Stalker von InfernalMirror (Von Cliscia) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Malik fröstelte, schlang die warme blaue Jacke seiner Schuluniform fester um sich und rieb seine Hände in einem traurigen Versuch, etwas Wärme zu gewinnen, an seinen Armen auf und ab. Seine Zähne klapperten und er fühlte sich einsam und deprimiert davon, nach der Schule im abscheulichen Winterwetter, das ihn jedes Jahr plagte, seit er nach Amerika gezogen war, nach Hause zu laufen. Hitze konnte er aushalten. Er war schliesslich mit ihrem drückenden Gefühl aufgewachsen. Doch die beissenden, schaurigen Winde der Kälte hielt er nicht aus. Und seiner Meinung nach war Schnee wirklich der weisse Tod. Innehaltend, um die Jacke noch enger um seine schlanke Figur zu schlingen, runzelte Malik die Stirn, als er die Tafel erblickte, die seinen Weg blockierte. Das Baugeschäft hatte floriert in der kleinen Strasse, in der sich sein Appartement befand, doch er hätte nie gedacht, dass es gross oder auffallend genug sein würde, um die Südstrasse abzuschliessen, die an ihre anschloss. Aber anscheinend war es das. Ein frustriertes Knurren kam über seine Lippen als er, die Richtung änderte und begann, eine kleinere Strasse entlang zu stapfen, die sich ihre gute, süsse Zeit nehmen würde, bis sie sich endlich mit seiner verband. Seine Laune verschlechterte sich von Minute zu Minute als Malik leise vor sich hin schimpfte. Dieser Umweg würde ihn nicht nur in die schlechten Teile der Nachbarschaft führen, sondern ihn auch doppelt so viel Zeit kosten. Komplett-verfickt-brillant. Und Malik schluckte, abermals fröstelnd, doch diesmal nicht vor Kälte. Es war wahr, dass er nicht genau im besten Teil der Stadt lebte, die Vororte nur ein weit entfernter Traum, dessen Erfüllung man sich wünschte, wenn man eine Sternschnuppe sah. Aber andererseits, Sternschnuppen waren nur Teile von Weltraummüll, die explodierten, wenn sie die Erdatmosphäre trafen und dabei einen ,schönen‘ Funken Licht erzeugten. Ihre Namen waren nur eine Tarnung für die langweilige und uninteressante Wirklichkeit. ,Genau wie mein Leben,‘, dachte Malik missbilligend, ,es ist nur eine grosse, alte Lüge.‘ Während seine Gedanken zu verschiedenen Dingen abschweiften, bemerkte Malik kaum, dass ihn zunehmend mehr Slums umgaben, doch unterbewusst beschloss er, es zu ignorieren um seinen pessimistischeren Gedanken einen Gefallen zu tun. Zumindest nicht, bis die Spitze seines ausgelaufenen Tennisschuhs sich in einem Loch im Bürgersteig verfing, was bewirkte, dass er stolperte, beinahe elegant auf seinen Hintern fiel und ihn merken liess, dass seine deprimierenden Gedanken ihn weiter in die dunklen Ecken und Gassen der Nachbarschaft gebracht hatten. Er bewegte sich leicht und rieb sich den Hintern, wobei er das Gesicht ob der Schramme verzog, die er sich mit seiner tollpatschigen Vorstellung zugezogen hatte. Als er aufsah, schlug Maliks Herz ein wenig schneller, denn er verstand endlich die Umstände seiner misslichen Lage. Wie die schlecht geschriebene Seifenoper seines Lebens wurde sein Tag immer schlimmer. Malik hatte es auf wundersame Weise geschafft, sich komplett und vollkommen zu verlaufen. Malik setzte einen grimmigen Blick auf, um seine Angst davor sich zu verirren zu verstecken, stand schwankend auf, immer noch mit leichten Schmerzen von seinem Zusammenstoss mit dem Boden, hob seine Tasche auf und schwang sie sich zurück über die Schulter. Er runzelte die Stirn und überflog die Gegend, um herauszufinden, von wo genau er gekommen war, wohin er von hier aus gehen konnte und wo genau ,hier‘ war. Die Wände der baufälligen Appartements und Gebäude auf beiden Seiten von ihm schienen sich über ihn zu lehnen und Schatten über seine schlanke Gestalt zu werfen, schufen eine Illusion der Gefangenschaft, zusammen mit einem deutlichen Gefühl von Klaustrophobie. Zum zweiten Mal an diesem Tag schluckte er, zuckte dann plötzlich zusammen und drehte sich um, als etwas in der Gasse schepperte und seine Maske des Mutes fallen liess. Der Deckel einer Blechbüchse rollte an ihren Platz auf dem Boden und Malik seufzte (schon wieder), dankbar, dass seine Angst nur durch das Geräusch, das das Metall gemacht hatte, verursacht worden waren. Wahrscheinlich nur eine Katze... Sich etwas weniger am Rande seiner Selbstberuhigung fühlend drehte Malik sich um, nur um unerwartet an etwas sehr Massives zu stossen. Maliks lavendelfarbene Augen drifteten langsam vom dreckigen Beton aufwärts, über eine Brust bedeckt mit dreckigen Fetzen und sah schlussendlich in ein gräuliches, schmutziges Gesicht. Ein Gesicht, das, er konnte nicht anders als das zu merken, in verzweifeltem Bedarf eines Rasiermessers und einer gründlichen Gesichtswäsche war. Erstarrt Ort und Stelle (Malik war nie der Typ für Penner gewesen, insbesondere nicht in diesem Teil der Stadt, in dem der Mann ihn leicht umbringen und ausrauben könnte), starrte Malik den Mann einen langen Moment an, während sich ihm ein Klumpen im Hals bildete und er darauf wartete, dass der Andere ihn ansprach und nicht einfach nur auf seinen Halsschmuck starrte. Er rieb sich die Hände, nervös und gierig das glatte Metall musternd. „Hey, Bursche.“ Die Stimme passte wirklich gut zur Erscheinung des Mannes. Grob und heiser. „Stört es dich, wenn ich mir diese hübschen kleinen Accessoires anschaue, die du trägst?“ Und als die dunklen, dreckigen Hände sich erhoben, um leicht seinen Halsreif zu berühren, rannte Malik, er wollte den Penner nicht länger bei Laune halten. Alles was er wollte war es, so viel Distanz zwischen ihn, die dunklen Gassen und den Mann in ihnen zu bringen wie möglich. Malik schnappte nach Luft, rannte weiter durch das Labyrinth aus Gassen, bemerkte jedoch keinen Fortschritt. Beinahe erstickend schnappte er nach Luft, die Winterkälte machte es schwer, die Luft in seine Lungen zu lassen. Er hörte nicht auf, seine Beine zu bewegen, rannte immer noch mit voller Geschwindigkeit und begann, sich zu sorgen. Jetzt war er hoffnungslos verloren, denn das Treffen mit dem Penner und die Flucht vor ihm hatten bewirkt, dass er noch verlorener und desorientierter war als zuvor. Als seine Beine endlich unter ihm zusammenbrachen, fiel Malik zum zweiten Mal an diesem Tag zu Boden, während er nach Luft schnappte.Er begann, leise zu schniefen und sich gleich darauf für seine weiblichen Emotionen zu hassen doch spürte wie das Gefühl der Depression und alles, das passiert war, ihn einholte und er erlaubte sich, leise in der Dunkelheit in der schäbigen Spalte der Hinterstrasse zu weinen. Er seufzte, rieb seinen Arm über seine Nase und sein Gesicht, fühlte sich ein wenig besser, weil er all die angestauten Emotionen freigelassen hatte und begann darüber nachzudenken, warum genau er an diesem schrecklichen Ort festsass. Malik war nicht wirklich schrecklich aber auch nicht wirklich schön aufgewachsen. Trotz seinen Beschwerden und Wutanfällen darüber, dass es ihm nicht möglich gewesen war mit anderen Kindern seines Alters zusammen zu sein, war er von seiner Schwester Isis zu Hause unterrichtet worden. Sein Vater war eine schäbige Entschuldigung eines Mannes gewesen, sein Temperament und sein Gemütszustand hatten nach Lust und Laune gewechselt und er hatte sich oft bis zum Stumpfsinn in einer der lokalen Bars betrunken anstatt zu versuchen, seine Kinder grosszuziehen. Isis, die perfekte und vollkommen heilige, wundervolle Schwester hatte diesen Job meistens übernommen. Malik war dankbar, nahm er an, auch wenn er es selten zugab. Maliks Mutter war kurz nach seiner Geburt gestorben, da die Entbindung falsch gelaufen war und durch seinen Hass und seine Wut hatte Maliks Vater ihn beschuldigt, daran Schuld zu sein. Rishid - sein Adoptivbruder - und Isis hatten mehrere Male versucht, seine unkontrollierte Wut zu entschärfen, doch das hatte nichts genutzt und Malik war in der Zeit, in der er jenen Mann gekannt hatte, durchweg misshandelt worden. Zum Glück war sein Vater ironischerweise an einer Überdosis Alkohol gestorben. Isis hatte bewiesen, dass sie erwachsen und kompetent genug war, um Malik selber aufzuziehen und die Vormundschaft war auf sie übertragen worden. Isis hatte Ägypten so schnell wie möglich verlassen wollen und hatte ein wenig des kleinen Betrages an Geld, der ihnen von Alkoholexzessen ihres Vaters geblieben war, verbraucht, um mit ihnen nach Amerika zu ziehen, ins Land der Möglichkeiten, wo sie für hoffte, dass sie alle ein neues Leben beginnen und alles vergessen konnten, was zuvor passiert war. Isis hatte ebenso erwogen, nach Japan zu ziehen, doch hatte sich dann aufgrund der Population und der Tatsache, dass es eine Insel war, umentschieden. Keiner in ihrer Familie war wirklich begeistert von Wasser, da sie nicht schwimmen konnten und das Wissen, in einem so kleinen Land, das von Wasser umgeben war, zu leben, machte ihr Angst. (Sie hatte nicht auf Maliks Argumentation, dass JEDES Land von Wasser umgeben war, gehört.) Obwohl Isis sich ein besseres Leben als in Ägypten gewünscht und vorgestellt hatte, hatte es nicht so begonnen und derzeitig kämpften sie damit, sich ihr kleines Appartement im Treaty Boulevard zu leisten. Isis mit ihrem Job als Kunstmanagerin des lokalen Museums der Stadt und Rishid als Mechaniker (Er hatte nicht den Luxus einer angemessenen Ausbildung genossen, hatte jedoch ein Talent für Maschinerie.) verdienten nicht viel Geld, und dieses wurde von Miete, Strom- und Wasserkosten und Maliks fortlaufender Ausbildung verschluckt. Obwohl er es ihm ein schlechtes Gewissen machte, keinen Job zu haben, betonte Isis, dass er nicht arbeiten und sich auf die Schule konzentrieren sollte. So weit hatte sie es geschafft, ihn fokussiert zu halten, weshalb er nicht länger in Prügeleien hineingeriet, wie es in ihrer Heimatstadt oft der Fall gewesen war. Eigentlich wäre er nun der perfekte Sohn gewesen, den sein Vater immer gewollt hatte... Und hier war er, frierend und verängstigt, verlaufen in einer traurigen Entschuldigung für eine Nachbarschaft, auf dem Bürgersteig sitzend und weinend. Wenn er in seinen Schoss sah- „Hilfe!“ Malik hielt inne, schaute ruckhaft auf, sein Herz immer schneller schlagend, packte aus Gewohnheit seine Jacke und drückte sie stärker an sich. Das war auf keinen Fall der selbe Mann wie vorhin. „Hilfe, bitte!“ Die Stimme war schwach und weit weg, sie driftete durch die Luft und wickelte ihn ein, ihn dazu verleitend, alle Hemmung zu ignorieren und nachzusehen, wessen Stimme das war und womit diese Person Hilfe brauchte. Die Stimme begann, lauter und verzweifelter zu werden, als Malik nicht antwortete. „Hilfe, bitte! Ich komme hier nicht heraus!“ „Wer... Wer ist da!“ Sich still für sein leichtes Stottern verfluchend stand Malik auf, drehte sich zwei Mal um und versuchte zu erraten, woher die Stimme kam. „Oh-oh! Ist jemand da?“ Sie schien aufgeregt zu werden und Malik konnte sich beinahe vorstellen, wie die Person vor Freunde sprang und klatschte wie ein Kind. ...Obwohl das sehr unwahrscheinlich schien. „W-Wenn jemand da ist, ich bin im grauen Bau! Neben dem Gebäude aus Ziegelsteinen! Er hielt inne und sah sich nach dem ,grauen Bau neben dem Gebäude aus Ziegelsteinen‘ um, fühlte sich dumm, als er realisierte, dass er die ganze Zeit vor ihm gestanden hatte. Seine Hände zu einem Trichter formend, rief er nach der Person im Innern. „Ich bin hier! Was ist los?“ Unabhängig davon, in was für einer schlechten Stimmung er sich befand, Malik konnte keine niemanden in Schwierigkeiten lassen. Niemals könnte er sich vorstellen, dass jene Person eine bösartige Absicht hätte und ihm würde schaden wollen... „Das Gebäude, ich habe es für das Unternehmen gereinigt, das hier arbeitet, ein Balken ist heruntergefallen und blockiert die Tür! Alles, was Sie tun müssen, ist, ein wenig gegen die Tür zu drücken... Ich denke, ich komme so an sie heran.“ Es schien ein wenig fragwürdig; das Gebäude sah alt und benutzt aus. Kein Platz, den ein Unternehmen würde brauchen wollen, vor Allem nicht in diesem Teil der Stadt. Aber Malik hörte zu, fand den Hintereingang und rüttelte die Türklinke um zu sehen, ob er verschlossen war. Sie bewegte sich und er öffnete die Tür, fühlte, wie sie aufschwang, bevor er in den schummrigen, staubigen Raum trat. Verwirrt darüber, dass sie so leicht aufging, rief er in den verlassenen Raum hinein: „Ich bin hier, aber ich denke, ich sehe keinen B-“ Malik wurden die Worte abgeschnitten, als er fühlte, wie ihm etwas auf den Schädel knallte, hatte nicht einmal die Zeit zu schreien, oder die Person über ihm stehen zu sehen, bevor er bewusstlos auf den kalten, rauen Boden fiel. Auch hörte er nicht mehr, wie die Stimme leise kicherte. „Es sieht aus, als hätte ich meinen Retter gefunden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)