Besessen von dir von Namika ([Marcus Flint x Oliver Wood]) ================================================================================ Kapitel 1: Hass --------------- Es war keine Liebe. Natürlich war es keine Liebe. Es war so weit von Liebe entfernt, wie eine Emotion nur sein konnte. Ich war so voller Hass – denn genau das war es; tiefer und purer Hass - , dass ich glaubte, jeden Moment übersprudeln zu müssen. Wie das wohl aussehen würde? Knallroter Rauch, der langsam, aber gefährlich aus meiner Nase und meinem Mund quoll? Nein, rot war falsch. Rot war Liebe. Vielleicht war der Rauch auch giftgrün. Vielleicht würde ich auch giftgrüne Fontänen speien, wenn ich letztendlich platzte vor lauter Hass. Wahrscheinlich aber machte mich dieser Hass schon so verrückt, dass langsam die Fasntasie mit mir durchging. „Weißt du, was das Problem ist, Oliver?“, hatte Lee gesagt. Natürlich wusste ich, wo das Problem lag. „Wir trainieren nicht hart genug. Das liegt an den Prüfungen. Wenn die nicht...“ Er hatte gelächelt. Wie man über naive Kinder lächelte, die wach blieben, um dem Weihnachtsmann eine Falle zu stellen. „Das Problem ist, dass man von Hass genauso besessen sein kann wie von Liebe. Vielleicht schlimmer. Deshalb kannst du das nicht unterscheiden.“ Ich war darauf nicht eingegangen. Warum auch? Lee (aber nur, wenn er ohne sein beiden ständigen Begleiter, den Zwillingen, auftauchte) stellte ständig solche abstrusen Behauptungen auf. Er war es auch gewesen, der mir eines Tages aus heiterem Himmel gesagt hatte, ich würde übermäßigen Ehrgeiz, was Quidditch anging, entwickeln, weil diese Sportart das Einzige war, was meine Eltern einte, und ich glaubte, sie so beeindrucken zu müssen. Unnötig zu erwähnen, dass Lee meine Eltern noch nie getroffen hat und ich sie auch nie erwähnt hatte. Ausgemachter Blödsinn eben. Mir machte Quidditch und meine Position als Hüter Spaß, das war das Ende dessen, was es darüber zu sagen gab. Auch diesmal machte Lees Behauptung keinen Sinn. Natürlich wussten wir beide, wen er meinte, wenn er von Hass sprach. Wahrscheinlich wusste die halbe – wenn nicht die ganze – Schule, wer gemeint war, wenn es um mich und Hass ging. Marcus Flint. Ein paar Zweitklässler auf dem Weg zu ihren Schlafsäälen, die mir entgegen kamen, zuckten erschrocken zusammen, als sich mein Gesichtsausdruck alleine beim Denken dieses Namens erheblich verfinsterte. Normalerweise war ich relativ friedlich, doch er war die einzige Person, die ich wirklich hasste. Er ließ mich Gift und Galle spucken. Jeder, der der Meinung war, Liebe – ganz gleich, in welcher Form – sei die intensivste aller Emotionen, lag falsch. Schlicht unf ergreifend falsch. Das sanfte, verliebte Flattern im Bauch war nichts gegen die krampfartige Wut im Magen, die hinaus wollte und sich bis in deine Kehle hochätzte. Das leichte Erröten der Wangen vor Verlegenheit war nichts gegen den knallroten Kopf und die Hitze in deinem Gesicht, die dich wortwörtlich kochen ließ. Die leichte Verwirrung war nichts gegen die absolute Orientierungslosigkeit, wenn du vor lauter Hass den Fokus verloren und vergessen hast, wo du dich befindest und was du gerade tust. (Letzteres führte übrigens in regelmäßigen Abständen zu Stafarbeiten für beide Konfliktparteien. Immerhin etwas Gerechtigkeit gab es noch in der Welt.) Deshalb verstand ich nicht, wie Lee glauben konnte, ich würde diese beiden Emotionen verwechseln. Ich war durchaus schon verliebt gewesen. In meinem dritten Jahr hatte ich eine kleine Schwärmerei für Angelina gehabt und im fünften Schuljahr hatte ich sogar eine Freundin. Dabei hatte ich dann gleich die Lektion gelernt, dass Fernbeziehungen mit Muggelmädchen nicht funktionieren konnten. Entgegen der Meinung der Verliebten reichten die Ferien eben doch nicht aus. Aber das war ein anderes Thema. Tatsächlich war Lees leere Behauptung nicht das wahre Problem. (Denn, um ehrlich zu sein, Lee war sowieso ein Fall für sich. Es würde nicht einmal etwas passieren, falls er entscheiden sollte, nun in die Welt zu setzen, ich sei in Marcus Flint verknallt – an diesem Punkt verfinsterte sich mein Gesicht erneut, diesmal sah es allerdings niemand. Niemand hörte Lee wirklich zu. Er erzählte ständig irgendwelchen Unsinn. Dass man Draco Malfoy und Ron Weasley nicht in einen Raum sperren sollte, falls man sie nicht verkuppeln wollte. Wenn man mich fragte, wäre eine Leiche das Ergebnis des Tests. Ob Ron oder Malfoy ihn nicht überstehen würden, blieb mal dahin gestellt. Außerdem behauptete Lee nun schon seit einer Weile, irgendsoein Slytherin, dessen Namen ich mir nicht gemerkt hatte, hatte eigentlich eine tolle Persönlichkeit und er würde ihn gerne näher kennen lernen würden. Und seit Jahren war er sich sicher, dass Fred und George einander heiraten würden, wenn sie nur könnten. Lee war also als nicht ganz zurechnungsfähig einzustufen.) Das wahre Problem und der Grund für meine schlechte Laune im Moment war logischerweise Mister Arschloch persönlich, Marcus Flint. Wir hatten eine relativ normale Feindschaft. Versuchten uns im Quidditch zu übertrumpfen und warfen uns Beleidigungen an den Kopf, wann immer es ging. Ich dabei immer etwas kinderschutzfreundlicher als er, aber was wollte man von einem Slytherin erwarten. Es hatte sogar gut getan, alle Frustrationen auf ihm abzuladen. Dass ich dafür auch seine abbekam, war ein unwillkommener, aber erwarteter Nebeneffekt. Doch gab es kein schlimmeres Gefühl, als jemanden zu hassen, dem man plötzlich egal geworden war. Der Hass verpuffte in der Luft und fand kein Ziel mehr. Ich blieb also darauf sitzen und wurde von Minute zu Minute frustrierter. Seit ein paar Tagen hatte Flint beschlossen, dass ich seiner Zeit nicht mehr wert sei. Also ignorierte er mich. An sich ein ungewohntes Gefühl, machte er doch immer den Anfang. Aber ich hatte mir nichts daraus gemacht und ihn stattdessen als Erster beleidigt. Schließlich verließ man sich auf eine gewisse Routine im Leben, richtig? Tja, meine hatte sich verabschiedet, denn mehr als ein paar abfällige Worte bekam ich aus Flint nicht mehr heraus. Ich konnte ihn beschimpfen, wie ich wollte, sogar mit körperlichen Angriffen drohen, mehr sagte er nicht mehr. Und das, obwohl wir beide wussten, dass ich ihm zumindest körperlich unterlegen war. Bisher hatten wir beide immer gleich viel Energie darauf verwandt, einander zu hassen. Ich wusste nicht, was Flint mit seinem Hass anstellte – oder, wie er ihn einfach abgeschaltet hatte. Und es machte mich rasend. Wie nicht bestellt und trotzdem gekommen, also passend zu meinen Gedanken, kam mir Flint gerade in diesem Moment entgegen. Ich hatte ihn nicht bemerkt, weil ich während des Gehens grimmig auf meine Schuhe gestarrt hatte, die nasse Abdrücke auf dem Steinboden hinterließen. Quidditchtraining musste zu jeder Zeit sein, auch wenn man dabei alleine war und es wie aus Strömen goss. Wenigstens das nahm etwas von dem Druck, der sich in meinem Inneren aufstaute. Ich hatte allerdings aufgesehen, als ich Schritte in dem ansonsten eher abgelegenen Korridor gehört hatte. Mein Blick fand sofort Flints, doch er verdrehte nur abfällig die Augen und wollte an mir vorbei gehen. Ich jedoch war so voller Wut, dass ich mich ihm einfach in den Weg stellte. Er starrte mich mehr genervt als wütend an, was mich widerum beinahe überkochen ließ. Ich nahm den Besen von meiner Schulter und streckte ihn seitlich von mir weg, so dass nun der komplette Gang versperrt war. „Wood“, knurrte Flint leise und machte eine ruckartige Kopfbewegung, die mir bedeutete, sofort aus dem Weg zu gehen. Nur, dass ich nichts dergleichen vorhatte. „Flint“, erwiderte ich ungleich lauter und energischer. Er verschränkte die Arme und tat einen halben Schritt zurück. Noch etwas, das neu war. Noch vor einer Woche hätte Flint sich lieber in Höhe der Quidditchringe vom Besen gestürzt, als einen Schritt zurück zu machen. Und er hatte keine Angst davor gehabt, mir körperlich zu nahe zu kommen. (Was einige Narben, die wir beide trugen, eindrucksvoll beweisen konnten.) „Was willst du?“, fragte er. Ganz ohne Beleidigung. Nur ein leicht abfälliger Ton, aber mittlerweile bezweifelte ich ernsthaft, dass seine Stimme anders klingen konnte. „Ich will...“, begann ich, unterbrach mich dann aber. Ja, was wollte ich eigentlich? Meine gute, alte Feindschaft zurück. Ein Ziel für meinen Hass. Ein Ziel, an dem ich all meine Wut auf mich, die Welt und andere auslassen konnte. Das war immer ziemlich praktisch geworden. „Was hast du für ein Problem?“, fragte ich provokant zurück, anstatt seine Frage zu beantworten. Er zog die Augenbrauen zusammen. Normalerweise ein sicheres Zeichen für ein nahendes Donnerwetter, aber offenbar versuchte er sich stark zusammen zu reißen. Das verwunderte mich. Die alte Abscheu mir gegenüber war also noch da, aber er unterdrückte sie. Warum? „Da du derjenige bist, der wie ein nasser Hund trieft – und im Übrigen auch riecht – und irgendwelche Gänge versperrst, würde ich sagen, du hast hier das Problem. Zu deinem Pech interessiert mich das nicht mehr als der Klatsch der Hufflepuff-Erstklässler. Weniger als gar nicht also. Ich würde also vorschlagen, du gehst hübsch brav zur Seite und niemandem passiert etwas. Mir passiert sowieso nichts, aber bei dir wäre ich mir da nicht so sicher.“ Ich hätte beinahe triumphierend aufgelacht. So gefiel mir das! Das war schon viel mehr der alte Flint, den ich kannte und hasste. „Na also, geht doch“, konnte ich es mir nicht verkneifen, zu sagen. „Und ich dachte schon, du hättest da unten im Kerker zu viele Zaubertrankdämpfe eingeatmet.“ Sein Unterkiefer spannte sich an. „Verstehe ich dich gerade richtig, Wood?“ Er sprach langsam, als wäre ich geistig behindert oder zurückgeblieben. „Dich stört es, wenn man dich nicht mehr wie einen Fußabtreter behandelt, sondern einfach ignoriert?“ „Ja! Nein. Ich meine, was meinst du? Nein, natürlich will ich nicht so behandelt werden.“ Er hob eine Augenbraue auf meinen relativ sinnlosen Ausbruch. „Das ist nicht dein Ernst. So bescheuert kannst nicht mal du sein“, erwiderte er beinahe amüsiert. Auf kalte und sadistische Art amüsiert, selbstverständlich. Ich dachte einen Moment nach und starrte ihn dabei angestrengt an. Er regte sich kein Stück. „Jetzt weiß ich es“, verkündete ich schließlich. „Du hast endlich eingesehen, dass ich nicht nur im Quidditch, sondern in jedem nur denkbaren Bereich um Welten besser bin als du.“ Sein Unterkiefer spannte sich weiter an und seine normalerweise grünen Augen verdunkelten sich so sehr, dass sie beinahe schwarz waren. Ich war dabei eine Grenze zu übertreten, die mich vorher immer ausgebremst hatte. Aus einem guten Grund. „Du hast Angst vor mir, Marcus.“ Es ging alles ziemlich schnell. Nur einen Augenblick später spürte ich, wie seine Hand grob an meinen noch immer nassen Haaren riss. Die andere schubste mich an der Schulter, so dass ich hart gegen die Steinmauer knallte. Wie er mich zur Seite gedreht hatte, hatte ich nicht einmal mitbekommen. Bevor mein Hinterkopf eine Chance hatte, sich von dem harten Aufprall zu erholen, war er direkt vor mir und drückte mich jetzt mit beiden Händen kräftig gegen die Mauer, deren Unebenheiten sich schmerzhaft in meinen Rücken bohrten. Ich konnte nicht anders, als in diesem Moment erschrocken aufzuwimmern. „Scheiße“, flüsterte ich und hob den Kopf etwas, um ihn ansehen zu können. Seine Augen waren jetzt komplett schwarz. „Richtig erkannt, Gryffindor-Abschaum. Scheiße. Für dich.“ Er hob eine seiner Hände und hielt mein Kinn in Position, so dass ich nicht mehr wegsehen konnte. Seine Augen waren voller Hass für mich und ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass ich nicht wenigstens das etwas genoss. „Du hast es nicht anders gewollt, du Idiot.“ Und schon spürte ich seinen Mund auf meinem. Genau genommen presste er seine Lippen so heftig gegen meine, dass mein Kopf ein zweites Mal mit der Mauer Bekanntschaft machte. Mir wurde schwindelig und ich schrie leise auf, als er mich so heftig biss, dass ich augenblicklich zu bluten begann. Bevor ich reagieren konnte, spürte ich, wie seine Zunge das Blut wegleckte und er sich kurz darauf wieder von mir löste. Für einen Moment starrten wir uns erneut in die Augen. Er hasserfüllt, ich erschrocken. Flint ließ mich los und ich stellte mich gerade hin. Der Schwindel in meinem Kopf erschwerte das Nachdenken darüber, was gerade passiert war, ziemlich. „Du hast es nicht anders gewollt“, wiederholte Flint. Mit einer Hand schubste er mich nun zum dritten Mal gegen die Mauer, dann entfernte er sich endgültig von mir. Mit einem letzten, verachtenden Blick verließ er die Stätte des Geschehens. Natürlich nicht, ohne meinem Besen, der irgendwann im Laufe des Vorgangs zu Boden gefallen ware, einen kräftigen Tritt zu verpassen. Erschrocken, schwer atmend, mit schmerzendem Kopf, schmerzender Lippe und starkem Schwindel blieb ich zurück. Doch jetzt wusste ich, was passierte, wenn nicht ich, sondern er vor Hass platzte. Und der Druck in meinem Inneren war wie weggeblasen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)