ich weg bin!“ Plötzlich hörte Malik ein Geräusch. Es war das Geräusch eines Steines, der lose geschlagen wurde. ,Es ist noch jemand hier!‘, dachte er und wischte sich die Tränen weg. ,Jemand ist gekommen, mich zu retten!‘ Malik rief: „Hallo? Wer ist da? Es tut mir Leid, aber ich sehe im Dunklen nicht allzu gut! Bitte, wer bist du?“ Ein Mann trat aus einer schattigen Spalte. Malik sah, dass der Mann gross war und kurzes Haar hatte. „Seto!“, rief Malik erleichtert, „Bist du das? Ra sei Dank, du bist hier!“ Dann schwang der Fremde ein Messer in seiner rechten Hand und sagte leise und bedrohlich: „Du bist dieses kleine Miststück von vorhin, oder?“ Malik fühlte, wie sein Herz einen Ruck machte. „B-Bandit K-Keith?“ Der Mann trat weiter ins Licht und enthüllte damit den Wahnsinn, der seine Augen füllte, als er das Messer höher in die Luft hob und seine nächsten Worte knurrte. „Dieses Mal... Bringe ich dich um.“ Kapitel 4: Nimm dich in Acht ---------------------------- Anmerkung der Übersetzung: Ich danke herzlich für alle Kommentare, Favoriteneinträge und Leser, es freut mich wirklich sehr, dass das hier Anklang findet. :3 Allerdings muss ich nochmals darauf hinweisen, dass ich das hier lediglich vom Englischen ins Deutsche übersetze. Ich bin nicht die Originalautorin, also bitte nicht mich für den Schreibstil oder die Geschichte loben. Danke. ;) ~~~ „Dieses Mal... Bringe ich dich um.“ ~~~ „Meister?“, fragte eine leise Mädchenstimme von der Seite des Thrones, die im riesigen Thronsaal echote, der jetzt abgesehen von ihr, zwei anderen Wesen und dem König leer war. Der besagte König weigerte sich, seine Aufmerksamkeit von dem Kristall in seiner Handfläche abzuwenden. Darin reflektierte sich die seelengefrierendeste Szenerie, die er jemals nicht zu sehen hatte hoffen können. Ein riesiger, wahnsinniger Mann beugte sich über Malik - Seinen Malik! Seinen Engel! Seinen Schatz! - ein Messer in der Hand, das scharf genug schien, um leicht eine Holzlatte zu durchschneiden. ~~~ Malik senkte seinen Blick, um auf den dreckigen Boden der Oubliette zu sehen. Er hatte Angst. Er hatte wahnsinnige Angst davor, was als nächstes passieren könnte. Keith hatte ihn in einen Ecken getrieben und selbst seine Stimme war im Moment wie eingefroren. Aber selbst wenn er seine Angst lange genug hätte kontrollieren können, um nach Hilfe zu rufen - niemand würde ihn hören... Maliks Gedanken wirbelten durcheinander; würde er jetzt wirklich sterben? Nachdem er so viele Gefahren überwunden hatte, nicht nur im Labyrinth, sondern auch in seinem eigenen Zuhause? Würde er wirklich auf die jämmerliche Art sterben, aus Gehässigkeit von einem wahnsinnigen Mann an einem Ort, an dem die ungewolltesten Leute sein sollten, ermordet zu werden? Ausserdem, was würde aus Mokuba werden, wenn er umkommen würde? Würde der König ein einziges Mal Mitleid walten lassen und ihn in eine Fee verwandeln... Oder in einen Goblin? ,Nein!‘, schrieen Maliks Gedanken, ,Ich kann nicht sterben! Ich bin zu weit gekommen, als dass ich jetzt geschlagen werden könnte! Ich muss Mokuba retten! Ich weigere mich, ihn im Stich zu lassen!‘ „Ich kann dich mir nicht wehtun lassen“, wisperte Malik, „Ich muss meinen kleinen Bruder retten...“ Keith lachte höhnisch und bellend, steigerte sich in seinen Wahnsinn hinein. „Ich werde dir nicht wehtun! Ich werde dich umbringen! Dich umbringen, bis du tot, tot, tot bist!“ „Du kannst mich nicht verletzen“, wiederholte Malik und seine Stimme wurde selbstbewusster. „Ich muss Mokuba retten!“ Malik hob seinen Kopf und sah Keith ins Gesicht. ~~~ Die Frau, die neben dem Thron des Königs stand, keuchte, als sie sah, was Bakuras Kristall zeigte. Dieser junge... Malik... Er war aussergewöhnlich... Seine Augen leuchteten vor Willenskraft, wie sie es noch nie zuvor gesehen hatte. Überzeugung und Entschlossenheit standen förmlich in den tiefen dieser Amethysten geschrieben, hell leuchtend, sodass es jeder sehen konnte. Die Ergebenheit, die er seinem Bruder gegenüber zu empfinden schien, war definitiv unheimlich. Aber dieser überzeugte Glauben, den er gerade zeigte, war sogar noch verblüffender... ~~~ Zu sagen, dass Bandit Keith überrascht wahr, als Malik sich plötzlich auf ihn stürzte, wäre eine immense Untertreibung. Sie fielen beide zu Boden und Malik versuchte nun, das Messer in des Anderen Hand zu ergreifen. Keith schubste Malik weg, aber der Junge griff nur noch wilder nach dem Messer. „Was zur Hölle?“, zischte Keith, „Kleiner, dummer-!“ Maliks Rücken traf hart auf dem Boden auf und er schrie schmerzvoll auf. Nur eine Sekunde später kniete Bandit Keith über ihm, die Augen in psychotischer Belustigung funkelnd. Der Bandit schwang das Messer, die Spitze voran, und stiess es in einem geschmeidigen, glänzenden Bogen auf Maliks Brust zu und das Kind schloss die Augen fest, betete, dass sein Tod schnell und schmerzlos sein würde. ~~~ „Lass mich los, Gozaburo!“, schrie Bakura verzweifelt, „Malik wird-!“ ~~~ Der Schmerz kam nicht. Malik hielt seine Augen immer noch fest geschlossen... Aber der Schmerz kam einfach nicht. Stattdessen fühlte er, wie der Boden leicht erzitterte, als etwas Schweres neben ihm auf dem Boden auftraf. Er ging das Risiko ein und öffnete langsam die Augen und sah, dass Bandit Keith mit dem Gesicht nach unten auf dem schmutzigen Boden lag. Links ragte etwas, das wie ein Dolch aussah, aus seinem Rücken. „K-Keith?“ Malik war immer noch erschüttert von vorhin. „Bandit-“ „Keine Sorge“, unterbrach ihn eine Stimme. „Er ist tot.“ Die Silhouette eines Mannes trat aus den Schatten hinter dem toten Mann und Malik fühlte sich, als ob die Dinge sich endlich besserten. ~~~ „Wie kannst du es wagen!“, forderte Bakura mehr als er fragte, als er seinen Arm von dem Mann wegriss, der sein Handgelenk hielt. „Ich bin der König! Wie kannst du es wagen, mich anzurühren, du erbärmlicher Wurm!“ Der angesprochene Mann war sein königlicher Berater, seit er den Thron im Alter von zwölf Jahren erstmals bestiegen hatte. Gozaburo Kaiba war etwa fünfzig Jahre alt, hatte perlenartige, schwarze Augen, graues, fettiges Haar und einen passenden Schnurrbart. Er war geizig, hinterlistig, korrupt und willens, alles erdenkliche zu tun, um zu bekommen was er wollte, was ihn zur absolut perfekten rechten Hand für einen bösen König machte. Doch Bakura vertraute ihm nicht, denn Gozaburo war niemand, auf den man viel Vertrauen legen sollte. Der Mann war zu besessen davon zu versuchen, das Labyrinth besser funktionieren zu lassen Bakura fürchtete es, dass, wenn er die Kontrolle an Gozabura abgeben würde, das ganze Labyrinth leiden würde. Diese Tatsache machte Bakura Angst, denn er war ein böser König und ihm sollten seine Untertanen egal sein. Wieso war er dann also seit neustem so nett? Zuerst hatte er Malik gerettet, dann kam die Tatsache, dass er dem Kind nicht wehtun konnte oder zusehen konnte, wie ihm von irgendjemand anderem Schaden zugefügt wurde und jetzt sorgte er sich auch nur um das Wohlergehen der Leute, über die er herrschte! „Eure Majestät“, versuchte Gozaburo den König zu beschwichtigen, „Ich habe nur versucht, euch davon abzuhalten, einen Narren auch Euch zu machen.“ Bakura starrte ih an. „Ein... Narr?“ „Ja, mein König“, antwortete der ältere Mann, „Wenn Ihr dieses Kind durch Magie gerettet hättet, hättet Ihr grosse Schwäche gezeigt. Eine Art Fehler, die nicht zu einem so grausamen König passt, wie ihr es seid, das versichere ich Euch.“ Bakura war schockiert. Er? Schwäche zeigen? „Also gut, Gozaburo“, sagte der König in einem warnenden Ton. „Ich vergebe dir dieses Mal. Ich schlage jedoch vor, dass du in der Zukunft nachdenkst, bevor du mich berührst. Du bist entlassen.“ „Jawohl“, antwortete der Mann. Er verbeugte sich und ging, um in einen der langen Korridore abzubiegen, die an den Thronsaal anschlossen. „Meister...?“ Jenes Wort weckte Bakura aus seiner wütenden Trance. Es war der leise, mädchenhafte Klang der Stimme, die vorhin gesprochen hatte. Der König drehte sich an, um eine junge Frau von fünfzehn Jahren mit vogelähnlichen Klauen als Hände und Füsse anzusehen. Sie hatte langes, rotdurchzogenes, braunes Haar, das von einem hohen Pferdeschwanz zusammengehalten wurde und Augen von einer braungrünen Farbe. Auf ihrem Rücken trug sie ein Paar von grossen, blauweissen Flügeln, die zu dem engen, glitzernd blauen, knielangen Kleid passten, das sie Trug. Ihr Name war Emily Ioakire, aber sie besass noch eine Vielzahl zusätzlicher Namen, die ihr von den anderen Labyrinthianer gegeben worden waren. Zum Beispiel Gozaburos Lehrling, die Charmeurin, der Freak zu des Königs rechter Hand, Harpyiendame, Flugmädchen und - als letztes - die Verehrerin des Königs. Der letzte Name war ihr von jedem im Königreich aus nur einem Grund gegeben worden; sie war verzweifelt in Bakura verliebt und er war das einzige Individuum, der das nicht wusste. „Meister...?“, fragte sie abermals. „Eure Majestät?“ Dieses Mal antwortete Bakura. „Ich mag ihn wirklich nicht“, sagte er, ging zurück zu seinem Thron und setzte sich, „Aber er hat nichts ausserordentlich Schlimmes getan abgesehen davon, mir auf die Nerven zu gehen, also vermute ich, es ist in Ordnung, ihm für den Moment zu vertrauen.“ Dann streckte der König die Hand aus und zauberte noch eine Kristallkugel in die Luft, denn die erste war heruntergefallen und zerbrochen, als er abrupt aufgestanden war, um Gozaburo anzuschreien. Emily sah hinein und sah den Jungen von vorhin in der Oubliette stehen und mit jemandem reden. „Malik ist unglaublich“, meinte sie nachdenklich, „Ich meine, er hat wirklich gegen diesen Bandit Keith gekämpft!“ Sie warf einen Blick zum Fuss von Bakuras Thron, wo Maliks jüngerer Bruder Mokuba die ganze Zeit geschlafen hatte, seine Beine immer noch an den Stuhl gekettet. „Wenn ich so darüber nachdenke...“, fuhr sie fort, „All diese Schwierigkeiten nur für diesen Balg.“ ~~~ „Das kannst du nicht machen!“, schrie Malik den Mann vor ihm wieder an. Doch Seto Kaiba blieb teilnahmslos wie immer. „Ich habe absolut strikte Befehle vom König, dich zurück zum Anfang des Labyrinths zu bringen“, sagte er. „So sehr ich den König auch hasse; selbst ich muss ihm gehorchen.“ „Das kannst du nicht ernst meinen!“, schrie Malik. „Ich bin doch nicht bis hierher gekommen, nur um wieder ganz von vorne anzufangen!“ „Das ist mir egal-“, begann Seto zu sagen, aber er wurde von Malik unterbrochen. „Nein! Ich muss meinen Bruder retten und ich weigere mich, für irgendeinen geistesgestörten König Schachfigur zu spielen, den ich einmal wirklich gemocht habe!“ ~~~ Emilys und Bakuras Augen weiteten sich. ,Habe ich das richtig gehört?‘, dachten sie gleichzeitig. ~~~ Seto war verblüfft. Hatte er das richtig gehört? „Was hast du gesagt?“, fragte er Malik. „Dass ich mich weigere, von einem König kontrolliert zu werden“, antwortete der Junge. „Nein. Nicht das. Der andere Teil“, drängte Seto, „Den darüber, dass du den König magst.“ „Oh, das. Ich habe den König des Labyrinths immer gemocht, wenn ich von ihm gelesen habe“, gab Malik zu. „Ich wollte ihn so sehr treffen und ich habe mir immer vorgestellt, wie er aussehen und klingen würde. Und jetzt da ich ihn getroffen habe...“ Seto konnte nicht anders, als die eine Frage zu stellen. „Also... Was hältst du von ihm?“ Malik lächelte. „Ich sage es dir, wenn du mir hilfst, hier herauszukommen und mich nicht an den Anfang zurück schickst.“ Seto fluchte. „Ackiana!“ (Anmerkung der Autorin: Übersetzung in der Notiz am Ende des Kapitels.) „Was?“, fragte der Junge. „Es ist ein fairer Handel. Bitte, Seto... Ich brauche deine Hilfe wirklich... Bitte bring mich einfach an die Oberfläche und ich mache den Rest alleine. Ich wollte nicht einmal hierher kommen; es war die Schuld dieser dummen Hände!“ Seto fühlte, wie seine Entschlossenheit schwächer wurde. Sollte er dem Jungen wirklich helfen?

Der Elf entschied, seine Optionen abzuwägen: Auf der einen Seite konnte er Malik zurück zur Oberfläche bringen und genau erfahren, was Malik vom König dachte, doch dann würde der König mit ihm für seine Unverschämtheit abrechnen. Seto schauderte. Diese Idee hatte definitiv schlechte Aspekte. Auf der anderen Seite konnte er entscheiden, dem Jungen nicht zu helfen. Seto wusste, dass er vor dem Zorn des Königs sicher wäre, sollte er diese Option wählen. Trotzdem, das würde bedeuten, dass Malik seine Aufgabe misslingen würde... Seto richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Malik und sah, dass das Kind etwas Goldenes hielt. Ein Armband. „Woher hast du das?“, fragte er. „Ich habe es am Morgen an meinen Gürtel gehängt“, antwortete Malik. „Meine Mutter hat es mir zum Geburtstag geschenkt. Es ist für den Oberarm gedacht und ist Teil eines Sets, aber der Rest ist zu Hause. Es passt mir jetzt noch nicht, aber vielleicht wenn ich älter bin... Oder... Oder ich könnte es dir als... Bezahlung anbieten, wenn du mir jetzt hilfst.“ Der Elf war verblüfft. Malik machte sich solche Sorgen um seinen Bruder, dass er willens war, etwas so wertvolles zu verlieren? „Es ist echtes Gold“, fuhr Malik fort. „Meine Familie ist reich, also...“ Seto verstand, dass Malik den Satz nie hatte beenden wollen. Dieses Kind... Es war zu fantastisch, um ein Mensch zu sein! Er war so selbstlos und hatte keinen Plan davon. Also entschied der Elf Seto sich. „Sobald wir die Oberfläche erreichen, lasse ich dich allein“, sagte er und Malik sprang förmlich vor Freude. „Oh, vielen Dank!“, rief der Blonde und umarmte ihn. Seto erstarrte ob der plötzlichen Nettigkeit. ,Was im Namen des Königs tut dieses Kind?‘, fragte er sich, ,Ist das eine Form, Dankbarkeit auszudrücken?“ Malik bemerkte die Ratlosigkeit des Elfen und sah auf. „Das nennt man eine Umarmung“, erklärt der Ägypter. „Davon bekomme ich nicht viele, aber wenigstens weiss ich, was es ist. Bist du noch nie zuvor umarmt worden?“ „Nein.“ Seto schüttelte den Kopf. „Mein ,Vater‘ ist nicht der Typ für Umarmungen.“ „Was ist mit deiner Mutter“ „...Ich habe keine.“ Jetzt fühlte sich Malik wirklich schlecht. All diese Male hatte er geweint, weil seine Mutter ihn nicht oft genug umarmte und Seto hatte nicht nicht einmal eine Mutter. Malik konnte nicht glauben, wie egoistisch er gewesen war... „Wieso weinst du?“, fragte Seto. „Es ist in Ordnung. Ich habe sie sowieso nie wirklich gekannt.“ Malik weinte noch stärker. „Ich bin so selbstsüchtig gewesen!“ „Nein, bist du nicht“, versicherte der elf ihm, bevor er sich gerade aufrichtete. „Also dann, lass uns gehen. Wir haben keine Zeit für so erbärmliches Zeug. Du wolltest doch diesen kleinen Balg von deinem Bruder retten, oder?“ „Hier“, Malik wischte sich die Tränen weg und der Elf nahm das Armband, das Malik ihm hinhielt. Es war etwas zu kurz, um um Setos Oberarm zu passen, also trug er es stattdessen um seinen Vorderarm. „Ich gebe es dir irgendwann zurück“, sagte der Elf ohne nachzudenken, dann beschimpfte er sich geistig; ,Ich will dieses Ding nur als Entschuldigung, diesen Jungen wieder zu sehen... Was ist los mit mir? Wohin ist der alte, grausame, schlaue Seto Kaiba verschwunden? Dieser Junge ist unglaublich nett zu mir gewesen und ich sollte ihn dafür auslachen! Wieso also erwidere ich dann sein Mitgefühl?‘ Seto seufzte. „Lass uns gehen, Kleiner.“ Dann ging er zu einem Stück Stoff, das in dem Ecken auf dem Boden lag, in dem Malik vorhin das Skelett bemerkt hatte. Er hob den Fetzen auf, warf ihn über die verrottenden Knochen und murmelte: „Halt das mal für mich.“ Der Elf nahm etwas vom Boden, das vorher von dem Stoff verdeckt worden war; eine alte Holzplanke, die etwa so lang war wie Malik gross. Er trug sie zur linken Seite der Zelle und stiess sie in die Wand. Sie schien genau hindurch zu fallen und erschuf so ein Portal durch die Wand. Seto ging durch die Öffnung, gefolgt von Malik, der murmelte: „Benutzt im Labyrinth überhaupt auch mal Türen?“ Sie kamen in einen grossen Steintunnel. Als Seto und Malik zu laufen begannen, begannen Gesichter, die in die Wand geritzt worden waren, zu ihnen zu sprechen. Jedes von ihnen gab seine eigene Warnung wieder. „Geht nicht weiter!“ „Kehrt um, solange ihr noch könnt!“ „Das ist nicht der richtige Weg!“ „Hört uns zu! Kehrt um!“ „Nehmt euch in Acht, nehmt euch in Acht!“ „Bald wird es zu spät sein!“ Malik sah Seto leicht besorgt an und der Elf nahm an, dass er den Jungen beruhigen sollte. „Schenk ihnen keine Aufmerksamkeit, Kleiner“, sagte er. „Das ist ein falscher Alarm. Davon gibt es viele im Labyrinth, besonders, wenn du auf dem richtigen Weg bist.“ „Das seid ihr nicht!“, warnte ein Steingesicht von der Seite, als die beiden einen mit Spinnennetzen vergangenen, gewölbten Tunnel erreichten, der von dem, in dem sie standen, abzweigte. „Oh, halt doch die Klappe“, erwiderte Seto scharf und machte eine abweisende Geste, als er die Tunnel musterte. „Sieht sauberer aus“, sagte er und hörte, wie die empörte Stimme des falschen Alarms etwas darüber sagte, dass ,es nur seinen Job mache‘. Der Elf kümmerte sich nicht mehr darum, als er in den rechten Tunnel trat. „Entschuldigung“, entschuldigte sich Malik bei dem Stein. „Wir sind auf einer Mission, deshalb haben wir nicht wirklich Zeit, Alarmen zuzuhören.“ „Oh, was für ein netter Junge“, antwortete der Stein. „Schon in Ordnung. Ich hoffe, ihr habt Erfolg auf eurer Reise.“ „Danke“, sagte Malik und lächelte gewinnen, bevor er Seto nachging. ~~~ Malik sah nicht einmal auf den Boden, während er ging.; er sah nur zur Decke des Tunnels. Dort schien eine Linie eingeritzt zu sein, als ob etwas dort entlangfahren können müsste. Der Mangel an Aufmerksamkeit, wo sie hingingen, verursachte, dass Malik in den Schoss von jemanden stolperte, der im Schneidersitz mitten auf dem Weg sass. Der Junge stand schnell wieder auf und merkte, dass es überhaupt keine Person war, sondern ein alter Goblinbettler mit einem kantigen Gesicht, einem schmuddeligen grünen Hut und einem zerrissenen alten Mantel, um sich zu bedecken. In seiner Hand hielt er einen kleinen, abgesplitterten Becher, in dem ein paar rostieg Münzen lagen, die klimperten, als er sich bewegte. „Was haben wir denn da?“, fragte der Goblin mit einer krächzenden, hohen Stimme. „Ein schöner Menschenjunge...“

Seto schauderte. Etwas an dieser Kreatur schien einfach nicht recht zu sein. Dieser Goblin gab ihm das Gefühl, dass der Anwesenheit des Königs. Furcht... „Es tut mir so Leid“, entschuldigte sich Malik. „Ich wollte nicht über dich stolpern. Bist du in Ordnung?“ Der Goblin kicherte herzlich. „So ein höfliches junges Ding! Du musst dich nicht bei mir entschuldigen, Kind, mir geht es ziemlich gut...“ „Weiter, Malik“, warnte Seto. „Lass uns einfach weitergehen. Ich denke, es ist eine schlechte Idee, diesem Goblin zu vertrauen.“ „Oho!“, sagte der Goblin. „Ein Elf! Was für eine Überraschung! Was könnte denn ein Elf möglicherweise hier unten zu erledigen haben? Vielleicht ein Befehl des Königs, hm?“ Seto fühlte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. „So ein attraktives Kind...“ Der Goblin drehte sich zu Malik und nutzte Setos Sprachlosigkeit aus. „Passt perfekt zu jemandem von adligem Kaliber... Jemand schönem... Vielleicht... Einem König?“ Seto zog Malik schnell auf die Füsse. „Wir gehen, Kleiner!“ „Was haben wir denn da?“, fragte der Goblin und stand auf. „Eine Liebesaffäre? Was für eine Schande...“ „Nichts, was dich zu interessieren hätte“, verteidigte Seto sich und zog Malik hinter sich, um dem Goblin die Sicht auf ihn zu nehmen. „Nichts...?“, fragte der Goblin, seine Stimme nun ein oder zwei Oktaven tiefer und er lockerte den Griff um den Tonbecher, die er hielt. Der Becher viel sofort auf den Boden, zerbrach laut und die Münzen, die darin gelegen hatten, flogen in verschiedene Richtungen; vergessen. Jetzt wusste Malik, dass etwas nicht stimmte, denn kein Bettler - egal ob Mensch oder Goblin - würde je so unvorsichtig mit seinem Geld umgehen. Die Hand des Goblins wanderte zu dessen Mantel, als er die Frage wiederholte. Dieses Mal klang seine Stimme in Maliks Ohren nur allzu bekannt. „Nichts?“ Plötzlich riss der Goblin seinen Mantel und den Rest seiner Verkleidung von sich und warf beides zur Seite. Seto verspannte sich und Malik keuchte, als er die Gestalt vor ihnen nun erkannte. Glatte, blasse Haut, langes, silberweisses Haar und tiefe, dunkelrote Augen, von denen Malik fühlte, dass er in ihnen ertrinken könnte, wären sie nicht vor Hass und Grausamkeit zugefroren gewesen. Der König des Labyrinths stand vor ihnen, ein Grinsen auf dem Gesicht, als er Seto und Malik ansah. „Eure Majestät“, sagte Seto und begleitete seine Worte mit einer bescheidenen Verbeugung. „Hallo, Setlist“, grüsste Bakura nonchalant. „Seto“, korrigierte der Elf ihn. „Wie auch immer“, antwortete der König und ging um Seto herum, wo er sah, wie Malik furchtvoll zu ihm aufsah. „Bitte, mein König.“ Seto versuchte, sich wieder vor Malik zu stellen. „Lasst diesen Jungen in Ruhe. Das Labyrinth ist schwer genug zu bezwingen ohne eure Einmischung.“ „Rede nicht von oben herab mit mir, du dummer Elf“, warnte Bakura. „Ich nehme von niemandem Befehle an. Und jetzt beweg deinen nutzlosen Hintern aus dem Weg , bevor ich ihn selber da wegschaffe.“ Als Malik sah, dass Seto nicht vorhatte, sich zu bewegen, fürchtete er um seine Sicherheit und entschied, ihn so gut zu retten, wie es ging. „Es ist in Ordnung, Seto. Du kannst zur Seite gehen“, sagte Malik zu seinem Führer. „Herr Bakura würde mir nicht wehtun.“ Seto war geschockt. ,Ist dieses Kind verrückt? ,Herr Bakura‘ konnte einen ausgewachsenen Zyklopen entzweireissen, nur indem er ihn anstarrte! Ich sollte das wissen! Ich habe es gesehen!‘ Der König grinste Seto an. „Du hast den Jungen gehört, Setlist“, sagte er. „Beweg dich.“ Seto tat wie befohlen. Bakura ging zu Malik und kniete sich hin, um mit ihm zu sprechen. „Du hast dich bis jetzt ungewöhnlich gut geschlagen, mein Schatz.“

Setos Augen weiteten sich. Schatz? Hatte der König das wirklich gerade gesagt? ,Aber das kann nicht sein!‘, dachte er. ,Der König ist... Verliebt? Unmöglich! Dessen ist er nicht fähig! Er hat in seinem ganzen Leben noch nicht einmal ein emotionales Wort benutzt!‘ Seto sah den König abermals an. ,Wieso also benimmt er sich jetzt so? Was will er damit erreichen, mit Maliks Seele herumzuspielen? Wieso kann er das Kind nicht einfach in Ruhe lassen?‘ „Ich bin nicht dein Schatz“, antwortete Malik Bakura. „Und wenn du mir nicht meinen Bruder zurückgibst, dann gehe ich, damit ich ihn selber retten kann.“ Seto sah Bakura wimmern, als ob er geschlagen worden wäre. Konnte es sein, dass Maliks Worte ihm wehgetan hatten? Nein. Das war eine zu weit hergeholte Vorstellung, als dass sie Setos Verstand noch hätte begreifen können. Der allmächtige König des Labyrinths war emotional verletzt worden durch die Worte eines Kindes? Ha, na klar! „Seto.“ Bakuras kalte Stimme weckte den Elfen aus seiner Trance wie eine Ohrfeige ein schlafendes Baby wecken würde. Es schien, dass der König für den Moment ein neues Ziel gefunden hatte, jemanden den er kontrollieren konnte. „Könnte es sein, dass du Malik geholfen hast?“, fragte Bakura, richtete sich auf und ging zum Elf. „Geholfen?“, echote Seto. „In welchem Sinn?“ Bakura musste dem Mann etwas eingestehen; er versteckte seine Angst gut. Aber der König konnte daran sehen, dass er sich fürchtete, wie er immer wieder unauffällige Blicke zu Malik warf, als ob er sich sorgen würde, dass Bakura sich den Jungen jeden Moment schnappen könnte. Bakura griff nach Setos Kinn, hielt es fest wie in einem Schraubstock und antwortete: „Im Sinn davon, dass du ihn in die Richtung des Schlosses geführt hast.“ Der König liess das Kinn des Mannes wieder los und wischte sich die behandschuhte Hand an der Seite seiner Hose ab, als ob es seine Hand schmutzig gemacht hätte, den Elf zu berühren. Seto ignorierte die implizierte visuelle Beleidigung und hielt seine Angst abermals zurück, um sich nahe an den König zu lehnen und zu flüstern: „Nicht wirklich, Eure Majestät. Ich habe dem Kind gesagt, ich würde es zum Schloss führen, aber eigentlich wollte ich es zurück zum Anfang des Labyrinths bringen.“ „Was?“, schrie Malik auf. „Hmm, ich verstehe“, antwortete Bakura. Dann verengten sich seine Augen, er griff nach Setos Kragen und riss ihn nahe genug zu sich, sodass er ihm etwas ins Ohr flüstern konnte, dass nicht einmal Malik seine Worte hören konnte. „Wisse, du erbärmliche Verschwendung von Fleisch; ich weiss, was du bis jetzt alles für dieses Kind getan hast und du hörst besser auf, dich einzumischen, bevor ich entscheide, dich direkt in den Morast des ewigen Gestanks zu schubsen. Ich habe auch gesehen, wie du ihn ansiehst, beschützend und vernarrt, und ich mag das kein bisschen. Du gehst mir gerade auf die letzten Nerven, Elf, also nimm meine Warnung ernst; versuche nicht , dein Glück noch weiter auszureizen, oder du wirst es extrem bereuen.“ Der König stiess Seto mit unheimlicher Stärke gegen die Wand, als würde er einen ungewollten Umhand beseitigen anstatt eines Lebewesens. Dann richtete Bakura seine Aufmerksamkeit wieder auf Malik. „Und, wie gefällt dir mein Labyrinth, Malik?“ Seine Stimme war unerwartet frostig geworden und Seto fühlte wirklich ein kleiner Schimmer von Entspannung über ihn kommen; denn das war es, wie er den König sein ganzes Leben lang gekannt hatte und deshalb war er sich auch gewöhnt, mit ihm auszukommen. „Es ist nicht leicht“, gab Malik zu, „Aber ich schaffe es.“ Seto keuchte. ,Nein!‘ Bakura hob eine schneeweisse Braue. „Wirklich? Also dann, wie wäre es, wenn wir den Einsatz etwas erhöhen, wenn du so zuversichtlich bist?“ Der König zeigte zu einem Ort an der Seite des Tunnels und eine holzgerahmte Uhr erschien, die anzeigte, dass etwa vierzig Minuten nach vier war. Mit einer Geste seines Arms begannen die Zeiger, sich langsam vorwärts zu bewegen, bis es zehn Minuten nach acht wurde. „Das ist nicht fair!“, schrie Malik und Bakura kicherte. „Du bist so bescheiden, Malik. Ich bin überrascht, dass es diese Worte überhaupt über deine Lippen geschafft haben“, meinte er nachdenklich. Seto war definitiv wütend. ,Wie kann er es wagen, Malik um seine Zeit zu betrügen! Moment... Wieso kümmert mich das überhaupt?‘ Bakura hatte eine weitere Kristallkugel in seine Hand beschworen. Er sah hinter sich; den Tunnelpfad entlang, den Malik und Seto gekommen waren und kicherte düster, was die Haare auf dem Nacken des Elfen aufstehen liess. „Also denkst du, das Labyrinth ist zu bezwingen, hmm?“, fragte der König und drehte den Kristall in seinen Händen. „Ich frage mich, ob ich deine Meinung darüber vielleicht ändern könnte...“ Plötzlich war der Kristall aus Bakura Händen und hüpfte den langen Tunnel entlang und in die Dunkelheit. Malik stand geschockt da und sah zu, wie die Kugel wegsprang, wobei sie immer ein leises Klirren von sich gab, wenn sie auf den Boden auftraf. „Wieso hast du sie weggeworfen, Herr Bakura?“, fragte er. „Sie ist zu hübsch, als dass man sie einfach herumwerfen sollte!“ Doch der König war nicht mehr da. Er hatte sich in dünne Luft aufgelöst, wobei er die hölzerne Uhr an der Wand mit sich genommen hatte „Das ist seltsam“, sagte Malik nachdenklich. „Wieso ist er so plötzlich gegangen?“ Seto antwortete nicht. Dann realisierte Malik, dass Seto gar nichts mehr gesagt hatte, seit er dem König gesagt hatte, dass er ihn zurück zum Anfang des Labyrinths bringen wolle. Dieser Gedanke machte Malik wütend, denn er hatte Seto genug vertraut, um zu denken, dass der Elf ihm die Wahrheit gesagt hatte. Aber Malik entschied, dass es warten konnte, über diese kleine Täuschung seinerseits zu sprechen. „Seto?“ Der Junge drehte sich, um den Elfen anzusehen und sah, wie er von dem Platz aufstand, an den Bakura ihn gestossen hatte. „Ich bin in Ordnung, Malik“, antwortete er, „Ich habe nur...“ Malik sah den Elfen verwirrt an. Wieso hatte Seto mitten im Satz abgebrochen? Das schien ihm nicht ähnlich zu sein. „Seto?“, fragte er abermals nach. Der Elf blickte in den Tunnel hinter Malik, die Augen geweitet und schwitzend. „Wir müssen wegrennen, Malik“, sagte Seto leise und hastig. „ Jetzt, beweg dich!“ Dann ergriff der Elf die Hand des Kindes und begann wieder, ihn den rechten Tunnel entlang zu ziehen. „Seto, bitte, langsamer!“, keuchte Malik, während sie rannen. „Du tust mir weh! Was ist los mit dir?“ „Es holt uns ein!“, antwortete der Elf. „Dass gehör von Elfen ist doppelt so gut wie das eines Menschen. Wir können über die doppelte Distanz hinweg hören. Deshalb kannst du es nicht hören!“ Malik fühlte sich, als ob jemand einen Eimer eiskalten Wasser über ihn geschüttet hätte. ,Einholen?‘, fragte er sich und fühlte, wie seine Beine automatisch schneller zu rennen begannen. „Was ist das hinter uns, Seto?“ „Eine Monstrosität, die ,Reiniger‘ genannt wird!“, antwortete der Elf und Malik wusste automatisch, dass sie in viel grösseren Schwierigkeiten waren, als er vorhin noch gedacht hatte. Seto wusste es nicht, doch Malik war sich vollkommen bewusst, was der ,Reiniger‘ war und zwar dank Arthur Hawkins und dem Buch, das er geschrieben hatte. Der Reiniger; eine Stahlmaschine, die erschaffen wurde, um die Untergrundpassagen des Labyrinths von Schmutz wie Erde und Spinnweben zu reinigen. Sie ist vorne mit einem Kegel ausgestattet, aus dem rotierende Klauen ragen. Diese Klauen sind es, die alle Spinnweben entfernen, während die Tatsache, dass die Maschine so gestaltet ist, dass sie genau in die Tunnel passt, keinen Raum dafür lässt, dass Schmutzklumpen ihr entkommen könnten. Schlitze in der Decke und am Boden halten das Objekt auf Kurs, während zwei oder mehr Goblins sie von hinten nach vorne steuern. Nehmt euch in acht, Leser, die zerstörerische Kraft dieser Maschine nicht zu unterschätzen. Wenn sie auf höchster Kerbe arbeitet, könnte sie selbst eine massive Eisenplatte zu Fetzen zerreissen. Malik und Seto rannten schnell durch den Tunnel und nach ein paar weiteren Sekunden konnte Malik endlich das leise, nervenzerreissende Rumpeln hinter ihnen echoen hören, das Seto bereits bemerkt hatte. Sie rannten weiter. „Ah!“, keuchte Malik, als er ausrutschte und Seto kehrte schnell um und zog den Jungen auf die Füsse. „Nicht anhalten, Kleiner!“, warnte er, als sie wieder zu rennen begannen. „Es ist viel näher, als du denkst!“ ,Ich wünschte, ich müsste nicht mehr rennen‘, dachte Malik. Seine Beine fühlten sich an, als könnten sie jeden Moment brechen, wenn sie weiter rennen würden. ,Ich kann nicht mehr!‘ Man sollte immer vorsichtig sein, was man sich wünscht. Malik merkte bald, dass er diese Warnung wieder einmal zu leicht genommen hatte, als er plötzlich in Setos Rücken rannte. „Autsch“, wimmerte er. „Seto? Wieso hältst du an? Dieses Ding ist direkt hinter uns!“ Dann sah er, dass der Grund, dass Seto angehalten hatte, war, dass der gesamte Tunnel vor ihnen blockiert war. Ein klobiges Eisentor, gesichert mit dicken, schweren, metallenen Ketten und einem grossen, kräftigen Schloss zerschlugen jede Hoffnung der zwei, weiterzukommen. Sie waren gefangen. Seto drehte sich um, hörte wie das Rumpeln im Tunnel lauter wurde und er und Malik sahen gebannt zu, wie ein Schimmer von Metall sichtbar wurde und eine massive Maschine aus den Schatten des Durchgangs auftauchte. Scharfe Klauen drehten sich vorne schnell um sich selber- Malik fühlte, wie sein Atem stockte. Der Reiniger... Der Junge drehte sich um, hörte das Rasseln und Klappern von Eisen hinter sich. Seto hatte begonnen, an dem Stahltor zu rütteln und fluchte, als er sich eine Hände an ein paar herausstehenden Teilen von rostigem Metall schnitt. Malik konnte anders, als die Genauigkeit von Arthur Hawkins zu bewundern, der über die fantastische Fähigkeit des Reinigers ein hartes Stahltor - wie das Tor, vor dem sie jetzt standen- in vollkommen feines Pulver zu zerfetzen, geschrieben hatte. Malik dachte, was es für eine kranke Ironie war, dass sein Schicksal sein würde, von der zerstörerischen Kraft des Reinigers umgebracht zu werden, wo doch sein zarter Körper nicht einmal ein würdiges Hindernis für dieses verdammte Ding sein würde. ,Wenigstens ist Seto hier‘, dachte Malik mit einem Seufzen. ,Wenigstens muss ich dieses Mal... Keine Angst haben, ganz alleine zu sterben...‘ Anmerkung der Autorin zu diesem Kapitel: ÜBERSETZUNG: ,Ackiana‘ ist mein eigenes Wort, ich habe es erfunden. Ich sage es immer, anstatt zu fluchen und es bedeutet nicht wirklich etwas, abgesehen davon, dass ein Ersatz für das Wort ,Fuck‘ ist. Also habe ich gedacht, wieso mache ich nicht ein Fluchwort der Labyrinthianer darauf? Es wir ,Ack-ie-ah-nah‘ betont. Es wird manchmal als ,Kiana‘ auftreten, das ist die kürzere Version. Kapitel 5: Weise Worte ---------------------- ,Wenigstens ist Seto hierʻ, dachte Malik mit einem Seufzen. ,Wenigstens muss ich dieses Mal... Keine Angst haben, ganz alleine zu sterben...ʻ „Ackiana!“, fluchte Seto, während er die schwere Metalltür rüttelte. „Der Reiniger, Morast des Gestanks, seine Aufmerksamkeit hast du sicher, Malik!“ Malik antwortete nicht. Er hatte resigniert. Er würde sterben. Dieses Mal gab es wirklich keinen Fluchtweg. „Ich habe Mokuba im Stich gelassen“, wisperte er. „Ich werde sterben.“ „Könntest du bitte aufhören, dich zu bemitleiden, Kleiner“, knurrte Seto, während er immer noch an dem Eisen rüttelte. „Wir müssen hier raus.“ Malik hörte den Elfen nicht. Er hielt bloss seinen Kopf gesenkt und musterte vage den dreckigen Steinboden. Dann bemerkte er es. Eine kleine, viereckige Planke Holz, die gegen die Wand gelehnt war. Er drehte sich schnell um, um zu sehen, wie der Reiniger schnell näher kam, bevor er ein paar Schritte rannte und sich neben die Planke kniete. ,Was zum...?ʻ Der junge keuchte, als er um die Ecken herum tastete. ,Es ist Teil der Wand!ʻ Er klopfte gegen die Mitte und freute sich über das hohle Geräusch, das folgte. „Hohl ist es auch!“ „Hm?“, fragte Seto, der nun versuchte, das Schloss des Tors zu öffnen, „Was ist hohl?“ Seto richtete seine Aufmerksamkeit von seiner Aufgabe darauf, zu sehen, was Malik aus seiner Mini-Depression geholt hatte und stattdessen in einen - für was der Elf es hielt - Mini-Wahnsinn gerissen hatte und sah, dass der Junge wirklich versuchte, die Wand wegzustossen. „Seto“, drängte Malik, als er wieder gegen das Holz drückte. „Hilf mir.“ Als der Elf realisierte, was Malik wirklich erreichen wollte, war er augenblicklich an der Seite des Jungen, kniete sich neben ihn und stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen das Holz. Malik konnte sehen, dass der Reiniger nun unbehaglich nahe an ihm und Seto war; Weniger als ein Dutzend Meter, die rapide weniger wurden. Sie drückten sich gegen das hohle Stück - - und der Reiniger kam näher. Sie stiessen - - und immer noch kam die Maschine näher! Dann hörte man ein plötzliches Knarren und Seto und Malik fielen beide nach vorne, als das starke Holzbrett an den Ecken brach. Der Tunnel dahinter hatte die Form und Grösse eines Sarges und eine Sackgasse, die ihnen nur ein paar Fuss dahinter entgegen starrte. Seto fühlte sein Herz sinken beim dem Gedanken an den vorhergesehenen Sinn des Tunnels. Jemand konnte dem Reiniger ausweichen, indem er dort hinein kroch und wartete, dass die Maschine vorüber war und ihn dann wieder verlassen, um auf den Weg zurückzugehen, den man hatte gehen wollen. Malik sah Seto mit einem Blick an, der klar sagte: ,Was tun wir jetzt?ʻ Der junge Ägypter erschrak, als er in die kleine Steinnische geschoben wurde. „Seto-“, versuchte er zu schreien, aber merkte, dass der Elf das Holzbrett vor dem kleinen Tunnel platziert hatte. Seto hielt das Holz fest an seinem Platz, sodass Malik definitiv dort gefangen war. Der Reiniger musste nun genau vor ihm sein und die Schreie des Jungen waren über den Lärm hinweg und durch das Holz hindurch kaum zu hören. „Seto!“. schrie er, „Seto! Nein! Lass mich raus! Ich will nicht, dass du stirbst! BITTE! SETO, LASS MICH RAUS! ICH WERDE AN DEINER STATT STERBEN! BITTE, TU DAS NICHT! SETO! SETO!“ Die Worte schienen in der Seele des Elfen zu echoen... „Seto! Komm schon, grosser Bruder! Lass uns spielen!“ Seine Augen begannen feucht zu werden. Er würde sterben. Wieso hatte er sich nicht einfach um seine eigenen Angelegenheiten kümmern können und diesen Malik in Ruhe lassen können? „Grosser Bruder, wo gehst du hin? Seto, warte! GEH NICHT!“ „Adina...“ Der Name war über dem Dröhnen des lauernden Reinigers kaum zu hören. „Wann werde ich dich wieder sehen?“ „SETO, BITTE HÖR MIR ZU!“ „Auf Wiedersehen, grosser Bruder... Ich liebe dich...“ „SETO! SETO! BITTE HÖR MIR ZU! HIER HAT ES EINEN TUNNEL!“ Der Elf schreckte plötzlich auf, wie aus einem Traum. Ein Tunnel...? Seto warf das Brett schnell weg und tauchte in die kleine Nische, genau als der Reiniger vorbei brüllte. Er hörte das Geräusch von Stahl, das auf Eisen traf und wusste sofort, dass die Tür von vorhin gerade auf die kraftvollen Klauen des Reinigers getroffen war. Einen Moment herrschte Totenstille, während der blauäugige zuhörte wie, die Geräusche des Reinigers sich entfernten. Sein Atem ging schnell. Seine Augen passten sich der Dunkelheit an. „Seto?“ Der Mann drehte sich um, um in ein Paar besorgte Augen zu sehen, nur ein paar Zentimeter von seinen eigenen entfernt. Schöne, helle und doch dunkle Amethysten, die im Gegensatz zu der tintenschwarzen Dunkelheit um ihn eine überirdische Leuchtkraft zu haben schienen. Und er konnte nicht anders, als sich vorzulehnen... Näher... Näher... Um scheinbar weiche, süsse Lippen vor ihm zu schmecken, von denen er wusste, dass sie zu diesen wunderschönen Augen gehörten. „Seto?“, flüsterte Malik abermals und holte den Elfen aus seiner Trance. „Bist du in Ordnung?“ Der Mann erlangte schnell seine Sinne zurück. „Mir geht es gut, Malik“, antwortete er. „Wie passen wir beide hier rein?“ Malik bewegte sich dann etwas nach hinten und schien im Boden zu verschwinden, aber der Elf sah bald, dass es nur eine enge Röhre war, die gleichzeitig nach unten zum Zentrum der Erde und nach oben zum Tageslicht führte. Hoffentlich. Eine alte, hölzerne Leiter führte an ihr entlang und Seto hielt sich an ihr fest, um seine Körper aufzurichten. „Unten oder oben. Wo wollen wir hin, Malik?“ Seto grinste, als er die rhetorische Frage stellte und sah zu Malik hinunter, der sich an der Leiter festhielt. Malik schenkte ihm einen erschöpften Blick. „Du bist nicht wie diese ,Helfenden Händeʻ-Dinger, oder?“ Seto lächelte leicht. „Nein.“ Dann begann er, an der Leiter hochzuklettern und Malik folgte ihm. ~~~~~~ "Acht Stunden und dreissig Minuten“, sagte Mariku nachdenklich und betrachtete die grossväterliche Uhr in der Ecke, als er sich auf die Armlehne der Couch im Wohnzimmer setzte. „So lange sind Mini-ich und der Zwerg schon weg und wo dieser Keith-Typ ist, wissen wir überhaupt nicht.“ „Denk nicht so negativ, Mariku!“, schalt Isis ihn von ihrem Platz bei der Küchentür aus. „Wir werden sie finden.“ „Das bezweifle ich“, antwortete der Junge, „Sogar der Polizeipräsident war sprachlos, als er hier angekommen ist. Nichts ergibt Sinn. Wieso sollte dieser Typ Malik und Mokuba überhaupt entführen wollen?“ Isis gab keine Antwort. Sie war zu beschäftigt, dem Gespräch in der Küche zwischen ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und Theodore Muldrow, dem Polizeipräsidenten, zu lauschen. Es war schon seit stunden so; man redete ohne Ende darüber, wieso man überhaupt keinen Beweis finden konnte, der besagen könnte, dass dieser Bandit Keith Howard überhaupt da gewesen war, gar nicht gesprochen davon, dass er die zwei Jungen vom besagten Ort weggebracht hatte. Es war offensichtlich ein hoffnungsloser Fall. Man konnte weder Bandit Keith noch Malik oder Mokuba finden. Es gab nichts, das die Polizei tun konnte. „Oh, meine Brüder“, weinte Isis leise, „Bitte seid in Ordnung.“ „Ihnen geht es bestimmt gut, Meisterin Isis“, versuchte Rishid sie zu trösten, führte das schwarzhaarige Mädchen zur Couch und setzte sich mit ihr. „Ich bin mir sicher.“ „Ich hoffe, du hast Recht, Rishid.“ Sie wischte ohne grossen Erfolg ihre Tränen weg. „Oh Ra, ich hoffe, du hast Recht.“ ~~~~~~ „Seto, stimmt es, was du gesagt hast?“, fragte Malik, „Zum König? Dass du mich wieder zum Anfang des Labyrinths zurückbringen willst?“ Der dunkelhaarige Elf kletterte weiter an der Leiter hoch und sah den Menschenjungen nur kurz an. „Natürlich nicht“, antwortete er, „das habe ich nur gesagt, um den König zu täuschen. Unsere Abmachung steht immer noch. Ich bringe dich zur Oberfläche und von dort an suchst du dir deinen eigenen Weg.“ „Oh.“ Malik seufzte erleichtert. „Dank sei Ra. Für einen Moment war ich wirklich besorgt. Ich meine, ich vertraue Leuten sowieso nicht allzu schnell, aber wie hätte ich das nicht tun können, nachdem du mein Leben gerettet hast?“ Seto hielt mit einem Keuchen inne. „Ich habe was?“ „Du hast mein Leben gerettet“, führte Malik aus, „Du hast mich aus dem weg des Reinigers geschafft und wolltest statt mir sterben.“ „Ich bin dazu erzogen worden, mich um jüngere zu kümmern, Kleiner“, gab Seto zu, „Nach einer Weile bemerkt man beschützende Handlungen nicht einmal mehr. Sie geschehen automatisch. Also denk nicht, ich hätte dich gerettet, weil ich dich mag oder so, denn das ist absonderlich weit entfernt von der Wahrheit.“ „Oh... Okay.“ Malik kämpfte gegen die Tränen; natürlich kümmerte er Seto nicht wirklich. Er kümmerte niemanden... „Seto.“ Maliks Stimme war leise. „Kannst du mir vom Goblinkönig erzählen? „Was würdest du gerne wissen?“, fragte der Elf zurück. „Was... Äh... Na ja... Wie ist er überhaupt König geworden, wenn ihn niemand mag?“, entschied Malik schliesslich zu fragen. „Das ist einfach zu beantworten“, sagte Seto nachdenklich. „Er hat den Titel von seinem Vater geerbt, der vor ihm der König des Labyrinths gewesen ist. So ein gutherziger Mann, unser alter König. Eine sanfte sanftere Seele hast du nie getroffen. Aber er hat das Labyrinth vor kurzer Zeit verlassen. Er lebt jetzt in deiner Welt - der Welt der Menschen - weil er sich in eine schöne Frau verliebt hat. „Wirklich?“, fragte Malik, „Aber was ist mit Bakuras Mutter?“ „Sie ist gestorben, als er geboren wurde, Malik“, antwortete Seto, „Bakura hat seine Mutter nie gekannt...“ „Oh... Das ist traurig...“ „Jetzt musst du mir eine Frage beantworten“, kündigte Seto an, „Wieso hast du diese Narben unter den Augen?“ „Was?“ Malik biss sich auf die Lippe. „Oh... Die. Naja, weisst du, meine Mutter hat gesagt, dass ich bei der Geburt etwas komisch aus ihrem Bauch gekommen bin und dabei habe ich diese zwei identischen Narben unter meinen Augen gekriegt.“ „In Ordnung.“ Seto nickte. „Wenn das hilft, sie passen wirklich zu deinem Gesicht, Kleiner.“ „Danke.“ Malik lächelte, bevor er eine weitere Frage stellte. „Hey, Seto... Wie lange ist Bakura schon König des Labyrinths?“ „Hmm...“ Seto dachte nach. „Na ja, Bakura ist König geworden, lange bevor sein Vater in die Menschenwelt gegangen ist... Er war etwa zwölf; in deinem Alter. Aber Bakura wollte, dass jeder im Labyrinth länger lebt, deshalb hat er einen Zauber über das Labyrinth gelegt, unter dem alles und jeder sehr langsam altert.“ „Wie langsam?“ „Bakura hat fünftausend Jahre gebracht, um von zwölf auf siebzehn Jahre zu altern.“ „Ein Jahr tausend Jahre!“ „Ja“, bestätige Seto. „Und wenn du im Labyrinth bleiben würdest von jetzt an, würde das auch dich betreffen. In tausend Jahren würdest du aussehen wie dreizehn.“ „Was, wenn ich gehen, in einem Jahr wiederkommen und dann bleiben würde?“ „Dann würdest du in tausend Jahren aussehen wie vierzehn. Es betrifft alle Wesen im Labyrinth von ihrem jeweiligen Alter aufwärts.“ „Wow...“, keuchte Malik. „Dann ist der frühere König immer noch in der Menschenwelt? „Ja, das ist er, aber wenn man denkt, dass er etwa wie dreissig aussah, als er gegangen ist, und das ist einiges an Jahren her, muss er jetzt mindesten wie sechzig aussehen.“ ~~~~~~ „Wie kann es dieser Narr wagen, Malik von meiner Vergangenheit zu erzählen?“, knurrte Bakura in das Kissen. Er hatte sich bis auf Weiteres aus dem Thronsaal in sein Schlafzimmer zurückgezogen und lag nun auf dem Bauch auf dem weichen,extragrossen Himmelbett und blickte den Kristall an, der auf dem hölzernen Nachttisch zu der Rechten des Bettes lag. Der Raum war unglaublich übergross, aufgedonnert mit Gold begleitet von ausgesuchten Juwelen von Diamanten über Saphiren zu Rubinen. Die gezogen Vorhänge waren aus hellblauer Seide und die roten Plüschteppiche, die den Steinboden schmückten waren aus dem exklusivsten Stoff gewoben. Neben dem König des Labyrinths war noch eine andere Person im Zimmer. Emily schauderte und drehte ihr Gesicht von ihrem Meister und König weg, der da auf dem Bett lag. Oh, was dieser Mann emotional mit ihr anstellte. All diese Geschichten von Schmetterlingen im Bauch einer Person auftauchen sollten, wann auch immer ihr Geliebter in ihre Richtung sah, waren für die Junge Harpyie nur allzu schmerzhaft war. Ein einfacher, gewöhnlicher Blick des Goblinkönigs konnte ihr Herz aufflammen lassen und in einen tiefen Strudel aus Emotionen reissen... Aber ihn so zu sehen - so elegant und aufreizend auf dem Bett liegen - war einfach zu viel. „Emily?“ Bakuras Stimme und eine sanfte Berührung weckten das Mädchen aus ihrer Trance. Der König war nun an ihrer Seite und hob ihr Kinn an, damit er ihr in die Augen sehen konnte. „Ja, Meister?“ Das Mädchen fühlte, wie sie in diesen sündig himmlischen Augen ertrank. Nur noch ein wenig. Alles, das sie tun musste, war, sich eine minimale Distanz vorzulehnen und ihre Lippen konnten seine berühren... Nur noch ein wenig... „Ich habe dir einen Befehl gegeben.“ Bakuras Stimme war nüchtern und der Ton brachte die Harpyiendame zurück in ihr Bewusstsein. Ein bisschen. „Welcher... Befehl...?“ Sie versuchte - so sehr sie es eben konnte - die Distanz zwischen ihrem Mund und dem des König zu schliessen, aber es schien, dass Bakura genug hatte von ihrer Nähe, denn nur einige Sekunden später wurde sie zurückgeworfen. Sie fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden und ihre Hand legte sich sofort auf ihre Wange, um die dunkle Prellung zu verdecken, die sich dort zu bilden begann, wo der König sie geschlagen hatte. „Dummer Schwächling...“, murmelte der König, ging zurück zu seinem Bett und setzte sich. „Ich habe dir den Befehl gegeben, etwas verführerischeres anzuziehen.“ Emilys Augen weiteten sich. Der König wollte, dass sie sich verführerischer kleidete? Hiess das, dass er wollte....? „Ihr meint“, sie kam langsam auf die Füsse, „Ich soll mich verführerisch anziehen?“ Bakura grinste. „Endlich verstehst du mich.“ Dann tätschelte er neben sich auf das Bett und drängte sie, sich zu setzen. Emily gehorchte rückhaltlos. Sie konnte nich glauben, dass der König das gerade wirklich gesagt hatte. „Etwas Schwarzes vielleicht“, meinte er nachdenklich und streckte die Hand aus um den linken Träger ihres Kleides von ihrer Schulter zu schieben. „Und nackte Schultern scheinen Männer immer wild zu machen.“ „Was auch immer ihr wünscht, mein Meister.“ Tränen des Glück sammelten sich in ihren Augen. „Mein Bakura.“ Die Hand an ihrer Schulter hielt abrupt inne und sie keuchte leise, als sie ihren Fehler erkannte. Oh nein, was hatte sie getan? Diese Worte waren praktisch verboten! Niemand sprach den König je mit seinem Namen an! Kein Labyrinthianer wagte es auch nur, ihn in der Privatsphäre ihres eigenen Zuhauses auszusprechen! Gar nicht zu denken davon, ihn in der Anwesenheit des Herrschers selber zu verwenden! Und noch schlimmer war; sie hatte das Wort ,meinʻ davor gesetzt! Ein Wort des Besitzergreifens! Ein Wort der Kontrolle! Ein Wort des Eigentums! Ein Wort des BESITZTUMS! ...Und niemand besass Bakura. ~~~~~~ „Ich sehe Licht!“, rief Seto zu Malik hinunter, als er einige wenige Lichtstrahlen von oben sah. Die Lichtstrahlen schienen von durch ein paar schmale, bogenförmige Schlitze nicht fern von dem aufsteigenden Duo zu fallen. Kein Zweifel, dass sie bald auf eine Falltür oder einen Kanaldeckel treffen würden. Setos Lippen entwich ein Seufzen der Erleichterung, als sie endlich wieder die Oberfläche erreichten. „Also, Malik“, entschied er sich, mehr über den Jungen bei ihm zu erfahren, während er noch die Gelegenheit hatte, „Erzähl mir von dir.“ Malik sah überrascht aus. Seto wollte von seinem Leben wissen? Gut, das war in Ordnung. „Okay, Seto. Ich wurde in Kairo in Ägypten geboren und jetzt lebe ich in einer grossen Stadt namens ,Dominoʻ in Nordamerika. Mein Vater... Äh, ist gestorben, als ich klein war, und jetzt habe ich einen Stiefvater.“ „Wirklich?“ Seto wollte mehr hören. Er hasste es eigentlich, vom Leben anderer zu hören, weil er schon mit seinen eigenen Problemen zurechtkommen musste, aber wenn es um Malik ging... Er konnte nicht anders, als mehr über das Kind zu wissen. „Erzähl mir mehr.“ „Na ja... Meine Mutter und meine Schwester sind oft weg. Mädchenzeug denke ich. Und ich habe zwei ältere Brüder und mein bester Freund ist Joey Wheeler.“ „Joey Wheeler?“, sagte Seto spöttisch. „Klingt wie ein Hundename.“ Malik kicherte. „Eigentlich, Seto, denke ich, dass du ihn mögen würdest, wenn ihr euch treffen würdet.“ Der Brünette kicherte amüsiert. „Denke ich nicht. Ein Köter und ich als Freunde? Du musst Witze machen.“ Malik lachte leise und Seto fühlte einen Schimmer von Glück ob der Tatsache, dass er diesem Kind so einen schönen Klang entlockt hatte, doch dann bemerkte er das Grinsen auf seinem Gesicht und lenkte seine Gedanken sofort in eine andere Richtung. Malik war ein Mensch. Nicht mehr. Wieso sollte Seto seine Zeit mit so einer kleinen, erbärmlichen Monstrosität verschwenden, geschweige denn versuchen, sie zu amüsieren? Nein. Der Elf musste sich dem Jungen so abweisend wie möglich zeigen. Sonst könnte sein Vater - oder noch schlimmer, der König - merken, dass in ihm etwas entstanden war, dass er sich selbst über Jahrzehnte hinweg zu verabscheuen gelehrt hatte; eine Schwäche. Malik fühlte die plötzlich unfreundliche Ausstrahlung, die den dunkelhaarigen Elf umgab und schluckte unbehaglich. Wie konnte Seto das? Wie konnte dieser Mann im einen Moment so natürlich lachen und scherzen und im nächsten so verschwiegen und abweisend sein? Es war so verwirrend. Zum Glück jedoch wurde Malik weiteres Unbehaglichkeit erspart, als er von oben en knarrendes Geräusch hörte und helles, weisses Licht ihn attackierte. Seto stiess den rostigen Metalldeckel mit seiner rechten Hand auf und er fiel mit einem lauten, metallischen Geräusch auf den Boden. Der Elf selber hatte seine Hände auf beide Seiten des Ausgangs der Röhre gelegt, zog sich aus dem engen Schacht und direkt ins Sonnenlicht. Dann reichte Seto zurück in das Loch und half Malik, ebenfalls hinaus zu klettern. Malik lächelte, als er endlich wieder fühlte, wie Sonnenstrahlen ihn beschienen. Er hatte die Sonne immer geliebt und so tief unter dem Boden zu sein war für ihn ein schreckliches Erlebnis gewesen. Trotzdem hatte er keine Zeit zu bemerken, wie gut sich die sanfte, warme Briese anfühlte, die wieder durch die goldenen Strähnen seines Haares strich, oder wie gesegnet sich das Licht der Sonne anfühlte, das seine Haut wieder streichelte. Jetzt hatte er keine Zeit zu verschwenden. Der Rückweg aus dem Untergrund hatte mehr Zeit gekostet als er gesollt hätte und das beinhaltete noch nicht einmal, dass der König ihm Zeit von seinen dreizehn Stunden abgezogen hatte. Malik sah in die Richtung des Schlosses und seine Augen verengten sich. ,Keine Sorge, Mokubaʻ,sagten seine Gedanken zu seinem kleinen Bruder, ,Ich bin endlich wieder aus diesen schrecklichen Untergrund-Tunnels heraus und komme dich retten.ʻ ~~~~~~ Emily hatte die Geräusche des Gesprächs von Malik und Seto aus der Kristallsphäre auf dem Tisch hinter er und dem König ertönen gehört, aber sie wagte nicht, auch nur einen Muskel zu bewegen, um der Flucht des besagten Menschen und Elfen aus dem Untergrund zu sehen. Ihr Blick war auf ihren Schoss fixiert und das nun schon für eine Weile. Seit ihrem Fehler hatte der König weder etwas gesagt noch sich bewegt. Bakura - ob er nun vergesslich war oder nicht - verwehrte ihm selbst den simplen Trost, seine Hand von ihrer Schulter zu nehmen. „Emily...“ Seine Stimme war leise und tödlich und das Mädchen erbebte vor Furcht. Der Moment der Wahrheit. Das Ende ihres Lebens; getötet durch die Hand dessen, den sie mehr liebte, als das Leben. Ja, M-Meister?“, schaffte sie es zu fragen und verfluchte sich dafür, dass sie stotterte. „Ich will, dass du genau wiederholst, was du vorhin gesagt hast“, befahl Bakura, „Sprich laut und klar und ich hoffe für dich, dass es besser nicht beinhaltet, was ich denke, das es beinhalten wird.“ Das Mädchen schluckte Luft und sagte: „Ich sagte, dass ich... Tun werde, was auch immer... Ihr wünscht, Herr und... Meister... Und... Mein...“ „Warte mal, Kleiner“, unterbrach plötzlich die Stimme von Seto Kaiba vom Kristall auf dem Nachttisch aus. „Wir hatten eine Abmachung, erinnerst du dich? Ich habe dir geholfen, aus der Oubliette zu entkommen und du musst mir jetzt deine Meinung über den Goblinkönig verraten. Ein Handel ist ein Handel.“ Dann hörte man Maliks Stimme. „Ich mag ihn. Da, ich habe es gesagt. Er mag meinen Bruder entführt haben, aber wenn er das nicht getan hätte, dann wäre ich nicht einmal hier und dir nie begegnet, Seto. Ich weiss nicht, was ich von ihm halten werde, falls ich meinen Bruder nicht retten kann, aber jetzt... Mag ich ihn irgendwie immer noch.“ „Du scherzt.“ Setos Stimme klang geschockt. „Nein.“ Maliks Ton war entschlossen und Emily wurde übel, als sie ihn hörte. Wie konnte es diese kleine Ratte eines Menschen wagen, ihr Bakuras Aufmerksamkeit zu stehlen? Die junge Frau hob den Blick das erste Mal seit einer Weile und bemerkte, dass er vollkommen auf den Kristall hinter seinem Rücken fixiert war. „Bakura?“ Emily kümmerte es nun nicht einmal mehr, da sie die Regel, den Adel nicht direkt anzusprechen, sowieso schon gebrochen hatte. Bakura sollte ihr gehören und ihr allein! Er war nicht für einen erbärmlichen, schwachen Menschen aus dem Irgendwo bestimmt, wo sie doch schon seit zwei- oder dreitausend Jahren um Bakuras Aufmerksamkeit kämpfte. Es war nicht fair. „Emily“, antwortete der König, den Blick immer noch auf den Kristall gerichtet, „Malik mag diesen unbedachten, närrischen Elfen Seto und das... Gefällt mir nicht. Jetzt zum letzten Mal, ich befehle dir, etwas Attraktives anzuziehen und dann gehst du und verführst diesen hinderlichen Narren.“ „Ihr... Wollt, dass ich Seto verführe?“ Emily fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Also brauchte Bakura sie nur für seinen Plan? „Ja.“ Der König erhob sich vom Bett und nahm den Kristall in die ausgestreckte Hand. „Wenn dieser Elf erst einmal aus dem Weg ist... Wird Malik neben mir niemanden mehr haben, an den er sich wenden könnte. Sie werden bald getrennte Wege gehen... Du du sollst zuschlagen, sobald es soweit ist.“ Emily stand auf und murmelte ein hastiges „Ja, Meister“, bevor sie ging. ~~~~~~ „Oh, Hallo!“, rief eine Stimme von der Seite und Malik und Seto drehten sich um, um zu sehen, wer nach ihnen rief. Ein kleiner, alter Mann sass nicht allzu weit entfernt von ihnen auf einem grossen Sessel, der aus übergrossen Büchern bestand, die in dem Irrgarten aus grossen, grünen Hecken, der sie umgab, ziemlich deplatziert wirkten. Ein Junge etwa in Maliks Alter sass auf der linken Armlehne des Sessels. Er hatte kurzes, wasserfarbenes Haar, lange, spitze Ohren, jadegrüne Augen und trug einen weissen Anzug, der mit violetten Stickereien verziert war. „Yoo-hoo!“, rief der Junge. „oh nein“; hörte Malik Seto murmeln, als er in ihre Richtung ging. Als sie beide vor dem alten Mann standen, lächelte er. „Oh! Wenn das nicht Seto Kaiba ist! Wie geht es dir, Junge?“ Er lachte. „Und wer ist dieses verblüffend süsse Ding, das du bei dir hast?“ „Äh... Hallo“, grüsste Malik. „Mein Name ist Malik Ishtar.“ Der alte Mann nickte. „Ich bin Salomon Mutou. Erfreut, dich kennenzulernen.“ „Woo-woo-woo!“ Der grünhaarige Junge betrachtete Malik. „Sag mir Seto; wie konntest du einen Fang wie ihn machen, hmm?“ „Halt die Klappe, Noah!“ Seto knurrte. „Oh, Temperament, Temperament, lieber Bruder“, schalt der Junge mit einem Grinsen, bevor er sich umdrehte, um Malik anzusprechen. „Heisser Typ, mein Name ist Noah Kaiba. Ich bin Herr Mutous Lehrling und Setos kleiner Bruder.“ „Stiefbruder“, korrigierte der Elf. Noah machte eine abwinkende Geste. „Wie auch immer.“ Salomon verdrehte die Augen in Anblick des Streits der Brüder. Diese beiden lernten es einfach nie! „Herr Mutou?“ Maliks Stimme hatte eine hoffnungsvollen Unterton. „Äh... Ich habe mich gefragt... Kennt ihr den Weg zum Schloss in der Mitte des Labyrinths?“ „Ja, Kind“, antwortete der Alte, „Das tue ich. Ebenso wissen es Noah und Seto, Aber es ist uns verboten, ihn zu verraten.“ „Aber... Wieso?“, fragte Malik. Salomon lehnte sich zu dem Jungen und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. „Es ist uns verboten. Wir wurden alle aus dem ein oder anderen Grund aus dem Schloss verbannt und ein Zauber wurde über uns gelegt, der es uns verunmöglicht, irgendjemandem den richtigen Weg zum Schloss zu verraten. Es tut mir Leid, Junge. Ich wünschte, ich könnte helfen.“ Malik seufzte. „Schon in Ordnung. Wenigstens weiss ich jetzt, dass ihr mir helfen würdet, wenn ihr könntet.“ Der alte Man versuchte, dem Jungen Mut zu machen. „Aber ich habe ein paar weise Worte für dich. Diese Worte helfen vielen. Vielleicht würden sie auch dir helfen.“ „Bitte“, sagte Malik und lächelte. „Alles hilft.“ Salomon schloss die Augen und sprach den einfachen Satz: „Freundschaft, Vergebung und Liebe siegen über...“ Malik drängte ihn fortzufahren. „Was? Über was siegen sie?“ „Das“, der Älteste öffnete die Augen und lächelte, „musst du selber herausfinden. Es ist von Person zu Person anders... Aber die Komponenten ändern sich nie...“ „Aye“, seufzte Noah, der nun aufgehört hatte, mit Seto zu streiten. „Hör bloss nicht auf den Scheiss, den der alte Sack so gerne verzapft.“ „SEI STILL!“, schrie Salomon ihn an. „Heilige Scheisse! Alles klar!“ Noah hob verteidigend die Hände. „ALLES KLAR!“ „OKAY!“ „OKAY!“ „ALLES KLAR!“ „...Alles klar.“ Seto schüttelte den Kopf. „Ach, du heilige... Ich gehe.“ Diese Worte fingen Maliks Aufmerksamkeit. „Warte“, er griff nach einer Faust voll von Setos Umhang, um den Mann aufzuhalten. „Werde... Ich dich wieder sehen? Weil, nur dass du es weisst... Ich denke, du bist mein Freund und ich will dich wieder sehen, bevor ich gehe, wenn das geht.“ Salomon hob beide Augenbrauen und Noahs Mund öffnete sich vor Überraschung. Diesem Jungen gefiel Setos Gesellschaft wirklich? Wie war das möglich? Seto schien die Worte in Gedanken zu wiederholen, als er Malik mit leicht geweiteten Augen und einen Spalt geöffnetem Mund anstarrte. Hatte Malik wirklich das Wort „Freund“ in Bezug auf ihn gebraucht? Ja, das hatte er, und das war gefährlich. Seto konnte es sich nicht leisten, Freunde zu haben. Sein Stiefvater Gozaburo könnte ihn dafür bestrafen, von seinen ihm auferlegten Pflichten als Verwalter abgelenkt zu werden. Oder noch schlimmer, Bakura könnte sich auf eine unerwünschte Art seiner annehmen, weil Malik ihm näher gekommen war, als er es erlaubte. Aber trotzdem hatte Malik ihm ein Wort des Vertrauens und der Zuneigung schenkte. Seto hatte noch nie das Privileg genossen, so genannt zu werden. Die ganze Vorstellung von ,Freundschaftʻ war neu und fremd für ihn. Aber schlussendlich, ob es nun etwas Gutes oder etwas Schlechtes war... Er mochte den Titel. Der Elf blinzelte langsam und kehrte in den Moment zurück, um Maliks offene Frage zu beantworten. „Ich weiss nicht, ob wir uns wieder sehen werden, Kleiner. Ich hoffe es. Jetzt gehe ich aber.“ „Ich verstehe“, antwortete Malik und liess den Umhang des Elfen los. „Danke für all deine HIlfe, Seto.“ Der Elf nickte und verschwand in einem der vielen Pfade, die von den grünen Hecken geformt wurden. Er schien unzweifelhaft zu wissen, wo er hinging - an den Anfang des Labyrinths. Nun war es für Malik an der Zeit zu gehen. „Auf Wiedersehen, Noah! Auf Wiedersehen, Herr Mutou! Danke für all Ihre Hilfe!“, rief er den zweien bei dem Sessel noch zu, bevor in einen anderen Pfad rannte, als der, den Seto genommen hatte. Noah sah den Jungen an, als Malik seine ganze Aufmerksamkeit nach vorne richtete und weiter in das verschlungene Labyrinth rannte. „Dieser Junge ist unglaublich, nicht, Salomon?“ Der grünhaarige Junge warf dem alten Mann einen Blick zu, nur um zu sehen, dass er tief schlief. „Uh!“, keuchte Noah sarkastisch, „Es ist so ermüdend, dein Lehrling zu sein!“ ~~~~~~ Malik hielt für den Moment inne, um wieder zu Atem zu kommen. Er war nun tief im Irrgarten und um ihn war nichts anderes als dünne, gedrehte Äste und Blätter. Er ignorierte die dünne Fessel der Einsamkeit, die sich um sein Herz geschlungen hatte. Seto war nicht mehr da und Malik war abermals wirklich allein. Aber das war in Ordnung. Er kam auch ohne jemanden bei ihm gut zurecht. Schliesslich hatte er nun schon für Jahre beinahe keine Freunde. Das hier war nicht anders. Ein tiefes, schmerzverzehrtes Heulen riss Malik heftig aus seinen Gedanken. Er zuckte erschrocken zusammen, fand dann aber schnell den Mut wieder und sah sich in der Umgebung nach der Quelle des Geräusches um. Noch immer war das Heulen hörbar und es wurde von Moment zu Moment leidender. Malik hielt es nicht aus. Er hasste es, irgendetwas Schmerzen leiden zu sehen, ob es nun ein Hund, eine Katze, ein Mensch oder was auch immer war, das dieses Geräusch von sich gab. Er entdeckte eine schmale Lücke unten in einer der Hecken und rannte zu ihr. Was auch immer dieses Geräusch machtʻ, dachte er, als er sie erreicht hatte und kniete nieder, ,ist auf der anderen Seite dieser Öffnung.ʻ Malik beugte sich zum Boden, wobei er sich mit den Händen abstützte, und spähte durch das Loch, um einen grossen, braunen Sack zu sehen, der mit dickem Seil an eine Eiche gebunden war und von seinem Gefangenen geschüttelt wurde. Was auch immer darin war schien die Quelle des Gejammers zu sein und Malik fühlte sein Herz erweichen angesichts der Grausamkeit, die es gebraucht haben musste, um dieses arme, unbekannte Geschöpf überhaupt in diese Lage zu bringen. Der blonde Junge sammelte all seinen Mut und begann, durch das Loch zu kriechen. Er wollte der Kreatur im Sack unbedingt helfen. Er war kaum ganz durch das Loch, als er fühlte, wie zwei Paar starker Arme ihn ergriffen und auf die Füsse zogen und ein fürchterliches Gesicht schob sich in sein Sichtfeld. „Na, na“, sagte der Fremde, „Was haben wir denn da...?“ Hosted by Animexx e.V. 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