Summer Days von Morwen (Genesis x Sephiroth) ================================================================================ Summer Days ----------- Genesis langweilte sich. Einen Grashalm zwischen den Lippen, das Kinn in die Hände gestützt, lag er bäuchlings auf dem frisch gemähten Rasen des ShinRa-Sportplatzes und beobachtete die Insekten, die vor ihm durch das Gras krabbelten. Es war ein schwüler, spätsommerlicher Freitagnachmittag und der Junge hatte ausnahmsweise mal keine Hausaufgaben übers Wochenende aufbekommen. Sein bester Freund Angeal war irgendwo in die Slums von Midgar auf Mission geschickt worden und vermutlich noch bis zum Einbruch der Nacht unterwegs, so dass Genesis auch von dieser Seite her keine Abwechslung erwarten durfte. Natürlich waren da noch die ganzen anderen Third Class SOLDIER aus ihrer Klasse, doch Genesis hatte kein Verlangen, sich mit ihnen abzugeben. Er und Angeal waren ihnen sowohl was Intelligenz als auch Stärke betraf weit voraus, und wer nicht mit ihrem Niveau mithalten konnte, mit dem wollte Genesis auch nichts zu tun haben. Mochten sie doch hinter seinem Rücken tuscheln und sich über seine Arroganz ärgern – es war ihm egal. Genesis hatte Angeal, das reichte ihm. ... und dann war da noch Sephiroth. Der Junge gähnte und rollte sich dann auf den Rücken, wobei er den Kopf auf die verschränkten Arme bettete. Während er zum wolkenlosen, blauen Himmel hinaufsah, überlegte er, ob Sephiroth sich wohl auch gerade langweilte. So wirklich konnte er sich das allerdings nicht vorstellen. Der silberhaarige Junge gehörte nicht zu den Menschen, die sich so sinnlosen und wundervollen Beschäftigungen wie dem absoluten Nichtstun hingaben. Er war immer unterwegs und hatte immer irgendetwas zu tun – und sei es nur, Modell für die Fotos der nächsten SOLDIER-Werbebroschüre zu stehen. Genesis musste bei dem Gedanken daran leise kichern. Er erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem der andere Junge an solch einem Fotoshooting hatte teilnehmen müssen. Sephiroth war nicht sonderlich begeistert gewesen von der Vorstellung, vor der Kamera zu posieren, und als dann auch noch alle möglichen Leute anfingen, ihn anzufassen und irgendwelche Sachen in seine Haare zu sprayen, wäre ihm fast der Geduldsfaden gerissen. Zum Glück war das Schwert, mit dem er damals verschiedene Kampfposen einnehmen sollte, nur eine Attrappe gewesen, sonst hätte die ganze Angelegenheit wahrscheinlich noch blutig geendet. Genesis grinste, als er sich an Sephiroths trotzige Miene zurückerinnerte. Obwohl er das Aushängeschild von SOLDIER war, hing der andere Junge sehr an der Ruhe und Abgeschiedenheit seiner Räumlichkeiten... und generell aller Orte, an denen sich keine anderen Menschen aufhielten. Dabei war es nicht so, dass er Menschen hasste – er bevorzugte es nur, allein zu sein. Und in der Beziehung waren sie sich gar nicht mal so unähnlich. Sicher, Genesis schien auf den ersten Blick das komplette Gegenteil zu sein. Er liebte es, die Blicke aller auf sich zu ziehen, und genoss es, wenn seine Lehrerinnen, die Sekretärinnen oder gar seine eigenen Mitschüler ihm sagten, was für ein hübscher und kluger Junge er doch wäre. Doch trotz aller Bewunderung achtete er immer darauf, dass andere ihm nie wirklich zu nahe kamen. Nicht, weil er keinen Spaß mit ihnen hätte haben können, sondern weil er einfach kein Bedürfnis nach engeren Freundschaften hatte. Stattdessen galt der Großteil seines Interesses einzig und allein Sephiroth – dem einzigen von ihnen, der ihn nie eines Blickes gewürdigt hatte. Anfangs war es wie ein Spiel für ihn gewesen, die Aufmerksamkeit des anderen Jungen zu erringen, der alles und jeden um sich herum auf Abstand hielt. Doch mit der Zeit war dieses „Hobby“ zu einer Obsession geworden. Die Welt könnte ihm zu Füßen liegen, doch alles, was Genesis sich wünschte, war, dass Sephiroth ihm vertraute und sich ihm gegenüber öffnete. Er allein wollte derjenige sein, der dem silberhaarigen Jungen, den jeder bewunderte – und doch keiner wirklich kannte – am nächsten stand. Gedankenverloren schloss er die Augen. Er konnte nicht einmal sagen, woran es lag, und wieso es ausgerechnet der stets zurückhaltende, kühle Wunderknabe von ShinRa war, nach dessen Freundschaft er sich sehnte. Für gewöhnlich war Genesis alles andere als beharrlich, und wenn ihm etwas nach mehreren Anläufen nicht gelang, verlor er meistens das Interesse daran. Doch Sephiroth... nun, mit ihm war es irgendwie anders. Schon seit fast zwei Jahren – seit dem Tag, an dem er und Angeal SOLDIER beigetreten waren – tat Genesis alles, um dem anderen Jungen näher zu kommen. Es sollte die größte Herausforderung werden, der er sich je gestellt hatte. Obwohl er schon auf Dutzende von Missionen geschickt worden war und Hunderte von Gefechten ausgetragen hatte, kam doch nichts davon auch nur annähernd an die Mühe heran, die es ihn kostete, Sephiroths Vertrauen zu erlangen. Auch wenn er nicht behaupten konnte, dass sich diese Mühe in den letzten Jahren nicht auch gelohnt hätte... Hatte der andere Junge ihn anfangs noch gänzlich ignoriert, so hatte Genesis ihn nach ein paar Monaten hartnäckigen Ansprechens bereits so weit gehabt, dass er ihn grüßte oder ihm doch zumindest kurz zunickte, wenn sie sich über den Weg liefen. Zwei weitere Monate später hatten sie sich zum ersten Mal außerhalb des Unterrichts getroffen, weil Genesis dem anderen seine Lieblingsstellen aus „Loveless“ vorlesen wollte. Ob Sephiroth sich damals zu diesem Treffen bereit erklärte hatte, weil er sich tatsächlich für das Stück interessierte, oder weil er zu höflich gewesen war, um abzulehnen, wusste Genesis bis heute nicht. Doch er hatte sich sehr über die Aufmerksamkeit gefreut, und es war der erste Schritt in Richtung einer Beziehung gewesen, die man „Freundschaft“ nennen konnte. Ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung trafen sie sich bereits regelmäßig nach dem Unterricht (meistens bei den Übungsräumen oder im Zimmer von Genesis und Angeal) und sprachen über ihren Alltag. Das hieß – Genesis sprach, und Sephiroth hörte zu. Manchmal erzählte der silberhaarige Junge auch von seinen eigenen Erlebnissen, doch meistens begnügte er sich mit der Rolle des Zuhörers. Er war ein guter Zuhörer und lauschte stets aufmerksam all den Dingen, von denen Genesis ihm erzählte. Dann, in seinem zweiten Jahr bei ShinRa, hatte Genesis zum ersten Mal auch eine andere, verletzliche Seite an dem sonst so ruhigen und gefassten Jungen erlebt. Sephiroth war an dem Tag wegen einer Routineuntersuchung bei Hojo im Labor gewesen, doch irgendetwas schien ihn dort so aufgebracht zu haben, dass seine Augen vor mühsam unterdrückter Tränen ganz rot gewesen waren, als er danach zu Genesis ins Zimmer kam. An dem Abend hatte Genesis zum ersten Mal geschwiegen und nur tröstend die Arme um den anderen Jungen gelegt, der das Gesicht an seine Schulter gepresst hatte, weil er nicht wollte, dass Genesis ihm in die Augen sah. Zwar hatte Sephiroth keinen Laut von sich gegeben, doch seine Schultern hatten gebebt und als er nach langer Zeit wieder den Kopf gehoben hatte, war Genesis' Pullover ganz feucht gewesen. Danach hatten sie beide lange nebeneinander gesessen und geschwiegen, doch irgendwie schien gerade dieses Schweigen Sephiroths Vertrauen in ihn gestärkt zu haben, denn von da an verbrachten sie noch mehr Zeit miteinander, als zuvor schon, und es kam immer öfter vor, dass der andere Junge auch von sich heraus Genesis nach einem Treffen fragte. Und obwohl Sephiroth mittlerweile auch Angeal in seiner Nähe akzeptierte, da dieser noch immer Genesis' bester Freund war und sehr viel Zeit mit ihnen verbrachte, war die Beziehung zwischen ihm und Genesis etwas einzigartiges, und es war noch nicht abzusehen, wie sie sich weiter entwickeln würde. Auch wenn sich ihnen vor ein paar Wochen ein neuer, unbekannter, aber nichtsdestotrotz aufregender Weg eröffnet hatte... Genesis öffnete träge die Augen, als er hörte, wie sich ihm über den Rasen hinweg jemand näherte. Er musste nicht den Kopf heben, um zu wissen, wer es war, doch er konnte es sich auch nicht verkneifen, zur Seite zu blicken und die schlanke, silberhaarige Gestalt zu bewundern, die ohne Hast auf ihn zuschritt und schließlich neben ihm im Gras niederkniete. „Mmh...“, machte Genesis und gähnte herzhaft, bevor er Sephiroth ein katzenhaftes Lächeln schenkte. „Sag bloß, du hast mich vermisst.“ Der andere Junge erwiderte nichts, doch Genesis sah, wie seine grünen Augen spöttisch aufblitzten. Der rothaarige Junge streckte eine Hand aus und strich sacht durch die langen, silbernen Strähnen. Sephiroth mochte es für gewöhnlich nicht besonders, wenn man seine Haare anfasste, doch er machte auch keine Anstalten, vor seinen Berührungen zurückzuweichen. Ruhig wartete er, während Genesis' Hand langsam höher glitt, bis sie schließlich sein Gesicht erreichte und es vorsichtig betastete – die glatte, blasse Stirn, die schmalen, silbernen Augenbrauen, die gerade Nase, die hohen Wangenknochen und schließlich... Genesis hob nun auch den zweiten Arm, um sanft mit beiden Händen Sephiroths Gesicht zu umfassen und ihn zu sich hinunterzuziehen. Einen winzigen Moment lang zögerte er, dann schloss er die Augen, als sich ihre Lippen trafen. Es war zwar nicht ihr erster Kuss, doch wie auch bei den letzten Malen blieb Sephiroth völlig reglos, so dass Genesis es nicht wagte, den Kuss weiter zu vertiefen. Stattdessen begnügte er sich mit dem Gefühl der warmen, samtenen Lippen auf seinem Mund, und damit, mit den Daumen über die Wangen des anderen Jungen zu streicheln. Wie immer konnte er sein Glück kaum fassen, dass er – und nur er! – dieses perfekte Geschöpf küssen durfte, und wie auch bei den letzten Malen löste dieser Gedanke ein warmes Kribbeln in seiner Bauchgegend aus. Wohl wissend, dass für Sephiroth diese Art der Nähe noch ungewohnt war, zählte Genesis innerlich langsam bis zehn, dann gab er ihn mit leisem Seufzen wieder frei. Und fast im gleichen Moment zog sich der andere wieder zurück und setzte sich ein paar Meter entfernt neben ihn ins Gras. Doch Genesis störte sich nicht an Sephiroths zurückhaltender Art. Er war froh, dass er es bei diesem engelsgleichen und zugleich so unberechenbaren Wesen überhaupt so weit geschafft hatte, dass es ihm erlaubt war, es zu küssen. Er wusste nicht, ob Sephiroth sich darüber im Klaren war, was ein Kuss bedeutete, und ob er überhaupt etwas dabei empfand, wenn sich ihre Lippen berührten. Doch Genesis war zuversichtlich, dass er – wenn er nur geduldig genug blieb – ihm irgendwann die Gefühle, die dahinter steckten, würde beibringen können. Und vielleicht, nur vielleicht, würde der andere Junge eines Tages seinen Kuss erwidern. Es konnte noch Monate dauern, vielleicht sogar Jahre, bis es endlich so weit war. Doch Genesis würde warten, wie er auch zuvor schon gewartet hatte... und er nahm sich fest vor, stets an Sephiroths Seite zu bleiben, was auch geschah. ~ Ende ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)