Midsummernight-Princess von RhapsodosGenesis (Eine Dunkelheit im Herzen) ================================================================================ Kapitel 33: Mittelpunkt ----------------------- Endlich war es soweit. Ihr lang ersehntes Fest war gekommen. All die Vorbereitung. All die Zeit. Alles lohnte sich schließlich und endlich. Lächelnde, jubelnde Menschen standen vor ihr. Unter ihr. Und sie sahen zu ihr auf. Sie stand auf einem etwa zwei Mann hohem Podium, welches extra für entsprechend wichtige Angelegenheiten aufgestellt worden war. Und es war ihr Platz. Und doch … Doch fühlte sie sich nicht, als müssten sie zu ihr aufsehen. Sie wäre auch damit einverstanden gewesen, bei ihnen zu sein. Mitten unter ihnen. Im Tanz konnte sie das. Während sie tanzte durfte sie bei ihnen sein. Sie durfte in diesem Moment ihre erhöhte Position verlassen und sich zu denen gesellen, die sie liebte. Und darum gewährte sie ihnen auch die Chance zu tanzen. Sie sollten lernen, bei anderen zu sein. Unter ihnen zu sein. Mit ihnen zu sein. Doch sie hatte das Protokoll zu erfüllen. Sie musste die bestimmte Ankündigung machen. Diese Ankündigung … Woher wusste sie von ihr? Jemand musste es ihr so vorgelegt haben. Doch keiner konnte ihr es sagen. War es die Dienerin, die aus dem Fenster gesprungen und verschwunden war? Oder war es jemand anders? Sie vermochte sich nicht genau zu erinnern. Nur schwummrig … Was nur war geschehen …? Sie ließ ihren Blick durch die Menge schweifen. Doch sie schaute niemanden direkt an. Alle gleich behandeln. Ihnen das Gefühl geben, sie seien der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Das musste sie. Sie war die Königin. Bald. „Viele Vermutungen über den Grund der Veranstaltung dieses Festes sind gefallen“, nahm sie ihre Worte wieder auf, „Viele haben Unmut verbreitet, was diesen Tag angeht.“ Sie lächelte in die Menge. „Und doch darf ich Euch frohe Botschaft bringen!“ Sie hob ihre Hände triumphierend. Dies diente einerseits zur Unterstreichung ihrer Worte, andererseits aber, um ihre Kleidung zur Schau zu stellen. Ihr Kleid war umringt vom Wappen des Mittsommernachtsfests. Das neue Wappen. Das Wappen des neuen Königreiches. Das Wappen des Dunklen Reichs der Ewig Scheinenden Sonne. Und König Ganondorf würde es regieren. An ihrer Seite. „Morgen schon wird Euer neuer Herrscher eintreffen!“, ließ sie erfreut verlauten, „Euer neuer König naht! Und er verspricht Heilung! Er wird die Narben, die dieses Land durchziehen, bereinigen und spätere verhindern! Er verspricht Glück, er verspricht Hoffnung – er verspricht Liebe …“ Sie zog ihre Mundwinkel erfreut nach oben. Währenddessen beobachtete sie die Reaktion des Publikums. Einige wirkten schockiert, während andere begeistert wirkten. Ein paar standen besserwisserisch herum. Sie verkündeten wohl, dies schon die ganze Zeit geahnt zu haben. Ja, Ilya würde heiraten. Sie würde Ganondorf zum Gemahl nehmen. Ein neues Reich erschaffen. Ein neues Königtum. Glück. Frieden. Dem Volk zu Gute. Ihr eigener Wunsch. Doch sie durften nicht erfahren, wer ihr neuer Gemahl werden würde. Sie wusste nicht, weshalb es so war. Aber sie wusste, dass es so war. Und diesem Gefühl musste sie trauen. Es war seltsam zu handeln, ohne zu wissen. Vielleicht konnte man es töricht nennen. Aber jemand, dem sie Vertrauen schenkte, hatte ihr gesagt, dass es so zu sein hatte. Also konnte es keine fürchterlichen Gründe haben. Auch wenn ihr mulmig zumute war, ihr Volk anzulügen. Oder ihnen etwas zu verschweigen. Sie sahen immerhin zu ihr auf … Ach, wenn sie jetzt bloß mit ihnen tanzen könnte … „Was redest du da?!“, ertönte eine laute, alle Geräusche durchbrechende Stimme, „Wie kannst …“ Sie schaute sich nach der Quelle dieser Worte um. Es dauerte nicht lange, bis sie sie erfasste. Diese blauen Augen eines Wolfes. Freiheit. Ehrlichkeit. Mut. Link. Ilya sah böswillig auf ihn herab. Ihr ehemals lächelnder Mund verzog sich zu einer Grimasse der Verstimmtheit. Ihre Hand streckte sich von ihrem Körper. Sie öffnete den Mund. Link kämpfte sich durch die Menge nach vorne. Doch als die Leute bemerkten, dass er der Redner war, ließ die Neugierde sie zurückweichen. Sie fragten sich eindeutig, was jetzt wohl als nächstes passieren würde. Sie gingen aus Schaulustigkeit zur Seite. Hin und wieder ertönten Ausrufe, die seinen Namen beinhalteten. Link. „Hör nicht auf das, was du sagst!“, riet er Ilya laut, während er die letzten Reihen durch forstete, ohne aufgehalten zu werden. Er fand sich alleine ganz vorne wieder. Die anderen Gäste standen zurückgedrängt hinter ihm herum. Er hatte viel Platz gewonnen. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. „Was macht er da?“, hörte er Feconis unverkennbare Stimme leise maulen, „Dieser Vollidiot!“ Doch er ignorierte sie. Er hatte lediglich Augen für Ilya. Und auch sie sah nur ihn an. „Wachen!“, erklang Ilyas befehlshaberische Stimme daraufhin, „Der Eindringling hat sich offenbart.“ Auf den Seiten erschienen Wachsoldaten in glänzender Rüstung. „Ilya!“, wiederholte er, „So höre mich an!“ Was sollte er tun? Wenn er gefangen genommen wurde, nutzte er niemanden etwas! „Ich bin es – Link! Link aus Ordon! Du bist meine Freundin!“, rief er zu ihr hoch, „Die Freundin meiner Kindheit. Diejenige, die mich immer zurechtgewiesen hat! Diejenige, die immer fair zu mir war – diejenige, dank der ich der bin, der ich heute bin!“ Er sah sie flehend an, „Ohne dich wäre ich nie so weit gekommen. Ohne dich wäre ich ein einfacher Bauer. Aber du … Ilya … Erinnere dich – bitte!“, er klang flehend. Er klang einfühlsam. Und er sprach nur die Wahrheit. Und Ilya sah ihn an. Sie sah ihn an. Und sie schwieg. Wachen … Die Wachen sollten angreifen … Nein, nein! Sie durften ihm nichts tun. Doch, es waren die Wachen … „Damals als Taro gerade einmal ein Schwert halten konnte, hat er mich herausgefordert … Ich wollte ihn verprügeln – aber du hast mich davon abgehalten! Du bist meine bessere Hälfte – du bist Gerechtigkeit!“, rief er ihr zu. Taro … Taro … Das Bild eines Jungen blitzte vor ihrem inneren Auge auf. Taro … „Du hast Ulina jedes Mal geholfen, wenn sie dich darum gebeten hat, dich um etwas zu kümmern. Du hast jedem immer geholfen! Du warst so gutmütig … Du hast das Dorf zusammen gehalten … Was … Was sollen wir im Dorf ohne dich? Du bist doch unser Pfeiler … Du stützt uns … Wie dein Vater vor dir!“ Ulina. Eine lächelnde Frau. Ein Kind. Nein, zwei Kinder … Ein größerer Junge … Und ein kleines Mädchen … Und … Moe. Ulina, Colin, Lin, Moe … Eine Familie. Der Bürgermeister. Ihr Vater. „AH!“, schrie sie aus. Im nächsten Moment kniete sie am Boden. Was? Was war das? Wieso? Diese Bilder. Diese Leute. Sie kannte sie doch gar nicht! Sie war die … die Königin … Hyrule … „Hey, Ilya!“, rief Link, als er in den Laden kam. Sie streichelte gerade die Katze – Link. „Link! Wie kann ich dir behilflich sein?“, wollte sie lächelnd wissen. „Deine Anwesenheit ist Hilfe genug!“ Sie errötete. Nein … dieser Bauer … das war nicht sie. Immerhin konnte sie doch nicht im Ordon-Laden arbeiten! Bettys Mutter … Betty … Wer war Betty? Nein! Prinzessin Ilya … Sie hatte einen Stammbaum … Es gab keinen Boro … Sie kannte keine Betty … Doch das Bild des Mädchens, das sie abwertend ansah, bestand in ihrem Kopf. „Ilya …“, hauchte Link ihren Namen. Er stand neben ihr. Die Wolken zogen auf. Es wurde kalt. Die Nacht brach herein. Doch sie konnte nicht anders, als auf diesen grauen Stein zu starren. Dieser graue Stein, auf dem nur ein Name stand. Boro. Ihr Vater lag hier begraben … Sie kniete sich nieder und legte den Blumenstrauß auf sein Grab. „Ich möchte hier bleiben …“, teilte sie ihm leise mit. Tränen rannen noch immer über ihre Wangen. Ihr Vater … er war … er war gestorben … Nach langer Krankheit … Nach vielen Qualen … Und jetzt … Jetzt war sie alleine … Link kniete sich neben sie. Er legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie an ihn. „Ilya, ich bleibe bei dir …“, bestimmte er, wobei er ihren Arm entlang strich. „Danke …“, sagte sie schwach, „Danke …“ Link … er blieb bei ihr. Damals. Als ihr Vater starb. Sie war ihm so dankbar. Sie wollte es ihm nie vergessen. Niemals … Wieso …? Wieso hatte sie es dann vergessen? Sie fühlte Hände, die sie stützten. „Eure Hoheit, geht es Euch gut?“, erklangen besorgte Stimmen ihrer Bediensteten. Jemand stützte sie. „Link …“, hauchte sie. Sie sah nach unten. Und stellte erschrocken fest, dass die Wachen näher gekommen waren. Als Mydia bemerkte, dass die Wachen auf Link zuschritten, dachte sie nicht mehr lange nach. Miralle bildete die Vorhut. Sie war die erste, die ging. Mydia folgte ihr sofort. Sie standen sowieso schon in der ersten Reihe, da die ganze Gruppe Link neugierig und besorgt hinterher gehastet war. Zwei sehr zögerlich wirkende Männer, eine alte Dame und drei junge Mädchen erschienen ebenfalls. Mydia glaubte, das blonde Mädchen zu kennen. Doch sie war sich nicht sicher. Aber es tat nichts zur Sache. „Keinen Schritt weiter!“, befahl Miralle, die sich neben Mydia breitbeinig und ausgestreckt hingestellt hatte, um möglichst viel Platz einzunehmen. Platz, den die schwer berüsteten Soldaten gebraucht hätten. „Zur Seite, Mädchen“, forderte der Soldat und machte eine wegwischende Handbewegung, „Oder ich werde euch zwingen! Was ihr hier betreibt, ist Hochverrat! Ihr gefährdet Ihre Hoheit!“ „Das glaubst du doch selbst nicht!“, fuhr Miralle ihn an, „Das da drüben ist Link! Und hier spielt irgendein mieser Zauber irgendeine miese Rolle, die uns alle ziemlich an der Nase herumführt! Also denk nach, Idiot!“ „Hast du mich Idiot genannt!?“ „Ja, verdammt!“, tobte Miralle wütend. So hatte Mydia diese Frau noch nie erlebt. Sie wusste, dass sie Temperament entwickeln konnte. Doch dass sie solche Worte anwandte … Das hätte sie nicht gedacht. Mydia hätte es ihr gerne gleich getan. Aber sie konnte nicht. Ihr fehlte dieses Sprachniveau einfach. Also stellte sie sich einfach beschützerisch neben Miralle. Kein Wachsoldat sollte durchkommen. Keiner durfte Link anfassen. Neben ihr stand ein Mann, den Mydia nicht kannte. Zumindest erinnerte sie sich nicht an ihn. „Du bist wirklich ein elendiger Verräter, Claude!“, rief ein anderer Mann diesem zu, „Das hätte ich nie von dir gedacht …“ Doch dieser … Claude stand wie Mydia vor den Soldaten. Und er ließ sie nicht durch. Arithmeta, Thelma, Feconi, die blonde Frau, die ockerhaarige und die braunhaarige – sogar der andere Mann, der älter wirkte und sich stark darüber zu wundern schien, was er hier überhaupt tat … er hatte Ähnlichkeit mit Frau Kumulus … vielleicht war er ihr Sohn?– standen im Halbkreis um Link herum. Sie gewährten ihm genug Platz, um ihn nicht zu behindern. Sie alle schirmten ihn ab. Und sie würden es durchziehen. Kein Soldat sollte ihnen in die Quere kommen. Keinen Feind würden sie durchlassen. Vielleicht wussten die anderen mehr als Mydia. Vielleicht wussten sie, weshalb sie das taten. Sie wussten vielleicht, vor wem sie ihn schützen mussten. Sie wusste nicht einmal genau, von was Link sprach oder wer er überhaupt war. Aber sie wusste, dass sie genau das Richtige tat. Sie musste Link beschützen. Link … Link schwamm in der Quelle von Latoan. Ilya saß am Ufer. „Hast du heute schon gearbeitet?“, rief sie ihm lächelnd zu. „Ja!“, antwortete er laut genug, sodass sie ihn hörte. Danach kam er heraus. Er war überall nass. Seine Kleidung klebte an seinem Körper und seine Frisur war deformiert. Ilya kicherte. „Ich hab dir doch schon tausende Male gesagt, du solltest nicht mit deiner Kleidung schwimmen gehen!“ „Wie denn sonst?“, fragte er ernst, wobei er vor ihr in die Hocke ging. Er zog eine Grimasse. „Nackt?“, schlug sie scherzhaft vor, was sie mit einem ironischen Unterton unterstrich. „Was?!“, rief er überrascht aus, wobei er sich damit so aus dem Gleichgewicht brachte, dass er umkippte und im Gras landete. Ilya kicherte stark amüsiert. „Link! Weißt du eigentlich, dass man Grasflecken aus nasser Kleidung gar nicht mehr rausbekommt?“, schalt sie ihn – noch immer sehr belustigt über seine Aktion, was sie erneut mit einem Kichern unterstrich. Er rappelte sich schnell wieder auf, wobei er sich den Kopf übertrieben fest rieb. „Erschreck mich nicht so mit deinen Antworten …“, brummte er beleidigt. „Es tut mir leid!“, sie lächelte ihn entschuldigend an, „Es ist mir nur so rausgerutscht!“ „Also hast du daran gedacht?“, stellte er sicher. Jetzt grinste er. Sie errötete. „Nun ja …“ „Sei eine Königin. Benimm dich herrisch. Lenke die anderen. Du bestimmst. Es ist dein Königreich. Alle Menschen unterstehen dir“, murmelte Ilya verwirrt. Ihre Bediensteten riefen um Hilfe. Doch niemand schien sich zu rühren. Ilya fasst sich an den Kopf. Sie glaubte, er müsse bald platzen! All diese Erinnerungen … Link … Link … Immer nur Link! Link – Ordon – Ilya! Wer war sie? Wieso war sie hier? Sie war doch die Königin! Darum war sie hier! Hyrule … Königreich … Schloss … Nein … Ordon … Boro … Ihr Vater war tot … Link … Es kam immer auf ihn zurück. Link. Dieser Link … Wer war Link …? „Alles Gute zum Geburtstag, Ilya!“, rief Boro hoch erfreut. Er klopfte ihr auf die Schulter, „Der sechzehnte Sommer ist der wichtigste im Leben - zum Feiern! Immerhin erlebst du den nur einmal!“ Er lachte, als wäre sein Scherz der beste der Welt gewesen. Ilya lacht kurz mit. „Ja, die anderen kann man immerhin doppelt feiern …“, kommentierte sie leise – und sehr sarkastisch. „Jedenfalls – das ganze Dorf freut sich schon darauf! Zeig ihnen, wie du deine Hüften schwingen kannst! Die hast du eindeutig von deiner Mutter!“ Boro lachte erneut laut. Ilya hingegen errötete. „Papa!“, schalt sie ihn, „Rede nicht so!“ „Ja, ja … Du solltest dir noch einen Haupttanzpartner suchen, Ilya! Ich stehe immer zur Verfügung, falls du keinen finden solltest!“ Boro lachte schon wieder. „Haha …“, machte sie und öffnete die Tür. Und vor ihrem Haus stand das ganze Dorf versammelt. „Alles Gute, Ilya!“, riefen die Leute in einem Chor. Ilya starrte sie an. Alle waren gekommen. Ulina, Moe, Colin, Taro, Maro, Betty … Link … „Danke, meine Freunde!“, rief sie danach überglücklich. Sie riss ihre Hände siegreich in die Höhe. „Vielen lieben Dank!“ Sie trat aus dem Haus und hinein ins Sonnenlicht. Es war noch relativ früh. Sie war sich sicher, dass die meisten noch andere Arbeiten zu tun gehabt hätten … Und doch waren sie hier … Extra hergekommen. Für sie. Boro kam hinter ihr hervor und schloss die Tür. „Die Müller haben ihren Grund zur Verfügung gestellt – du kannst dich also entspannen, Kind!“, erklärte er ihr stolz lächelnd. Und sie gingen zum Haus von Taros und Maros Eltern. Und sie tanzten. Den ganzen Tag hindurch. Sie tanzte mit Link. Und Link tanzte mit ihr … Sie drehten sich im Kreis … Immer und immer weiter … Bis zum Ende der Nacht. „Ilya! Wir wollten uns treffen!“, rief er. Er machte weiter. Am Rande bekam er mit, dass all seine Freunde sich schützend um ihn herum stellten. Die anderen Besucher benahmen sich wie wahres Publikum. Stillschweigend zusehend, was nun geschah. Doch es war kein Problem für ihn. Er wollte nur zu Ilya … Er trat einen Schritt vor … Ilya … „Dein Vater … er ist vor zwei Jahren gestorben. An seinem Jahrtag wollten wir uns an seinem Grab treffen! Du bist nie erschienen! Wo bist du gewesen?“, wollte er von ihr wissen. Ilya war im Laden. Sie hatte gerade eine Kiste mit Milchflaschen verkauft. Dieser Verkauf war zumeist der letzte. Trotzdem blieb sie jedes Mal wieder die Stunden, die sie bleiben sollte, weil die Besitzerin sie darum gebeten hatte. Betty würde die Zeit eindeutig dazu nutzen, sie vor Link schlecht zu machen … Daran war sie gewohnt. Seit Betty Link als ihr Ziel auserkoren hatte, hatten sich Ilyas Gefühle für ihn nur verstärkt. Sie wollte, dass Link so fühlte wie sie … Aber sie wusste, dass es niemals so sein würde … Sie wusste auch, dass er sich niemals für Betty entscheiden würde. Ilya sah es an Links Blick. Immer war er in weite Ferne gerichtet. Er sah jemanden, den sie nicht sehen konnte. Den sie nicht kannte. Jemand, den er auf seiner Reise getroffen hatte. Ilya fragte sich, was wohl aus dieser Person geworden war … Zu Links eigenem Wohl wünschte sie sich, dass er die Person irgendwann wieder finden würde … Aber solange es nicht so war, würde sie bei ihm bleiben. Sie würde ihn stützen. Sie würde ihn beruhigen. Und sie würde ihn lieben. Auf ewig. Sie schaute auf die Uhr, die im Laden hing. Sie hatte noch fünf Minuten Schicht. Wenn sie jetzt mit dem Aufräumen begann, dann würde sie rechtzeitig am Grab sein. Sie wollte Link nicht warten lassen. Ilya öffnete die Tür, um das „Geöffnet“-Schild umzudrehen und schloss sie wieder, um die Waren danach ordnen zu können. Während sie arbeitete, summte sie leise ein Lied. Sie wusste nicht, welches Lied es war. Es war einfach ein Lied. Und plötzlich wurde die Tür leise geöffnet. Doch sie bemerkte es. Wer um diese Zeit wohl noch etwas brauchte? Das war selten. Jemand trat ein. Ilya sah die Person an. Wer war das? „Tut mir leid es ist schon …“ … … Und plötzlich war sie Königin. Sie saß am Thron. Und sie wusste, dass sie hierher gehörte. „Link …“, hauchte Ilya erschrocken, „Link, ich … Ich erinnere mich …“ Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie starrte schockiert auf den Boden. Der Verrückte … Nein. Link. Link. Link, er sagte die Wahrheit. Link … er war hier … Er hatte sie gerettet … Erneut hatte sie ihn vergessen … Damals – wie auch jetzt … Dabei wollte sie ihn beschützen … Und jetzt war es wieder anders herum … Immer wieder … Immer wieder … Und Ketten, die etwas in ihrem Kopf festhielten, lösten sich klimpernd auf. Links Worte ertönten. Ein Grab … Mydia konnte sich vorstellen, dass es für die Königin schwer sein musste, das alles zu hören. Dass sie keine Königin war. Aber … wenn sie nicht die Königin war … Wer war es dann? Und in diesem Moment zerbrach etwas in ihr. Sofort fiel sie auf die Knie. Ihre Hände legte sie verstört an den Kopf. Etwas pochte … Lautstark … Ketten … Gefallene Ketten … War etwas befreit worden? Doch was? Was fehlte ihr? Ihre Erinnerung. Weshalb jetzt? Wieso genau jetzt? Etwas zersprang. Ketten. Weitere Ketten. Ketten … Doch was für Ketten? An ihrem linken Handrücken, welcher ihren Kopf festhielt, entstand ein seltsames Glühen. Ein Leuchten. „Mydia?! Mydia?! Alles in Ordnung! Hey!“, erklang Miralles Stimme. Doch sie klang so weit entfernt. Weit, weit weg … Mydia sah in den Himmel. Es war ein freier Himmel. Und alles war voll mit Licht. Sie streckte ihre Hand dem Licht entgegen. Und unter ihrem weißen Handschuh erkannte man deutlich das Zeichen, das sie prägte. Das Triforce. Das Triforce der Weisheit. Es gehörte ihr. Damit war sie auserwählt worden. Und mit dem Diadem war sie gekrönt worden. Prinzessin Zelda. Das war sie. Eine Prinzessin. Sie war es. Link fühlte sie. Er fühlte diese seltsame Erfüllung. Als wäre ein Puzzlestück zurückgekehrt. Welches nur? Sein Blick blieb auf Ilya haften, bis er auf der Seite Aufregung bemerkte. Er drehte sich kurz weg von seiner Kindheitsfreundin, die dort oben lag und sich quälte. Er wollte zu ihr. Er wollte ihr helfen. Wirklich. Er wollte … doch er konnte nicht. Er wusste, dass er dort oben nicht sicher war. Die Diener würden nicht davon betroffen sein. Sie würden ihn Hexer nennen. Hier inmitten seiner Freunde war er in Sicherheit. Und einer seiner Freunde brauchte jetzt selbst Hilfe. Er sah zu betreffender Person. Mydia … Nein, nein. Zelda! Zelda …! Was war geschehen? Miralle kniete vor ihr und stützte sie. Ähnlich wie Ilya gestützt werden musste. Was war geschehen …? „Miralle, bitte, hilf ihr …“, murmelte er hoffnungsvoll … Und als er sich wieder zu Ilya drehte, bemerkte er auf der anderen Seite ebenfalls eine Bewegung. Diejenige seiner Freunde, die er die ganze Zeit sehnlichst erwartet hatte, war aufgetaucht. Graziösen Gangs durchschritt sie den Schutzwall, den Regena und Arithmeta aufgebaut hatten. Die beiden ließen sie durch. Immerhin war es Shan. Sie würde Zelda helfen. Er konnte sich also wieder Ilya zuwenden. Die Ärmste lag noch immer zusammengekauert vor der ganzen Menge. Es tat Link leid, dass er ihr diese Blöße geben musste. Dass er sie so zurichten musste … Doch es war für das Wohl der Welt … Doch es schmerzte sein Herz, dass er dafür diejenige, die er so sehr liebte, opfern musste … Und dass er nicht zu ihr konnte … Dass er kniff, weil er sich dadurch einer Gefahr aussetzen würde … Ilya … „Ilya …“, rief er besorgt, „Geht es dir gut …? Erinnerst du dich …?“ Shans Schritte verklangen, als sie neben ihm stehen blieb. Er sah zu ihr. Doch sie würdigte ihn keines Blickes. Stattdessen sah sie kurz zu Zelda herüber. Danach wandte sie sich wieder Ilya zu. Und sie schritt weiter. Niemand unternahm etwas dagegen, dass Shan weiterging. Link wollte ihr nach. Doch er hielt sich davon ab. Vielleicht hatte Shan bereits einen Stein über ihre Herkunft ins Rollen gebracht …? Vielleicht … Shan schritt langsam die Treppen nach oben und kam vor Ilya zum Stillstand. Die Bediensteten sahen Shan ehrfürchtig an und verzogen sich einer nach dem anderen. Doch Ilya hielt sich alleine über dem Boden. Ihr Blick traf letztlich auf Shan – und entblößte pures Entsetzen. Shan lächelte sie kurz an und sah daraufhin zu Link. Ihr Lächeln verschwand. „Sie erinnert sich wieder“, gab sie kalt bekannt. Er grinste hocherfreut. Endlich! Es war ihnen gelungen! Sie hatten Ganondorf einen Strich durch die Rechnung gemacht! Er sah kurz zu Zelda. Auch ihr schien es wieder halbwegs gut zu gehen … „Ich hoffe, die Wiedersehensfreude ist nicht allzu groß“, sprach Shan weiter und verschränkte dabei streng die Arme. Ihr Blick strahlte eine ungewohnte Kälte aus. Und sie traf Link, „Denn sie wird nur von kurzer Dauer sein.“ Und mit diesen Worten sprang sie auf Link zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)