Midsummernight-Princess von RhapsodosGenesis (Eine Dunkelheit im Herzen) ================================================================================ Kapitel 42: Mit vereinter Kraft ------------------------------- Diejenigen, die arg damit beschäftigt waren, Terras Leben zu retten, ließen sich vom Erwachen des Kapitäns nicht stören. Sie arbeiteten hart an ihrer Aufgabe weiter. Die anderen, die anwesend waren, scharten sich allerdings um ihren verlorenen König. Zherenh ging ebenfalls auf ihn zu – dicht gefolgt von Orb und Gardam. „Kyrion – Ihr seid wach“, stellte Zherenh sichtlich erleichtert fest. Er saß aufgelöst auf seiner Matte. Mit den Händen stützte er sich auf. Doch stumme Tränen flossen weiterhin aus seinen azurblauen Augen. Langsam erhob er sich. Während er dies tat, strich er sich langsam mit einem Ärmel über das Gesicht. Als das Gewand dieses verließ, erkannte man keine Salzspur mehr. Gar nichts von seinen vorherigen Gefühlsregungen. Er wirkte beinahe kalt. Gefühllos. „Kyrion, was ist geschehen?“, wollte sie wissen, als er sie ansah. Er verzog den Mund zu einer Art erzwungenen Lächelns. „Yurai und Mirai werden zurückkehren.“ Ah, also hatte er Yurai erreichen können. Aber … Mirai war doch tot … War doch nicht das der Grund für das Wegbleiben der Fee? „Mirai scheint verstorben zu sein“, wandte Gardam leicht verwirrt ein, „Sie regt sich nicht.“ „Ihr habt ihren Körper gefunden?“, schloss Kyrion daraus. Er schüttelte den Kopf. „Wo ist Terra?“ … Er hatte wirklich nichts mitbekommen. Nichts von Kilass’ Aktion … „Terras Überleben ist nicht gesichert“, antwortete Orb anstatt ihr, „Sie …“ „Ihr wird es gut gehen …“, murmelte Azur leise. Etwas trat in seinen Blick. Eine Art Bedrücktheit … Was war dort passiert, wo er war? So einen Ausdruck … Er erinnerte sie an sich selbst. Jedes Mal … Immer wenn sie in den Spiegel geschaut hatte, nachdem sie zum Menschen geworden war … Immer wenn sie an ihn gedacht hatte … An Azuor … Es war dieser Ausdruck der Betrübtheit, der unendlichen Trauer des unüberbrückbaren Verlustes … Jemand, der noch nie etwas Derartiges erlebt hatte, konnte diesen Ausdruck vermutlich nicht erkennen. Oder zumindest nicht definieren … Was nur war mit ihm geschehen? „Ihr habt die Höhle untersucht?“, wollte er daraufhin entscheiden wissen. Der Ausdruck verschwand. Eine Härte – oder mehr eine Art Entschlossenheit – trat in seinen Blick, „Wir müssen warten, bis Yurai ebenfalls erwacht. Sie sollte bald nachkommen. Sie wird Mirai erwecken.“ Der Thronfolger erhob sich nun ganz. Er stand autoritär und herrisch wie immer da. Doch etwas fehlte ihm. Diese Freundlichkeit, die ihn sonst immer umgeben hatte. Dieses Einladende. Es war verschwunden. „Ist der Investitionstrupp bereits zurückgekehrt?“, wollte er betont wissen, „Oder nicht?“ Erst jetzt realisierte sie, dass ihm niemand geantwortet hatte. Orb und Gardam schienen auf ihre Antwort zu warten. „Die Höhle wurde auf magische Fallen hin untersucht. Nichts hat uns gefährdet. Ganondorfs Körper und Mirais Überreste haben wir entdeckt. Der Trupp selbst befindet sich noch in der Höhle. Wir warten auf Euren Befehl, was wir mit dem Fund tun sollten.“ Sie musste mit ihm sprechen … Er würde nicht vor seiner Mannschaft weich werden. Aber vielleicht vor ihr. Man sah ihm an, dass er etwas loswerden wollte. Dass ihn etwas arg bedrückte. Beinahe, als würde er etwas bereuen … Sie musste ihm helfen. Sie hatte es seinem Bruder versprochen … „Was gedenkt ihr mit Kilass zu tun?“, fragte Orb unvermittelt, „Immerhin hat er eine Mannschaftskameradin verletzt. Auch wenn sie keine Fee war – es soll nicht ungesühnt bleiben. Trotz des Versehens … Ohne sie wäre Yurai tot.“ Azurs Augen weiteten sich mit jedem Wort, das der andere Mann sprach. Idiot. Hatte er kein Feingefühl? Er hatte doch keine Ahnung, was Azur widerfahren war … Aber er konnte vermutlich nichts dafür. Er kannte diese Stimmung nicht. Wenn man jemanden verlor, den man gern hatte … „Terra“, hauchte Kyrion entsetzt, „Was ist mit ihr?“ Erst jetzt schaute er sich um – und sein Blick blieb am Mädchen am Boden hängen, welches verbunden und umsorgt wurde, aber keinerlei Regung von sich gab. Lediglich ihre Haut nahm immer mehr an Farbe ab. Schneller als sie je einen Mann hatte laufen sehen, kniete Kyrion neben Terra, als ihm Entari Platz machte. Zherenh folgte ihm erheblich langsamer. „Terra! Verdammt … Wieso …? Warum … Wie nur?“, flüsterte er ungläubig – und verzweifelt. „Wie nur!?“ Er wurde lauter. Plötzlich schaute er sich um. „Wie konnte das geschehen?!“ Sein Blick traf sie. Sie fühlte sich, als würden seine Augen sie durchbohren. Sie wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Kilass hervortrat. „Dies ist mein Werk“, gab er leise zu, „Terra hat sich vor Herrin Yurai geworfen …“ Kyrions Augen wurden noch ein Stück größer, dann atmete er entsetzt aus und drehte sich sofort zurück. „Yurai, verdammt! Wach auf! Wecke Mirai! Ihr könnt sie heilen! Ihr könnt es, ich weiß es! Ihr seid noch immer mächtig! Ihr könnt nicht beide sterben lassen!“ Er schrie in Richtung der Weißen Fee, welche noch immer am Bett lag. Niemand hatte es gewagt, sie zu bewegen. Man hatte geschaut, ob sie keine Verletzung davon getragen hatte. Nichts war gewesen – sie hatten sie liegen lassen. „Kyrion …“, murmelte Zherenh leise. „Verdammt! Wach auf! Sie hat sich für dich geopfert! Hilf ihr! Lass ihr Opfer nicht umsonst sein!“ Er klang wütend und verzweifelt. Was meinte er? Zherenh verstand einfach nicht, wovon er ausging … Er musste es erklären … Mit einem Mal erhob sich die Weiße Fee. Zwei prächtige, weiße Schwingen standen aus ihrem Köper ab. Federn zierten sie. Und Licht umgab sie. Die ganze Gestalt war in Licht getaucht. Der Raum wurde in Licht getaucht. Alles war erfüllt. Erfüllt von Licht … Dieser Geborgenheit des Lichtes … Licht … Trotz der strahlenden Helligkeit und des leuchtenden Glanzes vermochte Zherenh zu erkennen, wie die Weiße Fee ihre hellen Augen öffnete. Sie war zurück. Yurai war zurück! Sie würden wieder Feen werden können! Sie würden Terra heilen können! Langsam wandte die Fee ihren Kopf ihren Untertanen zu. Die Heiler ließen sich auch vom gleißenden Licht nicht davon abhalten, Terra zu helfen. Kyrion starrte die Fee an. Sein Gesicht war noch immer vor Wut verzerrt. Doch irgendetwas strahlte in seinen Augen. War es … Hoffnung …? Zherenh stand neben ihm. Ihr Blick fiel wieder auf die Weiße Fee, welche jetzt einen Arm hob. „Danke für Eure Mühe …“, erklang ihre weiche, sanfte Stimme, „Meine Schwester wird Dank Eurer Hilfe überleben …“ Sie lächelte. Dann wandte sie ihren Blick Kyrion zu. Die Blicke der beiden kreuzten sich für einen Moment. Doch Zherenh erschien dieser Moment ewig. Die Fee wirkte reumütig – als hätte sie etwas zu verschulden. Als wäre etwas geschehen, was sie gerne hätte rückgängig machen wollen … Und doch glänzte eine Freude in ihren Augen. Etwas, das auf Hoffnung für die Zukunft hindeutete. Plötzlich wurde das Licht von Dunkelheit durchdrungen. Zuerst war Zherenh erschrocken über den plötzlichen Lichtwechsel, dann fragte sie sich, ob Ganondorfs Nähe etwas damit zu tun hatte … Doch dann erkannte sie, dass dieser dunkle Nebel, der aufstieg, von Terra ausging. Auch diese hob plötzlich einen Arm, was die Heiler ein wenig zurückschrecken ließ. „Terra!“, rief Kyrion, wobei er den Blickkontakt zu Yurai durchbrach und sich rein auf das Mädchen vor ihm konzentrierte. Zherenh beugte sich ebenfalls über Terra, um zu sehen, was geschah. Und plötzlich schlug sie die Augen. Und in diesem Moment erfüllte sie eine unglaubliche Macht. Eine Macht, nach der sie sich schon lange wieder sehnte. Als ihre ein Paar Flügel aus dem Rücken wuchsen, erkannte sie, was Kyrion gemeint haben könnte. „Die Zwillingsfeen sind zurück“, erklärte Yurai hörbar lächelnd. Schwarzer Nebel umgab Link. Als sich der Nebel lichtete, verschwand er. Ilya war überrascht darüber. Wie hatte er das gemacht? Aber jetzt war es egal. Sie hatte etwas Wichtigeres zu tun. Sie blickte in das Gesicht der Frau, deren Kopf auf ihrem Schoß abgelagert war. Ilya wischte mit einem Handschuh über ihr Gesicht, um letzte Blutstropfen daraus entfernen zu können. Ein so schönes Gesicht … so verunstaltet von Schmerz und Blut … Schrecklich … Aber dieses Gesicht … hatte sie nicht auch Schreckliches getan? War es nicht sie, die sie aus dem Laden von Ordon genommen hatte? War es nicht sie, die sie zur Königin gemacht hatte? Sie … die sie gegen Link aufgehetzt hatte …? Warum hatte diese Frau es getan? Hasste sie sie so sehr? Oder hasste sie Link so sehr …? Ihr Blick fiel auf Zelda. Die Prinzessin hatte die Augen geschlossen. Das Zeichen auf ihrer Hand leuchtete strahlend hell. Sie hatte den Platz von Zelda eingenommen gehabt. Sie hatte ihre Leute befehligt … Sie hatte einen halben Krieg gegen Monster angezettelt … Sie hatte heiraten wollen … Ganondorf heiraten. Ganondorf, der so ein schlechter Mann gewesen war … Ganondorf, der … Die Krankenschwester, die sich zu ihnen gesellt hatte, bereitete den Körper der Frau so vor, dass man das Schwert entfernen konnte, um danach die Wunde entsprechend zu verbinden. „Macht euch keine Mühe …“, erklang plötzlich eine leise, aber feste Stimme. Ilya sah überrascht nach unten. Die Frau hatte die Augen aufgeschlagen. Rote, dämonische Augen. Doch sie wirkten schwach … glasig … „Wir lassen hier niemanden sterben, Frau Shan“, wies die Krankenschwester sie freundlich hin, „Einmal haben wir Euch bereits gerettet – da wird es wohl ein zweites Mal gelingen.“ Die Frau machte unbeirrt weiter. Shan … Das war also ihr Name … Ja, Ilya erinnerte sich … Sie glaubte, sie hätte sich einmal vorgestellt … An ihrem ersten Tag als Königin … „Ich verdiene den Tod“, setzte Shan hart durch, „Lasst es.“ Es klang befehlshaberisch … „Nein“, hörte Ilya sich selbst sagen, „Wir lassen niemanden sterben.“ Sie fing den überraschten Blick der Frau auf. Diesmal hatte sie die violetten Lippen zu einem Lächeln verzogen. „Seht bitte zu, dass Zelda sich meinetwegen nicht übernimmt“, bat Shan sie, „Mein Körper ist von Dunkelheit durchtränkt … Es könnte gefährlich für sie sein.“ Ilya schaute besorgt zu Zelda. Sie bemerkte, dass Umstehende das auch taten. „Nein, nein, Schätzchen – so geht das aber nicht.“ Erst jetzt sah sie Thelma darunter … Thelma … Sie hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. „Lass die Prinzessin ihr Ding durchziehen, sie weiß, was sie tut.“ „Ha“, machte Shan amüsiert, „Ihr scheint sie weniger gut zu kennen, als ich es tue … Sie hat ebenfalls diesen Heldendrang.“ „Ihr wart Links Begleiterin …“, stellte Ilya fest. Shan sah sie an. „Ihr seid Links Prinzessin“, erwiderte sie trocken. „Für das, dass Euch ein Schwert im Körper steckt, habt Ihr eine ziemlich spitze Zunge“, wandte ein Mädchen ein, dessen Haar blond war … Neben ihr stand eine alte Dame. War das nicht … Arithmeta? Und ihr Lehrmädchen? „Habe ich mich je angemessen für das Kleid bedankt?“, fragte Shan das Mädchen, das gesprochen hatte, „Ich denke nicht … Vielen Dank dafür … Es ist wunderbar …“ Sie lächelte ehrlich erfreut. Und plötzlich erkannte Ilya etwas. Egal, was diese Frau getan hatte … Sie war noch immer ein Mensch. Und sie durfte nicht einfach so sterben. Sie mussten alles daran setzen, sie zu retten. Sie würde ihre Strafe erhalten – im Leben. Sie hatte jeden betrogen. Alle getäuscht. Sogar Link. Und Link … Link machte sich aufrichtige Sorgen um sie. Sie hatte es gesehen. Sein Blick sprach Bände. Der Blick, dem er dieser Frau zuwandte … Wie unsicher er auch sein mochte – er liebte diese Frau. Und ihr Leben war ihm sehr viel wert. Es war jener Blick, mit dem er auch sie betrachtet hatte ... In ihrem Zimmer … Als er in einem Kleid gesteckt hatte … Bevor er aus dem Fenster … Sie wandte den Blick wieder zu Shan. Ilya wollte Link töten lassen. Auf Shans Geheiß hin. Doch sie … sie war es, die … „Hasst mich ruhig“, hörte sie Shan sagen, „Ich denke, Ihr habt das größte Recht dazu. Immerhin wart Ihr diejenige, die am meisten Leid erfahren musste … Ihr, Zelda und …“ Link. Sie wollte Link sagen. Link hatte sie als Freundin betrachtet – und sie verloren. Ilya wusste nicht, weshalb Shan es getan hatte. Ilya wusste gar nichts. Sie wusste nur, dass ihr Kindheitsfreund dadurch schwer verletzt wurde. Nicht körperlich. Aber seelisch. Es schmerzte ihn. Und er wollte Shan hier behalten. Er musste etwas in ihr sehen. Etwas, was es wert war, ihr Leben zu sichern. „Denkt nicht einmal daran, zu sterben!“, murrte Ilya daraufhin, „Wir werden Euch behandeln!“ Die Krankenschwester nickte zustimmend. Ihre Freundinnen kamen derweil mit verschiedenen Utensilien zurück. Shan lächelte erheitert. Und dann schloss sie die Augen. „Hey, bleibt!“, schalt Ilya sie. Doch sie wusste nicht, ob ihre Nachricht angekommen war. Sie schwebte im Dämmerlicht, nachdem sie einige Bilder aus der Vergangenheit dieser Frau erfahren hatte. „Ach, ihr Hyrulaner … Ihr seid so neugierig …“, grollte Shan leise, „Verschwindet aus meinem Körper. Ich möchte schlafen.“ Sie sah niemanden. War nur im Dämmerlicht. „Ich möchte Euch behalten“, erklang die sanfte Antwort der Prinzessin, „Ihr dürft nicht sterben.“ „Bei Ganondorf schient Ihr nicht so von Mitleid geprägt zu sein“, gab Shan scharf zurück. „Ihr habt eingesehen, dass Eure Taten falsch waren. Er hingegen …“ Die Prinzessin führte ihre Erörterung nicht weiter fort. „Könnt ihr mir nicht einfach meine Ruhe gönnen? Zwar habe ich lange genug Unfrieden gestiftet … Doch ich sehe ein, wenn ich verloren habe. Ich nehme den Preis auf mich.“ Zelda lächelte. „Mich freut Euer Mut, Shan … Hiermit ähnelt Ihr Eurer Schwester sehr.“ „Ihr hieltet mich zu Anfang doch auch für Midna“, erwiderte Shan angewindert. „Wie wahr. Der Fehler, der so vielen unterlaufen war, war auch der meine … Ich bitte Euch um Vergebung, Shan …“ Zelda verbeugte sich vor ihr – gedanklich. „Pah, darauf kann ich verzichten …“, murmelte Shan daraufhin ablehnend. „Seid Ihr gerade aufgewacht, um meiner Präsenz zu entfliehen?“, wollte Zelda von ihr wissen. „Ihr wisst es doch … Ich wäre schon längst nicht mehr am Leben, wenn …“ „Wenn Euch nicht immer jemand aufhalten würde“, beendete Zelda den Satz für sie. „Richtig. Ich will sterben“, sagte sie. „Wir haben versprochen, Euch am Leben zu erhalten“, wandte Zelda ein. „Menschen versprechen viele Dinge. Am Ende wird man nur enttäuscht. Lasst Eure Gutherzigkeit sein, Prinzessin Zelda“, riet Shan ihr, „Und lasst mich alleine …“ „Ich danke Euch, dass ich einen Teil Eurer Erinnerungen einsehen habe dürfen“, sagte Zelda danach, ohne auf Shans Worte einzugehen.“ „Ich danke Euch dafür, dass Ihr mich verlasst.“ Plötzlich schnitt sie eine dunkle Welle. Etwas, das nicht von Shan herrührte. Eine andere Macht … Ehe sie sich versah, war sie wieder in der wahren Welt. Draußen aus Shans Gedanken. Sie hielt die Hand der Frau noch immer fest. Die Hand war zur roten Rubinkette gewandert, die voller Blut war. Shans Hand lag lasch in ihrer Hand. Regungslos. Tot. Der Ring zog ihn mit seiner Magie an den Ort, den er sich ersehnt hatte. Die Höhle, die Shan ihm gezeigt hatte. Die Höhle, in der Terra scheinbar in Gefahr war. Die Höhle, in der Ganondorfs toter Körper lag … Die Höhle … in die Shan immer wieder zurückgekehrt war, um ihren Traum zu verwirklichen … „Wer bist du?“, fragte plötzlich eine Stimme hinter ihm, „Bist du etwa Ganondorfs Scherge?!“ Link wandte sich um. Ein großer Mann stand vor ihm. Flügel zierten seinen Rücken. Er wirkte missmutig. „Ich bin Link – aus Ordon“, stellte er sich vor. Der Mann machte große Augen. „Der Link aus Ordon?! Der Retter?!“ Link zuckte mit den Schultern. „Kennt Ihr ein Mädchen namens Terra? Ich habe gehört, sie wäre hier … und dass sie in Gefahr schwebte …“ „Terra? Na ja, Retro eben.“ … Was? Er schaute den Mann verständnislos an. Was war er überhaupt? Eine … Fee? Dabei erinnerte sich Link an die große Fee, die ihm einst begegnet war. Feen konnten also so groß werden wie dieser Mann … Aber … „Retro hieß doch Terra, oder?“, wollte der Mann wissen. Doch diesmal war es an einen anderen Mann gewandt. Dieser stand plötzlich neben dem Mann. Wo war der jetzt hergekommen? „Du Idiot – wenn er Ganondorfs Scherge wäre, wäre er schon längst tot! Mirai und Yurai sind zurück! Sie hätten ihn … du weißt schon!“ Der Mann wirkte glücklich. „Ja, Retro ist Terra.“ Yurai und Mirai waren zurück? Die beiden Feen, die Shan getrennt hatte … Sie hatten ohne einander überlebt … Die Weiße Frau und ihre Schwester … Was für ein Glück … Plötzlich erinnerte sich Link daran, dass Shan auch das Feenvolk angegriffen hatte, „Ihr seid Feen!“, stellte Link erstaunt fest, „Ihr habt überlebt!“ Die Männer zuckten mit den Schultern. „Knapp, aber … ja … Aber – Link aus Ordon!“ Der Mann flog auf ihn zu und strahlte dabei, als würde er sich über das Fliegen freuen, wie ein Mann über sein erstes Pferd, „Geh doch zum König! Er ist ebenfalls wieder zurück! Er wird dich willkommen heißen! Dass du hier bist – das bedeutet doch, dass du Ganondorfs Machenschaften zerschlagen hast, nicht wahr?“ Der zweite Mann lächelte ihn zuversichtlich an. „Wer spricht vom König?“, erklang eine Stimme hinter Link. Er wandte sich um. Ein Mann stand dort. Umringt von drei Frauen. Und eine davon war … Terra! „Terra!“, rief Link überglücklich aus, „Du lebst! Dir geht es gut!“ Erst jetzt bemerkte er, dass ihre Kleidung mit Blut beschmiert war. Was war geschehen? „Link aus Ordon“, übernahm Yurai das Wort, „Es freut mich, Euch wieder zu sehen. Ich hoffe, Ihr konntet etwas mit meinem Hinweis von damals anfangen. Ich war leider nicht zu mehr in der Lage, ohne mein eigenes Dasein zu sehr zu gefährden.“ Er sah die Frau an, die gesprochen hatte, und erkannte, dass es die Weiße Frau war. Die Weiße Fee. Diejenige, die solchen Hass Shan gegenüber verspürt hatte. Aber er erkannte die Schwarze Fee nicht. Wo war sie nur? Der Mann und die blonde Frau sahen ihn interessiert an. „Hier kennt auch jeder jeden“, stellte die blonde Frau trocken fest. Der Blick des Mannes ging von ihm ab und er sah auf Terra hinunter, welche nur geradeaus starrte, ohne etwas zu sagen. … War wirklich etwas nicht in Ordnung …? Was war passiert? ... Er war wohl hoffentlich nicht zu spät gekommen! Aber Shan sagte etwas davon, dass es Terra ähnlich wie ihr erginge. Sterbend ... Er betrachtete das Blut. Meinte sie das damit? Jemand hatte Terra also seiner statt gerettet?! Der Mann schien den Blick nur sehr schwer wieder von Terra weg zu bekommen. Dann schaute er Link in die Augen. Irgendetwas in den Augen des Mannes erfüllte Link mit Mitleid. „Terra ist nicht mehr“, sagte der Mann dann kühl, „Es tut mir leid, falls Ihr erwartet habt, sie anzutreffen.“ Was …? Was redete er da …? Er konnte sie doch sehen! Sie stand vor ihm! Direkt vor ihm ...! „Es tut mir Leid, Link von Ordon“, wandte sich die Weiße Frau wieder an ihn, „Aber Eure damalige Freundin hat sich dafür entschieden, sich Euch anzuschließen und der Welt größte Ehre zu erweisen.“ … Wie bitte? Von was sprach sie? Was war mit Terra? Link wollte … Link sollte … Er sollte doch zusehen, dass ihr nichts passierte …! „Ich bin Mirai“, stellte sich die, die wie Terra aussah, vor, „Die Schwarze Fee.“ Sie hatte sogar Terras Stimme. Link erinnerte sich an diese Stimme. Doch die Lebensfreude fehlte ihr. Sie wirkte einfach … tieftraurig. Die beiden Feen, die hinter ihm waren, schienen in etwa so baff zu sein wie er, als sie Mirai aus Terras Körper sprechen hörten. Er verstand gar nichts mehr. Gar nichts. Zur Aufklärung erhielt er eine Erklärung von Kyrion, welcher scheinbar der neue König der Feen war. … Ein König der Feen … Von so etwas hatte Link noch nie gehört. Doch die Geschichte, die er ihm erzählte, war noch viel unglaublicher … Und dass Terra … Nachdem sie die Geschichte beendet hatten, sah er zu ihr. In ihre grünen Augen, die sonst immer vor Vorfreude und Neugierde geglänzt hatten, vielleicht auch mit einer Spur von Melancholie untermauert … Diesmal war lediglich tiefe Traurigkeit zu sehen. Und Dankbarkeit. Kyrion und Yurai waren also gegen Terras Opfer gewesen … Doch ihr Wille hatte gesiegt. Es war eine arge Kurzfassung des Geschehens, so viel war Link klar, doch er verstand nicht alles, was sie ihm erzählten … Er würde sich später damit befassen müssen … Damit … und mit allem anderen ebenso … Mit Terra … „Wo ist Ganondorf? Wir müssen zusehen, dass sein Körper vernichtet wird“, befand Link. Er hatte eigentlich erwartet, dass dieser Befehl ihm schwer fallen würde. Immerhin kannte er Shans Gefühle für diesen Mann … Doch … Dieser Mann war für alles verantwortlich. Er hätte nicht nur um ein Haar Shan von ihm genommen … sondern seine Fäden hatten auch Terra erwürgt. Sie war tot … Für immer … Weil sie eine legendäre Fee gerettet hatte … „Also seid Ihr dafür?“, informierte sich Kyrion, „Wir werden ihn mit unserer Magie zerstören. Wir werden Euch als Sprecher für Hyrule gelten lassen. In Eurem Land hat er gewütet – es soll auch Teil Eurer Entscheidung werden.“ Link nickte. Er war sich nicht sicher, was Zelda davon halten würde. Aber er wusste eines: Vor fünf Jahren war er zu unvorsichtig. Er hatte sich nicht darum gekümmert, was aus Ganondorfs Überresten wurde. Niemand hatte das getan. Niemand hatte daran gedacht, dass sich aus dieser Nachlässigkeit eine neue Geschichte hätte entwickeln lassen können … Niemand … Sie standen auf. „Mirais alten Körper haben wir bereits vernichtet. Wenn wir Pech gehabt hätten, hätte Ganondorf diesen als Energiezufuhr verwenden können … und er wäre erwacht. Die Dämonin hatte wirklich saubere Arbeit geleistet“, erklärte Yurai. Sie wirkte wahrlich glücklich. Doch Link war sich sicher, dass sie nicht vor Glück über den vereitelten Versuch von Ganondorfs Wiederkehr strahlte, sondern weil sie ihre Schwester zurück hatte, obwohl sie nicht damit gerechnet hatte. Link hoffte, dass ihm dieselbe Art von Freude ebenfalls widerfahren würde … wenn er in Hyrule war … Yurai und Mirai gingen voran. Zherenh und Kyrion folgten ihnen. Neben Kyrion schritt Link einher. Er bemerkte, dass der König der Feen Mirai nachdenklich anschaute, Mirai hingegen ließ einfach den Kopf hängen. Zherenh blickte ihren König ebenfalls sentimental an. Link bemerkte, dass Mirai und er die Einzigen ohne Flügel waren … Seltsames Gefühl … Doch neben den prachtvollen, weißen Federschwingen von Yurai wirkten die durchsichtigen, Membranflügel der anderen Feen wie lasche Dekoration. Und trotzdem waren sie wunderbar … Wunderbar schön. Und sie hatten sie zurück erhalten – diese schönen Flügel. Aber nur Dank Terras Opfer … Aber Terra … Das letzte Mal, als er sie gesehen hatte, hatte sie ihm einen Kuss gestohlen … Es war ein Abschiedskuss gewesen. Und wie es schien auf ewig. Sie erreichten den Ort, an dem Shan Ganondorfs Leiche eingebettet hatte. Er lag auf einem Steinpodest, auf dem eine Decke ausgebreitet war. Daneben lagen viele unterschiedliche Dinge. Viele davon erkannte Link wieder. Es waren jene Sachen, die sie sorgsam fünf Jahre lang gesucht hatte, um sein Wiedererwecken in die Wege zu leiten. „Zerstört die Utensilien ebenso“, herrschte Link sie an. Es war gefährlich, alle Zutaten für eine Erweckung dabei zu haben. Es war überhaupt gefährlich, dass jemand über das Wissen einer Erweckung verfügte ... Aber ... was sollte er tun ...? Jeden aufspüren, der ahnte, dass man Menschen wiederbeleben konnte? ... Nein. Bestimmt nicht. Aber er musste hier aufräumen. Sie würden Ganondorf mit Magie zerstören, wie sie auch bereits Mirais Körper vernichtet hatten. Yurai und Mirai hielten einander die Hände. Kyrion und Zherenh streckten die ihren nach vorne aus. Link konnte nichts dazu beitragen. Er hätte nicht einmal eine nützliche Waffe gehabt … Wie hätte er ohne diese überhaupt vorgehen wollen? Er hatte wohl selbst Glück ... Glück. Pah, dass er nicht lachte ... Und plötzlich flammte eine Explosion vor Link auf. Und die Luft wurde von einem grellen Lichtblitz erhellt. 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