Naminé von Azahra (Liebe deinen Feind) ================================================================================ Kapitel 22: Ravens Heimat (überarbeitet)* ----------------------------------------- 22.Kapitel Ravens Heimat Es war kalt. Doch dieses Wort klang in Naminés Ohren völlig verharmlost. Nach ihrem Geschmack war es nicht kalt, sondern arschkalt! Die Waldelbin wünschte sich wieder auf das Schiff zurück, das sie hierher gebracht hatte. Obwohl es den Namen >Eisbrecher< trug und seinen Namen auch gerecht wurde, war es dort wenigstens wollig warm gewesen! Doch zu ihrem Leidwesen musste sie sich hier in der tiefsten Tundra aufhalten. Während Naminé fror und selbst die warme Kleidung nichts dagegen half, freute sich Efal über diesen Wetterwechsel. „Ich hoffe wir treffen bald auf Eisbären!“, rief er laut hinaus. Der Wind war so stark, dass dieser seine Stimme immer weiter wegtrug und sie sich jedes Mal leiser als vorher anhörte. Efal ritt voraus, neben ihm Raven der ihnen den Weg in sein Zuhause wies. Sias, Naminé und Techi bildeten das Schlusslicht. Die Magierin erschuf immer wieder eine kleine Flamme, die sie erwärmte. Sie, Efal und Raven waren, die einzigen die gut gelaunt waren. Naminé und Sias hingegen waren genervt. „Wenn wir einen sehen, werfe ich dem Efal zum Fraß vor. Mal sehen, wer von den beiden zäher ist“, drohte Sias. Seine Freundin nickte. Naminé hatte inzwischen keine Ahnung mehr, wie lange sie schon unterwegs waren. 2 Wochen? Einen Monat? Oder sogar schon ein halbes Jahr?! Hier in der Tundra verlor man leicht das Zeitgefühl. Die Waldelbin seufzte und bibberte erneut. Das Erste was sie machen würde, wenn sie endlich in Ravens Dorf ankamen, würde sich vors Feuer zusetzten und für die restlichen Tage diesen Ort nicht mehr zu verlassen sein. Raven war überglücklich wieder in seiner Heimat zu sein! Am liebsten hätte er Freudensprünge durch den harten Schnee gemacht, doch er wusste auch, dass einige seiner Begleiter nicht davon begeistert sein würden. Also hielt er sich zurück und spielte den Unbeteiligten. „Wir müssten bald da sein“, sagte er zu Efal, oder doch mehr zu sich selbst? „Das sagst du seit etwa 3 Tagen“, warf Techi ein und die Magierin nieste laut. Außer Schnee, Felsen, zugefrorene Seen und ab und zu einem Polarfuchs sah sie gar nichts. Sie verstand nicht, wie sich Raven hier auskennen konnte. Für die Hochelbin sah alles gleich aus. „Wenn wir bis spätestens morgen früh nicht bei dir Zuhause sind, ramm ich dich mit dem Kopf voraus in ein Wasserloch der Robben!“, drohte sie ihm und jeder der Reisegruppe wusste, dass sie das wahr machen würde. Raven ignorierte es und wandte sich stattdessen Naminé zu. „Sag mal hörst du auch so ein ohrenbetäubendes Pfeifen?“, fragte er sie breit strahlend. Die junge Elbin lächelte geknirscht. „Ich nehme nichts wahr …“ sagte sie kaum hörbar und warf Techi einen unsicheren Blick zu. Efal hielt sich, genau wie Sias, aus dieser Unterhaltung raus. „Wo lebst du eigentlich Raven?“, fragte Naminé ihn nun neugierig. „Ich lebe mit meinem Familienclan und dem meiner Schwester zusammen in einem kleinen Dorf. Es ist oft nicht leicht, vor allem wenn die Nahrung immer knapper wird. Kurz gesagt: Es ist ein einfaches Leben“. „Und freust du dich schon auf deine Familie?“, löcherte Naminé ihn weiter. Raven lächelte still. „Ja, ich freue mich, doch ich glaube das sich einige meiner Familie nicht besonders darüber freuen werden, wenn ich plötzlich wieder da bin, besonders mein Vater …“. „Oh“, war das einzige, was Naminé darauf sagte. Sie wollte ihn lieber nicht danach fragen. Es ging sie immerhin nichts an. „Raven!“, rief ein kleiner 9 – jähriger Junge laut, als er die Reisegruppe von Weitem sah. Er stürmte auf die Fünf Gefährten zu und stolperte immer wieder über ein paar Eisblöcke, bevor er Raven endlich erreichte. Der junge Alchemist stieg von seinem Reittier, einem Widder, herunter. Ihre Pferde hatten sie in der kleinen Wüstenhafenstadt zurücklassen müssen, da sie der Kälte unmöglich getrotzt hätten. „Ryan. Du bist groß geworden“, sagte Raven zu ihm und wuschelte dem Jungen durch die Haare, während dieser nach Atem rang. Das Laufen hatte ihn sehr angestrengt. „Du solltest in dieser Kälte nicht so sehr rennen, Ryan. Ich will nicht, dass meine Schwester dich ausschimpft, wenn du krank bist“, sprach er weiter. Ryan fand sich nach einer Weile wieder und sah nun zu Raven auf. Der Junge umarmte ihn stürmisch und Raven schloss ihn in die Arme. „Ich hab dich vermisst, Onkel. Mama hat in letzter Zeit oft an dich gedacht“, erklärte er dem 23 – Jährigen. „Wie geht es deinem Vater?“, fragte er ihn und ließ Ryan wieder los. „Papa ist mit Onkel Henry und Felix auf Robbenjagd“, erklärte er ihm breit. „Bis auf Nico sind alle auf der Jagd“, fügte er noch schnell hinzu. Erst jetzt fiel Ryans Blick auf die anderen Neuankömmlinge. „Wer ist das?“, fragte er laut und die vier Gefährten stellten sich einer nach den anderen vor. Ryan nickte. „Ich bin Ryan, einer von Ravens Neffen“, erklärte er. Der Junge drehte sich um. „Wir sollten langsam nach Hause gehen, Onkel. Die anderen werden sich freuen dich zu sehen“. Raven lächelte und stieg wieder auf seinen Widder. „Dann weiße uns den Weg, Ryan“, sagte Efal nun laut, denn er wollte nicht, dass die beiden erneut ein Gespräch begannen. Der 9 – Jährige grinste breit und führte sie zu ihm nach Hause. Das Dorf in dem Raven aufgewachsenen war, passte perfekt in das Bild der Tundralandschaft. Insgesamt zwei Dutzend Iglus standen in einem Kreis um eine große Feuerstelle herum. An jedem Haus lehnte ein Stapel Holz. Naminé wunderte sich, woher sie in dieser Landschaft das Holz hatten. Einige Menschen wuselten zwischen den Häusern hin und her und unterbrachen ihren Arbeiten erst, als sie Raven und die anderen sahen. Eine Frau, die um die Vierzig sein musste, rannte aufgeregt auf sie zu. „Ryan!“, rief sie und noch einige andere Worte, die Efal und der Rest nicht verstanden. Es musste sich wohl um ihre Heimatsprache handeln. Raven gab den Vier ein Zeichen zu warten und ritt zu Ryan, der mit der Frau diskutierte. Als sie Raven sah, erstarb das Gespräch und sie sah ihn entgeistert an. Vorsichtig stieg er von dem Widderrücken ab und trat neben seinen Neffen. Die Frau ging auf ihm zu. Raven sagte etwas zu ihr, worauf sie ihre Miene wütend verzerrte, ihre rechte Hand hob und ihn eine Ohrfeige verpasste. „Idiot!“, schrie sie ihn wütend an und redete weiter auf ihm ein. Raven blieb seelenruhig stehen und ließ er über sich ergehen. Als die Frau geendet hatte, schloss sie Raven plötzlich in die Arme und lachte laut. Sias blinzelte. „Versteht ihr das?“, fragte er und beobachtete Raven und die Frau weiter, die nun auf sie zugingen. Als die beiden ankamen, stellte Raven sie als seine Schwester Britta vor. „Tut mir leid, dass ihr das mit Ansehen musstet“, sagte sie zu ihnen und nickten jedem zu. „Ich musste meinen Gefühlen freien Lauf lassen“. Britta hatte kinnlange schneeweiße Haare und freundliche blaue Augen. Sie trug einen braunen Mantel, der mit Schafsfell gefüllt war, der sie vor der Kälte schützen sollte. „Das verstehen wir“, antwortet Efal für alle. Britta lächelte leicht. „Los kommt! Ich bringe euch in mein Haus. Hier draußen ist es viel zu kalt, um zu reden“, sagte sie und ging zurück zu dem Dorf, ohne auf eine Antwort zuwarten. Naminé staunte nicht schlecht, als sie den Iglu betraten. Es war sehr warm und angenehm, als sie es betraten. In der Mitte des Raumes war eine Kochstelle, um die einige Sitzkissen aus Wolle lagen. Überall gab es Nischen, in denen man schlafen konnte und diese waren mit mehreren Lagen Decken belegt. „Ihr könnt hier ruhig schlafen. Mein Mann und meine älteren Kinder sind auf der Jagd, es ist also Platz genug da“, sagte sie zu ihnen, als sie Techis misstrauischen Blick sah. Britta setzte sich auf eines der Kissen, nahe der Kochstelle und begann mit einem Löffeln darin zu rühren. „Kommt setzt euch!“, sagte sie, als alle zögerlich stehen blieben. Raven und Ryan saßen bereits und der Alchemist sah seine Freunde aufmuntern an. Sie setzen sich dann alle nach einer Weile auf eines der Kissen. Zwei blieben übrig. „Sagt mal … wie viele Kinder habt ihr überhaupt?“, fragte Techi sie unverfroren und streckte ihre Hände dem Feuer entgegen. Die anderen machte es ihr nach. Britta hörte auf zu rühren und legte den Kopf leicht schief, bevor sie leise zu zählen begann. „Mit Ryan, Elisa und Hanna sind es … sieben“, sagte sie Stolz zu der Magierin. „Ihr seid 9 Personen in diesem kleinen Ding!“, sprach Techi entsetzt zu ihr und sah sich in dem Iglu um. Britta überhörte ihren Tonfall und nickte. „Ja. Außerdem habe ich auch 8 Neffen, 10 Nichten. Außer Raven hat eigentlich jeder meiner Familie mindestens 2 Kinder“, sagte sie und warf ihrem Bruder einen listigen Blick zu. „Amalia ist immer noch nicht verheiratet, Raven. Ihr beide wärt so ein süßes Paar“, schwärmte sie und seufzte. Raven winkte ab. „Nein, danke, Schwester“. Britta schüttelte den Kopf und kümmerte sich weiter um das Essen. „Ach Raven! Lass doch das Reisen und bleib hier!“. Der 23 – Jährige wehrte erneut an. „Nein, Britta. Hier ist es mir zu … eintönig“. Plötzlich wurde die Tür des Iglus aufgerissen und jemand kroch durch den Eingang. „Wo ist der Taugenichts! Ich bring ihn um!“, rief ein alter Mann im guten Alter von 71 – Jahren laut und stand auf, als er den Eingang verlassen hatte. Seine Knochen knacksten und Naminé vermutete, das der Alte diesen Weg nicht mehr so oft auf sich nahm. Ravens Kopf drehte sich zu dem alten Mann. „Oh … guten Tag, Vater“, sagte er und lächelte unschuldig. Sein Vater fixierte ihn aus graublauen Augen wütend. Er hatte einen langen weißen Bart, der ihm bis zum Bauchnabel ging. Auf seinem Kopf hatte er eine Halbglatze. „Guten Tag? Guten Tag?! Das kannst du dir sonst wohin stecken!“, sagte er wütend zu ihm und ging nun auf seinem jüngsten Sohn zu. „Papa!“, ermahnte Britta ihn und funkelte ihn an. „Es sind Gäste in meinem Haus“, sagte sie und lächelte breit, doch dieses Lächeln glich mehr einer Drohung. „Die sollen ruhig mitbekommen, was das für ein Taugenichts ist!“. Raven seufzte und stand auf. Er streckte seinem Vater die rechte Hand entgegen. „Frieden?“, fragte er ihn und Naminé sah ihm an, das ihm dieser Schritt alle Mühe kostete. Sein Vater beäugte ihn, bevor er ihn in seine Hand spuckte und ihm den Rücken zu drehte. „Du verschwindest am besten wieder, so schnell, wie du gekommen bist!“, sagte er zu ihm und verließ dass Iglu wieder. Britta sah ihrem Vater entsetzt nach. Raven zuckte leicht mit den Mundwinkeln und wischte sich seine Hand an seinem Mantel ab. „ Er hat es also nicht vergessen?“, fragte er seine ältere Schwester. Diese nickte stumm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)